Legenden am Lagerfeuer - Gudrun Anders - E-Book

Legenden am Lagerfeuer E-Book

Gudrun Anders

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Beschreibung

In ferner Vergangenheit war das abendliche Lagerfeuer ein wichtiger Ort. Ein Treffpunkt von jung und alt, denn hier hat man sich nicht nur gewärmt, sondern auch Legenden erzählt und so die Weisheit von Generation zu Generation weitergetragen. Die Legenden von einst werden heute ganz unromantisch im Internet verbreitet, während man sich ein Lagerfeuer-Video anschaut. Oder man schaut sich billige Soaps im Fernsehen an und versucht damit die moderne Welt ein bisschen besser zu verstehen. Wirklich weise ist das nicht. Dieses Buch möchte Ihnen ein bisschen Lagerfeuer-Romantik nach Hause bringen, auch wenn Sie es vielleicht ganz unromantisch auf dem Klo lesen. Wo auch immer Sie dieses Buch in Händen halten, vielleicht haben Sie sogar die Möglichkeit, ein Lagerfeuer zu bereiten, lesen Sie Ihren Lieben eine Legende daraus vor und tragen Sie die wahre Weisheit unserer Ahnen weiter.

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Seitenzahl: 138

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Gudrun Anders

Legenden am Lagerfeuer

Weise Geschichten aus aller Welt. Nacherzählt von Gudrun Anders.

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Impressum

Sonnenwendfeuer

Vorwort

Die Lehre des Wassers

Das Wasser im Brunnen

Eine Neujahrsgeschichte aus dem alten Persien

Die chinesische Legende vom ganz besonderen Senfkorn

Der falsche Himmel

Der Wettlauf der Frösche

Was die perfekte Frau sucht

Die drei Tore auf deinem Lebensweg

Die Angst vor dem Loslassen

Die Rede von Mountain Dreamer

Der neue Haarschnitt

Sokrates und die drei Siebe

Der Reisende am Zauberbaum

Der weite Weg

Es liegt allein in Eurer Hand

Mein Stamm ist anders

Die Insel der Gefühle

 Die Weisheit der Kirschblüte

Der Hund Rocky

Der Klang des Waldes

Der Großvater und sein Enkel

Eine Weisheit für Unternehmer

Was können wir wirklich tun können

Wie man wahrhaft gibt

Der Samurai in der Krise

Anandakand zu Besuch bei Konfuzius

Der Vater, sein Sohn und der arme Esel

Futter für ein Pferd

Als der Esel in den Brunnen fiel

Der arme Reisbauer

Der kleine Tiger

Mäntel im Wind

Das dümmste Huhn der Welt

Die buddhistische Parabel vom Geheimnis der Zufriedenheit

Der letzte Tag des Lebens

Mehr als nur ein Sprung in der Schüssel

Die Geschichte vom weißen Pferd

Zwei Freunde in der Wüste

Die Walnuss-Bäume

Der unbenutzte Hammer

Kleine Welpen zu verkaufen

Die Schnüre des Königs

Das perfekte Bild vom Frieden

Eine indianische Weisheit

Die Groll-Kartoffeln

Das volle Marmeladenglas

Der Tempel mit den tausend Spiegeln

Das Gespräch auf der Fähre

 Wie man sich Zeit nimmt

Der Stein der Weisen

Gib dein Leiden auf!

Die Weisheit des hohen Alters

Die kleine Maus

Die Brücke, die das Land teilte

Die Frau meines Freundes ....

 Die vier roten Kerzen

Erleuchtung um jeden Preis

Welcher Wolf gewinnt?

Wer bist du?

Erfolg trotz Wirtschaftskrise

Glück im Unglück

Die besten Samen soll man teilen

Der arme Fischer und die Nixe

Der Axt-Dieb

Ein Spaziergang am Meer

Die Mönche und die schöne Frau

Was das Herz wahrhaft begehrt

Keine Zeit!

Der Durchreisende

Die Prüfung mit den Talern

Zwiegespräch mit dem Unsichtbaren

Weisheiten für jeden Tag

Weitere Bücher der Autorin

Buchvorstellung: Am Puls der Seele

Impressum neobooks

Impressum

ISBN der Printausgabe:

978-3-945104-00-2

Erstausgabe Februar 2014.

© 2014 – Alle Rechte und Copyrights bei der Autorin.

Nachdruck - auch auszugsweise - nicht gestattet.

