Chefarzt Dr. Holl 1858 - Katrin Kastell - E-Book

Chefarzt Dr. Holl 1858 E-Book

Katrin Kastell

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Der Herzspezialist
Es ist nur ein schmaler Grat zwischen Mut und Leichtsinn
Von Katrin Kastell

Dr. Holl, der Leiter der Berling-Klinik, freut sich auf einen gemütlichen Stadtbummel mit seiner Frau Julia. Sie beschließen, das Auto zu Hause stehen zu lassen, doch die Busfahrt wird zum Horrortrip. Drei Jugendliche, die offensichtlich betrunken sind und unter Drogen stehen, pöbeln zuerst die Fahrgäste an und bedrohen dann den Fahrer. Als Dr. Holl ihm zu Hilfe eilt, wird er selbst zur Zielscheibe der Aggressionen. Ein Rentner hebt seinen Krückstock, um einen der Jugendlichen zurückzudrängen. Der Busfahrer beschleunigt das Tempo, ehe er plötzlich bewusstlos zusammenbricht.
Im nächsten Moment prallt der Bus gegen einen Geländewagen und kommt jäh zum Stehen. Während Dr. Holl und zwei der Jugendlichen durch den Bus geschleudert werden, durchbohrt der Stock des Rentners den Brustkorb des dritten Jugendlichen ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 122

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Der Herzspezialist

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Wavebreakmedia / iStockphoto

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar

ISBN 9-783-7325-7876-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Der Herzspezialist

Es ist nur ein schmaler Grat zwischen Mut und Leichtsinn

Von Katrin Kastell

Dr. Holl, der Leiter der Berling-Klinik, freut sich auf einen gemütlichen Stadtbummel mit seiner Frau Julia. Die beiden beschließen, das Auto zu Hause stehen zu lassen, doch die Busfahrt wird zum Horrortrip. Drei Jugendliche, die offensichtlich betrunken sind und unter Drogen stehen, pöbeln zuerst die Fahrgäste an und bedrohen dann den Fahrer. Als Dr. Holl ihm zu Hilfe eilt, wird er selbst zur Zielscheibe der Aggressionen. Ein Rentner hebt seinen Stock, um einen der Jugendlichen zurückzudrängen. Der Busfahrer beschleunigt das Tempo, ehe er plötzlich bewusstlos zusammenbricht.

Im nächsten Moment prallt der Bus gegen einen Geländewagen und kommt jäh zum Stehen. Während Dr. Holl und zwei der Jugendlichen durch den Bus geschleudert werden, durchbohrt der Stock des Rentners den Brustkorb des dritten Jugendlichen …

„Eine Operation am offenen Herzen klingt für einen Laien gefährlich und löst Ängste aus. Das ist völlig normal. Glauben Sie mir, für mich als erfahrenen Herzchirurgen gehört das Ersetzen einer Herzklappe längst zum Alltag und ist schnöde Routine. Es ist nichts anderes wie eine Blinddarmoperation, ein Spaziergang für mich. Denkt man darüber großartig nach und macht sich Sorgen?“

Dr. Justin Ölbaum sah den dreiundvierzigjährigen Patienten vor sich im Bett und dessen Frau herausfordernd an. Sie mussten doch einsehen, dass sie ihn mit ihren törichten Fragen nur unnötig belästigten!

„Nein“, kam es etwas zögerlich von beiden. „Aber das ist schon etwas anderes, oder?“, wagte die Frau, ihre Sorgen und Ängste dennoch zu äußern. „Ich habe im Internet gelesen, dass das Herz meines Mannes nicht schlagen wird, während Sie ihn operieren, und stattdessen eine Maschine die Arbeit übernimmt. Sie können alles wunderbar richtig machen, aber was ist, wenn der Strom ausfällt? So etwas kann passieren und …“

„Madame Google ist ein Fluch unserer Tage“, kommentierte Dr. Ölbaum und verdrehte genervt die Augen. „Im Internet steht viel, aber Halbwissen hat noch aus keinem einen Spezialisten gemacht. Wollen Sie meine Expertise anzweifeln? Sind Sie nach dieser lehrreichen Lektüre jetzt die Chirurgin?“, ging er in die Offensive.

