Professor Zamorra 1282 - Veronique Wille - E-Book

Professor Zamorra 1282 E-Book

Veronique Wille

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Beschreibung

"Das ist kein Herrenhaus, das ist ein Gespensterschloss", entfuhr es Nicole.
"Tja, da hat dein Freund wohl untertrieben. Wollen wir hoffen, dass er uns zumindest in anderer Hinsicht die Wahrheit erzählt hat."
Frederic Adair, ein schwerreicher Medienmogul, bittet Nicole und Zamorra, seine abergläubische Gattin zu überzeugen, dass sein Landsitz frei von übersinnlichen Gefahren ist.
Zur Einweihung plant er einen Mummenschanz mit vielen erlesenen Gästen - was die Aufgabe nicht gerade erleichtert ...


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Seitenzahl: 123

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhalt

Cover

Personenliste

Mummenschanz

Leserseite

Vorschau

Impressum

Die Hauptpersonen des Romans sind

in der Gegenwart:

Professor Zamorra: der Meister des Übersinnlichen

Nicole Duval: Zamorras Partnerin und Kampfgefährtin

Henry: Superhirn

Dave O'Kelly: Security-Chef

Frederic Adair: schwerreicher ehemaliger Filmmogul

Kate Adair: seine Ehefrau

Brittany Adair: seine dreizehnjährige Stieftochter.

Constanze Darana: Kate Adairs Freundin

George Caruthers: Sekretär

in der Vergangenheit:

Lord Randolph: Besitzer von Durwitch Manour

Lady Agnes: seine Gattin

Kendrik, genannt »der Dunkle«:

Mummenschanz

von Veronique Wille

Die Erde brach auf. Nicht nur an einer Stelle, sondern gleich an mehreren. Wurmartige Tentakel schossen daraus hervor. Jeder war mindestens zwei Meter dick und besaß am Ende ein riesiges Maul, in dem mehrere Reihen nadelspitzer Zähne blitzten.

Während die Gäste in Panik auseinanderliefen, reagierte Zamorra sofort. Einer der Tentakel war nur ein knappes Dutzend Meter entfernt von ihm aus der Erde katapultiert. Er peitschte hin und her, wie auf der Suche nach Beute.

Angriff, befahl Zamorra. Und diesmal versagte ihm Merlins Stern nicht den Gehorsam!

»Das ist nicht tot, was ewig liegt, bis dass die Zeit den Tod besiegt.«

Vergangenheit

Lord Randolph erwachte. Da war es wieder: jenes nervtötende Geräusch, das an das Kratzen und Schaben einer riesigen Ratte erinnerte, die irgendwo unter ihm ihr Unwesen trieb.

Aber es war keine Ratte. Und auch keine Maus oder irgendein anderes Nagetier. In den vergangenen Monaten hatte er bereits sämtliche Böden und Wände aufreißen lassen. Ein ganzes Heer von Kammerjägern hatte er beauftragt, doch bis auf das übliche Ungeziefer waren auch sie nicht fündig geworden.

Ein paar Nächte lang war es nicht mehr zu hören gewesen, sodass Randolph schon gehofft hatte, wer auch immer die Kreatur war, die für das Geräusch verantwortlich war, sie möge krepiert sein oder zumindest das Weite gesucht haben.

Aber nun wurde er eines Besseren belehrt.

Sofort sprang er aus dem Bett, schlüpfte in die Pantoffeln und huschte zur Tür, die von seinem Schlafzimmer in das Gemach seiner Gattin führte. Er hoffte zutiefst, Agnes würde nach wie vor tief schlafen. Der Arzt hatte ihr zur Beruhigung ein Mittel verschrieben, das sie seit einigen Wochen nahm, sodass sie kaum mehr aufwachte, wenn die Geräusche einsetzten. Dennoch war sie nach solchen Nächten morgens immer noch fahrig und nervös, so als habe im Schlaf ihr Unterbewusstsein keineswegs geruht.

Randolph presste das Ohr gegen die Tür. Er glaubte, ein leises Schluchzen zu vernehmen, und entschied, augenblicklich Agnes' Zimmer zu betreten.

