Nele & Robert 2 - Lisi Schuur - E-Book

Nele & Robert 2 E-Book

Lisi Schuur

4,7

Beschreibung

In Düsseldorf, wo sie zuhause ist, lernen sich Nele und Robert, der aus Hamburg stammt und bei Freunden zu Besuch ist, im Rahmen einer Ausstellungseröffnung kennen. Sie sind sich auf Anhieb sympathisch und verbringen einen kurzweiligen Abend miteinander. Als Nele wenig später über die Ostertage nach Hamburg reist um eine Freundin zu besuchen, verabreden sie und Robert sich spontan zu einem gemeinsamen Abendessen mit anschließendem Theaterbesuch. Bereits kurz nachdem sie das Restaurant verlassen haben, kommt es zum ersten Kuss. Und es folgen turbulente Tage. Hamburg wird erkundet, bei Tag und bei Nacht. Die beiden Frischverliebten kommen sich immer näher. Sie vereinbaren Roberts Gegenbesuch bei Nele in Düsseldorf. In den Mai wollen sie tanzen. Und zwei Tage später steht bereits Neles Geburtstag an. Wie sich dies nun entwickeln wird, erfahren wir in diesem zweiten Band. Verliebt und chaotisch. Verträumt und turbulent.

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Was bisher geschah …

In Düsseldorf, wo sie zuhause ist, lernen sich Nele und Robert, der aus Hamburg stammt und bei Freunden zu Besuch ist, im Rahmen einer Ausstellungseröffnung kennen. Sie sind sich auf Anhieb sympathisch und verbringen einen kurzweiligen Abend miteinander.

Als Nele wenig später über die Ostertage nach Hamburg reist um eine Freundin zu besuchen, verabreden sie und Robert sich spontan zu einem gemeinsamen Abendessen mit anschließendem Theaterbesuch.

Bereits kurz nachdem sie das Restaurant verlassen haben, kommt es zum ersten Kuss.

Und es folgen turbulente Tage. Hamburg wird erkundet, bei Tag und bei Nacht. Die beiden Frischverliebten kommen sich immer näher.

Sie vereinbaren Roberts Gegenbesuch bei Nele in Düsseldorf.

In den Mai wollen sie tanzen. Und zwei Tage später steht bereits Neles Geburtstag an.

Wie sich das entwickeln wird, erfahren wir gleich …

Robert hatte sich mit seinen Töchtern in Haithabu verabredet.

Die Freunde der beiden sollten für dieses Mal außen vor bleiben. Nur dass Janne natürlich die kleine Gotje dabei hatte, versteht sich, die war im Januar drei Jahre alt geworden.

Robert wollte mit seinen Töchtern alleine sein. Und er wollte mit ihnen über Nele sprechen. Darauf hatte er zwar nicht speziell hingewiesen, als er Sannah bei deren vorherigem Besuch in Hamburg seinen Haithabu-Plan unterbreitete, aber sie wird ihn schon verstanden haben.

Es war das letzte Wochenende im April, das nächste würde schon dem Mai gehören – und ihn in Düsseldorf finden.

Zunächst jedoch hatte er darauf verzichtet das Thema anzuschneiden. Die kleine Gotje wollte unterhalten sein, Huckepack reiten und durch die Lüfte geschwenkt werden, dafür waren Großväter auf der Welt, das wusste die Kleine schon ganz genau.

Aber irgendwann war auch Gotje müde geworden und sie setzten sich alle vier auf eine Bank an der Schlei.

Sie erzählten von diesem und jenem, von der Musikszene in Kiel, und was die kleine Gotje so alles im Kindergarten erlebt hatte.

Es war dann Sannah, die das von Robert bislang so sorgfältig vermiedene Thema zur Sprache brachte.

Nun denn, Väterchen, sagte sie, du hast doch was auf dem Herzen, also raus damit.

Und Robert musste lächeln, und freute sich ob der Klugheit seiner Tochter.

Nele also, sagte Janne, ich bin im Bilde.

Natürlich. Die auch.

Ja, sagte Robert, ich mache mir Gedanken. Die Lage ist ernst.

Haha, lachte Sannah, ist es so schlimm? Musst du vor Sehnsucht vergehen?

Ach nein, antwortete Robert, eigentlich nicht, oder doch viel weniger als ich befürchtet hätte. Wir schreiben uns, wir telefonieren miteinander. Sie liebt mich. Ich liebe sie.

Es ist wunderbar. Es ist bestens. Aber ich habe Angst, dass es alles zu sehr in Gewohnheit ausartet, und Gewohnheit bedeutet den Untergang der Liebe.

Also hör mal Väterchen, wurde Sannah ernst, das kannst du uns doch nicht weismachen wollen, wo ihr, na, gerade mal ein verlängertes Wochenende zusammen wart, da kann von Gewohnheiten doch wohl nicht die Rede sein, na ja, eure Kissenburg vielleicht …

Siehst du, siehst du, unterbrach Robert lebhaft, damit geht es doch los, das ist es doch was ich meine, auf die Dauer kann selbst die romantischste Kissenburg zerstörerisch wirken.

Na komm, Väterchen, nun übertreib mal nicht. Und im Zweifelsfalle bist du doch um Einfälle nicht verlegen. Und selbst wenn dir mal die Ideen ausgehen, hat deine Nele bestimmt noch einen Pfeil im Köcher. Jedenfalls hat sie mir ganz den Eindruck gemacht. Nein, nein, du willst doch auf etwas ganz anderes hinaus, gibs doch zu.

Nun hört mal, versuchte Robert sich zu erklären, davon rede ich doch die ganze Zeit. Es ist ernst. Mir ist es ernst.

Mir ist es noch nie so ernst gewesen seit eure Mutter weg ist. Die Freundinnen, die ich danach hatte, nun ja, das waren eben Freundinnen, Liebschaften, na gut, so einzweimal habe ich wohl darüber nachgedacht, ob da was draus werden könnte, aber das hat sich bald wieder verflüchtigt, aber, kurz und gut, jetzt, mit Nele, ist alles ganz anders. Ich weiß, dass sie die Richtige ist, und dass ich mit ihr zusammenbleiben möchte, unbedingt.

Also wirklich Daddy, mischte Janne sich ein, wo ihr euch eben erst kennengelernt habt …

Na lass mal, du hast Nele nicht erlebt, die ist schon klasse, und ich hätte gegen so eine, wie sagt man denn, Zweitmutter … mmh, mmh … Sannah lachte leise vor sich hin und schien mit ihrer Wortwahl sichtlich zufrieden … also, ich hätte da nix einzuwenden gegen, aber trotzdem, Väterchen, ich will mal großzügig sein und dir meine Sicht der Dinge verklickern: Sutsche, sag ich dir, immer sutsche, nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen, einfach laufen lassen …

Nele freute sich auf das Wiedersehen mit Robert. In einer Woche würde es soweit sein.

Täglich hatten sie telefoniert. Sie schrieben sich Nachrichten und Nele hatte sich schönes Briefpapier besorgt, und Robert einen Brief geschrieben.

Dreimal hatte sie die vorgeschriebenen Blätter vernichtet.

Beim viertenmal war es ihr gelungen einen Liebesbrief zu formulieren, der es wert war, auf das wunderbare Papier übertragen zu werden.

Sie hatte Lippenstift aufgelegt und dann ihre Lippen wie ein Siegel auf das Papier gepresst.

Und das sündhaft teure Shalimar sprühte sie zum Schluss auf den fertiggeschriebenen Brief.

In der Firma hatte sie sich einer Arbeitskollegin anvertraut.

Ich hab jemanden kennengelernt. Mal sehen, wie es weitergeht. Oh doch, wir sind beide verliebt. Sie wollte nichts Intimes erzählen, und irgendwie fand sie die 'eigentliche Liebe' zu intim.

Tim hatte sie von Robert erzählt, und er freute sich mit ihr.

