Castor Pollux 1 - Michael Schauer - E-Book

Castor Pollux 1 E-Book

Michael Schauer

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Beschreibung

Römisches Reich, 64 n. Chr.
Zwischen unserer und der Welt der Finsteren hat sich ein Riss aufgetan. Immer wieder kommt es zu Angriffen albtraumhafter Kreaturen. Der ehemalige Legionär und Gladiator Castor Pollux ist der Einzige, der die Wesen aus dem Reich des Schreckens aufhalten kann. Seine mächtigste Waffe ist ein Schwert, das vom Kriegsgott Mars persönlich geschmiedet wurde. Im Dienste Kaiser Neros stellt er sich gemeinsam mit seinem griechischen Freund Kimon den Attacken der Dämonen entgegen. Denn das ist seine Aufgabe, die er von seinem verschollenen Vater Aurel geerbt hat.
Castor Pollux ist der Bezwinger der Finsteren!


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Inhalt

Cover

Titel

Zum Einstieg

Gut zu wissen

Gladiator der Finsternis

… UND IM NÄCHSTEN ROMAN LESEN SIE:

Fußnoten

Impressum

Gladiator der Finsternis

von Michael Schauer

Römisches Reich, 64 n. Chr.

Zwischen unserer und der Welt der Finsteren hat sich ein Riss aufgetan. Immer wieder kommt es zu Angriffen albtraumhafter Kreaturen. Der ehemalige Legionär und Gladiator Castor Pollux ist der Einzige, der die Wesen aus dem Reich des Schreckens aufhalten kann. Seine mächtigste Waffe ist ein Schwert, das vom Kriegsgott Mars persönlich geschmiedet wurde. Im Dienste Kaiser Neros stellt er sich gemeinsam mit seinem griechischen Freund Kimon den Attacken der Dämonen entgegen. Denn das ist seine Aufgabe, die er von seinem verschollenen Vater Aurel geerbt hat.

Castor Pollux ist der Bezwinger der Finsteren!

Dieser Roman ist Laura gewidmet. Für immer im Herzen.

Zum Einstieg

Zugegeben, die Idee ist nicht neu. Ein Mann ist dazu auserkoren, gegen Geister und Dämonen zu kämpfen. Wenn Sie gerne Gruselromane lesen, dann haben Sie sicher schon einmal von »John Sinclair«, »Professor Zamorra« oder »Tony Ballard« gehört. Deren Mission ist dieselbe.

Doch im Gegensatz zu diesen Helden lebt Castor Pollux nicht in unserer Gegenwart, sondern im Rom des 1. Jahrhunderts, und genau das macht die Serie »Castor Pollux – Dämonenjagd im alten Rom« außergewöhnlich. Castor hat keine Pistole, sondern ein Schwert, er reist nicht mit Auto und Flugzeug, sondern mit Pferd und Schiff, Informationen verbreiten sich nicht per Internet, sondern durch Boten. Buchstäblich alles ist anders, als wir es heute kennen und gewohnt sind.

Mein Kollege und Mitautor Rafael Marques und ich geben uns große Mühe, die Welt und die Menschen von damals so authentisch wie möglich zu schildern. Wenn uns das nicht immer gelingt, sehen Sie es uns bitte nach, denn wir sind Autoren und keine Historiker. Zudem ist ein wenig dichterische Freiheit manchmal unumgänglich.

Begleiten Sie also den Bezwinger der Finsteren auf seinen Abenteuern, und tauchen Sie ein in eine längst vergangene Zeit.

Michael Schauer

Aquae Mattiacorum, April im Jahre 2023 n. Chr.

