Dr. Stefan Frank 2616 - Stefan Frank - E-Book

Dr. Stefan Frank 2616 E-Book

Stefan Frank

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Beschreibung

Verschämt blickt sich Julia um. Hat einer ihrer Kollegen bemerkt, dass sie während des Meetings kurz eingeschlafen ist? Sie muss diese ständigen Schlafattacken endlich in den Griff bekommen! Seit Wochen geht das nun schon so: Wie aus dem Nichts wird sie von einer unbändigen Müdigkeit überfallen, und ehe sie reagieren kann, versinkt sie in Schlaf. Ein paarmal ist sie sogar einfach umgefallen.
In ihrer Verzweiflung geht die Einunddreißigjährige schließlich zu ihrem Hausarzt Dr. Stefan Frank. Der Grünwalder Arzt kann ihr bestimmt ein leichtes Schlafmittel verschreiben. Wenn sie nachts nur endlich richtig gut durchschlafen kann, wird sie tagsüber sicher wieder fit sein.
Doch Julia begeht einen schweren Fehler. Aus Scham sagt sie Dr. Frank nicht die volle Wahrheit über ihre Symptome. Und was daraus folgt, ist eine Katastrophe, die nicht nur Julias Leben in Gefahr bringt ...


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Inhalt

Cover

Und plötzlich kommt der Schlaf

Vorschau

Impressum

Und plötzlich kommt der Schlaf

Dr. Frank und eine Patientin mit Narkolepsie

Verschämt blickt sich Julia um. Hat einer ihrer Kollegen bemerkt, dass sie während des Meetings kurz eingeschlafen ist? Sie muss diese ständigen Schlafattacken endlich in den Griff bekommen! Seit Wochen geht das nun schon so: Wie aus dem Nichts wird sie von einer unbändigen Müdigkeit überfallen, und ehe sie reagieren kann, versinkt sie in Schlaf. Ein paarmal ist sie sogar einfach umgefallen.

In ihrer Verzweiflung geht die Einunddreißigjährige schließlich zu ihrem Hausarzt Dr. Stefan Frank. Der Grünwalder Arzt kann ihr bestimmt ein leichtes Schlafmittel verschreiben. Wenn sie nachts nur gut durchschlafen kann, wird sie tagsüber sicher wieder fit sein.

Doch Julia begeht einen schweren Fehler. Aus Scham sagt sie Dr. Frank nicht die volle Wahrheit über ihre Symptome. Und was daraus folgt, ist eine Katastrophe, die nicht nur Julias Leben in Gefahr bringt ...

Julia gelang es nicht, die Augenlider aufzuschlagen.

Träumte sie? Aber nein, sie spürte doch, dass sie wach war. Sie wollte sich die Augen reiben, doch der Befehl ihres Gehirns zum Heben der Hand kam bei den Muskeln des Armes nicht an. Sie konnte sich einfach nicht bewegen; wie gelähmt lag sie im Bett.

Panik überfiel sie, ihr Herz raste. Was war in der Nacht mit ihr geschehen?

Einige Momente später war Julias Welt wieder in Ordnung. Sie konnte problemlos die Augen öffnen, und auch sonst funktionierte alles reibungslos.

Sie war nur noch etwas benommen von dem Schreck. Erst als ihr das warme Wasser der Dusche über den Körper lief, entspannte sie sich. Es war wohl doch nur ein schrecklicher Albtraum gewesen, einer von diesen Träumen, die so realistisch waren, dass man sie von der Wirklichkeit nicht unterscheiden konnte.

Kein Wunder, dachte Julia. Die letzten drei anstrengenden Monate saßen ihr noch in den Knochen. Sie schlief schlecht und war tagsüber oft wie gerädert.

Sie hatte noch eine Stunde, ehe sie zur Arbeit aufbrechen musste. Zeit genug also für ein stärkendes Frühstück.

Julia kochte sich einen Kaffee und rührte sich ein Müsli an. Sie holte die Tageszeitung aus dem Briefkasten, setzte sich an ihren Küchentisch und las.

Wie aus dem Nichts verschwammen auf einmal die Buchstaben vor ihren Augen. Sie konnte den Blick nicht mehr fixieren. Die Augen rollten nach oben, und schon war sie eingeschlafen.