Coverbild:

Rahmen: © Gerd Altmann pixelio.de

Motibooks.de

Gudrun Anders

Ferberberg 11

52070 Aachen

Telefon 0241 - 70 14 721

Email: [email protected]

Sonnenwendfeuer

Die Flamme lodert in die Nacht und will zum Himmel steigen. Wir steh'n und halten stille Wacht und schweigen ... Wir träumen in die rote Glut und fühlen uns geborgen, uns ist, als gäbe sie uns Mut für morgen. Nun glimmt nur noch der letzte Stoß, die letzten Funken sprühen – doch unsere Augen bleiben groß

und glühen!Rolf Börnsen

Vorwort

Liebe Leserin,

lieber Leser.

Ich freue mich, dass Sie mein Buch „Legenden am Lagerfeuer“ in Händen halten und angefangen haben zu lesen. Ich hege damit die Hoffnung, dass Sie eine/r von den Menschen sind, die noch die Sehnsucht nach Weisheit und vielleicht auch Gemeinsamkeit kennen und in sich hegen.

Als ich klein war, wuchs ich an der Ostsee auf. Meine Eltern hatten dort damals einen Wohnwagen stehen, und wir waren jedes Wochenende und natürlich in den Sommerferien dort. Es war für uns ein kleines Paradies auf Erden, denn wir hatten die Möglichkeit, mit vielen anderen Kindern zusammen zu kommen, am Strand zu spielen, das Meer zu genießen und uns so richtig auszutoben. Herrlich!

Auch die Abende waren schön. Wunderschön. Oft sammelten wir Stöckchen und kleine Äste, bauten aus Findlingen einen Steinkreis am Strand und zündeten ein kleines Feuer an. Wir saßen dann einfach nur da, waren in Gedanken versunken, dachten über den Tag nach, spürten vielleicht unseren Sonnenbrand und lachten noch einmal über vergangene Ereignisse.

Still beobachteten wir oft das Feuer, sahen dem Spiel der züngelnden Flammen und lodernden Farben zu. Manchmal kam einer der schon größeren Jungs und spielte auf seiner Gitarre einige Lieder, die wir leise mitsangen oder -summten.

Manchmal hielten wir große, dicke Kartoffeln und Würstchen an einem Stock ins Feuer und genossen dann unsere selbstgegrillten Köstlichkeiten. Es gab wohl kaum etwas Schöneres für uns!

Ich vermisse diese unbeschwerten Zeiten, da wir am Strand ein Feuer machten durften. Nie habe ich köstlichere Würstchen gegessen! Selbst das Grillen im Garten kann da auf keinen Fall mithalten!

Wenn ich heute so darüber nachdenke, dann hat natürlich die Zentralheizung dem guten, alten Lagerfeuer längst den Rang abgelaufen. Selbst Kamine gibt es ja nur in begrenzter Zahl. Vielleicht ist die moderne Heizung praktischer, aber ganz sicher ist es nicht so romantisch.

Gibt es heute überhaupt noch Lagerfeuer? Nicht mehr so viele, denke ich. Und das Nachsinnen und das Revuepassieren lassen des Tages hat ganz andere Stellenwerte bekommen.

In ferner Vergangenheit war das Beisammensein am Lagerfeuer das, was heute das Fernsehen mit uns macht. Früher hat man sich Geschichten am Lagerfeuer erzählt. So wurden die Legenden und Weisheiten der Völker von Generation zu Generation weiter getragen.

Könnten Sie sich einen Indianerstamm vorstellen, bei dem kein Lagerfeuer brennt und die Friedenspfeife am Feuer geraucht wird? Heute schaut man sich diese überlieferten Legenden in Form von billigen Soaps und blutrünstigen Krimiserien an und versucht damit die moderne Welt ein bisschen besser zu verstehen und zu bewältigen … Wirklich weise finde ich das nicht.

Es gibt noch einen anderen Grund, warum ich es schade finde, dass wir abends nicht mehr am Lagerfeuer sitzen. Ich denke, dass das am Feuer sitzen eine Reinigung unseres Energiekörpers (Aura) mit sich bringt.

Ich glaube, die Feuer-Reinigung kommt aus der yogischen Tradition. Man sitzt am offenen Feuer, damit die Energiekörper oder Energieräder in der Aura – auch Chakras/Chakren genannt – sich von unguten oder unerwünschten Energien befreien können. Man nimmt an, dass dieses auch einen wohltuenden Einfluss auf die Psyche und den Körper hat.

