Borengar - Buch 1-3 - Patrick Huber - E-Book
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Borengar - Buch 1-3 E-Book

Patrick Huber

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Beschreibung

Der frischgebackene Runenkrieger Borengar wird ausgesandt, unheimlichen Vorkomnissen tief unter dem Königreich der Zwerge auf den Grund zu gehen. Etwas heimtükisches lauert dort und manipuliert den Geist eines Jeden, der es wagt die Stollen zu betreten. Wird Borengar's Scharfsinn und sein Geschick mit der Axt ausreichen, das Grauen in der Tiefe ans Licht zu bringen, oder wird das Böse Einzug in die stolzen Hallen der Zwerge halten? Dieses Buch fasst die ersten drei Bände von Meister der Runen zusammen. Diese sind Teil einer Reihe von Kurzgeschichten rund um die Runenkrieger, Elitekämpfer der Zwerge. Sie sind Krieger, Gelehrte und Magier in einem. Wir lernen einen der wichtigsten Charaktere kennen und begleiten ihn auf seiner ersten Mission im Dienste der Runenkrieger. Jeden Monat erscheint eine weitere Kurzgeschichte über die Meister der Runen.

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Seitenzahl: 79

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Inhaltsverzeichnis

Borengar - Buch 1

Borengar - Buch 2

Borengar - Buch 3

Danksagung

Impressum

Patrick Huber

Meister der Runen

Borengar Buch 1-3

Cover: Ireth Ancalimë

Für meine liebe Frau. Ohne dich wäre das alles nicht möglich gewesen.

Borengar - Buch 1

Gegenwart

“Verdammter Bursche, konzentrier dich gefälligst!”, brüllte Borengar seinen Schüler an.

“Das hier ist keine Inventarliste für eine Werkstatt! Weißt du, was dein dummer Fehler angerichtet hätte?”

Kalin wurde in seinem Stuhl immer kleiner und kleiner. Unbewusst zog er den Kopf schützend zwischen die Schultern und schüttelte stumm den Kopf.

“Du hast diesen Strich hier vergessen!”, erläuterte der Alte und zog mit seiner Feder eine weitere Linie auf dem Pergament.

“Und hier stimmt der Winkel nicht. Du hast aus Thurisaz die Rune Eowaz gemacht. Damit würde der Bannspruch eine ganze Herde wild gewordener Pferde am Eintreten hindern, aber nicht einen einzigen, verdammten Riesen!”

Wutschnaubend wirbelte Borengar mit klimpernden, bronzenen Bartperlen herum und zog, ohne lange zu zögern, einen riesigen Wälzer aus dem hohen Bücherregal hinter sich. Auf dem Einband prangten die goldenen Worte: Gar mannigfaltige Banne und Schutzzauber gegen garstige Kreaturen. Der Foliant hatte die Größe einer marmornen Wegplatte - und beinahe auch dessen Gewicht. Blitzschnell schoss der Arm des alten Zwerges herum und das Buch klatschte laut gegen die linke Wange Kalins.

“Du weißt, wie diese Rune geschrieben wird!”, brüllte Borengar, der allmählich in Fahrt kam.

“Du musst dich nur konzentrieren!”

Das Buch klatschte gegen die rechte Wange.

“Wenn du dich nicht konzentrierst, sterben Zwerge! Gute, tapfere, aufrichtige Zwerge!”

Das Buch knallte von oben auf den Schädel.

“Benutze deinen Verstand! Beherrsche dich!”

Schwer atmend donnerte er das Buch auf den Tisch und das Pergament flatterte davon.

“Lies das bis morgen! Und dann schreibst du mir diesen Bann nochmal auf. Und dieses Mal machst du besser keinen Fehler, denn ich werde persönlich ein paar Riesen auftreiben, um deine Arbeit zu testen.”

“Bis morgen? Aber Meister, ich habe nachher noch Kampftraining!”, begehrte der Rotzlöffel auf.

Borengar hatte schon hundert verschiedene Lehrlinge unterrichtet und die Sprüche und Ausflüchte waren immer die selben. Er stemmte seine beiden massigen Arme auf das Schreibpult des Jungen, beugte sich zu dessen bartlosem Gesicht herab und knurrte leise:

“Dann liest du eben bis zum Morgengrauen.”

