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Charlotte hat die Nase so was von voll. Sie befindet sich im absoluten Liebesstress, als ihre Familie sie bei jeder Feier immer wieder auf ihr nicht-vorhandenes Liebesleben anspricht. Bei einem Speed-Dating erhofft sie sich die Rettung vor der nächsten anstehenden Familienfeier. Dort, so hofft sie, kann sie einen passenden Alibi-Freund finden. Doch als sie dort ausgerechnet ihrem Chef Michael über den Weg läuft, scheint es nur noch eine Lösung zu geben: ihr Fake-Freund wird reine Chefsache.
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Seitenzahl: 82
Veröffentlichungsjahr: 2025
Simone Lilly
Speed-Dating für Alibi-Freunde
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Kapitel 1 – Montagskaffee und Chefblicke
Kapitel 2 – Kaffee, Bäume und absurde Theorien
Kapitel 3 – Liebe auf Zeit
Kapitel 4 – Teppiche, Häkelkurse und das erste Lachen
Kapitel 5 – Heimweg
Kapitel 6 – Überraschung im Büro
Kapitel – Mittagsgespräch
Impressum neobooks
Montagmorgen, 8:55 Uhr.Charlotte Williams saß hinter dem Empfangstresen der Chefetage und tat das, was sie montags immer tat: Sie stellte ihre Kaffeetasse exakt fünf Zentimeter rechts neben die Tastatur – nicht mehr, nicht weniger – und putzte ihre Brille, während der Computer hochfuhr. Ordnung am Morgen, das war ihre Art, das Chaos der Welt wenigstens für zehn Minuten im Griff zu haben.„Guten Morgen, Charlotte!“ rief Mandy aus dem Marketing, während sie vorbeizischte.„Morgen,“ murmelte Charlotte und sah, wie Mandy eine Parfumwolke hinterließ, die wahrscheinlich noch nächste Woche im Teppich hing.Charlotte rückte ihre Brille zurecht, nippte am Kaffee und warf – rein zufällig, natürlich – einen Blick auf den Aufzug. Sie wusste genau, dass Dr. Michael Miller, neuer CEO, immer zwischen 8:57 und 8:59 Uhr erschien. Der Mann war pünktlich wie ein Schweizer Uhrwerk und sah dabei aus, als sei er gerade einem Werbespot für Herrendüfte entstiegen. Hellbraune Haare, perfekt geschnitten, ein Anzug, der aussah, als würde er nur mit Samthandschuhen angefasst, und dieser dezente Hauch von Aftershave, den man nicht beschreiben konnte, ohne rot zu werden.Miss Williams, nannte er sie. Immer mit diesem förmlichen Tonfall, als sei sie die Hauptfigur in einem Schwarz-Weiß-Film von 1947. Sie hatte sich noch nicht entschieden, ob sie das charmant oder nervig fand.Der Aufzug summte, die Türen glitten auf – und da war er.Michael Miller trat heraus, ein Aktenordner unter dem Arm, den Blick kurz auf sie gerichtet.„Guten Morgen, Miss Williams.“„Guten Morgen, Dr. Miller,“ erwiderte sie und versuchte, ihre Stimme nicht zu fröhlich klingen zu lassen. Er nickte, ging an ihr vorbei, und sie hätte schwören können, dass seine Mundwinkel sich einen Hauch gehoben hatten.Genau in dem Moment klingelte das Telefon.Charlotte griff danach, immer noch halb im „Chef-walked-by“-Modus, und während sie sich den Hörer unter das Kinn klemmte, wollte sie ihre Notizen sortieren.Was dann geschah, passierte in Zeitlupe:Die Kaffeetasse kippte.Ein kleiner, schwarzer Tsunami ergoss sich über ihre Unterlagen, floss gefährlich nah an die Tastatur heran und tränkte den Ausdruck mit dem morgendlichen Meetingplan.„Oh, großartig! Fantastisch! Genau das wollte ich heute Morgen – eine Kaffeeflut!“ knurrte sie halblaut, während am anderen Ende der Leitung jemand irgendwas von „Verbindungsproblem“ redete.Sie griff panisch nach Papiertüchern, wischte, klebte am Papier fest, und in diesem Moment hörte sie hinter sich eine Stimme:„Brauchen Sie Hilfe, Miss Williams?“Sie erstarrte.Langsam drehte sie sich um – und da stand Dr. Miller. In der einen Hand noch sein Aktenordner, in der anderen ein Taschentuch, das er ihr hinhielt, als sei er der Gentleman in einer altmodischen Romanze.„Nein, nein, alles unter Kontrolle,“ log sie, während ein Kaffeefleck langsam in Richtung ihrer Bluse kroch.Er sah kurz auf die Unterlagen, dann zu ihr. „Falls das der Meetingplan für heute war – wir improvisieren einfach. Ich mag Überraschungen.“„Ja, ich… auch,“ stammelte sie, und innerlich wollte sie sich ohrfeigen.Er lächelte knapp, reichte ihr das Taschentuch und verschwand in seinem Büro.Charlotte atmete tief durch, sah auf das braun gesprenkelte Papier und seufzte.Montage. Sie hasste Montage.