Denkst du, hatte er gefragt, dass was Festes daraus wird? Es ist schon sehr fest, Nele sah Tim an. Wir lieben uns.

Das finde ich stark. Tim nahm seine Mutter in den Arm.

Aber, ich werde mir den Typen genau ansehen. Erst wenn er durch meinen TÜV kommt, erteile ich euch die Erlaubnis, lachte er.

Nele knuffte ihn, das musst du schon mir überlassen. Ich muss glücklich sein mit ihm, nicht du.

Tim nickte zustimmend. Du hast Recht Mama, aber trotzdem...

Neles Brief erreichte Robert den Tag nach seinem Haithabu-Besuch. Und er war beseligt. Der Duft allein …

der Duft, das war sie, sie ganz und gar. Und wie schön sie geschrieben hatte, und der Kussmund dazu, ach, sie war einfach wundervoll.

Und sofort setzte er sich an seinen Schreibtisch und schrieb ihr einen Brief zurück. Einen Brief, in dem er seinen Besuch für das erste Maiwochenende nunmehr offiziell ankündigte und noch einmal nachfragte, ob er bereits am Donnerstagabend willkommen sei.

Und dann malte er ihr noch einen Blumenstrauß hinzu.

Und träufelte etwas Litsea cubeba darauf. Das war ein schöner blumiger Duft, den sie gewiss mögen würde. Er hatte nämlich eine Auswahl ätherischer Öle gekauft, die Teil ihres Geburtstagskorbes sein sollten. Und einen wunderschönen, den allerherrlichsten aller Blumensträuße sollte sie auch erhalten, überlegte er nun, den würde er dann in Düsseldorf besorgen … oder … ob es Fleurop noch gab? Er schaute im Internet nach. Ja, sicher gab es die noch. Aber er wusste ja nicht, was Nele für ihren Geburtstag geplant hatte. Am Ende würde er sie verfehlen.

Nein, er würde ihn doch in Düsseldorf besorgen müssen …

Robert lehnte sich in seinen Stuhl zurück und nahm Neles Brief zur Hand, hob ihn zu seinem Gesicht, sog den Duft tief ein, und drückte ihren roten Kussmund gegen seine Lippen.

Er kam sich schon wieder reichlich albern vor. Nein. Rügte er sich. Verliebt. Das war etwas ganz anderes. Und verlor sich in seinen Gedanken …

Sie hatten noch so manches zu bereden gehabt, er und seine Töchter, am gestrigen Tag. Und selbstverständlich war der Ratschlag seiner Ältesten vernünftig. Nichts überstürzen. Aber das änderte nichts an seinen Gefühlen.

Und nichts an seinem Naturell. Denn natürlich schmiedete er Pläne. Nur – mit Türen in Häuser fallen, das würde er nicht, keinesfalls, nein, nein …

Allerdings hatte er ein Geheimnis zu hüten, das er Nele erst an ihrem Geburtstag enthüllen wollte.

Auch das würde, in gewisser Hinsicht, Teil des Geburtstagskorbes sein.

Robert hatte tatsächlich einen schönen großen Weidenkorb angeschafft. Und mehrere Expeditionen in ihre Lieblingsläden unternommen.

Beim Gedanken daran zog ein Lächeln über sein Gesicht.

Ach, wie schön das war, und wie er dabei an sie hatte denken können.

Und was nicht alles zusammengekommen war.

Wunderherrliche Dinge. Er hoffte, nein, er war sich gewiss, dass Nele es ebenso empfinden würde.

Da gab es zum Beispiel eine Sanduhr. Die nun so ganz und gar nicht Neles Technikverliebtheit in solchen Dingen entsprach. Doch war sie wunderschön, in drei Abteilungen gegliedert, worinnen verschiedenfarbiger Sand rieselte. Er hatte ein Set mit Ölpastellkreiden ausgesucht und allerlei Zeichen- und Malblocks.

Das allerallerschönste aber war der Briefbeschwerer.

Nein, einen Paperweight konnte man ihn nicht nennen. Es handelte sich nicht um ein kostbares Glasgebilde, ein Kunstharzguss oder ähnliches musste es wohl sein, eine Kugel, in der eine vollkommene Pusteblume eingeschlossen war. Aber sie war wunder-wunderschön und Robert fragte sich, wann immer er sie betrachtete, und er musste sie oft betrachten, wie sie das wohl hinbekommen hatten.

Und er schmiegte seinen Kopf noch tiefer in die Lehne des Schreibtischstuhles. Und freute sich. Freute sich auf das kommende Wochenende. Nele. Nele natürlich, vor allem.

Sie wiederzusehen, in seine Arme schließen zu können.

Und Düsseldorf. Und der Rhein. Und ob sie wohl in den Mai tanzen würden? Und dann ihr Geburtstag. Es wäre schön ihre Familie kennenzulernen, ihre Freunde. Aber vor allem ihren Sohn, Tim, auf den war er gespannt.

Viel hatte Nele ja nicht von ihm erzählt. Aber sie musste ihn sehr lieb haben. Das hatte er aus allen ihren wenigen Bemerkungen herauslesen können. Und alleine darauf kam es an. Er musste einfach ein feiner Kerl sein. Ihm doch zumindest würde er begegnen können. Und er freute sich darauf.

Robert freute sich überhaupt.

Robert mit seinen Töchtern. Nele stellte es sich vor. Und er hatte ja auch schon eine kleine Enkelin. Ach, das würde mich auch freuen. Ein Enkelkind, das wär schön.

Was die Kinder wohl von mir denken, Nele stellte sich Sannah vor. Sie mochte sie von Anfang an. Sie war so herzerfrischend offen, so wunderbar entgegenkommend.

Da muss ich sie ja mögen, Nele lächelte in sich hinein. Ob Janne wohl auch so ist. Bin schon gespannt sie mal kennenzulernen. Auch die kleine Gotje. Sie war bestimmt so ein aufgewecktes kleines Mädchen. Sie kommt bestimmt auf ihren Opa. Nele musste lachen. Ach Robert, ich freu mich so auf dich.

Sie musste sich so langsam mal Gedanken machen. Sie wollte ihm so viel zeigen, dabei aber auch ganz lange mit ihm kuscheln.

So, da war es wieder. Dieses schöne Gefühl. Allein der Gedanke an ihn. Ob er wohl ihren Brief schön fand? Hoffentlich kommt er schon am Donnerstag. Wir könnten in den Mai tanzen. Nur wo. Nele nahm sich vor, später im Internet zu forsten. Schließlich hatte sie ewig nicht mehr in den Mai getanzt.

Genaugenommen nur ein einziges Mal. Und das war sowas von lange her.

Und ihr Geburtstag. In den letzten Jahren hatte sie ihn mit ihren Freundinnen gefeiert. Weibergeburtstag sozusagen.

Mit Kaffee und Kuchen, den die Frauen ihr mitbrachten, als deren Geschenk. Sie selber bereitete eine Suppe vor, für den Abend. Weil es schnell ging. Baguettes dazu und fertig. Natürlich noch etwas zum Schnuppen. Aber nicht so viel, da waren sich alle einig.

Diesmal war Robert dabei. Da konnte sie ihn gleich allen vorstellen. Auf Gisa war sie besonders gespannt. Sie konnte so fürchterlich anzüglich sein. Tim würde wie immer mit seiner Freundin vorbeikommen.

Oder aber, ich könnte allen ein Schnippchen schlagen.

Dieses Jahr mach ich nichts. Ich geh mit Robert aus.

Sie stellte sich die Gesichter vor, Verständnis heuchelnd, besonders Sybille. Dabei ist sie die Neugierigste. Nele wurde immer vergnügter. Ich überleg es mir.

So ein Montag war ganz schön stressig. Nele war froh wieder zu Hause zu sein. Ein Arbeitskollege hatte gefehlt, und sie musste ihn vertreten. Wer weiß, warum er nicht da war. Obwohl, nein, er war ja verheiratet.

