Bodyguards and Lifeguards - Nancy Salchow - E-Book
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Bodyguards and Lifeguards E-Book

Nancy Salchow

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Beschreibung

Sammelband mit den drei Liebesromanen "Ein Bodyguard für mein Herz", "Mitten ins Herz gefoult" und "Ein Rettungsschwimmer zum Verlieben". Klappentext von "Ein Bodyguard für mein Herz": Dass Tom als ehemaliger Bodyguard der Reichen und Berühmten ausgerechnet in Christies Nachbarhaus zieht, sorgt für viel Getuschel in der beschaulichen Kleinstadt am Meer. Wie kann er sich dieses Haus leisten, jetzt wo er nicht mehr arbeitet? Wie ist er als völlig Fremder ausgerechnet hier gelandet? Auch Christie interessiert sich für Tom, allerdings aus anderen Gründen: Seine wasserblauen Augen, der durchtrainierte Oberkörper und die undurchschaubare Coolness machen sie wahnsinnig und neugierig zugleich. Was hat er zu verbergen? Warum hat er seinen Job wirklich aufgegeben? Dass die Wahrheit sehr viel komplizierter ist, ahnt Christie nicht. Ebenso wenig, welche Leidenschaft dieser geheimnisvolle Fremde schon bald in ihr wecken wird. Dieser Roman ist in sich abgeschlossen, enthält heiße Szenen und natürlich ein wohlverdientes Happy End.

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Inhaltsverzeichnis

Buch 1: Ein Bodyguard für mein Herz

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Epilog

Buch 2: Mitten ins Herz gefoult

Anmerkung

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Epilog

Buch 3: Ein Rettungsschwimmer zum Verlieben

Vorwort

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Epilog

Impressum

Nancy Salchow

Bodyguards and Lifeguards

Sammelband mit drei Liebesromanen

Buch 1: Ein Bodyguard für mein Herz

Dass Tom als ehemaliger Bodyguard der Reichen und Berühmten ausgerechnet in Christies Nachbarhaus zieht, sorgt für viel Getuschel in der beschaulichen Kleinstadt am Meer. Wie kann er sich dieses Haus leisten, jetzt wo er nicht mehr arbeitet? Wie ist er als völlig Fremder ausgerechnet hier gelandet?

Auch Christie interessiert sich für Tom, allerdings aus anderen Gründen: Seine wasserblauen Augen, der durchtrainierte Oberkörper und die undurchschaubare Coolness machen sie wahnsinnig und neugierig zugleich.

Was hat er zu verbergen? Warum hat er seinen Job wirklich aufgegeben?

Dass die Wahrheit sehr viel komplizierter ist, ahnt Christie nicht. Ebenso wenig, welche Leidenschaft dieser geheimnisvolle Fremde schon bald in ihr wecken wird.

Dieser Roman ist in sich abgeschlossen, enthält heiße Szenen und natürlich ein wohlverdientes Happy End.

Anmerkung:Fleesenow ist eine von der Autorin erfundene Kleinstadt an der Ostsee, die immer mal wieder in ihren Büchern vorkommt. Angesiedelt wäre Fleesenow, gäbe es den Ort wirklich, vermutlich irgendwo in der Nähe der Insel Poel oder Wismar, der Heimat der Autorin.

Prolog

Tom

____________

Alles geht plötzlich ganz schnell. Wie selbstverständlich fallen wir uns in die Arme, als gäbe es kein Morgen. Als wäre es das Normalste der Welt, dass es so weit kommen muss – genau hier, genau jetzt.

Ich spüre ihre weichen Lippen auf meinen, ihre fordernde Zunge in meinem Mund und verliere fast den Verstand. In diesem Moment läuft meine eigene Vergangenheit wie im Schnelldurchlauf an mir vorbei. Ich muss an die Affären denken, die es hier und da gegeben hat. Verrückterweise scheint sich der Kreis in genau diesem Moment zu schließen. In diesem wundersamen Augenblick, in dem ich eine Frau küsse, die ich nicht küssen sollte. In diesem surrealen Moment, in dem ein Gefühl von mir Besitz ergreift, das alles nur noch viel komplizierter machen wird.

Ich spüre, wie es sich in meinem Schoß zusammenzieht. Jede Faser meines Körpers verzehrt sich nach ihr und sehnt sich danach, sie mit Haut und Haaren zu spüren.

Unsere Küsse werden heftiger, inniger, unser Rhythmus stürmischer. Inzwischen sind wir an der Wand angekommen, noch immer versunken in unseren atemlosen Küssen, während meine Hände ihre Handgelenke umschließen und sie damit gegen die Wandfliesen drücken.

Mein Körper ist fest an ihren gepresst, sodass die Ahnung von dem, was gleich passieren könnte, immer realer wird.

Verdammt! Das darf einfach nicht passieren. Und doch ist mir klar, dass ich nicht die Willensstärke habe, um das hier zu verhindern.

Oh mein Gott, ich will sie. Ich will sie so sehr.

Doch alles, was hier gerade geschieht, verschwimmt schon im nächsten Moment in der grellen Helligkeit der Morgensonne, die durchs Schlafzimmerfenster scheint.

Nur ein Traum?

Oder bin ich immer noch hier? Hier bei der Frau, von der ich mich eigentlich dringend fernhalten müsste? Die Frau, die auf keinen Fall hinter mein Geheimnis kommen darf.

Kapitel 1

Tom

____________

Lieber Tom,

eine letzte Mail, bevor es ernst wird.

Alles ist vorbereitet, die Schlüssel liegen unter dem Blumenkübel. Das Haus ist einzugsbereit, lediglich du fehlst noch.

Die Adresse hast du, nichts dürfte jetzt noch schiefgehen. Es sei denn, du machst einen Rückzieher, aber davon gehe ich nicht aus.

Fleesenow ist also ab sofort bereit für dich, ich hoffe, du bist es auch? Von jetzt an gibt es nämlich kein Zurück mehr.

Viel Glück für dein neues Leben. Du wirst es ganz sicher nicht bereuen.

Kapitel 2

Am nächsten Morgen

Tom

____________

Die Straßen sind an diesem idyllischen Julimorgen bereits voller Leben: Kinder in Badesachen, die vor der Eisdiele darauf warten, dass sich das Verkaufsfenster endlich öffnet. Ein älteres Paar, das die Bäckerei mit der großen Brötchen-Fahne an der Tür betritt. Ein Bauer, der mit seinem Traktor in einen der Feldwege einbiegt.

Im Schritttempo fahre ich durch Fleesenow, die Kleinstadt an der Ostsee, die von jetzt an mein Zuhause sein wird. Ein Gedanke, der sich absurd anfühlt und noch immer nicht ganz in meinem Bewusstsein angekommen ist.

Vielleicht ist das der Grund, warum ich so langsam durch den Ort fahre. Je mehr Details ich mir einpräge, desto schneller werde ich begreifen, dass das hier wirklich passiert. Dass das hier wirklich echt ist.

Die rotweißen Markisen an den Geschäften der Strandpromenade. Das Meer, das silberblau in der Sommersonne glitzert, wo immer sich zwischen zwei Gebäuden ein Blick darauf bietet.

Bin ich wirklich hier? Nach all den Plänen im Vorfeld, die mir noch vor kurzem so surreal vorkamen?

Das Handy in der Halterung weist mich in monotoner Stimme darauf hin, dass ich am Ende der Straße rechts abbiegen muss.

Nur noch eine Minute Fahrtzeit laut Navi-App.

