Die Anderen - Reimon Nischt - E-Book

Die Anderen E-Book

Reimon Nischt

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Beschreibung

17 utopische Kurzgeschichten vereint der Band, die in fernen Welten spielen oder auf der Erde angesiedelt sind: Henry hat seinen langweiligen Job an den Nagel gehängt, um für die Regierung zu arbeiten. Mit der Waffe in der Hand findet er seine wahre Berufung. Roald und Jeanne arbeiten auf einem entfernten Planeten in einer Forschungsstation. Kurz bevor sie ihre Arbeit abschließen, haben sie eine folgenreiche Begegnung. Me-on sucht im Weltraum nach Hyperverbindungen. Aus unerfindlichen Gründen fällt der Antrieb seines Raumschiffes aus, den er ohne fremde Hilfe nicht reparieren kann. Doch er hat Glück im Unglück: in der Nähe befindet sich ein Planet.

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Veröffentlichungsjahr: 2020

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Reimon Nischt

 

Die Anderen

 

Utopische Kurzgeschichten

 

 

 

 

Herausgegeben von:

 

www.bilderarche.de 

 

© 2017, 2023 Reimon Nischt, Morierstr. 35a, 23617 Stockelsdorf 

Inhalt

 

Waldhüter

 

Das Paar

 

Die Anderen

 

Safari

 

Verschollen

 

Waffenmeister

 

Arena

 

Nachbar

 

Das Angebot

 

Der See

 

Imperator

 

Kontakt

 

Traumwelten

 

Ungelenk

 

Aus der Zukunft

 

Morgenlicht

 

Zootiere

Waldhüter

 

Die Waldhüter schritten ihre tägliche Route ab. Der Wald war ruhig. Zu ruhig fand Henry. Kein Tier war zu hören und die Vögel verstummt. Wurden sie etwa von den Waldlingen beobachtet? Vielleicht. Doch einen Überfall auf schwer bewaffnete Waldhüter hatte es bisher noch nie gegeben. Henry glaubte auch nicht, dass es je einen geben würde.

Seit dem Erlaß THY-1139, im Volksmund Cleantown genannt, der vor zehn Jahren in Kraft getreten war, hatte Henry von seinem langweiligen Job als Tankwart auf Waldhüter umgesattelt. Seine Leidenschaft für automatische Waffen und die Möglichkeit, sie für Recht und Ordnung gegen unbelehrbare Menschen einsetzen zu können, hatte diesen Jobwechsel bewogen. Dafür nahm er auch den Umzug ins nördliche Maine in Kauf. Bisher hatte er 49 Abschüsse erzielt und war damit der Erfolgreichste seiner Gruppe, zu der noch Walt, Dick, Jimmy und sein Chef Cosmo gehörten. 

Cleantown war ein Programm zur Säuberung der großen Städte von all den Menschen, die am Rande der Gesellschaft lebten. Bettlern und Obdachlosen wurden die Bürgerrechte aberkannt, weil ihr Dasein als unamerikanisch galt. Das Streben nach Glück war für sie zu einer Farce geworden und dieses Fehlverhalten wurde von nun an nicht mehr toleriert. So wurden sie vor die Wahl gestellt, entweder in den radioaktiv verseuchten Gebieten Arizonas zu arbeiten oder in die Wälder im Norden zu gehen. Die Mehrheit wählte die Arbeit und somit ein geregeltes Leben. Die Auswirkungen der Radioaktivität würden sich, wenn überhaupt, erst in einigen Jahren bemerkbar machen. Nur die Unabhängigen zog es in die Wälder, wo sie auf sich allein gestellt waren. Ihnen wurden Zelte und Winterbekleidung aus alten Armeebeständen überlassen und einige Werkzeuge wie Äxte und Sägen. Waffen bekamen sie keine. Henry wusste nicht, welche der beiden Möglichkeiten größere Überlebenschancen bot und ihm war es auch egal. Seine Pflicht als Waldhüter bestand darin, die Dörfer vor Raubüberfällen zu schützen und die Aufsässigen zu bestrafen. 

Anfangs hatten die Waldlinge gehofft, sich nach Hause durchschlagen zu können. Doch sie hatten das Ausmaß der Wälder unterschätzt, in denen eine Orientierung ohne technische Hilfsmittel für Stadtmenschen unmöglich war. Nur die wenigsten kamen an die Grenze ihres Reviers und wurden dann halb tot vor Hunger von den Waldhütern gestellt und erschossen. Henry bedauerte den Umstand, dass die meiste Arbeit immer noch der Wald für sie erledigte.

