Der Mythos vom Jungfernhäutchen - Walter Brendel - E-Book

Der Mythos vom Jungfernhäutchen E-Book

Walter Brendel

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Beschreibung

Das Jungfernhäutchen gibt es nicht und trotzdem bestimmt es das Leben vieler Frauen. Wie eine Folie soll es beim ersten Sex zerreißen, ein Irrglaube, der bis heute weit verbreitet ist. Der Mythos vom Jungfernhäutchen wird in Hochzeitsbräuchen, Kinofilmen und leider auch in Schulbüchern noch immer fortgeschrieben. Und er ist so mächtig, dass sich sogar manche Frauen dafür operieren lassen. Doch woher stammt er und wem nutzt er? Diesen Fragen geht das Buch "Der Mythos vom Jungfernhäutchen" nach. Im Grunde genommen ist es anatomischer Irrtum: Die Idee von einem Häutchen, das die Vagina verschließt und bei der ersten Penetration reißt. Dieser Mythos von einem Jungfernhäutchen begrenzt Frauen seit Jahrhunderten in ihrer Lebensführung und verweigert ihnen ihre sexuelle Selbstbestimmung. In streng patriarchal denkenden Familien wird die Ehre der Familie mit der Jungfräulichkeit ihrer Töchter in Zusammenhang gebracht. Dass die Jungfräulichkeit anhand des sogenannten Jungfernhäutchens medizinisch nicht nachweisbar ist, wissen wenige. Und doch hält sich dieser Mythos hartnäckig. Aufklärung tut Not.

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Walter Brendel

Der Mythos vom Jungfernhäutchen

Impressum

Texte:             © Copyright by Walter Brendel

Umschlag:       © Copyright by Walter Brendel

Verlag:

Das historische Buch, Dresden / Brokatbookverlag

Gunter Pirntke

Mühlsdorfer Weg 25

01257 Dresden

[email protected]

 

Inhalt

Einführung

Ninve Ermagan berichtet

Mandy Mangler berichtet

Weitere Antworten

Ehrenmorde

Heroes (Projekte zur Gewaltprävention)

Die Jungfrauenweihe der Bernadette Lang und die Haltung der Anne Zweck

Bildung und Schule

Die Jungfrau und die Kirche

Schlussbemerkungen und Fazit

Quellen

Einführung

Das Jungfernhäutchen gibt es nicht und trotzdem bestimmt es das Leben vieler Frauen. Wie eine Folie soll es beim ersten Sex zerreißen, ein Irrglaube, der bis heute weit verbreitet ist. Der Mythos vom Jungfernhäutchen wird in Hochzeitsbräuchen, Kinofilmen und leider auch in Schulbüchern noch immer fortgeschrieben. Und er ist so mächtig, dass sich sogar manche Frauen dafür operieren lassen. Doch woher stammt er und wem nutzt er? Diesen Fragen geht das Buch „Der Mythos vom Jungfernhäutchen“ nach.

Im Grunde genommen ist es anatomischer Irrtum: Die Idee von einem Häutchen, das die Vagina verschließt und bei der ersten Penetration reißt. Dieser Mythos von einem Jungfernhäutchen begrenzt Frauen seit Jahrhunderten in ihrer Lebensführung und verweigert ihnen ihre sexuelle Selbstbestimmung.

In streng patriarchal denkenden Familien wird die Ehre der Familie mit der Jungfräulichkeit ihrer Töchter in Zusammenhang gebracht. Dass die Jungfräulichkeit anhand des sogenannten Jungfernhäutchens medizinisch nicht nachweisbar ist, wissen wenige. Und doch hält sich dieser Mythos hartnäckig. Aufklärung tut Not.

Professorin Mandy Mangler, Chefärztin einer Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe in Berlin Neukölln bemängelt, dass selbst in der medizinischen Ausbildung noch nicht vom Hymen gesprochen werde, der korrekten Bezeichnung für den Hautkranz an der Stelle, an der Vulva und Vagina aufeinandertreffen.

In Schweden spreche man, so Mangler, in der Medizin längst von der "Corona Vaginalis", der vaginalen Krone, und beschreibt damit auch sprachlich die Form des Hymen: keine dünne Haut, sondern ein rundliches Gebilde. Dieser Schleimhautkranz hat keine relevanten Blutgefäße, das heißt, er kann gar nicht richtig bluten.

