Professor Zamorra 1199 - Veronique Wille - E-Book

Professor Zamorra 1199 E-Book

Veronique Wille

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Beschreibung

Endlich Urlaub! Oder doch nicht? Nachdem das schon mehrmals in letzter Zeit schiefgegangen ist, erhofft sich Nicole ein wenig Erholung in einem 4-Sterne-Castle-Hotel. Die Reise hat sie in einem Preisausschreiben gewonnen. Zamorra verspürt wenig Lust, seine Partnerin zu begleiten, und so nimmt Nicole kurzerhand Madame Claire mit auf den Trip. Ohne zu ahnen, dass damit nicht nur der Ablauf auf Châtaux Montagne durcheinandergerät, sondern dass sie alles andere als ein erholsamer Kurzurlaub erwartet!

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Seitenzahl: 134

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhalt

Cover

Impressum

Das lauernde Böse

Leserseite

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Elena Schweitzer/Shutterstock

Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-9717-8

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Das lauernde Böse

von Veronique Wille

Endlich Urlaub! Oder doch nicht? Nachdem das schon mehrmals in letzter Zeit schiefgegangen ist, erhofft sich Nicole ein wenig Erholung in einem irischen Wellness-Hotel. Die Reise verdankt sie einer ominösen Einladung. Zamorra verspürt wenig Lust, seine Partnerin zu begleiten, und so nimmt Nicole kurzerhand Madame Claire mit auf den Trip. Ohne zu ahnen, dass sie alles andere als ein erholsamer Kurzurlaub erwartet!

Es war ungewöhnlich, dass er mitten in der Nacht erwachte. Noch ungewöhnlicher war, dass ihn der Durst quälte. Zamorras ausgetrocknete Kehle fühlte sich an, als hätte er am Abend zuvor mit Nicole eine Flasche Ackerstaub geleert. Stattdessen war es ein süffiger Roter aus seinen eigenen Weinbergen gewesen, ein sogenannter vin nouveau, ein ganz junger Wein, der beiden hervorragend gemundet hatte.

Leise, um Nicole nicht zu wecken, erhob sich Zamorra aus dem Bett und schlüpfte aus dem Zimmer. Die Holzdielen unter seinen nackten Füßen waren kalt und ließen ihn frösteln.

Auf dem Weg zur Küche fiel ihm sofort die Kellertür auf. Sie stand einen Spaltbreit offen. Noch merkwürdiger aber war der orangefarbene Lichtschein, der dazwischen hervordrang.

Sofort musste er an die Regenbogenblumen denken, die vor Monaten noch im Keller existiert hatten. Sie hatten sich in eine Art »Supernova« verwandelt, bevor sie regelrecht explodiert waren. Das Einzige, was von den Blumen geblieben war, war ein dunkler Schattenriss an der dahinterliegenden Wand

Waren sie etwa wieder erschienen? Ein Wunschtraum, den er selbst kaum glauben konnte.

Aber vielleicht war ja ein anderer Besucher dort unten. Jemand, der weniger erwünscht war. Das Kellersystem unter dem Château war nur zum Teil erforscht. Die Gänge gruben sich tief in den Berg hinein und manche bis nach Saint-Cyriac hinunter. Normalerweise garantierte die M-Abwehr, dass auch aus den Kellern kein schwarzmagischer Besucher eindringen konnte, aber Zamorra hatte schon Flöhe husten hören, was das betraf. Absolute Sicherheit gab es in seinem Job nun mal nicht.

Mit einem Gedankenbefehl rief er Merlins Stern. Nur einen Sekundenbruchteil später lag das Amulett in seiner Hand.

Sicher ist sicher.

Vorsichtig öffnete er die Tür ein wenig mehr, sodass er hindurchschlüpfen konnte. Der Schein kam von weiter unten.

Je tiefer Zamorra hinabschritt, umso sicherer war er, dass das Licht tatsächlich seinen Ursprung in dem Kuppelgewölbe hatte, in dem die Regenbogenblumen gestanden hatten.

Als er näher kam, hörte er Stimmen. Eine davon kam ihm sehr bekannt vor. Und dann –

»Jetzt fehlt nur noch, dass Tony auftaucht …«

»Tony? Welcher Tony?« Die Stimme klang rau. Im Gegensatz zur ersten war sich Zamorra sicher, sie noch nie gehört zu haben.

