Coralie - Lisi Schuur - E-Book

Coralie E-Book

Lisi Schuur

4,7

Beschreibung

Coralie älter geworden schaut zurück mit heutigem Blick sieht sie ihre Jugend unvollständig alles offen möchte nicht enden jedes Gestern entwickelt ein Morgen

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Coralie

So

Bist nur du

Verlier dich nicht

Es war nicht einfach ein Park.

Es war eine Auffangstation.

Für Schulschwänzer.

Für NichtNachHausewoller.

Für solche, die meinten, nicht dazuzugehören.

Wenn man sie fragte: wozu gehört ihr denn, verschob sich ihr Kopf, und die Hand machte eine unschlüssige Bewegung.

Ach so, versteh schon.

Wer so antwortete, dachte sich sein Teil. Und denken ist immer gut.

Aber oft liegen die Denker verkehrt.

Nur erfahren sie es meistens nicht.

Coralie konnte man nicht richtig einordnen. Sie selbst sich auch nicht.

Sie fand sich auf jeden Fall abseits.

Nur von was. Das war die Frage.

Sie war nicht gegen alles.

Sie war gegen Unrecht.

Und davon gab es sehr viel.

Coralie diskutierte gerne. Am meisten mit sich selbst.

Das hörte keiner. Sie konnte denken und verwerfen.

Sie konnte sich schelten und sich bemitleiden.

Sie konnte traurig sein. Nur trösten konnte sie sich nicht.

Weil sie sich schlecht verzeihen konnte, ging sie nicht nett mit sich um.

Aber zu anderen war sie immer nett.

So möchte ich es gerne stehenlassen.

Bin mir zwar nicht sicher, ob es ein guter Einstieg ist. Aber ich kann mir nicht hundert Meinungen anhören.

Ich habe mich entschlossen.

Und insgeheim muss ich schmunzeln.

Hätte das nur früher so gut geklappt.

Dieses sich entschließen.

Du musst dich entscheiden.

Sagt er, und denkt an Entscheidungen

in seinem Sinn.

Ich habe mich entschieden.

Sage ich, und denke an die

nachfolgenden Diskussionen.

Und, hatte Coralie keinen Spitznamen?

Fragt er.

Doch, hatte sie. Sage ich. Mehr nicht.

Ich mag nicht vorab erzählen und diskutieren.

Dann sag eben nichts. Mir ist es gleich.

Du machst sowieso was du willst.

Sagt er.

Ja, sag ich, und das ist eine Lüge.

Ich wollte immer machen, was ich will.

(Das ist etwas anderes.)

Hast du doch auch. Sagt er.

Nein, sage ich.

Und beginne mit mir zu diskutieren.

Wie früher.

Coralie

Wie ich dich mag

und deinen Namen

und wie du singst

zu der Gitarre

es ist so schön

dir zuzuhören

Coralie

Ihre Wandergitarre war ihr wichtig.

Ein Anfänger der Gitarre habe Eifer.

E-A-D-G-H-E. Welche Saite am meisten riss, weiß sie nicht mehr.

Aber wie man eine neue Saite aufzieht, hat sie nicht vergessen.

Und denke daran, Saite schreibt sich mit ai.

Um eine neue Saite für die Gitarre zu kaufen, musste sie in die Stadt.

Das war stets eine willkommene Abwechslung.

Vorbei an einer Eisdiele. Ob er da war?

Sie kannte ihn vom Park.

Sie kannte ihn also nicht richtig.

Sie mochte ihn, weil er sie an jemand erinnerte.

Dieser Jemand (B) hatte zwar mit ihr schon im Zelt gelegen, doch mehr war da nicht passiert.

(Sie galt als Leseratte, weil sie ständig las. Und dies tat sie auch im Zelt.)

Er (B) war ihr jedenfalls nicht weiter aufgefallen.

Und als er ihr auffiel, las sie nicht mehr im Zelt.

Und B 2 (sie neigte sehr zu Kurzformen), war meist mit einer Gruppe Gleichaltriger in der Eisdiele.

Und wenn er sich traute sie anzusehen, sah sie schnell weg.

Na und, denke ich, und schneide mir die Fingernägel kurz. Man muss doch die Akkorde sauber greifen. Und beim Klavierspielen können die langen Nägel wenigstens keine eigenen Tastentöne hervorbringen.

Früher waren meine Fingernägel abgekaut. Aber irgendwann beschloss ich, nicht mehr zu kauen. Und wurde Jugendliche.

