Schwere Entscheidung - Carolin Grahl - E-Book

Schwere Entscheidung E-Book

Carolin Grahl

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Beschreibung

Er kommt aus Gran Canaria und ist der Sohn von Dr. Daniel Nordens Cousin Michael und dessen spanischer Frau Sofia. Alexander kennt nur ein Ziel: Er will Arzt werden und in die riesigen Fußstapfen seines berühmten Onkels, des Chefarztes Dr. Daniel Norden, treten. Er will beweisen, welche Talente in ihm schlummern. Dr. Norden ist gern bereit, Alexanders Mentor zu sein, ihm zu helfen, ihn zu fördern. Alexander Norden ist ein charismatischer, unglaublich attraktiver junger Mann. Die Frauenherzen erobert er, manchmal auch unfreiwillig, im Sturm. Seine spannende Studentenzeit wird jede Leserin, jeden Leser begeistern! »Hallo, Alex! Gut, dass ich dich treffe! Lass den Rollwagen und das Essen! Die Verteilung der Mittagsmahlzeit kann eine der Lernschwestern oder irgendein anderer Praktikant übernehmen, der keine Ausbildung als Sanitäter hat wie du. Dich brauche ich jetzt dringend in der Notaufnahme!« Verwirrt schaute Alex Dr. Norden an. »Du machst heute Nachmittag Dienst in der Notaufnahme, Onkel Daniel?« Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Ab wann wirst du …« »Ab jetzt gleich. Ich habe nichts von irgendwann am Nachmittag gesagt. Also bring den Rollwagen zurück und komm mit!«, erwiderte Dr. Norden ungeduldig. »Und warum ist es so dringend? Ist irgendetwas Besonderes vorgefallen oder …« Noch während Alex redete, schubste Dr. Norden den Rollwagen in Richtung Küche, zog Alex mit sich und bugsierte ihn in den Personalaufzug, dessen Tür gerade offenstand. »Es hat am Marienplatz eine Messerstecherei gegeben«

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Seitenzahl: 138

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Der junge Norden – 66 –Schwere Entscheidung

Wird Thomas es wagen, seine Verlobte Andrea von ihrem Leiden zu erlösen?

Carolin Grahl

»Hallo, Alex! Gut, dass ich dich treffe! Lass den Rollwagen und das Essen! Die Verteilung der Mittagsmahlzeit kann eine der Lernschwestern oder irgendein anderer Praktikant übernehmen, der keine Ausbildung als Sanitäter hat wie du. Dich brauche ich jetzt dringend in der Notaufnahme!«

Verwirrt schaute Alex Dr. Norden an. »Du machst heute Nachmittag Dienst in der Notaufnahme, Onkel Daniel?« Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Ab wann wirst du …«

»Ab jetzt gleich. Ich habe nichts von irgendwann am Nachmittag gesagt. Also bring den Rollwagen zurück und komm mit!«, erwiderte Dr. Norden ungeduldig.

»Und warum ist es so dringend? Ist irgendetwas Besonderes vorgefallen oder …«

Noch während Alex redete, schubste Dr. Norden den Rollwagen in Richtung Küche, zog Alex mit sich und bugsierte ihn in den Personalaufzug, dessen Tür gerade offenstand. »Es hat am Marienplatz eine Messerstecherei gegeben«, erklärte Dr. Norden und drückte den Knopf für die Notaufnahme, um den Aufzug in Bewegung zu setzen. »Zwei rivalisierende Jugendgangs mit wahrscheinlich kriminellem Hintergrund haben sich mit Messern, Scheren und Fäusten eine regelrechte Schlacht geliefert. Etliche beherzte Passanten, die versucht haben, die Jugendlichen zu trennen, wurden ebenfalls verletzt. Und, soweit ich weiß, sogar ein Polizist und eine Polizistin, die von besorgten Bürgern gerufen wurden, um für Ordnung zu sorgen, ehe noch mehr Unheil geschieht.«

Alex stieß geräuschvoll die Luft aus. »Das klingt ziemlich übel«, meinte er, nun ehrlich erschrocken. »Um wie viele Verletzte handelt es sich denn insgesamt?«