Die brennenden Öllampen malten flackernde Schatten auf das Gesicht der alten Frau. Mit einem leisen Kichern erhob sie sich von ihrem Stuhl und ging zu der großen Truhe, die in einer Ecke des Zimmers stand. Der Deckel knarrte vernehmlich, als sie ihn öffnete. Eine Weile kramte sie in der Truhe, dann hatte sie gefunden, wonach sie gesucht hatte. Mit ihren knochigen Händen ergriff sie die kleine Holzkiste, kehrte zum Tisch zurück, ließ sich auf den Stuhl sinken und klappte sie auf. Darin lag der skelettierte Daumen eines Säuglings. Seiner Größe nach konnte das Kind nicht viel älter als zwei Monate gewesen sein.

Ein nachdenklicher Ausdruck huschte über ihr von tiefen Falten durchzogenes Antlitz. Der Daumen war das letzte Stück, das noch übrig war. In nicht allzu ferner Zeit musste sie Nachschub besorgen. Dafür würde sie eine etwas weitere Reise auf sich nehmen müssen. Zwar befand sich das nächste Dorf in der Nähe ihrer Hütte, doch es war Vorsicht geboten. Die wenigen Bewohner ließen sie zwar in Ruhe. Doch wenn sie sich an ihren Kindern vergriff, würden die Männer kommen und ihre Behausung niederbrennen, und zwar mit ihr darin. Mit ihren geschwächten Kräften würde sie einen wütenden Mob nicht aufhalten können.

Früher war das anders gewesen. Damals hatte sie noch ihre alte Stärke besessen und Furcht und Schrecken verbreitet. Diese Zeit war aber lange vorbei.

Bei dem Gedanken verfinsterte sich ihre Miene. Das Bild des verhassten Druiden erschien vor ihrem geistigen Auge. So deutlich, als würde er leibhaftig vor ihr stehen, konnte sie seine gefeilten Zähne und die langen, eisgrauen Haare sehen, die ihm über die knochigen Schultern fielen. Für ihren beklagenswerten Zustand war allein er verantwortlich. Sicher hatte er sie längst vergessen, hatte sie hinter sich gelassen wie einen Wegstein, an dem man während einer langen Reise vorbeimarschierte. Sie dagegen würde ihn niemals vergessen. Eines Tages würde er es büßen.

Sie legte den Knochen in die kleine, mit einem roten Sud gefüllte Schale, die vor ihr auf dem Tisch stand. Augenblicklich begannen rötliche Dämpfe aus der Flüssigkeit emporzusteigen. Blasen blubberten mit einem Mal an der Oberfläche, als sei sie rasend schnell erhitzt worden. In der Hütte wurde es dunkler, als würde sich ein Schatten vor die Lampen schieben.

Die Dämpfe waberten nicht davon, sondern vereinten sich über der Schale zu einem aufrecht in der Luft stehenden Oval von der Größe eines Männerkopfs. In dessen Zentrum erschien ein leuchtender Punkt, der sich rasch zu einer spiegelnden Fläche auswuchs. Für einen Moment sah sich die Alte selbst darin, dann wurde der Spiegel milchig trüb. Schatten und Formen zeichneten sich darin ab. Gesichter, Gebäude und Landschaften materialisierten sich, um sich gleich darauf wieder aufzulösen und neuen Bildern Platz zu machen.

Gut zu wissen

Wer ist Castor Pollux?

Castor Pollux ist ein ehemaliger Legionär und Gladiator und der Sohn von Aurel Pollux, der einst einen Angriff der Geister und Dämonen (hier die Finsteren genannt) abwehren und sie zurückdrängen konnte. Aurel verschwand spurlos, als Castor noch ein Kind war. Jahre später hat sich erneut ein Riss zwischen den Welten aufgetan, und die Finsteren streben nun wieder auf die Erde.

Der römische Kaiser bestimmt Castor zum Nachfolger seines Vaters und übergibt ihn in die Obhut von Senator Urbanus, einst Aurels engster Vertrauter. Castors mächtigste Waffe ist ein Schwert, das von Kriegsgott Mars persönlich geschmiedet wurde. Begleitet wird er von dem Griechen Kimon, ehemals Sklave in Urbanus’ Hausstand und inzwischen sein bester Freund. Außerdem hat Castor eine Liebschaft mit Urbanus’ Tochter Florentina.

