Was ist mit Sabine? - Stefanie Valentin - E-Book

Was ist mit Sabine? E-Book

Stefanie Valentin

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Beschreibung

Mit viel Herz und Verstand geht die Heimat-Heidi zur Sache, denn sie ist eine schöne Wirtin voller Tatendrang, die ihren Gästen und Mitmenschen jederzeit hilfreich zur Seite steht. Unterstützt, wenn auch nicht unbedingt immer in ihrem Sinne, wird Heidi dabei von ihrer nicht ganz volljährigen Tochter Steffi, einem feschen Mädel mit losem Mundwerk, und ihrer Mutter Luise, die keineswegs gewillt ist, kürzerzutreten und Heidi mit der Leitung des Bergerhofs alleinzulassen. Für schwungvollen, heiteren Familienzündstoff ist also bei aller Herzenswärme unserer Titelheldin jederzeit gesorgt! »Hast es schon gehört?« Heidi sah Luise fragend an. »Was hab' ich schon gehört?« erwiderte diese. »Daß die Wagner-Sabine ihre Sachen gepackt hat und ausgezogen ist«, antwortete Heidi. »Ausgezogen?« Luise verstand nicht, was Heidi meinte, denn so viel sie wußte, lebte Sabine mit niemand zusammen, so daß ein Ausziehen im Grund genommen gar nicht in Frage kam. »Ja«, Heidi nickte, »aus ihrer Wohnung soll sie ausgezogen sein.« »Einfach so?« Heidi schüttelte den Kopf. »Es hat Krach gegeben.« »Mit wem?« »Mit Werner.« »Werner Schüssner?« Heidi nickte. »Ja, mit ihm hat's Krach gegeben.« »Und da zieht sie aus ihrer Wohnung aus?« Luise schüttelte den Kopf.

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Heimat-Heidi – 66 –

Was ist mit Sabine?

Ein Bursche kommt ins Grübeln...

Stefanie Valentin

»Hast es schon gehört?« Heidi sah Luise fragend an.

»Was hab’ ich schon gehört?« erwiderte diese.

»Daß die Wagner-Sabine ihre Sachen gepackt hat und ausgezogen ist«, antwortete Heidi.

»Ausgezogen?« Luise verstand nicht, was Heidi meinte, denn so viel sie wußte, lebte Sabine mit niemand zusammen, so daß ein Ausziehen im Grund genommen gar nicht in Frage kam.

»Ja«, Heidi nickte, »aus ihrer Wohnung soll sie ausgezogen sein.«

»Einfach so?«

Heidi schüttelte den Kopf. »Es hat Krach gegeben.«

»Mit wem?«

»Mit Werner.«

»Werner Schüssner?«

Heidi nickte. »Ja, mit ihm hat’s Krach gegeben.«

»Und da zieht sie aus ihrer Wohnung aus?« Luise schüttelte den Kopf. »Was soll der Blödsinn? Aus der eigenen Wohnung auszuziehen, weil sie sich mit einem Mannsbild gestritten hat? So ein Schmarrn.«

»Einfach so nur ein Mannsbild ist der Werner ja net für sie«, erwiderte Heidi. »Immerhin sind sie seit einem Jahr ein Paar und dann beendet man eine Beziehung net so ohne weiteres. Es muß also schon einen heftigen Streit gegeben haben.«

Da atmete Luise tief durch. »Jetzt will ich dir mal was über die sogenannte Beziehung zwischen Sabine Wagner und Werner Schüssner erzählen.«

Heidi tat erstaunt. »Du weißt Näheres über die beiden?«

Luise nickte. »Ja, ich weiß was über diese angebliche Beziehung. Die Sabine hat mir mal was angedeutet und die Traudl hat mir dann alles erzählt.«

»Die Traudl?« fragte Heidi, »welche Taudl meinst du?«

»Die Traudl vom Stanner-Hof«, antwortete Luise.

»Und was bist du gewahr geworden?«

»Daß die Sabine und der Werner nie eine wirkliche Beziehung hatten«, antwortete Luise, »daß Werner die Sabine vielmehr ständig um Geld angegangen ist und ihr in dem Zusammenhang sogar gedroht hat. Das war keine Beziehung, da hat ein dummer Bursch ein anständiges Madel ausgenutzt und sie hat sich net wehren können und ist ausgenutzt worden.«

Heidi starrte ihre Schwiegermutter an, als zweifle sie an deren Verstand.