Werde ich etwa gerade nervös? Kann schon sein. Man fängt schließlich nicht jeden Tag ein neues Leben an. Andererseits: Wenn man all die großen und lukrativen Aufträge bedenkt, die ich in meinem Berufsleben schon erledigen musste, ist ein Umzug in diese beschauliche Kleinstadt doch eigentlich ein Klacks. Erst recht jetzt, wo ich meinen aufreibenden Job endlich hinter mir gelassen habe.

Da ist er wieder, dieser dunkle Schatten, der sich über mein Herz legt, wann immer sich meine Gedanken in die Vergangenheit verirren. Gedanken, die meinen Brustkorb zusammenziehen lassen und meinen Atem schneller werden lassen.

Schluss damit! Du bist jetzt hier. Hier in diesem kleinen niedlichen Paradies, das so gar nichts mit deiner Vergangenheit in der Großstadt gemeinsam hat. Welche Gelegenheit wäre passender, um all die alten Dämonen hinter dir zu lassen?

Die Stimme der Navi-App ist wie ein Weckruf, der mich zurück in die Gegenwart holt.

»Sie haben Ihr Ziel erreicht.«

Als ich über die breite Einfahrt zwischen zwei verblühten Fliederbüschen das Rasengrundstück befahre, erkenne ich das Haus sofort von den Fotos wieder.

Mein Herzschlag beschleunigt sich wie bei einem Kind an Weihnachten. Kann das wirklich wahr sein? Werde ich von jetzt an wirklich hier leben?

Während ich aussteige, mustere ich das Haus mit aufmerksamem Blick, so als müsste ich mich vergewissern, dass dieses wunderschöne Gebäude tatsächlich dasselbe ist, das ich bisher nur virtuell kenne.

Blassgelbe Fassade, kornblumenblaue Tür mit dazu passenden Fensterläden. Ein Reetdach mit zwei Gaubenfenstern darin, ein kleiner Balkon an der Seite mit hölzerner Brüstung im selben Kornblumenblau. Die kleine Holzbank unter dem Fenster sehe ich jetzt erst.

Ich habe aus meinem alten Leben bis auf zwei Koffer voller Klamotten nichts mitgenommen. All die Möbel im Haus waren bereits vorher hier, heute werde ich sie zum ersten Mal sehen.

Fast fühlt es sich an, als würde ich ein Ferienhaus beziehen, deshalb fällt es mir noch immer schwer zu realisieren, dass ich von nun an tatsächlich hier leben werde.

Doch während ich den Kofferraum öffne und mein Gepäck heraushole, fange ich langsam an, das alles tatsächlich zu begreifen.

Ob die erfrischende Meeresbrise ihren Beitrag dazu leistet, mich endlich in die Realität zurückzuholen? Die Tatsache, dass die Ostsee direkt hinter den Häusern dieses Wohngebietes liegt, ist ein weiterer Pluspunkt.

Mit den Koffern in der Hand gehe ich den geschlängelten Asphaltweg auf das Haus zu, doch noch bevor ich dort ankomme, wandert mein Blick wie von selbst nach rechts.

Über den niedrigen weißen Jägerzaun hinweg kann ich das Nachbarhaus deutlich sehen. Es ist meinem sehr ähnlich, lediglich die Tür und die Fenster sind nicht in Blautönen gehalten, sondern in einem erfrischenden Mohnblumenrot.

Kornblumenblau, Mohnblumenrot.

Ich werde langsam kitschig. Ob das an der friedlichen Umgebung liegt?

Christie.

In diesem Haus wohnt sie also, direkt neben mir. Es fühlt sich seltsam an, von ihr zu wissen, noch bevor sie mich überhaupt kennengelernt hat. Aber auch das war vermutlich so etwas wie Schicksal.

An der Tür angekommen schaue ich wie abgesprochen unter dem Blumenkübel nach und hebe den Schlüssel auf. Ein nicht gerade originelles Versteck, aber ein weiteres Indiz dafür, dass das Leben in der Kleinstadt einfach ein anderes ist, als das, das ich gewohnt bin.

Und da ist er schließlich, der Moment, in dem ich die Tür öffne, ins Haus trete und mich wie bei meinem ersten Schritt in ein neues Leben fühle. Im übertragenen, aber auch im direkten Sinne.

Ich stelle die Koffer ab und setze mich auf die Polsterbank neben der Tür, um das Innere des Hauses auf mich wirken zu lassen.

Doch die ersten Sekunden, in denen ich die offene Wendeltreppe ins Obergeschoss oder auch die antike Kommode mit den breiten Schubladen wahrnehme, weichen schon bald einer übergroßen Erschöpfung.

Müde schließe ich die Augen und lehne meinen Kopf gegen die Wand hinter mir.

Endlich bin ich hier. Und doch habe ich noch immer das Gefühl, mich in einer Art Zwischenwelt zu befinden. Eine Art Schwebe zwischen gestern und morgen.

So sehr ich mich auch vom ersten Moment an in dieses idyllische Fleckchen Erde verliebt habe, es scheint, als würden sich die Schatten meiner Vergangenheit umso fester an mich heften. Als würden sie ahnen, dass ich dabei bin, mich mehr und mehr von ihnen zu entfernen. Als wollten sie mich mit aller Macht daran erinnern, dass sich Erinnerungen nun mal nicht einfach so auslöschen lassen.

Doch als ich die Augen wieder öffne, ist da auch so etwas wie Hoffnung. Hoffnung, dass es vielleicht doch ein Morgen geben kann. Eine Zukunft ohne Dämonen. Oder ist es naiv, daran zu glauben?

Seufzend stehe ich wieder auf, fest entschlossen, mich im gesamten Haus umzusehen. Schließlich ist dies der erste Tag meines neuen Lebens, den sollte ich nicht mit Selbstzweifeln vergeuden.

Kapitel 3

Später am Vormittag

Christie

____________

»Und du weißt wirklich nicht, wer deine neuen Nachbarn sind?«

Ich höre Isas Stimme hinter mir im Wasser, während wir unsere Bahnen im Meer ziehen.

»Nein«, rufe ich zurück, ein wenig außer Atem, während ich ungerührt weiterschwimme, »und ob da jetzt wirklich jemand einzieht, ist ja auch noch gar nicht sicher.«

»Nicht sicher? Also, das war doch mehr als offensichtlich, oder?« Isa ist ein bisschen außer Atem, als sie mich wieder eingeholt hat. Doch ihrer Neugier tut das keinen Abbruch. Die Tatsache, dass heute früh ein fremder Wagen vor meinem Nachbarhaus stand, lässt ihr einfach keine Ruhe.

»Na ja, da stand halt ein Auto«, antworte ich. »Das kann genauso gut ein Makler gewesen sein.«

»Glaubst du das echt? Das steht doch schon länger zum Verkauf, oder? Ich glaube ja eher, dass da jetzt endlich jemand zugeschlagen und sich das Schmuckstück geschnappt hat.«

»Ein Schmuckstück direkt am Wasser hat aber eben auch seinen Preis.«

»Na und? Du kannst dir so ein Haus doch auch leisten, oder?«

»Stimmt, Süße.« Ich grinse. »Aber wie du weißt, hatte ich das Glück, dass mir meine Großmutter das Haus vererbt hat. So was passiert nicht vielen. Nur weil ich keine Miete oder Kreditraten zahlen muss, kann ich mir dieses Haus leisten. Als Übersetzerin verdiene ich nicht so viel.«

»Wie auch immer«, sie streicht sich über das feuchte Haar, »ich bin jedenfalls wahnsinnig gespannt, wer jetzt wirklich da eingezogen ist.«

Ohne auf ihren Kommentar zu antworten, tauche ich erneut unter und ziehe ein paar Bahnen unter der Wasseroberfläche.

