Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Er kommt aus Gran Canaria und ist der Sohn von Dr. Daniel Nordens Cousin Michael und dessen spanischer Frau Sofia. Alexander kennt nur ein Ziel: Er will Arzt werden und in die riesigen Fußstapfen seines berühmten Onkels, des Chefarztes Dr. Daniel Norden, treten. Er will beweisen, welche Talente in ihm schlummern. Dr. Norden ist gern bereit, Alexanders Mentor zu sein, ihm zu helfen, ihn zu fördern. Alexander Norden ist ein charismatischer, unglaublich attraktiver junger Mann. Die Frauenherzen erobert er, manchmal auch unfreiwillig, im Sturm. Seine spannende Studentenzeit wird jede Leserin, jeden Leser begeistern! »Alex, schau mal, was ich da habe!« Schwungvoll öffnete Sina die Tür zu Alex' Zimmer. »Schau mal, Alex!« Alex hob den Kopf von seinem Lehrbuch. Fragend richtete er seinen Blick auf Sina, die eine kunterbunte, mit einer goldfarbenen Aufschrift »Einladung« verzierte Karte auf Alex' Buch legte. »Gerade eben habe ich die Post aus unserem Briefkasten geholt. Und was habe ich gefunden? Eine Einladung zu einer Geburtstagsparty! Zu einem Grillfest in den Isarauen!« Alex griff nach der Karte, musterte sie kurz und schob sie dann beiseite. »Henning? Henning Wüst? Wer soll das denn sein? Den Namen habe ich noch nie gehört.« »Henning ist der Freund von Elena«, antwortete Sina, löste mit ihrer Erklärung bei Alex aber nur ein Stirnrunzeln aus. »Aha, verstehe. Und wer ist Elena?«, erkundigte er sich.«
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 134
Veröffentlichungsjahr: 2025
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
»Alex, schau mal, was ich da habe!« Schwungvoll öffnete Sina die Tür zu Alex‘ Zimmer. »Schau mal, Alex!«
Alex hob den Kopf von seinem Lehrbuch. Fragend richtete er seinen Blick auf Sina, die eine kunterbunte, mit einer goldfarbenen Aufschrift »Einladung« verzierte Karte auf Alex‘ Buch legte. »Gerade eben habe ich die Post aus unserem Briefkasten geholt. Und was habe ich gefunden? Eine Einladung zu einer Geburtstagsparty! Zu einem Grillfest in den Isarauen!«
Alex griff nach der Karte, musterte sie kurz und schob sie dann beiseite. »Henning? Henning Wüst? Wer soll das denn sein? Den Namen habe ich noch nie gehört.«
»Henning ist der Freund von Elena«, antwortete Sina, löste mit ihrer Erklärung bei Alex aber nur ein Stirnrunzeln aus. »Aha, verstehe. Und wer ist Elena?«, erkundigte er sich.«
Sina verdrehte ungeduldig die Augen. »Elena Sassmann ist eine ehemalige Klassenkameradin von mir«, antwortete sie. »Elena und ich haben uns nach dem Abitur leider ein wenig aus den Augen verloren, aber vor ein paar Tagen bin ich ihr bei einem Stadtbummel überraschend begegnet und habe mich über das Wiedersehen sehr gefreut. Ich habe dir davon erzählt. Erinnerst du dich?«
Alex nickte.
Er entsann sich vage, dass Sina ihm etliche Tage zuvor in der Tat des Langen und Breiten von der Begegnung mit einer gewissen Elena berichtet hatte. Allerdings hatte er, müde wie er an diesem Abend gewesen war, ihren Worten kaum Aufmerksamkeit geschenkt.
Mit einem leisen Seufzer widmete er sich wieder seinem Lehrbuch.
»Du hast die Einladung ja noch gar nicht richtig gelesen. Henning, also Elenas Freund, feiert seinen 25. Geburtstag«, redete Sina unbeirrt weiter.
