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Jemand möchte sie tot sehen. Und dafür ist ihm jedes Mittel recht ...
Kate MacKenna führt ein erfolgreiches, ruhiges Leben in Charleston, South Carolina - bis sie bei einer Bombenexplosion fast getötet wird. Als sich solche Vorfälle in ihrer Umgebung häufen, glaubt sie immer noch an einen Zufall. Ihre beste Freundin Jordan Buchanan wird jedoch misstrauisch und bittet ihren attraktiven Bruder Dylan um Unterstützung. Der charmante Polizist ist überzeugt, dass Kate nur eine Pechsträhne hat - bis er entdeckt, in welcher Gefahr Kate wirklich schwebt. Und Dylan ist der Einzige, der zwischen ihr und dem Monster steht, das sie töten will ...
Spannung pur - die prickelnde Romantic Suspense Reihe um die Familie Buchanan und ihre Freunde von New York Times Bestsellerautorin Julie Garwood:
Band 1: Zum Sterben schön
Band 2: Gnade
Band 3: Ein mörderisches Geschäft
Band 4: Mord nach Liste
Band 5: Sanft sollst du brennen
Band 6: Schattentanz
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Seitenzahl: 376
Veröffentlichungsjahr: 2024
Cover
Grußwort des Verlags
Über dieses Buch
Titel
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Epilog
Über die Autorin
Titel der Autorin bei beHEARTBEAT
Impressum
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Kate MacKenna führt ein erfolgreiches, ruhiges Leben in Charleston, South Carolina – bis sie bei einer Bombenexplosion fast getötet wird. Als sich solche Vorfälle in ihrer Umgebung häufen, glaubt sie immer noch an einen Zufall. Ihre beste Freundin Jordan Buchanan wird jedoch misstrauisch und bittet ihren attraktiven Bruder Dylan um Unterstützung. Der charmante Polizist ist überzeugt, dass Kate nur eine Pechsträhne hat – bis er entdeckt, in welcher Gefahr Kate wirklich schwebt. Und Dylan ist der Einzige, der zwischen ihr und dem Monster steht, das sie töten will ...
Julie Garwood
Sanft sollst du brennen
Aus dem amerikanischen Englisch von Theda Krohm-Linke
Es würde einen Aufruhr geben, und der alte Mann bedauerte nur, dass er nicht dabei sein konnte, um ihn mitzuerleben.
Seinen nutzlosen Verwandten sollte es ruhig den Boden unter den Füßen wegziehen. Na, die würden vielleicht übereinander herfallen. Aber es war höchste Zeit, dass in dieser elenden Familie endlich einmal Ordnung einkehrte, wirklich, höchste Zeit.
Während er darauf wartete, dass die Ausrüstung aufgebaut wurde, räumte er seinen Schreibtisch auf. Seine gichtigen Finger strichen so zärtlich und liebevoll über das glatte Holz wie früher über die Haut seiner Geliebten. Der Schreibtisch war alt, verschrammt und abgenutzt wie er. Hier in diesem Zimmer hatte er sein Vermögen gemacht. Mit dem Telefonhörer am Ohr hatte er einen lukrativen Deal nach dem anderen ausgearbeitet. Wie viele Unternehmen hatte er in den vergangenen dreißig Jahren gekauft? Wie viele hatte er zerstört?
Entschlossen riss er sich aus den Tagträumen über seine zahlreichen Siege. Dazu war jetzt keine Zeit. Er trat an seine Bar und schenkte sich ein Glas Wasser aus der Kristallkaraffe ein, die einer seiner Geschäftspartner ihm vor Jahren geschenkt hatte. Noch im Stehen trank er einen Schluck, dann trug er das Glas zum Schreibtisch und stellte es auf einen Untersetzer an der Ecke. Er blickte sich in der holzvertäfelten Bibliothek um und stellte fest, dass es viel zu dunkel für die Kameras war. Rasch schaltete er sämtliche Tischlampen ein.
»Bist du bereit?«, fragte er ungeduldig. Er setzte sich hinter den Schreibtisch, fuhr sich glättend über die Haare und zupfte an den Aufschlägen seines Jacketts. Nervös zerrte er am Knoten seiner Krawatte, damit sie ihm die Kehle nicht so abschnürte. »Ich sammle meine Gedanken«, sagte er mit einer Stimme, die rau war von einem Leben, in dem er Befehle gebrüllt und seine geliebten kubanischen Zigarren geraucht hatte.
Jetzt hätte er auch gerne eine Zigarre gehabt. Aber er hatte keine im Haus. Er hatte das Rauchen vor zehn Jahren aufgegeben, aber wenn ihn etwas nervös machte, verspürte er immer noch den plötzlichen Drang nach einer Zigarre.
Im Moment war er nicht nur nervös, sondern hatte auch ein bisschen Angst, ein Gefühl, das er normalerweise nicht kannte. Bevor er starb – und das würde bald sein, sehr bald –, wollte er unbedingt das Richtige tun. Das war er dem Namen MacKenna schuldig.
Die altmodische Videokamera mit VHS-Kassette stand auf einem Stativ gegenüber dem alten Mann. Die Digitalkamera wurde direkt hinter der Videokamera hochgehalten, und auch ihr Objektiv war auf ihn gerichtet.
Er blickte über die Kameras hinweg. »Ich weiß, du findest, digital reicht, und wahrscheinlich hast du sogar recht, aber mir gefällt es auf die alte Art mit der Videokassette. Ich vertraue diesen flachen DVD-Scheiben nicht und will die Videokassette als Sicherung. Nick einfach mit dem Kopf, wenn alles bereit ist, und dann fange ich an.«
Er ergriff sein Glas, trank einen Schluck und stellte es wieder hin. Die Tabletten, die diese lästigen Ärzte ihm verschrieben, machten seinen Mund trocken.
Ein paar Sekunden später war alles bereit, und er begann.
»Mein Name ist Compton Thomas MacKenna. Dies ist nicht mein Letzter Wille und Testament, weil ich das bereits verfügt habe. Ich habe mein Testament vor einiger Zeit geändert. Das Original liegt in meinem Bankschließfach; eine Kopie befindet sich bei meinen Unterlagen in der Anwaltskanzlei, die mich vertritt, und es gibt noch eine weitere Kopie, die mit absoluter Sicherheit ihr hässliches Haupt erheben wird, wenn das Original und die Kopie des Anwalts aus irgendeinem Grund verloren gehen sollten.
Ich habe niemandem von euch von dem neuen Testament und den Änderungen erzählt, weil ich in meinen letzten Lebensmonaten nicht bedrängt werden wollte. Aber da die Ärzte mir versichert haben, mein Ende sei nahe und sie könnten nichts mehr für mich tun, möchte ich, nein, muss ich«, korrigierte er sich, »erklären, warum ich das so gemacht habe. Auch wenn ich sicher bin, dass ihr es weder verstehen noch gutheißen werdet.
