Castor Pollux 2.Staffel - Michael Schauer - E-Book

Castor Pollux 2.Staffel E-Book

Michael Schauer

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Beschreibung

Castor Pollux hat die Menschheit gerettet. Er hat den Riss geschlossen, durch den Dämonen und andere Schreckenswesen in unsere Welt eindringen konnten. Doch er selbst bleibt im Reich der Finsteren gefangen. Bis sich erneut ein Riss öffnet und er in die Menschenwelt zurückgeschleudert wird. Castor landet im griechischen Heiligtum Olympia, wo gerade die berühmten Spiele beginnen. Der prominenteste Teilnehmer ist kein Geringerer als der römische Kaiser Nero. Dann geschehen unheimliche Morde, und Menschen verschwinden spurlos. Bald ist klar: Die Finsteren sind zurück, um erneut Angst und Chaos zu verbreiten ...

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Seitenzahl: 155

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

Titel

Die Welt von Castor Pollux

WIE WAR´S WIRKLICH?

Rückkehr aus der Finsternis

… UND IM NÄCHSTEN ROMAN LESEN SIE:

Fußnoten

Impressum

Rückkehr aus der Finsternis

von Michael Schauer

Castor Pollux hat die Menschheit gerettet. Er hat den Riss geschlossen, durch den Dämonen und andere Schreckenswesen in unsere Welt eindringen konnten. Doch er selbst bleibt im Reich der Finsteren gefangen. Bis sich erneut ein Riss öffnet und er in die Menschenwelt zurückgeschleudert wird. Castor landet im griechischen Heiligtum Olympia, wo gerade die berühmten Spiele beginnen. Der prominenteste Teilnehmer ist kein Geringerer als der römische Kaiser Nero. Dann geschehen unheimliche Morde, und Menschen verschwinden spurlos. Bald ist klar: Die Finsteren sind zurück, um erneut Angst und Chaos zu verbreiten …

Die Welt von Castor Pollux

Als Jupiter die Menschenwelt erschuf, übertrug er seinen Göttern verschiedene Aufgaben. Nur Elat, Mogum und Teren, die schon lange im Götterhimmel nicht mehr wohlgelitten waren, gingen leer aus. Darüber waren die drei so erzürnt, dass sie ihr eigenes Reich, nämlich das der Finsteren, schufen. Ihre Kreaturen entsandten sie in die Menschenwelt, deren Bewohner ihnen wenig entgegenzusetzen hatten und auf den Schutz der Götter angewiesen waren. Im Rausch des Triumphs schmiedete das Trio Pläne, den Götterhimmel selbst zu erobern. Um einen Krieg zu verhindern, bot ihnen Jupiter einen Pakt an: Falls die Abtrünnigen von ihren Plänen Abstand nahmen, würden er und die anderen Götter sich bei den Attacken der Finsteren künftig nicht mehr einmischen.

Elat, Mogum und Teren akzeptierten, hatten jedoch nicht mit der List des Göttervaters gerechnet. Dieser umgab die Menschenwelt mit einem Schutzschirm, den die Finsteren nicht durchdringen konnten. Es gelang ihnen jedoch, einen Riss in den Schirm zu schlagen, woraufhin Jupiter den Sterblichen Kurus zum ersten Bezwinger bestimmte und ihn vom Kriegsgott Mars mit gegen die Finsteren wirksamen Waffen ausstatten ließ. Kurus gelang es, den Riss zu schließen, womit die Bedrohung vorerst, jedoch nicht für immer abgewendet war.

Die Geschichten um Castor Pollux spielen etwa 1000 Jahre nach diesen Ereignissen. Castor war ein Legionär, der in eine Intrige geriet und zum Kampf als Gladiator im Circus Maximus verurteilt wurde – bis ihn Kaiser Nero begnadigte und mit einer Mission betraute, die sein Leben verändern sollte. Der überraschte Castor erfuhr nicht nur von der Existenz der Finsteren, sondern auch, dass sein Vater Aurel der letzte Bezwinger gewesen war. Ihm war es ebenfalls gelungen, einen Riss zwischen den Welten zu schließen, jedoch verschwand er dabei spurlos. Nun hat sich ein weiteres Mal ein Riss geöffnet, und Castor ist dazu bestimmt, in Aurel Pollux’ Fußstapfen zu treten. Diese Geschichte wird im Gespenster-Krimi 77 »Der Vampir von Rom« erzählt, der Roman ist auch im Castor Pollux Sammelband 1 »Die Schrecken von Rom« enthalten.