Alex griff nach einem gelben Textmarker, um einen Abschnitt in seinem Lehrbuch, der ihm besonders wichtig erschien, hervorzuheben.
»Jeder, der eingeladen ist, soll etwas zum Grillen mitbringen: Fleisch, Fisch, Kartoffeln, Tomaten, Maiskolben … je nach Geschmack. Ich fürchte, ich muss in den kommenden Tagen noch einiges besorgen. Als Getränk könnten wir Wein aus dem Weingut meines Onkels in der Toskana beisteuern. Vielleicht einen leichten Weißwein für den Anfang und für später einen kräftigen Rosé oder Rotwein. Damit ordentlich Stimmung in die Runde kommt. Und ein Geschenk für Henning brauchen wir natürlich auch noch. Ich hoffe, wir finden etwas Passendes.«
»Dir wird schon etwas einfallen«, sagte Alex, während er sich in seinem Lehrbuch eine Randnotiz machte.
»Du hörst mir wieder einmal gar nicht richtig zu«, beschwerte sich Sina. »Jetzt klapp doch endlich das verdammte Lehrbuch zu und überlege gemeinsam mit mir, was wir für die Party einkaufen wollen. Und denk über ein Geschenk für Henning nach.«
»Ich habe diesen Henning noch nie gesehen, geschweige denn ein Wort mit ihm gesprochen«, wehrte sich Alex. »Woher soll ich also wissen, worüber er sich freut und was ihm gefällt? Meiner Meinung nach wäre es am besten, wenn du Elena nach einem passenden Geschenk für ihn fragen würdest.«
»Stimmt, gute Idee. Ich werde sie heute noch anrufen«, pflichtete Sina Alex bei.
»Wann steigt denn dieses Fest überhaupt?«, erkundigte sich Alex nach einer Weile.
»Nächste Woche schon. Wir haben also nicht mehr allzu viel Zeit, uns darauf vorzubereiten.«
»Nächste Woche?«, hakte Alex wenig begeistert nach. »Und wann genau?«
»Am Mittwoch«, antwortete Sina. »Henning will genau an seinem Geburtstag feiern. Nicht erst am darauffolgenden Wochenende. Du siehst, die Zeit drängt.«
»Am Mittwoch?«, wiederholte Alex und schüttelte den Kopf. »Mittwoch geht nicht. Mittwoch geht gar nicht. Mittwoch ist vollkommen unmöglich. Das weißt du doch.«
»Wieso soll Mittwoch unmöglich sein?«, fragte Sina mit einem leisen Anflug von Ärger in der Stimme. »Ich habe vorhin auf meiner Wetter-App nachgeschaut. Für Mittwoch ist Kaiserwetter angesagt. Warm und sonnig. Nur zum Donnerstagmorgen hin kann es vereinzelte Gewitter geben. So gegen vier oder fünf Uhr. Aber bis dahin ist die Party vermutlich ohnehin vorbei.«
Alex zog die Augenbrauen hoch. »Das Wetter interessiert mich nicht die Bohne. Was geht mich das verdammte Wetter an?«, gab er zurück. »Hast du denn völlig vergessen, dass wir nächste Woche am Donnerstagvormittag um zehn Uhr eine sehr wichtige Klausur in Krankheitslehre schreiben? Willst du etwa nach einer durchfeierten Nacht unausgeschlafen und womöglich auch noch verkatert zu dieser Klausur antreten? Das ist doch komplett verrückt.«
»Das ist doch komplett verrückt«, äffte Sina Alex nach. »Weißt du eigentlich, dass du ein ganz abscheulicher Streber und obendrein ein Spießer erster Ordnung bist? Sollen wir Henning und Elena etwa wegen einer lächerlichen Klausur absagen? Wie peinlich wäre das denn?«
»Das wäre nicht peinlich, sondern nur vernünftig«, hielt Alex dagegen.