Seine hartnäckigsten und gefährlichsten Feinde sind der Druide Marton, den Sie in diesem Band kennenlernen, sowie die Halbdämonin Cassia.

Der erste Roman »Der Vampir von Rom« spielt 63 n. Chr., im vorliegenden Band neigt sich das Jahr 64 n. Chr. seinem Ende zu. Amtierender Kaiser und damit der mächtigste Mann der Welt ist Nero Claudius Caesar Augustus Germanicus, kurz Nero genannt. In den »Castor Pollux«-Romanen taucht Nero immer wieder auf, so auch in diesem. Dass er getarnt nach Britannien gereist ist, um sich einen Gladiator anzusehen, ist natürlich eine Erfindung – zuzutrauen wäre es ihm aber gewesen.

Die ersten acht Bände von »Castor Pollux« sind in der Reihe »Gespenster-Krimi« erschienen:

Band 80 »Der Vampir von Rom«

Band 84 »Angriff der Nebelreiter«

Band 88 »Stirb in der Arena, Castor Pollux!«

Band 94 »Medusas Sohn«

Band 101 »Ein Tor in die Finsternis«

Band 106 »Die schwarze Galeere«

Band 115 »Brennen muss Rom«

Band 126 »Tod der weißen Hexe«

Gladiator der Finsternis

Ein dünner Schweißfilm bildete sich auf ihrer hohen Stirn. Einen Blick in die Zukunft zu werfen, gelang ihr nur sehr selten, und selbst wenn, erkannte sie häufig nur schemenhafte Fetzen, die keinen Sinn ergaben. Außerdem zehrte die Prozedur so sehr an ihren Kräften, dass sie sich danach für Stunden ausruhen musste. Einmal hatte sie sogar geglaubt, es würde sie ihr Leben kosten. Trotzdem versuchte sie es immer wieder. Es war eine der wenigen Fähigkeiten, die ihr geblieben waren.

Diesmal sah sie etwas. Etwas sehr Interessantes.

So schnell die Flamme erlischt, wenn eine Kerze ausgeblasen wird, so unvermittelt verschwand der Spiegel, und gleich darauf lösten sich auch die Dämpfe auf. Die Schale war leer, die Flüssigkeit darin war verdampft, und mit ihr der skelettierte Daumen des Säuglings.

Obwohl sie sich unendlich schwach fühlte, umspielte ein düsteres Lächeln ihre dünnen, beinahe weißen Lippen. Die Anstrengungen hatten sich gelohnt. Endlich.

Schwindel ergriff sie. Sie musste sich hinlegen.

Ein angestrengtes Stöhnen entrang sich ihrer dürren Kehle, als sie sich in die Höhe stemmte. Ihre Beine zitterten und schienen aus Brei zu bestehen. Keuchend schleppte sie sich zu ihrem Lager. Weiße Flecken tanzten vor ihren Augen, als sie sich niedersinken ließ. Auf dem Rücken liegend, starrte sie an die Decke und wartete, bis der Schwächeanfall vorüber war.

Ein Römer würde nach Eboracum kommen. Das erst vor zwei Jahren gegründete Legionslager war kaum einen halben Tagesritt entfernt. Dort gab es eine Menge Römer, aber dieser war anders als die anderen. Er war der Mächtigste von allen. Ihn zu töten, würde sie in der Gunst der Finsteren rasant aufsteigen lassen. Was bedeutete, dass sie womöglich ihre alten Kräfte wiedererlangen konnte. Ja, das wäre durchaus möglich.

Beinahe noch besser war, dass sich der verfluchte Druide in der Nähe befand, um einen neuen Diener zu rekrutieren. Bestimmt würde er von der Ankunft des Römers erfahren und selbst versuchen, seiner habhaft zu werden. Wenn sie ihm zuvorkam, würde das für ihn eine gewaltige Demütigung und für sie einen noch größeren Triumph bedeuten.