»Das weiß ich leider nicht genau«, erwiderte Daniel. »Wenn es sich wirklich, wie mir berichtet wurde, um mehr als fünfzehn Verletzte handelt, wird wohl nur ein Teil von ihnen zu uns und der andere Teil ins Klinikum Rechts der Isar gebracht werden.«

»Und diese Messerstecherei – ich meine, das alles hat mitten am helllichten Vormittag stattgefunden? Auf einem der belebtesten Plätze direkt im Herzen Münchens?«

»So sieht es leider aus«, erwiderte Dr. Norden. Nervös wartete er, am Ziel angekommen, bis die Tür des Aufzugs sich öffnete. »Und jetzt komm und beeil dich, Alex.«

Alex hastete hinter Dr. Norden her zu den Schockräumen, während draußen bereits das Martinshorn eines Rettungswagens heulte.

Der erste Patient, der in die Notaufnahme gebracht wurde, war ein Jugendlicher, der Stichverletzungen in der Brust erlitten hatte. Blass und mit geschlossenen Augen lag er auf seiner Trage, atmete schwer und stoßweise und stöhnte immer wieder auf vor Schmerzen.

»Darko Markovic, serbischer und deutscher Staatsangehöriger, sechzehn Jahre alt«, sagte der Sanitäter, der die fahrbare Trage mit dem jungen Mann in den Schockraum schob. »Verdacht auf mehrere Stichverletzungen im linken Lungenflügel.«

Dr. Norden machte sich unverzüglich an die Untersuchung des jungen Patienten, der kaum ansprechbar war und deshalb zu Dr. Nordens Bedauern auch keine weiteren Auskünfte über die Entstehung der Verletzung geben konnte. Nach einem kurzen Check-up, der die vorläufige Diagnose des Notarztes bestätigte, ordnete Dr. Norden eine Magnetresonanztomografie an, um die genaue Lokalisation und die Schwere der Lungenverletzung festzustellen, und gab Anweisung, einen Operationssaal und ein Chirurgenteam für eine möglicherweise erforderliche Notoperation bereitzustellen.

Der nächste Notfall war ein deutsch-türkischer Jugendlicher, ebenfalls sechzehn Jahre alt, der Schnittverletzungen im Gesicht erlitten hatte, die so erheblich waren, dass sie Alex einen kalten Schauer über den Rücken jagten. Der junge Mann würde, so wie es aussah, für den Rest seines Lebens Narben davontragen, die ihn selbst im hohen Alter immer noch an seine Jugendbanden-Vergangenheit erinnern würden.

Einer der eingreifenden Passanten hatte Schnittverletzungen an der Schulter erlitten, ein anderer eine Stichwunde im rechten Arm, die so tief war, dass Dr. Norden eine zumindest teilweise Durchtrennung der Unterarm-Beugesehne befürchtete.

Dr. Norden, Alex und Schwester Inga, die an diesem Tag anstelle von Schwester Anna in der Notaufnahme eingeteilt war, hatten alle Hände voll zu tun. Sie arbeiteten rasch und konzentriert und ohne Pause, als plötzlich die Ankunft des Notfall-Hubschraubers gemeldet wurde.

Es stellte sich rasch heraus, dass der Hubschrauber vom Klinikum Rechts der Isar kam, in das die verletzte Polizistin eingeliefert worden war, die aber auf Wunsch der dortigen Klinikleitung zur weiteren Behandlung in die Behnisch-Klinik verlegt werden sollte.

Alex, Schwester Inga und Dr. Norden tauschten besorgte Blicke, hatten aber zunächst keine Zeit, sich weiter um den neuen Fall zu kümmern oder sich auch nur eingehender zu informieren.

Als Alex dann aber nach endlosen Stunden völlig erschöpft aus der Notaufnahme kam und auf dem Weg zum Raum mit den Spinden der Pfleger und Praktikanten war, um sich für die Fahrt nach Hause umzuziehen, sah er sich plötzlich einem Mann in Polizeiuniform gegenüber, der auf ihn zutrat und ihn fast schüchtern auf die Schulter tippte.