Die Wahrheit ist, dass ich gerade keinen allzu großen Drang verspüre, mit Isa über meine potenziellen neuen Nachbarn zu reden. Denn wenn ich ehrlich bin, fand ich die Tatsache, dass das Haus jahrelang leer stand, irgendwie angenehm. Ich konnte unbeobachtet in meinem Garten chillen, wurde nie zu lästigen Smalltalks gezwungen, denen man sich des lieben Nachbarschaftsfriedens hingeben muss.

Gerade jetzt im Sommer arbeite ich gern im Garten an meinen Übersetzungsaufträgen für Verlage und Autoren. Allein der Gedanke, dass ich dabei nun jedes Mal Gefahr laufe, dass jemand über den Gartenzaun schauen und mir ein Gespräch aufzwingen könnte, bereitet mir Magenschmerzen. Dafür habe ich einfach zu gern meine Ruhe. Und wie groß ist schon die Chance, dass jemand nebenan einzieht, der nicht über kurz oder lang irgendwann anfängt zu nerven?

Als ich wieder auftauche, ist Isa schon wieder direkt neben mir, als hätte sie mich unter Wasser verfolgt.

»Ich dachte, du kommst gar nicht mehr hoch«, lacht sie. »Das war ja eine Ewigkeit gerade.«

»Echt?« Ich streiche mir das feuchte Haar aus dem Gesicht. »Ist mir gar nicht aufgefallen. War wohl gerade in Gedanken.«

»Na, so lange du nicht vergisst, dass du irgendwann auch wieder Luft holen musst.«

»Sei nicht so dramatisch«, winke ich ab.

»Dramatisch? Ich? Du verwechselst mich wohl mit dir.«

Bei diesem Kommentar muss ich lachen, denn beim Thema Dramaqueen sind Isa und ich uns tatsächlich ziemlich ähnlich. Schon seit der Schulzeit, die wir beide bereits hier in Fleesenow zusammen verbracht haben, sind wir unzertrennlich. Nicht zuletzt deshalb, weil wir uns so ähnlich sind. Emotional betrachtet, aber auch äußerlich. Nicht selten hält man uns für Schwestern.

Die langen kupferbraunen Locken, die vollen Lippen und die leicht kurvige Figur. Ja, wir sehen uns wirklich ähnlich.

Sogar unser Geburtsjahr stimmt überein. Dieses Frühjahr haben wir – fast zeitgleich – unseren 27. Geburtstag gefeiert.

»Wann musst du in den Baumarkt?«, frage ich sie.

»In ner Stunde fahre ich los«, seufzt sie, während wir langsam zurück in Richtung Ufer schwimmen. »Habe ich erwähnt, dass ich Spätschichten hasse? Das ist irgendwie nicht meine Zeit.«

»Aber unsere morgendlichen Schwimmrunden wären sonst nicht möglich.«

»Ja, ich weiß.« Sie lächelt gequält. »Am liebsten hätte ich einen Job wie du. In Jogginghose auf der Gartenliege arbeiten. Das wäre es doch.«

»Aus deinem Mund klingt es so, als wäre meine Arbeit die reinste Entspannung.«

»So habe ich das nicht gemeint, Christie. Das ist dir doch hoffentlich klar. Ich wäre froh, wenn ich dein Talent hätte. Aber da ich das nun mal nicht habe …«

»Sicher hast du Talent, vor allem im handwerklichen Bereich, in dem ich eher eine Niete bin.«

»Ach, manchmal wünschte ich, es wäre anders.«

»Das sagst du nur, weil du nachher noch zur Arbeit musst.« Ich schwimme etwas schneller.

»So wie du dich beeilst«, sagt Isa, »könnte man meinen, dass das eher auf dich zutrifft.«

»Ja, stimmt ja auch. Ich bin gestern nur schleppend mit meinem aktuellen Skript vorangekommen.«

Doch die Wahrheit ist, dass die Neugier auf eventuell neue Nachbarn auch von mir langsam Besitz ergreift. Je eher ich mehr darüber erfahre, desto eher kann ich mich auf die neue Situation einstellen. Mit etwas Glück zieht ein vielbeschäftigter Geschäftsmann ein, der eh die meiste Zeit unterwegs ist. Oder eine Familie, die das Haus nur für die Ferien nutzt.

»Wollen wir noch auf einen Kaffee zu Piet?«, fragt Isa und meint damit Piets Stegrestaurant direkt am Strand von Fleesenow.

»Warum nicht?«, antworte ich gedankenverloren.

Kapitel 4

Wenig später

Tom

____________

Diese Art zu leben fühlt sich bereits am ersten Tag in Fleesenow befremdlich an. Ja, ich sollte die Umgebung genießen, gewissermaßen tue ich das auch, denn ich fühle mich noch immer, als wäre ich mitten in einem Postkartenmotiv gelandet. Doch während ich den Schuppen auf dem Hinterhof nach Möbeln für die Terrasse durchstöbere, stelle ich fest, wie wenig dieser neue Alltag mit dem Leben gemeinsam hat, das ich früher geführt habe. Eine Tatsache, die mich eigentlich freuen müsste, die aber immer wieder auch die Schatten der Vergangenheit hervorruft.

Meine Güte, wann hörst du endlich auf damit? Du bist nicht ohne Grund hier. Vergiss das nicht! Warum gestattest du es deinen Dämonen immer wieder, sich in deine Gedanken zu schleichen. Du bist stärker. So viel stärker!

Hinter der Schuppentür sehe ich sie endlich: Vier zusammengeklappte Gartenstühle aus Holz, daneben ein passender Tisch.

Perfekt. Ich klemme mir jeweils zwei Stühle unter jeden Arm und gehe damit zurück zur Terrasse hinter dem Haus. Die pastellblaue Markise habe ich bereits ausgerollt, fest entschlossen, das Beste aus meinem neuen Zuhause herauszuholen. Wenn schon am Meer, dann bitteschön auch mit einem Platz in der ersten Reihe.

Während ich die Stühle aufklappe, höre ich plötzlich das Klappern eines Fahrrads, das auf dem Nachbargrundstück zum Stehen kommt. Erst als ich zur Seite blicke, sehe ich, wie eine Frau ihr Rad auf einem schmalen Asphaltweg vorbei in ihren Garten schiebt.

Eine Frau?

Nein, nicht irgendeine Frau, das ist Christie. Selbst von der Seite erkenne ich sie vom Foto wieder.

Ihre sonst so wilden Locken sehen besonders widerspenstig aus. So, als wären sie feucht gewesen und von der milden Sommerluft getrocknet worden.

Ob sie gerade vom Strand kommt? Ihr luftiges weißes Sommerkleid weckt jedenfalls sofort ein Gefühl von Sommer – falls man dieses Gefühl bei 29 Grad, Meeresbrise und schönstem Sonnenschein tatsächlich noch nicht haben sollte.

Noch hat sie mich nicht entdeckt, also folge ich meinem Instinkt, räuspere mich und rufe ihr ein freundliches »Hallo« zu.

Während sie ihr Rad in einen Schuppen schiebt, der meinem ziemlich ähnelt, zuckt sie zusammen. Meine Stimme scheint sie ernsthaft erschreckt zu haben.

»Hallo!«, ruft sie zurück.

Und da sehen wir uns zum ersten Mal wirklich an. Leicht verwirrt, aber mit zurückhaltendem Lächeln auf den Lippen, kommt sie zum Zaun, ebenso wie ich.

Seltsam. Die ganze Zeit über wusste ich, dass sie nebenan lebt und ich ihr früher oder später begegnen würde. Aber jetzt, wo wir tatsächlich dabei sind, uns kennenzulernen, fühlt sich das Ganze irgendwie merkwürdig an. So, als wäre ich nur ein Zuschauer meines eigenen Lebens – und eines ganz besonderen Moments.