Kurz darauf schreckte sie wieder hoch und fand sich mit dem Kopf auf dem Tisch liegend vor. Die Stirn tat weh, sie musste so plötzlich eingeschlafen sein, dass ihr der Kopf schwer auf die Tischplatte gefallen war.

Julia rieb sich die Stirn und legte einen Lappen, den sie unter kaltes Wasser gehalten hatte, auf ihre Stirn. Hoffentlich gab das keinen blauen Fleck. Sie durfte auf gar keinen Fall ihren Arbeitskollegen erzählen, wie das passiert war. Das würde dem Gespött in der Agentur nur neue Nahrung geben.

Kurz bevor sie das Haus verließ, kontrollierte sie ihre Blessur vor dem Badezimmerspiegel. Es war gut gegangen, stellt sie erleichtert fest. Die Stelle an der Stirn war noch leicht gerötet, hatte sich aber nicht verfärbt. Zur Sicherheit legte Julia Make-up auf, das sie sonst nur sehr selten benutzte, denn bei ihrer makellosen Gesichtshaut brauchte sie das eigentlich nicht.

Sie hatte schon den Mantel angezogen, als das Telefon klingelte.

»Kramer«, meldete sich Julia.

»Hier auch«, erwiderte ihre Mutter lachend. »Guten Morgen, mein Schatz. Gut, dass ich dich noch erreiche.«

»Wieso? Ist alles in Ordnung bei euch?«, fragte Julia besorgt.

»Ja. Uns geht es prächtig. Papa und ich wollen heute sogar mal einen Ausflug machen.«

»Wo wollt ihr denn hin?«

»Wir haben nichts Besonderes geplant, nur einen Gang an der Isar entlang. Aber ich rufe an, weil ich eine Bitte an dich habe.«

»Was soll ich machen?«

»Ich habe gerade bei Dr. Frank ein neues Rezept für Papas Herztropfen bestellt. Kannst du das vielleicht abholen?«

»Klar, ich kann nach der Arbeit da vorbeifahren. Wie lange ist die Praxis denn geöffnet?«

»Frau Giesecke hat gesagt, dass auf jeden Fall bis sechs heute Abend jemand zu erreichen ist. Schaffst du das?«

»Müsste gehen. Soll ich die Tropfen auch gleich aus der Apotheke holen und euch bringen?«

»Das wäre natürlich prima. Papa braucht sie spätestens übermorgen.«

»Ich wollte sowieso heute Abend zu euch kommen. Aber Mama, denkt bitte daran, dass Papa sich noch schonen soll. Übertreibt es nicht mit dem Spaziergang!«, ermahnte Julia ihre Mutter.

»Ach, mein Schatz. Das wissen wir doch. Ich passe schon auf, dass dein Vater sich nicht übernimmt. Willst du mit uns zu Abend essen?«

»Gerne. Entschuldige Mama, ich muss jetzt los.«

Julia musste sich beeilen, um die Bahn nach München noch zu erreichen. Es war wichtig, dass sie pünktlich an ihrem Arbeitsplatz in der Werbeagentur Geiger-Communication war, denn für zehn Uhr war ein Meeting angesetzt worden, an dem sie als Grafikerin teilnehmen sollte.

Sie hatte Glück, die Bahn hatte fünf Minuten Verspätung. Eine halbe Stunde vor dem wichtigen Termin eilte sie ins Büro.

Julia begrüßte ihre Kollegen und setzte sich an ihren Schreibtisch. Schnell sah sie ihre E-Mails durch, aber es war nichts Wichtiges gekommen.

»Komm, Julia, es geht los«, sagte ihr Kollege Hansi Klöbel, der als Texter bei Geiger-Communication arbeitete.

Julia nahm Block und Stift und folgte ihm in den Besprechungsraum, wo Peter Geiger, der Agenturchef, Joachim Führer, der Kreativdirektor, und noch sechs weitere Angestellte bereits auf sie warteten.

»Ich habe euch etwas Erfreuliches mitzuteilen«, eröffnete Peter Geiger die Sitzung. »Unser Kunde, die Abtei-Brauerei, bringt ein neues alkoholfreies Bier auf den Markt, das weltweit an den Start gehen soll. Und wir sollen das Konzept dafür entwickeln!« Mit einem zufriedenen und stolzen Lächeln blickte er in die kleine Runde.