Wenn doch beim ersten Geschlechtsverkehr Blutungen auftreten, ist das der Wissenschaftlerin zufolge ein seltenes Phänomen und das Blut stammt dann aus der Umgebung dieses Schleimhautkranzes, also von Verletzungen der Vagina oder Vulva. Für die Wissenschaftlerin ist es eine Stelle im Körper, die eigentlich so unspektakulär ist, dass man nicht einmal einen Namen dafür bräuchte. An dieser Hautfalte kann man nicht einmal ablesen, ob man Geschlechtsverkehr hatte oder nicht, wie der bekannte Forensiker Mark Benecke schildert.

Der Mythos vom Jungfernhäutchen wird immer wieder dazu genutzt, Frauen in ihrer Lebensführung zu begrenzen und ihnen ihre sexuelle Selbstbestimmung zu verweigern. Dass die Jungfräulichkeit anhand des Jungfernhäutchens medizinisch nicht nachweisbar ist, wissen wenige. Und doch halten wir an diesem Mythos fest. Warum können wir uns davon nicht befreien? Warum beeinflusst ein Irrglaube unser Leben?

Das Hymen ist: Das Häutchen gleicht einer Bordüre oder einem gerafften Haargummi. Wie alle anderen Körperteile verändert es sich im Laufe des Lebens. Es kann verletzt werden, was aber nicht die Regel ist.

Die Schleimhautfalte ist ein Überbleibsel aus der Embryonalzeit und verschließt anfangs denVaginaleingang ganz, öffnet sich dann meistens vor der Geburt und entwickelt sich mit Einsetzen der Pubertät zu einem weichen Saum. Im Erwachsenenalter hat sie keine belegbare Funktion mehr.

Am häufigsten ist das ringförmige Hymen. Bei manchen Frauen hat dieser Saum an verschiedenen Stellen Einkerbungen. Und in sehr seltenen Fällen ist das Jungfernhäutchen tatsächlich komplett geschlossen. Dieses sogenannte "Hymen imperforatus" ist für die Betroffenen allerdings gesundheitsgefährdend, weil das Menstruationsblut nicht abfließen kann.

"Das Jungfernhäutchen gibt es nicht." So einfach fasst Prof. Mandy Mangler (re.) den verbreiteten Irrglauben im Gespräch mit Ninve Ermagan zusammen

Die weibliche Jungfräulichkeit galt und gilt vielen Menschen als Ideal. Umso wichtiger war es, Belege für die Unberührtheit der Frau zu finden. Das ist auch bei Maria, der wohl berühmtesten Jungfrau so. In einer frühchristlichen Schrift (Protoevangelium) aus dem zweiten Jahrhundert wird Marias Leben und Jesu Geburt beschrieben. Die herbeigeeilte Hebamme erzählt Salome nach der Geburt von der unbefleckten Empfängnis. Doch Salome ist ungläubig.

„Und die Hebamme ging hinein und sie sagte: Maria, lege dich bereit, denn ein nicht geringer Streit besteht um dich. Und als Maria dieses hörte, legte sie sich bereit. Nun steckte Salome den eigenen Finger in ihr Geschlecht. Da schrie Salome auf und sagte: Wehe über meinen Frevel und meinen Unglauben, denn ich habe den lebendigen Gott versucht. Und, siehe, meine Hand fällt verbrannt durch Feuer von mir ab", so die reuige Salome bei der Prüfung von Marias Jungfräulichkeit, niedergeschrieben im Protoevangelium des Jakobus.

Diese Verse, zu ihrer Zeit äußerst populär, sind früheste Zeugnisse eines Irrglauben, der Frauen bis heute schadet. Doch nicht nur im Christentum hält sich der Irrglaube der Jungfräulichkeit. Besonders in patriarchal geprägten Communities wird er existenziell und kann im schlimmsten Fall über Leben und Tod entscheiden.

In fast jeder deutschen Großstadt finden sich heute Praxen, die eine "Rekonstruktion" des Jungfernhäutchens anbieten. Dabei ist die Bezeichnung Hymen-"Rekonstruktion" eigentlich falsch. Denn bei der Operation wird vaginale Haut zusammengenäht, die beim Geschlechtsverkehr wieder aufreißt. Eine künstlich erzeugte Wunde und Schmerzen, die verursacht werden, um die Existenz eines imaginären Gebildes zu beweisen.

Ein anderer "Trick" die vermeintliche Unberührtheit zu belegen, sind Plättchen aus Tierblut. Diese sollen vaginal in der Hochzeitsnacht eingeführt werden, um so den blutigen Nachweis der "sexuellen Unschuld" der Braut zu erbringen.