»Bist du sicher, daß das stimmt, was du da sagst?« fragte sie. »Ich kenn’ den Werner eigentlich net so wie du ihn beschrieben hast. Und einer geregelten Arbeit geht er auch nach.«

»Das ist schon richtig«, erwiderte Luise, »aber, wenn wer sein und anderes Geld zuerst an Automaten, dann in Spielcasinos verspielt, dann wird er ein armer Mensch, auch wenn er noch so viel arbeitet.«

»Daß der Werner spielt, davon hab’ ich auch gehört«, erwiderte Heidi, »aber, daß er so viel und in Casinos spielt, das hab’ ich net gewußt. Bis du sicher, daß es so ist?«

»Ob er regelmäßig in Casinos spielt«, entgegnete Luise, »das weiß ich natürlich net. Aber er muß dort schon hohe Summen verloren haben.«

»Oje«, murmelte Heidi, »das hört sich gar net gut an. Und wenn jetzt auch noch die Sabine nimmer für ihn da ist, dann wird er ganz und gar abdriften.«

»Also, deine Sichtweise der Dinge halt’ ich schon für sehr fraglich«, erwiderte Luise. »Das Madel arbeitet, hat sich eine Wohnung genommen, eingerichtet und lernt Werner kennen, der sie auszunutzen versteht. Und bedauern tust ihn, also, da stimmt was net. Und Beziehung, also, Liebesbeziehung hat es zwischen den beiden nie gegeben, wenn du verstehtst, was ich damit mein’.«

»Wie...?« Heidi sah ihre Schwiegermutter betroffen an.

»Du hast mich schon richtig verstanden«, entgegnete Luise, »der Werner hat die Sabine eher als Anlaufstation gesehen, wenn es ihm wieder mal net so gut gegangen ist.«

»Und jetzt ist sie aus der Wohnung ausgezogen«, sagte Heidi.

»Wenn sie wirklich ausgezogen sein sollt’« , fragte Luise, »was ich immer noch net glauben kann, wo ist sie denn dann hin? Wird ja ihreWohnung net so ohne weiteres aufgeben, ohne zu wissen, wo sie unterkommt.«

»Sie soll auf dem Stanner-Hof sein«, antwortete Heidi.

»Bei der Traudl...!« Luise nickte. »Das macht Sinn. Die hat schon länger ein Madel gesucht.«

»Und die Sabine ist endlich die Verantwortung für den Werner los«, fuhr Heidi fort. »Wenn der immer bei ihr untergekrochen ist, wenn es ihm net gutging, dann hat sie kein schönes Leben gehabt, die Sabine.«

Luise nickte. »Wenn alles so ist, wie du jetzt gesagt hast, dann hat sie eher ein unschönes Leben gehabt.«

»Und jetzt hat sie dem einen Riegel vorgeschoben«, fügte Heidi hinzu. »Vielleicht soll alles auch nur heilsam sein für den Werner. Möglicherweise hat die Sabine ihn ja wirklich gern und die Probleme seines Spielens wegen sind ihr einfach zu groß geworden.«

»Du meinst, sie würd’ hoffen, daß er sich bessert und ein

gescheiteres Leben anfängt

als jetzt?« Luise sah skeptisch drein.

Doch Heidi nickte. »Genau das mein’ ich. Wenn er sieht, wie trist sein Leben ohne Sabine ist, wird er sich was überlegen müssen. So wie bisher kann er jedenfalls net weitermachen.«

»Ich glaub’ eher, daß die Sabine froh ist, endlich einen Schlußstrich unter die Sach’ mit dem Werner ziehen zu können«, entgegnete Luise. »Unter die Sach’, die eh keine war und wenn, dann für sie eine ganz und gar dumme...!«

*

Werner Schüssner war überaus schmal, fast hager, dabei groß, was seine Hagerkeit noch unterstrich und seit einiger Zeit hatte er einen ernsten Zug um die Mundwinkel, was ihn älter aussehen ließ als er mit seinen achtundzwanzig Jahren war.

Werner hatte Möbelschreiner gelernt und sieben Jahre bei einem Fischener Handwerksbetrieb gearbeitet, der auf Innenausbau spezialisiert war. Er hätte heute noch dort arbeiten können, wenn er plötzlich nicht so unzuverlässig geworden wäre.

Oft kam er zu spät zur Arbeit, manchmal gar nicht, und als sein Chef ihn ermahnte, ein bisserl pünktlicher zu sein, da empfand Werner dies als Affront und er reagierte dementsprechend.