Ich mach mir schnell ein Butterbrot und schau mal im Internet nach Tanzmöglichkeiten. Robert hatte sich noch gar nicht genau festgelegt. Ob er Donnerstag kommen würde?

Trotzdem, ich schau schon mal nach.

Dienstagabend. Ob mein Brief schon angekommen ist?

Normalerweise ja. Ich ruf sie gleich an. Robert schnappte sich sein Handy und ließ sich auf dem Sofa des Wohlfühlzimmers nieder, baute sich seine eigene kleine Kissenburg zurecht und stellte leise Musik an. So, dachte er zufrieden, bereit. Bereit für Nele. Einmal klick hier und einmal klick da. Tut-tut … Und Neles Stimme. Deutlich und klar. Wie schön einfach das war. Wie schön.

Nele!

Robert!

Wie schön!

Ja!

Sag mal, ist mein Brief schon angekommen?

Ach, Robert, ja, du bist so süß …

Nein, du …

Du, dieser tolle Duft.

Nur für dich.

Ich hab mich so gefreut.

Komm, sag, darf ich Donnerstag schon kommen?

Du musst Donnerstag kommen. Wehe, wenn nicht …

Oh, und ich werde, und wie … Ich hab mir ab Mittag frei genommen und fahre von der Arbeit gleich los. Sag mal, ab wann wirst du wohl zu Hause sein?

Ich weiß es noch nicht so genau. Vielleicht habe ich noch Besorgungen zu machen. Ich geb dir Bescheid. Du meldest dich von Unterwegs, ja? Darum will ich gebeten haben.

Ganz bestimmt tu ich das. Wahrscheinlich werde ich mich sowieso tausendmal verfahren. Spätestens, wenn ich in Kaiserswerth bin.

Dann schmeißt du dein Navi an, hörst du …

Aber ja. Ich werde schon zu dir finden, ganz bestimmt. Du, ich glaube, das wird wohl nicht wärmer werden die nächsten Tage.

Dafür aber trocken bleiben. Jedenfalls bei uns. Ich hab mich schlau gemacht. Trocken und bewölkt, aber die Sonne scheint auch mal.

Na, für zusätzliche Wärme werden wir dann sorgen.

Das werden wir.

Und wie.

Und ob. Du bringst doch gute Laune mit?

Aber hallo! Eine ganze Wagenladung voll. Du, ich freu mich ja so …

Ich mich auch. Robert …?

Hmmm …

Ich hab dich lieb.

Und ich hab dich lieb, ganz doll.

Duu …

Ja, ich weiß …

Ganz groß.

Und ganz, ganz doll.

Und du meldest dich?

Aber ja.

Komm, gib mir einen Kuss …

Du mir aber auch.

Kuss.

Schlaf süß.

Und träum was Schönes. Am liebsten von mir.

Das werde ich bestimmt. Duuu …

Kuss.

Kuss.

Und so trennten sie sich schweren Herzens voneinander.

Und Robert kuschelte sich ganz tief in seine Kissenburg und nahm sich den Stadtführer von Düsseldorf zur Hand.

Bei seinem letzten Besuch, der ja auch sein erster gewesen war, hatte er viel zu wenig von der Stadt mitbekommen, zu sehr war er mit seinem Colloquium beschäftigt gewesen.

Aber eines stand für ihn jetzt schon fest: Düsseldorf war eine schöne Stadt. Eine interessante Stadt. Mit einer sehr schönen, sehr interessanten Frau, die in ihren Mauern lebte. Und die ihn zufälligerweise liebte. Die er bald wiedersehen und mit ihr zusammen ihre Stadt erleben würde. Besser konnte er es nicht getroffen haben.

Nele war noch zu keinem Entschluss gekommen. Es gab einige Tanzveranstaltungen, aber sie kannte sich in den locations nicht aus. Sie musste sich mal bei Gisa erkundigen. Sie war aber erst am Mittwoch erreichbar. Na, das konnte ja heiter werden. Auf den letzten Stipp mal wieder. In der Firma mochte sie nicht fragen. Das hätte wieder Nachfragen zur Folge, und darauf hatte sie keine Lust. Außerdem war einiges schief gelaufen. Ein Angebot war dermaßen fehlerbehaftet, dass es ganz neu erstellt werden musste. Na ja.

Sie war ziemlich geschafft als sie nach Hause kam. Und dann holte sie Roberts Brief aus dem Briefkasten. Sie riss ihn auf, es war so typisch für sie. Obwohl sie doch einen schönen Brieföffner hatte. Aber den benutzte sie nur für offizielle Post, für Rechnungen zum Beispiel.

Sie entfaltete das Papier und roch gleich diesen schönen Duft. Sie schnupperte und ein kleiner Kuss landete unten auf Roberts Namen.

Er würde Donnerstag kommen. Ihr Herz tat einen Freudensprung. Und das ist wirklich so, dieser Satz stimmt und steht nicht nur in Romanen. Nele lächelte vor sich hin und las zur Sicherheit noch mal von vorn ...

Das Telefon. Wer ruft an. Robert.

Nach dem Anruf saß Nele noch eine ganze Weile auf dem Sofa.

Mit angezogenen Knien und darumgeschlungenen Armen und in die Ferne gerichtetem Blick. Sie liebte Robert so sehr.

Und warum war er nicht da. Und sie wollte sich an ihn kuscheln. Und sie wollte ihn küssen. Und sie wollte ihn riechen. Und sie wollte ... Ja, ich will alles das, jetzt.

Aufstampfen ging gerade nicht, dafür setzte sie in Gedanken lauter Ausrufezeichen.

Aber er würde bald da sein. Und alles wird wunderschön sein. Ach, Robert, ich hab dich soo lieb.

Ihr fiel ihr Lied ein. Dieselben Sterne. Und ihr CD Player hatte genug damit zu tun, mindestens zehn Wiederholungen zu organisieren...

Robert war noch nie so aufgeregt vor einer Reise. Dabei waren es nur zwei Gedanken, die in seinem Kopf kreisten: Wie schön. Und: Ich hätte nie gedacht, dass ich so etwas je erlebte. Diese unbedingte Liebe. Ja. So hatte er noch nie geliebt. Es war unvorstellbar. Doch wie wäre es auch nur zu ahnen gewesen? Und nun war sie da. Diese Liebe. Und das in seinem Alter. Er war ebenso überwältigt wie er glücklich war.

Und so fuhr er los, glücklich und all der Staus sich bewusst, die auf ihn lauern würden. Es war ihm sowas von egal. Er hatte eine ganze Stofftasche mit CD's vollgepackt.

Er war gerüstet. Auch die Weingummis durften nicht fehlen.

Lohne/Dinklage erwies sich als haarsträubend. Ließ sich allerdings mit seiner neuen Live-CD von Coldplay spielend meistern. Er dachte an Nele und stellte sich vor, wie sie ein Feuerzeug in die Luft reckte. Und freute sich und grinste über beide Backen wie ein kleiner Junge. Er war durch nichts zu erschüttern.

Auch die anderen Staus waren kein Ding für ihn. Das ganze Ruhrgebiet war ein einziger Stau. Die Leute wollten alle irgendwohin. Er wollte zu Nele. Mit Musik. Mit Musik war alles leicht und schön. Und mit seiner Liebe.

Die wärmte seinen Bauch. Und sein Kopf war frei. Für sie.

Für Nele.

Zweimal hatte er sich von unterwegs gemeldet. Sie würde da sein. Bis er Kaiserswerth erreichte, würde sie zu Hause sein. Sie würde ihn erwarten.

Und dann fand er die richtige Ausfahrt. Und in der Nähe des Kalkumer Schlosses eine freie Parkbucht. Da hielt er an, um Nele vor seiner Ankunft eine letzte Nachricht zu senden.