Was absurd klingt, ist für viele Frauen noch heute traurige Realität, auch in Deutschland. Es ist tragisch, dass aus Unwissenheit ein roter Fleck auf dem Laken oft über den Wert einer Frau entscheidet. Und es sind vor allem Männer, die sich von alten Irrtümern und Machtansprüchen über den weiblichen Körper verabschieden müssen.

Ninve Ermagan im Gespräch mit Devrim Sahin Emre und Tayfun Guttstadt vom Verein Heroes Berlin e.V., die sich als Ansprechpartner verstehen und sich um Aufklärung bemühen.

Oder, um es mit den Worten von Frau Prof. Mangler zu sagen: „Ja, also ich glaube schon, dass wir diesen Mythos Jungfernhäutchen überwinden können, wenn wir als gesamte Gesellschaft verstehen, dass wir mehr aus der Perspektive der Frau denken sollten. Und aus der Perspektive der Frau ist das alles komplett überflüssig, unnütz und sogar schädlich".

Und von Hymen-"Rekonstruktionen", die auch deutsche Praxen anbieten: Operationen, bei denen das vermeintliche Symbol der Jungfräulichkeit "wieder" hergestellt wird. Dabei wird vaginale Haut zusammengenäht, die beim Geschlechtsverkehr aufreißt, et voilà, die Frau blutet. Eine künstlich erzeugte Wunde und Schmerzen, die verursacht werden, um die Existenz eines imaginären Gebildes zu beweisen?! Das klingt eher nach einem richtig schlechten Film, und man kneift beim Lesen unwillkürlich die Oberschenkel zusammen. Solche Operationen sind aber brutale Realität für viele Frauen, auch in Deutschland. Wie über diesen Mythos Macht über Frauen ausgeübt wurde und wird.

Noch einige fachliche Informationen.

Die Legende vom Jungfernhäutchen ist gefährlich und schmerzhaft

Die Recherchen haben gezeigt, dass wir hier nicht nur von Gruppen und Communities mit Migrationshintergrund reden. Wir sprechen von deutschen Schulen, wo in den Lehrbüchern falsche anatomische Abbildungen sind. Von Universitäten, an denen die falsche Anatomie der Frau gelehrt wird.

Verschiedene Hymenalformen bei Menschen weiblichen Geschlechts

Mit dem Begriff Hymen wird sich auf den griechischen Hochzeitsgott Hymenaios bezogen, im allgemeinen Sprachgebrauch Jungfernhäutchen genannt, bezeichnet. Auch als vaginale oder vulvinale Korona, oder veraltet Scheidenklappe, wird in der Anatomie ein dünner Schleimhautsaum bezeichnet, welcher sich direkt in der Vaginalöffnung (der Öffnung der Scheide) befindet und diese umrandet.

Einige der üblichsten, hier lateinisch bezeichneten, Formen sind:

anular („ringförmig“): Der Hymen bildet einen Ring um die Vaginalöffnung.

cribriform: Der Hymen erstreckt sich über die gesamte Vaginalöffnung, weist aber viele kleine Löcher auf.

Parous Introitus: Bezieht sich auf die Öffnung, die nach der Geburt eines Kindes verbleibt, und bezeichnet lediglich Reste des Hymens an den Seiten der Vaginalöffnung.

ceptal: Der Hymen bildet ein oder mehrere Gewebebänder über die Vaginalöffnung.

Die Vorstellung, dass das Hymen bei einem ersten vaginalen Intimverkehr (Defloration) immer einreißt, entspricht nicht der Realität. Der Schleimhautsaum ist sehr dehnbar und hat ähnlich wie die Vagina eine Fähigkeit, sich stark zu weiten (beispielsweise bei der Geburt) und wieder zusammenzuziehen. Etwa drei von vier Frauen haben daher beim ersten vaginalen Intimverkehr keine Blutungen; zudem stammen eventuelle Blutungen meist nicht vom Hymen, sondern von Verletzungen der vaginalen Schleimhaut.

Zur Entjungferung (Defloration) kommt es bei einem Mädchen oder einer jungen Frau während des ersten Geschlechtsverkehrs. Dabei reißt das Hymen, das man auch Jungfernhäutchen nennt. Obwohl die Entjungferung meist einfach und ohne große Schmerzen abläuft, haben viele Mädchen Angst vor diesem Vorgang.

Bis zum ersten Geschlechtsverkehr gilt eine Frau als Jungfrau. In früheren Zeiten besaß die Jungfräulichkeit einer Frau großen Wert. In manchen Kulturen wie dem Islam steht sie noch heute für Reinheit und Tugend. So sollte eine Frau unberührt und rein in die Ehe gehen.