Es gehörte zu seinen ungeliebten Pflichten, die Patienten über den Ablauf und die Risiken einer Operation zu informieren und all ihre Fragen zu beantworten. Er wollte das Prozedere abkürzen, weil es Spannenderes für ihn gab, als in einem Krankenzimmer herumzustehen.

„Nein! Nein, natürlich nicht, aber …“, setzte die Frau trotz allem wieder an und ließ sich nicht mundtot machen, ohne Antworten auf ihre dringlichsten Fragen bekommen zu haben.

„Aber … Natürlich, immer dieses Aber der Frauenwelt! Mir ist noch keine Frau begegnet ohne ein Aber …“, stöhnte der Chirurg und sah seinen Patienten dabei an, um ihn dazu zu bewegen, sich mit ihm solidarisch zu zeigen und seine Frau dadurch auszubremsen. Der Mann tat ihm den Gefallen nicht. Er war seiner Frau für ihre Hartnäckigkeit dankbar.

„Eine Regel des Lebens ist, dass immer alles passieren kann, und deshalb muss man dem Unberechenbaren immer einen Schritt voraus sein. Das Krankenhaus verfügt über ein Notaggregat, das unmittelbar anspringt, wenn etwas mit der Stromversorgung nicht stimmt. Und weil man nicht wissen kann, ob das Notaggregat nicht vielleicht zufällig gerade einen Motorfehler hat, gibt es noch eine weitere Notversorgung für alle Operationssäle. Sie sehen, wir denken voraus!“ Der Herzchirurg griff zu einem Scherz und triefte vor Herablassung.

Magda und Gero Maler war nicht nach Lachen zumute, aber sie rangen sich ein Lächeln ab.

Dr. Ölbaum kam ihnen noch sehr jung vor. Er war höchstens Mitte dreißig. Sie hatten aber mitbekommen, dass er sich bereits einen Ruf als hervorragender Chirurg erworben hatte. Im Internet hatte er fünf Punkte als Bewertung für sein Können. Das wollte etwas heißen, dachten sie und hielten sich an den fünf gelben Punkten fest wie an einem elften göttlichen Gebot, obwohl der Arzt sich wie ein pubertärer Rüpel benahm.

In der Tat galt der Herzchirurg in Fachkreisen als Ausnahmetalent und als ungewöhnlich flexibel und nervenstark, wenn während eines Eingriffs alles anders kam, als es hätte kommen sollen. Das zeichnete ihn aus.

Dr. Ölbaum war zudem dafür bekannt, offen für innovative Verfahren zu sein und beständig wertvolle Beiträge und Erfahrungen für die medizinische Forschung zu erbringen. Man hatte sich gewundert, als er das Angebot von Dr. Stefan Holl, dem Leiter der Berling-Klinik in München, angenommen hatte und zum Oberarzt der Herzchirurgie geworden war.

Unter Umständen wollte er die Zeit an der renommierten Privatklinik dafür nutzen, seinen wissenschaftlichen Ruf auszubauen, um dann eine Professur angetragen zu bekommen. Schlecht standen seine Chancen dafür nicht. Fachlich war er schon jetzt auf dem besten Weg, zu einer Koryphäe in der Kardiologie aufzusteigen.

Menschlich und charakterlich hielt seine persönliche Entwicklung leider nicht stand. Er war ein selbstherrlicher, kalter Spötter, den die Gefühle seiner Patienten oder Mitarbeiter nicht scherten. Der einzige Mensch, dem er tieferes Interesse entgegenbrachte und der hin und wieder sein echt empfundenes Mitleid in hohen Dosen zu kosten bekam, war er selbst.