»Super. Es wurde ja auch mal wieder Zeit, dass wir einen großen Auftrag bekommen«, freute sich Joachim. »Was gibt es für Vorgaben?«

»Es soll eine moderne, frische Kampagne werden, die sich besonders an junge Kunden wendet. Die Abtei-Brauerei möchte mit ihrem neuen Produkt weg von dem Image des ›rotgesichtigen dicken Mönches‹, wie es der Brauereidirektor formuliert hat. Ich würde gerne schon heute erste Ideen sammeln. Damit kann dann jeder von euch an die Arbeit gehen.«

»Wollen sie wirklich gleich weltweit an den Märkten starten?«, hakte Julia nach.

»Ja, die Kampagne soll sich an eine internationale Kundschaft richten.«

»Nicht einfach«, gab Hansi zu Bedenken. »Wir wissen doch alle, dass der amerikanische oder der asiatische Markt auf ganz andere Reize reagieren als zum Beispiel der deutsche.«

»Aber gerade in Asien hat deutsche Bierbrautradition einen guten Ruf. Das chinesische Tsingtao-Bier wird doch sogar nach dem deutschen Reinheitsgebot gebraut. Und auch in den USA ist deutsche Brautradition ein Begriff. Das Reinheitsgebot könnte vielleicht ein Ansatz sein«, sagte Julia.

In der nächsten Stunde wurden verschiedene Ideen heiß diskutiert. Die neue Herausforderung nahmen alle gerne an, und sie ließen ihrer Fantasie freien Lauf. Wie es in der Firma üblich war, gab es keine Tabus. Auch die auf den ersten Blick absurdesten Ideen fanden erst einmal Gehör. Denn darin verbarg sich manchmal ein kleiner Schatz, der für eine erfolgreiche Werbekampagne genutzt werden konnte.

Plötzlich merkte Julia, dass sie sich nicht mehr konzentrieren konnte und eine bleierne Müdigkeit sie überfiel. Mit Gewalt hielt sie die Augen offen, aber die Gesichter ihrer Kollegen verschwammen mehr und mehr. Was gesagt wurde, kam nicht mehr bei ihr an, sondern blieb wie in einer Nebelwand hängen. Julia zitterte heftig mit den Beinen, um sich wach zu halten.

»Mensch, Julia, hör mit dem Wackeln auf. Du machst mich ja ganz nervös«, raunte Hansi ihr zu und legte ihr die Hand auf den wild zuckenden Oberschenkel.

»Sorry«, murmelte Julia und bemühte sich, die Beine still zu halten.

Sie schenkte sich noch einen Becher Kaffee ein, den sie hastig trank. Als das keine Wirkung zeigte, kratzte sie sich so fest mit der rechten Hand in der linken Handfläche, dass es schmerzte. Doch alles half nichts.

Ich muss etwas sagen, dachte Julia, das wird mich wach halten.

»Ich habe noch eine Idee«, unterbrach sie unhöflich Joachim, der gerade eine Idee für einen Werbeslogan näher ausführte. »Wir sollten das Wetter nicht außer Acht lassen. Dann steigen Luftballons über dem See auf, weil der Wasserhahn nicht zugedreht wurde. Dann gibt es Apfelkompott und Fische. Am Klettergerüst kann man dann Rosen blühen lassen. Der Wind pfeift durch die Flöte ...«

Bei den ersten beiden Sätzen hatten ihr alle noch zugehört. Aber jetzt gab es verstohlenes Lachen und irritierte Blicke. Was redete Julia da für einen Unsinn?

Hansi stieß hier heftig in die Seite und rüttelte an ihrer Schulter.

»Julia, was ist mit dir los?«, fragte er bestürzt.

Julia hielt inne und kam wie aus weiter Ferne in die Wirklichkeit zurück. Sie hatte nur noch verschwommene Erinnerungen an das, was sie gerade gesagt hatte. Hatte sie wirklich so einen Unsinn geredet?

»Entschuldigung«, sagte sie verschämt. Peinlich berührt senkte sie den Kopf und traute sich nicht, die Kollegen anzusehen. »Ich ... ich ...«

»Wenn dich das neue Projekt so wenig interessiert, dass du eine Nonsens-Show daraus machen willst, dann sag es einfach. Wir können uns auch nach einer anderen Grafikerin umsehen«, sagte Peter Geiger verärgert.