Zum Beweis der Jungfräulichkeit führte man früher den so genannten Bettlaken Test durch, um durch die bei der Entjungferung auftretende Blutung die Jungfräulichkeit der Frau festzustellen. Dieser Test ist jedoch sinnlos, da viele Frauen bei der Defloration gar keine Blutung haben.

Außerdem kann das Jungfernhäutchen auch schon vor dem ersten Geschlechtsverkehr durch andere Faktoren einreißen. Die meisten Mädchen sind anatomisch mit einem Hymen ausgestattet. Aufgabe des elastischen Jungfernhäutchens ist der Schutz der Vagina (Scheide).

Durch bestimmte Umstände kann es jedoch auch ohne Geschlechtsverkehr reißen. Dazu gehören zum Beispiel:

- sportliche Aktivitäten wie Reiten oder Gymnastik

- die Verwendung von Tampons

- Selbstbefriedigung.

Vor der Entjungferung haben viele Mädchen Angst, dass es womöglich zu

- Schmerzen

- Blutungen oder sogar

- Verletzungen

kommt. Diese Ängste sind jedoch meist unbegründet, wenn man einen einfühlsamen Partner hat. Da das Jungfernhäutchen sehr dehnbar ist, treten in den meisten Fällen bei seinem Einreißen keine Schmerzen auf. Auch zu Blutungen kommt es eher selten.

Allerdings ist es wichtig, dass der Partner rücksichtsvoll dabei vorgeht und man sich genug Zeit für das Vorspiel nimmt, um eine ausreichende Stimulation zu erreichen. Als Hilfsmittel lässt sich auch ein Gleitgel verwenden.

Ist das Mädchen während des Geschlechtsakts stark erregt, bekommt es während der Penetration meist nur ein kurzes Unbehagen mit. Manchmal kann das Hymen jedoch so stark ausgeprägt sein, das es der männliche Penis nicht schafft, in die Scheide einzudringen und es zum Reißen zu bringen. Hat das Jungfernhäutchen die Vagina vollkommen umschlossen, ist mitunter ein simpler chirurgischer Eingriff erforderlich, um das Problem zu beheben.

Sex wird von Frauen und Männern unterschiedlich erlebt. So bestehen zum Beispiel Unterschiede beim Zeitempfinden. Ist ein Mann sexuell erregt, möchte er in der Regel möglichst schnell in die Scheide der Partnerin eindringen, um zum Höhepunkt zu gelangen.

Frauen benötigen dagegen zumeist mehr Zeit und wollen zunächst die Zärtlichkeiten des Partners ausgiebig genießen. Aus diesem Grund legen sie auch großen Wert auf das Vorspiel, das von vielen Männern jedoch eher als Zeitverschwendung betrachtet wird. Zahlreiche Frauen empfinden das Vorspiel daher oft als zu kurz und unbefriedigend.

Ob der Geschlechtsverkehr gut oder unbefriedigend für das weibliche Geschlecht verläuft, hängt oftmals schon vom Vorspiel ab. Für Frauen ist beim Vorspiel besonders wichtig, dass dabei eine harmonische und sinnliche Atmosphäre herrscht. Außerdem wollen sie sich geliebt und geborgen fühlen.

Ist dies der Fall, muss der Mann für den nächsten Schritt sorgen, indem er bei seiner Partnerin auch auf körperliche Weise sexuelle Spannung erzeugt. Am besten erreichen lässt sich dies durch Streicheleinheiten und Küsse der erogenen Zonen sowie der Genitalien. Dabei sollte langsam und behutsam vorgegangen werden.

Durch die sexuelle Erregung kommt es bei der Frau zur Ausweitung der Vagina sowie zur Produktion von Gleitflüssigkeit. Außerdem schwellen Klitoris und Schamlippen an, die sich dadurch besser stimulieren lassen.

In der zweiten Lustphase dringt der Mann schließlich in die Scheide der Partnerin ein, was von der Frau bei entsprechender Erregung als erfüllend empfunden wird. Allerdings baut sich ihre Erregung eher langsam auf, sodass sie mehr Zeit als der Mann benötigt, um zum Höhepunkt zu gelangen.

Ein Orgasmus kann von Frauen auf verschiedene Weise empfunden werden. Erlebt wird er durch Muskelkontraktionen. So kommt es zum Zusammenziehen der Vaginamuskeln sowie des Afterschließmuskels.