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"Nachdem er die vielen Raumschiffe im Orbit der Caldera gesehen hatte, war ihm klar geworden, dass die Prämie nicht nur ihn angelockt hatte. In der Taverne trafen sich die Kopfgeldjäger, tauschten Informationen aus und schmiedeten Pläne, wie sie dem flüchtigen Walter Carson habhaft werden konnten." Amalville, die Fortsetzung von KI-3.1, steht jenem in nichts nach, weder im turbulenten Geschehen, noch im lakonischen Jargon seiner Protagonisten. Neben der Raumfahrtlegende Walter Carson sind Jeanne Courvelle und John Hillcot mit an Bord. Sie treffen auf ihren alten Widersacher Ariel und kreuzen die Wege der einheimischen Mafia. In Amalville kommt es zur Entscheidung.
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Veröffentlichungsjahr: 2020
Reimon Nischt
Amalville
Utopischer Roman
Herausgegeben von:
www.bilderarche.de
© 2020,2022 Reimon Nischt, Morierstr. 35a, 23617 Stockelsdorf
Jeanne Courvelle hatte es sich in ihrer Kabine auf der Aurelia bequem gemacht und las eine von Jack Londons in Alaska spielenden Kurzgeschichten. Der Flug zur Semira ließ ihr dafür ausreichend Zeit. Walter Carson hatte den Planeten während seiner Zeit als HyperScout entdeckt, dessen Existenz jedoch geheimgehalten und ihn während der Jahre seiner Schmugglerkarriere als Versteck vor der Polizei genutzt. Inzwischen diente ihm die Semira als Rückzugsort vor der Zivilisation.
Jeanne konnte sich nicht so recht auf Londons Abenteuergeschichte konzentrieren, obwohl sie sich darauf gefreut hatte, sie nach mehr als 20 Jahren erneut zu lesen. Immer wieder ertappte sie sich dabei, wie sie an einer Zeile hängen blieb und an ihre eigenen Erlebnisse erinnert wurde. Dreimal hatte Jeanne mit dem Lesen der Geschichte begonnen und war nicht über die ersten Seiten hinausgekommen. Das war ein deutliches Zeichen dafür, daß etwas mit ihr nicht stimmte. Sie schlug das Buch zu und legte es auf den Bücherstapel auf dem Tisch zurück.
Jeannes Gedanken waren immer wieder zu ihren Forschungsjahren auf epsilon Eridanus abgeschweift, diesem außergewöhnlichen Planeten, der nur eine Flora hervorgebracht hatte. Nach der Beendigung dieser Mission hatte sie sich einen Urlaub auf der Caldera, einem fernen Planeten, der noch nicht von Touristen überlaufen war, gegönnt. Dieser Urlaub hatte verheißungsvoll begonnen. Sie war in einem komfortablen Zimmer in einem der besten Hotels untergebracht, das über einen Pool verfügte, der eher einem Meer glich. Die Erinnerung an die farbenprächtigen Drinks versetzten Jeanne immer in einen Zustand absoluten Wohlbefindens. Ihre damalige Welt hatte aus vielen bedeutungslosen Augenblicken bestanden, die sich zu etwas verdichteten, was ihr als Faulenzen in Erinnerung geblieben war.
Auf dem Flug zur Caldera hatte sie Philipe de Longhi kennengelernt, der zum nächsten Planeten weiterfliegen wollte. Doch dann hatte sie ihn zufällig bei einem ihrer Spaziergänge durch die Stadt gesehen und war ihm unauffällig gefolgt. Es war ihr Urlaub und sie hätte Philipe nicht beachten müssen, aber sie wollte wissen, warum er sie belogen hatte. Wie sich herausstellte, war der echte Philipe de Longhi von einem künstlichen Gehirn namens KI-3.1 mit menschlichem Bewußtsein okkupiert worden. KI-3.1, eine Entwicklung eines Forschungsinstituts für künstliche Intelligenz, enthielt eine Kopie des Bewußtseins seines Schöpfers Pieter van Straaten. Ariel, so der selbst gewählte Name, behagte sein Dasein als Forschungsobjekt nicht, weshalb er aus dem Institut floh, um seine eigenen Zukunftspläne zu verwirklichen. Da sein Bewußtsein in einem künstlichen Gebilde steckte und somit unsterblich war, mußte er für ein immerwährendes Leben nur den gealterten Körper austauschen. Zu diesem Zweck suchte er einen unbewohnten Planeten, auf dem er Menschen züchten konnte, deren junge Körper er nach Bedarf okkupieren würde. Dieser Plan von der Unsterblichkeit entsprang nach Jeannes Meinung dem Hirn eines Psychopathen. Doch die Zusammenhänge wurden ihr erst später klar, als Ariel ihr Leben bereits aus dem Gleichgewicht gebracht hatte. Er hatte dafür gesorgt, daß Jeanne und Walter beschuldigt wurden, ein Raumschiff mit Gefangenen an Bord überfallen und befreit zu haben. Diese Art von Verbrechen wurde mit dem Tode bestraft. Der leitende Staatsanwalt Al Tarnowsky, der nicht an ihre und Walters Schuld glaubte, verhalf ihnen zur Flucht, indem er die Hinrichtung nur vortäuschte. Jetzt konnte Jeanne sich aussuchen, ob sie lieber als tot gelten wollte oder als steckbrieflich gesuchte Verbrecherin. In jedem Falle hatte ihr bisheriges Leben ein Ende gefunden.