Ich bin am Kalkumer Schloss, schrieb er, und schmeiß jetzt das Navi an. Bis gleich. Und setzte einen übers ganze Gesicht strahlenden Smiley dahinter. Und wartete auf Neles Antwort.

Er bekam einen ebensolchen Smiley zurück. Sie war da.

Sie wartete auf ihn.

Also das Navi in Gang gesetzt und ihre Adresse eingegeben.

Und auf gings. Eine angenehm unbeteiligte weibliche Stimme geleitete ihn. Sie machte ihre Sache gut. Nur mit der Parkplatzsuche war es wieder ein Problem. Doch die Gegend gefiel ihm, sie war so schön lebhaft, alles wirkte so freundlich hier, beim letzten Mal hatte er gar nicht so darauf geachtet.

Robert ließ alles Gepäck im Wagen. Nun gab es nur noch eines: Nele. Sie wieder in den Armen zu wiegen, oh ...

Und er klingelte, und wie sie die Haustür öffnete stürmte er die Treppe hinauf.

Dort stand sie, Nele, und sie fielen sich in die Arme. Es war so, so wunderschön ... und du hast deine Haare anders, du, das gefällt mir aber gut, und Shalimar ...? Ja ... Und du ... Du ... Küsse, Küsse ...

Nele konnte sich gar nicht satt sehen an Robert. Es war so schön ihn endlich wiederzusehen.

Komm, setz dich doch. Nele hatte Robert ins Wohnzimmer geführt. Du bist bestimmt müde. Ich mach uns einen Kaffee, ja? Wo hast du denn geparkt?

Ach du, ungefähr da, wo ich das letzte Mal gestanden hab.

Ich hab auch mein Gepäck noch im Wagen. Aber eine Tasse Kaffee trink ich gerne. Robert zog Nele an sich. Ich freu mich so. Und ich erst. Die Kaffeemaschine wurde noch nicht gleich malträtiert, denn etwas knuddeln musste schon sein.

Ich hab uns Kuchen mitgebracht. Weißt du, ich hol uns alles hierher. Nele ging in die Küche. Du, Nele, was hältst du davon, wenn ich vorher rasch das Gepäck hole.

Robert sah Nele in der Küche den Kuchen auspacken. Hmmmh, leckerer Käsekuchen, lachte er. Ich beeil mich. Nele drehte sich mit dem Tortenheber in der Hand um. Warte, und schon wurde Robert mit einem Kuss auf die Nase bedacht.

Soll ich mitgehen und dir helfen, oder kommst du alleine klar? Na, ich komm schon klar. Robert lachte. Ich bin ja keine Frau, und von Natur aus schön. Da brauch ich kein Beauty Case, und komm mit einem Koffer aus.

Robert überlegte, ob er die Reisetasche mit dem Korb im Auto lassen sollte. Aber er entschied sich dann doch dafür, alles mitzunehmen.

Schwer bepackt kam er zurück, und Nele wunderte sich.

Von wegen du brauchst nicht viel. Sie bat Robert, alles ins Kinderzimmer zu bringen. Du kannst die Sachen ruhig aufs Bett legen. Es wird ja sowieso nicht benutzt. Wenn du Kleiderbügel brauchst, nimm sie dir aus dem Schrank. Die Schranktüren waren außen mit Garderobenhaken versehen. Sie wurden oben auf den Türrahmen geschoben, und so konnte dann das Kleidungsstück am Schrank hängen und auslüften.

Robert machte sich keine große Mühe. Er war das Reisen gewohnt. Er konnte gut aus dem Koffer leben.

Die Reisetasche stellte er auf den Boden.

So, fertig, wieso wird das Bett nicht benutzt, schlaf ich nicht hier?

Nele lachte. Wenn du mich ärgerst, wirst du natürlich ausquartiert, dann kannst du zur Strafverschärfung erstmal das Bett freiräumen. Das kommt besonders gut, wenn man sauer ist.

So, komm, der Kaffee ist fertig.

Beide setzten sich auf die Couch. Ich hab leider keinen so schönen Kamin, aber ich hab eine wunderschöne Beleuchtung.

Nele nahm eine kleine Fernbedienung in die Hand. Sie drückte darauf, und der gegenüberliegende große alte Schrank mit den großen Glastüren in der oberen Hälfte, wurde in ein wunderschönes Licht getaucht.

Warte, Nele stand auf, und verdunkelte das Zimmer ein wenig, indem sie die Rollos herunterließ und so stellte, dass nur wenig Licht von außen durchdringen konnte.

Auf dem Tisch standen einige Kerzen. Sie brannten schon.

Robert sah im Schrank viele Glaskugeln stehen. Sie wurden durch LED Lichterketten beleuchtet. Diese konnte man in der Farbe verändern.

Schau mal Robert, welche Farbe gefällt dir am besten?

Robert war fasziniert. Du, die muss ich mal eben aus der Nähe betrachten. Er stand auf und ging zum Schrank.

Dort standen wunderschöne Paperweights. Jedes von ihnen war eine nähere Betrachtung wert.

Nele bestand jedoch auf Kaffee und Kuchen, und nachdem sie sich auf eine Farbe der Lichterkette geeinigt hatten, es war ein schwaches gelb, konnte das Kaffeetrinken beginnen.

Robert fühlte sich wohl in Neles schöner Wohnung. Mehr noch, er fühlte sich, wie wenn er eben erst nach Hause gekommen sei und gar nicht lange fort gewesen wäre. Und Nele war ihm so vertraut. Wie sie sich in den Arm genommen und geküsst hatten, das war ganz ohne Zögern geschehen, ohne jegliche Verlegenheiten, die ja doch hätten aufkommen können nach der langen Trennungszeit.

Doch nichts dergleichen. Er war da. Sie hatte auf ihn gewartet. Sie gehörten zusammen, da brauchte gar nichts weiter gesagt zu werden. Und doch lag ihm so vieles auf der Zunge. Die Kerzen auf dem Tisch ... und der Schrank mit den funkelnden Gläsern, in warmes gelbes Licht getaucht ... es war traumhaft schön.

Und ein ganz klein wenig ärgerte er sich nun. Er hatte nämlich während seiner Einkaufstouren für eine kleine Weile damit geliebäugelt einen LED-Sockel mit zugehöriger Bergkristallspitze als Geschenk für Nele auszuwählen, hatte die Idee dann wieder fallen lassen, weil er unsicher war ob es ihr gefallen würde. Nun wusste er, dass er es ruhig hätte riskieren dürfen, es hätte sich wunderbar in ihre Wohnung eingefügt. Sie würde den Bergkristall wohl nicht ihren Glaskugeln zugesellt haben, doch hätte sich leicht ein geeigneter Platz finden lassen, an dem er wunderbar zur Geltung gekommen wäre. Denn auch dieser Sockel beleuchtete den Kristall abwechselnd in den unterschiedlichsten Farben, ließ sich aber wie Neles Lichtband auf eine bestimmte Farbe feststellen. Aber, tröstete Robert sich nun, was nicht ist, kann ja noch werden.

Genüsslich nahm er einen Bissen von dem Käsekuchen und trank einen Schluck Kaffee hinterher.

Ich kann dir gar nicht sagen, wie wohl ich mich bei dir fühle. Und wie gut mir dein Schrank gefällt mit dem schönen Licht. Ich habe eine ausgesprochene Schwäche dafür, will ich dir gestehen. In der Weihnachtszeit behänge ich die Geländer und Verstrebungen der Wendeltreppe mit ganz vielen Lichterketten. Alle möglichen Sorten, Farben und Formen sind dann vertreten, alles was sich im Laufe der Jahre angesammelt hat. Und im Wohnzimmer sieht es nicht anders aus. Aber wenn ich von Weihnachtszeit sprach, eigentlich geht es damit im November bereits los und ich lasse sie bis Anfang März hängen, du hast sie also nur knapp verpasst. Und dass du auch das Kerzenlicht so magst wie ich, du, es ist einfach zu schön. Robert warf Nele einen verliebten Blick zu. Vergaß dann aber auch den nächsten Kuchenbissen nicht. Und nicht den Kaffee.

