Der junge Grantler - Stefanie Valentin - E-Book

Der junge Grantler E-Book

Stefanie Valentin

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Beschreibung

Mit viel Herz und Verstand geht die Heimat-Heidi zur Sache, denn sie ist eine schöne Wirtin voller Tatendrang, die ihren Gästen und Mitmenschen jederzeit hilfreich zur Seite steht. Unterstützt, wenn auch nicht unbedingt immer in ihrem Sinne, wird Heidi dabei von ihrer nicht ganz volljährigen Tochter Steffi, einem feschen Mädel mit losem Mundwerk, und ihrer Mutter Luise, die keineswegs gewillt ist, kürzerzutreten und Heidi mit der Leitung des Bergerhofs alleinzulassen. Für schwungvollen, heiteren Familienzündstoff ist also bei aller Herzenswärme unserer Titelheldin jederzeit gesorgt! »Sag mal«, fragte Luise, als sie mit einem Tablett Gläser in die Küche des Bergerhofs kam, »kennst du den jungen Burschen, der drinnen in der alten Gaststube hockt, den Kopf zwischen die Schultern eingezogen hat und dreinschaut, als wenn ihm wer Zitronensaft ins Bier gekippt hätt'?« Die Berger-Heidi lachte. »Sicher kenn' ich den, und du kennst ihn auch.« Luise stutzte und sah ihre Schwiegertochter fragend an. »Ich soll ihn kennen?« »Du sollst ihn net kennen, aber du kennst ihn«, antwortete Heidi. »Dann werd' ich ihn mir noch mal anschauen«, erwiderte Luise, stellte das Tablett ab und ging zurück in die alte Gaststube, wo um diese Uhrzeit nur zwei Tische besetzt waren. An einem saß der junge Bursche, von dem ihre Schwiegertochter meinte, daß sie ihn kennen würde. Luise tat so, als wische sie Tische ab und sah sich den jungen Burschen dabei aus mehreren Richtungen an, aber auch danach hatte sie keine Ahnung, wer da hockte und noch nicht einen Muskel seines Gesichts bewegt hatte, seit sie ihn ansah. »Wer bist denn du?« fragte Luise dann unvermittelt, weil sie unbedingt wissen wollte, wen sie nicht erkannte. Der junge Bursche rührte sich nicht, fragte nur: »Was geht das dich an?« Da stutzte Luise, denn die Stimme kam ihr in der Tat bekannt vor. »Ich mein', ich kenn' dich«, sagte sie, »weiß aber net, wo ich dich hintun soll.« »Dann laß es einfach.« Luise hätte fast laut gelacht, was sie aus verschiedenen Gründen jedoch nicht tat.

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Leseprobe: Elternlos – und doch geliebt

»Morgen früh beginnt für mich wieder der Alltag«, seufzte Peter Schellmann. »Da heißt es, am Zeichentisch zu stehen und die Pläne meines Chefs auszuarbeiten.« »Ist dein Chef ein Ekel?«, erkundigte sich Peters siebenjähriger Bruder Ulrich neugierig. »Nein, Herr Zinner ist kein Ekel. Im Gegenteil, er ist ausgesprochen freundlich. Ich kann mich glücklich schätzen, dass ich in Oswald Zinners Bauun¬ternehmen untergekommen bin, obwohl …« »Obwohl – was?«, fragte Ulrich, als Peter stockte und nicht gesonnen schien weiterzusprechen. »Nichts«, entgegnete der junge Architekt einsilbig. Er fand, es hatte keinen Sinn, dem kleinen Bruder etwas vorzujammern. Während seines Studiums hatte er teils von kühnen Brückenkonstruktionen, die reißende Urwaldflüsse überspannten, geträumt, teils von atemberaubenden Prachtbauten, die weltweite Bewunderung und Anerkennung gefunden hatten. Natürlich hatte er schon damals gewusst, dass seine Chance, diese Träume zu verwirklichen, gering war, und war durchaus bereit gewesen, sich mit weniger anspruchsvollen Aufgaben zufriedenzugeben. Nur hätte er gern irgendeinen greifbaren Erfolg seiner Arbeiten gesehen. Oswald Zinners Bauvorhaben schienen jedoch über das Planungsstadium nicht hinauszukommen. Was will ich eigentlich?, fragte sich Peter. Die Firma war neu, erst vor kurzem gegründet.