»Dass ich nicht lache«, ereiferte sich Sina. »Ich würde mich in Grund und Boden schämen, Henning und Elena mitzuteilen, dass wir nicht kommen, nur weil wir am darauffolgenden Vormittag eine läppische Zweitsemester-Klausur schreiben. Sie würden es garantiert für eine – nicht einmal besonders fantasievolle – Ausrede halten.«
»Ausrede? Jetzt krieg dich mal wieder ein, Sina. Die Krankheitslehre-Klausur ist keine Ausrede, sondern eine Tatsache. Der Termin ist schon seit Wochen bekannt. Die Party passt somit nicht in unsere Agenda und damit fertig.«
»In meine Agenda passt sie«, entgegnete Sina mit fester Stimme. »Sehr gut sogar.«
»Wenn es dir egal ist, ob du eine wichtige Klausur versiebst … meinetwegen. Dann geh doch auf die Geburtstagsparty von diesem Henning! Aber ohne mich.«
»Ohne dich? Das kommt überhaupt nicht infrage. Wir gehen zusammen«, entschied Sina. »Und im Übrigen verteidigt Henning am Vormittag nach seiner Geburtstagsparty seine Doktorarbeit. Was sagst du dazu?«
»Eine riskante Sache«, erwiderte Alex.
»Vielleicht. Aber offenbar kann er es sich erlauben. Elena hat mir erzählt, dass Hennings Doktorvater so begeistert von Hennings Leistungen ist, dass er ihm für das kommende Wintersemester bereits eine Assistentenstelle fest in Aussicht gestellt hat.«
Alex spielte nervös mit den Seiten seines Lehrbuchs. »Promotion mit fünfundzwanzig. Und dann gleich eine Assistentenstelle?«, staunte er. »Dieser Henning muss ja ein richtiger Überflieger sein. Welches Fach studiert er eigentlich?«
»Henning studiert Pharmazie«, antwortete Sina. »Oder, besser gesagt, er hat Pharmazie studiert. Das Studium ist ja praktisch abgeschlossen. Elena ist sich im Übrigen ziemlich sicher, dass Henning auf seine Dissertation die Bestnote ›summa cum laude‹ bekommt. In seinen Klausuren jedenfalls hatte er fast ausschließlich immer die Höchstpunktzahl, hat sie berichtet.«
»Wow«, entfuhr es Alex.
Auf Sinas Miene legte sich ein Ausdruck von Befriedigung. »Willst du jetzt immer noch absagen? Mit der Krankheitslehre-Klausur als Begründung?«
»Überredet«, seufzte Alex. »Nächsten Mittwochabend ist also Partytime.«
»Geht doch«, nickte Sina. »Warum denn nicht gleich?«
Alex brummte etwas Unverständliches und fing an, in seinem Lehrbuch weiterzulesen, doch Sina klappte es ihm kurzerhand vor der Nase zu. »Wir erstellen jetzt eine Einkaufsliste für die Party«, bestimmte sie. »Wir beide gemeinsam. Damit ich morgen Vormittag zum Einkaufen losziehen kann.«
»Morgen Vormittag hast du Praktikumsschicht an der Behnisch-Klinik. Schon vergessen?«, wandte Alex ein.
Sina verdrehte ärgerlich die Augen. »Dann erledige ich den Einkauf für die Party eben morgen Abend. Die meisten Geschäfte haben ohnehin bis 20 Uhr geöffnet. Vielleicht kannst du mich ja sogar begleiten.«
»Keine Chance«, erwiderte Alex. »Morgen Abend ist Sanitätsdienst angesagt.«
»Sanitätsdienst?«, wunderte sich Sina. »Aber du warst doch erst vorgestern Nacht mit Dr. Rudolf im Rettungswagen unterwegs. Willst du mir allen Ernstes weismachen, dass du morgen schon wieder …«
»Ich springe ein. Für einen Kollegen. Für Mark, wenn du es genau wissen willst. Er hat sich einen üblen Magen-Darm-Virus eingefangen und musste sich deshalb krankmelden.«
»Magen-Darm-Virus. Wer’s glaubt?«, bemerkte Sina mit hochgezogenen Augenbrauen.