Ich will meine Erklärung mit einer kurzen Geschichte der Familie MacKenna beginnen. Meine Eltern sind in den schottischen Highlands geboren, aufgewachsen und beerdigt worden. Mein Vater besaß ziemlich viel Land, ziemlich viel«, wiederholte er. Er räusperte sich und trank wieder einen Schluck Wasser, bevor er fortfuhr. »Als er starb, ging das Land zu gleichen Teilen an meinen älteren Bruder, Robert Duncan den Zweiten, und an mich. Robert und ich gingen in die Vereinigten Staaten, um unsere Ausbildung zu beenden, und beide entschlossen wir uns zu bleiben. Jahre später verkaufte mir Robert seinen Anteil an dem Land. Das Geld machte ihn zu einem sehr reichen Mann, und ich wurde der einzige Erbe von Glen MacKenna.
Ich habe nie geheiratet. Dazu hatte ich weder die Zeit noch die Neigung. Robert heiratete eine Frau, die ich nicht mochte, aber im Gegensatz zu meinem Bruder stieß ich keine Drohungen aus, nur weil er jemanden wählte, der mir nicht gefiel. Ihr Name war Caroline. Sie kam aus kleinen Verhältnissen und heiratete Robert offensichtlich wegen seines Vermögens. Geliebt hat sie ihn nie. Aber sie tat ihre Pflicht und schenkte ihm zwei Söhne, Robert Duncan den Dritten und Conal Thomas.
Damit kommen wir zum Kern dieser Geschichtslektion. Als mein Neffe Conal eine Frau ohne gesellschaftlichen Status heiratete, enterbte ihn sein Vater. Robert hatte für ihn eine andere Frau – aus einer einflussreichen Familie – ausgesucht, und er war außer sich vor Wut, dass sein Sohn seine Wünsche ignorierte. Conals Frau, Leah, war nicht besser als eine Bettlerin auf der Straße, aber Conal schien egal zu sein, dass er ihretwegen sein gesamtes Vermögen verlor.« Er schnaufte verächtlich und fügte hinzu: »Robert blieb nur noch sein Erstgeborener, ein richtiger Jasager, der alles tat, was man ihm auftrug.
Mit den Jahren verlor ich Conal aus den Augen«, fuhr er fort. »Ich hatte einfach zu viel zu tun. Ich wusste nur, dass er nach Silver Springs in der Nähe von Charleston umzog. Aber dann erfuhr ich, dass er bei einem Autounfall ums Leben gekommen war. Ich wusste, dass mein Bruder nicht zur Beerdigung fahren würde ... Also fuhr ich hin. Allerdings wohl nicht so sehr aus einem Gefühl der Verpflichtung heraus, sondern eher, weil ich neugierig war und sehen wollte, was Conal zustande gebracht hatte. Ich sagte keinem, wer ich war, auch Leah nicht, und hielt mich im Hintergrund. Die Kirche war voll mit Trauergästen. Und auf dem Friedhof sah ich Leah mit ihren drei kleinen Mädchen, das kleinste noch ein Baby.« Er schwieg, als ob er die Szene noch einmal vor sich sähe. Da er sich jedoch nichts anmerken lassen wollte, wandte er einen Moment lang den Blick ab. Dann richtete er sich auf und fuhr fort: »Ich sah, was ich sehen wollte. Die MacKennas würden in Conals Kindern weiterleben – wenn es auch schade war, dass kein einziger Junge dabei war.
Was den anderen Sohn meines Bruders angeht, Robert den Dritten – er hat ihn verwöhnt, und er ist ein Nichtsnutz. Er durfte keinen Ehrgeiz zeigen, und mein Bruder musste miterleben, wie sich sein Erstgeborener in ein frühes Grab trank.
Die Sünde der Maßlosigkeit ist auf die nächste Generation übergegangen. Ich habe gesehen, wie Roberts Enkel ihr Erbe verprassten und, was noch schlimmer ist, den Namen MacKenna in den Schmutz gezogen haben. Bryce, der Älteste, ist in die Fußstapfen seines Vaters getreten. Er hat eine anständige Frau geheiratet, Vanessa, aber sie konnte ihn nicht von seinen Lastern heilen. Wie sein Vater ist auch er ein Trinker. Er hat all seine Aktien und Anlagen zu Geld gemacht und den größten Teil für Alkohol und Frauen ausgegeben. Gott alleine weiß, was mit dem Rest geschehen ist.
Und dann ist da noch Roger. Er verschwindet manchmal wochenlang, aber meine Leute sind ihm auf die Spur gekommen und haben herausgefunden, was er so treibt. Offenbar spielt er für sein Leben gerne. Den Berichten zufolge hat er alleine letztes Jahr über vierhunderttausend verloren. Vierhunderttausend.« Der alte Mann schüttelte den Kopf. »Und er umgibt sich mit Gesindel wie Johnny Jackman. Wenn ich nur daran denke, dass der Name MacKenna mit einem Schurken wie Jackman in Verbindung gebracht wird, dreht sich mir der Magen um.
Ewan, der Jüngste, kann oder will seine aggressiven Neigungen nicht beherrschen. Wenn er nicht so teure und gerissene Anwälte hätte, säße er mittlerweile sicher im Gefängnis. Vor zwei Jahren hat er einen Mann beinahe zu Tode geprügelt.
Ich verabscheue sie alle zutiefst. Es sind nutzlose Männer, die nichts zum Fortbestand dieser Welt beigetragen haben.« Der alte Mann zog ein Taschentuch aus der Tasche und tupfte sich die Stirn ab.
»Als diese wertlosen Ärzte mir erklärten, ich würde nur noch ein paar Monate leben, habe ich beschlossen, eine Bestandsaufnahme zu machen.« Er drehte sich um, öffnete eine Schublade und holte einen dicken schwarzen Aktenordner heraus. Er schlug ihn auf und legte die Hände darauf. »Ich habe einen Detektiv engagiert, damit er für mich herausfindet, wie sich Conals Kinder gemacht haben. Ich muss zugeben, dass ich keine hohen Erwartungen hatte, weil Leah und die Mädchen nach Conals Tod sicher von der Hand in den Mund leben mussten. Außerdem nahm ich an, dass keine von ihnen über die Highschool hinausgekommen sei. Ich habe mich geirrt. Nach Conals Unfall hat Leah so viel Geld von der Versicherung bekommen, dass sie das Haus behalten konnten. Sie nahm eine Stelle als Sekretärin in einer privaten Mädchenschule an. Zwar verdiente sie nicht viel, aber sie konnte ihre drei Töchter kostenlos dort zur Schule gehen lassen.« Er nickte zustimmend und fügte hinzu: »Offensichtlich hat Conal ihr beigebracht, was eine anständige Erziehung wert ist.«
Er blickte auf den Bericht im Aktenordner. »Anscheinend sind alle drei Mädchen sehr tüchtig. Die Älteste, Kiera, hat ein Stipendium an einer guten Universität erhalten und ihr Examen mit Auszeichnung gemacht. Mit einem weiteren Stipendium hat sie ein Medizinstudium begonnen, das sie außergewöhnlich gut meistert. Das mittlere Mädchen, Kate, ist die Unternehmerin in der Familie. Auch sie hat ein Stipendium für eine der besten Universitäten im Osten erhalten und ihr Examen mit Auszeichnung bestanden. Schon während des Studiums baute sie ein Unternehmen auf, das sich äußerst erfolgreich entwickelt.« Er blickte direkt in die Kamera. »Es scheint, sie kommt am meisten nach mir.