Diese Erfahrung ist natürlich individuell sehr verschieden. Jeder sollte daher seine eigenen Erfahrungen mit der Feuerreinigung seiner Aura machen. Ich war vor vielen Jahren mehrere Wochen in einem Meditationscamp, wo wir sehr viel Zeit gemeinsam und allein in Meditation am Lagerfeuer verbracht haben. Ich kann nur sagen, dass es auf mich einen sehr wohltuenden Einfluss hatte. Ich fühlte mich nach einem so genannten Feuerritual immer sehr gestärkt. Es fühlte sich an, als sei der Energiekörper wieder aufgetankt oder auch regeneriert. 10 Tage schlief ich nachts unter sternenklaren, kalifornischen Himmel beim Lagerfeuer und dachte über mich und mein Leben nach. Belastende Dinge schrieb ich auf und übergab diesen alten Ballast dann dem Feuer, damit es seine transformatorischen Kräfte frei entfalten konnte. Was es für mich auch tat.

In der Yoga-Tradition wird gelehrt, dass durch vielerlei Übungen, zu denen auch Erd-, Wasser- und Feuerrituale gehören, Verjüngung, Revitalisierung und Heilung geschehen können. Angeblich soll man sogar den Alterungsprozess umkehren können. Nun, Yogis und Yoginis sehen oft jünger aus als die wahre Anzahl ihrer Jahre, die im Personalausweis notiert stehen. Vielleicht ist zumindest etwas Wahres daran.

Dieses Buch macht den Versuch, Ihnen ein kleines bisschen von diesem Lagerfeuer-Flair nach Hause zu bringen, auch wenn Sie es vielleicht gerade ganz unromantisch auf dem Klo lesen und dort etwas Nachsinnen. Auch das ist legitim, sich auf diese Weise eine kleine Verschnaufpause oder kurze Auszeit zu gönnen, wenn es anders nicht machbar ist. Hauptsache, man nimmt sich diese kurzen Pausen für sich selbst, um mit sich selbst in Kontakt zu bleiben – oder (wieder) zu kommen.

Die hier enthaltenen Geschichten sind ursprünglich nicht von mir erdacht. Sie wurden mir sozusagen im Internet – ganz unromantisch ohne Lagerfeuer – überliefert oder noch unromantischer einfach per Email übermittelt. Dennoch sind es nicht die ursprünglichen Geschichten, die ich hier wiedergebe.

Teils habe ich etwas weggelassen, Kleinigkeiten hinzugefügt oder andere inhaltliche Veränderungen vorgenommen, manchmal habe ich einfach die Sprache etwas moderner gemacht. Immer aber wurden sie verändert.

Die meisten oder fast alle der ursprünglichen Autoren der hier vorliegenden Geschichten, sind nicht bekannt. Ich liebe diese Geschichten und habe sie über viele Jahre in meinem Computer gespeichert, um sie gelegentlich wieder einmal nachlesen zu können. Meine Lieblingsgeschichten finden Sie nacherzählt in diesem Buch.

Warum ich die Geschichten nacherzählt habe? Nun, zum einen hat das mit den Copyrights zu tun, denn ich dürfte nicht einfach Gedankengut von anderen veröffentlichen, ohne vorher gefragt zu haben. Aber: Wie fragt man einen unbekannten Autor?

Das Nacherzählen hat aber auch für mich einen angenehmen Nebeneffekt, denn durch das Nacherzählen und die Auseinandersetzung mit den Inhalten blieben mir die Legenden und Geschichten besser im Gedächtnis. Etwas, mit dem man sich intensiv auseinander setzt, bleibt im Gedächtnis besser haften.

Ich bin aber auch seit Jahrzehnten eine Märchenschreiberin. Das Schreiben von Märchen zwingt dazu, ein positives Ende für so manche Auseinandersetzung zu finden, es fördert die Kreativität und macht Mut, wenn es vielleicht einmal triste und trübe Tage im Leben gibt. Häufiges Schreiben verändert zum Positiven.

Und es gibt natürlich in unserer modernen Gesellschaft einen weiteren Vorteil des Nacherzählens: Ich konnte und kann sie, weil es von mir verfasste Texte sind, besser mit anderen Menschen – zum Beispiel in sozialen Netzwerken – teilen. Gerade dort findet man oft dankbare Leser – Menschen, die vielleicht gerade eine Aufmunterung gut gebrauchen können.