Heimat-Heidi – 19 –

Der junge Grantler

Karlis tiefe Sehnsucht nach Liebe

Stefanie Valentin

»Sag mal«, fragte Luise, als sie mit einem Tablett Gläser in die Küche des Bergerhofs kam, »kennst du den jungen Burschen, der drinnen in der alten Gaststube hockt, den Kopf zwischen die Schultern eingezogen hat und dreinschaut, als wenn ihm wer Zitronensaft ins Bier gekippt hätt’?«

Die Berger-Heidi lachte. »Sicher kenn’ ich den, und du kennst ihn auch.«

Luise stutzte und sah ihre Schwiegertochter fragend an. »Ich soll ihn kennen?«

»Du sollst ihn net kennen, aber du kennst ihn«, antwortete Heidi.

»Dann werd’ ich ihn mir noch mal anschauen«, erwiderte Luise, stellte das Tablett ab und ging zurück in die alte Gaststube, wo um diese Uhrzeit nur zwei Tische besetzt waren. An einem saß der junge Bursche, von dem ihre Schwiegertochter meinte, daß sie ihn kennen würde.

Luise tat so, als wische sie Tische ab und sah sich den jungen Burschen dabei aus mehreren Richtungen an, aber auch danach hatte sie keine Ahnung, wer da hockte und noch nicht einen Muskel seines Gesichts bewegt hatte, seit sie ihn ansah.

»Wer bist denn du?« fragte Luise dann unvermittelt, weil sie unbedingt wissen wollte, wen sie nicht erkannte.

Der junge Bursche rührte sich nicht, fragte nur: »Was geht das dich an?«

Da stutzte Luise, denn die Stimme kam ihr in der Tat bekannt vor.

»Ich mein’, ich kenn’ dich«, sagte sie, »weiß aber net, wo ich dich hintun soll.«

»Dann laß es einfach.«

Luise hätte fast laut gelacht, was sie aus verschiedenen Gründen jedoch nicht tat. Einmal fühlte sie sich schon ein wenig an der Nase herumgeführt, zum anderen bewunderte sie den jungen Burschen, denn der hatte sie bisher noch nicht ein einziges Mal angeschaut. Er starrte nur stur vor sich auf den Tisch, als fixiere er dort einen Punkt, der ihn mehr beschäftigte, als alles andere um ihn herum.

»Du bist vielleicht ein rotzfrecher Kerl«, sagte die Seniorchefin des Bergerhofs. »Einer wie du ist mir in der Art da noch net begegnet.«

»Dann wird’s höchste Zeit«, erwiderte der junge Bursche, dem jetzt zum ersten Mal so etwas wie ein Lächeln um die Mundwinkel huschte.

»Aha, freuen kann er sich also schon«, sagte Luise. »Aber wart nur ab, Bürscherl, wenn wir zwei miteinander fertig sind.«

Der junge Bursche hatte inzwischen sein Bier ausgetrunken, wischte sich die Lippen ab und bestellte ein neues Bier.

»Aber daß du ja ordentlich zapfst«, sagte er, »net daß was unterm Einstrich fehlt.«

Luise fiel der Kiefer herunter. Derart frech war ihr bisher tatsächlich noch niemand begegnet, vor allem kein so junger Bursche, von dem sie immer noch nicht wußte, wer er war. Sie starrte ihn zornig an, und als er sich da ein wenig bewegte und von der Seite angrinste, erkannte sie ihn.

»Also das ist doch die absolute Frechheit«, sagte sie, »der Hochegger-Karli nimmt mich alte Frau auf den Arm. Was bildest du dir denn ein?«

»Gar nix«, antwortete der, »aber daß man hier net mal in Ruhe sein Bier trinken kann, hab’ ich net gewußt. Krieg ich jetzt noch was zu trinken, oder muß ich das Gasthaus wechseln?«

»Was sagt denn deine Großmutter zu deiner frechen Art?« fragte Luise. »Ich kann mir net vorstellen, daß sie sich das von einem Schnösel wie dir gefallen läßt.«

Da drehte sich der Karli der Luise zu und grinste.