Gero Malers Herzklappe an der Hauptschlagader war verengt. Für den leidenschaftlichen Fußballer und Sportler war es schlimm, sich kaum noch belasten zu können. Selbst die kleinsten Anstrengungen brachten ihn außer Atem. Sein Hausarzt hatte ihm und seiner Frau erklärt, dass Geros Leben in Gefahr war, wenn er sich keine neue Herzklappe einsetzen ließ.

Das Paar wusste theoretisch, dass nichts an diesem Eingriff vorbeiführte, und doch war da die Angst.

Bange und ungeduldig hatten beide auf ein Gespräch mit dem operierenden Arzt gewartet. Es war nicht allein der Wunsch nach Information, sondern auch das Verlangen, beruhigt und getröstet zu werden.

Der Chirurg hatte sich mehrfach entschuldigen lassen und sich erst am Abend vor dem Eingriff Zeit genommen, auf der kardiologischen Station bei ihnen vorbeizusehen. Offensichtlich hatte er sich für diesen Besuch in erster Linie vorgenommen, ihn so kurz wie möglich zu halten.

„Doktor Huber, unser Hausarzt, hat uns schon ein wenig erklärt, was morgen im OP passiert. Könnten Sie …“, setzte diesmal Gero Maler an, der nicht wollte, dass seine Frau den ganzen Spott alleine abbekam.

„Ich habe wenig Zeit, aber wenn Sie es wünschen“, kam es nicht sonderlich freundlich zurück.

„Diese Bioherzklappe aus Material vom Rind – das kommt mir seltsam vor. Wird mein Körper sie annehmen und …“

„Lassen Sie mich erklären, dann erledigen sich die meisten Ihrer Fragen von allein!“, unterbrach Dr. Ölbaum ihn ungnädig, der aus Erfahrung wusste, dass er ewig in diesem Zimmer festhing, wenn er sich auf Einzelfragen einließ.

Magda Maler nahm die Hand ihres Mannes und drückte sie beruhigend. Das war der Arzt, der Geros Herz am anderen Tag in seinen Händen halten würde. Er war ihnen beiden zutiefst unsympathisch, aber vermutlich musste man kein netter Mensch sein, um in seinem Fachgebiet etwas zu können. Allein der Gedanke, ihn zu verärgern, löste Panik aus.

Die beiden fühlten sich auf unangenehme Weise daran erinnert, dass sie dem Chirurgen ausgeliefert waren.

Dr. Ölbaum nahm ein Schaubild aus seiner Tasche und erklärte ihnen den komplexen Eingriff knapp und anschaulich. Dabei ging er auch mit wenigen Worten auf die Vorteile einer Bioherzklappe ein. Als er fertig war, machte er ohne Worte unmissverständlich klar, dass er jede weitere Frage als Belästigung werten würde.

Gero und Magda Maler schwiegen bedrückt, denn ihre eigentliche Frage hatten sie bisher nicht stellen können.

Justin Ölbaum war dafür bekannt, dass er am liebsten am OP-Tisch sein Können bewies und sich gerne drückte, wenn es darum ging, mit den Patienten zu sprechen. Er wandte sich eilig zum Gehen, obwohl er genau spürte, wie unbefriedigt der Patient und seine Frau waren.

„Ich bin ein begnadeter Chirurg und rette Leben. Meine Zeit ist kostbar. Kann dieses elende Seelengetröste nicht ein Psychofritze übernehmen oder sonst ein Kollege, der nichts Besseres zu tun hat?“ Seine Arroganz und Kaltschnäuzigkeit waren unter dem Pflegepersonal und bei seinen Kollegen häufig Gesprächsthema.

Der Herzchirurg war erst seit einem halben Jahr an der Berling-Klinik in München und hatte sich in dieser Zeit kaum Freunde gemacht. Dr. Holl, der von dem Können des Chirurgen beeindruckt gewesen war, bezweifelte inzwischen seine Wahl und fürchtete, dass die Zusammenarbeit mit Ölbaum für sein Haus von kurzer Dauer sein würde.

Ölbaum passte von seinem ganzen Wesen und seiner Haltung her nicht ins Klinikteam. Dennoch bemühte man sich um ihn und versuchte, ihn irgendwie zu integrieren. Seine Arroganz machte es schwer.