»Sind Sie Arzt?«, fragte der Polizist. Als ihm – auf den zweiten Blick - bewusst wurde, wie jung Alex war, fügte er hinzu: »Oder Pfleger? Jedenfalls scheinen Sie zum Personal zu gehören.« Alex nickte, und der Polizeibeamte, der nach Alex‘ Schätzung kaum älter als Mitte dreißig sein konnte, atmete erleichtert auf. »Das trifft sich gut. Könnten Sie mir vielleicht sagen, was man mit meiner Verlobten gemacht hat? Sie ist ebenfalls bei der Polizei. Ich … ich bin übrigens Polizeioberkommissar Heiko Bertsch. Wenn Sie meine Dienstmarke sehen wollen …«

Alex schüttelte lächelnd den Kopf. Er erinnerte sich trotz seiner Müdigkeit sofort an den Notfallhubschrauber. »Wurde Ihre Kollegin … Ihre Verlobte … auf direktem Weg in die Behnisch-Klinik eingeliefert oder …«

»Nein, nicht auf direktem Weg«, erwiderte Heiko Bertsch. »Sowohl Andrea als auch ich wurden zunächst ins Klinikum Rechts der Isar gebracht.« Er wies auf seine bandagierte linke Hand und setzte hinzu: »Aber während ich zum Glück nur ein paar Kratzer abbekommen habe und ambulant versorgt werden konnte, hat es Andrea ziemlich übel erwischt. Man hat mir im Klinikum Rechts der Isar mitgeteilt, sie hätte durch etliche Messer- und Scherenstiche in den Rücken Verletzungen an mehreren Wirbeln und am Rückenmark erlitten und müsste sofort notoperiert werden. Ich … ich bin schier zu Tode erschrocken. Ich war nervlich völlig fertig. Als ich mich dann eine Stunde später wieder einigermaßen gefasst hatte und mir sicher war, Andrea würde bereits auf dem Operationstisch liegen, hieß es plötzlich, es wäre besser, wenn die Operation in der Behnisch-Klinik durchgeführt würde. Und dann wurde Andrea mit dem Hubschrauber hierher geflogen.«

»Die Sache mit dem Hubschrauber habe ich mitbekommen, während ich meinem … während ich Dr. Norden in der Notaufnahme assistiert habe«, nickte Alex. »Das ist dann aber leider schon alles, was ich weiß. Ich komme nämlich gerade aus der Notaufnahme und hatte seit dem Eintreffen der vielen Verletzten noch keine freie Minute.«

Auf Heiko Bertschs Miene zeigte sich eine Spur von Enttäuschung. »Verstehe«, meinte er. »Dann will ich Sie natürlich nicht länger aufhalten und Sie um Ihren wohlverdienten Feierabend bringen. Sicher gibt es hier in der Klinik einen Infoschalter oder etwas in der Art. Ich bin zwar bis jetzt noch nicht fündig geworden, aber wenn Sie mir vielleicht ganz kurz noch sagen könnten, wo ich mich nach Andrea erkundigen kann …«

»Der Infoschalter ist rechts um die Ecke und dann die kleine Treppe hoch«, erklärte Alex. »Allerdings fürchte ich, dass er um diese Zeit nicht mehr besetzt ist. Frau Kleinlein, die normalerweise am Infoschalter arbeitet, hat um fünf Uhr nachmittags Dienstschluss.«

»Ach so«, seufzte Heiko Bertsch resigniert.

»Machen Sie sich keine Sorgen«, versuchte Alex, Heiko zu beruhigen. »Ich gehe jetzt mit Ihnen zum Infoschalter, starte Frau Kleinleins Computer und schaue, was ich für Sie herausfinden kann. Ich bin übrigens Alex Norden, aber hier nennen mich alle nur Alex.«

»Vielen Dank für Ihre Hilfsbereitschaft, Alex«, sagte Heiko Bertsch. »Es bedeutet mir wirklich sehr viel, so bald wie möglich zu erfahren, wie es Andrea geht. Ich muss endlich Gewissheit haben, ob sie schon operiert ist und ob die Operation erfolgreich war.«