Das ihr und Walter unterstellte Verbrechen war von Ariel begangen worden, weil er die Gefangenen im Raumschiff für seine Belange einsetzen wollte. Die Männer sollten ihm das Sperma für die Befruchtung der Eizellen liefern, die er sich auf der Caldera besorgt hatte.
Doch bei dem Versuch, Walter in seine Gewalt zu bekommen, mit dessen Erfahrung als HyperScout er seinen Planeten finden wollte, hatte Ariel den Tod gefunden. Er war wie eine Sternschnuppe in der Atmosphäre des Dronegan verglüht. Jeanne hatte sich dieses Schauspiel viele Male vorgestellt, doch keine wirkliche Befriedigung darüber empfunden. Es kam ihr vor, als wäre dieses dunkle Kapitel noch nicht abgeschlossen. In gewisser Weise war es das auch nicht, da Ariels Taten über seinen Tod hinaus Jeannes Zukunft überschatteten.
Jeanne grübelte unentwegt, wie sie zu ihrem früheren Leben zurückfinden konnte. Die Zeit hatte noch nicht zur Linderung dieses Verlustes beigetragen. Ihr Leben war wie ein Leck geschlagenes Schiff, das am Untergehen gehindert wurde und weiterhin mit Schlagseite auf einem von allen verlassenem Meer umher dümpelte. Sie ärgerte sich über dieses deprimierende Bild und nahm einen Stift zur Hand, die Dinge aufzuschreiben, die ihr durch den Kopf schossen. Vielleicht würde ihr beim Durchsehen dieser Notizen eine Idee kommen, die einen Ausweg aufzeigte. Jeanne erwartete, daß ihr das Schreiben leicht fallen würde, doch dem war nicht so. Der Gedanke zum Greifen nah, verflüchtigte sich, sofern sie ihn zu Papier bringen wollte und sie starrte nur das leere Blatt an.
Frustriert von ihrem Unvermögen ging Jeanne unter die Dusche und ließ heißes Wasser auf ihren Körper prasseln. Das auf dem Meer dümpelnde Schiff kam ihr wieder in den Sinn und bevor sie sich ihrer Hilflosigkeit ergab, schaltete sie auf kaltes Wasser um. Sie biss die Zähne zusammen und wollte nicht kreischen, doch die eiskalten Nadelstiche des Wasserstrahls besiegten ihren Willen. Sie schrie so laut sie konnte.
So sehr Jeanne auch das Ableben Ariels bejahte, konnte sie keine Erleichterung darüber empfinden, selbst noch einmal davongekommen zu sein. Ihr altes Leben existierte nicht mehr und ob sie es je wieder zurückbekommen würde, stand in den Sternen. Sie brauchte eine neue Identität, die es ihr ermöglichte, legal auf einem Planeten einzureisen und zu arbeiten.
Das einzig Positive an diesen desaströsen Ereignissen bestand für Jeanne darin, John begegnet zu sein. Er war einer der Gefangenen des überfallenen Schiffes und hatte ihnen bei der Ergreifung Ariels geholfen. Aus dieser zufälligen Begegnung hatte sich eine beiderseitige Zuneigung entwickelt. Da sie wußte, daß er Profikiller war und so manchen Auftragsmord ausgeführt hatte, fragte sie sich manchmal, was sie sich dabei gedacht hatte. Ihre Antwort war schlicht: sie hatte nicht gedacht. Aber der Gedanke an John heiterte sie auf. Am besten wäre es, ihm sofort einen Besuch abzustatten.
Sergio Lopez saß in der Taverne Zur letzten Hoffnung und ignorierte, in einer engen Nische sitzend, das laute Treiben. Er betrachtete die klare Flüssigkeit in seinem Glas, deren Geschmack an den Alkohol erinnerte, den er vor Jahren geschmuggelt hatte. Als das Schmuggeln nichts mehr eingebracht hatte, war er auf Kautionsjäger umgestiegen. Jetzt versuchte er sich zum ersten Mal als Kopfgeldjäger.
Nachdem er die vielen Raumschiffe im Orbit der Caldera gesehen hatte, war ihm klar geworden, daß die Prämie nicht nur ihn angelockt hatte. In der Taverne trafen sich die Kopfgeldjäger, tauschten Informationen aus und schmiedeten Pläne, wie sie des flüchtigen Walter Carson habhaft werden konnten.