»Tony Ballard. Sag echt, du hast noch nie von ihm gehört, Alter?«

»Nö, klingt aber wie ne gute Whiskymarke. Prost!«

Sie stießen mit den Gläsern an. Aber welchen Gläsern?

»Oder Zamorra«, fuhr die erste Stimme fort. »Sag nicht, von dem hast du auch noch nie gehört«?

»Ne, aber wie ne Whiskymarke klingt der nicht. Eher nach Sanitärreiniger oder so.«

»Du arme Socke hast noch nie von dem Meiser des Übersinnlichen gehört?«

Zamorra reichte es. Wer auch immer sich dort unten aufhielt, nach Dämonen klangen die beiden nicht. Außerdem musste er die Sache mit dem Sanitärreiniger richtigstellen. Und last not least hatte er zumindest die erste Stimme jetzt erkannt. Es war –

»John?«

»Zamorra!«

Der Meister des Übersinnlichen glaubte seinen Augen nicht zu trauen: Vor ihm stand kein Geringerer als John Sinclair! In der Vergangenheit hatten sie das eine oder andere Abenteuer gemeinsam bestritten – doch der John Sinclair dieser Welt war tot. Zamorra wusste, dass John in einem Paralleluniversum weiterlebte. Und seitdem waren sie sich ebenfalls ein paar Mal begegnet. Dennoch …

Der zweite Mann war Zamorra völlig fremd. Der Typ war über einsneunzig groß und hatte eine sportliche Figur, schwarzes Haar, grüne Augen und einen starken Bartwuchs. Er trug einen dichten Schnurrbart, dessen Enden über die Mundwinkel herabhingen und auf den gewisse Frauen sicherlich standen – sofern sie denn gern Siebziger-Jahre-Serien wie Magnum standen. Der Kerl hatte etwas Dämonisches an sich, fand Zamorra. Es zog ihn unwillkürlich in seinen Bann.

Was ihn aber fast noch mehr als das Auftauchen der beiden Besucher verblüffte, war die Tatsache, dass sich der Keller völlig verändert hatte. Die Wände waren nicht kahl, sondern holzgetäfelt, mit Werbeschildern von Whisky-und Biermarken dekoriert. An einer Wand stand eine Theke, dahinter ein langer Barspiegel und Regale voller Flaschen. Das Licht, das Zamorras Aufmerksamkeit geweckt hatte, erfüllte den ganzen Raum.

John und der andere saßen vor der Bar auf je einem Barhocker.

Das war, zum Teufel auch, der gemütlichste Platz, den sich Zamorra vorstellen konnte. Dennoch war er nach wie vor auf der Hut.

»Darf ich fragen, wie ihr hier reingekommen seid?«

Der Fremde wies auf die Wand hinter seinem Rücken. »Durch die Tür.«

»Und wer sind Sie?«

»Hunter. Dorian Hunter? Und Sie?«

»Zufällig der Besitzer dieses Schlosses.«

Hunter lachte auf. »Des Schlosses? Wollen Sie mich verarschen?«

»Moment, Moment!« Sinclair ging dazwischen, bevor der Disput noch in einen echten Streit ausartete.

»Sind wir echt in deinem Schloss gelandet, Zamorra?«

Der Meister des Übersinnlichen nickte. »Ich bin aufgewacht und wurde auf das Licht aufmerksam. Früher standen hier die Regenbogenblumen …«

»Regenbogenblumen?« Hunter sah Sinclair skeptisch an. »Ist der Typ echt … ich meine …?

»Ich kann Ihnen versichern, dass ich im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte bin, Hunter!«, antwortete Zamorra. »Und jetzt verlange ich eine Antwort!«

Hunter zuckte mit der Schulter. »Sorry, aber ich finde das hier auch ziemlich krass. Eigentlich wollte ich ins Bett, aber auf dem Weg ins Schlafzimmer ging plötzlich das Licht aus. Ich rechnete mit einem dämonischen Angriff – aber es tat sich nichts. Also tastete ich mich vor, um im Keller nach dem verdammten Sicherungskasten zu schauen. Als ich die Tür öffnete, sah ich dieses Licht … und fand mich in dieser Bar wieder …«

»Und du, John?« Zamorra wandte sich an den Geisterjäger. »Mir ging’s so ähnlich. Ich kam von einer Zechtour mit Suko nach Hause, schloss die Wohnungstür auf und wurde von dem Licht geblendet. Als ich die Augen wieder öffnete, fand ich mich auf einmal hier wieder.«

»Und du bist sicher, dass wir nicht alle drei träumen?«

»Dorian und ich haben uns schon gegenseitig gezwackt. Hat nichts gebracht. Also haben wir beschlossen, das Beste aus der Situation zu machen …«

»Ihr wollt euch betrinken?«, fragte Zamorra skeptisch.