»Schätze wohl, ich bin dein neuer Nachbar.« Ich reiche ihr die Hand. »Ich bin Tom.«

Sie scheint leicht irritiert, erwidert meinen Handschlag allerdings.

»Freut mich, Tom. Ich bin Christie.«

Kapitel 5

Christie

____________

Es stimmt also: Neue Nachbarn! Oder genauer gesagt: Ein neuer Nachbar. Oder ist er nur ein Teil einer Familie?

Unsere Hände halten einander noch immer fest. Fast so, als bräuchten wir beide etwas länger, um die neue Situation zu erfassen.

»Ich war mir nicht sicher, ob wirklich jemand Neues einzieht«, sage ich.

»Keine Sorge«, sagt er freundlich, »ich bin ein relativ angenehmer Nachbar. Ich nerve nicht, zwinge dir keine Gespräche auf und verfolge das Motto: Leben und leben lassen.«

»Klingt gut«, antworte ich mit einem Lächeln.

Doch die Angst vor aufdringlichen Nachbarn ist längst einer gewissen Neugier gewichen. Der Neugier auf einen Mann mit algengrünen Augen, dunklem Bart, der allerdings nicht zu voll ist – und dichtem, schokobraunem Haar, das kurz genug ist, um den Blick auf sein markantes Gesicht freizugeben.

Und erst diese Muskeln! Unter seinem engen Shirt ist mehr als deutlich zu erkennen, wie stark und durchtrainiert er ist.

Doch ich versuche, mir nichts anmerken zu lassen. Normalerweise bin ich nämlich weit davon entfernt, mich von solchen Oberflächlichkeiten beeindrucken zu lassen.

»Wir können ja mal einen Willkommens-Kaffee zusammen trinken«, schlage ich vor. »Oder einen Willkommens-Wein. Je nachdem, wie spät es ist.«

Habe ich das gerade gesagt? Ich, die bis eben noch die allergrößte Angst hatte, jemand könnte ihre idyllische Ruhe stören?

»Da sage ich doch nicht Nein«, antwortet er und schaut mich dabei so intensiv an, dass mir fast schwindelig wird.

Na, das kann ja heiter werden! Wo kommen wir denn hin, wenn mich schon die flüchtige Begegnung mit einem attraktiven Mann derart nervös macht? Vermutlich liegt mein letztes Date einfach schon zu lange zurück, geschweige denn meine letzte richtige Beziehung.

Beziehung. Danilo.

Sofort wandern meine Gedanken zu ihm. Gedanken, die ich eigentlich nicht mehr zulassen wollte und die schon wieder diesen gewaltigen Kloß in meinem Hals zum Vorschein bringen.

»Schön«, sage ich schließlich, während ich mich insgeheim frage, ob ich mit meiner Einladung zu weit gegangen bin. Ich wollte ihn doch eigentlich nur in der Nachbarschaft willkommen heißen.

»Hast du denn jetzt Zeit?«, fragt er plötzlich und bringt mich damit unweigerlich zum Schlucken.

»Ähm … jetzt?« Ich schaue ihn mit großen Augen an.

»Ich habe dich überfallen, sorry.« Da ist es wieder, dieses charmante Lächeln. »Das wollte ich nicht. Aber …«, er kratzt sich am Hinterkopf, »na ja, du bist die erste Nachbarin, die ich kennenlerne. Es ist mein erster Tag hier und … tja, wie soll ich sagen … ich würde gern mehr erfahren.«

»Über mich?« Ich lege die Hand auf meinen Brustkorb.

»Doch nicht über dich.« Er lacht.

»Ähm, natürlich nicht.« Ich spüre das Blut in meinen Kopf schießen. »Sorry, das habe ich wohl falsch verstanden.«

»Wir haben uns doch erst vor einer Minute kennengelernt«, antwortet er. »Da werde ich nicht so dreist sein, dich direkt auszufragen.« Er schiebt lässig die Hände in die Hosentaschen. »Mir ging es eigentlich vor allem um die Gegend hier. Alles, was man so über diese Kleinstadt wissen muss. Wie die Dinge hier halt so laufen. Aber wenn ich dabei auch mehr über dich erfahre, ist das natürlich auch okay.«

Sein Lächeln wirkt unbeschwert und aufrichtig, trotzdem fehlen mir irgendwie die Worte.

Kapitel 6

Tom

____________

Sie wirkt irgendwie verunsichert. Hätte ich ihre unverbindliche Einladung, die sie vermutlich einfach nur aus Höflichkeit ausgesprochen hat, lieber nicht so schnell annehmen dürfen? Mache ich mich damit nicht umso verdächtiger?

Verdächtig? So ein Blödsinn! Erstens führst du ja im Grunde nichts Böses im Schilde und zweitens würde sie in hundert Jahren nicht auf den wahren Grund für dein Auftauchen kommen. Bleib locker, Alter! Um Himmelswillen bleib locker!

»Also?«, hake ich so entspannt wie möglich nach. »Wenn du magst, kannst du gern rüberkommen. Ich habe zwar nur Wasser da, aber das können wir gern auf der Terrasse trinken. Ich habe gerade die Stühle aus dem Schuppen geholt. Da können wir gleich mal testen, ob sie was taugen.«

Ich versuche, so lässig wie möglich rüberzukommen, aber insgeheim frage ich mich schon wieder, ob man Verhalten vielleicht doch etwas zu auffällig ist. Ist es überhaupt nötig, dass ich Christie sofort näher kennenlerne? Ich bin hier, hier in Fleesenow, das war doch alles, worauf es erst einmal ankam.

Und doch wird das Gespräch mit ihr irgendwie zum Selbstläufer.

»Ähm.« Sie räuspert sich. »Warum nicht? Warte, ich komme schnell rüber.«

Während sie ihren Hinterhof verlässt und am Haus vorbei in Richtung Eingangstor geht, um zu meinem Grundstück zu gelangen, wird mir meine eigene Aufdringlichkeit erst so richtig bewusst.

Die Hintergründe für meine Hartnäckigkeit haben nichts mit meiner wahren Persönlichkeit zu tun und erwecken möglicherweise einen Eindruck, den ich nicht machen möchte.

Was, wenn sie es falsch versteht? Was, wenn sie glaubt, dass ich versuche, sie anzubaggern? Sie ist süß, keine Frage. Aber darum geht es hier nicht.

Schon wenig später sehe ich sie hinter der kleinen Pforte neben meinem Haus stehen.

»Da bin ich auch schon«, ruft sie mir zu.

»Tor ist offen«, antworte ich, während ich den letzten der vier Stühle aufklappe.

Sie folgt meinem Ruf und kommt etwas zögerlich, fast schon ein wenig verlegen, auf mich zu.

»Oh«, fällt mir plötzlich ein, »wir haben ja noch gar keinen Tisch. Warte, ich hole ihn mal eben aus dem Schuppen.«

»Soll ich dir helfen?«, fragt sie.

»Nein nein, geht schon. Setz dich schon mal.«

Während ich zum Schuppen gehe, spüre ich ihre Blicke im Augenwinkel. Was ihr wohl gerade durch den Kopf geht?

»Sicher, dass ich nicht helfen soll?«, ruft sie erneut.

»Alles gut.«

Schon wenig später komme ich mit dem Tisch zurück, den ich an nur einem Tischbein festhalte. Eine Tatsache, die sie irgendwie bewundernd zur Kenntnis nimmt. Oder bilde ich mir ihren beeindruckten Blick nur ein? Ist doch nur ein Holztisch, der nicht sonderlich viel wiegt.

»So.« Ich stelle den Tisch auf die Terrasse und platziere die Stühle nach und nach drumherum. »Perfekt, würde ich sagen. Alles ist vorbereitet für ein …« Ich zögere kurz.