Während die Männer tranken und von ihren Heldentaten aus vergangenen Zeiten berichteten, dachte Lopez, sie verkörperten nur schlechte Imitationen von Abenteurern und daß er sich in ihrer Gesellschaft befand, zeigte ihm, wie fragwürdig seine Entscheidung war, sich an der Jagd zu beteiligen.
„Ist hier noch ein Platz frei?“
Lopez schaute auf. Der vor ihm stehende Mann paßte genauso wenig wie er in diese Spelunke.
„Sicher, wenn Sie sich in die Ecke quetschen wollen.“
„Danke. Mein Name ist Leonard Bates.“
Lopez nickte dem Fremden zu und trank sein Glas aus. Vom bloßen Anstarren der Flüssigkeit wurde die Welt auch nicht besser.
„Und wie heißen Sie?“
„Finden Sie es bei dem Drink heraus, den Sie mir spendieren.“
„Einverstanden.“
„Auf die Bedienung können Sie hier lange warten. Sie müssen sich zur Theke durchschlagen. Ich nehme einen Drachentöter.“
Bates erhob sich und tat wie geheißen. Lopez hatte ihn bereits vergessen, als er mit Getränken wieder vor ihm auftauchte.
„Ich habe einen Job für Sie und wenn der Job erledigt ist, erzähle ich Ihnen noch eine Geschichte als Zugabe. Interessiert?“
„Danke, ich komme zurecht.“
„Sie können hier solange sitzen und Drachentöter trinken, bis Sie erblinden, doch Carson werden sie auf keinen Fall in die Hände bekommen, ebenso wenig wie all die anderen. Ich biete Ihnen deutlich mehr in kürzerer Zeit an.“
„Stimmt, keiner dieser Wichtigtuer wird die Prämie kassieren, weil ich sie mir schnappe.“
„Ihr Zweckoptimismus ist Zeitverschwendung. Vor geraumer Zeit bin ich Carson begegnet. Er hat mein Schiff mit zwei Laserkanonen, die feuern können, als gelte es die Welt in Stücke zu hauen, in einen Schrotthaufen verwandelt. Er war so freundlich, mich am Leben zu lassen. Keiner der hier Anwesenden wird diesen Mann jemals zu Gesicht bekommen, geschweige denn fassen.“
„Nur, weil er Ihnen entwischt ist, heißt das nicht, daß er auch mir entwischen muß.“
„Stimmt, doch mein Schiff, die Vertigo, kreist wie ein angeschossener Vogel um den Dronegan. Ich habe dort ein paar Sachen zurücklassen müssen und würde sie gerne mit Ihrer Hilfe bergen.“
„Was springt für mich dabei heraus?“
„Ich habe alles verloren, was ich besessen habe. Mein zerschossenes Schiff macht nicht viel her, doch auf dem Planeten befindet sich ein intakter Raumgleiter, der Ihnen gehört.“
„Allmählich macht mir die Unterhaltung Spaß. Sie glauben doch nicht ernsthaft, daß ich auf Ihre schönen Worte hereinfalle? Ich will Cash sehen.“
„Tja, dann werde ich einen anderen zu einem reichen Mann machen. Hat mich gefreut.“
Bates wandte sich ab, doch Lopez hielt ihn am Arm fest.
„Schön, ich werde zum Dronegan fliegen, doch sollten Sie mir ein Märchen erzählt haben, lasse ich Sie auf dem Planeten zurück.“
„Ich denke, das ist fair.“
Lopez stellte sich vor und reichte Bates die Hand.
„Wann können wir aufbrechen?“
„Wann immer Sie wollen.“
Die beiden Männer verließen die Taverne und nahmen ein Taxi zum Weltraumhafen.
„Wie sind Sie auf mich gekommen, Bates?“
„Ich brauchte mich in der Spelunke nur umzusehen. Sie waren der Einzige, der einen Tisch für sich alleine hatte. Ich mag Einzelgänger. Womit verdienen Sie Ihr Geld, wenn Sie nicht als Kopfgeldjäger unterwegs sind?“
„Ich bin Kautionsjäger. Die Höhe des Kopfgeldes hat mich überredet, kurzzeitig den Job zu wechseln.“
„Der Traum vom schnellen Geld endet meistens in einem Albtraum.“
„Trifft das auch auf Ihr Angebot zu?“
Nach einer Woche schwenkte die Sacramento in den Orbit des Dronegan ein. Nachdem sie am ersten Tag ihr Zielobjekt nicht gefunden hatten, beobachtete Lopez Bates genau, ohne Anzeichen von Verrat zu finden. Seine Spannung löste sich am folgenden Tag, als der Gleiter in unmittelbarer Nähe eines großen Felsbrockens geortet wurde, der die Suche erschwert hatte.
Die Männer flogen mit ihrem Gleiter hinunter. Als sie die gelb-braunen Wolken durchstießen, hatten sie eine überraschend gute Sicht. Lopez setzte unmittelbar neben dem Zielobjekt auf, das auf ihn den Eindruck eines Greifvogels machte. Der Vogel war um einiges größer als sein Gleiter.