„Herr Doktor!“, rief Magda Maler ihn zurück, weil sie wusste, dass sie am anderen Tag verrückt werden würde, wenn sie sich der Sache nicht vollkommen sicher war.

„Ja? Was ist denn noch?“

„Gibt es wirklich keinen anderen Weg für meinen Mann – ich meine ohne die Operation? Ich bin sonst nie negativ und tendiere nicht zu düsteren Gedanken, aber ich habe ein verdammt übles Gefühl“, gestand Magda.

Sie hatte mindestens so tiefe Schatten unter den Augen wie ihr Mann, dessen Körper auf Grund der fehlerhaften Herzklappe nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt wurde.

„Es gibt immer andere Wege. Ihr Mann kann gleich heute Abend mit Ihnen die Klinik verlassen. Er hat dann vielleicht noch ein paar Wochen oder Monate. Das kann niemand sagen. Irgendwann fällt er tot um, wenn er morgens die Zeitung aus dem Briefkasten holen möchte, weil er sich dabei überanstrengt. Dieser Weg steht ihm selbstverständlich frei.“

Das Paar sah ihn entsetzt an, und er lenkte ein, weil selbst Justin Ölbaum klar war, dass er eben den Bogen überspannt hatte.

„Vertrauen Sie mir! Ich bin ein Künstler mit dem Skalpell, und Ihr Mann wird bald wieder morgens vor der Arbeit joggen gehen und auf dem Rückweg die Frühstücksbrötchen mitbringen. Der Eingriff ist eine Kleinigkeit. Ich verspreche Ihnen, dass Sie morgen Abend über Ihre Ängste heute lachen werden!“

„Danke, Herr Doktor!“ Gero und Magda Maler waren erleichtert und beruhigt. Wie selbstgefällig und unverantwortlich so ein Versprechen war, erkannten sie nicht.

***

Magda Maler blieb die ganze Nacht bei ihrem Mann. Eine Krankenschwester hatte ihr ein Bett neben das seine geschoben, damit sie sich etwas hinlegen konnte, aber sie tat es nicht. Die ganze Zeit saß sie bei ihm, hielt seine Hand und bewachte seinen Schlaf. Alles würde gut werden. Der Chirurg hatte es versprochen. Bald würde es Gero wieder besser gehen und ihr Leben so verlaufen, wie sie es sich immer vorgestellt hatten.

Ihre Tochter war dreiundzwanzig und hatte ihnen vor ein paar Monaten gesagt, dass sie schwanger war. Sie freuten sich auf ihr Enkelkind, das in den kommenden vier bis acht Wochen geboren werden sollte.

Aber nicht nur die Familie stand im Zentrum, sondern auch ihre Beziehung. Sie waren noch jung, inzwischen wieder beide beruflich eingespannt, aber sie planten, die kommenden Jahre ihre Urlaubstage für Kreuzfahrten zu nutzen.

Einmal waren sie mit einem riesigen Kreuzfahrtschiff im Nordmeer unterwegs gewesen und hatten unter anderem Island besucht und das Nordlicht gesehen. Es hatte ihnen sehr gut gefallen, und sie hatten beschlossen, nach und nach wahre Seefahrer zu werden. Bisher hatten eher ihre Tochter, die Arbeit und das Aufbauen ihres Lebensstandards im Zentrum gestanden, aber nun wollten sie ihr Leben auch einmal genießen.

Am Zugang zur Schleuse wartete der OP-Pfleger in der typischen Vermummung mit grüner Haube, Mundschutz und Handschuhen. Gero wurde auf eine OP-Liege umgebettet und winkte seiner Frau, die den sterilen Bereich nicht betreten durfte, ein letztes Mal zu. Er wirkte gefasst und bereit.