Isabel, die Jüngste, ist sicher ebenso intelligent wie ihre Schwestern, aber ihre wahre Begabung ist ihre Stimme.« Er tippte mit dem Zeigefinger auf den Bericht. »Isabel möchte Musik und Geschichte studieren, und ihr größter Wunsch ist, eines Tages nach Schottland zu fahren, um ihre entfernten Verwandten kennenzulernen.« Er nickte. »Das freut mich sehr. Und nun zu den Änderungen in meinem Testament.«
Seine Mundwinkel hoben sich ganz leicht zu einem fast unmerklichen Lächeln, bevor er fortfuhr: »Bryce, Roger und Ewan erhalten jeder hunderttausend Dollar in bar. Ich hoffe zwar, dass sie dieses Geld für Rehabilitationsmaßnahmen verwenden, bezweifle aber, dass dies jemals geschehen wird. Auch Vanessa erhält hunderttausend, und sie bekommt außerdem dieses Haus. Das hat sie verdient, weil sie es all die Jahre mit Bryce ausgehalten hat. Durch ihre Arbeit in der Gemeinde und verschiedenen Wohltätigkeitsorganisationen hat sie dem Namen MacKenna Ehre erwiesen, und ich sehe keinen Sinn darin, sie für die Wahl ihres Ehemanns zu bestrafen.
Jetzt zu den anderen MacKennas. Ich habe meine gesamten Staatsanleihen Kiera überschrieben. Im Testament steht, wann sie fällig werden. Isabel, die genauso wie ich an Geschichte interessiert ist, wird Glen MacKenna erhalten. Natürlich sind Bedingungen damit verknüpft, von denen sie zu gegebener Zeit erfahren wird. Das ist alles, was sie von mir zu erwarten haben, aber ich glaube, ich bin mehr als großzügig.«
Er atmete schwer und hielt inne, um noch einen Schluck Wasser zu trinken. Nachdem er das Glas geleert hatte, redete er weiter.
»Mein Vermögen wird auf etwa achtzig Millionen Dollar geschätzt. Das habe ich mir im Laufe meines Lebens erarbeitet, und meine Erben sind meine Blutsverwandten. Aber ich werde den Teufel tun und es meinen lasterhaften Neffen überlassen. Und deshalb vererbe ich es Kate MacKenna. Sie ist die ehrgeizigste und geschäftstüchtigste von allen und kennt, wie ich, den Wert des Geldes. Wenn sie das Erbe annimmt, gehört es ihr.
Ich vertraue darauf, dass sie es nicht verschleudern wird.«
Dieses Formwunder von einem Büstenhalter rettete Kate MacKenna das Leben.
Fünf Minuten nachdem sie das Ding angezogen hatte, wollte sie es am liebsten wieder loswerden. Sie hätte sich nie von ihrer Schwester Kiera überreden lassen sollen, so etwas zu tragen. Ja, sie sah damit üppiger und supersexy aus, aber war das wirklich die Botschaft, die sie heute Abend aussenden wollte? Sie war schließlich eine Geschäftsfrau, kein Pornostar. Außerdem war sie ohnedies schon üppig genug ausgestattet.
Und warum war Kiera so wild entschlossen, aus ihr eine »sexy Hexy« zu machen – wie sie es nannte? War es um Kates Beziehungsleben so schlimm bestellt? Das fanden ihre Schwestern anscheinend.
Von den drei Schwestern war Kiera die älteste und sehr bestimmend. Sie hatte sich geschworen, Kate in das kleine schwarze, viel zu enge Cocktailkleid zu zwängen. Isabel, die jüngste, unterstützte sie bei diesem Vorhaben, aber das tat sie immer. Schließlich hatte Kate um des lieben Friedens willen nachgegeben und das Seidenkleid angezogen. Wenn die zwei nämlich richtig in Fahrt gerieten, legte man sich besser nicht mit ihnen an.
Kate stand vor dem Spiegel in der Diele und zupfte am Büstenhalter, damit er ihr nicht so auf die Rippen drückte, aber ihre Mühen waren vergebens. Sie warf einen Blick auf die Uhr und beschloss, dass sie noch Zeit hatte, sich umzuziehen, aber gerade, als sie wieder in ihr Zimmer gehen wollte, kam Kiera die Treppe herunter.
»Du siehst großartig aus«, sagte ihre Schwester und musterte sie anerkennend von Kopf bis Fuß.
»Und du siehst müde aus«, stellte Kate fest. Kiera hatte dunkle Ringe unter den Augen. Sie hatte gerade geduscht, und ihre blonden Haare waren tropfnass. Sie hat sie wahrscheinlich noch nicht einmal abgetrocknet, dachte Kate. Selbst ungeschminkt war Kiera wunderschön. Sie war eine natürliche Schönheit, wie einst ihre Mutter.
»Ich studiere Medizin und muss so aussehen, als ob ich nicht genug Schlaf bekäme. Wenn mir das nicht gelingt, werfen Sie mich hinaus.«
Trotz der Neckereien war Kate froh, wieder mit ihren beiden Schwestern zusammen zu sein, auch wenn es nur für zwei Wochen war. Sie hatten sich nach dem Tod ihrer Mutter nicht oft gesehen. Kate war nach Boston zurückgekehrt, um zu promovieren, und Kiera hatte ihr Medizinstudium in Duke wieder aufgenommen, während Isabel bei ihrer Tante Nora geblieben war.
Mittlerweile lebte Kate wieder permanent zu Hause, aber Kiera würde in zwei Wochen nach Duke zurückkehren, und Isabel würde aufs College gehen. Aber Veränderungen waren wohl unvermeidlich. Das Leben musste weitergehen.
»Du solltest dir mal einen Tag freinehmen und an den Strand gehen, damit du dich mal ein bisschen entspannst«, schlug Kate vor. »Nimm doch Isabel mit.«
Kiera lachte. »Netter Versuch. Du schaffst es nicht, sie mir aufzuhalsen, und wenn es nur für einen Tag ist. Ich wäre die ganze Zeit über damit beschäftigt, die Jungs abzuwehren, die hinter ihr her sind. Nein, vielen Dank. Ich finde schon die Anrufe schlimm genug. Vor allem diesen Reece. Er scheint sich für Isabels Freund zu halten. Isabel hat gesagt, sie hätten ein paar Konzerte zusammen gesungen und seien auch ein paarmal miteinander ausgegangen, aber das sei nichts Ernstes. Als er mehr von ihr wollte, hat sie sich zurückgezogen. Und jetzt ruft er ständig an und will sie sprechen, aber Isabel weigert sich, ans Telefon zu gehen. Ich liebe Isabel wirklich, aber manchmal kann sie einem echt das Leben schwer machen. Also, du hast es bestimmt lieb gemeint, aber nein, vielen Dank.«
Kate zupfte erneut an ihrem Büstenhalter.
»Dieses Ding bringt mich um. Ich kriege keine Luft.«
»Du siehst aber toll aus, und das ist viel wichtiger, als zu atmen«, entgegnete Kiera. »Komm, gib dir Mühe. Es ist für eine gute Sache.«
»Was für eine Sache?«
»Für dich. Isabel und ich sind finster entschlossen, dich aufzuheitern. Du bist viel zu ernst. Ich glaube ja, du leidest am Sandwichkind-Syndrom. Du weißt schon, du steckst voller Unsicherheiten und Ängste und musst dich ständig beweisen.«
Kate hörte gar nicht hin. Sie ergriff ihre kleine henkellose Handtasche und trat an den Schrank.