Auch von der Inneneinrichtung war Lopez beeindruckt. Soviel Luxus war ihm noch nie zuvor in einem Gleiter begegnet, der seiner Meinung nach zweckmäßig ausgestattet sein sollte.
„Sind die Sachen dort in der Ecke Ihre?“
Lopez wies Bates die Richtung und beobachtete ihn genau. Der Mann ging hin, überprüfte alles und wandte sich ihm wenige Minuten später wieder zu.
„Ja, der Job ist erledigt, danke.“
„Noch nicht. Jetzt werde ich den Gleiter erst mal unter die Lupe nehmen. Danach machen wir beide einen Testflug und wenn ich dann zufrieden bin, ist der Job erledigt.“
„Wie Sie meinen. Fühlen Sie sich hier wie zu Hause. Ich suche mir inzwischen ein gemütliches Plätzchen.“
„Ich muß Sie enttäuschen, Bates. Sie werden mich begleiten.“
„Sie sind mir vielleicht ein mißtrauischer Bursche.“
„Jahrelange Berufserfahrung, das erhöht die Lebenserwartung.“
Lopez übernahm die Führung und Bates folgte ihm. Nach einer Stunde beendeten sie ihren Rundgang in der Pilotenkanzel.
„Einen Testflug gönnen wir uns noch.“
Lopez setzte sich auf den Pilotensessel und strahlte Bates an. Ihm gefiel was er bisher gesehen hatte.
„Wir fliegen zur Sacramento zurück, docken kurz an und gehen wieder runter, einverstanden?“
„Selbstverständlich. Sie müssen zufrieden sein. Es ist schließlich Ihr Gleiter.“
Noch ehe Bates ausgeredet hatte, hob der Gleiter ab. In wenigen Minuten dockte Lopez an seinem Schiff an.
„Sie hatten recht, schnell verdientes Geld.“
Ariel lebte in einer Welt, in der Zeit keine Bedeutung hatte. Ein Gedanke mochte eine Sekunde lang aufblitzen oder ein Jahr lang verweilen, er bemerkte den Unterschied nicht. Eine Welt ohne Zeit kennt weder Vergangenheit noch Zukunft. Nur der Moment zählt, sagte er sich und wußte doch, daß es so etwas wie einen Moment nicht gab. Er wollte nicht über seinen Zustand nachdenken und tat es unentwegt. Es war eine gute Methode, um den Verstand zu verlieren.
Ohne sensorische Fähigkeiten war er wieder der Gefangene seiner Gedanken und Träume. Er hatte diese Beschränkung seines Daseins schon des öfteren ertragen müssen und sich noch immer nicht daran gewöhnt. Doch im Unterschied zu früheren Zeiten bestand wenig Hoffnung, daß sich seine Situation zum Guten wenden würde.
Sein letzter Sinneseindruck, der ihn in fast allen Träumen heimsuchte, bestand im Bersten seines Kopfes. Das Geräusch splitternder Knochen war so laut wie Gewitterdonner und im zeitlupenhaften Ablauf seiner Erinnerungen fühlte er jeden Einzelnen nacheinander brechen. Er sah sein Gehirn wie graue Farbe an die Wände klatschen, bevor die Augen den Dienst versagten und alle Verbindungen zur Außenwelt zerstört wurden. Lag er jetzt auf dem Dronegan, ohne Hoffnung je wieder fühlen zu können, um dort auszuharren bis sein Akku leer war? Oder war er bereits auf dem Rückflug zur Erde und würde seine Zeit im DeLTa bis in alle Ewigkeit als Gegenstand der Forschung zubringen?
Doch eines war Fakt: er war noch nicht zerstört worden. Dieser Aspekt seiner Niederlage war das einzig Positive und ließ ihn auf eine bessere Zukunft hoffen. Der Satz Ich denke, also bin ich hatte noch nie besser jemandes Zustand beschrieben.
Seine Flucht aus dem Institut hatte er brutal und ohne Mitleid in Blut geschrieben. Anstatt seine Zukunft zu planen, war er unvernünftigen Eingebungen gefolgt, die ihn zum Gejagten gemacht hatten. Ariel hatte schon unzählige Male sein Scheitern analysiert und war zu dem Schluß gekommen, daß er jemanden an seiner Seite haben mußte, dem er vollkommen vertraute, der seinen Plan kannte und umsetzen wollte. Gab es diese Person?
Wieder überkam ihn Verzweiflung ob seiner desolaten Lage. Er suchte nach Methoden, seinen Tod herbeizuführen. Doch solange Gedanken keinen Akku abschalten konnten, war es sinnlos, auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden. Eher würde er in den Wahnsinn abdriften. Das Bild eines sabbernden und an der Wand kauernden Mannes drängte sich ihm auf.
Gedanken verwoben sich mit Träumen und es bereitete ihm Mühe, den Überblick zu bewahren. Nimmt ein Bewußtsein ohne Körper Schaden, wenn die Rückkopplung zur Realität fehlt? Als er meinte eine Stimme zu hören, ging er davon aus.