Im Laufe der Jahre hat Castor viele Freunde gewonnen, wie Senator Urbanus, der als Bindeglied zwischen ihm und Nero fungiert, den ehemaligen griechischen Sklaven Kimon oder seine Geliebte Florentina. Aber natürlich hat er sich auch Feinde gemacht. Allen voran Cassia, eine frühere Mätresse des Kaisers, die in den Dienst der Finsteren trat und zur Halbdämonin wurde. Nach dem Tod ihres Förderers Ballurat fiel sie jedoch in Ungnade, verlor ihre Macht und wurde von ihren einstigen Verbündeten zur Feindin erklärt.

Am Ende der ersten Staffel der eigenständigen Serie kam es zu einer gewaltigen Schlacht, in deren Verlauf Mogum und Teren ihren Götterbruder Elat verrieten und einen neuen Pakt mit Jupiter schlossen, da sie eine Niederlage fürchteten. Castor wurde von Kimon, der Gladiatorin Salma und sogar von Cassia begleitet, die sich aus Eigennutz kurzzeitig mit ihm verbündete. Es gelang ihm, den Riss zu schließen, jedoch zahlte er einen hohen Preis. Nur Kimon und Cassia kehrten in ihre Welt zurück, Salma kam ums Leben, und Castor blieb im Reich der Finsteren gefangen. An diesem Punkt beginnt Staffel II.

»Castor Pollux« spielt im ersten Jahrhundert während der Herrschaft von Kaiser Nero und vor dem Hintergrund realer historischer Ereignisse, auch treten hin und wieder Personen auf, die damals tatsächlich gelebt haben – allen voran natürlich Nero. Mein Kollege Rafael Marques und ich versuchen zudem, die damalige Zeit so realistisch wie möglich abzubilden. Wir bitten um Nachsicht, wenn uns das nicht immer gelingt und wir uns zudem die eine oder andere dichterische Freiheit nehmen müssen.

Michael Schauer

Aquae Mattiacorum, Januar im Jahre 2025 n. Chr.

WIE WAR´S WIRKLICH?

Der Kaiser von Rom unternimmt eine ausgedehnte Reise durch Griechenland und beteiligt sich als Wagenlenker an den Olympischen Spielen, die extra für ihn um zwei Jahre verschoben wurden. Was hat sich der Autor da wieder ausgedacht, mögen einige Leserinnen und Leser vielleicht jetzt denken.

Gar nichts, stattdessen hat er Geschichtsbücher gelesen.

Tatsächlich brach Nero im Spätsommer 66 n. Chr. zu den Hellenen auf, für deren Kultur er schon immer eine Schwäche gehabt hatte. Höhepunkt der Reise war sein Besuch in Olympia. Die Spiele wollte er aber nicht nur als Zuschauer genießen. Stattdessen nahm er an mehreren Wettbewerben teil, unter anderem am Kitharaspiel und der Tragödiendichtung – Disziplinen, die es bei den sportlich geprägten Spielen bis dato nie gegeben hatte.

Die daheimgebliebenen Senatoren dürften ob dieses in ihren Augen unwürdigen Verhaltens vor Wut geschäumt haben. Noch schlimmer: Der begeisterte Wagenrennen-Fan bestieg selbst ein Gespann, baute einen Unfall und wurde, knapp mit dem Leben davongekommen, dennoch zum Gewinner erklärt. Den Sieg im Pankration errang übrigens ein gewisser Xenodamos. Wir wollen ihm nicht unterstellen, dass er tatsächlich so skrupellos war wie im vorliegenden Roman, und sicher war sein Vater keiner der Kampfrichter.