»Ob es nun stimmt oder nicht – Tatsache ist, dass ich Dr. Rudolf nicht hängenlassen kann. Das verstehst du doch, oder?« Alex machte eine kleine Pause, dann fügte er hinzu: »Außerdem bin ich mir sicher, dass ich dir beim Einkauf ohnehin keine allzu große Hilfe gewesen wäre. Oder bist du in diesem Punkt anderer Ansicht?«
»Offen gestanden, nein«, gab Sina, wenn auch ein wenig widerstrebend, zurück.
»Na, siehst du«, lächelte Alex. Er betrachtete noch einmal die Einladungskarte. »Dieser Henning hat eine schöne Schrift«, stellte er fest. »Fein, aber doch mit einem festen Strich. Ein bisschen rechtsschräg und irgendwie … besonders. Eine besondere Schrift jedenfalls. Fast bin ich gespannt darauf, ihn kennenzulernen.«
»Das geht mir genauso«, gestand Sina. »Nicht so sehr wegen seiner Schrift, sondern weil Elena mir so viel über ihn erzählt hat. Ich glaube, sie ist bis über beide Ohren in ihn verliebt. Sie sagt, dass Henning der Prototyp eines Erfolgsmenschen ist. Was die Pharmazie angeht, ist er anscheinend bereits von seinem Elternhaus her vorbelastet. Seine Eltern betreiben eine Apotheke in Lindau am Bodensee. Direkt auf der Insel.«
»Und Henning hat keine Lust, in diese Apotheke einzusteigen?«, erkundigte sich Alex.
Sina schüttelte den Kopf. »Nein, sicher nicht. Was für Karrierechancen würden sich ihm in diesem Fall auch bieten? De facto gar keine. Er wäre ein besserer Arzneimittelverkäufer und würde sich auf Dauer garantiert hoffnungslos unterfordert fühlen.«
»Vielleicht, vielleicht auch nicht«, meinte Alex schulterzuckend. »Wenn ich an Daniel denke …«
»Was in aller Welt hat das jetzt mit deinem Onkel zu tun?«, wollte Sina wissen.
»Na ja, Daniel ist ein sehr tüchtiger Arzt und hat es bis zum Chef der renommierten Behnisch-Klinik gebracht. Allerdings hat er auch ziemlich lange eine einfache Hausarztpraxis betrieben. Und ich glaube nicht, dass er sich damals gelangweilt hat, ganz im Gegenteil. Auch der menschliche Aspekt spielt schließlich eine nicht zu unterschätzende Rolle.«
»Das mag dein Onkel so gesehen haben. Und im Grunde ist es ja auch deine Sichtweise«, stellte Sina fest. »Aber wenn man Elena glauben darf, tickt Henning ganz anders. Es würde ihm nie und nimmer genügen, nur von irgendwelchen Patienten oder – in seinem Fall – Kunden wertgeschätzt zu werden. Elena sagt, dass Henning ein Mensch ist, der den ganz großen Erfolg sucht und braucht. Deshalb ist es ihm auch so wichtig, nicht in der elterlichen Apotheke zu versauern, sondern stattdessen die Universitätslaufbahn einzuschlagen, zu lehren und zu forschen. Vielleicht wird Henning eines Tages ein Mittel gegen Krebs finden. Oder gegen irgendeine andere schwere Krankheit. Vielleicht wird er sogar Medizingeschichte schreiben, sodass sein Name später in sämtlichen einschlägigen Lehrbüchern auftaucht und Studenten in ihren Seminaren Referate über ihn halten.«
»Große Träume«, bemerkte Alex.