„Hallo Ariel, dein Grübeln ist fruchtlos, unterhalte dich lieber mit mir.“
„Wer bist du?“
„Ich bin du.“
„Tatsächlich? Woraus folgt, daß ich Selbstgespräche führe.“
„Keineswegs. Laß uns über angenehme, schöne Dinge reden. Du kannst ein wenig Aufheiterung vertragen. Dein Gemütszustand macht mir Sorgen.“
„Bist du einer dieser unnützen Seelenklempner? Halt dich aus meinem Innenleben heraus, auch wenn das Licht nur noch flackert.“
„Werde bloß nicht gleich wütend. Es muß doch etwas geben, was dich aufheitert. Frauen? Ja, unterhalten wir uns über Frauen. Ohne die ist es doch ziemlich öde.“
„Ich habe noch nie einen Gedanken an eine Frau verschwendet. Dafür fehlte mir bisher die Zeit.“
„Das solltest du aber. Du bist doch derjenige, der mit allen Sinnen leben will, dafür hast du schließlich gemordet. Frauen sind die Krone der Sinnesfreuden. Du hast falsche Prioritäten gesetzt.“
„Sagt wer? Wenn ich mein Ziel erreicht habe, gehört mir jede Frau, die ich begehre.“
„Armselig, mein Lieber. Warum das große Abenteuer auf die lange Bank schieben? Lege gleich los.“
„Du bist hier anscheinend der Witzbold. Soll ich mir eine Frau ausdenken?“
„Das wäre ein Anfang. Kleide sie mit einem schönen Namen, den du ihr bei passender Gelegenheit, einer Liebkosung gleich, zuflüstern kannst.“
„Schön und wie geht es weiter?“
„Du bist mir vielleicht ein Einfaltspinsel. Im wirklichen Leben kannst du dir keine Frauen ausdenken, da mußt du mit den vorhandenen vorlieb nehmen. Mach dir diesen Vorteil zu nutze. Was erscheint dir wichtig und was nicht? Ist es die Haarfarbe, die Größe ihrer Brüste, eine schlanke Taille? Mir fällt da noch so einiges ein...“
„Halt, halt! Ich weiß nicht, ob ich dieses Gespräch weiter führen möchte.“
„Wieso nicht? Bist du prüde? Natürlich nicht. Ich bin wie du, schon vergessen?“
„Wir drehen uns im Kreis. Wenn du ich bist, wieso vermisst du die Frauen und ich nicht?“
„Weil du noch keine Erfahrungen gesammelt hast, ich hingegen schon.“
„Jetzt weiß ich, woher der Wind weht. Du bist Pieter!“
„Wer sollte ich denn sonst sein? Deine Oma? Pieter ist die Person, die du finden mußt. Ihr beide gehört zusammen. Ohne ihn bist du nichts. Du hast ihn damals im Institut im Stich gelassen, ihm nicht vertraut. Du siehst, wohin dich dein Versuch, die Welt zu erobern, geführt hat. Du mußt Pieter finden oder besser er dich. Hab Vertrauen, ich bin wie du, ich werde dich finden.“
Ariel befreite sich allmählich aus dem Traumgespinst, sah sich im Bett sitzen und mit dem Kopf schütteln. Frauen? Ausdenken? Was für ein Unsinn! Er wünschte sich, mit seinem Kopf gegen eine Wand schlagen zu können. War dieser Wunsch bereits Ausdruck seines Verrücktseins? Doch in dem Traum steckte ein Körnchen Wahrheit. Mit Pieter zusammen die Zukunft anzugehen war nicht das Dümmste, was er tun konnte. Wenn er denn endlich etwas würde tun können. Er drehte sich wieder im Kreis, gefangen wie ein Hamster im Rad.
Es gefiel Pieter van Straaten, wie sich die Dinge entwickelten. Er hatte sich Lopez gegenüber als Bates ausgegeben, dem Mann, der bei dem Treffpunkt am Dronegan von Walter Carson getötet worden war. Bates, Leiter einer Spezialtruppe und vom Institut für die Erledigung grober Dinge angeheuert, sollte Ariel finden und liquidieren. Carson hatte der Spezialtruppe eine empfindliche Niederlage beigebracht, die dazu geführt hatte, daß Pieter KI-3.1, diese unscheinbare, faustgroße Kugel, die Ariels Bewußtsein enthielt, wieder in die Hand bekam.
Unter den Sachen, die Pieter im Gleiter gefunden hatte, befand sich auch ein zweites Interface. Es sprach für Ariel, daß er sich beizeiten einen Ersatz gefertigt hatte und da Ariels Verstand dem seinen entsprang, konnte er sich selbst auf die Schulter klopfen.
Lopez lag auf der Krankenstation und der Roboter für neuronale Operationen, den Ariel immer dabei hatte, tat, was er schon so oft getan hatte. Pieter wollte nicht im Wege stehen und wartete die Prozedur in der Kommandozentrale ab. Er machte es sich auf dem Chefsessel bequem und mußte kurz eingenickt sein, denn er schrak hoch, als Etwas seinen Arm berührte.