Wie üblich habe ich mich bemüht, so viele historische Fakten wie möglich einzubauen, wobei ich die Reihenfolge der Wettbewerbe aus dramaturgischen Gründen etwas angepasst habe. Die Athleten – ausschließlich Männer – waren tatsächlich nackt, verheiratete Frauen hatten bei den Wettbewerben nichts zu suchen, und das Pankration muss in der Tat eine brutale Angelegenheit gewesen sein, bei der so gut wie alles erlaubt war. Nero heiratete wirklich während der Reise den Kastraten Sporus, der seiner verstorbenen Frau Sabina Poppaea verblüffend ähnlich gesehen haben soll. Von Sporus wird in den folgenden Bänden noch die Rede sein …

Während der Recherchen zu den antiken Spielen stieß ich auf eine sehr interessante Figur, die ich unbedingt einbauen wollte. Milon von Kroton hat es wirklich gegeben, wenngleich er fast sechshundert Jahre früher lebte. Er war ein erfolgreicher und bekannter griechischer Ringkämpfer, dem man außergewöhnliche Fähigkeiten nachsagte. So soll er täglich siebzehn Pfund Fleisch sowie dieselbe Menge Brot gegessen und zehn Liter Wein getrunken haben – was allerdings eher ins Reich der Legenden gehören dürfte.

Im ursprünglichen Exposé hatte ich geplant, Milon sterben zu lassen. Erst später entschied ich, dass er überlebt. Denn irgendwie hatte ich das Gefühl, dass Milon in der vorliegenden Geschichte unter seinen Qualitäten geblieben ist und deshalb eine zweite Chance erhalten sollte. Wann er diese bekommen wird, wissen jedoch nur die Götter.

Michael Schauer

Olympia, 61 n. Chr.

Nach der Hitze des Tages brachte die einbrechende Dunkelheit wohltuende Abkühlung. Erschöpft verließ Alexios das Trainingsgelände und machte sich auf den Weg zu seiner Unterkunft. Schweiß klebte an seinem Körper. Er konnte es kaum erwarten, sich mit einem scharfen Messer den Schmutz und den Staub von der Haut zu schaben.

Während er durch die von Öllampen und Fackeln erleuchteten Straßen marschierte, haderte er mit sich, ob er es nur einen Tag vor den Kämpfen womöglich mit dem Training übertrieben hatte. Von den anstrengenden Übungen brannten seine Muskeln, und unter seinem linken Auge verspürte er einen dumpfen Schmerz. Dort hatte ihn die Faust seines Trainingspartners getroffen.

Alexios’ Disziplin war das Pankration. Die Mischung aus Faustkampf und Ringen gehörte zu den populärsten, aber auch gefährlichsten Wettbewerben bei den Spielen. Nahezu alles war erlaubt, der Gegner durfte geschlagen, getreten und gewürgt werden. Mit unfairen Mitteln konnte schon deshalb niemand arbeiten, weil es praktisch keine unfairen Mittel gab. Verboten war lediglich, den Kontrahenten zu beißen oder ihm die Augen einzudrücken.

In den vergangenen Jahren hatten nicht wenige Athleten so schwere Verletzungen davongetragen, dass sie die Arena für alle Zeiten verlassen mussten. Wobei sie von Glück reden konnten, noch am Leben zu sein. Auch Todesfälle gab es regelmäßig zu beklagen.

Obwohl er erst einundzwanzig war, nahm Alexios bereits zum zweiten Mal an den alle vier Jahre stattfindenden Spielen im Heiligtum Olympia auf der Halbinsel Peloponnes teil. Bei seiner Premiere hatte er einen achtvollen vierten Platz errungen und war mit einigen kleineren Blessuren davongekommen. In diesem Jahr rechnete er sich realistische Chancen auf den Sieg aus, was nicht nur mit Ruhm und Ehre, sondern auch mit handfesten fünfhundert Drachmen Preisgeld sowie lebenslanger freier Kost im Prytaneion* verbunden war.

Seine Mutter Creusa würde stolz auf ihn sein, wenn er mit dem Palmzweig als Zeichen seines Triumphs nach Hause zurückkehrte. Sie hatte sein Talent früh erkannt und gefördert. Sein Vater war gestorben, als Alexios noch ein Kind war, und sie hatte alle Hände voll zu tun gehabt, ihn und seine Schwester Kore großzuziehen. Harte Zeiten lagen hinter ihnen, und nur zu gerne wollte er ihr etwas zurückgeben.