»Über dieses Thema sind zahlreiche medizinische Fachbücher geschrieben worden«, fuhr Kiera fort.
»Wie schön.«
»Du hörst mir gar nicht zu, was?«
Die Antwort blieb Kate erspart, weil in diesem Moment das Telefon klingelte. Während Kiera in den Wohnraum lief, um dranzugehen, holte sie ihren Regenmantel aus dem Garderobenschrank. In der Küche lief der Fernseher, und sie hörte, wie dieser unverschämt fröhliche Wettermensch die Zuschauer daran erinnerte, dass Charleston von einer Hitzewelle heimgesucht wurde, wie die Stadt sie seit dreißig Jahren nicht mehr erlebt hatte. Wenn die Temperatur noch zwei Tage lang so hoch blieb, dann wäre das ein neuer Rekord. Bei der Aussicht überschlug sich die Stimme des Reporters beinahe vor Aufregung.
Am schlimmsten war allerdings die Feuchtigkeit. Die Luft fühlte sich schwer und drückend an, zäh wie Leim. Der Asphalt dampfte, und die ganze Stadt lag unter einer Dunstglocke aus Abgasen. Ein starker Windstoß würde helfen, aber weder Regen noch Wind waren vorausgesagt. Schon das Atmen bereitete Mühe, und die stickige Luft belastete Jung und Alt. Alle waren lethargisch, und die meisten brachten nicht einmal mehr die Energie auf, eine Mücke wegzuschlagen.
Aber obwohl es so schrecklich heiß war, fand die Party, für die Kate zugesagt hatte, auf dem Gelände einer Kunstgalerie statt. Das Ereignis war schon seit Wochen geplant und das weiße Zelt aufgestellt worden, bevor das Wetter so schwül wurde. Erst ein Flügel der neu errichteten Galerie war fertiggestellt, und Kate wusste, dass es nicht genug Platz für die erwartete Menge an Gästen gab.
Sie musste jedoch auf jeden Fall hingehen. Der Inhaber, Carl Bertolli, war ein Freund von ihr, und er wäre gekränkt, wenn sie nicht käme. Wegen des Verkehrs würde die Fahrt von Silver Springs, wo sie wohnten, bis zur anderen Seite von Charleston bestimmt über eine Stunde dauern, aber sie hatte sowieso nicht vor, allzu lange zu bleiben. Sie würde bei den letzten Vorbereitungen mithelfen, und wenn die Party in vollem Gange war, könnte sie sich davonschleichen. Carl würde sowieso viel zu beschäftigt sein, um ihr Verschwinden zu bemerken.
Eine umstrittene Künstlerin aus Houston zeigte ihre Werke, und es hatte bereits Proteste und Drohanrufe gegeben. Carl freute sich darüber, weil er der Meinung war, dass jede Art von öffentlichem Aufsehen, ob nun gut oder schlecht, seiner Galerie nützte. Die Künstlerin, die sich Cinnamon nannte, hatte viele Bewunderer – allerdings verstand Kate beim besten Willen nicht, warum. Als Künstlerin war sie bestenfalls durchschnittlich, sie verstand es jedoch hervorragend, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Ständig war sie in den Nachrichten und tat alles, um von sich reden zu machen. In der letzten Zeit wandte sie sich gegen planvolles Handeln in jeder Hinsicht. Wenn sie nicht gerade Farbe auf Leinwänden verteilte, versuchte sie sich ein bisschen in Systemkritik. Sie glaubte an freie Liebe, uneingeschränkte Meinungsäußerung und das Recht auf Grundsicherung. Ihre Gemälde allerdings waren seltsamerweise unglaublich teuer.
Kiera kam zurück in die Diele. »Das war schon wieder Reece. Er wird mir langsam unheimlich.« Sie hielt inne, als sie Kate sah. »Es soll heute Abend aber nicht regnen. Warum hast du deinen Regenmantel an? Draußen herrschen gefühlte fünfzig Grad.«
»Man kann nicht vorsichtig genug sein. Ich möchte nicht, dass das Kleid nass wird.«
Kiera lachte. »Ich durchschaue dich! Du willst bloß nicht, dass Tante Nora dich in dem Kleid sieht. Gib es zu, Katie! Du hast Angst vor ihr.«
»Ich habe keine Angst vor ihr. Ich will mir bloß keinen Vortrag anhören.«
»Das Kleid ist nicht unanständig.«
»Da ist sie aber bestimmt anderer Meinung«, erwiderte Kate.
»Es wird komisch sein, wenn sie nicht mehr da ist, um uns herumzuscheuchen. Sie wird mir fehlen.«
»Mir auch«, flüsterte Kate.
Nora zog wieder nach St. Louis. Sie war nach Silver Springs gekommen, als ihre Schwester erkrankte, und sie war dageblieben, bis Isabel die Highschool beendet hatte. Jetzt, wo Kate wieder zu Hause war und Isabel aufs College ging, wollte sie endlich wieder zu ihrer Familie zurück. Ihre Tochter und ihre Enkelkinder fehlten ihr.
Nora war ein Geschenk des Himmels gewesen, und sie hatte sich wundervoll um sie gekümmert, als sie sie am meisten gebraucht hatten. Allerdings besaß sie ihre eigenen Ansichten über Sex, und Kiera bezeichnete sie immer als »eiserne Jungfrau«. Nach dem Tod ihrer Mutter schwang sie sich zur moralischen Hüterin der Mädchen auf. Laut Nora war jeder Mann nur auf »Du-weißt-schon-was« aus, und sie betrachtete es als ihre Aufgabe, die Schwestern vor einem grässlichen Schicksal zu bewahren. Kate spähte vorsichtig um die Ecke. Zum Glück stand Nora nicht in der Küche, deshalb stellte Kate den Fernseher aus, zog ihren Regenmantel aus und hängte ihn über einen Stuhl. Rasch ergriff sie ihre Schlüssel und eilte zur Garage. Vielleicht war sie ja schon weg, bis Nora wiederkam. Sie hatte wirklich keine Angst vor ihrer Tante, aber wenn Nora sich erst einmal warmgeredet hatte, konnten ihre Vorträge sehr lange dauern, manchmal sogar bis zu einer Stunde.
Kiera folgte Kate durch die Küche. »Sei bloß vorsichtig heute Abend. Es gibt jede Menge Verrückte da draußen, die mit Cinnamons Ansichten über die Regierung oder Religion nicht einverstanden sind. Predigt sie nicht sogar Anarchie?«
»Ja, ich glaube, diesen Monat schon. Aber ich bin nicht so auf dem Laufenden, weil sie ihre Ansichten ständig wechselt. Wegen heute Abend mache ich mir keine Gedanken. Es werden schon genügend Sicherheitsbeamte da sein.«
»Dann muss Carl sich aber Sorgen machen.«
»Nein, es ist alles nur Show. Ich denke nicht, dass Cinnamon irgendwas von dem Unsinn glaubt, den sie so verzapft. Sie ist einfach nur scharf auf öffentliche Aufmerksamkeit.«
»Die Gruppierungen, die sie beleidigt, wissen das aber nicht, und manche sind echt radikal.«
»Mach dir keine Sorgen. Mir passiert schon nichts.« Kate trat in die Garage. Die Hitze verschlug ihr den Atem.