Gut, dass du dich für Käsekuchen entschieden hast. Er linste zu Nele hinüber, ein schelmisches Grinsen im Gesicht. Sahnetorte käme für mich auf keinen Fall mehr in Frage. Ich habe jetzt nämlich eine Liebste, an deren guter Meinung mir sehr gelegen ist. Und soweit ich mich erinnere hat die einmal gesagt, dass gegen einen Mann mit einem kleinem Bäuchlein durchaus nichts einzuwenden wäre. Wobei, wenn mein Gefühl nicht trügt, die Betonung auf dem 'klein' gelegen hat. Bisher habe ich mir noch nie großartig Gedanken darüber gemacht. Aber damit ist jetzt Schluss. Entsagung ist angesagt. Schielte zum Käsekuchen. Und verputzte munter den Rest seines Stückchens.

Nele besah sich ihren Liebsten. Er gefällt mir richtig gut, dachte sie. Und lachte ihn an. Solange dein Bäuchlein oder dein Bauch nicht bei gewissen Dingen stört, ist es mir gleich. Und da wir beide ja höchst akrobatisch veranlagt sind, musst du vorläufig keine Angst vor Entsagung haben.

Also, möchtest du noch ein Stück? Robert schlug vor es zu teilen. Damit war Nele einverstanden. Sie schüttete beiden Kaffee ein. Schade, dass ich die Lichterketten nicht gesehen habe. Aber wie kannst du sie nur soo lange hängenlassen. Du verpasst ja den Frühling. Oder sind es keine Weihnachtsmotive, die da hängen?

Nein, so Robert, das passt noch zum Februar. Außerdem ist danach erst Frühlingsanfang.

Das Beste, so Nele, ich dekoriere auch immer schon im November. Und dieses Jahr häng ich einen Adventskalender auf. Aber einen selbstgefüllten. Für dich sind dann auch Geschenke drin. Es müssen aber ganz kleine sein. Sie sollen ja in die Stoffbeutel passen. Beide lachten und Robert zog Nele an sich. Du, Nele, ach egal ...

Was ist denn, Nele schaute fragend. Ach nichts, mir fiel gerade nur etwas ein.

Du sagst jetzt sofort, was es war. Sonst ...

Ja, was sonst?

Sonst kitzel ich dich aus.

Nele machte sich schon über Robert her. Was hast du überhaupt alles so an. Hier ist es warm genug. Also zieh ich dir schon mal dein Sweatshirt aus. Du kommst ja nicht auf sowas.

Nein, Robert hielt Nele fest. Das bleibt an. Ich wollte dir doch nur sagen, wie lieb ich dich habe.

Nele ließ sofort von ihrem Vorhaben ab und kuschelte sich an Robert. Ich hab dich auch so lieb.

Beide sahen sich in die Augen, küssten sich ausgiebig, und alles war gut.

Das Kaffeetrinken zog sich dennoch in die Länge. Nele wollte so viel von Robert wissen, aber vor allem interessierte sie sich für Roberts Töchter.

Du, was haben deine Töchter eigentlich so gesagt. Aber, sei bitte ehrlich. Auch wenn es nicht so was Nettes ist.

Robert machte ein bedenkliches Gesicht. Ich weiß gar nicht, ob ich es dir sagen soll.

Ohjehh, Nele schaute ganz bedröppelt. Ich dachte ja, dass Sannah ... aber so ist das eben. Bin mal gespannt, was Tim alles einfällt. Immerhin hat er es mir gestattet, dich zu kennen.

Und was haben sie so gesagt? Nele schaute Robert fragend an.

Mit den Mädchen, das hatte ich dir eigentlich gar nicht erzählen wollen …

Da – war es aber nun die Nele, die ein bedenkliches Gesicht zog.

Jedenfalls, begann Robert, wie er das gewahr wurde, gegenzusteuern, nicht so bald. Aber es steckt ja kein Geheimnis dahinter, und vor dir will ich auch gar keine Geheimnisse haben, erzählt hätte ich dir auf jeden Fall davon, und wenn du schon danach fragst … also, zuerst vielleicht, wegen Sannah, da brauchst du dir gar keine Gedanken zu machen, die hat dich ganz fest in ihr Herz geschlossen, das kann ich dir sagen … und das andere, ja, du, da musst du mir aber versprechen, dass du mich nicht auslachst dabei … Robert sah Nele bittend an und die blinzelte ihm aufmunternd zu.

Nun gut, Robert fasste sich ein Herz, ich hatte mich mit ihnen treffen wollen um ihnen zu sagen, dass es mir ernst ist mit dir, Nele, dass ich noch nie jemanden so lieb hatte wie dich und dass ich mit dir zusammenbleiben möchte …

siehst du, und jetzt lachst du mich doch aus …

Aber nein, ich lache dich an, das ist ein riesengroßer Unterschied, und ich finde das gut und richtig was du da sagst, und ich freue mich darüber, und wie, weil, so fühle ich doch auch, und was soll denn daran falsch sein?

Dass es vielleicht noch zu früh ist, meinte Robert, zu früh, um das mit solcher Bestimmtheit zu sagen. Darum mache ich mir Gedanken.

Ach, du Dummer, nun muss ich aber doch unbedingt …

und sie begann erneut an Roberts Sweatshirt herumzunesteln … weißt du eigentlich wie toll ich das finde, dass es so früh schon geschehen ist, und dass es mir doch genauso geht, und wie schön das ist, duuu, und alles Übrige, das findet sich von ganz alleine …

Aber da beschloss Robert, zumindest sweatshirtmäßig, etwas Widerstand zu leisten. Zumindest vorübergehend.

Und er schob Nele sanft beiseite und beugte sich zu ihr hin um ihr in die Augen schauen zu können.

Weißt du, dass Sannah sinngemäß genau dasselbe gesagt hat wie du? Laufen lassen, hat sie gesagt, und das finde ich sehr gescheit, und da sieht man mal wieder, dass ihr Frauen viel klüger seid als wir Männer, nun, also, gut, dann lassen wir es einfach laufen, oder halt, nein, nein, du nimmst da jetzt sofort deine Finger weg …

Uhh! Nele nahm keine weitere Notiz davon.

Nele! Robert versuchte streng zu wirken, was ihm aber nicht so recht gelang. Nun lass uns doch erst einmal abräumen, wir bringen alles in die Küche und du zeigst mir deine wundersamen Küchengeräte bei der Gelegenheit, oder, halt, nein, das verschieben wir auf später, lieber setzen wir uns auf deine Couch da, die macht mir einen sehr einladenden Eindruck, und ich bewundere dieses aufregende, noch dazu völlig knopflose Top, das du da trägst. Erinnerst du dich noch, wie ich mich mit den Knöpfen deiner Bluse abgezappelt habe, du, das finde ich sehr fürsorglich von dir, dass du dich heute so angezogen hast …

Und sie beide schmiegten sich aneinander und kicherten vergnügt ob dieser Erinnerung und merkten schon, dass da so manches war, das sie miteinander verband.

Was Nele nicht davon abhielt zu erwähnen, dass sie seinerzeit bereits darauf hingewiesen hätte, dass sie Blusen eher nicht so gerne trug. Und Robert einen Flunsch zog und demonstrativ empört ´Spaßbremse!´ murmelte, allerdings laut und vernehmlich, was Nele dazu veranlasste ihn ordentlich zu knuffen.

Ach was, mein Prinz, erklärte sie, das habe ich doch nur deinetwegen angezogen!

Was Robert versöhnlich stimmte. Das klingt schon besser!

