Die Klugheit des Herzens - Stefanie Valentin - E-Book

Die Klugheit des Herzens E-Book

Stefanie Valentin

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Beschreibung

Mit viel Herz und Verstand geht die Heimat-Heidi zur Sache, denn sie ist eine schöne Wirtin voller Tatendrang, die ihren Gästen und Mitmenschen jederzeit hilfreich zur Seite steht. Unterstützt, wenn auch nicht unbedingt immer in ihrem Sinne, wird Heidi dabei von ihrer nicht ganz volljährigen Tochter Steffi, einem feschen Mädel mit losem Mundwerk, und ihrer Mutter Luise, die keineswegs gewillt ist, kürzerzutreten und Heidi mit der Leitung des Bergerhofs alleinzulassen. Für schwungvollen, heiteren Familienzündstoff ist also bei aller Herzenswärme unserer Titelheldin jederzeit gesorgt! Der hochaufgeschossene Fremde saß in der hintersten Reihe des Busses, der alle zwei Stunden zwischen Hindelang und Oberstdorf verkehrte. Er war schmal, groß, hatte dunkelblonde Haare, machte einen ernsten und konzentrierten Eindruck, und als der Bus Fischen hinter sich gelassen hatte, stand er auf, ging zum Fahrer, redete einige Worte mit ihm, der nickte schließlich und hielt kurz darauf an der Haltestelle ›Vogelherd‹ den Bus an, worauf der Fremde sich durch ein freundliches Kopfnicken bedankte und als einziger Fahrgast ausstieg. Als Gepäck hatte er einen Rucksack dabei, den er sich über die Schultern warf und dann festen Schrittes einen Steig bergan schritt, der gut ausgeschildert war und in Richtung Grottental führte. Das Grottental lag in der Gemeinde Hinterjoch, die zu Alptal gehörte und es war eines der schönsten Oberallgäuer Hochtäler. Der Fremde schien genau zu wissen, wohin er wollte, nicht einmal zögerte er bei Gabelungen, welchen Weg er einschlagen sollte, immer war er zielstrebig und nach nicht mal einer Dreiviertelstunde kam er in Hinterjoch an, hatte lediglich einige kleine Schweißperlen auf der Stirn. Er machte den Eindruck, als habe er mal gerade einen kleinen Spaziergang hinter sich. Er ging in einen Tabakladen am Hauptplatz, sprach mit der Inhaberin, die beiden lachten zusammen, dann verließ er den Laden wieder und folgte erneut einem schmalen Steig bergwärts, wobei er das Grottental zuerst verließ, um nach Überquerung eines Bergrückens wieder ins Grottental, das nun enger war als weiter unten, zu stoßen. Dort, wo der Steig aus dem Wald kam, hatte man einen wunderschönen Blick über die Berge, und wenn man nur wenige Meter höher stieg, konnte man den Bergerhof liegen sehen, die bei Einheimischen wie Urlaubern überaus beliebte Gaststätte an der Sonn'leiten. Als der Fremde das wunderschön gelegene Gasthaus liegen sah, zögerte er einen Moment, doch dann marschierte er weiter. Nicht mal eine Viertelstunde später ließ er im Eingangsbereich des Bergerhofs seinen Rucksack von den Schultern gleiten, dann sah er sich interessiert um. »Kennst du den, der grad' ins Gasthaus gegangen ist?« Luise stand in der Küche und hatte den Fremden zufällig gesehen. »Ich hab' keinen gesehen«, antwortete ihre Schwiegertochter, die Bergerhof-Heidi. »Ein fescher Bursch'«, murmelte Luise, »der jedoch ein bisserl abgebrannt ausschaut.« Heidi lächelte. »Und jetzt hast Angst, daß er bettelt oder warum redest so ausführlich darüber?« Luise schüttelte den Kopf. »Blödsinn.

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Leseprobe: Bill Regan in Not!