Groben Schätzungen zufolge überlebte etwa ein Drittel der Waldlinge von Maine den ersten Winter. Henry nahm an, dass man zum Überleben die Toten essen musste, was ihm einen gewissen Respekt abnötigte. Da sich niemand um die Waldlinge kümmerte, gab es kein gesichertes Wissen über ihr Dasein, sondern nur Spekulationen. Sie mussten sich inzwischen besser auf die harten Lebensbedingungen eingestellt haben, denn die Überfälle auf umliegende Ortschaften waren drastisch zurückgegangen. Henry bedauerte diese Entwicklung, weil die Anzahl seiner Abschüsse stagnierte. Er wollte endlich sein halbes Hundert vollmachen. 

 

Frustriert vom Dienst ging Henry in sein Stammlokal und setzte sich an die Bar. Gordon Smith, der Inhaber des Lokals, schenkte ihm sogleich einen doppelten Whiskey ein. Missmutig nippte Henry daran.

„Was ist los mit dir? Schmeckt dir mein Whiskey nicht mehr?“

„Wenn es nur das wäre. Mein Job wird immer langweiliger. Es gibt keine aufmüpfigen Waldlinge mehr. Ich brauche dringend einen Abschuss, sonst laufe ich Amok. Meine Freundin ist kurz davor, mir den Laufpass zu geben. Sie will keinen Kerl haben, der andauernd mies drauf ist. Ich stehe kurz davor, ihr eine reinzuhauen. Einfach so. Dabei hatte der Job als Waldhüter so vielversprechend gegonnen.“

„Glaub mir, ich erinnere mich daran. Viele Leuten strömten damals in mein Lokal, um sich eure Jagdgeschichten anzuhören und sieh es dir jetzt an. Einfach nur trostlos. Das waren auch meine goldenen Zeiten. Ich hätte da einen Vorschlag zu machen.“

Gordon wusste, dass er den richtigen Mann vor sich hatte. Er schaute sich im Lokal um. Nur zwei Tische waren besetzt. Keiner der Anwesenden konnte ihr Gespräch hier an der Bar belauschen.

„Jetzt hör mir mal gut zu. Wenn die Waldlinge mein Lebensmittellager plündern würden, könnte ich die Versicherung kassieren und du bekämst endlich die Gelegenheit, deine ersehnten Abschüsse zu machen.“

„Wenn, wenn, wenn. Scheiße Mann, was soll der Mist?“

Gordon wartete einen Moment, bevor er die Bombe platzen ließ.

„Plündern wir beide das Lager, läuft es auf das Gleiche hinaus!“

Henrys Miene hellte sich auf. Die einfachen Pläne waren immer noch die besten.

 

Cosmo hatte seine Männer zusammen gerufen. Er musste ihnen nichts erklären, denn die Nachricht vom Lagerdiebstahl bei Gordon hatte sich wie ein Lauffeuer im ganzen Ort verbreitet.

„Nehmt Ausrüstung für eine Woche mit und so viel Munition wie ihr tragen könnt. Wir treffen uns hier in zwei Stunden wieder.“

Die Männer brummten zustimmend und eilten nach Hause ihre Sachen zu packen. Henry war der Erste am Treffpunkt, denn er hatte bereits alles Erforderliche zusammengesucht. Nach und nach fanden sich alle Männer ein. Ihre Stimmung war ausgelassen. Sie bestiegen zwei Jeeps und brausten Staubwolken aufwirbelnd davon. Bereits nach zehn Kilometern endete der letzte noch befahrbare Weg im Dickicht des Waldes. Die Männer stiegen aus und legten ihre Ausrüstung an. Ihnen stand ein langer Fußmarsch bevor.

 

Henry hatte bei der Errichtung des Lagers, das in unberührter Wildnis abseits der Wege und Flüsse lag, geholfen. Sie hatten damals Bäume gefällt und auf der frei gewordenen Fläche ein Blockhaus errichtet, das ihnen als Unterkunft diente und später den Waldlingen zur Verfügung stehen würde. Das war das einzige Zugeständnis an die Zivilisation. Um die zukünftigen Bewohner dorthin zu transportieren, hatte ein pfiffiger Bursche vorgeschlagen, sie wie Vieh in große Holzkisten zu pferchen und diese an Hubschrauber zu hängen. Im Camp konnten die Kisten dann abgesetzt werden, ohne das der Hubschrauber landen musste. Tatsächlich wurde später auch so verfahren.