»Entschuldigung«, flüsterte Julia noch einmal kaum hörbar. »Ich ... ich weiß auch nicht. Es tut mir wirklich leid.«

»Dann können wir jetzt hoffentlich weitermachen, oder will noch jemand ein bisschen Irrsinn reden?«, fragte Peter spöttelnd in die Runde.

Noch etwa eine Stunde saßen sie zusammen und sammelten Ideen. Julia bemühte sich ganz besonders darum, sich an dem Brainstorming zu beteiligen. Sie hoffte, dass die anderen so vergessen würden, was gerade geschehen war.

»Nun, ich glaube, wir haben viele ausbaufähige Ansätze für die Kampagne gefunden«, beendete der Chef die Sitzung. »Ich denke, jeder weiß, was zu tun ist. Ihr könnt jetzt das ganze Wochenende über unser Projekt brüten. Nächsten Dienstag um die gleiche Zeit treffen wir uns wieder – mit hoffentlich guten und weiterentwickelten Ergebnissen.«

Alle packten ihre Papiere zusammen und standen auf, um an ihre Schreibtische zurückzukehren.

»Julia, kommst du bitte noch kurz mit in mein Büro?«, forderte Peter Geiger seine Angestellte auf.

Mit bangem Gefühl folgte Julia ihrem Chef. Sie ahnte, dass er ihr nichts Angenehmes zu sagen hatte.

»Julia, was ist nur los mit dir? In den letzten Tagen bist du häufiger am Schreibtisch eingeschlafen und heute dann dieser bizarre Auftritt.«

»Ich kann mich nur noch einmal entschuldigen«, versuchte sie ihm den Wind aus den Segeln zu nehmen. »Ich schlafe zurzeit so schlecht, dass ich tagsüber oft neben mir stehe und so müde bin, dass ich einfach einschlafe. Ich kann nichts dagegen tun. Aber ich ...«

»Dann geh zum Arzt«, sagte Peter Geiger mit ernster Stimme. »Sieh zu, dass du das in den Griff bekommst.«

»Ja, das mache ich.«

»Hast du ein Alkoholproblem?«, fragte Peter Geiger wie aus dem Nichts.

»Was? Nein!«, widersprach sie heftig. »Ich trinke nicht.«

»Julia, ich weiß, dass du es in den letzten Monaten nicht leicht hattest: die Pflege deiner kranken Eltern, die Sorge um sie, dann noch die Trennung von deinem Freund. Da sucht mancher Trost bei der Flasche.«

»Wirklich, ich trinke nicht«, versicherte Julia ihm noch einmal und merkte selbst, wie kläglich ihre Stimme klang.

»Gut, dann lassen wir das mal so stehen. Wenn du mit mir nicht darüber reden willst, willst du dir vielleicht woanders Hilfe suchen. Ich habe hier etwas für dich.«

Er reichte ihr eine Broschüre. Wege aus der Alkoholsucht, las Julia. Stumm nahm sie das Heftchen an sich. Wie sollte sie ihrem Chef nur beweisen, dass sie nicht alkoholkrank war?

»Auch wenn ich Verständnis für dich habe, muss ich doch jetzt mal den Chef raushängen lassen«, fuhr Peter fort. »Ich kann nicht durchgehen lassen, dass hier jeder unkommentiert ein Schläfchen macht, wenn ihm danach ist, oder unsere Meetings mit Unsinnskommentaren torpediert.«

»Was meinst du? Du willst mir doch nicht kündigen?«, fragte Julia erschrocken. »Ich verspreche dir, es wird bestimmt bald wieder besser. Es ist nur die Erschöpfung. Meine Eltern sind genesen, und die Sache mit Jakob habe ich auch hinter mir gelassen ...«

»Du bist eine sehr gute Grafikerin, und ich will dich nicht verlieren«, sagte Peter ruhig. »Aber du musst dringend etwas unternehmen, damit das nicht wieder vorkommt. Was ist, wenn du bei einem Kundentermin plötzlich einschläfst oder solchen Mist erzählst?«

»Es kommt bestimmt nicht wieder vor«, behauptete Julia noch einmal und versuchte, ihre Stimme fest klingen zu lassen.