»… und ein bisschen fachsimpeln. Dorian ist Dämonenkiller und hat ein paar ganz neue Tricks auf Lager.«

»Na ja, eher alte«, gab sich der Dämonenkiller bescheiden und zog eine gnostische Gemme hervor. »Das alte Zeug wirkt immer noch am besten gegen die schwarze Brut. Ich habe natürlich noch etliche andere Zaubermittel parat.«

»Aber so was hier hast du nicht!« Sinclair zog sein Kreuz hervor. »Kein Geringerer als Hesekiel hat es erschaffen! Es ist die mächtigste Waffe gegen die meisten Dämonen.«

»Heh, Moment mal, John!« Das konnte Zamorra so nicht stehen lassen. »Die mächtigste Waffe ist immer noch die hier!« Er hielt den beiden Merlins Stern entgegen. »Erschaffen wurde das Amulett vor über 1000 Jahren von keinem Geringeren als Merlin  aus der Kraft einer entarteten Sonne, indem Merlin einen Stern vom Himmel holte …«

Hunter hieb ihm auf die Schulter. »Lass es gut sein, Zammy. Ich sehe schon, wir sitzen alle in demselben scheiß Boot, indem wir nicht anders können, als den Dämonen das Leben zur Hölle zu machen!«

»Manchmal träume ich davon, einfach nur mal in Ruhe ein Glas Bier trinken zu können, ohne dass gleich wieder so ein hergelaufener Dämon daherkommt, der mir ans Leder will«, gab Sinclair zu.

»Hast recht. Mir wäre manchmal auch lieber, mit Nicole endlich mal Urlaub machen zu können, ohne dass uns gleich ein paar Zombies oder andere Konsorten denselben vermiesen.«

»Und trotzdem können wir nicht aus unserer Haut«, sagte Hunter. »Mal ehrlich: Wäre doch sonst auf Dauer auch ziemlich langweilig, oder?«

Er hob sein Bourbonglas, und auch John hob seinen Bierkelch.

»Los, Zamorra, schütt dir auch was ein!«

Zamorra ließ sich nicht lange bitten. Seine Kehle war jetzt erst recht wie ausgedörrt. Nachdem er sich einen Rotwein eingeschenkt hatte, prosteten sich die drei Geisterjäger zu.

»Auf unseren unsichtbaren Gastgeber!«, sagte Dorian.

»Auf uns!«, sagte Sinclair.

»Und auf unsere hoffentlich glorreiche Zukunft«, vollendete Zamorra den Satz.

Die Nacht wurde noch lang. Der Alkohol floss so reichlich wie die Diskussionen.

Als Zamorra gegen fünf Uhr morgens endlich ins Bett wankte, wusste er zwar noch immer nicht, was da eigentlich passiert war. Aber er war zu müde, um sich jetzt noch den Kopf darüber zu zerbrechen.

»Chéri, du dünstest eine Alkoholfahne aus, als hättest du dich an einem ganzen Fass Rotwein gütlich getan«, stellte Nicole am nächsten Morgen fest und rümpfte die Nase. Sie drehte den Kopf beiseite, als Zamorra ihr einen Guten-Morgen-Kuss geben wollte.

Siedend heiß fiel ihm alles wieder ein.

»Ein ganzes Fass war es nicht, aber schon einige Flaschen. Ich muss dir unbedingt etwas zeigen!«

Er sprang aus dem Bett und zog Nicole mit sich.

Wie war er überhaupt ins Bett gekommen? Er wusste es nicht mehr. Er hatte nur noch eine vage Erinnerung daran, dass John und Hunter irgendwann die Toilette gesucht hatten und nicht mehr aufgetaucht waren. Also hatte auch er kurze Zeit später die Bar verlassen …

Die Tür zum Keller stand noch auf. Der Lichtschein war jedoch verschwunden.

Zamorra knipste die Deckenbeleuchtung an und ging voran die Treppe hinunter, bis sie endlich im Kuppelgewölbe standen.

Die Bar war verschwunden. Es war alles so wie zuvor.

»Und du bist sicher, dass du nicht geträumt hast, chéri?«, fragte Nicole skeptisch.

Zamorra sah etwas auf dem Boden liegen und bückte sich.

