Monatsbilder 2009 - 2015 - Johann Widmer - E-Book

Monatsbilder 2009 - 2015 E-Book

Johann Widmer

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Beschreibung

Als namhafter Vertreter der «arte povera» begann Johann Widmer in den späten 90er Jahren seinen Schaffenskreis auf die abstrakte, informale Malerei auszuweiten. Sein Credo war, dass alle Künste (auch Musik und Literatur) wichtige Grundlagen unserer Zivilisation sind und somit allen Menschen, mit verschiedenen Mitteln zugänglich gemacht werden sollen. Neben seinem umfangreichen künstlerischen Schaffen entstanden daher auch Kurzgeschichten für Jung und Alt. Er vermeidet aber den Begriff "Schriftsteller". Er sieht sich eher als Kunstvermittler und freut sich, wenn seine Bücher gelesen werden. Ab August 2009 widmete er jedem Monat ein Bild, das er mit "Randnotizen" versah. Das Buch enthält die Sammlung dieser "Monatsbilder" aus den Jahren 2009 bis 2015. Die Texte sollen die eigene Fantasie beim Betrachten der Bilder nicht beeinflussen, können aber einen Zugang zum Bild schaffen.

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Table of Contents

Title Page

Vorwort

Veris leta facies …

Kontraste in Rot

Dubliner–Grün

El amor brujo

Petruschka

Gordischer Knoten

Ocker Gelb

Lebenslinien

Scherzo

Puppenspiel

Il canto sospeso

Horizontal bewegt

Cadenza

Naturstudie

Unscharf

Poème

Adagio

Appalachian Spring

Sacre du printemps

Gold

Die blaue Blume

Kleiner Garten des Glücks

Niu

Walzer

Weisser Kreis

Horizonte

Rhythmisches

Grenzen der Vollkommenheit

Wolken

Der schwarze Garten

Flamenco

Harmonie

Wüste

Regenbogen

Bleu Mediterranee

Meditation

Der Rosengarten

Tanz

Chaos

Cascade

Musse

Sarc

Vorfrühling

Auferstehung

Karussel

Botanischer Garten

Rondell

Angst

Bewegtes Rot

Variationen

Schöne Stadt

African Market

Warten auf die Nacht

Der hölzerne Prinz

Wetterleuchten, eine Fabel

Verborgenes

Le voyage

La mortella

Feuer

Kein Krieg in Troja

Allein

Gruppenbild mit Dame

Herbstlied

Stilles Leuchten

Zeitlos

Rot-Schwarz

Nebel

Malerisch

Mai

Brücke

Globus

Nocturne

Summertime

Silber

Magenta

Poesie

Bilderverzeichnis mit Katalognummer

Monatsbilder

Ein Bild für jeden Monat

 

Johann Widmer

 

 

Band 1

 

2009 - 2015

Illustrationen

Fotos von Werken des Autors aus den Jahren 2009 – 2015

 

Stiftung Augustine und Johann Widmer, Hrsg.

© Stiftung Augustine und Johann Widmer

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werks darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung der Stiftung reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

www.johann-widmer.ch ISBN: siehe Umschlag

1.Auflage 2022

 

Vorwort

Als namhafter Vertreter der «arte povera» begann Johann Widmer in den späten 90er Jahren seinen Schaffenskreisaufdieabstrakte,informaleMalerei auszuweiten.

Sein Credo war, dass alle Künste (auch Musik und Literatur) wichtige Grundlagen unserer Zivilisation sind und somit allen Menschen, mit verschiedenen Mitteln zugänglich gemacht werden sollen.

Neben seinem umfangreichen künstlerischen Schaffen entstanden daher auch Kurzgeschichten fürJungundAlt.ErvermeidetaberdenBegriff„Schriftsteller“. Er sieht sich eher als Kunstvermittler und freut sich, wenn seine Bücher gelesen werden.

AbAugust2009widmeteerjedemMonateinBild, das er mit „Randnotizen“ versah.

Das Buch enthält die Sammlung dieser „Monatsbilder“ aus den Jahren 2009 bis 2015.

Die Texte sollen die eigene Fantasie beim Betrachten der Bilder nicht beeinflussen, können aber einen Zugang zum Bild schaffen.

DieseMonatsbilderwurdenjedenMonatimInternet unter www.johann.widmer.ch veröffentlicht.

Seine Bücher sind bei www.epubli.de und im Buchhandel erhältlich.

Zürich, im Juli 2022, Johann Widmer Junior

 

 

Monatsbilder2009

Papageno

August2009

Obschon von kleinem Format (40 x 40 cm), strahlt das Bild grosse Wärme und kraftvolle Dynamik aus. EineWärme,diemichstarkandieMusikvonMozart erinnert.

Es sind Erdfarben wie Ocker und rote Siena, die ein warmes Licht ausstrahlen, das warme Licht, das an Sommerabendenüber vielen Gegenden Südeuropas liegt und scheinbar von den heissen Böden und Steinen auszugehen scheint. Dunkelbraune Schatten geben der Landschaft Form und Profil und dazwischen leuchten helle Flecken, etwa so, wie der Opal aus dem Muttergestein schimmert.