Was hatte sich wohl alles im Laufe der Jahre verändert? Henry stellte erstaunt fest, dass er neugierig auf das Camp der Waldlinge wurde. So viele Gedanken hatte er noch nie an sie verschwendet.

„Hey Cosmo. Du hast uns von deinem Plan, wie wir vorgehen sollen, noch gar nichts verraten. Was machen wir, wenn wir im Lager ankommen?“, fragte Jimmy, der es vorzog, möglichen Probleme vorher zu abzuklären.

„Was wohl, Jimmy? Wir suchen den Boss dieser Aussätzigen und jagen ihm eine Kugel durch den Kopf. Wer sich dann nicht kooperativ verhält, wird ebenfalls umgelegt. Dann suchen wir die Lebensmittel und vernichten sie!“

„Was, wenn das Lager verlassen ist und wir in einen Hinterhalt geraten?“, insistierte Jimmy.

„Hast du jetzt schon die Hosen voll?“

Alle außer dem Angesprochenen lachten.

„Nein, ich lasse euch Vorgehen und sehe zu, wie ihr in eine Falle lauft!“

„Er hat recht, Cosmo“, sagte Walt und nickte Jimmy zu, „Die wissen, dass wir kommen und werden sich entsprechend vorbereitet haben.“

„Ich vertraue darauf!“, meinte Henry und riss sein Sturmgewehr von der Schulter, „Wer mich schief ansieht, ist tot!“

„Hast du überhaupt zugehört, Henry? Wenn niemand im Lager ist, kann dich auch keiner schief ansehen. Geht das in dein Spatzenhirn rein?“

„Jimmy, hör auf mit dem Mist oder du trittst barfuß den Rückweg an. Für alle gilt: Haltet jetzt alle eure Klappe! Ihr seid ja so laut wie eine Horde Schimpansen.“

Cosmo hatte ein Machtwort gesprochen. Schweigend zog die Truppe weiter. Die gute Stimmung war dahin.

 

Nach neun Stunden Fußmarsch durch ein Meer aus Kiefern, nur von einer kleinen Mittagspause unterbrochen, sackten sie erschöpft zu Boden, als Cosmo verkündete, das Lager für die Nacht aufzuschlagen. Henry war dankbar, dass er seine über zwanzig Kilogramm schwere Last ablegen konnte. Die Gier nach Blut, die am Morgen noch in seinem Blick gelegen hatte, war reiner Müdigkeit gewichen.

Noch bevor Cosmo die Wachen einteilen konnte, wurden alle nach der abendlichen Mahlzeit von Müdigkeit übermannt, sodass sie dort, wo sie sich niedergelassen hatten, einschliefen.

Ein Regenschauer ging auf die Männer nieder und weckte sie aus tiefer Betäubung. Unbeholfen bauten sie ihre Zelte auf. Henry und Dick übernahmen die erste Wache. Als sie nach Mitternacht von Jimmy und Walt abgelöst wurden, hatte sich nichts Erwähnenswertes ereignet. Auch während der zweiten Wache kam es zu keinen unliebsamen Vorfällen, wenn man vom Kampf gegen die Müdigkeit absah.

Nach dem Frühstück packten sie ihre Ausrüstung zusammen und machten sich auf den Weg. Der wieder einsetzende Regen war ihr einziger Begleiter.

Erst am frühen Nachmittag, kurz bevor sie das Camp der Waldlinge erreichten, hörte es auf zu regnen. Sie pirschten sich vorsichtig heran und hatten nach einer längeren Beobachtung nichts bemerkt, was auf die Anwesenheit von Menschen hindeutete. Nach allen Seiten sichernd liefen sie zum Blockhaus hinüber. Das Spinnennetz vor der einen spaltbreit geöffneten Tür machte deutlich, dass hier schon eine Weile keiner mehr ein und aus gegangen war. Das Innere der Blockhütte bestätigte die Vermutung. Überall lag Tierkot herum.

„Verflucht, wo sind die Kerle denn hin?“

Aus Henry sprach die pure Enttäuschung.

„Wahrscheinlich rüber nach Kanada und das schon vor über einem halben Jahr“, meinte Walt.

„Was mir Sorgen macht, ist Folgendes: Wir haben diesen Spaziergang völlig umsonst gemacht, da die Waldlinge nicht an der Plünderung von Gordons Lager beteiligt waren. Doch wer kommt dann als Täter infrage?“

Jimmys Frage schien die anderen zu beunruhigen, nur Henry, der Bescheid wusste, tat, als sehe er sich weiter um.