Sie saß aufrecht im Bett und hatte die Hände gegen die Ohren gepresst. Das Mondlicht, das durchs Fenster fiel, beschien ihr schreckensbleiches Gesicht.

Randolph eilte zu ihr und nahm sie in den Arm. Zunächst reagierte sie gar nicht, doch dann presste sie sich schluchzend an ihn.

Sanft strich er ihr über das seidige blonde Haar, sprach beruhigend auf sie ein. Als sie sich endlich etwas zu erholen schien, fragte er: »Hattest du wieder diesen Albtraum, Liebes?«

Sie sah ihn mit schreckensgeweiteten Augen an. »Es ist wieder da. Hast du es denn nicht gehört?«

»Zumindest scheint es im Moment eine Pause eingelegt zu haben.« Das Geräusch war in der Tat verstummt. »Es ist nur irgendein Nagetier. Ein Quälgeist, das gebe ich zu, aber wir werden es erwischen, das schwöre ich dir!«

Agnes schüttelte energisch den Kopf. »Du hast doch schon alles versucht! Selbst die Kammerjäger haben nichts gefunden. Weil es tief unten in der Erde lauert. So tief, dass niemand es dort findet! Und es will mich, Randolph! Ich weiß, dass es mich sucht!«

»Das bildest du dir ein, Liebling. Doktor Jenner hat doch glaubhaft dargelegt, dass die Nerven einer Frau während der Schwangerschaft eine höchst sensible Angelegenheit sind und ...«

»Hör auf!«, unterbrach sie ihn mit schriller Stimme. »Doktor Jenner weiß nicht, wovon er spricht. Aber ich weiß es! Es sucht mich in meinen Träumen auf! Zeigt mir seine abartige, fremdartige Fratze! Und auch wenn ich seine Sprache nicht verstehe, so weiß ich doch, dass es mich hinabziehen will in seine unaussprechlichen Abgründe!«

Abermals verfiel sie in lautes Schluchzen. Sie zitterte selbst noch am ganzen Körper, als Randolph sie erneut fest an sich drückte.

Schließlich machte sie sich von ihm frei. Mit erstaunlich fester Stimme sagte sie: »Es gibt nur einen Weg, ihm zu entfliehen: Wir müssen von hier fort!«

Randolph seufzte. Sie hatten diese Diskussion schon mehrfach geführt.

»Wie stellst du dir das vor? Ich habe hier meine Verpflichtungen. Und dich allein auf Reisen zu schicken, erscheint mir angesichts deines Zustandes nicht angebracht. Ich würde umkommen vor lauter Sorge!«

»So wird es unser aller Verderben sein, Randolph«, prophezeite sie mit matter Stimme. »Deines, meines und das unseres ungeborenen Kindes.«

In diesem Moment setzte das Schaben, Kratzen, Reiben und Raspeln abermals ein.

Schreiend hielt sich Agnes erneut die Ohren zu. Reine Panik lag in ihrem Blick, mit dem sie Randolph flehend ansah.

Anstatt sie erneut in den Arm zu nehmen, erhob er sich. Sein Gesicht wirkte wie versteinert, und in seinen Augen lag eine eisige Kälte, als er sagte: »Ich weiß einen Weg, es zu beenden. Und ich schwöre dir, ich werde ihn begehen! Gleich morgen früh!«

Seine Worte klangen wie ein Schwur in jener Nacht.

»Das ist kein Herrenhaus, das ist ein Gespensterschloss«, entfuhr es Nicole.

»Tja, da hat dein Freund wohl untertrieben. Wollen wir hoffen, dass er uns zumindest in anderer Hinsicht die Wahrheit erzählt hat und unser Aufenthalt auf Durwitch Manour eine reine Routineangelegenheit wird, nicht zuletzt verbunden mit einer angeblich berauschenden Festivität«, sagte Zamorra.

Sie saßen in dem von Zamorra liebevoll »Göttin« genannten schneeweißen Citroën DS 23 Pallas und warteten darauf, dass sich das schmiedeeiserne Tor, das ihnen die Zufahrt zum Anwesen verwehrte, irgendwann öffnen würde. Zuvor hatte Nicole freundlich in eine der mehreren an der Mauer verankerten Überwachungskameras gelächelt und den Knopf der Sprechanlage gedrückt. Ohne dass sich etwas getan hätte.