Also: wollen wir es mit der Couch versuchen? Ich bin mal gespannt wie sich das anlässt, wenn ich mit deinem Top und du mit meinem Sweatshirt wir uns so paarweise ineinander verheddern, ich glaube, dass wird alles übertreffen was wir jemals miteinander veranstaltet haben.

Und ganz nebenbei erzählst du mir noch, was du mit uns beiden geplant hast für dieses Wochenende. Also, kleidungsmäßig bin ich eigentlich für alles gewappnet, nur für eine schwarze Messe nicht. Aber mal ernsthaft, du, deinen Tim, den werde ich doch hoffentlich auf jeden Fall kennenlernen?

Tim wirst du spätestens an meinem Geburtstag kennenlernen. Aber vielleicht treibt ihn die Neugier ja schon früher zu mir.

Immerhin muss er schellen, wenn er kommt. Nele lachte.

Er hat zwar einen Schlüssel, aber nur für Notfälle. Und hier ist ja momentan kein Notfall angesagt.

Nele fing an die Teller zu stapeln, und beide brachten das Geschirr in die Küche. Ab damit in die Spülmaschine.

Robert sah sich in der Küche um und zeigte lachend auf ein blaues Licht. Ahh, was seh ich denn da?

Der raffinierte Korkenzieher. Ja, genau, ist der nicht stark?

Nele nahm ihn aus der Ladestation und Robert konnte ihn sich genau betrachten. Doch, verkündete er, er sieht noch besser aus, als ich ihn mir vorgestellt habe.

Den kannst du später ausprobieren. Oder möchtest du jetzt mal? Warte, ich hol eine Flasche Wein. Wie, Robert sah Nele fragend an, wollen wir jetzt schon Wein trinken?

Nein, aber zum Ausprobieren können wir die Flasche doch ruhig schon mal öffnen.

Nele, es darf wohl nicht wahr sein. Aber ja, komm, gib mir die Flasche. Ohh, was haben wir denn da Gutes. Ich denke, du kennst dich mit Weinen nicht so aus?

Lieber Robert, ich habe mich im Supermarkt von einem netten, älteren Herrn beraten lassen. Er sah, wie ich unschlüssig vor den Regalen hin und herlief. Ich wollte doch einen besonderen Wein für uns aussuchen. Er hatte sich fünf Flaschen von diesem Rotwein bereits in den Wagen gelegt. Es ist wirklich ein gutes Tröpfchen, und der Preis stimmt auch. Er sah mich an. Den Wein kann ich empfehlen. Diese australischen Weine, meinte er, sind wirklich nicht schlecht.

Also hab ich mich auch dafür entschieden.

Ja, so Robert, fehlt nur noch ein Känguru. Aber es stimmt, es gibt sehr gute Weine von dort.

So. Es geht los. Robert nahm den Korkenzieher. Halt, Nele gab ihm den Kapselschneider. Bitte sehr. Auch das noch, staunte Robert. Komisch, ich entkorke jede Flasche, und hab noch nie einen Kapselschneider benutzt. Aber, er lachte, ich seh schon, du hast wirklich etwas sehr Nützliches gekauft. Er fing sich dafür einen Knuff ein.

Tata, achte drauf, wie leicht es jetzt geht, und, sieht es nicht toll aus? Ohne Kraftanstrengung wurde die Flasche entkorkt, und Robert sah sofort, dass er genau so etwas dringend auch für sich brauchte.

Wir könnten ja ein Schlückchen probieren. Nele holte Gläser, und beide stießen an, auf sich, und eine schöne Zeit in Düsseldorf. Als Nele ihren Robert so ansah, wurde ihr ganz warm ums Herz. Es war so schön, dass er endlich da war. Es war genau so gewesen, wie sie es sich erhofft hatte. Da war nichts Fremdes zwischen ihnen. Als wären sie nie getrennt gewesen, so fühlte es sich an. Sie musste ihn unbedingt küssen. Auf den Kopf, auf die Stirn, auf die Nase und ganz vorsichtig auf seine Augen, die er schon vorsichtshalber geschlossen hatte. Sie umschlang ihn mit ihren Armen und drückte ihn an sich. Sooo, ich lass dich nie mehr weg. Damit du Bescheid weißt. Und Robert schien Bescheid zu wissen, er hielt ganz still und ließ alles mit sich geschehen. Und als sie aufhörte, seufzte er, ist es schon zu Ende? Mach ruhig weiter.

Das könnte dir so passen. Nele schmunzelte und gab Robert schnell noch einen Kuss.

Du, heute Abend gehen wir ins Stahlwerk, und tanzen dort in den Mai. Vorher essen wir hier, ja? Ich hab schon was vorbereitet für uns. Und morgen fahren wir zum Essen nach Angermund. Ich hab für uns beide einen Tisch reserviert. Allerdings erst für den frühen Abend. Dann haben wir Zeit uns zu erholen von der Tanzerei.

Jetzt aber setzen wir uns endlich auf die Couch. Was wollten wir denn da eigentlich?

Auf die Couch wollten wir, um noch etwas zu erzählen, wobei wir natürlich das Küssen nicht vergessen dürfen.

Du, sagte Robert, wie er sich niederließ und Nele an sich zog, das Stahlwerk, das sagt mir was, davon habe ich gelesen, schließlich wollte ich nicht unvorbereitet hierherkommen. Er plinkerte mit den Augen und gab Nele einen herzhaften Kuss auf den Mund. Solche Orte interessieren mich. Ich stelle es mir etwa so vor wie Kampnagel in Hamburg, oder das Kölner Stollwerck. Und im Ruhrgebiet, na klar, da gibt es noch ganz vieles in der Art, aber da kenne ich mich gar nicht mehr so aus, weil ich lange nicht mehr dort gewesen bin. Und dass ein Beachclub zu dem Stahlwerk gehört, daran kann ich mich auch noch erinnern.

Hey, du bist aber gut vorbereitet … Nele puffte Robert liebevoll in die Seite.

Der lachte. Na, damit erschöpft sich meine Weisheit aber auch. Auch wenn ich ordentlich was gelesen habe, es bleibt ja nicht alles hängen. Eigentlich eine Schande, dass ich Düsseldorf bisher so sträflich vernachlässigt habe.

Aber ich hatte ja auch keine rechte Veranlassung dazu. Na, das ändert sich ja nun.

Und hoffentlich gründlich. Und hoffentlich wird es nicht das letzte Mal sein, dass ich hier bin, du, ich finde es einfach klasse, dass wir beide in so interessanten Städten wohnen. Und? Im Stahlwerk, da geht also ordentlich die Post ab?

Und im Treibgut. So heißt nämlich der Beachclub. Da wird es heute aber eher so elektronische Musik geben, aber im Stahlwerk selbst, da geht es dann querbeet.

Ach, meinte Robert, wir probieren einfach alles aus. Du weißt ja, ich kann mich mit jeder Musik anfreunden. Nur Laune muss es machen, und das wird es bestimmt. Wir können es ja ruhig erstmal mit Draußen versuchen, du, ich freu mich riesig darauf, aber sag mal, fahren wir mit der Bahn dorthin?

Ja. Wir haben hier eine Station in der Nähe, du wirst schon sehen, und beim Stahlwerk ist auch gleich eine.

Du … ich freu mich auch so …

Na, und wie … Robert konnte einfach nicht anders, er musste Nele wieder in den Arm nehmen.

Und dann lassen wir einfach alles auf uns zukommen.

Wenn es spät wird können wir ja ein Taxi nehmen für den Rückweg, oder die Düssel hinunterpaddeln, dann den Rhein, und an der Kaiserpfalz anlegen, ach Nele, es ist einfach zu schön, und du auch, du bist auch einfach zu schön, du, ich muss dich jetzt unbedingt küssen … mmmh … süße Küsse … du schmeckst nach Käsekuchen …

lecker … aber, hör mal, müssen wir uns nicht langsam um das Essen kümmern? Oder hast du etwas sehr praktisches vorbereitet? Robert schmunzelte. Dir ist ja bekanntlich alles zuzutrauen. Und duschen würde ich auch gerne noch, wenn ich darf, und mich umziehen. Und das Bulgari will ja auch noch zum Einsatz kommen …

Wir nehmen die U79 und steigen am Klemensplatz ein.

