Die standhafte Witwe - Julie Garwood - E-Book
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Die standhafte Witwe E-Book

Julie Garwood

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Beschreibung

England im 13. Jahrhundert: Nach dem Tod ihres tyrannischen Mannes schwört die junge Lady Johanna, niemals wieder zu heiraten. Doch King John hat bereits einen neuen Ehemann für sie ausgewählt. Um der Zwangsheirat mit einem verhassten Baron zu entgehen, soll sie auf der Stelle den mächtigen Clansherrn Gabriel MacBain ehelichen. Notgedrungen willigt Johanna ein, zu ihm ins wilde Hochland zu ziehen und seine Frau zu werden. Für den Clansherrn Gabriel gibt es nur einen Grund für die Eheschließung: Land. Doch er hat seine Ehefrau gründlich unterschätzt. Durch ihren Mut erringt sie in kurzer Zeit nicht nur die Bewunderung des ganzen Clans, sondern auch Gabriel beginnt, ihrem Charme zu erliegen. Um ihr neues Glück zu schützen, muss Johanna jedoch noch mehr Mut erweisen, als sie je für möglich gehalten hätte ...

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Seitenzahl: 638

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über dieses Buch

Titel

PROLOG

KAPITEL 1

KAPITEL 2

KAPITEL 3

KAPITEL 4

KAPITEL 5

KAPITEL 6

KAPITEL 7

KAPITEL 8

KAPITEL 9

KAPITEL 10

KAPITEL 11

KAPITEL 12

KAPITEL 13

KAPITEL 14

KAPITEL 15

KAPITEL 16

KAPITEL 17

KAPITEL 18

KAPITEL 19

KAPITEL 20

KAPITEL 21

EPILOG

Über die Autorin

Titel der Autorin bei beHEARTBEAT

Impressum

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Über dieses Buch

England im 13. Jahrhundert: Nach dem Tod ihres tyrannischen Mannes schwört die junge Lady Johanna, niemals wieder zu heiraten. Doch King John hat bereits einen neuen Ehemann für sie ausgewählt. Um der Zwangsheirat mit einem verhassten Baron zu entgehen, soll sie auf der Stelle den mächtigen Clansherrn Gabriel MacBain ehelichen. Notgedrungen willigt Johanna ein, zu ihm ins wilde Hochland zu ziehen und seine Frau zu werden. Für den Clansherrn Gabriel gibt es nur einen Grund für die Eheschließung: Land. Doch er hat seine Ehefrau gründlich unterschätzt. Durch ihren Mut erringt sie in kurzer Zeit nicht nur die Bewunderung des ganzen Clans, sondern auch Gabriel beginnt, ihrem Charme zu erliegen. Um ihr neues Glück zu schützen, muss Johanna jedoch noch mehr Mut erweisen, als sie je für möglich gehalten hätte ...

Julie Garwood

Die standhafte Witwe

Aus dem amerikanischen Englisch von Kerstin Winter

PROLOG

Das Kloster von Barnslay, England 1200

»Heiliger Bischof Hallwick, könnt Ihr uns die Hierarchie im Himmel und auf Erden erklären? Wen achtet Gott am höchsten?«, fragte einer der beiden Schüler.

»Stehen die Apostel nicht an erster Stelle in Gottes Gnaden?«, warf der zweite Schüler ein.

»Nay«, antwortete der weise Bischof. »Der Erzengel Gabriel, der Beschützer der Frauen und Kinder, der Schutzpatron der Unschuldigen steht über allen anderen.«

»Und wer ist der nächste?«, fragte der erste Schüler wieder.

»Natürlich all die anderen Engel«, gab der Bischof zurück. »Dann kommen die zwölf Apostel, von ihnen Petrus an erster Stelle, dann folgen die Propheten und die Wundertäter und all die guten Prediger von Gottes Werk auf Erden. Und schließlich kommen all die andern Heiligen im Himmel.«

»Aber wer ist der Wichtigste hier auf Erden, Bischof Hallwick? Wer steht hier in Gottes höchster Gunst?«

»Der Mann«, kam die Antwort sofort. »Und der höchste und wichtigste unter den Männern ist unser Heiliger Vater, der Papst.«

Die beiden Schüler nickten zustimmend. Sie saßen auf einer Steinmauer. Thomas, der ältere der beiden jungen Männer, beugte sich konzentriert vor. »Als Nächstes folgen die Kardinäle und dann die anderen Würdenträger Gottes«, griff er vor.

»So ist es«, bestätigte der Bischof, zufrieden über die kluge Antwort seines Schülers.

»Und wer kommt an nächster Stelle?«, wollte der zweite Schüler wissen.

»Nun, die herrschenden Häupter der Königreiche hier auf Erden«, erklärte der Bischof. Er setzte sich in die Mitte der hölzernen Bank, die vor der Mauer stand, breitete seine reichverzierte, schwarze Robe sorgfältig aus und fügte dann hinzu: »Solche Führer, die die Schätze der Kirche vergrößern, liebt Gott natürlich mehr als jene, die das Gold zu ihrem eigenen Nutzen horten.«

Drei weitere junge Männer kamen herzu, um der Lektion ihres heiligen Oberhauptes zu lauschen. Sie ließen sich im Halbkreis zu Füßen des Bischofs nieder.

»Kommen verheiratete und dann unverheiratete Männer an die Reihe?«, fragte Thomas.

»Aye«, gab der Bischof zurück. »Und sie haben den gleichen Stellenwert wie die Kaufleute und die Sheriffs, doch sie stehen nur wenig über den Leibeigenen, die an das Land gekettet sind.«

»Wer folgt dann, Bischof?«, fragte der zweite Schüler.

»Die Tiere, und das treueste, der Hund, ganz an der Spitze«, antwortete der Bischof, »während der dumme Ochse an letzter Stelle steht. So, ich glaube, nun habe ich euch die ganze Hierarchie erklärt, damit ihr sie eines Tages euren Schülern vermitteln könnt, wenn ihr die Gelübde abgelegt habt und Priester geworden seid.«

Thomas schüttelte den Kopf. »Ihr habt die Frauen vergessen, Bischof Hallwick. Wo stehen denn die Frauen in Gottes Liebe?«

Der Bischof rieb sich die Stirn, während er über die Frage nachdachte. »Ich habe die Frauen nicht vergessen«, sagte er schließlich. »Sie stehen zuallerletzt in Gottes Gnaden.«

»Hinter dem dummen Ochsen?«, fragte der zweite Schüler.

»Aye, hinter dem Ochsen.«

Die drei jungen Männer, die auf dem Boden saßen, nickten zustimmend.

»Bischof?«, fragte Thomas.

»Was ist, mein Sohn?«

»Habt Ihr uns Gottes Hierarchie oder die der Kirche erklärt?«

Der Bischof war entsetzt über diese Frage. Sie erschien ihm geradezu als Blasphemie. »Sie sind ein und dasselbe, oder etwa nicht?«

Ein großer Teil der Männer des Mittelalters glaubte, dass Gottes Sichtweise stets einwandfrei von der Kirche interpretiert wurde.

Einige Frauen wussten es besser. Dies ist die Geschichte einer solchen Frau.

KAPITEL 1

England, 1206

Die Nachricht würde sie umbringen.

Kelmet, ihrem treuen Haushofmeister und ältesten Bediensteten, seit Baron Raulf Williamson in persönlichem Auftrag des Königs England hastig verlassen hatte, oblag es, seiner Herrin diese schreckliche Neuigkeit beizubringen. Der Diener wollte die gefürchtete Pflicht nicht aufschieben, denn er nahm an, Lady Johanna würde die beiden Boten befragen wollen, bevor sie nach London zurückritten. Falls seine Herrin dazu noch in der Lage sein sollte, nachdem sie die Nachricht über ihren geliebten Gatten vernommen hatte.

Aye, er musste es der edlen Lady sobald wie möglich sagen. Kelmet war sich dessen nur allzu bewusst. Doch obwohl er es hinter sich wissen wollte, wurden ihm die Schritte doch unendlich schwer und mühsam, als er zur gerade fertiggestellten Kapelle hinüberging, wo Lady Johanna ihre Nachmittagsandacht hielt. Es war, als würde er durch knietiefen Schlamm waten müssen. Vater Peter MacKechnie, der Kleriker, der vom Maclaurin-Besitztum in den Highlands zu Besuch gekommen war, kam gerade den steilen Aufstieg von der unteren Mauer hinauf, als Kelmet ihn entdeckte. Der Diener stieß einen kurzen Seufzer der Erleichterung aus und rief dann dem mürrisch wirkenden Priester einen Gruß zu.

»Ich brauche Euren Beistand, MacKechnie«, schrie Kelmet, um den sich erhebenden Wind zu übertönen.

Der Priester nickte, dann runzelte er finster die Stirn. Er hatte dem Diener sein beleidigendes Benehmen zwei Tage zuvor noch nicht verziehen.

»Soll ich dir die Beichte abnehmen?«, rief der Priester mit einem spottenden Unterton in seinem breiten Akzent zurück.

»Nay, Vater.«

MacKechnie schüttelte den Kopf. »Du hast eine schwarze Seele, Kelmet.«

Der Verwalter gab dem Mann keine Antwort, sondern wartete geduldig, bis der dunkelhaarige Schotte an seiner Seite war. Er konnte an dem belustigten Funkeln in den Augen des Priesters erkennen, dass dieser nur scherzte.