»Natürlich. Ich hoffe, wir werden bald alles Nötige herausfinden.«

Alex ging Heiko voran zum Infoschalter. Er schätzte sich glücklich, Isabella Kleinleins Kennwort zu wissen, das sich aus ihrem zweiten Vornamen Beatrix, den in der Behnisch-Klinik außer ihm allerdings so gut wie niemand kannte, und den Ziffern eins-acht-sechs zusammensetzte, die für Isabella Kleinleins Geburtstag am achtzehnten Juni standen. »Wenn Sie mir jetzt noch den Nachnamen Ihrer Verlobten verraten«, meinte Alex, »dürfte es nicht allzu schwer sein, dem Computer die notwendigen Informationen zu entlocken.«

»Meine Verlobte heißt Andrea Gnant«, sagte Heiko. »Polizeikommissarin Andrea Gnant.«

»Gut«, nickte Alex und begann, sich durch die Patientenliste der Behnisch-Klinik zu scrollen.

»Und?«, fragte Heiko Bertsch nach einer Weile in gespannter Erwartung. »Glauben Sie, dass Sie fündig werden?«

Alex nickte. »Hier«, sagte er und zeigte auf einen der Einträge mit dem Datum des Tages. »Andrea Gnant. Heute gegen 15 Uhr aus dem Klinikum Rechts der Isar per Hubschrauber in die Behnisch-Klinik überstellt. Ihre Verlobte wurde bereits operiert. Sie ist allerdings vorerst nicht auf Normalstation, sondern liegt im Moment noch auf Intensiv.«

»Heißt das, dass es bei dem Eingriff Komplikationen gegeben hat? Dass Andrea am Ende gar in Lebensgefahr schwebt?«, fragte Heiko Bertsch mit angstvoll geweiteten Augen.

»Nein, nein.« Alex schüttelte den Kopf. »Dass Patienten nach einer länger dauernden schwierigen Operation eine Weile auf der Intensivstation bleiben, ehe sie in ihr normales Krankenzimmer gebracht werden, ist völlig normal und definitiv kein Grund zur Besorgnis.«

»Wirklich nicht?«

»Wirklich nicht«, versicherte Alex.

»Und kann ich Andrea sehen?«

Alex biss sich auf die Unterlippe. »Im Prinzip ja, aber es dürfte, besonders um diese Zeit, nicht ganz einfach sein«, meinte er.

»Ja, natürlich«, stimmte Heiko halb verständnisvoll und halb widerwillig zu. »Aber … aber wenn ich ›sehen‹ sage, meine ich wirklich nur ›sehen‹ und nichts anderes«, fügte er schließlich an. »Wenn ich nur einen kurzen Blick auf Andrea erhaschen könnte, wäre ich schon zufrieden. Ich werde Andrea bestimmt nicht wecken. Oder stören. Oder anstrengen. Das verspreche ich hoch und heilig.«

»Hmm.« Alex überlegte. »Meines Wissens hat heute Schwester Jana Dienst auf der Intensivstation. Sie ist noch sehr jung. Und kein bisschen streng. Sie ist wirklich sehr nett und hilfsbereit. Vielleicht sollten Sie einfach versuchen, Schwester Jana zu überreden, sie kurz zu Ihrer Verlobten zu lassen. Chancenlos sind Sie bei Schwester Jana bestimmt nicht.«

»Da bin ich mir allerdings nicht so sicher«, gab Heiko Bertsch zu bedenken. »Könnten nicht vielleicht Sie bei dieser Schwester Jana ein gutes Wort für mich einlegen, Alex? Selbst wenn Sie vielleicht noch kein fertiger Arzt sind, gehören Sie hier in der Klinik doch fest zum medizinischen Personal, sodass Ihr Wort mit Sicherheit mehr Gewicht hat als meines.«

»Da bin ich mir allerdings ebenfalls nicht so sicher.« Alex lächelte Heiko Bertsch zu. »Aber einen Versuch wäre die Sache, denke ich, allemal wert.«

»Sie kommen also mit und helfen mir?«, vergewisserte sich Heiko.