„Wann war einer von euch das letzte Mal in Gordons Lokal?“, nahm Walt den Faden auf. Er sah in die Runde und nickte: „Das habe ich mir gedacht, keiner. Seitdem unsere Abschüsse rückläufig sind, geht es mit Gordons Geschäften bergab. Ich wette, er hat seine Finger im Spiel. Ich fürchte, unser guter Gordon hat es auf die Versicherungssumme abgesehen.“

„Da könnte was dran sein. Wenn wir wieder zurück sind, fühlen wir ihm auf den Zahn!“, meldete sich Dick zum ersten Mal zu Wort.

„Ihr solltet keine voreiligen Schlüsse ziehen“, sagte Cosmo, „doch die Sache stinkt gewaltig.“

Das metallische Klicken eines Sicherungshebels unterbrach die Diskussion.

„Hände über den Kopf, aber plötzlich!“, rief Henry im Befehlston und richtete das Gewehr auf seine Kameraden.

„Bist du total übergeschnappt!“, brüllte Cosmo und wollte seinem Untergebenen die Waffe aus der Hand schlagen. Doch bevor er das Gewehr berühren konnte, krachte ein Schuss und er landete rücklings auf den Boden. Auf seiner Stirn zeichnete sich ein großes Loch ab, aus dem Blut sickerte. Die anderen waren vor Schreck wie gelähmt.

„Das war Nummer 50“, rief Henry, „wer will Nummer 51 sein?“

Er wartete nicht auf Antwort. Eine Salve riss den Rest der Truppe von den Beinen. Walt blieb dort liegen, wo er zusammengesackt war. Dick und Jimmy versuchten kriechend zu fliehen. Henry schüttelte über diesen sinnlosen Fluchversuch den Kopf. Bedächtig näherte er sich den beiden Männern und schoss jedem in den Kopf. Sein Durst nach Blut war fürs Erste gestillt. Jetzt verspürte Henry Hunger.

Das Paar

 

Draußen war es dunkel. Siri hatte zwei Kerzen angezündet, deren flackernde Lichter sich in der Fensterscheibe spiegelten. Sie erhob sich aus ihrem Sessel und ging zu dem Fenster hinüber. Siri stellte sich so davor, dass die Lichtreflexe um ihr Spiegelbild herumtanzten. Plötzlich gewahrte sie in ihrem Abbild ein anderes Gesicht. Als sie es erkannt hatte, sprang sie sogleich durch das Zimmer und öffnete die Tür.

Brandon wäre beinahe gestrauchelt, als ihn seine Freundin ansprang und die Arme um seinen Hals schlang. Er hob sie mit Leichtigkeit hoch und ging, sie wie ein Kind tragend, ins Haus. Die Kerzen warfen Schatten an die Wände, die eher Ungeheuern glichen als einem Liebespaar und vielleicht hätte er sich erschrocken, wenn ihn Siri nicht ablenken würde. Zielgerichtet eilte er auf eine Tür zu, die rechtzeitig aufsprang, die beiden einzulassen, doch wie eine Schlange zischend ihren Unmut kundtat. Das Doppelbett füllte den ganzen Raum aus und Siri juchzte, als Brandon sie auf die Matratze warf. Augenblicke später lag er auf ihr.

Die Tür schloss sich leise.

 

Wochen später gab es keine Kerzen mehr, die Ungeheuern ähnelnde Schatten an die Wände werfen konnten. Siri und Brandon lagen nebeneinander im Bett und schienen gleichwohl auf unterschiedlichen Planeten zu wohnen. Siri brach das Schweigen.

„Du wirkst traurig. Stimmt etwas nicht?“

„Nein, mir geht nur ein Problem mit der Arbeit durch den Kopf.“

„Erzähl mir davon.“

„Kleines, das verstehst du nicht.“

Siri insistierte nicht weiter und wandte sich von Brandon ab. Sie glaubte ihm kein Wort und wollte vermeiden, dass er dies von ihrem Gesicht ablesen konnte. Ein Streit würde sie nur traurig stimmen. Sie wusste es nicht mit Bestimmtheit, doch eine innere Stimme sagte ihr, Brandons Problem war sie. Seine Zurückweisung schmerzte besonders, weil sie sich keiner Schuld bewusst war. Siri verstand sein Verhalten nicht.

Brandon allein kannte den Stand der Dinge. Er hatte das Interesse an Siri verloren, nur würde sie das nie erfahren. Leider verkürzten sich die zeitlichen Intervalle, in denen er mit einer Frau glücklich war, zunehmend. Da er sich nicht anders zu helfen wusste, tat er das, was er in solchen Fällen immer tat.