Es war die gnostische Gemme, die Dorian Hunter in der Nacht hier unten offensichtlich vergessen hatte.

»Das war kein Traum«, sagte er mit fester Stimme. »Ich weiß zwar nicht, was oder wer dahintersteckt, aber ich habe so das Gefühl, ich werde die beiden wiedertreffen – bald schon …«

Zamorra hatte trotz allem schlecht geschlafen. Das nächtliche Erlebnis ging ihm nicht aus dem Kopf. Da war es gut, dass er heute noch einen anderen wichtigen Termin unten in Saint-Cyriac hatte. Charles Goudon, seines Zeichens der Schmied des Dorfes, hatte ihn bereits am Tag zuvor angerufen und sich sehr geheimnisvoll ausgedrückt.

»Es ist vollbracht, Zamorra. Die Göttin erwartet dich.«

Natürlich wusste der Meister des Übersinnlichen genau Bescheid und hatte schmunzeln müssen. Nicole würde sicherlich im ersten Moment nicht sehr amused darüber sein und schon gar nicht eine weitere Göttin neben sich dulden wollen. Doch er war sicher, dass sie sich genauso in sie verlieben würde wie er.

Wart’s ab, dachte Zamorra und musste unwillkürlich grinsen.

»Wie ich sehe, hast du bereits wieder allerbeste Laune«, empfing ihn seine Partnerin, als er die Küche betrat und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen.

Bis eben hatte sie neben Madame Claire gestanden und ihr über die Schulter geschaut. Die Haushälterin hatte ein neues Rezept kreiert, in dem pochierte Eier die Hauptrolle spielten. Da musste man genau den Punkt abwarten, diese aus dem siedenden Wasser herauszunehmen.

Nicole und Zamorra setzten sich am Frühstücktisch gegenüber.

»Mein Gute-Laune-Pegel steigt sofort ins Unermessliche, wenn ich dich erblicke«, sagte Zamorra, um von seinem Grinsen abzulenken.

»Seit wann bist du unter die Süßholzraspler gegangen, Zamorra? Das passt so gar nicht zu dir. Verheimlichst du mir etwas? Ich meine, neben deinem merkwürdigen nächtlichen Besäufnis?«

Sie musterte ihn misstrauisch. Er konnte ihr einfach nichts vormachen.

Zum Glück servierte Madame Claire nun die pochierten Eier.

»Voilà: Eggs à la Claire!”

Zamorra rümpfte die Nase. «Mit Spinat? Ich kenne pochierte Eier nur mit gekochtem Schinken!«

»Spinat ist überaus gesund. Seitdem ich gelesen habe, dass er auch altersbedingte Augenkrankheiten lindert, steht er jeden Tag auf meiner Speisenkarte«, belehrte ihn Madame Claire.

»Ich kann noch tadellos die Zeitung lesen«, erwiderte Zamorra und ließ den Blick suchend über den Tisch wandern. »Apropos: Ist heute keine mitgekommen?«

»Genauso wenig wie die Post. Der Postwagen hatte eine Panne«, erklärte Madame Claire. Da sie sowieso jeden Morgen mit dem Fahrrad vom Dorf hinauf ins Château fuhr, nahm sie in der Regel die Zeitung und die Post schon mit, sodass sich Jean-Claude-Trenet, der Postbote, den Weg sparen konnte. »Jean-Claude bringt sie vorbei, sobald sie eingetroffen ist.«

»Nun denn …«

Eher lustlos stocherte Zamorra im Eggs à la Claire herum, während Nicole mit Genuss aß und die Haushälterin überschwänglich lobte.

Schließlich betrat William, der schottische Butler, die Küche. In seinem Gefolge brachte er Jean-Claude Trenet mit.

»Na endlich!«, begrüßte ihn Zamorra. »Ich dachte schon, ich müsste heute ewig darben!«

Er ignorierte Nicoles tadelnden Blick, bezog sie seinen Ausspruch doch auf seine mangelnde Begeisterung, was das Frühstück betraf. Und beide wussten sie, wie leicht Madame Claire eingeschnappt war, wenn man ihre Kochkünste infrage stellte.

Jean-Claude setzte sich ungefragt zu ihnen an den Tisch. »Seit wann bist du so erpicht auf die Post, Zamorra? Erwartest du eine dringende Nachricht?«

»Nein«, knurrte der Meister des Übersinnlichen. »Aber für mich fängt der Tag mit einem guten Frühstück an. Und dazu gehört nun auch mal die Zeitung.«

»Wieso? Willst du die auch verspeisen?«

»Nein, du Idiot. Aber es gibt noch Leute, die können lesen!«

Jean-Claude warf Nicole einen fragenden Blick zu.