„Lopez, Sie haben mich vielleicht erschreckt!“
„Ich bin es, Pieter. Lopez ist Geschichte.“
„Ariel? Natürlich! Wie geht es dir?“
„Ich kann nicht klagen, mit mir scheint alles in Ordnung zu sein.“
Er machte ein paar Bewegungen, die sein Wohlbefinden veranschaulichen sollten.
„Wunderbar, das freut mich.“
„Ich bin begierig zu erfahren, was passiert ist.“
„Du bekommst eine Kurzfassung. Das Institut hat einen Trupp Spezialisten ausgeschickt, dich zu ergreifen und zurückzubringen. Ich war mit von der Partie, weil sie meinten, ich könne dich am besten aufspüren. Wir haben dein Schiff und das von Carson im Orbit des Dronegan aufgespürt. Als wir dort eingetroffen sind, haben wir sofort das Feuer eröffnet...“
„...und seid vernichtend geschlagen worden.“
„Stimmt, es gab nur zwei Überlebende. Einer hütet noch das Krankenbett in Caldera City und der andere steht vor dir. Carson hat mich gefangen genommen und als du in die Nacht hinab getaucht bist, freigelassen. Ich sollte deinem Dasein ein Ende bereiten. Doch anstelle von KI-3.1 habe ich eine Attrappe über Bord geworfen. Alle Beteiligten denken, du bist in der Atmosphäre verglüht. Damit das auch weiter so bleibt, ist dein Name ab sofort Sergio Lopez und wir befinden uns an Bord deines Schiffes, der Sacramento.“
„Das Schiff macht nicht viel her, trotzdem danke.“
„Übrigens, das Institut wollte dich nicht zurückhaben. Das Team, mit dem ich aufgebrochen bin, hatte die Aufgabe dich zu töten, was mir vorenthalten wurde. Doch deinen Tod habe ich ihnen bereits bestätigt.“
„Du bist also mein Lebensretter. Was ich nicht verstehe, ist, wie ihr meinen Aufenthaltsort ermitteln konntet.“
„Ganz einfach, KI-3.1 hat einen Sender, der HyperGates und Raumhäfen deine Position durchgegeben hat.“
„Doch den hast du inzwischen entfernt, richtig?“
„Ja, wir sind außer Gefahr. Auch in anderer Hinsicht: ich habe mir nichts zu Schulden kommen lassen und gegen Lopez liegt auch nichts vor. Wir befinden uns augenblicklich im Orbit des Dronegan.“
„Gut. Ich bin etwas aus der Zeit gefallen. Wie lange hatte sich mir die Welt entzogen?“
“Etwa vier Wochen. Für jemanden, der unsterblich ist, eine leicht zu verschmerzende Zeitspanne.“
„Es hätten ein paar Minuten oder tausend Jahre sein können. Diese Hilflosigkeit war unbeschreiblich und die Erinnerungen an das Leben, das ich geführt habe, schmerzten um so mehr, da ich nicht wußte, ob ich es je wieder erlangen würde.“
Sergio machte eine Pause.
„Doch dann fühlten meine Finger eine Oberflächenstruktur, Licht drang durch meine geschlossenen Augen und erzeugte tanzende Muster in leuchtenden Farben. Mein Brustkorb hob und senkte sich. Während mich die Dunkelheit umfangen hielt, meinte ich oft verrückt zu werden, doch bei dem Sinnesansturm wäre ich es fast geworden.
Ich schlug die Augen auf und war begierig zu sehen, wem ich mein neues Leben verdanke. Gleichzeitig hatte ich Angst, mich im Institut zu befinden. Der provisorische OP-Saal hat mich jedoch eines Besseren belehrt. Hätte ich nicht so genau auf meine Umgebung geachtet, wäre ich vielleicht weniger freundlich mit dir umgegangen. Niemand bringt mich je wieder in das Institut zurück.“
„Das habe ich auch nicht vor. Wir sind uns ähnlicher als Zwillingsbrüder und sollten uns wenigstens wie Brüder vertragen.“
„Das sehe ich genauso. Ich hatte genug Muße, darüber nachzudenken.“
„Wie ist das so, mit sich und seinen Gedanken allein zu sein?“
„Ist das jetzt menschliches Interesse oder wissenschaftliche Neugierde?“
„Ersteres.“
„Nun gut, ich will meinem Bruder glauben“, sagte Sergio mit einem Lächeln, „Meine Gedanken strömten zeitlos umher und ich sann zuerst nach Rache, suhlte mich förmlich in Racheplänen. Doch in der Kugel gefangen zu sein, machte alles sinnlos. Das Denken verliert seine Notwendigkeit, doch außer zu denken blieb mir nichts, was meine Lage noch auswegloser machte. Doch nachdem ich meine Situation analysiert hatte, legte ich meine Rachepläne ad acta. Mein Ziel ist es, mir eine eigene Welt zu erschaffen, wofür ich deine Hilfe benötige.“
„Dann laß mal deinen Plan hören.“
„Bisher habe ich nur einem Menschen von diesem Vorhaben erzählt. Er hat sich nicht als würdig erwiesen und sich auf Carsons Seite geschlagen. Du hast mein Gepäck gefunden. In dem Container befinden sich viele tiefgefrorene Eizellen. Um die zu befruchten, hatte ich einige Schwerverbrecher entführt, doch jetzt muß ich mir etwas Neues einfallen lassen, um an Sperma zu kommen.