»Du bist jetzt richtig ärgerlich, oder?«

Luise nickte. »Ja, das bin ich. Und net nur ärgerlich, sondern auch zornig, und das ist bei mir was anderes.«

Karlis Grinsen wurde immer breiter. »Das ist doch schon mal was. Ein Frauenzimmer, dem ich eine Reaktion entlock’, ist doch schon mal was. Ich hab’ schon dran gezweifelt, daß es mir noch mal gelingen wird.«

Da kniff Luise die Augen zusammen und ging einen Schritt auf Karli zu. Sie stand jetzt direkt neben ihm. »Was soll das dumme Gered’?«

»Daß ich machen kann, was ich will«, antwortete Karli, »aber kein Madel sich um mich kümmert.«

»Wie bitte?« Luise sah den feschen Burschen erstaunt an. »Du hast Probleme mit den Madeln?«

Karli nickte leicht. »Irgendwie schon.«

Luise grinste. »Das ist net verwunderlich. Wenn du auf Freiersfüßen wandelst, und das tust ja offensichtlich, und dabei so frech bist wie eben, also dann wird dich kein Madel erhören und wenn du nachher singst wie ein Zeiserl.«

Karli hatte die Stirn in Falten gelegt. »Aber sonst bin ich doch gar net so grantig.«

»Bist du da sicher?« fragte Luise. »Wenn man eine solch grantige Grundstimmung hat wie du eben, dann kann man sich, wenn es drauf ankommt, net umstellen.«

Da zog der Karli seinen Kopf noch mehr zwischen die Schultern und er starrte wieder vor sich auf die Tischplatte.

»Wer ist denn die Auserwählte?« fragte Luise. »Oder darf man das net wissen?«

Karli antwortete nichts, atmete vielmehr tief durch, stand schließlich auf und legte ein Geldstück auf den Tisch.

»Das bestellte Bier kannst behalten«, sagte er, wobei sein Gesicht wieder den gleichen mürrischen Ausdruck angenommen hatte, wie zu Beginn der Unterhaltung.

Als er gleich darauf die alte Gaststube verließ, starrte Luise ihm hinterher. Sie sah ihn zu seinem Wagen gehen, einsteigen und gleich darauf fuhr er vom Hof.

*

Heike Gehrer rannte die Treppe hinauf, wobei sie immer zwei Stufen auf einmal nahm, dann schubste sie die Tür auf, betrat die Stube und ließ sich auf einen Stuhl fallen, wobei sie tief durchatmete.

»Was ist denn los?« fragte ihre Mutter, die einen Teig knetete, denn sie wollte Kuchen backen.

»Was soll los sein?« fragte Heike.

»Na, sonst rennst doch net so«, erwiderte ihre Mutter. »Man könnt’ ja meinen, es wär’ wer hinter dir her.«

Heike lachte.

»Da hast den Nagel auf den Kopf getroffen.«

»Aha«, ihre Mutter unterbrach kurz das Teigkneten und sah ihre Tochter neugierig an, »wer denn?«

Heike lachte noch einmal. »Das rätst im Leben nicht.«

»Vielleicht sollt’ ich erst mal fragen, wie du gemeint hast, es wär’ wer hinter dir her.«

»Na, ein Bursch«, antwortete Heike, »und zwar so, wie ein Bursch eben hinter einem Madel her ist.«

»Da schau her!« Hanna Gehrer stellte das Teigkneten ein und sah ihre Tochter fast ein wenig erschrocken an. »Heißt das, daß du einen Verehrer hast?«

Heike nickte lachend. »So kann man’s auch nennen.«

»Aber du nimmst ihn net ernst«, erwiderte ihre Mutter. »Du lachst pausenlos, da kannst ihn gar net ernst nehmen.«

»Darüber hab’ ich mir noch keine Gedanken gemacht«, erwiderte Heike. »Ich lach’ eher darüber, daß grad’ dieser Bursch mir Avancen macht.«

»Und wer ist es?«

»Das rätst niemals.«

»Ich kann auch net raten«, sagte Hanna Gehrer, »zwischen Oberstdorf und Hindelang gibt’s Hunderte, was red’ ich, da gibt’s Tausende von Burschen, die in Frage kommen können.«

»Gar so weit mußt net gehen«, erwiderte Heike. »Er ist ganz nah von da zu Haus’.«

»In der Nachbarschaft?« fragte ihre Mutter.