»Es gibt etwas, das wichtiger als meine Beichte ist«, begann Kelmet. »Ich habe gerade Nachricht erhalten ...«

Der Priester ließ ihn nicht ausreden. »Heute ist Karfreitag«, warf er ein. »Nichts könnte wichtiger als das sein. Ich werde dir am Ostermorgen die heilige Kommunion verweigern, wenn du nicht heute deine Sünden gestehst und Gottes Vergebung erbittest. Du könntest mit der schrecklichen Sünde der Grobheit beginnen, Kelmet. Aye, das wäre ein guter Anfang.«

Kelmet ließ sich nicht beirren. »Ich bat Euch um Entschuldigung, Vater, aber ich sehe schon, Ihr habt mir immer noch nicht verziehen.«

»In der Tat habe ich das nicht.«

Der Haushofmeister runzelte die Stirn. »Wie ich Euch gestern und vorgestern schon erklärte, kann ich Euch nicht erlauben, das Haupthaus zu betreten, da mir Baron Raulf präzise Anweisungen gegeben hat, niemanden einzulassen, solange er fort ist. Er hat mir sogar befohlen, Lady Johannas Bruder Nicholas den Zutritt zu verwehren, sollte er Einlass begehren. Vater, versucht das zu verstehen. Ich bin der dritte Verwalter hier in weniger als einem Jahr, und ich versuche nur, meine Stellung hier länger zu behalten als meine Vorgänger.«

MacKechnie schnaubte. Er wollte dem Haushofmeister noch keine Zugeständnisse machen. »Wenn Lady Johanna nicht eingegriffen hätte, würde ich immer noch außerhalb der Mauern lagern, ist das nicht so?«

Kelmet nickte. »Aye, das ist richtig«, gab er zu. »Es sei denn, Ihr hättet Euch wieder auf den Heimweg gemacht.«

»Ich werde nirgendwohin gehen, bis ich nicht mit Baron Raulf gesprochen und ihn darüber in Kenntnis gesetzt habe, was für ein Unwesen sein Vasall auf dem Maclaurin-Land treibt. Das Morden Unschuldiger geht weiter, Kelmet, doch ich bete, dass dein Baron noch keine Ahnung hat, zu welchem machthungrigen Mann Marshall sich entwickelt hat. Ich habe gehört, Baron Raulf sei ein ehrenwerter Mann. Ich kann nur hoffen, dass dies zutrifft, denn er muss diesen Abscheulichkeiten so schnell wie möglich einen Riegel vorschieben. Ja, es ist sogar so, dass sich einige Maclaurin-Soldaten schon an den Bastard MacBain um Hilfe wenden. Wenn sie ihm erst einmal den Treueschwur geleistet und ihn zum Clansherrn ernannt haben, wird die Hölle losbrechen. MacBain wird gegen Marshall und jeden anderen Engländer, der sich auf Maclaurin-Land befindet, in den Krieg ziehen. Dem Highland-Krieger ist Wut und Rache nicht fremd, und ich verwette meine Seele darauf, dass selbst Baron Raulfs Haut in Gefahr sein wird, wenn MacBain sich selbst erst einmal von der Verwüstung des Maclaurin-Landes überzeugt hat. Eine Verwüstung, die die Ungetreuen zu verantworten haben, die euer Baron dort eingesetzt hat.«

Obwohl Kelmet nicht persönlich von den Problemen der Schotten betroffen war, ließ er sich doch gern durch den Bericht ablenken. Zudem gewährte ihm der Priester unbeabsichtigt die Möglichkeit, seine unangenehme Pflicht noch eine Weile aufzuschieben. Ein paar Augenblicke würden sicher niemandem wehtun, dachte Kelmet bei sich.

»Vermutet Ihr, dass dieser MacBain-Krieger nach England kommen könnte?«

»Ich vermute nicht«, entgegnete der Geistliche, »ich stelle fest. Euer Baron wird nicht den leisesten Hinweis darauf bekommen, dass er hier ist, bis er die Klinge Mac-Bains an seiner Kehle spürt. Dann wird es natürlich zu spät sein.«

Der Verwalter schüttelte den Kopf. »Baron Raulfs Soldaten hätten ihn getötet, bevor er noch die Zugbrücke erreicht.«

»Die Chance bekämen sie nicht«, verkündete MacKechnie mit überzeugter Stimme.

»Bei Euch hört es sich an, als wäre dieser Krieger unbesiegbar.«

»Das wäre nicht so abwegig. Tatsächlich habe ich noch nie jemanden wie ihn kennengelernt. Ich will dich nicht mit Geschichten erschrecken, die ich über MacBain gehört habe. Es genügt zu bemerkten, dass du ganz sicher nicht wünschen würdest, seinen Zorn über dieser Burg zu spüren.«

»Nichts davon ist im Augenblick wichtig«, flüsterte Kelmet nun, und seine Stimme klang müde.

»Oh, und ob es wichtig ist«, fauchte der Priester. »Ich werde hier so lange auf den Baron warten, wie es sein muss. Die Sache ist viel zu ernst, um ungeduldig werden zu können.«

Vater MacKechnie hielt inne, um sich wieder zu beruhigen. Er wusste, dass diese Angelegenheit den Haushofmeister nicht betraf, doch da er einmal angefangen hatte zu erklären, war der ganze Zorn, den er sorgsam in seinem Inneren verschlossen hatte, wieder aufgekocht, und er war nicht in der Lage, die Wut aus seiner Stimme zu halten. Er zwang sich, einen ruhigeren Tonfall anzuschlagen und das Thema zu wechseln.

»Du bist zwar ein Sünder, Kelmet, aber du bist auch ein ehrenhafter Mann, der nur seine Pflicht erfüllen will. Gott wird sich daran erinnern, wenn du am Tag des Jüngsten Gerichts vor Ihm stehst. Wenn es also jetzt nicht um deine Beichte geht, was kannst du dann von mir wollen?«

»Ich brauche Eure Hilfe bei Lady Johanna, Vater. Ich habe soeben eine Nachricht von König John erhalten.«

»Und?«, bohrte der Priester, als der Verwalter nicht sofort eine Erklärung hinterherschickte.

»Baron Raulf ist tot.«

»Gütiger Herr, das kannst du nicht ernst meinen.«

»Es ist wahr, Vater!«

MacKechnie stieß ein raues Röcheln aus, dann schlug er hastig das Zeichen des Kreuzes. Er senkte den Kopf, presste die Hände gegeneinander und flüsterte ein Gebet für die Seele des Barons.

Der Wind ließ den Saum seiner Soutane heftig gegen seine Beine flattern, aber der Priester war zu versunken in sein Gebet, um dem Aufmerksamkeit zu schenken. Kelmet blickte zum Himmel. Schwarze, bauschige Wolken wurden durch den beständigen heulenden Wind vorangetrieben. Das Jammern des Windes, das Geräusch des nahenden Sturmes war unheimlich, drohend ... passend.

Der Priester hatte sein Gebet beendet, schlug erneut das Zeichen des Kreuzes und wandte seine Aufmerksamkeit dann wieder dem Verwalter zu. »Warum hast du mir das denn nicht sofort gesagt? Warum hast du mich reden und reden lassen? Du hättest mich unterbrechen müssen. Gott schütze uns, was wird nun mit den Maclaurins geschehen?«

Kelmet schüttelte den Kopf. »Was die Ländereien des Barons in den Highlands betrifft, Vater, so kann ich Euch keine Antwort geben.«

»Du hättest es sofort sagen müssen«, wiederholte der Priester, noch ganz benommen von der schlechten Nachricht.

»Ein paar Minuten mehr oder weniger machen keinen Unterschied«, erwiderte Kelmet. »Und vielleicht wollte ich meine schwere Aufgabe durch ein Gespräch mit Euch noch ein wenig hinauszögern. Ihr müsst wissen, dass es meine Pflicht ist, Lady Johanna zu informieren, und ich könnte Euren Beistand wirklich gebrauchen. Sie ist so jung, so unschuldig und ganz ohne Falsch. Das wird ihr bestimmt das Herz brechen.«

MacKechnie nickte. »Ich kenne deine Herrin erst seit zwei Tagen, aber auch ich habe schon festgestellt, wie sanftmütig und rein sie ist. Dennoch bin ich nicht sicher, ob ich wirklich helfen kann. Deine Herrin scheint Angst vor mir zu haben.«

»Sie fürchtet die meisten Priester, Vater. Und sie hat gute Gründe dafür.«

»Und was für Gründe sollten das sein?«

»Ihr Beichtvater ist Bischof Hallwick.«

Vater MacKechnie blickte finster drein. »Dann brauchst du kein Wort mehr zu sagen«, murmelte er angewidert. »Hallwicks übler Ruf ist bekannt, sogar in den Highlands. Kein Wunder, dass das Mädchen Angst hat, und es zeugt von großem Mut, dass sie mir Einlass gewährt hat, Kelmet.« Er seufzte und setzte hinzu: »Armes Kind. Es ist unfair, in solch zartem Alter den Ehemann zu verlieren. Wie lange ist sie schon mit dem Baron verheiratet?«

»Seit über drei Jahren. Lady Johanna war kaum mehr als ein Kind, als sie verheiratet wurde. Vater, bitte kommt mit mir in die Kapelle.«

»Gewiss doch.«

Die zwei Männer gingen Seite an Seite weiter. Kelmets Stimme klang zögernd, als er wieder anfing zu sprechen: »Ich weiß, dass ich nicht die richtigen Worte finden kann. Ich bin nicht sicher, wie ich es ihr am besten sage ...«

»Sag es frank und frei«, riet der Priester. »Sie wird das zu schätzen wissen. Mach keine Andeutungen, so dass sie es sich zusammenreimen muss. Vielleicht wäre es gut, wenn wir eine Frau als Beistand hinzuziehen. Gewiss kann Lady Johanna weibliches Mitgefühl gebrauchen.«