»Der Hausherr ist heute etwas grantig«, erklärte sie. »Er hat schlecht geschlafen.«

»Dann sei ihm verziehen«, erklärte Trenet und holte aus seiner Posttasche die Zeitung, mehrere Werbeflyer und Broschüren hervor.«

»Den Werbekram kannst du gleich wieder mitnehmen«, sagte Zamorra und griff nach der Tageszeitung.

»Warte, ich habe noch was für dich, Zamorra«, sagte Trenet und zog ein Hochglanzmagazin aus der Tasche. Auf dem Cover prangte eine nackte Schönheit im Lotussitz.

Nicole reckte den Hals. »Seit wann hast du so was nötig? Muss ich mir Sorgen machen, chéri?«

Zamorra nahm auch dieses Magazin an sich. »Mitnichten. Es handelt sich um das neue Parascout-Magazin. Zufällig kenne ich den Herausgeber, und er hat mich um einen Leitartikel gebeten.«

»Über die Körbchengröße nackiger Damen?«

»Auch Herausgeber ernsthafter parapsychologischer Zeitschriften müssen heute angesichts der digitalen Konkurrenz mit der Zeit gehen. Außerdem handelt es sich bei der Coverschönheit um die deutsche Mia Gerstenberg, einem Medium, das ausschließlich im unbekleideten Zustand mit dem Jenseits kommuniziert.«

»Für dich habe ich auch noch einen Brief«, sagte Trenet und reichte Nicole einen cremefarbenen Umschlag.

»Wow! Edles Bütten, und sogar mit meiner handgeschriebenen Anschrift.«

»Und mit echtem Wachssiegel«, sagte Trenet und wies auf die Rückseite. »Hast du etwa einen adligen Verehrer?«

»Wer weiß? Aber ich werd’s euch gleich sagen.«

Selbst Madame Claire und William spitzten die Ohren, so diskret wie möglich natürlich, während Zamorra demonstrativ im Parascout-Magazin blätterte.

Mit dem Küchenmesser brach Nicole das Siegel und öffnete das Kuvert. Sie las ihn zunächst lautlos, dabei legte sich ihre Stirn in Falten, am Ende aber strahlte sie übers ganze Gesicht. Selbst Zamorra schaute nun neugierig auf.

»Nun? Was schreibt dir dein Herr Baron?«

»Kein Baron, ein Earl! Der Earl of Quillian! Hört zu: Sehr verehrte Madame Duval, es ist mir eine Ehre, Ihnen verkünden zu dürfen, Sie in meinem Castle-Wellness-Hotel eine Woche lang zu verwöhnen. Neben u.a. drei Spas der Superlative, einem Pool, einem Yoga-Pavillon, einem Fashion&Style-Shop, steht Ihnen auch ein Tennisplatz zur Verfügung. Unser Küchen- und Serviceteam liest Ihnen jeden Wunsch – auch den ausgefallensten – von den Augen ab.

Meine Burg ist eingebettet in der einzigartigen Naturkulisse der Giant’s Causeway Route, die zudem zu ausgedehnten Wanderungen in wild-zerklüfteter Küstenlandschaft einlädt.

Sind Sie bereit für ein einzigartiges Erlebnis? Ich habe Sie, Madame Duval, und wenige weitere Persönlichkeiten aus Tausenden von geschätzten VIPs ausgesucht, meine Botschafter zu werden: Botschafter des einzigartigen Luxus-Erlebnisses, auf meinem Castle Gast zu sein!«

»Hör schon auf«, winkte Zamorra genervt ab. »Das riecht ja geradezu nach Abzocke. Im Kleingedruckten steht dann wahrscheinlich, wie viel du dem angeblichen Earl dafür blechen musst, bei ihm ›VIP‹ sein zu dürfen.«

»Du entwickelst dich zum Pessimisten, Zamorra!«, entgegnete Nicole. »Von wegen Kleingedrucktes!« Sie hielt ihm den Brief vor die Augen. »Und gedruckt schon gar nichts. Alles handgeschrieben! Außerdem betont der Earl am Ende noch einmal explizit, dass weder Kosten noch sonstige Verpflichtungen auf mich zukommen!«