Am Hauptbahnhof steigen wir um in die U75 und sind kurz drauf schon da. Zirka fünf Minuten dauert der Fußweg bis zum Stahlwerk. Alles in allem eine halbe Stunde und wir sind an Ort und Stelle.

Weißt du, was ich vorbereitet habe? Ich hoffe, du magst es. Es ist ein Tortelliniauflauf mit Brokkoli. Er ist fix und fertig, und ich muss ihn nur noch mit Käse überbacken.

Nele sah Robert an. Der nickte erfreut mit dem Kopf. Das ist eine gute Idee von dir gewesen.

Nele schlug vor, nach dem Essen zu duschen und sich fein zu machen. Dann ist es nicht so schlimm, wenn man sich bekleckert, lachte sie.

Ich geh jetzt in die Küche, und du kannst dich ja ein bisschen hier umsehen. Dahinten stehen Bücher und auf dem Tisch liegen Spiele. Oh ja, kannst du Schach spielen, Robert? Der nickte mit dem Kopf. Sieh mal, was hier noch liegt.

Auf dem Tisch lagen Tarot Karten. Die hab ich mir gekauft. Und sie leg ich mir, nur manchmal. Immer wenn ich traurig bin. Nele fühlte, wie sie verlegen wurde.

So, also, ich geh jetzt. Bis gleich.

Robert schaute sich Neles Bücher an. Na, das war ja ein richtiges Sammelsurium. Man müsste sie unbedingt ordnen, dachte er. Ich werde es ihr vorschlagen. Er selber hatte auch eine gewisse Ordnung in seinen Büchern.

Welches wohl ihr Lieblingsbuch ist. Ich werde sie danach fragen.

Sein Blick fiel auf ein Bild. Es steckte in einem Bilderrahmen aus Glas. Nele, ein gutaussehender Mann, und ein kleiner Junge stand vor den beiden. Das waren bestimmt Alexander und Tim. Er besah sich das Bild eingehend. Wie jung Nele da war. Schön war sie damals auch, dachte er.

Komisch, dass sie ein Bild mit Alexander gewählt hatte.

Es hätte doch gereicht, ein Bild von Tim in den Rahmen zu stecken.

Na ja. Es war ja ihre Sache.

Ein schöner Bildband fiel ihm auf. Ach ja, sie mochte ja die Künstler. Der Blaue Reiter. Und daneben ganz viele Bücher, die mit Kunst zu tun hatten. Bunt gemischt.

Typisch Nele. Sie mag so gut wie alles, glaub ich jedenfalls. Robert schmunzelte vor sich hin. Hauptsache, sie mag mich am meisten. Und das ist so. Er war sich sicher.

Nele klapperte in der Küche. Kurz darauf rief sie. Ich bin soweit. Robert schnupperte. Hmmmh, das riecht aber gut.

Nele hatte einen kleinen Tisch in der Küche gedeckt. Sie holte den Auflauf aus dem Backofen, und das Essen konnte beginnen. Was möchtest du denn trinken? Robert entschied sich für ein Düsseldorfer Alt. Damit ich schon mal weiß, wie es schmeckt. Später steig ich auf was anderes um. Beide lachten.

Der Auflauf war ihr gut gelungen. Das Alt schmeckte auch dazu, und nachdem das Geschirr in der Spülmaschine gelandet war, durfte Robert als erster ins Bad gehen.

Mach dich schön. Und vergiss das Bulgari nicht. Ein ausgiebiger Kuss und nochmal ein Lob für Neles Kochkunst.

Ich such in der Zeit meine Anziehklamotten zusammen.

Nele verschwand im Schlafzimmer.

Das Telefon klingelte.

Geh du nur ans Telefon, rief Robert, ich geh solange duschen und zieh mich um. Du kannst dir ruhig Zeit lassen.

Ja, ist gut, rief Nele zurück.

Robert verschwand im Besucherzimmer, öffnete seinen Koffer und begann seine Sachen zurechtzulegen. Ein Hemd? Nein. Besser etwas wärmeres, man konnte dem Wetter nicht trauen. Ein Sweatshirt. Eines seiner geliebten Sweatshirts mit Reißverschluss. Schwarz. Und die Hose auch. Schwarz. Die eine Jacke, die er mitgenommen hatte, war ohnehin schwarz. Mit schwarz konnte man nichts falsch machen. Und dann angelte er sich noch seinen Kulturbeutel hervor und schritt solchermaßen bepackt Richtung Badezimmer. Nele schien immer noch am Telefonieren.

Er legte seine Sachen auf einem kleinen Hocker ab und schaute sich um. Schön. Auch hier alles licht und freundlich. Und fraulich. Der Spiegelschrank. Mit Lichterkette. Robert schmunzelte. Und noch ein offenes Schränkchen daneben. All die Fläschchen, Tiegelchen und Flakons. Robert mochte das. Fraulich. Weiblich. Und es widerstrebte ihm hier einzugreifen. Er würde seine Sachen wieder ins Besucherzimmer zurückbringen. Er konnte Nele später immer noch fragen, ob sich hier ein Plätzchen für ihn freischaufeln ließe.

Aber erst einmal holte er sein Duschgel hervor, seine Lotion, seinen Deostick, das Bulgari natürlich. Na, und den Mund könnte er sich auch nochmal spülen mit Meridol. Sich kussfrisch machen. Jaja … Handtücher …

ach du liebes Bisschen … daran hatte er gar nicht gedacht.

Aber da hingen genug an den Haken. Und die machten einen ungebrauchten Eindruck. Wahrscheinlich hatte Nele sogar schon welche für ihn dazugehängt, so viele konnte sie unmöglich für sich selbst verwenden. Na, das war jetzt nicht so wichtig, das würde sich regeln lassen.

Robert zog seine alten Sachen aus, schob den Duschvorhang beiseite und legte seine Utensilien parat. So … sich vorsichtshalber mal mit den Apparaturen vertraut machen, na, nö, nichts außergewöhnliches. Also rein in die Wanne. Den Duschkopf in die Hand genommen und vorsichtig ausprobiert. Na klasse, Robert musste mal ausgiebig grinsen, sogar in Düsseldorf gab es warmes Wasser. Er steckte den Duschkopf an die Halterung zurück. Dann konnte es ja losgehen.

Hmmm … das tat jetzt aber gut. Roberts Lieblingsduschgel. Mit Bio-Caffeine und Açai. Der Duft allein war schon umwerfend. Und dann noch seine Vanille-Lotion. Und das Bulgari. Da konnte ja nichts schiefgehen.

Warum er Nele wohl erzählt hatte, dass er Schach spielte?

Ein Reflex wahrscheinlich. Robert spielte alles, nur kein Schach. Dafür war er viel zu ungeduldig. Er griff immer gleich mit allem an was er hatte, und das wars dann. Na, da würde Nele sich aber freuen, wenn sie spielend gegen ihn gewann. Ach, Quatsch, zum Schachspielen würden sie wohl kaum Zeit finden.

Und das Bild mit Alexander und Tim … noch einmal darüber nachgedacht fand er das völlig in Ordnung, dass es da stand. Eine glückliche kleine Familie. Schließlich werden sie sich einmal geliebt haben. Man heiratete niemanden, den man nicht liebte, und so ein gefühlvoller Mensch wie Nele gleich gar nicht, so viel stand einmal fest.

Ob Nele wohl noch sehr an Alexander hing? Obwohl er ihr sicher sehr wehgetan hatte. Doch das eine musste mit dem anderen nicht notwendigerweise zu tun haben. Er würde sie einmal behutsam danach fragen. Aber bestimmt nicht an diesem Wochenende. Dazu war es auch ganz entschieden zu früh. So weit waren sie noch nicht.