»Aber ich wüsste nicht, wen ich fragen soll«, gab Kelmet zu. »Noch einen Tag, bevor Baron Raulf die Burg verließ, hat er mal wieder den gesamten Haushalt neu besetzt. Meine Lady kennt kaum die Namen der Diener, es hat einfach schon zu viele gegeben. Meine Herrin bleibt in letzter Zeit für sich.« Dann fügte er hinzu: »Sie ist sehr gütig, Vater, aber sie hält Abstand zu den Bediensteten, und sie hat gelernt, alles selbst in die Hand zu nehmen. Sie hat keinerlei Vertraute, die ich hinzubitten könnte. So ist es leider!«

»Wie lange ist Baron Raulf denn fort gewesen?«

»Fast sechs Monate.«

»Und in dieser ganzen Zeit hat Lady Johanna sich auf niemanden gestützt?«

»Nay, Vater. Lady Johanna vertraut sich niemandem an, nicht mal ihrem Haushofmeister«, sagte Kelmet. »Der Baron sagte, er würde nur ein oder zwei Wochen fort sein, und wir haben jeden Tag auf seine Rückkehr gehofft.«

»Wie ist er gestorben?«

»Er hat den Halt verloren und ist von einer Klippe gestürzt.« Kelmet schüttelte den Kopf. »Ich bin sicher, dass es dabei einiges zu erklären gibt, denn Baron Raulf war kein unbeholfener Trottel. Vielleicht kann der König Lady Johanna Einzelheiten mitteilen.«

»Ein schlimmer Unfall also«, entschied der Priester. »Gottes Wille geschehe«, fügte er schließlich fast pflichtbewusst hinzu.

»Es könnte gut Teufelswerk gewesen sein«, murmelte Kelmet.

MacKechnie gab auf diese Vermutung keine Antwort. »Sie wird sicher wieder heiraten«, bemerkte er mit einem Nicken. »Ihr Erbe kann ja nicht gerade gering sein, nicht wahr?«

»Sie wird ein Drittel der Ländereien ihres Mannes bekommen. Ich habe gehört, sie sind sehr ausgedehnt«, erklärte Kelmet.

»Könnte das Maclaurin-Land, das euer König John Schottland gestohlen und Baron Raulf gegeben hat, dazugehören?«

»Möglich«, gab Kelmet zu.

MacKechnie speicherte diese Information sorgfältig für einen späteren Gebrauch. »Ich kann mir vorstellen, dass eure Lady mit dem goldfarbenen Haar und den hübschen blauen Augen von jedem unvermählten Baron in England heiß begehrt wird. Sie ist sehr schön, und obwohl es wahrscheinlich sündig ist, es einzugestehen, muss ich sagen, dass ich von ihrem Anblick recht entzückt bin. Mit ihrem Aussehen könnte sie einen Mann leicht verhexen, selbst wenn sie kein Vermögen hätte.«

Die beiden Männer hatten die schmale Treppe, die zur Kapelle hinaufführte, erreicht.

»Ja, sie ist sehr schön«, stimmte der Haushofmeister zu. »Ich habe schon Männer gesehen, die bei ihrem Anblick mit offenem Mund stehenblieben. Sicher werden die Barone sie begehren«, fügte er hinzu, »aber nicht für die Ehe.«

»Was ist das denn für ein Unsinn?«

»Sie ist unfruchtbar«, sagte Kelmet.

Die Augen des Priesters weiteten sich. »Lieber Gott«, flüsterte er. Er senkte den Kopf, schlug das Zeichen des Kreuzes und sprach ein Gebet für die Bürde, die die gute Lady zu tragen hatte.

Auch Lady Johanna betete. Sie stand hinter dem Altar und betete um Rat und Führung. Sie war entschlossen, das Richtige zu tun. Sie hielt eine Pergamentrolle in ihrer Hand, und als sie ihre Bitte an Gott beendet hatte, wickelte sie die Rolle in das Leinentuch, das sie stets auf der marmornen Oberfläche ausgebreitet hatte.

Wieder überlegte sie, ob sie den verdammten Beweis gegen ihren König vernichten sollte. Dann schüttelte sie jedoch den Kopf. Vielleicht würde eines Tages jemand die Rolle finden, und wenn nur ein einziger Mensch die Wahrheit über den bösen König erführe, der einst England regiert hatte, dann wäre vielleicht ein Hauch von Gerechtigkeit getan.

Johanna steckte das Pergament zwischen die Marmorplatten unter der Altaroberfläche. Sie vergewisserte sich, dass es vor Blicken und Beschädigung geschützt war, dann sprach sie ein weiteres kurzes Gebet, knickste und ging durch den Gang zur Tür. Sie öffnete sie und wollte gerade hinaustreten.

Augenblicklich verstummte die Unterhaltung zwischen Vater MacKechnie und Kelmet.

Der Anblicks Lady Johannas entzückte den Priester immer noch, und er akzeptierte die Wahrheit ohne eine Andeutung von Schuld. MacKechnie glaubte nicht, dass er von der Sünde der Wollust gepackt war, nur weil er den Glanz in ihrem Haar entdeckte oder ein bisschen länger als nötig auf ihr liebliches Gesicht starrte. Für ihn war Lady Johanna nichts weiter als eine Kreatur Gottes, ein wunderbares Exemplar allerdings, das einmal mehr die Fähigkeit des Herrn bewies, Perfektion zu schaffen.

Mit ihren hohen Wangenknochen und ihrem blonden Haar war sie durch und durch Sächsin. Sie war ein wenig kleiner als andere, doch der Priester fand, dass sie durch ihre königliche Haltung größer wirkte.

Aye, ihre Erscheinung gefiel dem Priester, und er war sicher, dass sie auch Gott gefiel, denn sie besaß ein freundliches Herz.

MacKechnie war ein mitfühlender Mann. Es tat ihm in der Seele weh, zu wissen, wie grausam das Schicksal dieser Lady bereits jetzt mitgespielt hatte. Eine unfruchtbare Frau brachte dem Königreich keinen Nutzen. Ihre ganze Daseinsberechtigung war von ihr genommen worden. Das Kreuz, das sie zu tragen hatte – das Wissen um ihre eigene Minderwertigkeit – war gewiss der Grund, warum er sie nie hatte lächeln sehen.

Und nun erhielt sie erneut einen Schicksalsschlag.

»Könnten wir einen Augenblick mit Euch sprechen, M’lady?«, fragte Kelmet.

Die Worte des Haushofmeisters mussten sie gewarnt haben, dass etwas nicht stimmte. Ein wachsamer Ausdruck stahl sich in ihre Augen, und ihre Hände ballten sich zu Fäusten. Sie nickte und wandte sich langsam um, um in die Kapelle zurückzugehen.

Die beiden Männer folgten ihr. Im Inneren blieb Lady Johanna in der Mitte des Ganges zwischen den hölzernen Bänken stehen und wandte sich ihnen zu. Der Altar befand sich direkt hinter ihr. Vier Kerzen erhellten die Kapelle nur spärlich. Ihre Flammen flackerten in den gläsernen Kugeln, die jeweils eine Handbreit voneinander entfernt auf der marmornen Oberfläche des langen Altars standen.

Lady Johanna straffte die Schultern, legte die Hände ineinander und sah den Verwalter fest an. Sie schien sich gegen die schlechten Nachrichten zu wappnen. Ihre Stimme war ein sanftes Flüstern, das frei von jeglicher Emotion war. »Ist mein Mann nach Hause zurückgekehrt?«

»Nay, M’lady«, antwortete Kelmet. Er warf dem Priester einen Blick zu, erhielt ein ermutigendes Nicken und platzte dann heraus: »Soeben sind zwei Boten aus London eingetroffen. Sie haben schreckliche Nachrichten mitgebracht. Euer Gatte ist tot.«

Eine lange Zeit des Schweigens folgte der Mitteilung. Kelmet rang die Hände, während er darauf wartete, dass sie die Botschaft begriff. Aber seine Herrin zeigte keine äußerliche Reaktion, und er begann anzunehmen, dass sie die Nachricht nicht verstanden hatte.

»Es ist wahr, M’lady. Baron Raulf ist tot«, wiederholte er mit einem rauen Flüstern.

Und immer noch konnte er keine Reaktion bemerken. Der Priester und der Verwalter warfen sich einen betroffenen Blick zu und sahen dann wieder Lady Johanna an.

Plötzlich schimmerten Tränen in ihren Augen. Fast hätte Vater MacKechnie einen Seufzer der Erleichterung ausgestoßen. Sie hatte verstanden.

Nun wartete er auf die Verweigerung, denn in all den Jahren, und es waren viele, in denen er den Geschlagenen Trost spenden musste, hatte er gelernt, dass die meisten Menschen sich zuerst weigerten, die Tatsachen zu akzeptieren.

Ihre Verweigerung kam schnell und heftig: »Nein!«, schrie sie. Sie schüttelte so vehement den Kopf, dass ihr Zopf über ihre Schulter flog. »Ich will diese Lüge nicht hören. Niemals!«

»Kelmet hat die Wahrheit gesprochen«, sagte Vater MacKechnie mit tröstend tiefer Stimme.

Sie schüttelte wieder den Kopf. »Das muss eine üble Intrige sein. Kelmet, du musst die Wahrheit herausfinden. Wer hat dir eine solche Lüge erzählt?«

Der Priester ging schnell einen Schritt auf die junge Frau zu und wollte einen Arm um sie legen. Der Kummer in ihrer Stimme rührte selbst ihn zu Tränen.

Doch sie wollte seinen Trost nicht. Sie wich zurück, verschränkte die Hände ineinander und fragte: »Ist das eine grausame Intrige?«

»Nay, M’lady«, erwiderte Kelmet. »König John selbst hat die Botschaft gesandt. Es gab einen Zeugen. Baron Raulf ist tot.«

»Gott sei seiner Seele gnädig«, intonierte der Priester.