Kein Zweifel, das Schicksal hatte ihr endlich die Chance zukommen lassen, auf die sie so lange gewartet hatte. Sie musste sie nur ergreifen.

Doch wie sollte sie es anstellen? Dieser Mann würde sicher gut bewacht werden, und sie hatte einem Schwert oder einem Speer wenig entgegenzusetzen, denn geschwächt, wie sie war, war sie so verletzlich wie jeder andere Mensch. Was sich schrecklich anfühlte, jedoch nicht ändern ließ.

Jedenfalls noch nicht.

Die junge Frau fiel ihr ein.

Manchmal wurde sie von Einheimischen aufgesucht, die sie um Hilfe baten. Meistens ging es um Krankheiten, manchmal um Streitigkeiten oder eine unerhörte Liebe. Hin und wieder ließ sie sich darauf ein und braute einen geeigneten Trank, wofür sie sich mit einigen Münzen entlohnen ließ.

Für das Problem ihrer Besucherin von heute Morgen war ihr zunächst keine Lösung eingefallen. Sie hatte ihr befohlen, am Abend wiederzukommen, damit sie darüber nachdenken konnte. Was sie bis jetzt nicht getan hatte. Eigentlich hatte sie die Sache schon fast wieder vergessen. Die lächerlichen Probleme dieser Leute langweilten sie.

Aber diesmal …

Diese Frau konnte ihr nützlich sein. Sehr nützlich sogar. Wenn sie es recht überlegte, war ihr Auftauchen eine glückliche Fügung. Wahrlich, das Schicksal schien es endlich wieder gut mit ihr zu meinen.

Während sie weiter an die Decke starrte und sich dabei langsam erholte, reifte in ihrem Kopf ein Plan.

Trotz der kühlen Luft schwitzte Malvo Purus unter dem schweren Helm. Schweißtropfen rannen ihm in die Augen, doch er konnte sie nicht wegwischen. Bis auf die beiden runden Sehschlitze war der Helm rundum geschlossen. Abnehmen konnte er ihn nicht mehr, denn soeben hatte sein Gegner die Arena betreten.

Lediglich der rechte Arm des Retiarius wurde von einem Schienenpanzer geschützt. Ansonsten war er bis auf die Stiefel und den Lendenschurz nackt. Seine Bewaffnung bestand aus einem Dreizack und einem Netz, das er während des Kampfs seinem Gegner überzuwerfen versuchte. Wer sich darin verfing, war in kürzester Zeit wehrlos und konnte von Glück sagen, wenn er mit dem Leben davonkam.

Ein Secutor wie Malvo war mit einem Armeeschild und einem Kurzschwert, dem Gladius, ausgerüstet. Um seinen rechten Arm und die Hand waren dicke Stoffstreifen gewickelt. Am linken Bein trug er eine Schiene aus Eisen, auf dem Kopf den Helm mit dem charakteristischen Kamm.

Wer noch nie einen Gladiatorenkampf verfolgt hatte, musste den Retiarius für chancenlos halten. Dieser Eindruck täuschte jedoch, wie Malvo sehr wohl wusste. Gerade wegen ihrer leichteren Ausrüstung waren die Retiarii flinker und wendiger als ihre Gegner und zudem äußerst geschickt im Umgang mit Netz und Dreizack. Eine kleine Unaufmerksamkeit des anderen genügte ihnen, um den Kampf für sich zu entscheiden.

Der Retiarius vor ihm hieß Nilus Pulpidus und war ein verurteilter Verbrecher, der die Arena der Hinrichtung vorgezogen hatte und auf verschlungenen Wegen in Eboracum gelandet war. Als Gladiator schien er seine wahre Bestimmung gefunden zu haben. Der mit mächtigen Muskeln bepackte Hüne kämpfte mit einer Wildheit und Leidenschaft, die ihresgleichen suchte. Als Malvo noch ein freier Mann gewesen war, hatte er einige seiner Kämpfe gesehen und ihn bejubelt. Nie hätte er sich träumen lassen, dass er eines Tages gegen ihn würde antreten müssen.