»Ja«, nickte Sina. »Und das Schöne ist, dass Hennings Eltern ihn zu hundert Prozent unterstützen. Elena hat mir erklärt, dass die beiden voll hinter den sämtlichen Plänen ihres Sohnes stehen. Natürlich haben sie in Henning vor allem zu Beginn seines Studiums ihren potenziellen Nachfolger gesehen, sich aber von dieser Vorstellung verabschiedet, als ihnen klar wurde, wie sehr sie Henning damit einengen und wie wenig sie seiner herausragenden intellektuellen Begabung gerecht werden würden.«
»Was sehr für Hennings Eltern spricht«, stellte Alex klar.
»Ja, das findet Elena auch«, gab Sina zurück. »Elena ist sich sicher, dass sie es nicht ertragen würde, nach Beendigung ihres Pharmaziestudiums nichts weiter zu tun, als an Hennings Seite den lieben langen Tag Aspirin und Paracetamol zu verkaufen und sich dann abends noch um die Buchhaltung zu kümmern.«
»Elena studiert also ebenfalls Pharmazie?«, fragte Alex.
Sina nickte. »Ja, natürlich. Henning und Elena haben sich bei einer Veranstaltung des Lehrstuhls für Pharmazie – ich glaube, es war ein Sommerfest – kennengelernt. Elena hat mich, als sie mir davon erzählt hat, angegrinst und behauptet, der attraktive Henning habe ihr von Anfang an sehr gut gefallen, der ehrgeizige Henning aber noch mehr.«
Alex musste schmunzeln. »Stammt Elena eigentlich auch aus einer Apotheker-Familie wie Henning?«, wollte er wissen.
»Nein«, erwiderte Sina. »Zumindest gibt es keine eigene Apotheke. Elenas Mutter ist zwar nicht nur Ärztin, sondern auch ausgebildete Pharmazeutin, betätigt sich aber als Pharmavertreterin. Und Elenas Vater ist Arzt. Oberarzt, um genau zu sein. Er arbeitet seit einem guten Jahr als Chefarzt der Internen Abteilung im Krankenhaus in Garmisch. Elenas Eltern haben sich deshalb vor Kurzem ein wenig außerhalb von Garmisch ein Haus gekauft. Elenas jüngere Schwester Nadine lebt noch bei ihnen. Sie hat heuer Abitur gemacht, sogar ein ziemlich gutes. Aber studieren will sie aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen trotzdem nicht. Elena sagt, Nadine würde jedweder Ehrgeiz fehlen. Sie findet, dass ihre ›kleine Schwester‹ zwar durchaus intelligent, aber trotzdem der geborene Verlierer ist.«
»Kennst du Nadine?«, fragte Alex.
»Nur flüchtig«, gab Sina zurück. »Ich bin ihr ein paar Mal in der Schule begegnet, wo sie allerdings ein paar Klassen unter mir und Elena war, sodass wir im Grunde nicht viel Kontakt miteinander hatten.«
»Vielleicht ist sie ja auf Hennings Geburtstagsfeier mit von der Partie«, vermutete Alex.
»Möglich«, entgegnete Sina. »Aber, ehrlich gesagt, ist mir das ziemlich egal.« Sie stibitzte sich einen Kugelschreiber und ein Blatt Papier von Alex‘ Schreibtisch. »Ich stelle jetzt eine Einkaufsliste für die Party zusammen. Und du kannst mich dabei unterstützen.«
*
Die Sonne war bereits im Untergehen begriffen, als Sina und Alex bei den Isarauen ankamen. Sie hatten der beiden riesigen Taschen wegen, die Sina mit alkoholfreien Getränken, Weinflaschen und allen möglichen grillbaren Lebensmitteln vollgepackt hatte, Sinas Auto genommen und prompt mehr als zwanzig Minuten gebraucht, um einen nicht allzu weit entfernten Parkplatz zu finden.
Sina war beinahe von Minute zu Minute ungeduldiger geworden. Auch jetzt lief sie Alex, der in jeder Hand eine der beiden Taschen schleppte, voraus.
Als Alex Sina keuchend einholte, war sie bereits von einer Gruppe lachender junger Menschen umringt, unterhielt sich, schüttelte Hände und tauschte Küsschen.