Lady Johanna brach in Tränen aus. Beide Männer hasteten auf sie zu, doch sie wies ihr Mitgefühl erneut ab, indem sie weiter zurückwich. Die Männer hielten unsicher an und beobachteten, wie die Frau sich mit gebrochenem Herzen abwandte. Sie sank in die Knie, umschlang ihren Unterleib mit den Armen und knickte vornüber, als hätte man sie gerade in ihre Mitte getreten.

Ihre Schluchzer waren herzzerreißend. Die beiden Männer ließen sie lange Minuten sich ihrem Schmerz hingeben, und als sie endlich wieder ein wenig Beherrschung zurückerlangt hatte und ihre Schluchzer verebbten, legte ihr der Priester die Hand auf die Schulter und flüsterte Worte, die sie trösten sollten.

Sie schob seine Hand nicht fort. MacKechnie sah, wie sie langsam ihre Würde wiedererrang. Sie atmete tief ein, um sich zu beruhigen, und wischte sich die Tränen mit einem linnenen Tuch, das er ihr reichte, aus dem Gesicht. Dann erlaubte sie ihm, ihr auf die Füße zu helfen.

Mit gesenktem Kopf wandte sie sich an die Männer. »Ich möchte jetzt allein sein. Ich muss ... beten.«

Sie wartete nicht auf die Zustimmung der beiden, sondern wandte sich ab und ging zur vordersten Bank. Sie kniete nieder und schlug das Kreuz als Zeichen, dass sie ihre Anrufung beginnen wollte.

Der Priester verließ als Erster die Kapelle. Kelmet folgte ihm. Er wollte gerade die Tür hinter sich zuziehen, als seine Herrin ihn rief.

»Schwöre es, Kelmet. Schwöre es auf deines Vaters Grab, dass mein Mann tot ist.«

»Ich schwöre es, M’lady.«

Der Verwalter wartete noch einen Augenblick, ob seine Herrin noch etwas von ihm wollte, doch als das nicht der Fall war, zog er die Tür fest hinter sich ins Schloss.

Johanna starrte eine lange, lange Zeit auf den Altar. In ihrem Kopf herrschte ein einziges Durcheinander aus Gefühlen und Gedanken.

Sie war zu verwirrt, um vernünftig denken zu können.

»Ich muss beten«, flüsterte sie. »Mein Mann ist tot. Ich muss beten.«

Sie schloss die Augen, faltete die Hände und begann endlich ihr Gebet. Es kam als eine einfache, unverhüllte Litanei direkt aus ihrem Herzen.

»Ich danke dir, Gott. Ich danke dir.«

KAPITEL 2

Schottisches Hochland, 1207

Der Baron suchte offensichtlich den Tod. Der Clansherr schickte sich an, ihm dabei behilflich zu sein.

Die MacBains hatten über komplizierte Kanäle bereits vor vier Tagen erfahren, dass Baron Nicholas Sanders versuchte, sich durch die steilen, winterlich verschneiten Berge zum Anwesen der Maclaurins durchzuschlagen. Der Engländer war kein Fremder und hatte sogar auf Gabriel MacBains Seite gekämpft, als sie in einer verbissenen Schlacht englische Abtrünnige, die sich auf dem Maclaurin-Land festgesetzt hatten, zurückgeschlagen hatten. Danach war MacBain Clansherr sowohl über sein eigenes Gefolge als auch über den Maclaurin-Clan geworden. Als ihr neuer Anführer hatte er damals entschieden, dass Nicholas so lange bleiben durfte, bis er von seinen schweren Wunden genesen war. MacBain hielt das für verdammt entgegenkommend und großzügig, allerdings hatte er allen Grund dazu gehabt. Auch wenn er es nur ungern zugab, so hatte Baron Nicholas ihm in der Schlacht doch das Leben gerettet. Der Clansherr war ein stolzer Mann. Es war schwer für ihn, ja eigentlich unmöglich, Danke zu sagen, und als Gegenleistung dafür, dass Nicholas den Rücken des Clansherrn geschützt hatte, als ein englisches Schwert darauf zielte, hatte er es dem Baron erspart zu verbluten. Da sie niemanden im Clan hatten, der sich auf die heilende Kunst verstand, hatte MacBain persönlich Nicholas’ Wunden gesäubert und verbunden. Damit war seine Großzügigkeit jedoch noch nicht zu Ende, obwohl er fand, er habe seine Schuld ausreichend getilgt. Doch als Nicholas kräftig genug für die Rückreise gewesen war, hatte er ihm sein prachtvolles Pferd zurückgegeben und ihm sogar noch ein Plaid geschenkt, so dass er sicher nach England zurückkehren konnte. Kein anderer Clan würde es wagen, einen MacBain anzurühren, so dass das Plaid ein besserer Schutz war als ein Kettenhemd.

Aye, er war wirklich gastfreundlich gewesen, und nun schien der Baron offenbar von seiner Weichherzigkeit profitieren zu wollen.

Sie sollten alle verflucht sein – er würde den Mann tatsächlich töten müssen.

Nur ein einziger freundlicher Gedanke hielt ihn davon ab, sich seiner überaus schlechten Laune hinzugeben: Dieses Mal würde er Nicholas’ Pferd behalten.

»Füttere einmal einen Wolf, MacBain, und er wird immer wiederkommen, um nach mehr Beute zu suchen.«

Der erste Befehlshaber des Clansherrn, ein blonder Krieger mit fleischigen Schultern namens Calum, zitierte diese Weisheit mit einem gezwungenen Schnauben in der Stimme. Das Funkeln in seinen Augen zeigte, dass ihn das Eintreffen des Barons in Wirklichkeit amüsierte.

»Werdet Ihr ihn töten?«

MacBain dachte eine Weile über die Frage nach, bevor er antwortete: »Wahrscheinlich.« Seine Stimme klang absichtlich überheblich.

Calum lachte. »Baron Nicholas ist wirklich mutig, hierherzukommen.«

»Nicht mutig«, stellte MacBain richtig. »Dumm.«

»Er ist in Eurem Plaid richtig hübsch anzusehen, wie er den letzten Hügel hinaufkommt, MacBain«, verkündete Keith, der älteste der Maclaurin-Krieger, soeben lautstark, als er eintrat.

»Soll ich ihn hereinholen?«, fragte Calum.

»Rein?«, schnaubte Keith. »Wir sind mehr draußen als drinnen, Calum. Das Dach ist vom Feuer weggebrannt, und nur noch drei von vier Mauern stehen. Ich würde sagen, wir sind schon draußen.«

»Das waren die Engländer«, erinnerte Calum seinen Clansherrn. »Nicholas ...«

»Er hat uns geholfen, das Maclaurin-Land von den Abtrünnigen zu befreien«, gab MacBain zurück. »Er hat keine Schuld an der Zerstörung.«

»Er ist immer noch Engländer.«

»Das habe ich nicht vergessen.« Er löste sich von der Feuerstelle, an der er gelehnt hatte, murmelte einen Fluch, als ein Holzscheit knisternd auf den Boden flog, und ging dann nach draußen. Calum und Keith schlossen sich sofort an. Am Fuß der Treppe nahmen sie ihre Position an beiden Seiten ihres Anführers ein.

MacBain überragte seine Soldaten. Er war ein Riese von einem Mann mit finsterem Aussehen und Temperament, schwarzbraunem Haar und grauen Augen. Er wirkte niederträchtig. Selbst seine Haltung, wie er dort mit gespreizten Beinen, über der Brust gekreuzten Armen und einer düsteren Miene stand, war kriegerisch.

Baron Nicholas entdeckte den Clansherrn, sobald er über den Kamm des Hügels gelangt war. MacBain sah ziemlich wütend aus. Nicholas musste sich selbst daran erinnern, dass das seine übliche Haltung war. Dennoch war der finstere Gesichtsausdruck intensiv genug, dass Nicholas sein Ansinnen unwillkürlich überdachte. »Ich muss verrückt sein«, murmelte er vor sich hin. Er holte tief Atem, dann stieß er einen schrillen Begrüßungspfiff aus. Er setzte ein bemühtes Lächeln auf und reckte die Faust zum Gruß in die Höhe.

MacBain war wenig beeindruckt. Er wartete, bis Nicholas den rechteckigen Vorplatz erreicht hatte, dann hob er seine Hand als stummes Signal, anzuhalten.

»Ich dachte, ich habe mich verdammt klar ausgedrückt, Baron. Ich sagte, ich will Euch hier nicht mehr sehen.«

»Aye, das habt Ihr mir gesagt«, stimmte Nicholas zu. »Ich kann mich erinnern.«

»Erinnert Ihr Euch auch, dass ich drohte, Euch umzubringen, wenn Ihr noch einmal Euren Fuß auf mein Land setzt?«

Nicholas nickte. »Mein Gedächtnis speichert auch Einzelheiten, MacBain. Ich kann mich auch an diese Drohung erinnern.«

»Könnte man Euer Erscheinen dann als offene Herausforderung bezeichnen?«

»Das könnte man daraus schließen«, antwortete Nicholas mit einem lässigen Schulterzucken.

Das Lächeln auf dem Gesicht des Barons verwirrte MacBain über alle Maßen. Glaubte Nicholas, sie würden eine Art Spielchen spielen? War er so naiv?