Magda ging hinunter ins Café der Klinik, um sich erst einmal eine Tasse Kaffee zu gönnen, bevor die Zeit des bangen Wartens endgültig begann. Wie gerne hätte sie mit ihrem Mann getauscht! Sie wusste nicht, wie sie die kommenden Stunden überstehen sollte, und hätte nichts gegen eine Narkose gehabt.

In der Einleitung zum OP wurde Gero bereits von dem Anästhesisten erwartet, der tags zuvor bei ihm im Zimmer gewesen war und ihm die Narkose genau erklärt hatte. Beruhigend lächelte der Arzt ihn an und begrüßte ihn mit einem Vertrauen schaffenden, festen Handschlag.

„Ich gebe Ihnen jetzt, wie besprochen, etwas gegen Schmerzen und zur Muskelentspannung, und dann bekommen Sie die Narkosemittel und werden ganz sanft einschlafen“, erklärte er genau, was es tat, während er es tat.

„Und wenn ich nicht mehr aufwache …“ Gero flüsterte es kaum hörbar.

„Haben Sie keine Angst“, beruhigte ihn der Arzt, und die Anästhesieschwester drückte freundlich seine Hand. Der Patient sollte spüren, dass er nicht alleine war und dass sie sich gut um ihn kümmern würden, wenn er in Narkose war.

Gero bekam noch mit, wie er in den OP geschoben wurde und sah die vermummten Gestalten. Es waren mehr, als er erwartet hatte.

Etwa zehn Menschen sahen ihm entgegen. Den Anästhesisten und die Anästhesieschwester kannte er von der Einleitung. Das war ein gutes Gefühl.

Einer der Wartenden musste Dr. Ölbaum sein, und Gero wusste, dass zwei weitere Chirurgen mit am Tisch waren und eine Kardiotechnikerin. Die anderen waren sicher OP-Schwestern und Springer.

Das Beruhigungsmittel schlug bereits an, und er fühlte sich gut aufgehoben und sicher bei diesen Menschen. Müdigkeit senkte sich über ihn, und er dachte an Magda und seine Tochter, als er in den Narkoseschlaf hinübersank.

Nachdem Gero Maler in Narkose lag, prüften noch einmal alle Anwesenden gemeinsam die Patientendaten. Das war Standard vor jeder Operation, bevor das Skalpell zum Einsatz kam.

Dr. Ölbaums chirurgische Assistenten öffneten anschließend den Brustkorb, und ihre Elektroskalpelle verödeten die Blutgefäße bei jedem Schnitt, während sie das Herz freilegten.

Es roch nach verbranntem Fleisch. All die Maschinen, an die der Patient angeschlossen war, verursachten einen ziemlichen Lärm, aber für die Anwesenden gehörte das zu ihrem Alltag.

Der Patient wurde an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen, die es übernahm, den Blutkreislauf aufrechtzuerhalten. Das Herz durfte nicht schlagen, während Dr. Ölbaum die fehlerhafte Herzklappe entnahm und die Bioherzklappe einsetzte.

Das war die kritische und gefährliche Phase des Eingriffs. Jeder Schnitt musste präzise und sicher gesetzt werden. Nicht der geringste Fehler durfte dem Chirurgen unterlaufen, wenn sein Patient überleben sollte.

Alle am Tisch waren konzentriert. Es durfte unter keinen Umständen Luft in eines der Blutgefäße dringen, denn dann würde es zu einer Embolie kommen.

Und darin bestand nicht die einzige Gefahr für das Leben des Patienten. Lösten sich Kalkablagerungen durch den Eingriff, konnten sie wichtige Gefäße verstopfen und zu einem Schlaganfall führen. Jeder am Tisch war gefragt, auf verdächtige Geräusche zu lauschen, um bei dem geringsten Hinweis Gegenmaßnahmen einleiten zu können. Es lief alles wie im Lehrbuch ab.

Für fünfzig Minuten hatte allein die Herz-Lungen-Maschine den Patienten mit allem versorgt. Nun wurde sie abgeschaltet. Wie immer war es ein Moment der Spannung im Saal, bis das Herz mit der neuen Klappe zu schlagen begann und seine Arbeit aufnahm.