Mit einer unwirschen Kopfbewegung entließ er den Burschen, der das Buch hochhievte und so schnell er konnte in Richtung Exerzierplatz flüchtete.

“Der Junge bringt mich noch ins Grab”, grummelte Borengar vor sich hin.

Zu seiner Zeit hatten sich die jungen Zwerge darum gerissen, in die Reihen der ehrwürdigen Runenkrieger aufgenommen zu werden. Sie waren die Elite ihres Volkes. Ihr Verstand musste genauso scharf sein wie ihre Klingen und ihre Magie so raffiniert wie ihre Kriegskunst. Die drei Obersten des Ordens waren Teil des Rates, der dem König persönlich zur Seite stand.

Heute jedoch jammerten die Adepten permanent über das Pensum, die Verantwortung, die Schläge, das grelle Sonnenlicht über Tage, die Dunkelheit in den Minenstollen. Er war da ganz anders. Er war sich schon in seinen jungen Jahren der Pflicht und der enormen Verantwortung, die auf seinen Schultern lastete, bewusst gewesen… Gedankenverloren strich er sich durch den langen, geflochtenen Bart. Er erinnerte sich, als wäre es gestern gewesen…

Vergangenheit

Borengar schritt durch die Halle der Elemente. Der riesige Raum war aus dem uralten Granit des Berges gehauen worden, dessen natürliche Schönheit nicht verdeckt worden war. Das hohe Gewölbe wurde von mehreren massiven Säulen desselben Gesteins gestützt, welche über und über mit Inschriften bedeckt waren. Vom Eichentor aus führte ein langer, roter Teppich an die Stirnseite der Halle, wo die drei obersten Runenkrieger auf einem Podest standen und dem jungen Zwerg entgegenblickten.

Zur Linken und zur Rechten standen Reihe um Reihe die Runenkrieger des Zwergenreiches versammelt und riefen seinen Namen. Borengar stolzierte einher, die Brust unter seinem Kettenhemd geschwellt, den Helm unter den linken Arm geklemmt. Die rechte Hand ruhte auf der Axt an seinem Gürtel.

Nach einhundert Schritten war er endlich am Podest angekommen.

Mit vor Ehrfurcht zittrigen Händen legte er seinen Helm auf die erste Stufe des Podestes, kniete nieder und zog seine Axt. Er legte die Waffe auf seine offenen Handflächen, senkte den Kopf und bot die Waffe den Anführern seines Ordens dar.

“Borengar aus dem Hause der Kupferschmiede”, sprach Halfdan Ogerwurf, der erste unter den Runenkriegern, mit lauter klarer Stimme. “Du hast zehn Jahre lang die Runen, das Wissen unseres Volkes und die Kriegskunst studiert, so wie es das Gesetz verlangt?”

“Das habe ich, Fürst der Runen.”

“Du hast das Gebirge verlassen und fünf Jahre lang die Welt bereist, wie es das Gesetz verlangt?”

“Das habe ich.”

“Du bist unversehrt zurückgekehrt, das alleine ist schon eine bemerkenswerte Leistung. Doch bemerkenswert alleine genügt nicht.”

Nervös räusperte Borengar sich.

“Ich habe das Dorf Grünberg von einem Nekromanten befreit.”

“Ist das wahr? Wer verbürgt sich dafür?”, fragte Halfdan und blickte zu Borengars langjährigem Lehrmeister.

Dieser stand links von seinem Schüler in der vordersten Reihe der Krieger und trat nun einen Schritt nach vorne, um zu antworten.

“Ich, Ragnar Stahlsänger, verbürge mich für die Taten und die Fähigkeiten dieses Adepten.”

“Damit ernenne ich dich zu einem Runenkrieger. Du wirst Björns Gruppe zugeteilt. Möge der göttliche Schmied mit dir sein, Bruder.” Damit ergriff Halfdan Borengars Axt und zog ein Messer aus seinem Gürtel. Mit schnellen, geübten Bewegungen ritze er eine Segnung in den Griff der Waffe und gab sie dem frisch gebackenen Runenkrieger zurück. Ein anderer Krieger überreichte ihm noch den grau-blauen Waffenrock seiner Zunft und eilig streifte der junge Zwerg ihn sich über.