MacBain stieß einen langen Seufzer aus. »Legt mein Plaid ab, Nicholas.«

»Warum?«

»Ich möchte Euer Blut nicht darauf haben.«

Seine Stimme bebte vor Zorn. Nicholas hoffte inständig, dass es nur Getue war. Er hielt sich für mindestens genauso stark und ausdauernd wie der Clansherr, und er war bestimmt genauso groß wie MacBain. Dennoch wollte er nicht mit dem Mann kämpfen. Wenn er den Clansherrn tötete, wäre sein Plan hinfällig. Und wenn der Clansherr ihn tötete, würde dieser niemals von dem Plan erfahren. Im Übrigen war MacBain im Kampf viel flinker und geschickter. Zumal er auch nicht fair kämpfte, ein Zug, den Nicholas entschieden beeindruckend fand.

»Aye, es ist Euer Plaid«, rief er dem Barbaren zu, »doch das Land, MacBain, das Land gehört nun meiner Schwester.«

MacBains Stirnfalten vertieften sich. Er hörte diese Tatsache überhaupt nicht gerne. Sein Schwert aus der Scheide ziehend trat er einen Schritt nach vorn.

»Verdammt«, murmelte Nicholas, als er sein Bein über den Rücken seines Hengstes schwang und absaß. »Mit Euch ist nichts einfach, nicht wahr, MacBain?«

Er erwartete keine Antwort und bekam auch keine. Er zog das Plaid von seiner Schulter, wo es wie ein Banner drapiert gewesen war, und legte es über den Sattel seines Pferdes. Dann griff er nach seinem eigenen Schwert. Einer der Maclaurin-Krieger stürzte vor und führte das Pferd fort. Nicholas schenkte ihm wenig Beachtung und versuchte, die Menge, die sich nun im Hof sammelte, ebenfalls zu ignorieren. Er konzentrierte sich mit allen Sinnen auf sein Gegenüber.

»Es war Euer Schwager, der diesen Besitz hier und die Hälfte des Maclaurin-Clans vernichtete«, grollte MacBain. »Und ich habe unter Eurer Gegenwart lange genug gelitten.«

Die beiden Riesen maßen sich mit Blicken. Nicholas schüttelte den Kopf. »Bleibt bei den Tatsachen, MacBain. Es war Baron Raulf, der Mann meiner Schwester, der den untreuen Marshall und seine bedauernswerten Männer hier einsetzte. Doch als Raulf tot und meine Schwester aus seiner Gewalt befreit war, schickte sie mich, um das Land von den verräterischen Vasallen zu befreien. Ihr gehört das Land, MacBain. Euer König William der Löwe hat vergessen, es von Richard zurückzukaufen, als der brave Mann König von England war und das Geld dringend für seinen Kreuzzug benötigte, aber König John vergisst niemals, was ihm gehört. Er übergab das Land seinem getreuen Diener Raulf, und nun, da er tot ist, hat Johanna es geerbt. Es ist rechtmäßig ihr Land, ob es Euch gefällt oder nicht.«

Die Erinnerung an vergangene Übergriffe brachte beide Krieger in Wut. Sie gingen wie wilde Stiere aufeinander los. Ihre gewaltigen Schwerter klirrten funkensprühend gegeneinander, und der Klang von Stahl auf Stahl schmerzte in den Ohren. Das Geräusch hallte von den Hügeln wider und übertönte das Beifallsmurmeln der Menge.

Keiner der Krieger sagte ein Wort. Der Kampf beanspruchte jedes bisschen ihrer Kraft und Konzentration. MacBain war der Angreifer, Nicholas der Verteidiger, der jeden tödlichen Schwertschlag abblockte, ohne selbst vorzustoßen.

Sowohl die MacBain-Krieger als auch die Maclaurin-Soldaten waren höchst zufrieden mit der Darbietung. Einige kommentierten beifällig die flinken Bewegungen des Engländers, zumal Nicholas in ihren Köpfen bereits seine hohe Kampfqualität bewiesen hatte, weil er bisher am Leben geblieben war.

MacBain drehte sich plötzlich blitzschnell um und brachte mit einem Fuß Nicholas zu Fall. Dieser stürzte auf den Rücken, rollte sich herum und kam schnell wie eine Katze wieder auf die Füße, bevor der Clansherr die Gelegenheit ausnutzen konnte.

»Ihr seid nicht gerade gastfreundlich«, keuchte Nicholas.

MacBain lächelte. Er hätte den Kampf durchaus beenden können, als Nicholas auf dem Rücken lag, doch er hatte sich plötzlich eingestehen müssen, dass sein Herz nicht wirklich dabei war.

»Meine Neugier hält Euch am Leben, Nicholas«, gab MacBain mühsam atmend zurück. Seine Stirn glänzte vor Schweiß, als er nun sein Schwert in einem weiten Bogen nach unten herabsausen ließ.

Nicholas konterte von unten mit seinem Schwert und fing den kraftvollen Schlag ab. »Wir werden bald verwandt sein, so oder so.«

Es bedurfte einiger Sekunden, bis der Clansherr die Bemerkung richtig verstanden hatte! Er hörte nicht einmal mit seinen Attacken auf, als er fragte: »Wie das, Baron?«

»Ich werde Euer Schwager sein.«

MacBain versuchte nicht, sein Erstaunen über diese empörende und ganz sicher zu widerlegende Feststellung zu verbergen. Er trat einen Schritt zurück und ließ langsam sein Schwert sinken.

»Seid Ihr vollkommen blöd geworden, Nicholas?«

Der Baron lachte. Dann warf er seine Waffe zur Seite.

»Ihr seht aus, als hättet Ihr Euer Schwert verschluckt, MacBain.«

Nach dieser Bemerkung stürzte er sich mit dem Kopf gegen die Brust des Clansherrn. Es fühlte sich an, als würde er eine steinerne Mauer rammen. Obwohl es höllisch schmerzte, erwies sich der Stoß als höchst effektiv. MacBain stieß ein Grunzen aus, und die zwei Krieger fielen hintüber. MacBain ließ sein Schwert los, und schließlich lag Nicholas quer über der Brust des Schotten. Er war zu erschöpft, um sich noch zu bewegen, und jeder Knochen in seinem Leib schmerzte. MacBain schob ihn von sich, schaffte es bis auf die Knie und wollte gerade wieder nach seinem Schwert greifen, als er seine Absicht änderte. Langsam wandte er sich dem Engländer zu.

»Ich soll eine Engländerin heiraten?«

Seine Stimme klang entsetzt. Auch er war außer Atem. Diese letzte Beobachtung gefiel Nicholas ungemein. Und sobald er wieder in der Lage war, selbst normal zu atmen, würde er bestimmt damit prahlen, dass seine Ausdauer der des Clansherrn ebenbürtig war.

MacBain stand auf und zog Nicholas auf die Füße. Er stieß ihn von sich, damit der Baron nicht auf die Idee kam, es sei eine Geste der Freundlichkeit gewesen, dann kreuzte er die Arme vor der Brust und verlangte eine Erklärung.

»Und wen soll ich nach Eurem Dafürhalten heiraten?«

»Meine Schwester!«

»Ihr seid verrückt.«

Nicholas schüttelte den Kopf. »Wenn Ihr sie nicht heiratet, dann wird König John sie Baron Williams geben. Er ist ein hinterhältiger Hundesohn«, fügte er vergnügt hinzu. »Gott möge Euch dann noch helfen, MacBain. Wenn Williams seine Männer aussendet, dann wird Euch Marshall so gut und gerecht wie ein warmer Sommertag erscheinen.«

Der Clansherr zeigte keine sichtbare Reaktion auf diese Nachricht. Nicholas rieb sich seine Schläfe, um den Schmerz zu lindern, bevor er fortfuhr. »Ihr werdet wahrscheinlich jeden umbringen, den er herschickt«, bemerkte er.

»Verdammt richtig«, fauchte MacBain.

»Doch Williams wird darauf nur mit mehr Kriegern reagieren ... immer mehr und mehr. Könnt Ihr Euch einen andauernden Krieg mit England leisten? Wie viele Maclaurins werden noch sterben müssen, bevor der Streit beigelegt ist? Seht Euch doch um, MacBain. Marshall und seine Männer haben fast jedes verdammte Gebäude hier zerstört. Die Maclaurins haben sich an Euch um Hilfe gewandt und Euch zum Clanschef gemacht. Sie verlassen sich auf Euch. Wenn Ihr Johanna heiratet, wird das Land rechtmäßig Euch gehören. König John wird Euch in Ruhe lassen.«

»Und Euer König billigt diese Vereinigung?«

»Das tut er«, sagte Nicholas im Brustton der Überzeugung.

»Warum?«

Nicholas zuckte die Schultern. »Ich bin mir nicht sicher. Er will Johanna aus England raushaben, soviel ich weiß. Er scheint begierig auf die Heirat und gibt Euch das Land am Tag Eurer Hochzeit. Ich werde ihre Besitztümer in England überschrieben bekommen.«

»Warum?«, fragte MacBain noch einmal.