Immerhin war das imposante Gebäude, das am Ende der kilometerlangen Auffahrt auf einem grünen Hügel thronte, durch die Gitterstäbe des Tores gut sichtbar.

»Erstens, chéri, ist Frederic Adair nicht mein Freund, wie du ihn so süffisant tituliert hast, sondern eine zufällige Bekanntschaft. Zweitens hege ich nicht den geringsten Zweifel an seiner Aufrichtigkeit.«

»Wow, du drückst dich ja schon so gestelzt aus, als würde uns in dem Gemäuer blaublütiger Adel erwarten. Womöglich King Charles persönlich!«

»Spotte nur. Oder ist mein chéri am Ende eifersüchtig auf einen fast achtzigjährigen Oldtimer?«

»Mit seinem Alter kann ich immerhin fast mithalten, und ein Schloss habe ich auch, wenngleich Château Montagne etwas bescheidener ausfällt.«

»Ich muss mal«, ließ sich eine Stimme von der Rückbank vernehmen.

Henry war eigentlich ein ganz normaler Junge. Bis auf die Tatsache, dass er drei miteinander vernetzte Gehirne hatte und mit seinen dreizehn Jahren bereits mehr Wissen angehäuft hatte als Albert Einstein und etliche noch lebende Nobelpreisträger zusammen. Leider ging er mit seinem Wissen gerne hausieren, sodass er bisweilen zur reinsten Nervensäge mutierte. Dass er wie jetzt gerade trotzdem ganz menschliche Bedürfnisse hatte, ließ ihn nicht ganz so abgehoben erscheinen.

»Tja, an eine Toilette hat Tendyke Industries leider nicht gedacht, als sie die Göttin aufpimpten«, sagte Zamorra.

»Ich muss wirklich«, nervte Henry. »Unterdrückt man den Harndrang über längere Zeit, gelangen schädigende Bakterien in den Harnweg, die zu einer Harnwegsinfektion führen können und ...«

In dem Moment knackte es in der Sprechanlage, und eine monoton klingende Stimme überdeckte Henrys Vortrag.

»Willkommen auf Durwitch Manour, Madame Duval, Monsieur Zamorra. Bitte fahren Sie vor.«

Wie denn, Scherzbold?, dachte Zamorra, doch bevor er es aussprechen konnte, schob sich das zweiflügelige schmiedeeiserne Tor wie von Geisterhand zu beiden Seiten.

»Na siehst du, Henry. Man hat deinen Ruf erhört«, sagte Nicole und sah kurz nach hinten. Henry hatte Lippen und Knie zusammengepresst und verbiss sich im Gegensatz zu sonst jegliche weitere Klugscheißer-Antwort.

Der helle Kies knirschte unter den Pneus, während Zamorra langsam die von Eiben gesäumte Auffahrt entlangfuhr.

Auf halber Strecke trat plötzlich ein in schwarzer Motorradkluft gekleideter Mann hinter einem Gebüsch hervor. Der Hüne war knapp über zwei Meter groß, breitschultrig und muskulös. Der kahl geschorene Schädel glänzte im Schein der Morgensonne leicht orange. Die herben, scharf geschnittenen Gesichtszüge erinnerten an Bruce Willis in dessen jungen Jahren. Die Augen waren von einer verspiegelten Sonnenbrille verdeckt. Auf der Weste prangte in Brusthöhe ein kreisrunder Aufnäher mit einem martialisch anmutendem Totenschädel und der Aufschrift Blackeneers.

»Sieht aus, als habe er sich verlaufen«, sagte Nicole, während Zamorra die Göttin sanft abbremste. Eine andere Wahl hatte er nicht, denn der Mann hatte sich breitbeinig in die Mitte des Weges gestellt.

»Ich glaube eher, er will uns einen guten Morgen wünschen«, mutmaßte Zamorra. Er ließ die Scheibe herunterfahren, und der Schwarzgekleidete beugte sich zu ihm herab.

»Professor Zamorra, nehme ich an. Und Mrs. Duval.« Seine Stimme klang nicht unhöflich, aber auch nicht übermäßig freundlich.