Heike nickte. »So ist es.«

Hanna Gehrer überlegte, nach einiger Zeit schüttelte sie den Kopf.

»Also in der Nachbarschaft gibt’s keinen Burschen, der in Frage kommen würd’.«

»Und ob’s den gibt«, sagte Heike. »Du kommst nur net drauf. Und weißt, warum du net drauf kommst?«

»Weil’s gar so unwahrscheinlich ist?« Hanna sah ihre Tochter fragend an.

Die nickte. »So ist es.«

Da zuckte die Gehrer-Hanna den Kopf. »Ich hab’ echt keine Ahnung, Kind.«

»Der Karli«, sagte Heike.

»Der Karli?« fragte ihre Mutter. »Welcher Karli?«

»Der Hochegger-Karli!«

»Was ist mit dem?«

»Aber Mutti«, sagte Heike, »worüber reden wir denn?«

Da starrte Hanna ihre Tochter irritiert an. »Du willst mir doch net weismachen, daß der Hochegger-Karli der Bursch ist, der dir den Hof macht?«

Heike lachte. »Den Hof macht er mir net, aber er ist derjenige, der meint, ihn mir machen zu müssen… auf seine Art halt.«

»Mar’ und Josef«, murmelte ihre Mutter, »also wenn ich mit jedem gerechnet hätt’, aber net mit dem Karli.« Dann schüttelte sie den Kopf. »Das glaub’ ich auch net, sicher irrst du dich.«

Heike lächelte, nun schmaler als vorher.

»Nein, nein. Ein Irrtum ist ausgeschlossen, der Karli träumt wohl von mir.«

»Das darf doch gar net wahr sein«, erwiderte Hanna Gehrer, »was bildet der sich denn ein?«

Ludwig Gehrer, Heikes Vater, war ein wohlhabender Mann, neben einem Holzhandel, um den er sich ausschließlich selbst kümmerte, gehörte ihm ein Kraftwerk, das von Wasser betrieben wurde und Strom ins öffentliche Netz einspeiste.

Der Karli dagegen hatte keine Eltern mehr, er bewirtschaftete allein einen kleinen Hof, den seine Großeltern väterlicherseits, die beide noch lebten, ihm hinterlassen würden. Außerdem hatte er eine sechsundzwanzigjährige Schwester, die drei Jahre jünger war als der Karli und in der Vordersteiner Sparkassenfiliale arbeitete.

»Der Karli denkt sich nix dabei«, antwortete Heike auf die Frage ihrer Mutter.

Heike war ein sehr hübsches Mädchen mit brünetten Haaren, dunklen Augen, die meist lustig dreinschauten, aber auch sehr nachdenklich wirken konnten. Heike war zweiundzwanzig Jahre alt, hatte Abitur gemacht und arbeitete im Unternehmen ihres Vaters, da der der Ansicht war, daß sie alles von der Pike auf zu lernen habe, schließlich habe sie keine Geschwister und müsse ja mal die Betriebe übernehmen.

Hanna Gehrer lachte kurz auf und nickte. »Das denk’ ich auch. Aber wie kommt er dazu, sich grad’ dich für seine Träume auszusuchen?«

»Jetzt ist’s aber gut!« Heike stand auf und drehte sich einmal im Kreis. »Hab’ ich nichts zu bieten, daß ein junger Bursch von mir träumen kann?«

»Oje«, ihre Mutter winkte ab, »du bist weit und breit das hübscheste Mädchen. Du hast alles zu bieten, was ein junger Bursch sich wünschen kann.«

»Na also«, sagte Heike, »und ein junger Bursch ist der Karli schließlich.«

»Woher weißt du eigentlich, daß der Karli sich für dich interessiert?« Hanna Gehrer sah ihre Tochter neugierig an.