Brenda Duffy stand auf. Sie warf ihrem Mann einen vernichtenden Blick zu und schüttelte den Kopf. »Mein lieber Pat, ich dachte, du wolltest reden? Hat dich der Mut verlassen?« »Nein, mich hat keineswegs der Mut verlassen. Mich zerreißt es innerlich. Ich habe Bill geschworen, niemandem etwas zu erzählen. Er hat Angst. Ja, ich gestehe, mir ist es auch nicht wohl dabei. Zu viele Cottages in Culraid sind abgebrannt. Alle sagen, es kann nur Brandstiftung gewesen sein.« »Unser Haus mit dem Pub ist eines der ältesten Häuser im Dorf. Es war immer im Besitz der Duffys. Ich habe meinem Großvater und meinem Vater vor ihrem Tod geschworen, dass ich alles tun werde, es für künftige Generationen zu erhalten.« Brenda rollte die Augen. »Pat Duffy, höre mit der alten Geschichte auf! Wenn es so weitergeht mit Culraid, dann steht viel mehr auf dem Spiel. Dann wird es nichts Altes und Schönes mehr geben. Dem Himmel sei Dank, dass Cameron aus Schottland herübergekommen ist. Er ist der Einzige, der hier wieder Ordnung schaffen kann.

Heimat-Heidi – 14 –

Die Klugheit des Herzens

Wie ein einfaches Madl einem Fremden helfen kann

Stefanie Valentin

Der hochaufgeschossene Fremde saß in der hintersten Reihe des Busses, der alle zwei Stunden zwischen Hindelang und Oberstdorf verkehrte. Er war schmal, groß, hatte dunkelblonde Haare, machte einen ernsten und konzentrierten Eindruck, und als der Bus Fischen hinter sich gelassen hatte, stand er auf, ging zum Fahrer, redete einige Worte mit ihm, der nickte schließlich und hielt kurz darauf an der Haltestelle ›Vogelherd‹ den Bus an, worauf der Fremde sich durch ein freundliches Kopfnicken bedankte und als einziger Fahrgast ausstieg.

Als Gepäck hatte er einen Rucksack dabei, den er sich über die Schultern warf und dann festen Schrittes einen Steig bergan schritt, der gut ausgeschildert war und in Richtung Grottental führte.

Das Grottental lag in der Gemeinde Hinterjoch, die zu Alptal gehörte und es war eines der schönsten Oberallgäuer Hochtäler.

Der Fremde schien genau zu wissen, wohin er wollte, nicht einmal zögerte er bei Gabelungen, welchen Weg er einschlagen sollte, immer war er zielstrebig und nach nicht mal einer Dreiviertelstunde kam er in Hinterjoch an, hatte lediglich einige kleine Schweißperlen auf der Stirn. Er machte den Eindruck, als habe er mal gerade einen kleinen Spaziergang hinter sich.

Er ging in einen Tabakladen am Hauptplatz, sprach mit der Inhaberin, die beiden lachten zusammen, dann verließ er den Laden wieder und folgte erneut einem schmalen Steig bergwärts, wobei er das Grottental zuerst verließ, um nach Überquerung eines Bergrückens wieder ins Grottental, das nun enger war als weiter unten, zu stoßen.

Dort, wo der Steig aus dem Wald kam, hatte man einen wunderschönen Blick über die Berge, und wenn man nur wenige Meter höher stieg, konnte man den Bergerhof liegen sehen, die bei Einheimischen wie Urlaubern überaus beliebte Gaststätte an der Sonn’leiten.

Als der Fremde das wunderschön gelegene Gasthaus liegen sah, zögerte er einen Moment, doch dann marschierte er weiter. Nicht mal eine Viertelstunde später ließ er im Eingangsbereich des Bergerhofs seinen Rucksack von den Schultern gleiten, dann sah er sich interessiert um.

»Kennst du den, der grad’ ins Gasthaus gegangen ist?« Luise stand in der Küche und hatte den Fremden zufällig gesehen.

»Ich hab’ keinen gesehen«, antwortete ihre Schwiegertochter, die Bergerhof-Heidi.

»Ein fescher Bursch’«, murmelte Luise, »der jedoch ein bisserl abgebrannt ausschaut.«

Heidi lächelte. »Und jetzt hast Angst, daß er bettelt oder warum redest so ausführlich darüber?«

Luise schüttelte den Kopf. »Blödsinn. Aber irgendwie bekannt kommt er mir vor.«

»Du meinst also, ich sollt’ ihn mir mal anschauen, oder?« Heidi war mit ihrer Schwiegermutter in der Küche, um das Abendessen vorzubereiten, denn sie erwarteten eine größere Gesellschaft.

Sie wischte sich die Hände ab, ordnete sich mit wenigen Handgriffen die Haare und verließ dann die Küche, um in den Gaststuben nach dem Fremden zu sehen, den die Luise als fesch, aber ein bisserl abgebrannt aussehend, beschrieben hatte.