Natürlich schleichen sich da auch Marketingaspekte mit ein. Aber heute werden die Legenden auch im Internet von Mensch zu Mensch weitergetragen, und ich bin sicher, dass ich mit meinen „Legenden am Lagerfeuer“ einige Menschen erreiche und erreicht habe, die diese alten Weisheiten weitertragen.

Dafür danke ich Ihnen sehr, denn ich weiß, Sie tragen die Sehnsucht nach einem weisen, liebenden Leben im Einklang mit den ewigen Gesetzen des Lebens weiter. Denn egal, ob Sie diese Geschichten auf dem Klo lesen, Ihr Lagerfeuer nur für sich selbst im Kopf herum tragen oder im Internet verbreiten – wir leisten damit unseren Part Lebensweisheit zu verbreiten und Menschen an ihr wahres Sein zu erinnern.

Dieses wahre Sein, das „Einfach-da-sein“ kommt meiner Ansicht nach heute etwas zu kurz. Vielen Menschen ist Oberflächlichkeit und Konsum lieber als das Eintauchen in sich selbst. So freue ich mich, wenn Sie hier Momente des Eintauchens und Erkennens finden und vielleicht eine kleine Quelle der Inspiration.

Am tollsten wäre es natürlich, wenn Sie Gelegenheit für ein echtes Lagerfeuer haben, sich dort mit Ihren Lieben versammeln, ein paar Kartoffeln in die Glut legen, ein Würstchen an einem Ast grillen und wenn die Bäuche wieder voll sind, eine Legende aus diesem Buch vorlesen, der andächtig von Mitmenschen gelauscht wird. Genießen Sie bitte diesen wunderbaren Moment und wenn Sie mögen, schicken Sie mir doch ein Bild davon!

Aber ob Sie das machen oder einfach für sich selbst irgendwo in diesem Buch lesen: Ich wünsche Ihnen viel Freude mit diesen „Legenden am Lagerfeuer“.

Ihre

Gudrun Anders

Aachen, im Februar 2014

P.S.

Wenn Sie in diesem Buch noch ein paar Rechtschreibfehler oder auch Satzfehler entdecken sollten … - Ich wollte mal schauen, wie weise Sie am Lagerfeuer geworden sind! Toll, dass es Ihnen aufgefallen ist! …

Die Lehre des Wassers

Ich bin ein Nordlicht, wie man so schön sagt und hatte das Glück an der Ostsee aufzuwachsen. Wasser hatte für mich immer eine ganz besondere Faszination. Hier erzähle ich eine kurze Geschichte nach, die ich einmal auf einem Seminar hörte und in Stichworten mitschrieb. Sie beschreibt wunderschön, was ich beim Anblick von Wasser empfinde.

Ein Weiser saß einmal viele Stunden und Tag nahe am Wasser und schaute und schaute.

Sein Schüler kam am Nachmittag zu ihm und fragte den Meister: „Du schaust schon so lange stur ins Wasser. Was, bitte, siehst du denn da, Meister?“

Der Weise antwortete nicht, er schaute einfach weiter ins Wasser. Einige Zeit verging. Schließlich sprach er ohne seinen Blick vom Wasser abzuwenden.

„Wasser ist ein großer Lehrmeister. Es lehrt uns das Leben und zeigt uns, wie wir leben sollen.

Dort, wo es fließt, bringt es neues Leben mit sich und lässt die Natur erblühen. Wasser teilt freigiebig aus und gibt jedem, der es bedarf.

Für das Wasser gibt es keine Unebenheiten in der Erde, geschickt versteht es sie auszugleichen. So ist es flexibel und gerecht.

Das Wasser ist auch mutig, denn ohne zu zögern stürzt es sich in neue Abenteuer und lässt sich vom Leben leiten.

Aber das Wasser kann noch mehr, denn es ist auch sehr weise. Stellen sich ihm Felsen in den Weg, so fließt es ganz einfach um sie herum.

Wasser ist auch sehr umgänglich. Und obwohl es so anschmiegsam ist, ist es voller Kraft und Tatendrang, permanent in Bewegung, so dass Neues entstehen kann.

Wasser ist auch extrem ausdauernd und zielstrebig. Es muss um so viele Landzungen fließen, aber es verliert nie sein Ziel aus dem Auge: Das Meer, das große Ganze.