»Glas Wasser«, fährt sie grinsend für mich fort.

»Genau.« Ich deute mit der Hand auf einen der Stühle. »Setz dich doch. Ich bin gleich wieder da.«

Tatsächlich nimmt sie endlich Platz.

Seltsam, aber irgendwie hat diese Situation etwas Förmliches. Oder bilde ich mir das nur ein? Liegt es daran, dass ich mehr weiß als sie?

Ruhig bleiben, Tom! Bleib einfach du selbst!

Doch während ich zurück ins Haus gehe, um eine Flasche Wasser aus der Küche zu holen, wird mir klar, dass ich gar nicht mehr so genau weiß, wer ich selbst eigentlich bin. So, als hätte ich mit dem Ausblenden meiner Vergangenheit auch ein Stück von mir zurückgelassen.

»Brauchst du Hilfe?«, höre ich Christies Stimme von der Terrassentür.

»Alles gut«, rufe ich zurück.

Ich nehme eine Flasche aus der Kiste, die – wie einige andere Dinge – bereits bei meiner Ankunft auf mich warteten. Im Wandschrank über der Spüle finde ich Gläser.

Mit der Flasche unter der Armbeuge und den Gläsern in der Hand gehe ich wieder zur Terrassentür. Doch kaum bin ich draußen angekommen, höre ich mein Handy auf dem Wohnzimmertisch klingeln.

»Oh«, sage ich leicht verwirrt, während ich die Flasche öffne, »wer ruft denn jetzt an?«

Ich bin etwas unschlüssig, was ich machen soll, doch Christie kommt meiner Unsicherheit zuvor.

»Geh ruhig ran«, sagt sie, während sie mir die Flasche abnimmt, »ich weiß mich schon zu beschäftigen.«

Sie strahlt bis über beide Ohren, als sie das sagt und für einen Moment kann ich mir vorstellen, was dieses Lächeln beim ein oder anderen Mann bewirken kann. Ein Lächeln, das eventuell Dinge in Gang setzt, die Christie selbst gar nicht bewusst sind.

Denk nicht so viel über sie nach und geh jetzt an das verdammte Telefon!

Wie wach geworden aus einem seltsamen Tagtraum gehe ich also zurück ins Wohnzimmer und zucke innerlich zusammen, als ich den altvertrauten Namen auf dem Display sehe.

Soll ich wirklich rangehen? Ausgerechnet jetzt?

Andererseits könnte es ihn unnötig misstrauisch machen, wenn ich nicht erreichbar bin.

Nach kurzem Zögern nehme ich den Anruf schließlich entgegen, gehe dabei aber instinktiv in die Küche, um außer Hörweite zu sein.

»Hallo«, sage ich. Einfach nur Hallo.

»Ich dachte schon, du nimmst gar nicht mehr ab«, antwortet er.

»Ist halt mein erster Tag hier«, entgegne ich so ruhig wie möglich, »da gibt es einiges zu tun.«

»Schon klar. Sollte kein Vorwurf sein. Ich war nur überrascht.«

Seine Stimmung ist schwer herauszuhören, trotzdem habe ich im ersten Moment das Gefühl, dass er von Christies Anwesenheit weiß.

»Was ist denn los?«, frage ich. »Ich habe gerade nicht so viel Zeit.«

»Nicht so viel Zeit? Soweit ich weiß, bist du im Ruhestand, mein Lieber. Deine anstrengenden Arbeitsjahre liegen hinter dir.«

»Kommt drauf an, wie man es betrachtet.«

»Ich wollte nur hören, ob du gut angekommen bist.«

»Ja, bin ich. Hat alles prima geklappt. Danke.«

»Ich will halt, dass du dich wohlfühlst. Nur dann kann ich mich hundertprozentig auf dich verlassen.«

»Das kannst du so oder so. Wir haben einen Deal – und daran halte ich mich auch.«

»Schön.«

»Was hast du denn erwartet?« Ich lehne mich gegen den Kühlschrank. »Dass sich die Dinge mit meinen Umzug wie von Zauberhand ändern? Du weißt, dass du mir vertrauen kannst. Und ich halte mein Wort immer.«

»Ich weiß.«

»Wozu dann der Kontrollanruf?«

»Es ist kein Kontrollanruf, Tom. Ich … ich mache mir halt nur so meine Gedanken. Gar nicht so sehr um dich, sondern um … na ja …«

Er verstummt. Wir hatten das Thema bereits einige Male, sodass ich gut genug weiß, worauf er anspielt.

»Ich habe alles im Griff«, versuche ich, ihn zu beruhigen. »Und falls du es ganz genau wissen willst: Christie ist sogar gerade hier.«

»Wie meinst du das?« Er wird panisch. »Hört sie uns etwa gerade zu?«

»Natürlich nicht. Sie ist draußen auf der Terrasse.«

»Auf der … wie … wie meinst du das? Es ist doch gerade mal dein erster Tag. Wie kann sie da auf deiner Terrasse sein?«

»Ja, ich weiß. Es klingt verrückt. Aber wie es der Zufall wollte, haben wir uns bereits kennengelernt. Gerade vorhin.«

»Und da ist sie gleich mit zu dir gekommen?«

»Na ja, dass wir mal einen Kaffee zusammen trinken, so zum Kennenlernen, war ihre eigene Idee. Dass ich den Vorschlag direkt angenommen habe, habe ich selbst nicht geplant, aber … wir hatten halt beide gerade Zeit und …«

»Moment mal«, unterbricht er mich, »sie hat einfach aus Freundlichkeit was von einem gemeinsamen Kaffee gesagt und du bist direkt darauf eingegangen? Gleich am ersten Tag?«

»Wie gesagt, es hat sich halt so ergeben.«

Er atmet schwer ein und wieder aus. Dass ihm diese unerwartete Entwicklung zu schaffen macht, ist deutlich zu spüren.

»Findest du es nicht etwas auffällig?«, fragt er schließlich nach einer Weile.

»Nein, ganz und gar nicht. Wir sind doch jetzt Nachbarn, da trinkt man halt mal einen Kaffee zusammen. Oder eben ein Glas Wasser.«

»Ja, schon. Aber dass du sie gleich am ersten Tag zu dir eingeladen hast. Ich … ich weiß nicht, Tom. Nicht, dass sie am Ende noch misstrauisch wird.«

»Misstrauisch? Wie soll sie denn bitte auf die wahren Hintergründe kommen?«

»Ja, stimmt schon, aber …«

Er gerät wieder ins Stocken. Dass ich selbst Zweifel hatte, Christie bereits direkt nach dem Kennenlernen zu mir einzuladen, behalte ich für mich. Denn um ehrlich zu sein, weiß ich selbst nicht genau, was mich dazu gebracht hat.

War es mein Instinkt? Oder ihr hübsches Lächeln, das meinen Verstand kurzzeitig ausgeschaltet hat?

»Eigentlich dachte ich, meine Einladung wäre auch in deinem Sinne«, sage ich schließlich.

»In meinem Sinne?«

»Na ja«, antworte ich, »je eher Christie und ich uns kennenlernen, desto besser. Ich dachte, du willst, dass sie Vertrauen zu mir fasst.«

»Vertrauen, ja. Aber …«

»Aber was?«

Wieder schweigt er. Offenbar denkt er ganz genau darüber nach, welche Worte die richtigen sind.

»Du solltest dabei nicht den Hauptgrund für deinen Aufenthalt in Fleesenow aus den Augen verlieren.«

»Ich denke an nichts anderes«, antworte ich so gelassen wie möglich.

»Schön«, entgegnet er wortkarg.