Eine leicht schaukelnde Bewegung geht von den Formen aus, die sich gegenseitig das Zentrum streitig machen, „scherzando“ würde man es in der Musik nennen …

Und wieder geht mir Mozart durch den Kopf, die tröstlicheHeiterkeitseinerMusik,diemansichgutals rotbraune Farbklänge vorstellen kann, zum Beispiel dortwosichPapagenoamAnfangderZauberflöteals Vogelfänger vorstellt.

Die Nähe zu Orange will die Lebensfreude ausdrücken, die Neigung zu Brauntönen zeigt das Erdhafte an und die Kontraste mit den hellen Farben sorgen dafür, dass die Stimmung heiter bleibt. Vielleicht also doch ein farbliches Profil von Papageno?

 

Verisletafacies …

September2009

Zarte Farbtöne von Gelb bis Dunkelgelb, von Türkis bis Violett spenden ein unaufdringlichesLicht. Ein kühler Schimmer webt übers Bild, kühl aber dennoch versöhnlichundeinladend.Essinddie„Glanzfarben“ Rudolf Steiners: Gelb, Blau, Violett und Gelborange, wobei Gelb den Glanz des Geistes verkörpert, Blau steht für das Seelische, Violett für die Transzendenz undGelborangestelltdieWärmedesLebensdar.Man mag dabei vielleicht an Frühling denken, an erwachendes Leben, das aus der Keimzelle spriesst, aber auch ein frischer, leicht nebliger Herbstmorgen mag eineähnlicheImpressionvermitteln,wennkühlePastellfarben das Bild beherrschen, bevor die Schwere der satten, warmen Farben hervorbricht, das Zeichen fürbevorstehendeWandlung,dasZeichenfürlängere Schatten und dunklere Tage. Aber noch ist es nicht so weit, das Leben dominiert noch über die Dunkelheit, Geist und Seele bewegen sich noch ungehindert im Raum.

Ein klarer, aber strenger Rhythmus gibt Rahmen und Form und leitet den Gesang und den Jubel jugendlicher Stimmen: „Veris leta facies …“, das liebliche Gesicht des Frühlings.

Es lohnt sich tatsächlich, diese CD wieder einmal aufzulegen, nämlich die „Carmina Burana“ von Carl Orff.

 

KontrasteinRot

Oktober2009

Leicht, wie ein süsslicher Duft schwebt das Rosa über dem feurigen Rot. Während das eine der Kühle zustrebt verglüht das andere, funkensprühend in sich selbst.

ÜberdenKontrastvonRotundRosaschreibtderFarbenpsychologe M. Lüscher:“ Das Weiss des Rosarots löst die energische Kraft des Rots auf.“

Während also das Rot im Rosa seine innere Kraft eingebüsst hat, dominiert sie ungehemmt im Rot, es ist der feine Klang der Geige, die der ganzen Kraft und Härte des Klaviers ausgeliefert ist, aber trotzdem, auf ihre Art, dominiert. Ein rosaroter Traum erhebt sich schwerelos über der Wirklichkeit des Lebenskampfes.

Aber die hemmungslose Kraft der roten Farbe wird in Schranken gehalten durch eine magentarote Form, die mit ihrem inneren bläulich kühlen Glanz und mit ihrem Streben nach aussen eine neue und eigene Dynamik ins Bild bringt, die unsere Aufmerksamkeit erregt.

Es findet keine Grenzüberschreitung statt, der Friede der Farben bleibt gewahrt.

Die speziellen Farbklänge hat mein inneres, hörendes Auge der Geige, dem Klavier und der Klarinette zugeordnet und das beim Anhören einer historischen Aufnahme von Bela Bartoks „Kontraste für Klavier, Violine und Klarinette“ mit B. Bartok am Klavier und Benny Goodman an der Klarinette.

 

Dubliner–Grün

November2009

Grün ist bekanntlich nicht einfach grün, es hat, wie alle Farben einen sehr weiten Wirkungskreis und deckt einen grossen Gefühlsbereich ab. So steht das zum Gelb neigende „Lindengrün“ für Frühling, es ist wohl die, von R. Steiner so genannte „Farbe des Lebens“. Das reine Grün ist nach Kandinsky „die Farbe des Sommers in seiner selbstzufriedenen Ruhe, eine langweilende Farbe, die sich nirgendwohin bewegt.“

DasaufgehellteGrün,daszumTürkisneigt,entspricht dann eher den höheren Lagen, wo der Ton in einer luftigen Sphäre zu schweben scheint, bevor er sich selber darin auflöst.

Das verdunkelte Grün aber gehört zu einer Jahreszeit, wo die Natur nichts mehr zu verschwenden hat, es ist der Spätherbst mit seiner ganzen Schwere, es ist der tiefe, dumpfe Unterton, der dem Winter voraus geht. Auch die roten Punkte wirken nicht wie „roter Mohn im Getreidefeld“, sie versuchen lediglich dem Ganzen etwas von seiner Schwere zu nehmen. Auch derklareTonderGeigeistnichtmehrzuvernehmen, er hat einem dunkleren und etwas schwermütigeren KlangPlatzgemacht.IstesderToneineririschenFiedel, wenn dazu ein stürmischer Wind über das Dach braust? Es ist die leichte Melancholie des irischen Volksliedes,esistdieStimmungindenWerkenvonJ.Joyce.