»In der Tat«, bestätigte Zamorra. »Und mit wem haben wir die Ehre?«

Der Hüne schob den Arm durchs Fenster und reichte Zamorra die Hand. Zamorra schlug ein und hätte bei dem festen Griff fast ein wenig gezuckt. Stattdessen ging er auf das Kräftemessen ein und drückte ebenfalls fester zu.

»Dave O'Kelly. Ich bin Mister Adairs Sicherheitsberater und dafür zuständig, dass hier alles planmäßig verläuft.«

»Oh, ein Kollege also. Wir sind sozusagen auch eingeladen worden, um hier nach dem Rechten zu sehen.«

»Ich weiß, aber Sie sollten wissen, dass ich ihm davon abgeraten habe.«

»Warum denn das? Fürchten Sie etwa Konkurrenz?« Nicole hatte sich vom Beifahrersitz in seine Richtung gebeugt und lächelte ihn freundlich an. »Keine Sorge, wir sind hauptsächlich zum Vergnügen hier.«

O'Kelly verzog keine Miene.

»Wir werden uns sicherlich noch näher kennenlernen«, sagte Zamorra. »Dürfen wir jetzt weiterfahren?«

»Ich werde Sie nicht lange aufhalten. Ich möchte Ihnen nur den Rat geben, uns nicht ins Handwerk zu pfuschen. Halten Sie sich besser an das, was Ihre hübsche Begleiterin gerade sagte. Insofern: Viel Vergnügen.«

»Danke, werden wir sicherlich haben.«

O'Kelly hatte zwar inzwischen längst Zamorras Hand losgelassen, aber er hatte sich so weit ins Innere gebeugt, dass sein rechter Ellenbogen auf der heruntergelassenen Scheibe lag. »Und jetzt dürfte ich um Ihre Waffen bitten!«

Zugleich mit der Aufforderung kamen zwei weitere Kerle hinter den Büschen hervor. Zwar waren sie kleiner als O'Kelly, aber nichtsdestotrotz sahen sie nicht minder martialisch aus. Sie steckten in der gleichen schwarzen Kleidung und trugen das Abzeichen der Blackeneers. Sie stellten sich breitbeinig vor die Göttin, sodass Zamorra sie schon hätte über den Haufen fahren müssen, um den Weg fortzusetzen.

Zamorra zog die Stirn kraus. »Und wenn ich was dagegen hätte?«

»Tut mir leid, aber unsere Weisung lautet, keinen Bewaffneten Besucher aufs Gelände zu lassen. Also?« Er streckte die flache Hand aus.

Zamorra wechselte einen raschen Blick mit Nicole. Sie signalisierte ihr Einverständnis.

»Haben Sie ein offizielles Dokument, welches Ihre Legitimation beurkundet?«, ließ sich Henry von der Rückbank vernehmen.

»Wen haben wir denn da noch?«, knurrte O'Kelly.

»Henry, unser Mündel«, antwortete Nicole schnell, bevor Henry noch weitere Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnte.

»Ist das mit Mister Adair abgesprochen?«

»Aber sicher doch. Gibt es etwa Informationsdefizite, was Ihr Sicherheitssystem betrifft?« Zamorra konnte sich die Frage nicht verkneifen.

»Ihre Waffen!«, blaffte O'Kelly.

»Und was ist mit Ihrem ...?«

»Schon gut, Henry«, bremste Nicole den Jungen. »Wir vertrauen Mister O'Kelly voll und ganz. Sie zog ihren E-Blaster hervor und reichte ihn über Zamorras Schoß hinweg dem Hünen. O'Kelly wirkte sichtlich irritiert, als er die futuristisch anmutende Strahlenwaffe aus der Produktion der DYNASTIE DER EWIGEN in der Hand wog.

»Was soll das sein? Ein Kinderspielzeug? STAR WARS für Arme, oder was?«

Auch Zamorra reichte ihm seine Waffe.

»Wir legen sie vertrauensvoll in Ihre Hände. Aber passen Sie gut drauf auf!«

»Sie wollen mich verarschen, oder? Egal. Ich bitte Sie nun höflich, auszusteigen, damit wir Sie durchsuchen können. Keine Sorge, reine Routine.