»Das kann ich nur hoffen.« Peter sah sie skeptisch an. »Wenn ich noch einmal mitbekomme, dass du während der Arbeitszeit schläfst, dann bleibt mir nichts anderes übrig, als dir eine Abmahnung zu erteilen.«

»Verstehe«, sagte Julia leise und verließ mit gesenktem Kopf das Büro.

Auf dem Weg zu ihrem Schreibtisch sah sie verstohlene, mitleidige und zum Teil auch hämische Blicke ihrer Kollegen, denn jeder ahnte, warum Peter Julia in sein Büro zitiert hatte.

***

»Was für ein komischer Tag heute«, sagte Martha Giesecke, die altgediente Sprechstundenhilfe von Dr. Stefan Frank, zu ihrer jüngeren Kollegin Marie-Luise Flanitzer.

»Wie meinen Sie das, Schwester Martha?«

»Na ja, bis Mittag war die Praxis so voll, det wir kaum Zeit für eine Pause hatten, und heute Nachmittag ist es ganz ruhig. Nur noch eine Patientin, und es ist gerade mal fünf.«

»Das stimmt. Dann können wir heute pünktlich Feierabend machen. Ist doch auch mal schön.«

»Det ist ein wahres Wort gelassen ausgesprochen.« Martha nickte. Sie lebte schon lange in Bayern, hatte ihren Berliner Zungenschlag aber nie ganz verloren. »Den Chef wird det auch freuen. Er will mit seiner Frau Dr. Schubert heute Abend die Waldners besuchen.«

»Was Sie immer alles wissen, Schwester Martha.« Marie-Luise musste schmunzeln. Ihre sehr wissbegierige Kollegin hatte die Augen und Ohren stets überall.

Der Patient, der gerade das Behandlungszimmer verlassen hatte, trat an den Tresen heran.

»Der Doktor sagt, ich soll für nächste Woche einen Kontrolltermin abmachen.«

»Dann wollen wir mal sehen, Herr Hallenstein. Wann passt es Ihnen denn? Vormittags oder nachmittags?«, fragte Martha Giesecke.

»Ich bin doch Rentner. Das ist mir ganz egal. Nur dienstags kann ich schlecht, da gehe ich mit meiner Frau zum Schwimmen.«

»Dann Donnerstag um zehn?«

»Das ist okay. Schreiben Sie mir bitte einen Zettel? So langsam werde ich doch etwas vergesslich«, bat der alte Herr mit einem Lächeln.

»Kein Problem. Wird gemacht.«

»Danke, Frau Giesecke. Ein schönes Wochenende wünsche ich den Damen.«

Martha Giesecke ging ins Wartezimmer und forderte Frau Neubauer, die letzte Patientin für heute, auf, ihr in das Sprechzimmer von Dr. Frank zu folgen.

»Hast du an dem Ding noch was zu machen, oder können wir uns zusammen um das neue Material kümmern?«, fragte Martha, als sie wieder an den Tresen trat.

Mit »dem Ding« meinte Martha Giesecke den Computer, bei dem sie nur die allernotwendigsten Anwendungen beherrschte. Gern überließ sie Marie-Luise das Arbeiten am Rechner. Tage, an denen Marie-Luise nicht in der Praxis war, waren ihr ein Gräuel, denn immer begann »das Ding« ausgerechnet dann zu spinnen und wollte nicht so, wie Martha Giesecke es wollte.

»Nein, ich bin so weit fertig. Meinetwegen können wir die neue Bestellung einsortieren. Laut Lieferschein haben wir alles bekommen, was wir geordert hatten.«

Die beiden Frauen gingen in einen kleinen Nebenraum, der als Lager diente. Sie hatte gerade damit begonnen, den ersten Karton mit Verbandsmaterial auszupacken, als sie die Eingangstür hörten.

»Det war ja so klar«, stöhnte Martha. »Kurz vor Feierabend kommt noch einer. Ick geh mal gucken, wer det ist.«

Vor dem Tresen stand Julia und lächelte freundlich.

»Guten Tag, Frau Kramer«, grüßte Martha.

»Servus. Meine Mutter hat für meinen Vater, Heiner Kramer, ein Rezept bestellt. Das wollte ich abholen.«

»Ick erinnere mich.« Martha nickte. »Das sollte fertig sein.«