»Okay, wird gemacht. Probieren geht schließlich übers Studieren«, stimmte Alex zu.

»Danke«, meinte Heiko. »Ein bisschen Glück scheint mir also selbst an diesem Unglückstag noch zuteilzuwerden. Dass ich zufällig Ihnen begegnet bin und ausgerechnet Sie um Rat gefragt habe, hat das Schicksal anscheinend goldrichtig gefügt.«

»Dann hoffen wir mal das Beste«, sagte Alex und begab sich zusammen mit Heiko Bertsch zur Intensivstation. Er legte sich im Geiste schon die Worte zurecht, mit denen er Schwester Jana überzeugen wollte, doch als er und Heiko dann vor der Intensivstation ankamen, ergab sich plötzlich eine völlig neue Situation.

Ehe Alex noch klopfen und für Heiko um Einlass bitten konnte, ging die Tür zur Intensivstation wie durch Zauberhand von selbst auf, und Dr. Norden trat heraus. Als er Alex und seinen Begleiter sah, hob er fragend die Augenbrauen.

»Das ist …«, begann Alex, wurde aber von Heiko Bertsch sofort unterbrochen.

»Heiko Bertsch. Polizeioberkommissar«, stellte Heiko sich vor, nur dass er den Hinweis auf den Dienstausweis diesmal unterließ. »Alex hat gerade für mich herausgefunden, dass meine Kollegin und Verlobte, Andrea Gnant, hier auf der Intensivstation liegt. Wir wollten deshalb Schwester Jana fragen, ob ich …« Heiko unterbrach sich, als ihm bewusst wurde, dass er einen Arzt vor sich hatte und nun anstelle von Schwester Jana wohl ihn um Erlaubnis würde bitten müssen. »Ich möchte bitte wissen, wie es meiner Verlobten geht. Und ich möchte Andrea, wenn das irgend möglich ist, kurz sehen«, fing er unsicher wieder an.

Dr. Norden, dessen Blick bei Heikos Worten »Alex hat gerade für mich herausgefunden« einen Moment lang mit leisem Vorwurf auf Alex geruht hatte, fasste sich rasch wieder. »Ihre Verlobte hat eine sehr schwierige Operation hinter sich und bedarf dringend der Schonung«, wandte er sich an Heiko. »Die Operation hat mehr als fünf Stunden gedauert, und es musste sogar noch Narkose nachgegeben werden. Frau Gnant ist also noch nicht richtig wach. Der Aufwachprozess hat gerade erst begonnen.«

Heiko, aus dessen Gesicht bei Dr. Nordens Worten jede Farbe gewichen war, konnte vor Besorgnis kaum noch an sich halten. »Eine Operation von fünf Stunden? Aber Andrea wird doch wieder gesund, oder?«, brach es beinahe panisch aus ihm heraus.

Dr. Norden nickte. »Nach dem momentanen Stand der Dinge kann ich Ihre Frage ruhigen Gewissens bejahen«, antwortete er. »Frau Gnant wird sich aller Voraussicht nach wieder vollständig erholen, obwohl durch die Verletzung des Rückenmarks die akute Gefahr einer Querschnittslähmung bestanden hat.«

»Qu-Querschnittslähmung«, stotterte Heiko entgeistert. »O Gott, wenn ich gewusst hätte, dass es so kritisch um Andrea steht …« Heiko wurde fast übel beim Gedanken an die Gefahr, in der Andrea geschwebt hatte, auch wenn er soeben hatte erfahren dürfen, dass sie ihr offenbar glücklich entronnen war. »Danke, dass Sie Andrea helfen konnten. Danke für all das, was Sie für Andrea getan haben«, brach es schließlich aus ihm heraus.

»Eigentlich sollten Sie sich nicht bei mir bedanken, sondern bei Dr. Sommer, einem brillanten, jungen Chirurgen, der mit seinem Team die Operation durchgeführt hat«, wehrte Dr. Norden ab. »Ich selbst habe nur eben noch einmal nach Frau Gnant geschaut, um mich zu vergewissern, dass alles in Ordnung ist.«

»Kann Herr Bertsch seine Verlobte sehen? Nur ganz kurz. Ich glaube, damit wäre ihm sehr geholfen«, mischte sich nun Alex ins Gespräch.