Das ist der wichtigste Schritt überhaupt.

Ab dann gehört man mehr dazu. Zu dieser eigentlichen Welt.

Da ist kein Kinderkram mehr angesagt.

Da beginnt das Leben so richtig. Man wird beachtet.

Weil man kein Kind mehr ist.

Da können die Eltern reden wie sie wollen.

Man muss es ihnen nur beibringen.

Dass man eine eigene Person ist.

Das verpassen sie sonst.

Sie schauen auf alles.

Nur auf das Wichtigste nicht.

Liebe verehrte Coralie!

Wie gerne möchte Sie wiedersehen. Ich war so fasziniert von Ihnen. Die Sonne ging auf. Obwohl doch gar keine am Himmel war.

Sie wissen gar nicht, wer ich bin. Ich saß im Bus auf dem Weg zur Schweiz, als Sie begannen zu singen.

Sie werden mich sicher nicht bemerkt haben.

Es hat mir so sehr gefallen. Ihre gute Laune ist wirklich ansteckend gewesen.

Wie war denn Ihr Schweiz Aufenthalt?

Vielleicht darf ich ein wenig von mir erzählen …

Was war das für ein besonderer Brief.

So etwas schrieb jemand, der das Leben kannte. Keiner der Schnösel vom Park hätte so geschrieben (einschließlich B 2).

Raul schrieb so.

In der Woche studierte er in Mainz.

Am Wochenende war er bei seinen Eltern. Nicht weit entfernt von mir wohnten sie.

Kennengelernt hatte er mich auf einer Fahrt in die Schweiz.

Ich mit einer Gruppe junger Leute. Ein Kurzaufenthalt am Vierwaldstätter See war geplant.

Er wollte Freunde besuchen, und hatte durch einen Bekannten die Möglichkeit erhalten mit uns zu fahren. Ich hatte die Gitarre dabei und unterhielt die Reisegesellschaft. Es war in der Tat eine sehr lustige Reise.

Ihn hatte ich zwar bemerkt. Aber vom Hocker gehauen hatte er mich nicht.

Wie denn auch. Es war ja kein Hocker da.

Als ich zurückkehrte, fand ich den Brief vor.

Es war schon aufregend so einen Brief zu erhalten.

Woher er wohl die Adresse wusste?

Sie stimmte haargenau.

Es war unglaublich.

---

Andreas ist gekommen. Er sieht mich fragend an.

Na, wie weit bist du mit deinem Buch?

Er fragt es nett.

Ob es ihn wirklich interessiert?

Coralie, ich bin Coralie.

Ich bin nicht Coralie.

Ich bin Cora. Ich habe mich mittlerweile abgekürzt.

Cora ohne lie ... lie (englisch) lügen.

Cora Lügenfrei. Unsinn. Was mir so in den Sinn kommt.

Cora lie - ben. Cora lie - bt.

Cora mit lie war früher. Da denkt man an leicht und beschwingt.

Dabei stimmt das nicht. Ich weiß es genau.

Da war die Sache mit dem Park. Der sehr weitläufig war.

Um möglichst unbeobachtet zu sein, musste man sehr weit hineingehen. Am Ehrendenkmal vorbei. Immer geradeaus.

Und bitte Coralie, achte doch ein wenig auf dich. Du weißt schon, die Haare toupiert man so hoch es geht. Natürlich konnte Steffi das besser. Aber sie hatte ja auch den richtigen Kamm.

Und wenn Klaus meint, es ginge auch ohne Make - up, dann ist doch klar, was er damit sagen will.

Und Steffi war immer sehr gut geschminkt.

Coralie gehörte nicht so richtig dazu.

Das Gefühl hatte sie. Es war mehr der Wunsch dazuzugehören. Sie war neugierig von den Erfahrungen der anderen zu hören.

Sie fand es spannend.

Manchmal war sie zu ernsthaft. Sie überlegte viel und suchte Lösungen für Probleme, die bei den anderen auftauchten.

Sie überlegte angestrengt, und die, die es betraf, dachten gar nicht mehr darüber nach.

Typisch Coralie.

Aber merkwürdigerweise war sie bei allen beliebt.

Wer schnorrt, sollte wenigstens ab und zu auch mal etwas beisteuern.

Natürlich. Aber das Geld war eben knapp.

Nicht wahr, Coralie?

Du hast es verstanden. Für dich fiel immer eine Zigarette ab. Du hast die Fronten geklärt, und wusstest genau, wie du lachen musstest.