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Alex: Millionär im Maßanzug. Klassik-Connaisseur. Nur im Notfall zu Humor fähig trifft auf Klara: Verfechterin von Demos. Nebenberufliche Esoterik-Expertin und vegetarische Frohnatur. Dass die beiden gegensätzlicher nicht sein könnten, merkt Alex spätestens, als sie sich wegen eines ungeplanten Auto-Zwischenfalls auf der Autobahn seine Luxuskarosse teilen müssen - auf halbem Weg von Hamburg nach Wien. Welche Katastrophen, Missgeschicke und Herzklopf-Momente werden auf der langen Fahrt auf sie warten?
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Seitenzahl: 101
Veröffentlichungsjahr: 2025
Simone Lilly
Mit Umwegen ins Herz
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Kapitel 1
Kapitel 20
Impressum neobooks
Kapitel 1 – Der Flug ins NichtsHamburg, Flughafen Helmut Schmidt.06:38 Uhr.Terminal 2 roch nach frisch gewienertem Boden und dem abgestandenen Kaffee von hunderten zu früh aufgestandenen Menschen. Alexander von Falkenberg stand vor dem Gate A18, Business-Class-Lounge-Zugang in der einen, iPhone 15 Titanium Pro Max in der anderen Hand. Seine Schuhe glänzten, als hätten sie gerade ein Vorstellungsgespräch – poliertes italienisches Leder, das sanft mit dem Marmor der Lounge flirtete.Er sah nicht gehetzt aus. Alexander war nie gehetzt. Nicht weil er keine Termine hätte, sondern weil er sich längst angewöhnt hatte, derjenige zu sein, auf den gewartet wurde. Auch jetzt, 45 Minuten vor Abflug, hatte er alles unter Kontrolle: das Meeting in Wien war für 13 Uhr angesetzt, genug Puffer für ein schnelles Mittagessen mit dem Investor, dessen Unterschrift ihm ein Projektvolumen in dreistelliger Millionenhöhe sichern sollte.Er nippte an seinem doppelten Espresso.Ohne Zucker. Natürlich. Zucker war etwas für Menschen, die ihre Emotionen regulieren mussten.Dann vibrierte sein Handy.Eine Push-Nachricht der Airline.Er klickte. Blinzelte. Las noch einmal.“Ihr Flug LH2467 nach Wien wurde leider ersatzlos gestrichen. Wir bitten um Ihr Verständnis.”„Was für ein…“, murmelte er, aber der Rest des Satzes verirrte sich im goldenen Deckenlicht der Lounge.Eine freundliche Stimme aus dem Lautsprecher kündigte das Unvermeidliche an. Technikproblem. Kein Ersatzflug. Auch die nachfolgenden Maschinen: überbucht, storniert, verschoben. Chaos.Alexander starrte durch die riesigen Fenster aufs Rollfeld. Eine Taube pickte an einem abgeworfenen Croissant, während sein sechsstelliger Deal in die Ferne flatterte.Er zückte sein Handy und wählte eine Nummer.Nicht die von einem Taxi. Nicht die der Airline.Sondern ihre.„Miriam“, knurrte er, kaum dass seine Assistentin sich gemeldet hatte.„Lassen Sie alles stehen und liegen. Ich brauch Alternativen. Jetzt. Zug, Hubschrauber, Tragschrauber, Tunnelbohrmaschine – irgendwas.“Ein leichtes Tippen auf der anderen Seite der Leitung.„Herr von Falkenberg… es gibt… nichts. Streik in Frankfurt, München ist dicht, und es gibt… ähm… auch keinen Charterjet.“„Dann buch wenigstens ein Hotelzimmer, ich mach mir hier keine Gedanken mehr über Schlafplätze auf Lounge-Sofas.“„Schon geschehen. Aber wenn Sie wirklich pünktlich in Wien sein wollen… dann bleibt nur eins.“„Bitte nicht sagen, was ich glaube, dass Sie sagen werden.“„…Sie müssen fahren. Selbst.“Stille.Man konnte das Geräusch hören, das sein Stolz machte, als er zähneknirschend in die Hosentasche zurückgedrückt wurde.Wien lag gut neun Stunden entfernt. Mit Glück. Ohne Pausen. Ohne Baustellen. Ohne Wahnsinnige auf der A7.Er seufzte. Ein stilles, aristokratisches Seufzen. Dann verließ er die Lounge, den Flughafen – und betrat die Tiefgarage.Sein Tesla Model S stand dort, als würde er bereits wissen, dass er heute die Hauptrolle in einem Roadtrip-Film spielen würde. Rabenschwarz, blitzsauber, mit maßgeschneiderten Sitzen aus veganem Leder (ein PR-Stunt, natürlich – Alexander trug trotzdem gerne echte Ledergürtel).Er legte seinen Mantel auf den Beifahrersitz, stieg ein, tippte “Wien” ins Navigationssystem und startete den Motor.Der Bildschirm leuchtete auf, Spotify spielte aus Versehen irgendetwas von Coldplay. Er rollte mit den Augen, wechselte zu einem Podcast über Leadership-Mindsets, und lenkte langsam aus der Parkbucht.Die Reise konnte beginnen.Er wusste nur noch nicht, dass dies kein Business-Trip, sondern eine Lektion in Chaos, Menschlichkeit – und Avocado-Smiley-Tattoos werden würde.