In den beiden neuen Gaststuben war niemand, auf den diese Beschreibung paßte, auch in der alten Gaststube nicht. Daraufhin ging Heidi in den Bereich der Theke, der zentral angesiedelt war, und fragte Gerti, die langjährige Bedienung, nach einem Fremden.

»Der ist draußen auf der Terrasse«, antwortete die.

»Und?« wollte Heidi wissen. »Was für einen Eindruck macht er auf dich?«

»Er ist nett und freundlich«, antwortete Gerti, »er redet aber net viel.«

»Na, dann will ich mal nach ihm schauen«, sagte Heidi und ging hinaus auf die Terrasse, die hinter der Gaststätte, in Richtung Geierstein, angesiedelt war.

Dort waren die meisten Tische besetzt, aber Heidi wußte sofort, wen ihre Schwiegermutter meinte.

Der junge Mann, Heidi schätzte ihn auf knapp Dreißig, war tatsächlich ein fescher Bursch, auch wenn er jetzt mit ernster Miene die Speisekarte studierte.

Heidi grüßte nach allen Seiten, redete hier und da einige Worte und als sie am Tisch des jungen Mannes war, lächelte sie ihn betont freundlich an.

»Grüß Gott«, sagte sie, »ich bin da die Wirtin. Was darf ich Ihnen bringen?«

Der Fremde sah auf und als sie in seine Augen sah, war sie sich sicher, daß sie ihn irgendwoher kannte.

»Dann sind Sie also die sagenhafte Bergerhof-Heidi?« sagte er mit melodischer Stimme, während ein Lächeln seine Mundwinkel umspielte.

»Sagenhaft?« Heidi lachte. »Also, das betracht’ ich jetzt mal nicht als Kompliment.«

»Es war aber als solches gedacht«, antwortete der Fremde, der dann aufstand und sich vorstellte. »Entschuldigen S’, daß ich noch net gesagt hab’, wer ich bin. Ich heiß’ Matthias Lauthner.«

Mit dem Namen konnte Heidi nichts anfangen, was sie auch sagte, dann fügte sie hinzu: »Aber Sie kommen mir irgendwie bekannt vor, ich hab’ nur keine Ahnung woher.«

Matthias Lauthner zeigte auf einen Stuhl an seinem Tisch. »Wenn S’ mögen… bitte nehmen S’ Platz.«

»Danke«, murmelte Heidi, »aber gar so viel Zeit hab’ ich im Moment nicht.« Dann setzte sie sich doch.

»Erinnern S’ sich noch an den Windner-Berni?« fragte Matthias. »Er hat mir von Ihnen und

dem Grottental erzählt. Das

heißt, er hat zum Schluß nur noch von da heroben und Ihnen erzählt.«

Heidi starrte den jungen Burschen benommen an. Der Windner-Berni war einer ihrer besten Freunde gewesen, manche hatten sogar gemeint, es würd’ mal ein Paar aus ihnen. Damals waren sie nicht mal zwanzig und der Berni war sehr begehrt bei den Madeln gewesen, denn er war der Fescheste weit und breit, er hatte immer einen Schmäh auf den Lippen, wo er war, war es stets lustig zugegangen.

»Der Berni«, murmelte sie, »ich hab’ den Berni mehr als gut gekannt. Als er vor knapp dreißig Jahren das Grottental verlassen hat, hab’ ich gemeint, er kommt irgendwann zurück. Aber er ist immer nur zu Besuch dagewesen. Vor sieben oder acht Jahren das letzte Mal. Wie geht’s ihm denn?«

»Der Berni ist tot«, antwortete Matthias.

»Mar’ und Josef…!« Heidi war blaß geworden und bekreuzigte sich. »Das darf net wahr sein. Was ist denn passiert? Hat er einen Unfall gehabt?«

Matthias schüttelte den Kopf. »Er ist einem Krebsleiden erlegen. Er hat gekämpft, aber er hat’s leider net gepackt. Ich soll Sie von ihm grüßen. Er hat oft von Ihnen erzählt.« Dann lächelte er verlegen. »Unter anderem hat er gesagt, sie wären das tollste Madel, dem er je begegnet wär’.«

Heidi spürte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. Sie drehte den Kopf zur Seite, um Matthias nicht ansehen zu müssen.

»Der Berni ist tot«, murmelte sie, als sie sich wieder einigermaßen gefangen hatte, »ich kann es nicht fassen.«

»Das haben wir alle nicht fassen können«, sagte Matthias.