Charlotte hatte gerade den letzten braunen Kaffeefleck von ihrer Tastatur gekratzt, als sie aus dem Augenwinkel eine bunte Strickmütze aufblitzen sah.Nur eine Person würde in diesem Gebäude im Januar mit Strickmütze durch die Flure spazieren: Nora Bennett, ihre beste Freundin – und seit fünf Jahren die Frau, die das Grafikteam mit Kaffee und scharfer Zunge zusammenhielt.„Sag bitte, dass du heute schon genauso genervt bist wie ich“, sagte Nora, ohne ein Hallo, und lehnte sich mit den Unterarmen auf Charlottes Tresen.„Ich habe gerade meinen Meetingplan ertränkt“, erwiderte Charlotte trocken. „Zählt das?“„Definitiv. Aber warte, ich toppe das: Ab heute müssen alle Kreativabteilungen für jede Farbauswahl ein Freigabeformular ausfüllen.“Charlotte blinzelte. „Für Farben?“„Für Farben. Als wären wir im Kindergarten und müssten Mutti fragen, ob wir den blauen Buntstift benutzen dürfen.“Nora zog die Mütze vom Kopf und fuhr sich durch ihr rotes Haar. „Ich schwöre, seit der Übernahme sind die hier komplett am Durchdrehen. Letzte Woche wollten sie, dass ich für eine Social-Media-Grafik einen ‚visuellen Budgetplan‘ erstelle. Was soll das überhaupt sein? Soll ich den Eurozeichen eine Sonnenbrille aufsetzen?“Charlotte lachte leise. „Vielleicht will der neue Konzern einfach nur sicherstellen, dass niemand zu… kreativ wird.“Nora zog eine Augenbraue hoch. „Der neue Konzern, ja. Aber mal ehrlich – der neue Chef ist echt heiß. Das entschädigt ein bisschen für die Bürokratiehölle.“Charlotte hob warnend die Hand. „Nora…“„Nein, mal im Ernst! Ich hab ihn nur zweimal im Aufzug gesehen, aber dieser Typ könnte in einem Werbespot für…“„…Kaffee? Rasierer? Luxusuhren?“„Alle drei gleichzeitig.“Charlotte wollte gerade den Kopf schütteln, als sich eine leise Bewegung hinter ihnen regte – und Noras Augen plötzlich größer wurden.„Oh. Mein. Gott. Er steht direkt hinter mir, oder?“Charlotte schloss kurz die Augen. Natürlich. Natürlich steht er genau jetzt da.„Miss Williams,“ ertönte die tiefe Stimme von Dr. Michael Miller. „Wenn Sie einen Moment hätten – könnten Sie bitte für morgen Nachmittag einen externen Termin eintragen? Fünf Uhr.“Charlotte nickte schnell. „Ja, selbstverständlich, Dr. Miller.“Nora versuchte, sich unauffällig vom Tresen zu lösen, stolperte dabei aber fast über ihren eigenen Schal.Michael sah zwischen den beiden hin und her. „Ich hoffe, die neuen Regelungen sind nicht… zu belastend.“„Nein, nein,“ platzte Charlotte hervor, „wir… lieben Formulare.“Nora biss sich auf die Lippe, und Charlotte war sicher, dass sie innerlich schrie vor Lachen.„Gut zu hören“, sagte Michael knapp, drehte sich um und verschwand wieder in seinem Büro.Kaum war die Tür zu, flüsterte Nora: „Ich sterbe. Ich bin tot. Begrab mich hier am Empfang.“„Ich buddle schon das Loch,“ murmelte Charlotte, während sie den Termin in den Kalender eintrug – und sich fragte, was um alles in der Welt ein externer Termin mit Dr. Miller wohl zu bedeuten hatte.