»Warum musst du eigentlich schon so früh fahren? Auf der Einladung stand doch von acht bis Mitternacht.«
»Carls Assistentin hat mich angerufen und mir auf der Mailbox hinterlassen, ich solle um sechs schon da sein.«
Sie stieg ins Auto, in dem eine Gluthitze wie in einem Backofen herrschte, und drückte auf die Fernbedienung, um das Garagentor zu öffnen.
Kiera rief: »Gibt es dort auch Kate-MacKenna-Präsentkörbe?«
»Ja, klar. Carl hat darauf bestanden. Ich glaube, ich bin mittlerweile eins seiner Projekte. Er hat gemeint, er wolle später einmal sagen können, er habe mich damals schon gekannt«, erwiderte Kate. »Und jetzt mach die Tür zu. Die Klimaanlage dreht durch.«
»Du wirst langsam richtig berühmt. Das hat doch was, oder?«
Eine Antwort erwartete Kiera darauf offensichtlich nicht, denn sie schloss die Tür.
Es hatte tatsächlich was, dachte Kate, während sie durch den dichten Verkehr zur Galerie fuhr. Zwar hatte sie den endgültigen Durchbruch noch nicht geschafft, aber es lief in die richtige Richtung. Komisch, wie aus einem kleinen Hobby ein zufriedenstellender Beruf werden konnte.
Ihr Unternehmen war bereits im Wachsen begriffen, als sie sich noch überlegte, was sie eigentlich werden wollte. In ihrem letzten Jahr auf der Highschool hatte sie nach Möglichkeiten gesucht, sich etwas dazuzuverdienen, um für ihre Familie und ihre Freunde Geburtstagsgeschenke kaufen zu können. Im Büro ihrer Chemielehrerin hatte eine Duftkerze auf dem Schreibtisch gestanden, deren Geruch Kate ganz furchtbar fand. Dadurch kam sie auf die Idee, ihre eigenen Kerzen herzustellen. Aber sie wollte etwas Neues machen, ihre Kerzen sollten einzigartig sein.
Zuerst benutzte sie die Küche als Labor. Am Ende der Winterferien hatte sie ihren ersten Satz Kerzen hergestellt. Die reinste Katastrophe. Sie hatte verschiedene Gewürze und Kräuter gemischt, und die Küche stank wie eine Kloake.
Ihre Mutter verbannte sie in den Keller, aber sie gab ihre Experimente nicht auf. In jenem Sommer arbeitete sie jede freie Minute an ihrem Projekt. Unermüdlich recherchierte sie, und am Ende ihres ersten Jahres auf dem College gelangen ihr wundervolle Kerzen, die nach Basilikum und Grapefruit dufteten.
Kate wollte sie eigentlich verschenken, aber ihre Zimmergenossin und beste Freundin auf dem College, Jordan Buchanan, erkannte das große Potenzial der Idee. Jordan nahm zehn Kerzen, klebte Preisschildchen dran und verkaufte sie alle an einem Abend. Sie überredete Kate, alle ihre Produkte mit ihrem vollen Namen zu kennzeichnen, und half ihr dabei, ein Logo und ein paar hübsche Verpackungen zu entwerfen.
Der saubere, frische Duft in Verbindung mit den achteckigen Glasbehältern, die Kate schließlich fand, machten die Kerzen zu einem Verkaufsschlager. Immer mehr Aufträge gingen ein. Kate stellte zwei Aushilfskräfte ein und versuchte, während der Sommerferien so viele Kerzen wie möglich auf Vorrat zu produzieren. Der Keller war längst zu klein geworden für ihr Unternehmen, und so bezog sie Büroräume am anderen Ende der Stadt. Sie lagen in einer schrecklichen Gegend, waren aber natürlich gerade deshalb so billig.
Als sie ihren Abschluss machte, kamen die Bestellungen schon aus allen Teilen des Landes. Kate war klar, dass ihre Schwäche im Management lag, deshalb beschloss sie, in Boston ihren Master zu machen. Damit das Geschäft während ihrer Abwesenheit weiterlief, machte sie ihre Mutter zur Partnerin, damit sie Kontovollmacht hatte und Schecks ausstellen konnte. Weil Kate ihren gesamten Gewinn ins Unternehmen steckte, war Geld knapp. Sie wohnte bei Jordan in Boston und verbrachte ihre Wochenenden oft mit Jordans großer Familie in Nathan’s Bay.
Es war ein Kampf, aber es gelang Kate, das Unternehmen in dieser Zeit sogar noch auszubauen. Als dann jedoch ihre Mutter krank wurde, unterbrach sie ihr Studium, um nach Hause zurückzukehren und bei ihr zu sein. Seit dem Tod ihrer Mutter war ein langes, trauriges Jahr vergangen, aber in diesem Jahr hatte Kate ihren Master gemacht und neue Pläne zur Expansion entwickelt.
Da sie jetzt wieder ständig in Silver Springs war, konnte sie sich ganz auf die Arbeit konzentrieren. Sie stellte mittlerweile auch Körperlotion her und hatte drei Parfüms kreiert, die sie nach ihrer Mutter und ihren Schwestern Leah, Kiera und Isabel genannt hatte. Ihre Büroräume waren schon wieder so vollgestopft, dass sie neue Räume in einem Lagerhaus anmietete, die wesentlich größer und auch näher an ihrem Zuhause waren. Sie dachte über weitere Angestellte nach. Anton’s, eine gehobene Kaufhauskette, wollte ihre Produkte vertreiben, und schon bald würde sie einen äußerst lukrativen Exklusivvertrag mit ihnen unterzeichnen.
Und alle Geldsorgen würden sich in Luft auflösen.
Sie lächelte, als sie daran dachte. Sobald sie ein bisschen Geld hatte, würde sie sich als Erstes ein Auto mit einer funktionierenden Klimaanlage zulegen. Sie drehte an der Lüftungsschraube, aber es nützte nichts. Die Luft, die durch die Schlitze drang, war trotzdem lauwarm.
Als sie auf Carls prächtigem Anwesen ankam, war sie durchgeschwitzt. Er hatte Liongate von seinem Vater geerbt und baute die Galerie im Park. Zwei massive Löwenköpfe zierten die elektronisch gesteuerten Eisentore.
Ein Wachmann kontrollierte, ob ihr Name auf der Liste stand, und ließ sie durch. Carls zweistöckiges Haus lag am Ende einer gewundenen Auffahrt, aber die Galerie, in der Cinnamons Werke ausgestellt wurden, befand sich am Hügel auf der Südseite. Neben dem halb fertigen Gebäude war ein mächtiges weißes Zelt aufgebaut.
Ein weiterer Sicherheitsbeamter zeigte ihr, wo sie parken sollte. Carl erwartete wohl ziemlich viele Gäste, nach der Zahl der Wachleute und Kellner, die überall herumliefen, zu schließen.