Nicholas seufzte. »Ich denke, meine Schwester weiß sehr gut, warum John sie so weit von sich entfernt wissen will – er nennt diesen Landstrich hier das Ende der Welt –, aber sie will mir nicht sagen, was der Grund dafür sein mag.«

»Also würdet auch Ihr von dieser Verbindung profitieren.«

»Ich will den Besitz in England nicht«, sagte Nicholas. »Das bedeutet nur jedes Jahr mehr Steuern, und ich habe schon genug damit zu tun, meine eigenen Ländereien wieder aufzubauen.«

»Warum habt Ihr dann um Eurer Schwester ...«

Nicholas ließ ihn nicht ausreden. »John kann Habgier nachvollziehen«, unterbrach er. »Wenn er denken würde, ich wolle nur meine Schwester vor Baron Williams schützen, dann hätte er meinen Vorschlag, Ihr solltet sie heiraten, wahrscheinlich abgelehnt. Natürlich hat er auf einem gewaltigen Bußgeld bestanden, aber das habe ich schon bezahlt.«

»Ihr widersprecht Euch selbst. Baron. Wenn John Johanna möglichst weit von England fort sehen will, warum hat er dann eine Hochzeit mit Baron Williams in Erwägung gezogen?«

»Weil Williams dem König absolut ergeben ist. Williams ist sein Schoßhündchen. Er hätte Johanna fest im Griff gehabt.« Wieder schüttelte Nicholas den Kopf. Dann flüsterte er: »Meine Schwester hat Zugang zu irgendwelchen verhängnisvollen Informationen gehabt, und König John will nicht, dass die vergangenen Sünden ihn einholen. Oh, sie könnte natürlich niemals bei Hofe gegen einen Mann aussagen, nicht einmal gegen den König, denn sie ist schließlich eine Frau, und kein einziger Beamter würde ihr Gehör schenken. Dennoch gibt es Barone, die sich nur zu gerne gegen den König auflehnen würden. Und Johanna könnte ihren Zorn anfachen, wenn sie erzählen würde, was immer sie weiß. Es ist ziemlich rätselhaft, MacBain, aber je mehr ich darüber nachdenke, desto überzeugter bin ich, dass mein König Angst vor dem hat, was Johanna preisgeben könnte.«

»Wenn es stimmt, was Ihr vermutet, dann überrascht es mich, dass er sie noch nicht hat umbringen lassen. Euer König ist doch solcher Schandtaten fähig.«

Nicholas wusste, dass er niemals MacBains Unterstützung gewinnen konnte, wenn er nicht vollkommen offen mit ihm redete. Er nickte wieder. »Er ist einer solchen Tat fähig. Ich war bei Johanna, als sie den Befehl erhielt, nach London zu kommen. Ich habe ihre Reaktion gesehen. Sie sah aus, als würde sie zu ihrer Hinrichtung gehen.«

»Aber sie ist noch am Leben.«

»Der König lässt sie streng bewachen. Sie hat private Zimmer und darf keinen Besuch empfangen. Sie lebt von Tag zu Tag in wachsender Angst. Ich will sie aus England fortbringen, und die Ehe mit Euch ist die einzige Möglichkeit.«

Nicholas’ Aufrichtigkeit gefiel dem Clansherrn. Er bedeutete ihm, ein Stück mit ihm zu gehen, und setzte sich in Richtung der Ruinen in Bewegung, die er sein Zuhause nannte. Nicholas passte sich neben ihm seinem Schritt an.

MacBains Stimme kam leise und tief, als er bemerkte: »Also habt Ihr Euch diesen schlauen Plan einfallen lassen.«

»Ja«, antwortete Nicholas. »Und das in kürzester Zeit. John war schon vor sechs Monaten entschlossen, sie mit William zu verheiraten, aber sie konnte sich ihm widersetzen.«

»Wie das?«

Nicholas grinste. »Sie hat zuerst eine Annullierung der Ehe verlangt.«

MacBains Überraschung war nicht zu übersehen. »Warum wollte sie denn eine Annullierung? Ihr Mann ist tot!«

»Es war eine kluge Verzögerungstaktik«, erklärte Nicholas. »Es gab zwar einen Zeugen für den Tod des Barons, aber die Leiche wurde nie geborgen. Meine Schwester sagte dem König, sie würde niemanden heiraten, solange es eine winzige Hoffnung gab, dass Baron Raulf noch am Leben sei. Er ist nicht in England gestorben, müsst Ihr wissen. Er war in der Eigenschaft als Johns Gesandter in einer Stadt, die auf Wasser gebaut ist, als der Unfall sich ereignete. Natürlich widersetzt man sich dem König nicht, aber da John in letzter Zeit eine Menge Differenzen mit der Kirche hatte, beschloss er, sich an die Vorschriften zu halten. Johanna hat die Papiere vor kurzem erhalten. Die Annullierung ist bestätigt worden.«

»Wer war denn der Zeuge für den Tod ihres Gatten?«

»Warum fragt Ihr?«

»Reine Neugier«, gab MacBain zurück. »Wisst Ihr es?«

»Ja«, antwortete Nicholas. »Williams war der Zeuge.«

MacBain speicherte diese Information sorgfältig in einem Winkel seines Gehirns. »Warum zieht Ihr mich diesem englischen Baron vor?«

»Williams ist ein Ungeheuer, und ich kann nicht zusehen, wie er sie unter seine Gewalt zwingt. Ihr seid das geringere von zwei Übeln. Ich weiß, dass Ihr sie gut behandeln werdet ... wenn sie Euch will.«

»Was ist denn das für ein Unsinn. Das ist nicht ihre Entscheidung!«

»Ich fürchte doch«, sagte Nicholas. »Erst muss Johanna Euch kennenlernen, dann soll sie entscheiden. Tatsache ist, dass sie niemanden heiraten würde, wenn sie den Preis weiterhin aufbringen könnte, den der König verlangt, dass sie unverheiratet bleibt. Zumindest glaubt sie das. Ich befürchte allerdings, dass der König sie so oder so irgendwann mit irgendwem vermählt.«

»Euer König ist ein habgieriger Mann«, sagte MacBain. »Oder ist dies eine besondere Strafe, um die Mitarbeit Eurer Schwester zu erzwingen?«

»Die Steuer?«, fragte Nicholas.

MacBain nickte. »Nein«, antwortete Nicholas. »John kann die Witwen seiner wichtigsten Getreuen dazu zwingen, wieder zu heiraten. Wenn sie unbedingt frei bleiben wollen oder sich selbst einen neuen Gatten wählen, nun, dann müssen sie ihm jedes Jahr eine stattliche Buße bezahlen.«

»Ihr habt gesagt, Ihr hättet die Buße bereits bezahlt. Ihr vermutet also, dass Johanna mich annehmbar findet?«

Nicholas nickte. »Meine Schwester weiß noch nicht, dass ich die Buße bezahlt habe, und ich würde es wirklich zu schätzen wissen, dass Ihr es nicht erwähnt, wenn Ihr sie kennenlernt.«

MacBain verschränkte die Hände hinter dem Rücken und ging nach drinnen. Nicholas folgte ihm.

»Ich muss über Euren Vorschlag nachdenken«, verkündete der Clansherr schließlich. »Der Gedanke daran, eine Engländerin zu heiraten, ist schwer zu verdauen, und wenn man die Tatsache noch hinzurechnet, dass sie Eure Schwester ist, kommt es einem fast unvorstellbar vor.«

Nicholas war klar, dass er beleidigt worden war, aber es kümmerte ihn nicht. MacBain hatte seinen Charakter in der Schlacht gegen Marshall und sein Gefolge bewiesen. Der Clansherr mochte etwas ungeschliffen und barbarisch sein, aber er war ebenso ein ehrbarer und mutiger Mann.

»Da ist noch etwas, das Ihr in Betracht ziehen müsst«, sagte Nicholas.

»Und was?«

»Johanna ist unfruchtbar.«

MacBain nickte, um Nicholas zu zeigen, dass er verstanden hatte, schwieg jedoch für eine ganze Weile.

Dann zuckte er die Schultern. »Ich habe bereits einen Sohn.«

»Meint Ihr Alex?«

»Ja.«

»Man hat mir gesagt, dass mindestens drei Männer der Vater sein könnten.«

»Das stimmt«, entgegnete MacBain. »Seine Mutter war eine Dirne. Sie konnte den Namen des Vaters nicht nennen. Sie glaubte, dass ich es bin. Bei der Geburt des Kindes ist sie gestorben. Ich kann ihn als meinen Sohn ausgeben.«

»Beansprucht einer der anderen Männer ebenfalls das Recht?«

»Nein.«

»Johanna kann Euch keine Kinder schenken. Wird die Tatsache, dass Alex illegitim ist, in Zukunft Bedeutung gewinnen?«

»Das wird es nicht«, gab MacBain mit harter, kalter Stimme zurück. »Auch ich bin illegitim.«

Nicholas lachte. »Wollt Ihr damit sagen, dass ich Euch gar nicht beleidigt habe, als ich Euch in der Hitze der Schlacht gegen Marshall Bastard genannt habe?«

MacBain nickte. »Ich habe schon andere dafür umgebracht, dass sie mich so betitelt haben, Nicholas. Ihr könnt Euch glücklich schätzen.«

»Ihr könnt Euch dafür glücklich schätzen, wenn Johanna Euch heiraten will.«

MacBain schüttelte den Kopf. »Ich will das, was mir rechtmäßig zusteht. Wenn ich dieses zänkische Weibsstück heiraten muss, um mein Land zu kriegen, dann werde ich es tun.«

»Wie kommt Ihr darauf, dass sie ein zänkisches Weib ist?« Nicholas war verwirrt über MacBains Bemerkung.

»Ihr habt mir doch genügend Hinweise auf ihren Charakter gegeben«, entgegnete MacBain. »Sie ist offenbar eine starrköpfige Frau, denn sie weigert sich, ihrem Bruder die Informationen über ihren König anzuvertrauen. Sie braucht einen Mann, der sie im Griff hat – das waren Eure Worte, Nicholas, als seht mich nicht so verdattert an –, und zu guter Letzt ist sie auch noch zufällig unfruchtbar. Hört sich wirklich liebreizend an, nicht wahr?«

»Aye, sie ist sehr liebreizend.«

MacBain sah ihn spöttisch an. »Ich finde wenig Geschmack an der Vorstellung, ihr Mann zu sein, aber Ihr habt recht, ich werde sie gut behandeln. Ich denke, wir werden einen Weg finden, einander nicht in die Quere zu kommen.«

Der Clansherr schenkte Wein in zwei silberne Kelche und reichte Nicholas einen davon. Beide hoben den Trank zum gegenseitigen Wohl und kippten dann den Inhalt hinunter. Nicholas kannte die richtigen Manieren der Highlands und rülpste augenblicklich. MacBain nickte billigend.