»Schön.«

»Dann sind wir uns ja einig.«

»Absolut.«

»Du solltest wieder zu Christie gehen. Sonst wird sie wirklich misstrauisch.«

»Dass wir immer noch telefonieren, liegt nicht an mir.«

»Schon okay.«

»Du kannst mir vertrauen. Das gilt nach wie vor.«

»Gut zu wissen. Halte mich auf dem Laufenden.«

»Aber doch nicht über jede Kleinigkeit, oder?«

»Nein, das nicht. Aber am Anfang gibt es sicher noch etwas mehr zu bereden. Wenn du dich erst mal eingelebt hast, werden wir sicher nicht mehr so oft telefonieren müssen.«

»Mach dir keine Sorgen. Ich habe alles im Griff.«

»Also dann …«

»Mach’s gut.«

Genervt schiebe ich das Handy in die Hosentasche meiner Jeans, ertappe mich aber selbst bei aufkeimenden Zweifeln.

Hat er vielleicht doch recht? War das mit der Einladung doch eine eher schlechte Idee? In dem Moment fühlte es sich einfach richtig an – und wenn ich eines im Laufe meiner Berufserfahrung gelernt habe, dann, dass ich immer auf meinen Instinkt hören sollte.

Instinkt hin oder her, eine Frau sollte man niemals warten lassen. Egal, ob im Job oder im Privatleben.

Ich atme tief durch und gehe schließlich durchs Wohnzimmer zurück auf die Terrasse, wo sie mich erneut mit diesem bezauberndem Lächeln empfängt.

»Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat.« Ich ziehe den Stuhl neben ihr zurück und setze mich.

»Macht doch nichts«, antwortet sie – und scheint dabei aufrichtig.

Kapitel 7

Christie

____________

Mit wem er wohl so lange gesprochen hat? Vielleicht mit einer Frau?

Warum zum Teufel machst du dir denn über so etwas Gedanken? Mit wem oder worüber er spricht, kann dir doch im Grunde egal sein.

Doch während er lächelnd nach dem Glas greift, das ich ihm mit Wasser befüllt habe, ertappe ich mich bei einer gewissen Neugier.

Allein scheint er ja zu wohnen, sonst hätte er eine Familie oder Partnerin doch längst erwähnt, oder?

Und wieder stellst du dir Fragen, die du dir besser nicht stellen solltest.

»Das Telefonat konnte leider nicht warten«, seufzt er. »Aber jetzt bin ich ganz für dich da.«

Ganz für mich da? Was meint er denn damit schon wieder?

Meine Güte, worüber du dir wieder Gedanken machst! Bleib doch locker, Christie! Ja, er sieht gut aus. Ja, er ist charmant. Ja, er könnte zweifellos für die Titelseite eines Traummann-Fotokalenders posieren. Aber das alles sind keine Gründe, um jetzt nervös zu werden. Auch er kocht nur mit Wasser.

»Schön«, ist alles, was ich herausbekomme – und ärgere mich im selben Moment über mein peinliches Gestammel. Vermutlich wird es doch höchste Zeit, dass ich wieder einen Nachbarn bekomme, um öfter unter Menschen zu sein.

Ja, Isa und ich sehen uns häufig und auch meine Mutter besuche ich regelmäßig – aber darüber hinaus bin ich einfach viel zu gern allein.

»Also?« Tom lehnt sich gut gelaunt mit seinem Glas zurück. »Erzähl mir von dieser bezaubernden kleinen Stadt. Was muss ich wissen?«

»Na ja«, ich stelle mein Glas zurück auf den Tisch, »wenn du als Fremder nach Fleesenow ziehst, musst du dich vermutlich eher fragen, was Fleesenow über DICH wissen sollte.«

»Oh je.« Er hebt die Augenbrauen. »Das klingt ja gefährlich.«

»Es ist halt eine Kleinstadt, da kennt jeder jeden.« Ich grinse. »Das hat manchmal Vorteile, aber nervt natürlich auch hin und wieder.«

»Trotzdem bin ich fest entschlossen, mich der Herausforderung zu stellen, ein echter Fleesenower zu werden.«

»Na, da hast du dir aber etwas vorgenommen.« Ich lache.

»Ist mein Vorhaben denn so absurd?« Er verzieht die Mundwinkel scherzhaft.

»Nein nein«, ich winke ab, »wer sich hier niederlässt, lebt praktisch im Paradies. Es ist nur …« Ich verstumme.

»Was?«, hakt er nach.

»Na ja, Kleinstadt eben.« Ich nehme einen Schluck Wasser. »Die Leute werden dich erst mal ziemlich genau beobachten und alles über dich erfahren wollen.«

Dass ich in diesem Moment selbst eine dieser Personen bin, die alles über ihn erfahren möchten, behalte ich dabei für mich. Schlimm genug, dass ich tatsächlich ein wenig nervös in seiner Gegenwart bin. Da muss ich ihm meine wahren Gedanken nicht direkt auf die Nase binden.

»Und wenn schon«, er zuckt mit den Schultern, »mein Gewissen ist rein. Sollen sie doch reden.«

Die Neugier hämmert beharrlich in meiner Brust. Eine Neugier, wie ich sie eigentlich gar nicht von mir kenne. Und doch bringt sie mich dazu, eine Frage zu stellen, die ich für gewöhnlich keinem Fremden stellen würde.

»Wenn dein Gewissen so rein ist«, beginne ich schließlich, »magst du doch sicher auch verraten, was ein Mann, der sich so ein tolles Haus leisten kann, beruflich macht.«

»Dasselbe könnte ich dich auch fragen«, er lächelt geheimnisvoll, »immerhin hast du ja selbst ein Haus hier.«

»Könntest du, ja.« Ich setze ebenfalls einen verschwörerischen Blick auf. »Aber ich habe nun mal zuerst gefragt.«

Er lacht. »Stimmt.«

Dann schweigt er. Ein Schweigen, das ich nicht so wirklich einordnen kann. Verrät er mir nun, was er macht und warum er hier ist oder ist er ein wandelndes Geheimnis?

Verdammt! Wenn er mit diesem schelmischen Grinsen zu Boden guckt und sich offenbar seinen Teil denkt – worüber auch immer –, sieht er noch umwerfender aus.

Ich sollte echt aufhören, mir so viele Gedanken über sein Aussehen zu machen. Er ist heute erst hergezogen. Heute! Und ich weiß nicht das Geringste über ihn.

Kapitel 8

Tom

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»Wenn dein Gewissen so rein ist, magst du doch sicher auch verraten, was ein Mann, der sich so ein tolles Haus leisten kann, beruflich macht.«

Ihre Frage hallt noch immer nach.

Lass dir nichts anmerken! Antworte so ehrlich wie möglich auf ihre Frage – zumindest mit dem Maß an Ehrlichkeit, das du ihr bieten kannst.

»Na ja«, antworte ich schließlich, »wenn du es ganz genau wissen willst: Ich war Bodyguard.«

»Bodyguard?« Sie wird hellhörig. »Ich glaube, ich habe noch nie jemanden kennengelernt, der von Beruf Bodyguard ist.«

»Tja, irgendwann ist immer das erste Mal, oder?« Ich versuche, so lässig wie möglich zu wirken.