Wasser hat auch die Kraft, sich selbst zu regenerieren. Die Menschen verunreinigen es oft. Aber das Wasser ist immer bemüht wieder klar zu werden. So hat es die unglaubliche Kraft, sich immer wieder zu erneuern. Deshalb schaue ich unablässig auf das Wasser. Es lehrt mich richtig zu leben!“

Die Menschen dieser Tage suchen nicht die Weisheit, sondern das Wissen. Das Wissen gehört der Vergangenheit an,

die Weisheit der Zukunft.

Das Wasser im Brunnen

Es begab sich, dass einige Menschen eines Dorfes mehr über Stille und Meditation wissen wollten. So gingen sie zu einem am Waldesrand lebenden Einsiedler, von dem man sagte, dass er früher ein Zen-Mönch gewesen war.

Sie fragten ihn: „Warum meditierst du täglich und was ist der Sinn der Stille?“

Der Mönch war gerade damit beschäftigt, Wasser aus dem Brunnen empor zu ziehen. Er schaute in den Brunnen hinein und sagte dann zu seinen Besuchern:

„Schaut in diesen Brunnen hinein – was seht ihr dort?“

Die Menschen blickten augenblicklich in den Brunnen, fanden aber nichts Sehenswertes: „Wir sehen nichts!“

Einen Augenblick später forderte der Mönch die Leute wieder auf: „Schaut jetzt in den Brunnen hinein! Was seht ihr jetzt?“

Die Menschen taten wie ihnen geheißen und blickten wieder hinunter: „Jetzt sehen wir eine Spiegelung von uns selbst!“

Da sprach Mönch: „Als ich eben das Wasser aus dem Brunnen holte, war das Wasser unruhig. Aber es beruhigte sich wieder und jetzt ist das Wasser ganz ruhig. Das ist wie die Erfahrung der Stille und Meditation: Man sieht auf sich selbst!“

Die Menschen dachten einen Augenblick über die Worte nach und blickten noch einmal in den Brunnen hinein. Da sagte der Mönch erneut: „Schaut jetzt noch einmal genau in den Brunnen hinein. Was seht ihr jetzt darin?“

Die Menschen schauten noch einmal hinunter: „Jetzt sehen wir auch die Kieselsteine auf dem Grund des Brunnens, denn das Wasser ist ganz klar.“

Und der Mönch erklärte: „Das ist die große Erfahrung der Stille und Meditation, die hinter allem steht: Wartet man lange genug, kann man auf den Grund aller Dinge sehen.“

Gewinne nicht die Welt

und verliere deine Seele.

Eine Neujahrsgeschichte aus dem alten Persien

Ich erzähle euch jetzt eine kleine Geschichte aus dem alten Persien, die jedes Jahr um die Zeit von Neujahr dort an den Feuern erzählt wird.

In einem alten Königreich ganz in der Nähe war es an der Zeit, das jährliche Neujahrsfest vorzubereiten. Und so wies der König seine Untergebenen und Diener an: „Auch in diesem Jahr möchte ich, dass wir ein wahrhaft königliches Fest feiern. Ladet alle Persönlichkeiten des Königsreiches zu diesem rauschenden Fest ein. Die Tische sollen sich biegen unter der Last der königlichen Delikatessen. Es soll auch nur der beste Wein aus den erlesensten Trauben angeboten werden.“

Die Bediensteten zogen sofort durch das Land und brachten aus allen Teilen des Landes nur die köstlichsten Speisen mit. Aber der König probierte sie und war mit der Wahl nicht zufrieden. Nichts machte ihn glücklich, keine Speise war gut genug.

Verzweifelt wandte sich der König an seine Diener: „Letztes Jahr habe ich den Menschen ein wahrlich kaiserliches Fest geboten, aber niemand erwähnte unser Fest jemals wieder. Die ganze Stadt sprach aber voller Bewunderung von dem Fest bei Garmin, dem Maler.

Auf diesem Fest wurde die ganze Nacht getrunken und gelacht. Und erst am Nachmittag des nächsten Tages war der letzte nach Hause gegangen. Genauso war es im Jahr zuvor gewesen. Und in dem Jahr davor ebenso. Es muss uns doch wenigstens einmal gelingen, ein rauschenderes Fest als dieser Kretin zu feiern. Ich bin doch der König. Ich!“