So! Jetzt aber raus aus der Wanne. Abtrocknen. Mit wem sie wohl telefonierte? Er würde es früh genug erfahren.

Schön ordentlich mit der Lotion eincremen. Deo. Einige Tröpfchen Bulgari. Perfekt. Anziehen. Die Shorts schwarz-weiß kariert, ansonsten alles schwarz, auch die Socken. Doch, doch … Robert schnitt sich eine Grimasse im Spiegel. Es konnte losgehen. Was auch immer ihn erwartete.

Er schnappte sich seine Sachen und machte sich auf. Die schmutzige Wäsche verstaute er in einem Seitenfach seines Koffers, so machte er das immer, einfache Sache.

Und den Kulturbeutel? Ach, auf den Schreibtisch damit.

Wie hübsch … So ein richtiger Schülerschreibtisch. Ganz sicher von Tim. Wie süß. Na, aber jetzt mal schauen. Nele …?

Robert sah Nele mit dem Telefon in der Hand dasitzen. Sie sah ganz verstört aus.

Was ist los? Nele schaute ihn kurz an, und dann senkte sich ihr Blick. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Tim war am Telefon.

Ist denn etwas Schlimmes passiert?

Ja.

Darf ich es wissen?

Ja, natürlich.

Cassius ist sehr krank. Er muss stündlich eine starke Medizin einnehmen.

Wer ist denn Cassius?

Ach so, das weißt du ja nicht. Tims Hund heißt Cassius. Er hat ihn bei seinem Auszug mitgenommen. Es ist ein kleiner CairnTerrier. Er ist soo süß und so lieb, du kannst es dir nicht vorstellen.

Das finde ich aber auch sehr traurig. Robert setzte sich zu Nele. Wir wollen aber doch hoffen, dass die Medizin hilft.

Ja, nur das Problem ist ein anderes.

Ich trau mich kaum es dir zu sagen. Nele sah ganz verzweifelt aus.

Tim und Nicki, seine Freundin, wollten heute Abend zu Nickis Eltern fahren. Morgen wird die Goldene Hochzeit ihrer Eltern gefeiert. Ganz groß wird gefeiert. Nicki hat ein Programm mit ihren Geschwistern vorbereitet. Nun kann aber Cassius nicht mitfahren. Der Tierarzt hat dringend davon abgeraten. Nicki hat aber keinen Führerschein. Und sie mag auch Cassius nicht so besonders. Tim muss sie aber zu den Eltern bringen, das ist doch klar. Nur, wer gibt Cassius die stündliche Medizin?

Jetzt hat er mich gefragt, ob ich ihn bis morgen Mittag nehmen kann. Er bleibt nicht in Freiburg. Er fährt morgen früh wieder zurück.

Ich hab ihm gesagt, dass wir ins Stahlwerk gehen, und dass es nicht geht. Er hat es eingesehen, aber er war so traurig.

Er wusste nicht, wen er fragen sollte. Nachbarn konnte und wollte er Cassius nicht zumuten.

Jetzt liefen bei Nele die Tränen. Und ich will auch nicht, dass Cassius zu Fremden muss. Der arme, kleine Hund, er tut mir so leid.

Ach du, Robert nahm Nele in den Arm. Wein doch nicht, du hast doch hoffentlich gesagt, dass er ihn bringen kann.

Ja, schluchzte Nele, hab ich, aber dann können wir doch nicht weg. Und bist du mir jetzt böse, dass ich dich nicht gefragt habe?

Ach Nele, wie kommst du darauf, dass ich dir böse sein könnte deswegen. Ich würde es eher merkwürdig finden, wenn du Cassius nicht nehmen würdest.

Nele musste vor lauter Erleichterung noch mehr weinen.

Sie fiel Robert um den Hals. Du, ich hab dich soo lieb.

Danke schön, dass du so viel Verständnis für mich hast.

Du, Nele, sag einmal, wenn dein Sohn heute noch ganz bis nach Freiburg fahren muss, wäre es dann nicht besser, wenn wir den Cassius abholen?

Willst du nicht gleich noch einmal anrufen und Bescheid geben, dass wir vorbeikommen?

Und er muss sich doch auch nicht so hetzen, oder? Es reicht doch, wenn er zu deinem Geburtstag wieder hier ist.

Aber bitte, entscheide du, oder entscheidet ihr, ich kenne mich doch da nicht aus. Du kannst mich bei der Gelegenheit ja mal aufklären.

Jedenfalls werde ich mich gerne am Hundesitten beteiligen. Und zwar so lange wie das notwendig ist, das ist doch wohl klar.

Ohh, ja, du, ich ruf sofort an. Es ist auch nicht so weit. Er wohnt in Duisburg - Großenbaum. In ungefähr zwanzig Minuten ist man da. Nele griff zum Telefon.

Ja, Tim, ich bin's. Du, Robert meint, wir könnten doch Cassius bei dir abholen. Dann musst du keinen Umweg machen. Pack doch alles zusammen, wir sind gleich da.

Tim schien erleichtert. Das finde ich aber sehr nett von ihm. Sag ihm das, und dass ich mich darüber freue. Bis gleich. Du, Tim, noch eins. Bleib doch in Freiburg, zumindest morgen noch. Wir passen auf Cassius auf. Nein, nein, Tim wehrte ab. Warum denn nicht, wollte Nele wissen. Ach Mama, ehrlich gesagt, ich bin froh, wenn ich schnell wieder weg bin. Sie gehen mir sowieso auf die Nerven. Nicki wird übrigens von ihrem Bruder nach Hause gebracht. Er nimmt sie auf dem Rückweg mit.

Na gut, so Nele, du musst es wissen. Ich sag mal bis gleich.

Du, Tim, schreib mir bitte die Anschrift und Telefonnummer deines Tierarztes auf. Es kann ja mal was sein.

Wann musst du denn mit Cassius wieder hin? Na gut, am Samstag bist du ja dann wieder da, und kannst mit ihm zum Arzt. Bis gleich.

Du, er freut sich, wenn wir ihn abholen. Danke soll ich dir sagen. Nele drückte Robert und küsste ihn.

Du, sollen wir fahren? Tim kommt übrigens auf jeden Fall morgen zurück. Er ist froh, schnell wieder zuhause zu sein.

Warte, ich hol noch eben eine Decke. Nicht, dass Cassius frieren muss.

Ich hab mein Auto übrigens auf einem Parkplatz stehen.

Wir müssen etwas laufen bis dahin.

Ach was, so Robert, wir nehmen meins.

Sie zogen sich rasch ihre Jacken über und machten sich auf den Weg.

Draußen vor der Tür nahm Robert Nele bei der Hand. Du, sagte er, wir kriegen das schon hin, ist doch kein Beinbruch. Eigentlich freu ich mich sogar darauf. Vor allem deinen Sohn kennenzulernen, so bald schon. Und auf den Cassius freu ich mich auch. Ich mag Hunde. Wenn ich nicht alleine wäre und ständig unterwegs, hätte ich auch einen …

So, siehst du, da steht schon mein Wagen, der Dämonenprinz, der alte Finsterling. Steig ein. Du musst mich natürlich navigieren, du weißt schon, die große Navigatorin und so …

Ach, Spinner, lachte Nele und schnallte sich an.

Hauptsache, du hast deine gute Laune wiedergefunden.

Also, wie fahren wir denn nun, Autobahn, oder wird das nicht nötig sein, zwanzig Minuten hört sich ja nicht so gewaltig an.

Ist es auch nicht, erwiderte Nele, wir nehmen die Landstraße über Angermund, da, da vorne rechts, ja …

Ja, alles klar, Angermund … ist das nicht da, wo wir morgen essen gehen wollen?

Ja, da müssen wir durch, und danach kommt dann gleich Großenbaum.