Sein Chef ließ ihn noch einige Wochen gewähren, mahnte ihn wegen seiner Unpünktlichkeit und seines unentschuldigten Nichtkommens schließlich ab, dann bekam er die Kündigung.

Werner quittierte dies mit einem Schulterzucken, und als sein Chef noch mal gütlich mit ihm reden wollte, da ließ Werner ihn einfach stehen.

Werner wechselte daraufhin seine Arbeitsstellte öfter, er hatte nach wir vor die gleichen Probleme, mal kam er zu spät, mal gar nicht.

Irgendwann lernte er Sabine kennen, die kurz zuvor aus der Füssener Gegend nach Oberstdorf gekommen war, wo sie in einer Gaststätte als Bedienung begann. Doch als sie ganz zufällig einmal Heidi kennenlernte, wechselte sie in den Bergerhof, wo sie ein Jahr blieb, bis sie dann nach Vorderstein zum Kirchwirt wechselte.

In Vorderstein hatte sie damals eine Wohnung genommen und das war der Grund, warum sie den Bergerhof wieder verlassen hatte, Luise und Heidi hatten sich mit dem hübschen und sehr netten Mädchen nämlich gut verstanden.

Werner Schüssner läutete dann einige Tage nach dem großen Streit mit Sabine an der Haustür zu ihrer Wohnung. Schlüssel hatte er nie einen besessen, aber es öffnete niemand. Er war in keiner guten Verfassung, was man ihm unschwer ansah.

Als er dreimal geläutet hatte, begann er gegen die Haustür zu klopfen, bis schließlich einer der anderen Mitbewohner öffnete. Er kannte Werner, und dessen ungute Art hatte er schon einige Male erlebt. Bisher hatte er immer auf Sabine Rücksicht genommen, doch den Grund gab es nicht mehr, schließlich war sie ausgezogen.

Der Mitbewohner des Hauses war zwar nicht größer als Werner, dafür aber doppelt so breit. Er stellte sich vor ihn, stemmte beide Fäuste auf die Hüften und fragte: »Wenn niemand öffnet, wenn du läutest, was bedeutet das dann?«

Werner wollte sich an dem Mitbewohner des Hauses vorüberdrücken, doch der hatte damit gerechnet und packte Werner am Kragen.

»Nix da, Bürscherl«, sagte er, während er Werner zu sich heranzog. »Du hast da nix mehr zu suchen. Weil die Sabine ausgezogen ist. Und weißt du warum sie ausgezogen ist? Weil du ihr derart auf den Wecker gegangen bist, daß sie vorgezogen hat, ihre Wohnung aufzugeben. Und jetzt verschwinde hier, sonst werd’ ich ernsthaft bös’.«

Man sah Werner an, daß er dem Hausmitbewohner kein Wort glaubte. Er starrte ihn an, nestelte eine Zigarettenpackung aus der Jackentasche, nahm eine Zigarette heraus und bot dem Mitbewohner des Hauses schließlich eine an.

Der nahme die Zigarette, Werner zündete beide an und fragte dann: »Stimmt es, was du eben gesagt hast? Ist die Sabine tatsächlich ausgezogen?«

»Ja, es stimmt«, antwortete der Kräftige. »Und wenn du gescheit bist, dann läßt du das Madel künftig in Ruh’.«

»Aber... aber sie kann doch net so einfach ausziehen«, erwiderte Werner in weinerlichem Tonfall.

»Doch«, sagte der Hausbewohner, »sie kann. Und es war klug, was sie getan hat.«

»Aber sie hat die Wohnung doch erst eingerichtet«, murmelte Werner, »das hat doch ein Heidengeld gekostet.«

»Wenn du das mal einsiehst«, lachte der Hausbewohner, »dann bist schon auf dem Weg der Besserung. Sie hat aber Glück gehabt und die ganze Einrichtung an ihre Nachmieterin verkaufen können. Das war wohl auch der Grund, weshalb sie sich kurzfristig entschlossen hat, da auszuziehen.«

»Und wo ist sie hin?«, fragte Werner.

»Das hat sie net gesagt«, antwortete der Kräftige, »und es ist gut, daß sie es net gesagt hat. Denn dann könnt’ es dir wer verraten. Und genau das hat sie net gewollt.«

»Hat... hat sie das gesagt?« Werners Blick verriet seinen Gemütszustand.