»Und wenn du Bodyguard sagst«, will sie wissen, »was genau meinst du dann damit? Wen hast du beschützt? Promis und so? Star-Fußballer?«

»Damit triffst du die Sache ziemlich genau«, antworte ich. »Ich habe tatsächlich auch schon Starspieler betreut. In den letzten Jahren war ich aber vor allem in London aktiv, zum Beispiel für Jolene Jensen oder James Gerald. Manchmal waren es aber auch Klienten, die nicht prominent, sondern einfach nur steinreich waren und aus anderen Gründen Angst um ihre Sicherheit hatten. Du würdest staunen, wie viele Leute Bodyguards engagieren.«

»Moment mal.« Sie schaut mich mit geweiteten Augen an. »Du hast für James Gerald gearbeitet? Nicht dein Ernst!«

»Doch.« Ich zucke mit den Schultern. »Aber er ist nicht halb so aufregend, wie du vielleicht denkst. Zumindest war die Arbeit an seiner Seite nicht sonderlich aufregend. Irgendwie habe ich mich immer ein bisschen überflüssig gefühlt.«

»Weil er selbst so ein Muskelprotz ist?« Sie hebt grinsend die Augenbrauen.

»Vermutlich.« Ich lache und wundere mich im selben Moment über die Redseligkeit, die Christie in mir auslöst. Eine Redseligkeit, die ich selbst gar nicht von mir kenne, schon gar nicht in Bezug auf meine Arbeit.

»Das klingt alles echt wahnsinnig aufregend«, staunt sie, »aber was hat dich ausgerechnet hierher verschlagen? Du hast ja gesagt, du warst Bodyguard. Was machst du dann jetzt? Und warum ausgerechnet hier in dieser kleinen Stadt?«

Ich hätte ihre Frage erwarten müssen und doch zögere ich einen Moment, weil ich nicht so recht weiß, was ich antworten soll.

Mein Schweigen scheint sie zu irritieren, denn ich sehe, wie ihre Wangen einen leicht rosigen Hauch annehmen.

»Tut mir leid«, sie kratzt sich am Hinterkopf, »normalerweise bin ich nicht so neugierig. Im Gegenteil: Am liebsten habe ich eigentlich meine Ruhe und interessiere mich nicht so sehr für meine Nachbarn. Und jetzt stelle ich dir all diese Fragen und …«

Sie stockt. Offensichtlich ist sie peinlich berührt. So sehr, dass sie gar nicht über den wahren Grund für mein Schweigen nachdenkt.

Gut für mich – und doch tut es mir leid, sie derart verwirrt zu haben.

»Du bist nicht zu neugierig«, antworte ich schließlich. »Außerdem bereiten mich Fragen wie deine vermutlich am allerbesten auf das vor, was mich hier in Fleesenow erwartet.«

»Kann sein.« Sie streicht sich lächelnd eine Haarsträhne hinters Ohr. »Trotzdem passt diese Neugier eigentlich gar nicht zu mir. So … so bin ich sonst nicht. Echt nicht.«

Wieder senkt sie den Blick.

Mache ich sie etwa verlegen? Oder irgendwie nervös?

Seltsamerweise ertappe ich mich auch selbst bei einer gewissen Unsicherheit. Liegt es am wahren Grund für meinen Umzug nach Fleesenow? Oder ist es Christie selbst, die mich so verwirrt?

Meine Güte, nun beruhig dich mal wieder! Du bist Profi – schon vergessen? Also verhalte dich zum Teufel auch endlich wie einer!

»Ich kann dein Interesse schon verstehen«, sage ich schließlich. »Immerhin lernt man nicht alle Tage einen Bodyguard kennen.« Ich zögere kurz. »Ich meine, einen ehemaligen Bodyguard. Aber im Grunde ist es ein Beruf wie jeder andere.«

Sie sieht mich fragend an und ich kann förmlich sehen, wie angestrengt sie darüber nachdenkt, welche Frage sie stellen und welche sie besser unterdrücken sollte.

Oder gibt es einen anderen Grund für ihren intensiven Blick?

Kapitel 9

Christie

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Bilde ich es mir nur ein oder zögert er die Antwort auf meine Frage hinaus?

Klar, ich hätte vermutlich nicht so neugierig sein sollen, aber so schlimm war meine Frage nun auch wieder nicht. Oder doch?

Wieder greife ich nach meinem Wasserglas und nehme einen großen Schluck, als wäre es sehr wichtig, es so schnell wie möglich zu leeren.

»Um ehrlich zu sein«, antwortet er schließlich nach einer Weile, »bin ich jetzt in Ruhestand.«

»Im Ruhestand?« Ich schlucke. »Aber du bist doch nicht älter als Anfang oder Mitte 30. Oder jünger?«

Dass man das Alter einer Frau nicht schätzt, ist allgemein bekannt. Aber auch bei Männern sollte man das vermutlich nicht tun, wie mir in diesem Moment klar wird. Seltsam, aber dieser Tom bringt mich dazu, von einem Fettnäpfchen ins nächste zu springen.

»31«, antwortet er mit verschmitztem Grinsen.

»31«, wiederhole ich räuspernd. »Dann lag ich ja ungefähr richtig.«

»Stimmt.« Er lehnt sich lässig zurück. »Vermutlich ist Ruhestand auch das falsche Wort. Vielleicht trifft es Pause etwas besser.« Er weicht meinem Blick aus, als würde er etwas verbergen.

Tausend Fragen gehen mir durch den Kopf: Wie kann er sich dieses Haus leisten, wenn er doch im Ruhestand ist? Hat er als Bodyguard etwa so gut verdient, dass er für immer ausgesorgt hat? Oder war ihm einer seiner reichen Auftraggeber irgendetwas schuldig? Sein Leben zum Beispiel? Ein Leben für ein Haus am Meer – ist vielleicht kein schlechter Tausch.

Deine Fantasie geht mit dir durch, Christie! Vielleicht solltest du nicht als Übersetzerin von Romanen arbeiten, sondern eigene Romane schreiben – die Ideen dafür hast du jedenfalls.

»Sagen wir so«, fährt er nach einer Weile fort, »ich muss dem anstrengenden Bodyguard-Job glücklicherweise nicht mehr nachgehen, um über die Runden zu kommen. Hier kann ich endlich zur Ruhe kommen. Allein der Gedanke daran lässt mich zuversichtlich in die Zukunft blicken.«

Ich habe das Gefühl, ihn regelrecht anzustarren und weiß selbst nicht genau, warum.

»Erzähle ich dir mal in Ruhe«, er macht eine wegwerfende Handbewegung, »wenn wir uns besser kennen.«

Was will er mir in Ruhe erzählen? Wie er sich dieses Haus leisten kann? Ob er wirklich nicht mehr arbeiten muss? Und warum interessieren mich diese Dinge überhaupt? Normalerweise fahre ich doch streng nach dem Prinzip: Leben und leben lassen. Was andere tun, sich leisten oder nicht leisten können, ist mir doch sonst immer vollkommen egal.

Liegt es vielleicht speziell an diesem Mann, dass ich so neugierig auf die Hintergründe seines Umzugs bin? Dass mich einfach alles an ihm mehr interessiert, als es bei anderen Menschen der Fall ist?

Ja, es stimmt vermutlich: Ich bin wohl schon viel zu lange Single. So lange, dass schon das vollkommen unschuldige Gespräch mit einem attraktiven Mann ausreicht, um mich völlig aus dem Konzept zu bringen.

Ob Danilo schuld an meiner gestörten Wahrnehmung ist? Seit dem Ende unserer Beziehung habe ich mich oft bei Gedankengängen erwischt, die ich früher nicht kannte.

Danilo? Auf keinen Fall lässt du zu, dass sich dieser Mistkerl auch nur eine Sekunde in deinen Gedanken herumtreibt. Du hast schon viel zu viel kostbare Lebenszeit an ihn verschwendet.

»Was ist?«, fragt Tom plötzlich. »Hat es dir die Sprache verschlagen?«

Erst jetzt wird mir klar, wie lange ich geschwiegen und mich in meinen eigenen Gedanken verloren habe.