Dr. Norden bedachte ihn mit einem leicht vorwurfsvollen Blick. »Eigentlich dachte ich, du wärest längst zu Hause bei Sina, Alex. Ich war mir sicher, ihr würdet zusammen noch ein paar Stunden über euren Lehrbüchern sitzen und für eure Klausuren lernen.«

»Das wollte Alex auch«, versicherte Heiko. »Dass er immer noch hier in der Behnisch-Klinik ist, ist ausschließlich meine Schuld. Ich wusste nicht, wohin ich mich wenden sollte, um zu erfahren, wie es Andrea geht, und da …«

»Ist Ihnen just Alex über den Weg gelaufen«, ergänzte Dr. Norden, ein Schmunzeln unterdrückend, Heikos Satz. »Nun ja, für solche Zufälle ist Alex regelrecht prädestiniert, was er schon des Öfteren unter Beweis gestellt hat.« Daniel Norden räusperte sich. »Sie können Ihre Verlobte kurz sehen, Herr Bertsch«, erklärte er dann. »Aber wirklich nur kurz. Ich sage Schwester Jana Bescheid. Und … gibt es außer Ihnen noch Angehörige, die die Klinik verständigen muss?«

»Da gibt es noch Andreas Eltern, aber um die braucht sich die Behnisch-Klinik nicht zu kümmern. Ich war nämlich bereits bei Ihnen und werde sie jetzt noch einmal kurz anrufen. Sie werden mit Sicherheit sehr erleichtert sein, dass Andrea soweit alles gut überstanden hat.«

»Gut, dann wird Schwester Jana Sie nun einen Blick auf Ihre Verlobte werfen lassen«, lächelte Dr. Norden, während er zusammen mit Heiko Bertsch in die Intensivstation zurückkehrte.

Nach ein paar erklärenden Worten von Dr. Norden führte Schwester Jana Heiko zu Andreas Bett.

Heiko streichelte ganz sachte Andreas Hand. Er musste Andrea berühren und sie spüren, er konnte einfach nicht anders. Für einen Moment schlug Andrea, geweckt durch Heikos Streicheln, die Augen auf. Sie wirkte verwirrt und noch sehr benommen, und es fiel ihr sichtlich schwer, ihre Augen nicht gleich wieder zu schließen und weiterzuschlafen. »Heiko, du?«, brachte sie schließlich mit einiger Mühe hervor.

»Ja, ich. Wie geht es dir? Hast du Schmerzen?«, fragte Heiko voller Liebe und Besorgnis.

»Nein«, erwiderte Andrea. »Schmerzen habe ich nicht. Ich bin nur schrecklich müde. Ich glaube, ich werde erst einmal zwei Tage lang nur schlafen.«

»Ja, das ist gut. Das solltest du tun«, erwiderte Heiko. »Schlaf dich gesund, Liebes.«

Er wollte sich schon wieder zum Gehen wenden, als Andrea sich noch einmal zwang, ihre Augen zu öffnen. »Heiko«, sagte sie mit leiser, aber deutlicher Stimme, »bitte sag meinen Eltern Bescheid. Und was … was ist mit Sergeant? Wo ist mein Sergeant?«

»Sergeant war ganz außer sich, als du im Krankenwagen weggebracht worden bist. Er hat sogar die Rettungskräfte angebellt und angeknurrt. Du warst bewusstlos, und er wollte partout nicht von deiner Seite weichen. Zu guter Letzt hat er auch noch versucht, dem Krankenwagen hinterherzulaufen und hat auf keines meiner Kommandos gehört. Ich musste ihn an die Leine nehmen, obwohl ich ihn meiner eigenen Verletzung wegen kaum halten konnte. Inzwischen habe ich ihn zu deinen Eltern gebracht. Er hat sich wieder beruhigt und fühlt sich dort offenbar wohl.«

»Danke.« Andrea schloss die Augen und schlief zufrieden wieder ein.