Kapitel 2 – Die Freisprechanlage des VerderbensHamburg, kurz vor der Autobahnauffahrt A7.08:02 Uhr.Der kleine, hellgrüne Toyota Yaris roch nach veganen Bananenmuffins, Patchouli-Öl und einem Hauch Vorfreude. Klara saß auf dem Beifahrersitz, die Füße unter sich geschlagen, einen wiederverwendbaren Bambusbecher mit Kamillentee in der Hand und den Kopf voller Pläne.„Ich kann’s immer noch nicht glauben, dass ich wirklich das Schlafzimmer von Sisi sehen werde“, sagte sie und grinste so breit, dass zwei Sommersprossen in ihren Wangenfalten verschwanden.„Schloss Schönbrunn! Ich mein… das war mein Passwort in der fünften Klasse!“Jonas, ihr Freund, lachte.Ein bisschen zu kurz. Ein bisschen zu hoch.Aber Klara merkte das nicht. Noch nicht.„Na dann bin ich ja froh, dass dein jugendliches Ich heute mit mir durchbrennt“, sagte er und tätschelte kurz ihre Hand.Sie kannte Jonas jetzt ein Jahr. Sie hatten sich auf einer Demo gegen Fracking kennengelernt – er war mit Kamera da, sie mit Plakat und wütender Stimme. Seitdem war er ihr „linker Sunnyboy“ – dunkle Locken, Cordjacke, ständig dabei irgendwas zu „dokumentieren“. In letzter Zeit allerdings… filmte er weniger. Und küsste auch weniger.Klara schob den Gedanken weg. Heute nicht. Heute war Schloss-Schönbrunn-Tag.Der Yaris rollte in sanften Bögen Richtung Autobahn. Klara öffnete das Fenster, ließ sich den Fahrtwind ins Gesicht wehen und griff nach ihrer selbstgemachten Playliste. Just in dem Moment blinkte das Display der Mittelkonsole auf. Die Freisprechanlage piepste kurz – und ohne jede Warnung ertönte eine weibliche Computerstimme im Auto.„Nachricht von Miri ��:Ich träume immer noch von deiner Hand unter meinem Kleid gestern… Wann sehen wir uns wieder, Tiger? ����“Stille.Nur der Fahrtwind rauschte.Klara starrte auf das Display.Dann auf Jonas.Dann wieder aufs Display.Die Nachricht wurde noch einmal eingeblendet.Das Emoji nickte ihr quasi höhnisch zu.„Tiger?“, sagte sie. Ihre Stimme war glatt wie ein zu dünner Joghurt.„Klara… das… äh… das ist nicht so wie—“„Nicht so wie es aussieht?“„Genau. Also… Miri ist nur… also das ist…“„Eine, die du gestern angefasst hast, während du mit mir Reisepläne gemacht hast?“Jonas schluckte. Seine Finger klammerten sich ans Lenkrad, als könne er mit bloßer Kraft die Zeit zurückdrehen. Oder den Yaris in ein Loch lenken, in dem er verschwinden konnte.„Klara, bitte… ich wollte es dir sagen. Bald. Nur… nicht jetzt. Ich meine – wir haben doch diese Reise, und—“„Halt an“, sagte sie.„Was?“„Halt. Sofort. An.“„Aber wir sind auf der Autobahn, Klara!“„Dann fahr rechts ran. Ich meine es ernst.“Er protestierte noch einmal halbherzig. Aber Klaras Blick war messerscharf. Jonas lenkte auf den Standstreifen, warnblinkte, als hätte er einen geplatzten Reifen – dabei war es nur sein Gewissen.Klara stieg aus.Langsam. Würdevoll.Wie eine Frau, die sich selbst gerade vor einem historischen Nervenzusammenbruch rettete.Sie ging um den Wagen herum, öffnete den Kofferraum, holte ihren altrosafarbenen Rollkoffer mit den Stickern aus aller Welt – „Free Tibet“, „No Planet B“, „Team Sisi“ – und stellte ihn neben sich auf den Asphalt.„Klara… du kannst hier nicht einfach—“„Doch, kann ich.“Sie blickte in den Himmel, tief einatmend.Dann drehte sie sich zu ihm um.„Und übrigens, Jonas: Miri hat einen richtig schlechten Geschmack. Tiger.“Dann hob sie den Daumen.Am Rand der Autobahn.Mit nichts als einem Rollkoffer, einem Herzen voller Wut – und einem überraschend freien Tag.Sie wusste noch nicht, wer als Erstes anhalten würde.Aber sie hoffte, es wäre niemand im Anzug.