Die Mittagspause war für Charlotte und Nora heiliger Boden.Pünktlich um zwölf Uhr schnappten sie sich ihre Jacken, holten sich Kaffee to go aus dem kleinen Laden an der Ecke und setzten sich auf „ihre“ Bank vor dem Bürogebäude. Eine schmale Metallbank unter einem dünnen Baum, der im Winter mehr mitleiderregend als schattenspendend wirkte.„Also,“ begann Nora und nahm einen Schluck Kaffee, „was beschäftigt dich? Und komm mir nicht mit ‚nichts‘, du hast seit Montag diesen Ich-plane-etwas-Blick.“Charlotte seufzte. „Ich fahre nächste Woche zu meiner Familie. Großes Treffen. Alle Schwestern, alle Cousinen, alle… perfekten Partner.“„Ah.“ Nora nickte wissend. „Der berühmte Beziehungsmarathon.“„Genau. Und ich habe keine Lust, mir die ganze Zeit anhören zu müssen, dass ich mit 36 langsam wirklich mal anfangen sollte, über Ehe und Kinder nachzudenken.“„Sieh’s positiv: Du bekommst bestimmt viele Tipps, wie du dein Leben verbessern kannst.“„Wenn ich Glück habe, sogar ungefragt.“Charlotte rührte in ihrem Kaffee, obwohl er längst keine Milch mehr enthielt. „Also habe ich beschlossen, etwas… vorzubeugen.“Nora hob eine Augenbraue. „Du willst dir einen Freund mieten?“„Quasi. Morgen Abend gehe ich zu einem Speed-Dating-Event. Vielleicht finde ich jemanden, der bereit ist, sich für ein Wochenende als mein Partner auszugeben.“Nora grinste breit. „Das ist so herrlich passiv-aggressiv, ich liebe es.“„Danke.“Sie saßen einen Moment schweigend da, beobachteten den Verkehr und tranken ihren Kaffee. Dann sagte Nora: „Und was ist eigentlich dieser externe Termin, den dein Chef dir so geheimnisvoll aufgetragen hat?“Charlotte zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Vielleicht besucht er einen Häkelkurs.“„Oder er tanzt Limbo… mit Spaghetti.“Charlotte lachte. „Oder er geht heimlich in einen Töpferkurs und formt dramatische Kerzenhalter.“„Ich tippe auf Undercover-Agent. Der Typ hat diesen geheimnisvollen Blick.“„Oder er ist in Wahrheit Mitglied einer Boyband-Reunion-Tour und probt nach Feierabend.“Sie kicherten beide, und für einen Moment fühlte sich die Winterluft weniger kalt an.„Egal, was es ist,“ sagte Nora schließlich, „ich hoffe, er trägt beim Termin ein Cape. Jeder Termin ist besser mit einem Cape.“„Ich werde ihm das vorschlagen,“ erwiderte Charlotte trocken, und beide lachten wieder.
Charlotte hätte wissen müssen, dass High Heels und gepflasterte Gehwege keine Freunde waren.„Verdammt!“ fluchte sie leise, als sie zum dritten Mal innerhalb von zwei Blocks in einer Fuge hängen blieb. Sie hielt ihren Mantel geschlossen, den Griff ihrer kleinen Handtasche fest umklammert und hoffte inständig, dass sie trotz der Verspätung nicht den Beginn verpasst hatte.Das Restaurant „Le Dauphin“ war genau die Art von Ort, an dem Charlotte sich fehl am Platz fühlte: sanftes Licht, gläserne Kerzenhalter, Bedienungen in schwarzen Westen. Der Geruch von frisch gebackenem Brot und dezentem Parfum lag in der Luft.Am Eingang begrüßte sie eine lächelnde Frau mit Klemmbrett.„Name?“„Williams. Charlotte Williams.“Die Frau hakte etwas ab. „Perfekt. Sie sind Gruppe B, Tisch sieben. Wir erklären gleich die Regeln.“Charlotte schlängelte sich durch den Raum, versuchte dabei, nicht an den bereits sitzenden, perfekt gestylten Frauen vorbeizuhumpeln wie ein Pinguin. Ihr Tisch lag in einer Ecke – eine Art romantischer Halbschatten, der in diesem Moment eher wie die Vorhölle wirkte.„Meine Damen und Herren“, verkündete der Moderator vorne, „herzlich willkommen zum heutigen Speed-Dating! Das Prinzip ist einfach: Die Damen bleiben sitzen, die Herren rotieren alle sieben Minuten im Uhrzeigersinn. Wenn Sie einander wiedersehen möchten, kreuzen Sie das später in Ihrem Zettel an. Und – ganz wichtig – bitte vermeiden Sie Diskussionen über Politik, Religion und Kryptowährungen.“Leises Gelächter ging durch den Raum. Charlotte schob ihre Brille zurecht und ließ ihren Blick schweifen – ein kurzes Scannen der Umgebung, nur um zu sehen, wer heute wohl alles hier war.