»Chéri, er will mir an die Wäsche!«, flötete Nicole pikiert. »Das wirst du doch nicht zulassen, oder?«

»Nein, werde ich nicht«, sagte Zamorra. Und an O'Kelly gewandt: »Es reicht. Lassen Sie uns jetzt unverzüglich weiterfahren.«

Offensichtlich hörte O'Kelly aus Zamorras Stimme heraus, dass er es ernst meinte. Der Spaß war vorbei. Kurz schien er noch abzuwägen, ob es sich lohne, eine Auseinandersetzung mit einem wichtigen Besucher seines Bosses anzuzetteln. In seinem Gesicht arbeitete es. Dann hatte er sich entschieden. Er gab seinen Männern einen Wink, den Weg freizugeben. Er selbst trat einen Meter zur Seite.

»Nichts für ungut, Mister Zamorra. Wir sehen uns noch, da bin ich sicher.«

Ein kaltes Lächeln begleitete seine Worte. Als er den Mund öffnete, traten zweit spitze Vampirhauer über seine Lippen. Der Spuk währte nur sekundenkurz, dann hatte er sich wieder unter Kontrolle.

Zamorra gab Gas, sodass der Kies zu beiden Seiten hochspritzte.

»Ein Vampir! Ich hasse diese elende Brut!«, stieß Nicole hervor, während sie langsam die Auffahrt auf das Gebäude zufuhren. In ihren ansonsten braunen Pupillen tanzten goldene Tüpfchen – ein offensichtliches Zeichen ihrer momentanen Erregung.

»Ich weiß«, sagte Zamorra ruhig. »Daher hielt ich es auch für besser, uns vorzeitig von Mister O'Kelly zu verabschieden, bevor du ihm an die Gurgel springst!«

»Du hast es gewusst?«

»Ich war mir nicht ganz sicher, aber ich hatte Merlins Stern aktiviert. Die Silberscheibe hatte sich erwärmt, kaum dass er uns angehalten hatte.«

»Mister O'Kelly ist kein Vampir«, ließ sich Henry von der Rückbank vernehmen. Er klang sehr bestimmt.

»Und was wohl dann?«, fragte Nicole spitz. »Ein Mausbiber?«

»Du weißt aber schon, dass sich seit den Zeiten Graf Draculas die Welt ein wenig weitergedreht hat, oder? Auch Vampiren macht die Sonne kaum etwas aus«, ergänzte Zamorra.

»Aber einem Tagesgier der Mond«, behauptete Henry. »Tagesgiere können sich nur tagsüber im Freien aufhalten. Die Nacht ist ihr natürlicher Feind.«

»Leute, letztendlich es wurscht, ob O'Kelly nun ein Vampir oder Tagesgier ist. Wir müssen ihn allemal im Auge behalten. Im Übrigen sind wir jetzt da, also vertagt eure Diskussion.«

Zamorra parkte die Göttin direkt vor einer breiten Freitreppe. Die dunklen hochaufragenden Mauern des Herrenhauses wirkten aus der Nähe noch düsterer, fast schon bedrohlich – wie eine riesige steinerne Kreatur, die im nächsten Moment zum Leben erwachen konnte.

Kaum hatte Zamorra den Motor ausgeschaltet, öffnete sich der linke Flügel der imposanten Haustür, und ein hochgewachsener schlanker Mann mit schulterlangen weißen Haaren kam schnellen Schrittes die Treppe herunter und auf sie zu.

Zamorra hatte sich zuvor kundig gemacht. So wusste er, dass es sich um Frederic Adair handelte. Aus der Entfernung wirkte der fast Achtzigjährige mindestens dreißig Jahre jünger. Und außerdem – so wie er die Stufen nahm – erstaunlich agil.

Nicole war als Erste ausgestiegen. Auf sie eilte Adair mit ausgebreiteten Armen und strahlendem Lächeln zu. Als er sie erreicht hatte, nahm er ihre Hand und hauchte, ganz Gentleman, einen Kuss darauf.

»Nicole! Was bin ich erfreut, dass Sie meiner Einladung gefolgt sind. Und Sie sind wahrhaftig noch schöner, als ich Sie in prächtiger Erinnerung habe.«

Zamorra, der nun auch langsam ausstieg, verdrehte insgeheim die Augen angesichts der Süßholzraspelei.