Sein Gesrpächspartner nickte. »Ja, das hat sie gesagt. Und du solltest sie wirktlich in Ruh’ lassen. Das Madel hat kein schönes Leben gehabt, während du sie besucht hast. Also, respektier, was sie sich wünscht.« Dann ließ er die Zigarettenkippe auf den Bürgersteig fallen, trat sie aus und sagte: »Und jetzt schleich dich, da hast nix mehr verloren...!«

*

»Und jetzt hockst dich mal her zur mir.« Die Stanner-Traudl lächelt Sabine freundlich an. »Seit du da bist, bist nur am arbeiten und das muß ja wirklich net sein.«

Sabine war ein außergewöhnlich hübsches Mädchen, groß und schlank, dabei zierlich wirkend, mit dunkelblonden Haaren und wunderschönen Augen, die früher immer freundlich dreingeschaut und gelacht hatten, jetzt aber schon seit Monaten nur traurig und müde wirkten.

»Magst einen Kaffee?« fragte Traudl.

Sabine hatte gerade Platz genommen, doch jetzt stand sie wieder auf.

»Den Kaffee kann ich doch machen«, sagte sie.

»Jetzt bleibst mal sitzen«, erwiderte die Traudl. »Den Kaffee mach’ ich und den Kuchen bring ich auch. Ich bin zwar schon über siebzig, aber ich kann noch ganz gut für mich sorgen, und für dich auch grad’ mal. Daß ich dich jetzt als Madel zu uns genommen hab’, hat damit zu tun, daß ich auch ein bisserl Unterhaltung brauch’.«

Da lächelte Sabine zum ersten Mal. »Dann wär’ ich so was wie eine Gesellschaftsdame, oder noch besser ein Gesellschaftsmadel.«

Da lachte Traudl. »So könnt’ man’s sehen. Sicher sollst auch ein bisserl was arbeiten, aber doch net ständig. Ein Madel wie du, das hat doch auch andere Wünsche.«

»Im Moment net«, erwiderte Sabine.

»Dir hängt die Zeit mit Werner sehr nach, oder?« Die Traudl sah das hübsche Mädchen fragend an.

Das zuckte mit den Schultern. »Schon möglich.«

»Du kannst dich hier ganz sicher fühlen«, fuhr die Traudl fort. »Er wird net wagen her zu kommen.«

»Ich hab’ mich vor dem Werner net gefürchtet«, antwortete Sabine, »ich war immer nur so machtlos gegen das, was er getan hat. Damit mein’ ich vor allem sein sinnloses Zunichtemachen seiner eigenen Person.«

Daraufhin sah die Traudl das hübsche Mädchen lange an.

»Du liebst ihn doch net, oder?« fragte sie schließlich.

Sabine schüttelte heftig den Kopf.

»Wenn ich ihn lieben würd’, dann hätt’ ich’s doch gar net so lang’ ausgehalten«, erwiderte sie, »nein, ich lieb’ ihn nicht, ich hab’ lediglich Mitleid mit dem Werner, das ist alles.«

»Und das hat er gewußt und ausgenutzt«, ergänzte die alte Traudl.

»Am Anfang net«, meinte Sabine, »hinterher dann ja. Aber da hat er schon gar nimmer gewußt, was er tat.«

»Hat er wirklich so viel Geld verspielt?« wollte Traudl wissen.

Sabine nickte. »Ich glaub’ schon. Jedenfalls hat er immer mehr von mir haben wollen.«

»Und das hast du mitgemacht.«

»Ja, das hab’ ich mitgemacht.«

»Bis es nimmer ging«, sagte die alte Traudl.

»So ist es«, bestätigte Sabine, »bis es nimmer ging.«

»Dann schuldet der Werner dir ziemlich viel Geld, oder?« Die Traudl sah Sabine fragend an.

Die nickte. »Ja schon, aber das werd’ ich abschreiben müssem. Ich kann mir nicht vorstellen, daß der Werner noch mal so viel Geld haben wird, um seine Schulden zurückzuzahlen. Wenn er nur alleine zurechtkommt, dann ist das schon in Ordnung.«

Es dauerte eine Weile, bis die alte Traudl weiterredete.

»Wie bist du eigentlich an den Werner gekommen?« fragte sie.

Da lächelte Sabine.

»Wie kommt ein junges Madel, das grad’ mal ein paar Wochen von zu Haus’ weg ist eigentlich an einen Burschen?« fragte sie.

»Und wie kommt sie?« wollte Traudl wissen. »Indem er ihr Grüße von zu Hause übermittelt hat«, antwortete Sabine. »Irgendwoher kennt er meinen Bruder. Er tauchte bei mir auf und hat die Grüße ausgerichtet. Das war’s dann schon.«