»Ich vermute, das bedeutet, Ihr wollt immer herkommen, wann Ihr Lust dazu habt?«

Nicholas lachte. MacBain klang, als würde ihm diese Möglichkeit reichlich auf den Magen schlagen.

»Ich werde einige Plaids brauchen, wenn ich zurückreite«, sagte er dann. »Ihr wollt gewiss nicht, dass Eurer Braut etwas zustößt, nicht wahr?«

»Ich gebe Euch mehr als ein paar, Nicholas«, gab MacBain zurück. »Ich will mindestens dreißig Mann als Eskorte in Eurem Gefolge haben. Jeder wird zum Schutz meine Farben tragen. Ihr werdet sie entlassen, sobald Ihr Rush Creek erreicht habt. Nur Ihr und Eure Schwester habt die Erlaubnis, mein Land zu betreten, ist das klar?«

»Ich habe nur einen Scherz gemacht, Clansherr. Ich kann meine Schwester allein beschützen.«

»Ihr tut, was ich sage!«, befahl MacBain.

Nicholas gab nach. Dann wechselte der Clansherr das Thema. »Wie lange war Johanna verheiratet?«

»Etwas über drei Jahre. Johanna würde lieber unverheiratet bleiben«, sagte Nicholas. »Aber die Gefühle meiner Schwester interessieren John nicht. Er hält sie in London hinter Schloss und Riegel. Selbst mir wurde nur ein kurzer Besuch gestattet, und John war die ganze Zeit anwesend. Wie ich Euch schon gesagt habe, will John sie unbedingt loswerden, MacBain.«

MacBain runzelte die Stirn. Nicholas musste plötzlich grinsen. »Wie schmeckt es Euch, die Antwort auf König Johns Gebete zu sein?«

Der Clansherr fand das nicht komisch. »Ich bekomme das Land«, sagte er. »Das ist alles, was zählt.«

Nicholas’ Aufmerksamkeit wurde abgelenkt, als MacBains riesiger Wolfshund durch die Tür getrottet kam. Das Tier war ein wild aussehendes Ding mit grauem Fell und dunklen Augen. Nicholas schätzte, dass der Hund genauso viel wog wie er selbst. Das Tier warf Nicholas einen Blick zu, während es um die Ecke trabte und auf die Treppe zulief. Es stieß ein tiefes, drohendes Knurren aus, das Nicholas die Haare zu Berge stehen ließ.

MacBain bellte auf Gälisch einen Befehl, und das gewaltige Biest lief augenblicklich an seine Seite.

»Nur einen Rat, MacBain: Versteckt dieses hässliche Monster, wenn ich Johanna herbringe. Wenn sie Euch beide zusammen sieht, macht sie auf dem Absatz kehrt und reitet nach England zurück.«

MacBain lachte. »Hört gut zu, Nicholas. Ich lasse mich nicht abweisen. Sie wird mich heiraten!«

KAPITEL 3

»Ich will ihn nicht, Nicholas. Du musst nicht ganz bei Sinnen sein, wenn du je geglaubt hast, dass ich seine Frau werde.«

»Das Äußere täuscht, Johanna«, erwiderte ihr Bruder. »Warte, bis wir näher herangekommen sind. Dann wirst du bestimmt die Freundlichkeit in seinen Augen sehen. MacBain wird dich gut behandeln.«

Sie schüttelte den Kopf. Ihre Hände zitterten so heftig, dass ihr fast die Zügel ihres Pferdes entglitten. Sie packte die Lederriemen fester und versuchte, den riesigen Krieger nicht anzustarren ... und das ungeheuerliche Hundetier, das an seiner Seite lehnte.

Sie näherten sich dem Vorplatz des verwüsteten Anwesens. Der Clansherr stand auf den Stufen, die zu dem zerstörten Gebäude führten. Er wirkte bei ihrem Anblick nicht gerade erfreut, während ihr regelrecht übel wurde. Sie holte tief Atem, um sich zu beruhigen, und flüsterte dann: »Welche Farben haben seine Augen, Nicholas?«

Ihr Bruder wusste es nicht.

»Du hast Freundlichkeit in seinen Augen entdeckt, aber weißt nicht mal die Farbe?« Jetzt hatte sie ihn erwischt, und beide wussten es. »Männer achten nicht auf solche unbedeutenden Dinge«, verteidigte er sich.

»Du hast erzählt, er sei ein sanftmütiger Mann mit freundlicher Stimme und immer zu einem Lächeln bereit. Jetzt lächelt er aber nicht, stimmt’s, Nicholas?«

»Hör mal, Johanna ...«

»Du hast mich angelogen.«

»Ich hab dich nicht angelogen«, behauptete er. »MacBain hat mir während der Schlacht gegen Marshall nicht einmal, sondern zweimal das Leben gerettet, und er hat mich nicht einmal darauf angesprochen. Er ist ein stolzer und ehrenhafter Mann. Das musst du mir einfach glauben. Ich würde nicht vorschlagen, dass du ihn heiratest, wenn ich nicht davon überzeugt wäre, dass es funktionieren kann.«

Johanna gab ihm keine Antwort. Die Panik überwältigte sie. Ihr Blick huschte zwischen dem riesigen Krieger und dem hässlichen Hund hin und her.

Nicholas befürchtete, dass sie gleich ohnmächtig werden würde. Sein Geist arbeitete fieberhaft, auf der Suche nach irgendetwas, das sie beruhigen könnte.

»MacBain ist der linke von den beiden, Johanna.«

Ihr war nicht nach Scherzen zumute. »Er ist unglaublich groß, nicht wahr?«

Ihr Bruder streckte seinen Arm aus, um ihre Hand zu tätscheln. »Er ist nicht größer als ich«, antwortete er.

Sie schob seine Hand weg. Sie wollte seinen Trost nicht. Außerdem wollte sie auch nicht, dass er spürte, wie sie vor feiger Angst zitterte.

»Die meisten Frauen würden sich einen starken Mann wünschen, der sie beschützt. MacBains Größe sollte dich glücklich machen und für ihn sprechen.«

Johanna schüttelte den Kopf. »Es spricht gegen ihn«, verkündete sie.

Immer noch starrte sie den Clansherrn an. Er schien direkt vor ihren Augen zu wachsen. Je näher sie kam, desto riesiger schien er zu werden.

»Er sieht gut aus.«

Sie platzte mit ihrer Meinung in einem Ton heraus, dass es wie eine Anschuldigung klang.

»Wenn du meinst.« Nicholas entschied sich, ihr besser zuzustimmen.

»Auch das spricht gegen ihn. Ich will keinen gutaussehenden Mann heiraten.«

»Das macht doch keinen Sinn.«

»Das muss es auch nicht. Ich habe mich entschieden. Ich will ihn nicht. Bring mich nach Hause, Nicholas. Sofort.«

Nicholas zog an den Zügeln ihres Pferdes, um es anzuhalten, und zwang sie, ihn anzusehen. Die Angst, die er in ihren Augen sah, tat ihm im Herzen weh. Nur er wusste, was sie in ihrer Ehe mit Raulf durchgemacht hatte, und obwohl sie keinen Ton davon sagte, hatte er eine Ahnung davon, wovor ihr Entsetzen herrührte. Seine Stimme klang tief und inbrünstig, als er nun auf sie einsprach: »Hör mir zu, Johanna, MacBain wird dir niemals wehtun.«

Sie wusste nicht, ob sie ihm glauben konnte oder nicht. »Ich würde ihm niemals erlauben, mir wehzutun.«

Die Vehemenz ihrer Antwort brachte ihn zum Grinsen. Raulf hatte es nicht geschafft, den Mut aus ihr herauszuprügeln. Nicholas empfand das als einen Segen.

»Denk doch nur an all die Gründe, die für eine Heirat mit ihm sprechen«, sagte er. »Du bist weit fort von König John und seinen Männern, und sie werden dich auch nicht bis hierher verfolgen. Hier bist du sicher.«

»Das ist schon eine Überlegung wert.«

»MacBain hasst England und unseren König.«

Sie kaute an ihrer Unterlippe. »Ja, das ist ein weiterer Pluspunkt für ihn«, gab sie zu.

»Diese Gegend, so kahl sie jetzt auch aussieht, wird eines Tages ein Paradies sein, und das wird auch dir zu verdanken sein. Du wirst hier gebraucht.«

»Ja, ich kann helfen, es wieder aufzubauen«, sagte sie. »Und ich sehne mich nach warmem Wetter. Wirklich, ich habe nur zugestimmt, herzukommen, weil du mich davon überzeugt hast, dass dieses Land viel näher an der Sonne liegt. Ich weiß gar nicht, warum ich nicht selbst darauf gekommen bin. Ich gebe zu, dass der Gedanke, nicht länger als einen Monat einen schweren Umhang tragen zu müssen, sehr reizvoll ist. Du hast doch gesagt, dass die eisige Kälte dieses Jahr sehr ungewöhnlich ist.«

Guter Gott, er hatte diese kleine Lüge ganz vergessen! Johanna hasste Kälte und wusste absolut nichts über die Highlands. Also hatte er ein bisschen gemogelt, um sie sicher aus England herauszubekommen, und nun hatte er ein furchtbar schlechtes Gewissen. Zudem hatte er einen Mann der Kirche korrumpiert, indem er Vater MacKechnie gebeten hatte, sein Märchen zu unterstützen.

Der Priester hatte seine eigenen Gründe, sich die Ehe zwischen MacBain und Johanna zu wünschen, und hatte jedes Mal den Mund gehalten, wenn Johanna von den Vorzügen eines warmen, sonnigen Klimas schwärmte. Allerdings hatte er auch jedes Mal Nicholas einen seltsamen Blick zugeworfen, wenn das Thema aufkam.