Bis vor drei Monaten war Malvo ein römischer Legionär gewesen. Ursprünglich stammte er aus Capri, wo das Leben wenig Perspektiven für ihn bereitgehalten hatte, weswegen er zur Armee gegangen war. Voller Stolz hatte er die rote Tunika übergestreift, bereit, Rom und dem Kaiser zu dienen. Nicht lange nach seinem Eintritt war seine Einheit nach Britannien abkommandiert worden. Das Land galt als rau und wild, die Bevölkerung als überwiegend feindselig. Malvo hatte sich nie beschwert und seine Pflicht getan.

Bis zu jener schrecklichen Nacht.

Warum er während seiner Wache eingeschlafen war, konnte er sich bis heute nicht erklären. Er hatte sich nicht mal besonders müde gefühlt. Trotzdem war es passiert, und er war erst aufgewacht, als ihn der Optio so hart ins Gesicht geschlagen hatte, dass es ihn beinahe von den Füßen gerissen hätte. Bei einem Feldzug hätte das sein Todesurteil bedeutet, so hätten sie ihn wahrscheinlich nur für einige Tage ins Loch gesteckt. Jedoch war er in Panik geraten, hatte, ohne nachzudenken, mit dem Speer nach dem Optio gestoßen und ihn an der Schulter verletzt.

Am nächsten Tag hatten sie ihn vor die Wahl gestellt. Arena oder Tod.

Im Prinzip hatte ihn damit dasselbe Schicksal wie Nilus ereilt, doch im Gegensatz zu diesem hasste er sein neues Dasein. Der Ton unter den Legionären war rau, jedoch nichts im Vergleich zu den Sitten, die bei den Gladiatoren herrschten. Für Malvo waren sie Abschaum. Tiere, die ihren Instinkten folgten und für die Gewalt lebten.

Notdürftig blinzelte er den Schweiß weg. Durch den Helm hörte er das Johlen und die Anfeuerungsrufe des Publikums nur gedämpft. Verglichen mit dem Circus Maximus in Rom war die Arena vor den Toren von Eboracum lächerlich klein. Nur machte es natürlich keinen Unterschied, ob man vor hundertfünfzigtausend Menschen starb oder vor tausend.

Aber er würde nicht sterben. Der Druide, der ihn vor zwei Wochen in seiner Zelle aufgesucht hatte, hatte es ihm versprochen. Er hatte ihm die Freiheit und das ewige Leben angeboten, wenn Malvo nur schwor, ihm zu dienen. Was er mit Freuden getan hatte. Zwar hatte er keine Ahnung, was Marton, so hatte sich der Druide genannt, mit ihm vorhatte, und der hatte es ihm auch nicht verraten. Aber es war ihm gleich, er hätte einfach alles getan, um hier rauszukommen. Nichts konnte schlimmer sein, als weiterhin mit den Gladiatoren eingesperrt zu sein und auf den sicheren Tod im Sand der Arena zu warten.

Marton hatte ihm versprochen, dass er nach diesem Kampf frei sein würde. Was nur bedeuten konnte, dass ihm der Sieg über Nilus gewiss war. Zwar hatte er keine Ahnung, wie er das anstellen sollte, doch irgendwie würde es schon funktionieren. Dieser Druide verfügte über magische Kräfte. Wie sonst hätte er wie aus dem Nichts in seiner verschlossenen Zelle auftauchen können, um danach genauso geheimnisvoll und plötzlich wieder zu verschwinden? Hatte sich aufgelöst wie Frühnebel.

Der Retiarius nahm eine geduckte Haltung ein und trat einen Schritt auf ihn zu, was die Zuschauer mit begeistertem Jubel quittierten. Ein feines Lächeln umspielte seine wulstigen Lippen. Das Netz hielt er locker in der linken Hand, die scharfen Spitzen des Dreizacks waren auf seinen Kontrahenten gerichtet.