Eine junge Frau mit schwarzen, gelockten Haaren kam ihm entgegen und zwinkerte ihm zu. Alexios beließ es bei einem Lächeln als Reaktion. Die Kämpfer waren bei den Damen beliebt, wobei es nur den Unverheirateten unter ihnen gestattet war, die Wettbewerbe zu besuchen. Heute Nacht jedoch stand ihm nach derlei Vergnügungen nicht der Sinn. Er musste sich schonen, denn morgen brauchte er all seine Kräfte.

Sein erster und zugleich schwerster Gegner würde Xenodamos von Kreta sein. Der amtierende Champion galt auch in diesem Jahr als Favorit. Er war einen halben Kopf größer als Alexios, mit Muskeln bepackt und schreckte vor keiner Brutalität zurück. Eine furchterregende Erscheinung, vor der man auf der Hut sein musste.

Alexios’ Vorteil war, dass er sich erheblich schneller und gewandter bewegen konnte. Das wusste er deshalb so genau, weil er Xenodamos während der Trainingseinheiten der vergangenen Tage und schon bei den letzten Spielen beobachtet und seinen Stil analysiert hatte. Sobald der Schiedsrichter den Kampf freigab, pflegte der Kreter wie ein Rammbock vorzustoßen, um seinen Kontrahenten durch die Wucht des Aufpralls zu Fall zu bringen. Lag dieser am Boden, prügelte er so lange auf ihn ein, bis er das Bewusstsein verlor.

Alexios wollte diese Strategie durchkreuzen, indem er der entscheidenden ersten Attacke im letzten Moment auswich, Xenodamos ins Leere laufen ließ und sich dann von hinten auf ihn stürzte. Sein Gegenangriff musste schnell und heftig erfolgen. Mit einigen gezielten Schlägen würde er ihn ins Reich der Träume schicken.

Über seinen Plan hatte er lange und sorgfältig nachgegrübelt. In der Theorie konnte er damit einen raschen Sieg erringen. Ob er in der Arena funktionierte, würde sich morgen zeigen.

Ihm war bewusst, dass der stets hochmütig auftretende und unter seinen Kollegen wenig beliebte Xenodamos von ihm Notiz genommen hatte und ihn ob seiner Flinkheit als ernstzunehmenden Gegner betrachtete. Entsprechend würde er den Kampf nicht auf die leichte Schulter nehmen. Ein einziges Mal hatten sie sich während eines Trainings gegenübergestanden. Bei dieser Gelegenheit glaubte Alexios, im Blick des Champions Unsicherheit und Zweifel erkannt zu haben. Vielleicht sogar Furcht.

Er war nur wenige Schritte von seiner Unterkunft entfernt, als ein bärtiger Mann in einem weißen Gewand aus dem Gebäude huschte und in seine Richtung schaute. Als er ihn bemerkte, drehte er sich auf dem Absatz um und eilte davon.

Alexios runzelte die Stirn. Im flackernden Schein der Öllampen hatte er das Gesicht des Mannes nur ganz kurz gesehen, doch er wäre jede Wette eingegangen, dass es sich um Aineas gehandelt hatte. Was hatte einer der Kampfrichter um diese Zeit in den Unterkünften der Athleten zu suchen?

Schulterzuckend betrat er das Haus, das er sich mit elf anderen Sportlern – Xenodamos war nicht darunter – teilte. Jeder von ihnen hatte sein eigenes Zimmer, was für olympische Verhältnisse einen gewissen Luxus darstellte. Rund einhunderttausend Menschen aus aller Welt versammelten sich zu den Spielen auf dem Gelände des Zeus geweihten Heiligtums, und nur die Wohlhabendsten unter ihnen konnten sich eine Unterkunft in den wenigen und sündteuren Gasthäusern leisten. Alle anderen mussten sich mit einer Pritsche in einem der extra dafür aufgeschlagenen Zelte begnügen. Ein Schicksal, das auch Alexios’ Freunde Tychon und Cadmus teilten, die ihn zu den Spielen begleitet hatten.