Heidi sah ihn an. »Sie alle?«

»Berni war mein Halbbruder«, antwortete der junge Bursche. »Man hat behauptet, wir würden uns ähnlich sehen, ich wär’ so was wie eine jüngere Ausgabe von ihm.«

»Oje«, die Berger-Heidi nickte lächelnd, »daher hat die Luise also gemeint, sie würd’ Sie kennen, als sie vorhin den Berger-Hof betreten haben, und mir ist’s auch so vorgekommen.«

Matthias nickte lächelnd. »In Hinterjoch hat die Dame aus dem Tabakladen auch gemeint, ich würd’ wem ähnlich sehen. Sie hat mir übrigens den Weg herauf zu Ihnen beschrieben.«

»Sie wollten zu uns?« Heidi sah den jungen Burschen einigermaßen erstaunt an.

Der nickte. »Wenn S’ was zu arbeiten haben, könnt’ ich mich ein bisserl nützlich machen. Eine Abstellkammer würd’ mir als Unterkunft schon reichen. Hinunter ins Dorf will ich net, ich möcht’ schon hier oben an der Sonn’leiten sein. Hier hat’s dem Berni gut gefallen, und ich möcht’ wissen, wie er und mein Vater früher gelebt haben.«

Heidi atmete tief durch, dann nickte sie. »Also, unterbringen werden wir dich irgendwie.« Unwillkürlich war sie zum vertrauten Du gewechselt.

Matthias quittierte das mit einem Lächeln.

»Du bist also hergekommen«, fuhr Heidi fort, »um ein bisserl nach Spuren zu suchen, die der Berni hinterlassen hat?«

»Nach Spuren, die meine Familie hinterlassen hat«, antwortete Matthias daraufhin. »Wenn ich sie finden kann, dann hier. Ich hab’ nämlich keine Ahnung, wer wir eigentlich sind. Dazu hab’ ich meine Mutter und den Berni viel zu kurz gekannt. Ich bin übrigens der einzige, der übrig ist von den Windnern. Irgendwas werd’ ich wohl noch finden, oder?«

Die Berger-Heidi saß gedankenverloren da. Automatisch nickte sie.

»Wenn du was über deine Familie erfahren willst«, murmelte sie schließlich, »dann fragst am besten den Vorderegger-Franz. Der hat deinen Großvater sehr gut und den Rest der Familie gut gekannt.«

»Aha… und wo find’ ich diesen Vorderegger-Franz?«

Heidi lächelte plötzlich. »Da brauchst nur hier zu warten, der kommt eigentlich jeden Tag herauf zu uns.«

*

Hanna Bausch war ein hübsches Mädchen mit netten Gesichtszügen, guter Figur und blonden Haaren. Sie war sich dieser Attribute ebenso bewußt wie der Tatsache, die Tochter Ludwig Bauschs zu sein, der allgemein als Hochbergbauer bekannt war.

»Das kann getrost die Mizzi machen«, sagte sie mittags zu ihrer Mutter, »ich seh’ net ein, daß ich hinüber zum Bergerhof fahren soll, um Butter umd Almkäs’ zu liefern.«

»Du weißt, daß der Vati lieber sieht, wenn wer aus der Familie unsere Produkte bringt«, erwiderte ihre Mutter, »da ist er nun mal sehr eigen.«

»Du meine Güte«, sagte Hanna, »die Mizzi gehört doch so gut wie zur Familie.«

»So gut wie ist net ganz so wie«, antwortete ihre Mutter. »Mach, was du willst, ich hab’s dir gesagt. Net, daß der Vati nachher wieder zornig wird.«

»Das wird er öfter in letzter Zeit«, entgegnete Hanna. »Was ist denn los mit ihm?«

»Ich weiß es auch net«, antwortete Lena Bausch. Sie hatte sich sehr gut gehalten, wirkte jünger als Fünfzig und war so etwas wie der gute Geist des Hochberghofs. »Vielleicht zwickt’s ihn irgendwo, und das ist der Grund für sein häufiges Unzufriedensein.«

»Du meinst, der Vati ist krank?« Besorgt sah Hanna ihre Mutter an.

Die schüttelte den Kopf. »Jedenfalls net richtig krank. Möglicherweise ist er auch nur unzufrieden. Mannsbilder haben das schon mal, grad’ in dem Alter, in dem dein Vater jetzt grad’ ist.«

»Du meinst, er ist in einer Midlifecrisis?« fragte Hanna.