“Komm her, Borengar”, sagte Hauptmann Björn. Nach der Ernennung war Borengar in eine der Kasernen des Ordens gezogen und hatte sich in der Waffenkammer gemeldet. Björn, ein großer und sehniger Zwerg mit dunkelbraunen, kurzen Haaren winkte ihn an einen Tisch heran, auf dem eine Karte des Zwergenreiches lag.

“Ich habe eine Aufgabe für dich. Sieh hier. Auf der dritten Ebene gibt es Probleme. Vor drei Monaten sind in einigen der Stollen Arbeiter einfach spurlos verschwunden. In den Wochen danach gab es immer häufiger seltsame Vorkommnisse. Einige der Minenarbeiter sind völlig grundlos ausgerastet und haben ihre Kumpel angegriffen. Sie töteten und verletzten, bis die Kraft sie verließ, dann töteten sie sich selbst. In diesem Stollen hier -”,

und er tippte auf die Karte, “dort kam es zu einer Panik.

Später berichtete der Vorarbeiter, wie alles seinen gewohnten Gang ging bis plötzlich alle Arbeiter gleichzeitig anfingen vor Angst zu brüllen. Einige warfen sich auf den Boden, andere sabberten, die Übrigen rannten panisch davon. Wir kennen den Grund für diese Geschehnisse nicht, glauben aber, dass alle Ereignisse zusammenhängen.

Es wurden Krieger in die Stollen entsandt, sie kamen jedoch allesamt nicht wieder. Und da kommst du ins Spiel. Draußen stehen zehn erfahrene Krieger. Du übernimmst das Kommando über sie und erkundest die Stollen. Finde heraus, was sie heimsucht und löse das Problem.

Wenn du den Eindruck bekommst, dass du Verstärkung brauchst, melde dich umgehend. Der Rest unserer Gruppe ist derzeit hier in der Kaserne und ich habe vom General eine Kompanie der Stollenkämpfer zugesagt bekommen.

Fragen? Nein? Dann los und bereite dich vor.”

Borengar hatte sich noch nicht die Mühe gemacht, seine Besitztümer auszupacken, daher war sein Gepäck schnell zur Hand. Er schlang sich seinen Rucksack auf den Rücken, trat hinaus auf den Vorplatz der Kaserne und erblickte die zehn Kämpfer, die ihn erwarteten.

Er hatte auf seinen Reisen außerhalb des Gebirges viele Gefahren überstanden und glaubte, allem gewachsen zu sein, was dem Herzen des Berges entspringen konnte, um sein Volk zu plagen.

Wenige Stunden später stand Borengar in der Dunkelheit des östlichen Stollens von Ebene drei. In der linken Hand hielt er eine Laterne, deren spärliches Licht nur wenige Schritte weit reichte, in der rechten hielt er seine Axt bereit.

Vor ihm, am Rande des Lichtkreises, lag eine zerbrochene Lampe von der Art, wie sie in regelmäßigen Abständen an den Stollenwänden befestigt waren. Aus irgendeinem Grund waren sämtliche Lampen, auf die sie bislang gestoßen waren, zerstört worden.

“Jemand hat sich hier ganz schön viel Mühe gegeben”, murmelte der junge Zwerg und betrachtete die Scherben.

“Das waren vermutlich die Bergarbeiter, die dem Wahnsinn verfielen”, mutmaßte einer der Krieger hinter ihm.

Die Männer, die ihn begleiteten, machten den Eindruck, hartgesottene Kämpfer zu sein, still, schweigsam und effizient. Doch sie waren keine großen Denker.

“Mag sein”, räumte der Runenkrieger ein.

“Aber in diesem Stollen waren eine ganze Menge Lampen. Nicht eine einzige scheint der Zerstörung entgangen zu sein. Für eine Horde Wahnsinniger scheint mir das zu gründlich zu sein. Jemand wollte hier kein Licht haben.”

Borengar winkte die Gruppe weiter und sie schritten den stillen Gang entlang, der kein Ende zu nehmen schien.

Von der Karte, die er gesehen hatte, wusste der Runenkrieger, dass der östliche Stollen etwa drei Wegstunden lang war und zu beiden Seiten zahlreiche Nebenschächte abgingen.