»Ähm, nein.« Ich hebe selbstbewusst das Kinn. »Alles gut. War nur gerade in Gedanken. Stecke gerade mitten in einem Auftrag und muss nachher gleich weitermachen.«

»Auftrag«, wiederholt er aufmerksam. »Darf ich fragen, was du beruflich machst?«

Sein Interesse wirkt aufrichtig und freut mich irgendwie. Dann bin ich also nicht die Einzige von uns zu beiden, die neugierig ist.

»Ich bin Übersetzerin«, antworte ich.

»Oh. Und was übersetzt du so?«

»Hauptsächlich Romane. Aus dem Deutschen ins Englische und umgekehrt. Die Mischung ist recht bunt.«

»Klingt nach einem wirklich interessanten Job.«

»Na ja, sicher nicht so interessant wie Bodyguard von James Gerald.«

»Ach, du bewertest meine Vergangenheit maßlos über.« Er winkt ab. »Im Grunde war es auch nur ein Job wie jeder andere auch.«

Seine Vergangenheit? Ist das wirklich sein Ernst? Dass man so ein aufregendes Leben einfach hinter sich lässt? Aber sicher ist es auch ziemlich anstrengend, seine Aufmerksamkeit zu hundert Prozent auf andere Menschen zu lenken, nur um für ihren Schutz zu sorgen. Wo bleibt da das Privatleben? Ob er während dieser Zeit auch eine Beziehung hatte?

Was ist nur los mit dir, dass du dir all diese Gedanken um einen Fremden machst? Hallo? Er sitzt direkt neben dir – was auch immer du denkst oder wissen willst, du kannst es ebenso gut auch laut aussprechen.

»Alles okay?«, fragt er mit wachsamem Blick, als mein Schweigen wieder mal zu lange andauert.

»Ja.« Ich räuspere mich. »Ja, natürlich. Aber … na ja … ich habe noch eine Menge zu tun. Ich glaube, ich gehe jetzt besser wieder rüber.«

»Jetzt schon?« Er wirkt beinahe enttäuscht. »Aber du bist doch gerade erst gekommen.«

»Du hast doch nicht vor, morgen schon wieder umzuziehen, oder?« Ich stehe auf.

»Nein, das nicht.« Er erhebt sich ebenfalls.

»Dann werden sich bestimmt noch viele Gelegenheiten ergeben, sich besser kennenzulernen«, antworte ich. »Ähm … na ja … und eben mehr über deine neue Heimat zu erfahren.«

»Du hast sicher recht.« Er schiebt die Hände in die Hosentaschen und sieht mich irgendwie erwartungsvoll an.

»Tut mir leid, dass ich nicht mehr Zeit habe«, entschuldige ich mich.

Doch die Wahrheit ist, dass ich mich einfach nur dieser seltsamen Stimmung entziehen möchte, in die mich das Gespräch mit ihm versetzt hat. Eine Stimmung, die ich nicht so recht verstehe und die ich erst besser einordnen möchte, bevor ich mich wieder mit diesem Mann unterhalte. Denn die Tatsache, dass ich mich in seiner Gegenwart wie ein nervöser Teenie fühle, gefällt mir ganz und gar nicht.

»Schon okay«, winkt er ab, »ich habe ja selbst noch eine Menge zu tun.«

Wieder schaut er mich mit diesen Wahnsinnsaugen an, die mich total aus dem Konzept bringen. Ehe ich mich erneut darin verliere, wende ich mich ohne weitere Erklärung ab und gehe zurück zum kleinen Tor, um sein Anwesen wieder zu verlassen.

»Bis dann«, rufe ich, ohne mich noch einmal umzudrehen. Lässig und beinahe schon cool, auch wenn ich mich im Inneren ganz und gar nicht so fühle.

Ob er mir meine Verunsicherung anmerkt?

Oh Mann! Ich sollte echt mehr unter Leute gehen, wenn mich eine vollkommen unschuldige Unterhaltung mit dem neuen Nachbarn schon total verwirrt.

»Mach’s gut«, ruft er mir nach.

Und jetzt ertappe ich mich doch dabei, noch einmal über den Gartenzaun zu blicken, als ich bereits wieder auf meinem Grundstück bin.

Er lächelt, während er die Hand hebt und dabei die Stühle und den Tisch mit einem Lappen reinigt. Offenbar ist ihm erst jetzt aufgefallen, dass die Gartenmöbel noch ziemlich verstaubt waren. Eine Tatsache, die ich selbst gar nicht bemerkt habe, so abgelenkt, wie ich von Toms unerklärlicher Ausstrahlung war.

»Mach’s gut«, wiederhole ich, während ich unweigerlich lächeln muss. »Und weiterhin viel Spaß beim Ankommen in Fleesenow.«

»Werde ich haben! Danke.«

Kapitel 10

Später am Abend

Tom

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Verdammtes Instagram! Schon wieder habe ich eine geschlagene halbe Stunde damit verbracht, mir irgendwelche Fotos von ehemaligen Klienten anzuschauen und damit alte Wunden aufzureißen. Wunden, die ich hier am Meer doch endlich heilen lassen wollte. Ich wollte mich besser fühlen und alles, was schiefgelaufen ist, hinter mir lassen. Warum quäle ich mich dann selbst immer wieder auf diese Weise?

Wütend lege ich mein Handy zur Seite und gehe zum Fenster meines Schlafzimmers. Eines Zimmers, das sich noch immer fremd anfühlt.

Er hat an alles gedacht, auch Bettwäsche und Laken hat er ins Haus bringen lassen. Aber von wem eigentlich? Er selbst wird doch sicher nicht im Haus gewesen sein. Dafür macht er ein viel zu großes Geheimnis aus allem und würde es nicht riskieren, dass Christie oder jemand anderes ihn hier sehen könnte.

Oder?

Ich versuche, die Gedanken an ihn zu verdrängen und lasse meinen Blick in Richtung Strand wandern. Von hier aus hat man eine beinahe surreal schöne Aussicht. Kaum zu glauben, dass dies von nun an mein täglicher Ausblick sein wird.

Aber für wie lange? Für immer? Oder ist das alles doch nur ein schöner Traum? Ein Traum, für den ich einen zu hohen Preis zahle?

Was ist nur los mit mir? Wenn ich mich nicht gerade mit Fotos auf Instagram foltere, die mich an mein eigenes Versagen erinnern, dann bestrafe ich mich mit Selbstzweifeln über die Entscheidung, nach Fleesenow zu kommen.

Werde ich mir jemals wieder sicher sein in meinen Entscheidungen und irgendwann wieder auf mein Bauchgefühl hören, so wie ich es sonst immer getan habe? Früher konnte ich mich doch immer darauf verlassen.

Ich war doch vor allem in der Hoffnung hergekommen, endlich so etwas wie ein normales Leben zu führen. Einen Neuanfang zu wagen.

Und jetzt? Fühle ich mich doch nur wie zwischen den Stühlen. Als wäre ich gefangen zwischen Vergangenheit und Zukunft, ohne dabei wirklich in der Gegenwart zu existieren. Ergibt das einen Sinn?

Das Vibrieren des Handys reißt mich aus den Gedanken. Als ich mich umdrehe und es von der Bettdecke nehme, erkenne ich den altvertrauten Namen.

Im ersten Moment spiele ich mit der Idee, mich schlafend zu stellen. So zu tun, als hätte ich den Anruf nicht gehört. Aber schon im nächsten Augenblick wird mir klar, dass ich dieses Gespräch damit nur hinauszögern würde.

Nach kurzem Innehalten nehme ich den Anruf schließlich entgegen.

»Hey«, seufze ich. »Hätte nicht gedacht, dass wir uns heute noch mal hören.

---ENDE DER LESEPROBE---