»Das mein’ ich schon«, antwortete ihre Mutter. »Aber ich rat’ dir, keine Diskussion darüber anzufangen. Das verträgt dein Vati nämlich net. Da ist er so wie alle Mannsbilder. Wenn an ihrem Image gekratzt wird, dann ist’s aus mit der Toleranz.«

Hanna saß einen Moment stumm da, dann nickte sie. »Du hast recht, ich werd’ die Butter, die Milch und den Almkäs’ hinüber zum Bergerhof fahren. Vor allem werd’ ich mich net mit dem Vati anlegen, jedenfalls jetzt net. Aber irgendwann werd’ ich ihm sagen, daß er mich net so drangsalieren soll.«

Da lachte ihre Mutter.

»Oje, Kind, du wirst doch net drangsaliert. Ganz im Gegenteil, der Vati mag dich sehr, das weißt du doch.«

»Ach so?« Hanna tat erstaunt. »Dann zeigt er’s aber net so, daß ich’s versteh’.«

»Wenn du zum Bergerhof willst, in der Milchkammer ist schon alles zurechtgestellt«, sagte Lena Bausch. »Und frag’ die Heidi, ob sie noch was von dem speziellen Käs’ will. Der hat ihr letztens so gut gefallen. Und frag’ sie auch, ob die Kautners im September wieder ein Zimmer im alten Haus haben können.«

»Kommen die wieder?« fragte Hanna. »Auch die Susanne und der Olaf?«

»Ob die beiden mitkommen«, erwiderte ihre Mutter, »weiß ich net, jedenfalls werden die Renate und der Rudi im September kommen.«

»Der Olaf…!«

»… hat dir offensichtlich gut gefallen.« Lena Bausch lächelte amüsiert.

»Schmarrn«, murmelte Hanna, »gut gefallen, wie kommst du denn da drauf?«

»Ich hatt’ schon mal den Eindruck…«

Vor einem Jahr hatten Renate und Rudi Kautner im Bergerhof einen dreiwöchigen Urlaub verbracht und ihre Kinder Susanne und Olaf hatten mit anderen Freunden ganz in der Nähe gezeltet. Renate Kautner stammte vom Nachbarhof, sie war mit der Lena befreundet gewesen, und nach Jahren hatten sie sich wiedergesehen. Sie lebten inzwischen in München, wo Rudi in einem Ministerium beschäftigt war, und der Urlaub im vergangenen Jahr im Oberallgäu hatte ihnen ausgesprochen gut gefallen.

Hanna reagierte auf die letzte Aussage ihrer Mutter nicht mehr, sie fragte vielmehr, ob sie sonst noch was zu bestellen habe, ging dann in die Milchkammer, nahm die beiden Pakete für den Bergerhof, setzte sich in ihren kleinen Wagen, ihr Vater hatte ihn ihr im vergangenen Jahr geschenkt, und fuhr in Richtung Bergerhof, wo sie gut zehn Minuten später ankam.

»Die Mutti läßt fragen«, sagte sie zur Berger-Heidi, »ob ihr noch mal was von dem speziellen Käs’ wolltet? Von dem, der dir so gut gefallen hätt’.«

»Wenn ihr was übrig habt, gerne«, antwortete Heidi. »Wie geht’s denn zu Haus’?«

»Gut soweit«, antwortete Hanna, »bis auf den Vati, der hat wohl eine Midlifecrisis.««

»Was hat er?« Erstaunt sah Heidi Hanna an.

Die lachte und winkte ab. »Ach, vergiß es. Die Mutti und ich haben uns lediglich über die Besonderheiten der Mannsbilder unterhalten.«

Im gleichen Augenblick kam Matthias Lauthner in die Küche, sah Hanna einen langen Augenblick an, dann grüßte er freundlich, stellte einen kleinen Korb mit Kräutern auf den Tisch, dann verschwand er wortlos.

»Wer war das denn?« fragte Hanna. Sie schien einigermaßen beeindruckt zu sein.

»Du kennst die Familie nimmer«, antwortete Heidi. »Dein Vater und deine Mutter werden sich an sie erinnern.«

»Und wie heißt die Familie?«

»Windner hat sie geheißen«, antwortete die Berger-Heidi. »Der fesche Bursch’ eben ist der Matthias gewesen. Er hat einen anderen Nachnamen, gehört aber zu den Windners.«

»Das hört sich kompliziert an«, sagte Hanna, die aus dem Küchenfenster sah, denn Matthias ging gerade über den Hof.

»Ist es aber nicht«, erwiderte Heidi. »Vielleicht kann dir deine Mutti ja was von den Windners erzählen. Sie hat den Berni auch gut gekannt.«