In diesem Teil des Berges wurde viel Gold gefunden und die Herren der Minenzunft hatten keine Mühen gescheut, dem uralten Gestein auch noch das letzte bisschen Edelmetall zu entreißen.

Borengar wusste aus seinen jahrelangen Studien von mehreren Vorkommnissen, bei denen die Zwerge feindselige Kreaturen in der Tiefe aufgeschreckt hatten. Er vermutete, dass dies erneut passiert war. Daher beabsichtigte er, seine Gruppe den Haupttunnel entlang zu führen, bis er die tiefsten und entlegensten Ausläufer der Mine erreicht hatte. Dort, so hoffte er, würde er weitere Indizien finden, die ihm eine Richtung wiesen.

Mehrmals stießen sie auf Spuren eines Kampfes. Blutflecken am Boden, zerbrochene Spitzhacken, zurückgelassene Kleidungsstücke wie Schweißtücher, Hemden und ähnliches.

Sogar ein goldenes Amulett mit einem eingravierten Familiennamen. Jedoch fanden sie keine einzige Leiche.

Ein Helm, der zweifelsohne einem Bergarbeiter gehört hatte, lag in einem Zwischenlager des Stollens, umgeben von Kisten mit den gewonnen Erzen, Fässern mit Schwarzpulver, Wasser und Bier.

Der Helm hatte eine kleine Nadel auf der Oberseite, auf die eine Kerze gesteckt werden konnte, damit der Träger sah, was er tat. Die obere Hälfte der Kerze war abgebrochen und nirgends zu sehen, in dem Helm selbst klaffte ein großes, gezacktes Loch.

Borengar kniete sich zu dem Fundstück herab und betrachtete es eingehend. Vom Besitzer war keine Spur zu sehen.

Während die anderen Krieger die Umgebung sicherten, stellte Borengar die Lampe ab und griff nach dem Helm.

Eingehend betrachtete er ihn von allen Seiten.

An der Innenseite klebte getrocknetes Blut und etwas, das nach einem Brocken Hirnmasse aussah. Erstaunt stellte der Zwerg fest, dass der Helm von innen durchbohrt worden war. Die scharfen Kanten der Bruchstelle bogen sich nach außen.

Was auch immer den Bergarbeiter getötet hatte, es hatte etwas Hartes und Spitzes durch dessen Kinn und die Schädeldecke gerammt und immer noch genug Kraft besessen, auch den Helm zu durchdringen. Zwerge waren bekanntermaßen Dickschädel. Die Wucht, mit der der Angriff erfolgt war, musste gewaltig gewesen sein.

Borengar rief seine Männer zu sich und gemeinsam drangen sie weiter in die Dunkelheit unter dem Gebirge vor.

Der Trupp ging durch eine große, natürliche Höhle, auf die man beim Schürfen gestoßen war. An der Decke und den Wänden funkelte vielfarbiger Kristall im Schein von Borengars Laterne.

Wunderschön, doch von geringem Wert, hatte man sich noch nicht die Mühe gemacht, dieses Vorkommen abzubauen.

Es gab mehrere künstlich geschaffene Gänge, die von der Höhle abgingen, doch der Runenkrieger suchte den Eingang zum Hauptstollen, der sie noch tiefer unter das Gebirge führen würde.

“Wo sind wohl all die Leichen hin?”, fragte einer der Krieger.

Bevor Borengar dem Zwerg antworten konnte, meldete sich einer seiner Kameraden zu Wort.

“Alle von Stollenkäfern gefressen. Oder von Höhlenspinnen. Wir müssen inzwischen schon auf Höhe der fünften Ebene sein, aber weit weg von unseren Hallen. Hier gibt es genug Getier, das Hunger auf Zwergenfleisch hat.”

“Du brauchst dir deswegen keine Sorgen zu machen, Kadghar”, mischte sich ein Dritter ein.

“So wie du stinkst, wird dich jeder Käfer verschmähen.”

“Dich würden sie vielleicht fressen, Kurgh, nur fallen sie bei deinem Anblick bereits tot um!”

“Da sagt dein Weib aber etwas ganz Anderes.”

“Fresse halten!”, fuhr der Anführer, der sich Borengar als Feldwebel Arruk vorgestellt hatte, dazwischen.