Kapitel 3 – Zwei Welten, ein Seitenstreifen09:14 Uhr.Die Wolken am Himmel zogen sich zusammen wie ein zusammengekniffenes Augenlid. Grau. Schwer.Klara stand noch immer am Rand der Autobahn. Der Wind zerrte an ihrem bunten Maxikleid, der Rollkoffer kippte zum dritten Mal um und sie hatte das Gefühl, ihre Locken hielten sich nur noch durch pure Trotzenergie in irgendeiner halbwegs ästhetischen Form.Ein Auto nach dem anderen raste an ihr vorbei.Mercedes. BMW. SUV.Niemand hielt.Eine Frau in Flatterkleid, allein mit Koffer am Seitenstreifen?Ja klar, vermutlich eine Influencerin, die ein besonders dramatisches Reel dreht. Oder eine Verrückte mit romantischer Todessehnsucht.Vielleicht hielt keiner, weil sie so aussah, wie sie aussah. Oder weil sie einfach zur falschen Zeit am falschen Ort war – mit dem falschen Mann, der die falsche Nachricht bekam.Klara schnaubte. Ihre Zehen waren mittlerweile kalt, ihre Schultern feucht, und aus Trotz lehnte sie sich noch ein letztes Mal nach vorn und hob erneut den Daumen.Ein Smart fuhr vorbei. Dann ein Kleintransporter. Dann ein Porsche – der hupte sogar.„Was soll das heißen, Tiger?“, murmelte sie wütend vor sich hin.„Tiger!? Ich bin eher ein Waschbär! Ich wasche Dinge aus und trage Augenringe mit Würde!“Sie schniefte. Der Wind war inzwischen ein verlässlicher Begleiter, der ihr unaufhörlich feuchte Haarsträhnen ins Gesicht klebte.Nach zwei Stunden – in denen sie nichts außer Mitleid, Misstrauen und ein paar Fliegen kassierte – war ihr Wille gebrochen.Sie zog den Reißverschluss ihrer leichten Jacke höher, nahm den Griff des Koffers in die Hand und begann zu gehen.Am Seitenstreifen.Mit der Würde einer frisch Verlassenen und der Wut einer Disney-Prinzessin auf Rachefeldzug.Sie sprach nicht mehr.Nicht mit dem Himmel. Nicht mit Jonas. Nicht mit sich selbst.Der Regen begann in Tropfen. Dann wurde er flächig. Dann hemmungslos.09:58 Uhr.Der Regen trommelte gegen die Windschutzscheibe wie schlecht gelaunte Morsezeichen.Alexander saß in seinem Tesla, als wäre das Auto ein Raumschiff, das ihn durch eine fremde, feindselige Galaxie steuerte.Das Navigationssystem sprach beruhigend, aber er hasste die Stimme. Und er hasste Regen.Er hatte keine Zeit für Wetter.Ein Tropfen rann an der Seitenscheibe hinab, elegant wie ein Designerwein an einem Kristallglas.Er seufzte.„Fantastisch. Jetzt auch noch dieses Elend“, murmelte er, während der Scheibenwischer sein Bestes gab.In diesem Moment – zwischen Kilometer 87 und 88 – sah er sie.Zuerst nur als schemenhafte Gestalt.Dann als Frau.Dann… als wandelnden Farbklecks inmitten des Grau-in-Grau des Nordens.Sie zog einen Koffer.Langsam. Wie jemand, der keinen Zielort, aber einen verdammt großen Groll im Herzen hatte.Das Kleid klebte ihr an den Beinen, der Regen hatte sie völlig durchnässt. Sie wirkte nicht hilflos, aber definitiv… fehl am Platz.Alex fuhr vorbei.Er tat, was jeder