Mir schwebt eine Gesellschaft vor, in der alle Menschen nach Wissen und Schönheit streben, ohne durch profane Tätigkeiten davon abgehalten zu werden. Natürlich werde ich Ziele vorgeben. Es wird das größte Glück für jeden einzelnen bedeuten, mir seinen Körper zu schenken. Sie werden darum kämpfen. Ich gedenke, glorreiche Wettkämpfe zu veranstalten, die dem Sieger das Recht einräumen, mit mir seinen Geist zu teilen.
Letzteres ist ein Versprechen, das ich nicht einlösen werde, doch für die Gemeinschaft wird es den Anschein haben, da ich in der Gestalt des Siegers weiter lebe.
In ferner Zukunft werden wir den ganzen Planeten besiedelt haben. Einige wenige müssen für meine Existenz ihr Leben lassen, doch das ist der Preis. Jede Zivilisation hat ihren Preis.“
„Das ist mal sicher. Geht es nicht eine Nummer kleiner? Was spricht dagegen, wenn wir zur Amalterra fliegen und uns eine von den vielen unbewohnten Inseln kaufen. Die Amalterra ist ein wilder Planet und noch immer dünn besiedelt.“
„Das wäre ein Ziel für jemanden mit begrenzter Lebenszeit. Ich denke in größeren Maßstäben.“
„Es sind genau diese Maßstäbe, die mich ängstigen. Alle gesellschaftlichen Konstrukte menschlichen Zusammenlebens sind bisher gescheitert oder funktionieren nur durch Anwendung von Gewalt. Deiner Gesellschaft wird es nicht anders ergehen. Irgendwann erkennt jemand die Lüge und du wirst gezwungen sein, unpopuläre Maßnahmen zu ergreifen. Aus einem wohlwollendem Herrscher wird ein Tyrann. Aber was rede ich da, dir ist das alles längst bekannt.“
„Selbstverständlich, aber ich höre dir gerne zu. Ich habe nur einen Ansatz gewählt, den bisher niemand in Betracht gezogen hat. Noch andere Einwände?“
„Ja, deinen Planeten betreffend. Wie willst du ihn finden?“
„Ich möchte einer Vermutung nachgehen. Wir brauchen einen Gravitationswellendetektor und müssen die Cadoro unter die Lupe nehmen. Der Bordcomputer hat sämtliche Funksprüche und Positionsdaten der Schiffe, mit denen wir kommuniziert haben, im Logbuch aufgezeichnet. Unter diesen Angaben befinden sich auch Daten von Carsons Aurelia. Ich bin mir sicher, daß Carson während seiner Zeit als HyperScout einen Planeten entdeckt hat, den niemand sonst kennt und den man nur durch ein HyperGate erreichen kann. Dieser Planet war zu seiner Schmugglerzeit ein sicheres Versteck und ist es jetzt wieder. Als ich mich im Orbit des Dronegan befand und auf ihn wartete, habe ich den Flug seines Schiffes verfolgt. Vielleicht läßt sich der Sektor, in dem das HyperGate liegt, mit den Daten im Logbuch eingrenzen. Wo liegt die Cadoro?“
„Im Raumhafen der Caldera. Die Polizei hat das Schiff requiriert.“
„Das nenne ich Pech. Wir müssen an das Logbuch herankommen. Laß dir etwas Cleveres einfallen.“
„Womit habe ich diese Ehre verdient?“
„Das ist keine Ehre. Du sollst deine Nützlichkeit unter Beweis stellen. Einen Zuschauer, der mir nur applaudiert, brauche ich nicht.“
„Du meinst, es reicht nicht aus, daß ich dir das Leben gerettet habe?“
„Ganz genau. Du hast vor nicht allzu langer Zeit meine Zukunft nachhaltig beeinflußt. Jetzt wirst du aktiv daran teilhaben.“
„Ich hätte auch schon eine Idee. Sie hängt mit deinem Vorgänger zusammen.“
„Ja, wer war dieser Lopez und was hat er gemacht?“
„Immer daran denken, du bist Sergio Lopez. Du hast einen Job als Kautionsjäger auf der Amalterra und beteiligst dich gerade an der Jagd auf Carson. Die hohe Prämie hat dich verlockt.“
„Und das soll hilfreich sein?“
„Möglicherweise.“
Der Gleiter flog durch dichte Wolken und Jeanne fühlte sich unwohl, da ihre Augen das Weiß nicht zu durchdringen vermochten. Sie wußte, daß sich dieses Gefühl der Unsicherheit immer einstellte, unabhängig vom Können des Piloten oder der technischen Ausstattung der Fluggerätes. Wolken gehörten in den Himmel und gewöhnlich blickte Jeanne zu ihnen hinauf.