Kate ging über den gepflegten Rasen, wobei sie mit ihren hohen Absätzen bei jedem Schritt im feuchten Boden einsank. Sie hatte beinahe den gepflasterten Weg erreicht, als ihr Handy klingelte.
»Hallo, Kate, mein Liebling. Wo bleibst du?«, flötete Carl ihr ins Ohr.
»Ich stehe auf deinem Rasen, Carl.«
»Ah, das ist wunderbar.«
»Und wo bist du?«
»In meinem Ankleidezimmer. Ich versuche mich gerade zu entscheiden, ob ich lieber den weißen Leinenanzug oder den Nadelstreifenblazer mit der hellen Hose anziehen soll. Ich werde so oder so fürchterlich schwitzen, aber ich muss schließlich für all die Kritiker gut aussehen, die heute Abend kommen werden, oder?«
»Du siehst doch immer gut aus.«
»Ich wollte dir auf jeden Fall nur Bescheid sagen, dass ich noch eine Weile brauche, zumal ich Cinnamon im Hotel abholen muss. Die Limousine wartet schon auf mich. Ich wollte dich um einen Gefallen bitten. Kannst du bitte überprüfen, ob mit dem Zeltaufbau alles in Ordnung ist? Ich habe keine Zeit mehr, mich darum zu kümmern, bevor die Gäste kommen, und ich möchte sichergehen, dass alles perfekt ist. Du hast einen so unfehlbaren Geschmack und wirst schon dafür sorgen, dass alles toll ist.«
»Ja, das mache ich gerne«, erwiderte Kate lächelnd. Carl hatte schon immer einen Hang zur Dramatik gehabt.
»Du bist ein Schatz. Ich revanchiere mich«, sagte Carl und legte auf.
Kate fand den Eingang und betrat das Zelt. Die Klimaanlage lief zwar auf Hochtouren, aber das nützte wenig, da ein ständiges Kommen und Gehen herrschte. An einem Ende standen riesige Tische für das Büfett mit bunten Blumenarrangements in Kristallschalen und Silbervasen. Im Raum waren kleine, mit weißem Leinen eingedeckte Tische mit weißen Klappstühlen verteilt. Alles schien gut zu funktionieren.
Ihre Präsentkörbe standen auf einem Tisch in der Ecke. Die weiße Tischdecke reichte bis zum Boden, und ihr Logo hing vorne herunter. Sie rückte es gerade und arrangierte die Körbe im Halbkreis. Anschließend trat sie einen Schritt zurück, um ihr Werk zu bewundern.
Dieses Ding bringt mich um, dachte sie. Der Büstenhalter schnürte ihr den Oberkörper zusammen. Es tat richtig weh, und am liebsten hätte sie ihn sich vom Leib gerissen, als sie in die Kunstgalerie zur Damentoilette eilte. Sie würde ihn ablegen und in den Abfalleimer werfen.
Leider waren die Toiletten abgesperrt, weil dort sauber gemacht wurde. Kate hätte die Schilder ja ignoriert und wäre einfach hineingegangen, aber an den Türen waren Wachleute postiert, und sie würden sie bestimmt nicht hineinlassen.
Was sollte sie nur tun? Kate blickte sich nach einem leeren Zimmer um, dessen Tür man verschließen konnte, aber es gab keines. Es ging ihr gar nicht gut, als sie wieder ins Zelt zurücklief, aber ihre Laune besserte sich, als sie sah, dass jemand unter ihr Logo einen großen Korb voller Blumen auf den Boden gestellt hatte, um darauf aufmerksam zu machen. Sie durfte nicht vergessen, sich bei Carl dafür zu bedanken.
Die Hitze war drückend. Sie ergriff ein Programmheft und fächelte sich Luft zu. Kellner liefen herum und stellten weitere tragbare Klimaanlagen auf, damit alles bereit war, wenn in knapp zwei Stunden die Gäste eintrafen.
Als Kate vor das Zelt trat, um ein bisschen frische Luft zu schnappen, erblickte sie in ein paar Metern Entfernung eine Baumgruppe, die von Sträuchern umgeben war. Bingo. Dort konnte sie vor neugierigen Blicken geschützt den trägerlosen Büstenhalter ausziehen. Rasch blickte sie sich um, um sich zu vergewissern, dass niemand ihr folgte, und lief zu den Bäumen.
Eine Minute später hatte sie sich von dem Folterinstrument befreit.
»Endlich!« Sie seufzte erleichtert. Jetzt konnte sie wieder frei atmen.
Es war ihr letzter Gedanke vor der Explosion.
Die Polizei fand sie zusammengerollt am Fuß eines hundertjährigen Walnussbaumes. Ihr Büstenhalter baumelte von einer Magnolie, die fünf Meter entfernt stand. Niemand konnte sich so recht vorstellen, wie die Kraft der Explosion ihr das Wäschestück aus schwarzer Spitze vom Leib gezogen, ihr Kleid aber heil gelassen hatte.
Die Explosion hatte ein riesiges Stück aus dem Hügel gerissen und einen kleinen Krater hinterlassen, wo das Zelt gestanden war. Eine Feuerwalze hatte sich wie Lava den Hügel hinunter ergossen, und der prachtvolle Walnussbaum war senkrecht in der Mitte gespalten worden. Ein dicker Ast war abgebrochen und in einem Bogen über Kate gelandet, sodass sie von Laub und Zweigen völlig bedeckt war. Er schützte sie vor den Glas- und Metallstücken, die mit der Wucht von Geschossen durch die Luft flogen.
Die Häuser erzitterten bis in einem Kilometer Entfernung, jedenfalls behaupteten die Anwohner das. Manche hielten die Erschütterungen für ein Erdbeben und rannten schutzsuchend in Hauseingänge.
Es grenzte an ein Wunder, dass niemand getötet oder ernsthaft verletzt worden war. Hätte sich jemand vom Personal oder von den Gästen zum Zeitpunkt der Explosion im Zelt aufgehalten, wären sie wahrscheinlich kaum noch zu identifizieren gewesen.
Kate wäre auf jeden Fall tot gewesen, und wenn sie nicht diesen schlecht sitzenden BH getragen hätte, hätte sie im Zentrum der Explosion gestanden. Aber auch so schien es unglaublich, dass sich alle ihre Körperteile noch dort befanden, wo sie hingehörten. Eine der Zeltstangen aus Metall war wie ein ferngesteuertes Geschoss mitten in den Baum eingeschlagen und hatte ihn direkt über Kate gespalten. Die Spitze zeigte genau auf ihr Herz.
Nate Hallinger, ein Kriminalbeamter, der erst seit Kurzem bei der Polizei in Charleston war, fand sie. Er ging gerade den Hügel hinauf, um der Spurensicherung nicht im Weg zu sein, als er ein Handy klingeln hörte. Der Klingelton erinnerte ihn an den Harry-Potter-Film, den er sich gerade mit seinen Neffen angeschaut hatte. Als er zu dem gespaltenen Walnussbaum kam, hörte es auf. Da er annahm, das Gerät müsse irgendwo auf dem Boden liegen, bückte er sich und entdeckte ein Paar wohlgeformter Beine.