Sein Zimmer lag hinter der vierten Tür auf der linken Seite des Korridors. Er öffnete sie und trat ein. Der Raum war mit einem Bett, einem Schrank und einem kleinen Tisch ebenso nüchtern wie funktional eingerichtet. Nicht eben behaglich, aber in ihren Unterkünften hielten sich die Athleten in der Regel sowieso nur zum Schlafen auf. Die meiste Zeit verbrachten sie auf den Trainingsplätzen oder beim Wettkampf.

Der Schein des Mondes fiel durch das kleine Fenster und tauchte den Raum in sein kaltblaues Licht. Von der Hitze des Tages war die Luft stickig, was sich erst im Laufe der Nacht legen würde.

Auf dem Tisch stand eine Öllampe. Alexios wollte danach greifen und sie entzünden, als er aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm. Langsam drehte er den Kopf und sah zu seinem Bett. Da, die Bewegung wiederholte sich.

Unter der dünnen Decke war etwas!

Vielleicht ein Tier, das durchs Fenster geklettert war?

Vorsichtig näherte er sich dem Bett, griff nach dem äußersten Zipfel des Lakens und riss es mit einem Ruck herunter.

Sein Herz übersprang einen Schlag.

Auf der mit Stroh gefüllten Matratze lag eine Schlange. Ihre kleinen schwarzen Augen sahen ihn direkt an. Ein leises Zischen drang an seine Ohren. Die dunkle, schuppige Haut glänzte im Mondlicht.

In Griechenland gab es viele Schlangen, wie Alexios wusste. Die meisten waren harmlos. Eine Begegnung mit einem giftigen Exemplar endete dafür fast immer tödlich. In seinem Heimatdorf waren in den vergangenen vier Jahren zwei kräftige Männer durch Schlangenbisse gestorben.

Was sollte er tun? Neben der Öllampe lag sein Messer auf dem Tisch. Nur wenige Handbreit entfernt und gleichzeitig unendlich weit weg. Bei der geringsten Bewegung konnte sich das Reptil provoziert fühlen und ihn angreifen. Diese Biester waren verdammt schnell, und er hatte keine Ahnung, ob das Tier auf seinem Bett gefährlich war.

Ein erneutes Zischen ausstoßend, hob die Schlange den Kopf. Dabei fixierte sie ihn, als lauere sie nur darauf, dass er ihr einen Vorwand zum Zubeißen lieferte.

Mit der Zunge befeuchtete Alexios seine Lippen. Wie viel Zeit war verstrichen, seit er sie entdeckt hatte? Es schien eine Ewigkeit her zu sein, obwohl in Wahrheit kaum mehr als eine Minute vergangen sein konnte. Er musste etwas unternehmen. Schließlich konnte er schlecht die ganze Nacht hier verharren wie eine Statue.

Zumal die Schlange das auch nicht tun würde.

Alexios holte tief Luft. Seine Hand schnellte vor. Die Fingerspitzen berührten das Heft des Messers, als die Schlange auf ihn zuflog und ihre nadelspitzen Zähne in seinen Unterarm bohrte. Einen Schmerzensschrei ausstoßend, wollte er sie packen und von sich schleudern. Geschickt entwand sie sich seinem Griff und attackierte ihn abermals. Der zweite Biss traf seine Kehle.

Mit einem heiseren Gurgeln fiel er auf die Knie. Seine Zunge schien mit einem Mal auf das Doppelte ihrer Größe angeschwollen zu sein. Er bekam keine Luft. Schweiß trat auf seine Stirn. Vor seinen Augen begann sich alles zu drehen. Schwer kippte er zur Seite und blieb liegen.

Sein aussichtsloser Kampf gegen das tödliche Gift dauerte nur wenige Minuten.