Er war ein erfahrener Kämpfer - das bewiesen seine zahlreichen Narben und das Grau, das sich in sein rotes Haar schlich.

Seine grauen Augen unter den zusammengezogenen Brauen sprachen von stählerner Härte, auch wenn Borengar meinte, einen Mundwinkel zucken zu sehen. Nur ganz kurz.

“Wenn ihr euch weiter benehmt, wie bartlose Einfaltspinsel, dann werde ich euch rasieren und aus den Haaren Puppen für meine Tochter machen! Etwas Tödliches sucht diese Tunnel heim! Etwas, das den Geist anständiger Zwerge verpfuschen kann! Wir werden der neunten Kompanie keine Schande bereiten! Augen und Ohren auf, deckt euch gegenseitig und wenn wir etwas Garstiges sehen, dann geben wir ihm guten, zwergischen Stahl zu fressen!”

Die Worte des Veteranen verfehlten ihre Wirkung nicht und die Männer schenkten der Umgebung wieder ihre volle Aufmerksamkeit. Da sie nach wie vor von undurchdringlicher Schwärze umgeben waren, erforderte dies jedoch ein Höchstmaß an Disziplin.

Die Stille, die Dunkelheit und der Mangel an Gegnern zehrte an den Gemütern der Kämpfer.

Nur Borengar’s langjährigem geistigen Drill hatte er es zu verdanken, dass er sich der Gefahr stets gegenwärtig war und nicht den Drang verspürte, die Stille mit leerem Gerede zu füllen.

Während er die kristallbedeckten Felswände weiter nach dem Ausgang der Höhle absuchte, stellte er sich stumm die selbe Frage, wie zuvor schon die Krieger: Was war mit all den Leichen passiert?

Natürlich gab es Höhlenspinnen und Stollenkäfer, die sich am Aas gütlich taten, doch hier ging es um eine Menge Leichen, die alle vollständig verschwunden waren. Lange, blutige Schleifspuren hatte er bislang nicht entdeckt, also hielt er es für unwahrscheinlich, dass wilde Tiere die toten Zwerge mitgenommen hatten.

Endlich erreichte die Gruppe die Stirnseite der Höhle und Borengar erblickte am Rande des Lichtscheins einen großen mit Holzpfeilern abgestützten Durchgang, über dem das Symbol für Osten mit Kreide auf den Fels gezeichnet worden war.

“Hier geht der Hauptstollen weiter”, teilte er den anderen mit.

Auch in diesem Gang waren sämtliche Lampen zerstört oder gelöscht. Während sie sich dem Durchgang näherten, murmelte Kadghar Kurgh zu: “Deine Mutter findet nicht, dass ich stinke.”

In diesem Moment veränderte sich etwas. Licht drang aus der Tiefe vor ihnen und ließ mehr von dem Weg erkennen. Borengar bemerkte es als erster, blieb stehen und hob die Axt. Seine Krieger registrierten die zunehmende Helligkeit einen Augenblick später und bildeten prompt einen Halbkreis, mit dem sie den Durchgang versperrten. Kadghar wandte sich der Höhle in ihrem Rücken zu, für den Fall, dass sich jemand aus einem der Nebenschächte näherte.

Allmählich wurde das Licht heller und verbannte die Dunkelheit in die Ecken und Nischen des Stollens.

Zehn Schritte weit konnte Borengar sehen, danach beschrieb der Tunnel eine Kurve nach Süden. Von dort drang auch das flackernde Licht an seine Augen. Einige Sekunden später konnten sie viele, eilig tapsende Füße vernehmen. Jemand, oder Etwas, näherte sich ihnen.

“Position halten”, befahl Borengar mit gedämpfter Stimme. Die Geräusche nahmen in dem selben Ausmaß zu, wie die Helligkeit. Es dauerte nicht lange und der Runenkrieger konnte die Geschöpfe riechen. Was auch immer durch den Tunnel kam, es stank erbärmlich. Der Geruch von Moder, Blut und altem Schweiß ähnelte dem von Orks. Diesen kannte Borengar gut, doch das hier war etwas Unbekanntes.

Arruk rümpfte die Nase, spuckte aus und flüsterte: “Goblins. Viele von ihnen.”

Und schon kamen die kleinen grünen und braunen Wesen um die Ecke gebogen.