Als Legionär war Malvo für den Kampf ausgebildet worden, nur würde ihm das gegen Nilus wenig nutzen, denn die Gladiatoren hatten eine völlig andere Technik. Während die Soldaten in der Regel Schulter an Schulter auf dem Schlachtfeld standen und darauf gedrillt waren, in Sekundenschnelle Formationen zu wechseln, kämpfte ein Gladiator stets für sich allein.

Nilus sprang auf ihn zu. Malvo riss den Schild hoch. Doch es war nur eine Finte gewesen, und der Angriff blieb aus. In dem Lärm konnte er zwar nichts hören, er registrierte aber, dass ihn sein Gegner auslachte. Erste Buhrufe mischten sich unter das Johlen der Zuschauer. Ihm war klar, dass sie ihm galten. Das Publikum hatte nicht viel Geduld mit ihm.

Der nächste Angriff war nicht nur vorgetäuscht. Der Retiarius machte einen schnellen Schritt nach links und stieß mit dem Dreizack zu. Im letzten Augenblick riss Malvo den Schild herum. Der Stoß war so wuchtig, dass er ihn beinahe fallengelassen hätte. Blindlings ließ er sein Schwert vorzucken, doch Nilus war längst außer Reichweite und schlug mit dem Netz nach ihm. In Höhe seiner Knie sauste es auf Malvo zu. Nur mit einem schnellen Sprung in die Luft konnte er verhindern, dass er getroffen wurde. Das schwere Netz hätte ihn glatt von den Beinen geholt.

Ein unwilliger Ausdruck erschien auf Nilus’ kantigem Gesicht. Offenbar hatte er fest damit gerechnet, Malvo zu erwischen.

Freiheit. Ewiges Leben.

Malvo zuckte zusammen. Das war die Stimme des Druiden gewesen, und er hatte die Worte so deutlich gehört, als würde er direkt neben ihm stehen. Aber bis auf Nilus und den Schiedsrichter, der den Kampf in gebührendem Abstand beobachtete, befand sich niemand in der Arena.

Er musste es beenden. Er wollte endlich hier raus.

Mit einem Aufschrei stürzte er auf Nilus zu und zielte mit dem ausgestreckten Schwert auf dessen ungeschützte Brust. Die Augen des Retiarius verengten sich. Blitzschnell wich er zur Seite aus und ließ ihn ins Leere laufen.

Plötzlich drehte Malvo seinem Gegner den Rücken zu. Er wirbelte herum. Zu spät! Durch die Sehschlitze sah er einen Schatten auf sich zufliegen. Im nächsten Moment warf ihn das Netz zu Boden.

Sofort war Nilus heran. Malvo wollte den Schild heben, als er bemerkte, dass er ihn verloren hatte. Sein Schwert hielt er noch in der Hand, aber da sich sein Arm im Netz verfangen hatte, war es nutzlos. Er konnte sich kaum bewegen.

Mit einer geradezu aufreizenden Lässigkeit näherte sich ihm Nilus. Sein Gegner konnte ihm nicht entkommen, also hatte er keinen Grund zur Eile. Deutlich zeichnete sich sein muskulöser Oberkörper vor dem trübgrauen Himmel ab. Mit siegesgewisser Miene hob er den Dreizack.

Die Menge auf den Rängen explodierte förmlich.

Malvos Gedanken rasten. Das war nicht möglich. Hatte Marton ihn betrogen? Aber wieso? Weshalb hatte er ihn den Eid schwören lassen? Tot würde er ihm nichts nutzen.

Nilus ließ den Dreizack sinken. Die scharfen Spitzen schoben sich unter die Kante des Helms. Malvo spürte das kühle Metall auf seinem Hals.

Wenn ein Gladiator einen guten Kampf lieferte, wurde er begnadigt. Vielleicht war das seine Chance. Dann registrierte er, was die Zuschauer lautstark forderten, und seine Hoffnung schwand.

Sie wollten seinen Tod.