Brandon zog leise die Schublade seines Nachtschranks auf. Einen Moment hasste er sich dafür, dass er schon wieder aufgab. Ohne zu zögern gab er das kryptische Passwort ein und legte den kleinen roten Hebel um. Siri sank augenblicklich in sich zusammen. Brandon würde die ganze Nacht für ihre Umprogrammierung brauchen. Er war von den vielen Möglichkeiten, sich eine neue Frau zu erschaffen, elektrisiert. Wie immer fing er mit dem Namen an. Kaum hatte Brandon ihn gewählt, fühlte er sich wieder frisch verliebt.

 

Die Gesichter aller Anwesenden sind auf Dr. Gregorius, den Leiter der Abteilung Emotional Design, gerichtet. Seine Gegner können ihre Schadenfreude kaum verbergen, der Rest schaut betreten drein. Die Testreihe, die er vor zwei Jahren initiiert hatte, ist gescheitert. Warum zum Teufel hatte er sich bloß darauf eingelassen? Paarbeziehungen sind einfach zu komplex. Resigniert legt Dr. Gregorius den roten Hebel um. Brandon sinkt augenblicklich in sich zusammen.

Die Anderen

 

Roald lag in der Badewanne und schaute durch das Panoramafenster auf den See hinaus. Das Wasser in der Wanne fühlte sich wenigstens 30 Grad wärmer an als das in dem Gewässer. Er vermochte es recht gut abschätzen, da er nach dem Schwimmen im See und einem kurzen Sprint zum Haus hinauf in die Wanne gestiegen war. Wohlig breitete sich die Wärme in seinem Körper aus. Er wurde schläfrig.

Musik drang an sein Ohr und holte ihn wieder in die Welt zurück. Jeanne ließ heißes Wasser nachlaufen und gesellte sich anschließend zu ihm.

Die Strahlen von alpha Eridanus streiften nur noch die Wipfel der Bäume, sodass der See in Finsternis versank. Es wurde Zeit, sich auf das nächtliche Unterfangen vorzubereiten. Wie auf ein Zeichen sprangen beide gleichzeitig aus der Wanne. Wasser spritzte ans Fenster und rann in schillernden Bahnen daran hinunter. Sie hatten keine Augen dafür, sie rüsteten sich für ihre letzte Auseinandersetzung.

 

Iason, wie sie ihre Station nannten, hatte bereits einige Jahre auf dem Buckel. Bevor Jeanne und Roald die Wald- und Seenregion erforschten, waren sie schon in der Wüste, im Eis und im Meer tätig gewesen. Die Argo, ihr Raumschiff, befand sich mit dem Rest der Mannschaft im Orbit um epsilon Eridanus.

Jeanne war Biologin und Roald Chemiker. Nachdem der Planet vor 12 Jahren entdeckt worden war und feststand, dass kein tierisches Leben auf ihm existierte, wurde er in die Reihe der Planeten aufgenommen, die für wirtschaftliche Nutzung und Besiedelung vorgesehen waren. Jeanne und Roald liebten die Region, in der sie jetzt forschten. Bereits eine Arbeitswoche auf der Argo ließ sie die planetarische Flora vermissen. Daher tauschten beide ihre Schichten mit den anderen Teams, sodass sie, von einigen wenigen Unterbrechungen abgesehen, unentwegt auf dem Planeten verbleiben konnten. Dem Kommandanten war das einerlei, solange die Arbeit nicht darunter litt. Doch ihr Forschungsauftrag war so gut wie beendet und bald würden sie ihre lieb gewonnene Umgebung für immer verlassen müssen. Der Abschied würde ihnen allerdings durch eine Erfolgsprämie versüßt werden.

Nach der oft ermüdenden Arbeit unternahmen Jeanne und Roald gemeinsame abendliche Spaziergänge. Obwohl die Nächte auf epsilon Eridanus mondlos waren, hatten sie keine Angst davor, sich ungeschützt im Dunkeln zu bewegen. Hier gab es nichts, was ihnen gefährlich werden konnte. Selbst winzige Quälgeister wie Mücken existierten nicht. In dieser seltsamen Welt verwandelte sich Roald so manches Mal in einen Satyr und Jeanne in eine Nymphe.

Bis zu dem einen, alles verändernden Vorfall. Vier gelb-grün funkelnde Augen sahen auf sie herab. Roald bemerkte sie zuerst und Jeanne, die nicht verstand, warum er so abrupt mit seinen rhythmischen Bewegungen aufhörte, wandte sich erst durch ein Nicken seinerseits der Richtung zu, in die er starrte.

---ENDE DER LESEPROBE---