Er versuchte, näher an sie heranzukommen, aber der Stamm des Baumes neigte sich, und sie würde zerquetscht werden, wenn er umfiel. Als Nate die Frau stöhnen hörte, wich er zurück.
Zwei Sanitäter kamen auf ihn zu. »Ach du lieber Himmel, George«, sagte der eine. »Sieh dir das mal an!«
»Was?«, fragte sein Partner und robbte auf dem Bauch an Kate heran.
»Die Stange, Mann. Sieh dir die Stange an. Sie zielt genau auf ihr Herz. Na, die Frau hat ja vielleicht Glück gehabt.«
»Ja, wenn sie keine inneren Verletzungen hat, stimme ich dir zu, Riley. Sie hat wirklich Glück gehabt.«
George war fünfzehn Jahre älter als sein Partner. Er bildete Riley aus, und obwohl er eigentlich gerne mit dem jüngeren Mann zusammenarbeitete, ging ihm das ständige Geplapper manchmal auf die Nerven. Aber manchmal kam eben auch etwas Sinnvolles aus seinem Mund.
Vorsichtig hob Riley einen der Äste an und rutschte näher an die Frau heran. »Hast du gehört?«, flüsterte er. »Die Polizei glaubt, dass eigentlich die Künstlerin gemeint war und die Bombe nur zu früh hochgegangen ist. Ich habe gehört, wie einer der Feuerwehrleute gesagt hat, es wäre der reinste Overkill gewesen. Aber ich bin nicht sicher, was das bedeutet, und ich habe mich nicht getraut zu fragen, weil sie dann gemerkt hätten, dass ich sie belausche.«
Die beiden Sanitäter kamen nicht an Kate heran, deshalb riefen sie Hilfe. Vier starke Feuerwehrleute waren nötig, um den gespaltenen, entwurzelten Stamm und die Äste beiseitezuräumen, damit die Sanitäter sie endlich untersuchen konnten. Staunend stellten sie fest, dass alle Knochen heil geblieben waren. Sie legten sie auf eine Trage und brachten sie den Hügel herunter.
Kate kam nur langsam zu sich. Als sie die Augen aufschlug, sah sie die verschwommenen Umrisse von drei Männern, die sich über sie beugten.
Sie kam sich vor wie in einer Hängematte, die hin- und herschaukelte. Übelkeit stieg in ihr auf, und sie schloss die Augen wieder. Die Luft roch verbrannt.
Nate ging neben der Trage her.
»Kommt sie wieder in Ordnung?«, fragte er.
»Ich denke schon«, sagte Riley.
»Das müssen die Ärzte entscheiden«, erwiderte George.
»Ist sie ansprechbar?«
»Wer sind Sie überhaupt?«, fragte George.
»Detective Nate Hallinger. Ist sie ansprechbar?«, wiederholte er.
»Sie hat einen mächtigen Schlag auf den Hinterkopf bekommen«, erwiderte Riley.
Der andere Sanitäter nickte, aber Nate merkte, dass seine Aufmerksamkeit seiner Patientin galt.
»Sie hat wahrscheinlich eine Gehirnerschütterung«, sagte er.
»Oh, oh«, meinte Nate. »Aber ist sie ansprechbar?«, fragte er noch einmal. Vielleicht bekam er ja beim dritten Mal eine Antwort auf seine Frage. »Hat sie etwas gesagt?«
»Nein, sie ist noch bewusstlos«, sagte Riley.
Der Nebel in Kates Kopf begann sich zu lichten. »Nein, sie ist nicht mehr bewusstlos«, flüsterte sie. »Und sie kann auch laufen.«
Nate lächelte sie an. Die Frau war hart im Nehmen. Das gefiel ihm. »Können Sie mir Ihren Namen sagen?«
Kate traute sich nicht zu nicken, weil sich bei jeder Bewegung ihre Kopfschmerzen verschlimmerten. Tablette, dachte sie. Ich brauche dringend eine Kopfschmerztablette.
»Kate MacKenna«, sagte sie. »Was ist passiert?«
»Es hat eine Explosion gegeben.«
Kate runzelte die Stirn. »Ich kann mich nicht an eine Explosion erinnern. Ist jemand verletzt worden?«
»Sie«, erwiderte Riley.
»Mir geht es gut. Bitte, lassen Sie mich aufstehen.«
Ihre Bitte wurde ignoriert. Sie fragte noch einmal, ob jemand verletzt worden sei, und George antwortete: »Ein paar Leute haben ein paar Kratzer und Prellungen abbekommen.«
»Kann ich eine Schmerztablette haben?«
»Sie haben starke Kopfschmerzen, oder?«, sagte George. »Wir können Ihnen jetzt nichts geben. Wenn Sie im Krankenhaus sind ...«
»Ich brauche nicht ins Krankenhaus.«
»Sie haben bestimmt einen Schutzengel gehabt«, warf Riley ein.
Verwirrt blinzelte sie ihn an. »Wie bitte?«
»Wenn Sie im Zelt gewesen wären, wären Sie jetzt tot.«
Mittlerweile waren sie unten am Hügel angekommen, wo der Krankenwagen schon bereitstand.
»Ich fahre mit ihr ins Krankenhaus«, erklärte Nate.
»Ja, das ist wahrscheinlich in Ordnung. Sie ist ja bei Bewusstsein.«
»Mich muss niemand ins Krankenhaus fahren. Es geht mir wieder gut«, sagte Kate. »Mein Auto steht irgendwo auf dem Gelände.«
»Sie können jetzt nicht Auto fahren«, erwiderte George.
»Aber mein Führerschein ist im Auto und meine Handtasche und ...« Sie brach ab, weil ihr auf einmal klar wurde, wie unerheblich diese Information jetzt war.
»Meinen Sie, Sie könnten mir ein paar Fragen beantworten?«, fragte Nate.
Seine Stimme gefiel ihr. Sie war weich – und nicht zu laut. »Natürlich.«
»Können Sie mir erzählen, was passiert ist?«
Kate seufzte. »Das weiß ich nicht.« Warum konnte sie sich nicht erinnern? Was war bloß los mit ihr? Vielleicht würde ja ihre Erinnerung zurückkommen, wenn erst einmal die Kopfschmerzen weg waren.
»Ist Ihnen jemand aufgefallen? Sie wissen schon, jemand, der dort nicht hingehörte?«
Sie schloss die Augen. »Ich weiß nicht, tut mir leid. Vielleicht fällt es mir ja später wieder ein. Und es wurde wirklich niemand verletzt?«, fügte sie hinzu.
»Nein. Alle Angestellten waren gerade im Haus, um die Platten fürs Büfett vorzubereiten. Und der Inhaber der Galerie war unterwegs, um die Künstlerin abzuholen.«
»Gott sei Dank«, flüsterte sie.
»Ein bisschen später, und es hätte ein Massaker gegeben«, warf George ein.