Leisten Sie sich doch an einem dieser grauen Novembertagen einen irischen Abend am knisternden Kaminfeuer, legen Sie eine CD mit irischer Volksmusik auf, einen dampfenden irischen Kaffee vor sich und lesenSiewiedereinmalJoyce.Vielleichtdie„Dubliner Geschichten“ als Einstieg.

 

El amor brujo

Dezember 2009

Der Grundton des Bildes fliesst vom hellen Königsblau zum Blaurot und endet im Rotviolett. In seiner Farbenlehre attestiert Goethe dem Blau eine zielgerichtete Energie, die im Bereich der Kälte und der Ruhewirke,eineKraft,dievorunszurückweichtund uns mit sich zieht. Wenn er von einem „reizenden Nichts“spricht,hatteerwohldashelleBlauimSinne, das sich dem Weiss nähert und ihm eine Brücke baut zudenviolettenFarbtönen.DashelleBlauunterstützt die Bewegung der Form, die eine gewisse Lebhaftigkeit verkörpert, eine innere Bewegtheit, die der Unruhe nähersteht als der Ausgelassenheit. Es ist kein feuriger Tanz, es sind eher die feierlichen Gesten eines rituellen Tanzes.

Das Rotviolett an der Basis, die Farbe der Veränderung, der Metamorphose und der Wiedergeburt lässt unsRaumundZeitvergessen.Violett,dieambivalenteFarbe,dieausderNachtkommtundzumreinigenden Feuer des Rot drängt oder sich dem geheimnisvollen Licht der blauen Farbe zuneigt, ist hier nicht die „krankhafte“ Farbe Kandinskys, wie dieser das Violettcharakterisierte,esisteinemystische,verklärteFarbeesistdieFarbedesTraums.DieFarbependelt zwischenderMelancholiedesViolettundderWürde des Purpur und lädt zum Träumen ein.

Auch die Musik kann Träume provozieren, kann uns entrücken und in andere Welten versetzen. Auch die Musik lässt Bilder entstehen.

Suchen Sie doch mal unser Monatsbild in „el amor brujo“ von M. de Falla, in dieser Musik, die von der Verrücktheit des Violett über die Entrücktheit des Rotblau bis zum inneren Frieden des hellen Blau reicht.

Natürlich könnte man diese Musik auch mit anderen FarbenundFormenumschreiben.ZudenerstenTakten würde ein tiefes Burgunderrot mit gelben Flecken sehr gut passen oder …

… doch das sind wieder völlig andere Bilder, die uns vielleicht später noch begegnen werden.

Monatsbilder2010

Petruschka

Januar2010

Das Bild strahlt eine heitere Stimmung aus. Sie reicht von der stillen Heiterkeit bis zur ausgelassenen Fröhlichkeit. Es ist das bunte Treiben auf einem Volksfest, untermalt mit einem hellen Blau, der Farbe, die unter anderem auch für„Naivität“ steht, aber vielleicht bildet sie hier vor allem den kreativen Boden, aus dem Ideen,GedankenundTräumeallerArtspriessen,die, wie bunte Seifenblasen im warmen Licht schimmern und schillern, eh sie zerplatzen. Aber ehe sie zerplatzen verbreiten sie Freude und Glück.

UnbeschwerteFreude,dieunsguttutineinerZeitder globalen Hysterien und pandemischen Schreckensbildern, die uns mit gestorbenen Wäldern, verrückten Kühen, gefährlichen Ozonlöchern, vergrippten Schweinen und Vögeln und mit zukünftigen Klimakatastrophen Angst und Schrecken einjagen wollen.

Vielleichtplatztjadieeineoderanderedieserschwarzen Seifenblasen noch vor den bunten und wir werden uns ärgern über all die kostbare Zeit, die wir mit unnötiger Angst verschwendet haben.

Wenn wir schon Zeit übrighaben, verwenden wir sie doch besser zu einem Konzertbesuch, oder wir besuchen wieder einmal eine Kunstsammlung, spazieren durch den botanischen Garten oder wir machen es uns bequem und hören uns eine gute CD an.

Wie wäre es mit Strawinskys Ballettsuite PETRUSCHKA?

Schon allein deswegen, weil der Anfang dieser Musik für dieses Bild Pate gestanden hat.

Ausdemruhigen,hellblauenUnterbauspriessteinreges und buntes Treiben, belebt vom Hintergrund, dessenblassorangeFarbeimmerwiederWärmespendet, wenn die Stimmung ins nachdenkliche und grüblerischeViolettabzusinkendroht,voralleminderdüsteren Jahreszeit oder bei der, ewig vom Pech verfolgten Figur des Petruschka.

Aber das Finale braucht ja nicht immer tragisch zu sein.

Alle Seifenblasen platzen einmal, auch die schwarzen.