Borengar sah eine Menge langer, spitzer Nasen, viele abscheuliche Warzen und kleine dunkle Augen, die voller Argwohn die Umgebung absuchten. Viele der Goblins trugen Fackeln und in deren Licht erspähten sie alsbald die Zwerge.

Sie kreischten entzückt, stürmten sofort los und schwangen dabei wild ihre primitiven Waffen. Nach der erdrückenden Stille war die plötzliche Kakophonie umso schmerzhafter.

“Lasst einen am Leben!”, rief Borengar den anderen zu.

Ein besonders eifriger Goblin sprang auf den jungen Zwerg zu und schwang dabei ungestüm seine Keule. Der Runenkrieger fing die Waffe mit der seinen ab und lenkte sie zur Seite.

Er hieb mit der Faust in das Gesicht seines Gegners und grünes Blut spritzte aus der Hakennase.

Dann kamen zwei weitere Goblins heran. Borengar streckte den einen nieder, sein schwerer Stiefel zerschmetterte das Knie des anderen, doch da liefen noch drei weitere auf ihn zu. Und nochmal fünf. Noch immer strömten die widerlichen Kreaturen heran und warfen sich ihm entgegen.

Goblins waren stumpfsinnige Wesen und einem gut ausgebildeten Zwergenkrieger hoffnungslos unterlegen, doch ihre schiere Anzahl konnte sie zu einer ernsten Bedrohung machen.

Borengar blieb keine Zeit für Finesse. Weit schwang er seine Axt, um die Feinde auf Abstand zu halten. Mit jedem Hieb traf Stahl auf ungeschütztes Fleisch und durchtrennte es mühelos.

Die Goblins kämpften ohne Rücksicht auf Verluste und warfen sich den Zwergen ungestüm entgegen.

Die Männer, die Björn dem frisch gebackenen Runenkrieger zur Seite gestellt hatte, metzelten sich diszipliniert durch die Horde, blieben dabei nahe beisammen und hielten die Gegner von der Schildhand ihres Nebenmannes fern.

Arruk schlug mit einem stählernen Streitkolben um sich und knurrte dabei angriffslustig. Er vergaß jedoch nicht Borengar’s Befehl und packte bei der ersten Gelegenheit eine Grünhaut an der Gurgel. Mit einem Kopfstoß raubte er ihm das Bewusstsein, danach schleuderte der Feldwebel den schlaffen Körper achtlos hinter sich.

Schließlich wurde der letzte Goblin niedergestreckt und Stille kehrte ein. Borengars Arme schmerzten vor Anstrengung, grünes stinkendes Blut tropfte von seinem Körper, doch er war unverletzt. Später, nachdem der Kampfrausch nachgelassen hatte, würde er eine Vielzahl von Prellungen und kleinen Wunden spüren, doch von so etwas ließ sich ein Zwerg nicht ausbremsen.

Keuchend betrachtete er die Leichen, die sich vor ihm auftürmten. Es mussten mindestens fünfzig Goblins gewesen sein, die sich auf sie gestürzt hatten, doch kein einziger war entkommen.

Tatsächlich hatte nicht ein einziger versucht zu fliehen.

Der Runenkrieger hatte noch nie zuvor gegen Goblins gekämpft, doch hatte er von ihrer Feigheit und ihrem starken Selbsterhaltungstrieb gelesen. Das Erlebte passte nicht recht in dieses Bild. Hoffentlich konnte der Gefangene ihnen erzählen, was in diesen Stollen vor sich ging.

“Ist jemand verletzt?”, erkundigte er sich.

Alle Krieger schüttelten den Kopf.

“Ich hatte noch nie mit Goblins zu tun. Verhalten die sich immer so?”, fragte der Runenkrieger Arruk.

Der Feldwebel spuckte erneut aus und trat gegen eine der Leichen zu seinen Füßen.

“Ich habe schon viele Goblins an ihrer eigenen Dummheit verrecken sehen. Aber sich blindlings in Zwergenklingen zu stürzen, wenn sie schon so viele Leute verloren haben? Das habe auch ich noch nicht erlebt.”

“Mal sehen, ob unser Gefangener uns sagen kann, was hier vor sich geht.

---ENDE DER LESEPROBE---