Der Kriminalbeamte saß ihr gegenüber, die Ellbogen auf die Knie gestützt, und blickte sie aufmerksam an. »Versuchen Sie nachzudenken, Kate. Ist Ihnen irgendetwas Ungewöhnliches aufgefallen?«
Trotz ihrer Benommenheit entging ihr der drängende Unterton in seiner Stimme nicht. »Sie halten also die Explosion nicht für einen Unfall?«
»Wir schließen keine Möglichkeit aus.«
»Eine der transportablen Klimaanlagen?«, fragte sie. »Überall lagen Kabel herum. Vielleicht ...« Sie hielt inne, als er den Kopf schüttelte. »Ist es nicht möglich, dass eine der Klimaanlagen in die Luft geflogen ist?«
»Nicht einmal Hunderte dieser Geräte hätten so einen Schaden anrichten können. Die Explosion hat den halben Hügel weggesprengt.«
Riley beugte sich über Kate und prüfte noch einmal ihren Blutdruck. Er lächelte, als er die Manschette wieder abnahm.
»Und, wie geht es ihr?«
»Ihre Werte sind gut.«
»Mein Kopf tut auch nicht mehr so weh«, sagte Kate. Es war eine Lüge, aber sie wollte nach Hause.
»Sie müssen trotzdem im Krankenhaus untersucht werden«, sagte George.
Hallinger klappte sein Notizbuch zu und betrachtete sie eingehend. So attraktiv wie diese Frau waren nicht viele Opfer, dachte er. Aber dann merkte er, dass er sie anstarrte, und blickte rasch weg. »Dieser alte Baum hat Ihnen das Leben gerettet. Wenn Sie nicht dahinter gestanden hätten, hätten Sie nicht überlebt. Was haben Sie überhaupt dort gemacht? Sie waren ziemlich weit vom Anbau und dem Zelt entfernt.«
Sie wandte ihm den Kopf zu, zuckte aber sofort vor Schmerz zusammen. Sie brauchte wirklich unbedingt eine Tablette. »Ich bin spazieren gegangen«, antwortete sie. Das war nicht gelogen. Und den Grund dafür brauchte sie doch nicht zu erklären.
»In dieser Hitze? Wäre es da nicht sinnvoller gewesen, ins Haus zu gehen oder im Zelt zu bleiben, in der Nähe der Klimaanlagen?«
»Das sollte man meinen«, stimmte sie ihm zu. »Aber ich wollte eben an die frische Luft. Die Hitze macht mir nichts aus.« Okay, das war gelogen, aber nur ein bisschen, damit konnte sie leben.
»Waren Sie alleine bei Ihrem Spaziergang?«
»Ja.«
»Hm.« Er verzog skeptisch das Gesicht.
»Detective, ein vorgeblicher Begleiter wäre doch von der Druckwelle auch ohnmächtig geworden?«
»Wenn er oder sie sich noch in der Nähe befunden hätte.«
Bevor sie antworten konnte, fuhr er fort: »Wie lange waren Sie dort draußen?«
»Wo draußen?«
»Hinter den Bäumen.«
»Ich weiß nicht. Nicht lange.«
»Ach ja?« Seine Stimme klang ungläubig.
»Gibt es ein Problem?«, fragte sie.
»Die Spurensicherung hat etwa sieben Meter entfernt etwas gefunden.«
»Was denn?«, fragte sie. Aber dann merkte sie auf einmal, worauf er hinauswollte. Oh Mann, der Schlag auf den Kopf hatte sie anscheinend begriffsstutzig gemacht.
»Ein Kleidungsstück«, sagte er. »Unterwäsche, die meiner Meinung nach von Ihnen getragen worden ist.«
Sie wurde rot. »Niemand war bei mir. Sie meinen den schwarzen Büstenhalter, nicht wahr? Ja, er gehört mir. Die Damentoilette war noch zugesperrt, und ich habe einen Ort gesucht, an dem ich ihn ungestört ablegen konnte. Und die Baumgruppe erschien mir geeignet dafür.«
»Warum?«
»Warum was?«
»Warum wollten Sie ihn ablegen?«
Er stellte wirklich zudringliche Fragen, dachte sie. Sie hätte ihm durchaus antworten können, dass ihn das nichts anginge, aber sie beschloss, lieber aufrichtig zu sein. »Er hat mich fast umgebracht.«
»Wie bitte?«
Alle im Krankenwagen interessierten sich anscheinend auf einmal für das Thema. Auch Riley und George warteten gespannt auf ihre Erklärung.
»Die Bügel ...«
»Ja?«
Du liebe Güte. »Eine Frau würde das sofort verstehen.«
»Aber ein Mann nicht?«
Er ließ einfach nicht locker. Sie fragte sich langsam, ob er sie absichtlich in Verlegenheit bringen wollte.
»Versuchen Sie einmal nur eine Stunde lang, so ein Ding zu tragen. Ich versichere Ihnen, dann wollen Sie es auch loswerden.«
Er lachte. »Nein danke. Ich muss mich wahrscheinlich mit Ihrer Auskunft begnügen.«
Er hatte ein nettes Lächeln.
»Sind Sie verheiratet?«, fragte er. »Müssen wir Ihren Ehemann verständigen?«
»Nein, ich bin nicht verheiratet. Ich wohne mit meinen Schwestern zusammen.« Sie versuchte sich aufzusetzen, aber dann fiel ihr ein, dass sie festgeschnallt war. »Ich muss sie anrufen. Sie machen sich bestimmt Sorgen.«
»Wenn wir im Krankenhaus sind, erledige ich das für Sie.« Er blickte aus dem Rückfenster. »Wir sind gleich da.«
»Ich muss nicht ins Krankenhaus. Meine Kopfschmerzen sind fast weg.«
Sein Blick sagte ihr, dass er ihr kein Wort glaubte.
»Sie wohnen nicht direkt in Charleston?«, fragte er.
»Nein«, antwortete sie. Er wusste bestimmt schon ihre Adresse, ihre Telefonnummer und wahrscheinlich auch jedes andere Detail über ihr Leben. Der Computer hatte mittlerweile sicher schon alles über sie ausgespuckt, was es zu wissen gab.
»Wir wohnen in Silver Springs, aber es ist nicht weit von der Stadt entfernt. Sind Sie neu in der Gegend?«
»Ja«, erwiderte er. »Ich bin gerade aus Savannah zugezogen. Das Leben hier ist ziemlich entspannt.« Lächelnd fügte er hinzu: »Für gewöhnlich jedenfalls. Das ist wahrscheinlich das Aufregendste, was Ihnen dieses Jahr passieren wird.«
Kiera und Isabel stürzten in die Notaufnahme. Kiera lächelte erleichtert, als sie Kate sah. Isabel hingegen wirkte verängstigt.
Der Arzt in der Notaufnahme untersuchte Kate und schickte sie nach unten zur Tomografie. Es war ziemlich voll, und sie musste zwei Stunden warten, bis alle Untersuchungen beendet waren. Dann wurde sie wieder nach oben in ein Krankenzimmer gefahren. Kiera marschierte im Flur auf und ab. Isabel saß auf der Bettkante und sah fern. Die Nachrichten berichteten fast ausschließlich von der Explosion.
Hastig sprang Isabel auf, als sie Kate sah, und nahm ihre im Bett liegende Schwester in die Arme.
»Es ist alles in Ordnung, oder? Du hast uns einen ganz schönen Schrecken eingejagt, aber du bist doch okay, oder?«
»Ja, mir geht es gut.«
Kiera stellte das Kopfende des Bettes höher, damit Kate sitzen konnte.