normale, moderne, emotionsregulierte Mensch mit Termindruck tun würde:Er fuhr weiter.Drei Sekunden.Vier.Fünf.Verdammt.Er fluchte leise, verfluchte sein Gewissen, verfluchte das Jahr, in dem er auf ein Studium der Philosophie verzichtet hatte – und trat dann mit einem Ruck auf die Bremse.Der Tesla verzögerte elegant.Rückspiegel. Schulterblick.Er setzte zurück, schaltete die Warnblinkanlage an – ein digitaler Heiligenschein.Der Regen wurde stärker.Alex stieg aus. Der feine Stoff seines Sakkos war nicht gemacht für Notfälle oder Landregen – und schon gar nicht für beides.Er ging langsam auf sie zu, halb irritiert, halb skeptisch.„Entschuldigung…“, sagte er, laut genug, dass der Regen seine Worte nicht verschluckte.„Brauchen Sie Hilfe? Oder… sind Sie einfach nur stur?“Sie drehte sich um.Ihre Locken klebten an ihrer Stirn, ihr Blick war eine Mischung aus Misstrauen, Trotz – und einer Prise galanter Verzweiflung.Sie antwortete nicht sofort.Aber sie sah ihn an.
Kapitel 4 – Nasser Anzug, nasser Stolz10:03 Uhr.Der Regen hatte sich mittlerweile nicht mehr wie Regen angefühlt, sondern wie eine stille, stetige Demütigung von oben. Klaras Kleid klebte an ihren Knien, ihre Schuhe quietschten bei jedem Schritt und der Koffer verhielt sich wie ein trotziges Kleinkind auf Rollen.Sie hatte längst aufgehört, sich über die Situation zu ärgern. Es war mehr eine Art resignierte Meditation.Aber dann… hörte sie Bremslichter.Ein Wagen. Kein Kleinwagen. Eher – elegant. Glatt. Schwarz.Die Fahrertür öffnete sich mit einem satten Geräusch und heraus trat… ein Mann.Groß. Dunkle Haare, inzwischen durchnässt, was ihm seltsamerweise stand.Ein maßgeschneiderter Anzug – grau, fein, jetzt fleckig vom Regen.Und ein Gesicht, das so aussah, als würde es normalerweise andere darum bitten, Probleme zu lösen.Klara blinzelte.Nicht wegen des Regens, sondern weil ihr Hirn kurz nicht entscheiden konnte, ob es sich jetzt über den Kapitalismus oder seine Wangenknochen aufregen sollte.„Natürlich. Ein Mann im Anzug. Im Tesla. Mit diesem Blick, der sagt: ‘Was kostet die Welt, ich nehme zwei.’ Perfekt. Und trotzdem sieht er gut aus. Scheiße.“„Entschuldigung“, sagte er.Seine Stimme war tief, trocken, wie frisch gebrühter Kaffee ohne Zucker.„Brauchen Sie Hilfe? Oder… sind Sie einfach nur stur?“Klara zog eine Augenbraue hoch.Das war ein verdammt frecher Einstieg.Aber immerhin ehrlich.„Ich bin beides“, sagte sie. „Aber Hilfe wäre trotzdem nett.“Er kam näher, schien sich zu fragen was zum Teufel er da eigentlich tat, während seine Schuhe sich langsam mit Wasser füllten.„Was machen Sie überhaupt hier draußen?“, fragte er.„Ich hab meinen Freund rausgeworfen“, sagte sie. „Oder… also, eher mich selbst. Aber mit dramatischem Abgang.“„Das erklärt nicht, warum Sie auf der Autobahn spazieren gehen.“Sie atmete tief durch.„Ich wollte nach Wien. Wegen einer Kaiserin. Jetzt will ich einfach nur trockene Socken.“