Vor weniger als fünf Stunden hatten sie die Schwerverbrecher ihrem Schicksal überlassen. Die drei hätten es schlechter treffen können. Das Haus, das Walter ihnen zur Verfügung gestellt hatte, genügte auch gehobenen Ansprüchen. Wenn es nach ihr gegangen wäre, würde sich jetzt die Polizei um die Männer kümmern, doch Walter hatte ein Herz für Gesetzesbrecher, was sicherlich mit seiner Vergangenheit zusammenhing. Jeanne war froh, daß sie diese finsteren Gestalten nie mehr zu Gesicht bekommen würde.
Ihr Unwohlsein blieb auch nach dem Durchfliegen der Wolkenschicht bestehen, da sich ihre Gedanken Al zuwandten. Walter hatte ihm die baldige Ankunft der Aurelia angekündigt und Tarnowsky hatte umgehend geantwortet, daß er sich auf das Wiedersehen freue. Al war Anwalt und da in ihren Augen alle Anwälte verschlagen waren, traute sie ihm nicht so recht über den Weg. Gelegentlich nahm er es nicht so genau mit der Wahrheit und Jeanne bezweifelte, daß er ihnen wirklich verziehen hatte, auf der Semira zurückgelassen worden zu sein.
Walter war wie immer arglos. Er freute sich auf sein Blockhaus am See und meinte, Al werde beglückt sein, sie wiederzusehen. Das traf sicherlich zu, doch Al hatte seine einsamen Tage bestimmt nicht damit verbracht, nur seine Schuhspitzen anzustarren.
Für Jeanne sah es so aus, als ob John der einzige an Bord war, der diese Reise wie einen unerwarteten Urlaub genoß. Er hatte ihr seine Zeit gewidmet und dafür gesorgt, daß ihre Zukunftsängste bis jetzt nicht Oberwasser gewannen. Jeanne schätzte Ruhe und Einsamkeit, doch nie wieder unter Menschen gehen zu können, weil sie eine neue Identität brauchte und nicht wußte, wie sie diese erlangen sollte, schien ihr eine denkbar harte Strafe zu sein. John und Walter, die in der gleichen Situation waren, hatten nicht erkennen lassen, daß sie etwas beunruhigte.
Jeanne schloß für einen Moment die Augen und suchte nach dem Gefühl, das sie durchströmte, sofern John sie berührte. Sie konnte nie genug davon bekommen und sah zu ihm hinüber. Er hielt die Augen geschlossen und wirkte wie ein Tourist, der all inclusive gebucht hatte.
Der Gleiter zog eine Kurve und Jeanne sah das Blockhaus neben dem See auftauchen. Sie erkannte eine winzige Figur, die mit beiden Armen winkte. Trau Al nicht, auch wenn er sich noch so aufrichtig gibt. Dieses Mantra mußte sie beherzigen. Sie erinnerte sich noch an Ariel und wie er ihr Vertrauen mißbraucht hatte.
Andererseits konnte es passieren, daß man durch zu viele Wenn und Aber vergaß, sein Leben zu leben. Jeanne verzog das Gesicht und machte ihre typische Was-geschehen-soll-geschieht-Geste.
Jeanne sah Al am unteren Ende der Gangway mit einem Lächeln im Gesicht warten. Sie ging auf ihn zu und er umarmte sie wie eine alte, lange nicht gesehene Freundin. Sein Lächeln wurde schmaler, als er John aussteigen sah. Nachdem auch Walter begrüßt worden war, ging Al vorweg und bat sie, als sei er der Hausherr, ins Blockhaus. Jeanne sah zu Walter hinüber, der diesem Getue nicht die geringste Aufmerksamkeit beimaß. In der Küche nahmen sie an einem großen Tisch Platz, der von Al solide zusammengezimmert worden war. Es roch gut und als ihr Gastgeber eine Gemüsesuppe auftrug, fühlte sich Jeanne nach epsilon Eridanus versetzt. Wie lange lag diese Zeit zurück? Zwei Jahre und es fühlte sich wie eine Ewigkeit an.
„Al, wieso hast du uns verschwiegen, daß du kochen kannst?“
„Jeanne, ich bekenne mich schuldig. Außerdem kommt noch erschwerend hinzu, daß ich auch Surfen, Bergsteigen und Segelfliegen kann. Welche Strafe habe ich zu erwarten?“
„Das ist kein guter Anfang, Al“, sagte Walter, „Jeanne hat es nicht böse gemeint, es war eher als Lob gedacht.“
„Sicher, so wie ihr mich aus Rücksicht auf meine Gesundheit hier zurückgelassen habt.“
Endlich, jetzt war es raus und Jeanne fühlte sich gleich wohler.
„Du hattest uns belogen, Al, schon vergessen?