»Mir ist’s mal vor ein paar Wochen aufgefallen«, antwortete diese. »Da hat er mich die ganze Zeit angeschaut. Droben beim Gustl auf der Berghütte war’s, als ich mit meiner Clique dort war. Aber ich hab’ mir nix weiter dabei gedacht. Dann hat mir’s letztens der Udo gesagt.«

Hanna Gehrer zog die Augenbrauen hoch. »Udo Kampen?«

Heike nickte.

»Wo hast du den denn getroffen?«

»Ich war mal mit ihm aus.«

Hanna Gehrer starrte ihre Tochter einen Augenblick ungläubig an, dann fragte sie: »Warst du… warst du schon öfter mit Udo Kampen aus?«

Heike nickte noch mal. »Ja, ein paarmal schon.«

»Davon hast du mir ja gar nichts gesagt«, erwiderte ihre Mutter.

»Ich sag’s ja jetzt.« Heike lachte, als sie das Gesicht ihrer Mutter sah. »Du mußt dir aber keine Gedanken machen.«

Das schien ihre Mutter anders zu sehen. »Was heißt das?«

»Daß Udo und ich…«

»Ja?« Hanna Gehrer sah ihre Tochter unverwandt an.

»Daß er und ich… daß wir freundschaftlich verbunden sind.«

Da lachte Hanna Gehrer kurz auf. »Du bist vielleicht naiv. Udo Kampen ist mit allen jungen Madeln freundschaftlich verbunden. Bis er dann mehr will.«

Da sah Heike ihre Mutter selbstbewußt an. »Und? Wär’ dir nicht recht, wenn Udo Kampen und ich ein Paar wären?«

Hanna Gehrer schluckte, dann setzte sie sich und atmete tief durch.

»Er ist weit und breit die beste Partie«, sagte Heike. »Auf so was achtet ihr doch. Der Vati noch mehr als du.«

»Eine gute Partie ist nicht alles«, murmelte ihre Mutter. »Man muß einen Mann auch gern haben.«

»Du meinst, man muß ihn lieben?«

Hanna Gehrer nickte. »Das ist der Idealfall.«

»Und wenn ich den Karli lieben würd’?« Hanna lachte nun nicht mehr, sie wirkte vollkommen ernst.

Ihrer Mutter blieb das nicht verborgen. »Was soll das? Zuerst redest so dumm wegen dem Udo, und jetzt willst wissen, was wär’, wenn du den Karli lieben würdest?«

»Ja«, Heike nickte, »was wäre, wenn ich den Karli lieben würd’? Wenn man einen Mann liebt, dann ist das der Idealfall, das hast du doch selbst gesagt.«

»Ja, schon«, erwiderte ihre Mutter, »aber so hab’ ich das doch nicht gemeint.«

»Wie denn?« fragte Heike. »Beschränkt sich deine Aussage nur auf Männer, die Geld haben?«

»Jetzt drehst du mir meine Worte im Mund herum«, erwiderte Hanna Gehrer. »Außerdem sollten wir das Gespräch beenden, dein Vater kommt nämlich nach Hause.« Dabei zeigte sie aus dem Fenster auf den Hof, wo ein schwergewichtiger Mann aus seinem Geländewagen stieg.

»Du meinst also, der Vati wär’ gegen den Karli als Schwiegersohn?« Heike konnte ein Lachen nur mühsam unterdrücken.

»Jetzt hörst aber auf«, erwiderte ihre Mutter, »wenn dein Vater nur ein Wörterl von dieser Unterhaltung erfährt, dann kracht’s, daß es sich gewaschen hat.«

»Weil wir über Udo geredet haben oder über Karli?« Heike sah ihre Mutter aufmerksam an.

»Das weißt du ganz genau«, antwortete die.

*

»Der Bub gefällt mir gar net«, sagte Maria Hochegger, als sie am gleichen Abend nach dem Essen vom Tisch aufstand.

Maria war Karlis Großmutter, achtzig Jahre alt, aber noch sehr rüstig. Man sah ihr ihr Alter weder an, noch hatte sie beim Arbeiten zurückgesteckt.