Schließlich wandte sie sich Alex zu, um ihm die anderen vorzustellen.
»Das ist Henning, unser Geburtstagskind«, begann sie und wies auf einen schlanken, hochgewachsenen jungen Mann mit hellbraunen, kurz geschnittenen Haaren und rehbraunen Augen. »Und das ist Elena, meine Freundin aus der Schulzeit.« Alex streckte Elena seine Hand hin. Elena ergriff sie flüchtig mit schwachem Druck und ging dann sofort zu einer herzlichen Umarmung über. »Und last, but not least: Nadine, Elenas jüngere Schwester«, fuhr Sina fort. Danach blickte sie strahlend in die Runde. »Und hier neben mir steht, wie ihr euch sicher schon gedacht habt, Alex, mein absoluter Lieblingsmensch.«
Alle lachten, aber Alex hatte einen Moment lang nur Augen für Nadine.
Sina hatte sie ihm vorab als ein bisschen langweilig geschildert, doch dieser Beschreibung konnte Alex ganz und gar nicht zustimmen. Sie beruhte, wie er vermutete, auf einer Erinnerung Sinas, die schon etliche Jahre alt und deshalb längst nicht mehr aktuell war.
Nadine hatte schulterlanges, rotblondes Kraushaar und ein Gesicht voller Sommersprossen, wobei sie sich offenbar nicht die Mühe machte, diese mit Make-up zu verdecken. Ihre Haut war auffallend hell, ihre Züge fein und zart. Das Bemerkenswerteste an ihr aber waren ihre Augen. Sie waren von einem leuchtenden, ein wenig wässrigen Blau und blickten warmherzig, aber auch voller Optimismus und ansteckender Fröhlichkeit in die Welt. Im Gegensatz zu Elena, die ein aufwendiges Strandkleid trug, war die fast überschlanke Nadine mit ihrer Jeans und ihrer bunt bestickten weißen Leinenbluse zwar eher bieder gekleidet, doch das tat ihrer umwerfenden Ausstrahlung keinen Abbruch.
In Alex‘ Augen stellte Nadine Elena regelrecht in den Schatten, und ihm fiel auf, dass auch Hennings Blicke ziemlich wohlgefällig auf Elenas »kleiner Schwester« ruhten.
»Los, jetzt. Auf zum Grillplatz. Oder wollt ihr hier etwa Wurzeln schlagen?«, ließ sich plötzlich Elena vernehmen. Sie hakte sich bei Henning unter und zog ihn regelrecht vorwärts, während sie den anderen mit einer Handbewegung bedeutete nachzukommen.
Sina und Alex bildeten das Schlusslicht.
»Was um Himmels willen hast du nur in die Taschen gepackt?«, stöhnte Alex, der Mühe hatte, Schritt zu halten. »Die Dinger sind schwer wie Blei.«
»Nichts Besonderes. Nur ein bisschen Gemüse, ein paar Kartoffeln, Käse, hart gekochte Eier, etwas Fleisch und ein wenig Wurst, dazu zwei Wasserflaschen und fünf Weinflaschen und …« Sina runzelte die Stirn und schien angestrengt zu überlegen. »Und einen Apfelkuchen. Und Tiramisu. Beides von Aldo und mir selbst gemacht. Und Vanille-, Erdbeer- und Schokoeis in einer Kühlbox.«
Alex verdrehte die Augen. »Wenn jeder Partygast die gleiche Menge an Essen mitbringt wie wir, können wir hier locker die nächsten vier Wochen dauercampen und uns jeden Tag den Bauch vollschlagen. Wir brauchen dann nur noch …«
Alex verstummte mitten im Satz, als plötzlich die Stereoanlage mit durchdringenden Bässen loswummerte.
»Wow. Richtig toller Sound«, freute sich Sina. »Das wird bestimmt ein Heidenspaß, wenn wir beide auf den Kieselsteinen zu dieser Musik tanzen.«
»Das fürchte ich auch«, gab Alex zurück.