Nicholas seufzte. Er nahm an, dass Johanna seine Lüge erkennen würde, wenn sie sich durch knietiefen Schnee mühen musste. Immerhin könnte sie bis dahin ihre Meinung über MacBain geändert haben.

»Wird er mich in Ruhe lassen, Nicholas?«

»Ja.«

»Du hast ihm nichts von den Jahren mit Raulf erzählt?«

»Nein, natürlich nicht. Ich habe dir doch mein Wort gegeben.«

Sie nickte. »Und er weiß ganz bestimmt, dass ich keine Kinder gebären kann?«

Sie hatte das Thema schon mindestens ein Dutzend Mal während ihrer Reise in die Highlands angesprochen. Nicholas hatte keine Ahnung, was er noch dazu sagen sollte. »Er weiß es, Johanna.«

»Und warum hat es ihn nicht gestört?«

»Er will dieses Land. Er ist jetzt Clansherr und muss die Interessen der Clans über seine eigenen stellen. Die Ehe mit dir ist für ihn einfach eine Möglichkeit, sein Ziel zu erreichen.«

Es war eine kalte, ehrliche Antwort. Johanna nickte. »Ich werde ihn mir also ansehen«, lenkte sie schließlich ein. »Aber ich verspreche dir nicht, dass ich ihn heirate, also kannst du dein Dauergrinsen jetzt sein lassen, Nicholas.«

MacBain war es inzwischen leid, darauf zu warten, dass seine Braut zu ihm kam. Er begann gerade, die Treppen hinunterzusteigen, als sie ihr Pferd wieder vorantrieb. Er hatte sie immer noch nicht richtig mustern können, da ihre komplette Gestalt in einen schweren Umhang mit Kapuze gehüllt war. Auf jeden Fall überraschte ihn, dass sie so klein war. Er hatte eine weitaus größere Frau erwartet, da Nicholas ihr Bruder war.

Ihr Aussehen war für ihn nicht wichtig. Diese Ehe war eine geschäftliche Vereinbarung, nichts weiter. Dennoch überlegte er, dass sie wahrscheinlich dasselbe dunkle Haar und den dunklen Teint ihres Bruders besaß.

Er hatte sich getäuscht. Nicholas stieg als Erster ab. Er warf einem der Soldaten die Zügel zu, dann trat er an Johannas Seite, um ihr zu helfen.

Sie war wirklich ein kleines Ding und reichte ihrem Bruder nur bis an die Schulter. Nicholas hatte seine Hände auf ihre Arme gelegt und lächelte auf sie hinab. Es war deutlich zu sehen, dass er seine Schwester sehr mochte. MacBain fand seine brüderliche Fürsorge ein bisschen übertrieben.

Während Johanna die Bänder löste, die ihre Kapuze zusammenhielten, reihten sich die Soldaten hinter ihrem Clansherrn auf. Die Maclaurins sammelten sich auf der linken Seite der breiten Treppe, während die MacBain-Leute auf der rechten Seite ihre Position einnahmen. Innerhalb von Sekunden waren die sechs Stufen voller neugieriger Männer. Alle wollten die neue Braut des Clansherrn sehen.

MacBain hörte das zustimmende Gemurmel in dem Augenblick, als Johanna ihren Umhang abgestreift und ihrem Bruder gereicht hatte. MacBain glaubte nicht, dass er einen Laut von sich gegeben hatte, aber er konnte nicht sicher sein. Ihr Anblick verschlug ihm den Atem.

Nicholas hatte kein Wort über ihr Aussehen gesagt, und es hatte MacBain nicht genügend interessiert, um zu fragen. Nun warf er dem Baron einen Blick zu und sah das Lachen in seinen Augen. Er weiß, dass sie mich aus der Fassung bringt, dachte er bei sich. MacBain verbarg sein Erstaunen hinter einer reglosen Maske und wandte seine Aufmerksamkeit wieder der wunderschönen Frau zu, die ihm nun entgegenkam.

Himmel, sie war ein hübsches Kind. Ihre hüftlangen blonden Locken wogten bei jedem Schritt, den sie ging. Diese Frau schien keinerlei Makel zu besitzen. Auf ihrem Nasenrücken schimmerten zarte Sommersprossen. Das gefiel ihm. Ihre Augen waren von lebhaftem Blau, ihr Teint schien rein, und ihr Mund, lieber Gott, ihr Mund konnte einen Heiligen zu unzüchtigen Gedanken treiben. Auch das gefiel ihm.

Einige der Maclaurin-Männer waren nicht so diszipliniert wie ihr Anführer. Die zwei Männer, die direkt hinter ihm standen, stießen bewundernde Pfiffe aus. Solch ein grobes Benehmen konnte MacBain nicht dulden. Er drehte sich halb um, packte beide Männer im Nacken und schickte sie im hohen Bogen neben die Stufen. Die anderen Männer hasteten schnell zur Seite.

Johanna blieb wie angewurzelt stehen, sah auf die Soldaten, die sich vom Boden aufrappelten, und warf dann dem Clansherrn einen Blick zu. Dieser schien nicht einmal außer Atem.

»Ein sanftmütiger Mann?«, flüsterte sie Nicholas zu. »Du hast gelogen, nicht wahr?«

»Gib ihm eine Chance, Johanna. So viel schuldest du ihm und mir.«

Sie bedachte ihn mit einem zornigen Blick, bevor sie sich wieder dem Clansherrn zuwandte.

MacBain trat einen Schritt vor. Der Wolfshund folgte und lehnte sich wieder an seine Seite.

Johanna betete still um ausreichend Mut, die Füße weiterhin bewegen zu können. Als sie nur noch wenige Zentimeter von dem Krieger entfernt war, hielt sie an und machte einen perfekten Knicks.

Ihre Knie bebten so stark, dass sie schon zufrieden war, nicht vornüber aufs Gesicht zu fallen.

Sie hörte ein lautes Schnauben und verschiedene Grunzlaute, während ihr Kopf gesenkt war, und sie hatte keine Ahnung, ob es Geräusche der Zustimmung oder der Missbilligung waren.

Der Clansherr trug ein Plaid. Er hatte extrem muskulöse Beine. Sie versuchte, nicht darauf zu starren.

»Guten Tag, Clansherr MacBain.«

Ihre Stimme zitterte. Sie hatte Angst vor ihm. Was MacBain nicht überraschte. Sein Anblick hatte schon manch eine junge Frau die Flucht zu ihrem sicheren Vater ergreifen lassen. Er hatte niemals überlegt, etwas gegen solche Reaktionen zu tun, da es ihn bisher nicht sonderlich gekümmert hatte.

Jetzt allerdings kümmerte es ihn sehr wohl. Er würde diese Frau niemals dazu bewegen, ihn zu heiraten, wenn er nicht etwas tat, das ihre Furcht milderte. Sie hielt ihren besorgten Blick auf den Hund gerichtet, und MacBain vermutete, dass auch das Tier ihr Angst machte.

Nicholas war keine große Hilfe. Er stand bloß daneben und grinste wie ein Narr.

MacBain sah ihn finster an, um seinen Beistand zu erzwingen. Er stellte fest, dass das falsch gewesen war, denn Johanna trat einen hastigen Schritt zurück.

»Spricht sie Gälisch?«

MacBain hatte die Frage an Nicholas gestellt. Doch Johanna antwortete. »Ich habe Eure Sprache studiert.«

Sie hatte ihre Antwort nicht in Gälisch formuliert. Ihre Hände waren vor ihrem Körper gefaltet, und ihre Knöchel traten weiß hervor.

MacBain entschied, dass belangloses Geplauder ihre Angst mildern konnte. »Und wie lange hast du unsere Sprache studiert?«

Ihr Geist war leer. Das war natürlich seine Schuld. Sein Blick war so intensiv und so beunruhigend, dass sie keinen vernünftigen Gedanken fassen konnte. Lieber Himmel, sie konnte noch nicht einmal im Kopf behalten, worüber sie gerade sprachen.

Geduldig wiederholte er seine Frage. »Fast vier Wochen«, platzte sie heraus.

Er lachte nicht. Einer seiner Soldaten schnaubte belustigt, aber er wies ihn mit einem finsteren Blick zurecht.

Nicholas runzelte die Stirn, als er auf seine Schwester sah, während er sich fragte, warum sie nicht die Wahrheit sagte. Es waren eher vier Monate gewesen, die Vater MacKechnie sie unterrichtet hatte. Er fing ihren panischen Blick auf, als sie schnell zu ihm aufsah, und dann begriff er: Johanna war einfach zu nervös, um einen klaren Gedanken fassen zu können.

MacBain hatte sich inzwischen entschlossen, dass er bei diesem wichtigen Treffen nicht gestört werden wollte.

»Nicholas, wartet hier. Eure Schwester und ich gehen hinein, um zu reden.«

Dann wandte sich MacBain Johanna zu, um sie am Arm zu nehmen. Der Hund folgte ihm auf dem Fuß. Instinktiv wich sie zurück, erkannte, was sie tat und wie feige dieser Rückzug auf den Clansherrn wirken musste, und trat schnell wieder einen Schritt vor.

Das gewaltige Tier knurrte. MacBain brüllte einen gälischen Befehl, und der Hund verstummte augenblicklich.

Johanna sah wieder aus, als würde sie gleich ohnmächtig werden. Nicholas wusste, dass sie ein wenig Zeit brauchte, um sich zu sammeln. Also trat er einen Schritt vor und fragte: »Warum durften meine Männer und Vater MacKechnie nicht weiter als Rush Creek mitkommen?«