Creusa konnte den Blick nicht von ihrem toten Sohn abwenden. Er lag auf dem großen Tisch in der Küche, bis zum Kinn zugedeckt mit einem weißen Laken. Seine Lider waren geschlossen, das Gesicht war bleich. Am Hals dagegen war die Haut bläulich verfärbt und angeschwollen. Sie hatte es gesehen, als Tychon und Cadmus den Leichnam vorsichtig abgelegt hatten, wobei das Tuch ein Stück runtergerutscht war. Tychon hatte es zwar rasch wieder hochgezogen, doch Creusas wachen Augen war der Anblick nicht entgangen.

Wie durch einen Nebel bemerkte sie, dass ihre Tochter Kore neben sie getreten war. Niemand sprach ein Wort. Alexios’ Freunde traten nervös von einem Fuß auf den anderen und machten auf sie den Eindruck, als ob sie sich schuldig fühlten. Dabei war es eine Schlange gewesen, die ihr den Sohn geraubt hatte. Dafür konnte keiner verantwortlich gemacht werden.

Oder etwa doch?

Sie richtete den Blick auf Tychon, den Älteren der beiden.

»Du sagtest, eine Schlange hat ihn gebissen?«, hakte sie nach und erschrak über ihre brüchige Stimme, die so gar nicht mehr wie die ihre klang.

Ein stummes Nicken war die Antwort.

»Wie genau ist es passiert? Erzähl mir die Einzelheiten, Tychon.«

»Man fand ihn am Morgen in seiner Kammer. Die Schlange lag neben ihm auf dem Boden, als lauere sie auf ihr nächstes Opfer. Ein Soldat hat sie mit seinem Schwert getötet.«

Neben Creusa schluchzte Kore auf. Wie von selbst legte sie ihrer Tochter einen Arm um die Schultern. Kore hatte ihren Bruder sehr geliebt. Schon als Kind waren die Geschwister unzertrennlich gewesen.

Tychon schien noch etwas auf dem Herzen zu haben, fiel Creusa auf. Seine Augen flackerten, und er sah nervös zu Cadmus, der die Spitzen seiner Sandalen betrachtete.

»Sprich weiter«, forderte sie ihn auf. »Ich kann dir ansehen, dass das nicht alles war.«

Er schluckte, bevor er ihrer Aufforderung nachkam.

»Unter dem Bett fand man einen Leinensack, von dem niemand sagen konnte, wie er dort hingeraten war. Alexios gehörte er jedenfalls nicht. Einer der Soldaten äußerte den Verdacht, dass jemand die Schlange in dem Sack in sein Zimmer gebracht hat. Vor unserer Abreise wurde uns von einem der Athleten der Verdacht zugetragen, dass Xenodamos etwas damit zu tun haben könnte. Jedoch würde es niemand wagen, ihn öffentlich zu beschuldigen.«

Creusa runzelte die Stirn. »Xenodamos? Wer ist das?«

»Der Sieger des Pankration vor vier Jahren. Wegen seiner überheblichen Art mögen ihn die anderen Athleten nicht besonders, das Publikum dagegen umso mehr. Während unseres Aufenthalts sind wir mit vielen Leuten ins Gespräch gekommen. Nicht wenige waren der Ansicht, dass Alexios sein einziger ernsthafter Konkurrent war und gute Chancen auf den Sieg hatte. Vielleicht wollte Xenodamos sichergehen, dass es nicht dazu kommt.«

Creusa stieß einen verächtlichen Laut aus. »Für Ruhm und Ehre sind manche Menschen bereit, alles zu tun. Seid ihr der Sache nachgegangen?«

Tychon wand sich förmlich unter ihrem Blick.

»Es ist nur ein Gerücht, Creusa, es gibt keinerlei Beweise. An jenem Abend hat man Xenodamos in einer Taverne gesehen. Er war lange dort, bevor Alexios sein Training beendet hatte, und er gehörte zu den Letzten, die sie verließen. Zu diesem Zeitpunkt dürfte Alexios …« Er senkte den Blick. »… schon tot gewesen sein. Das meinte jedenfalls der herbeigerufene Arzt.«

»Vielleicht hatte er einen Helfer«, ergriff Cadmus, der aufgehört hatte, seine Sandalen zu begutachten, das Wort. »Es wäre möglich, dass er sich mit Absicht so lange in der Taverne aufgehalten hat. Damit keiner auf die Idee kommt, ihn zu verdächtigen.«