Dr. Stefan Frank 2623 - Stefan Frank - E-Book

Dr. Stefan Frank 2623 E-Book

Stefan Frank

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Beschreibung

Julia Vogt hat gerade ihre Facharztprüfung zur Gynäkologin abgelegt und ihre Assistenzzeit an der Waldner-Klinik in München beendet, als sie sich für einen mehrmonatigen Einsatz in Indien für Ärzte ohne Grenzen entscheidet. Die junge Frau betreut zunächst Patienten im Mumbai Medical Center und besucht mit mobilen Ärzteteams die Slums der Großstadt. Die letzten beiden Monate ihres Aufenthaltes verbringt Julia in Kalkutta.
Dort erreicht die Gynäkologin ein Stellenangebot. Dr. Gabriele Bayer-Horn, Chefärztin der Gynäkologie der Waldner-Klinik, bietet Julia die Stelle als Oberärztin an. Natürlich sagt sie sofort zu, denn diese großartige Chance bietet sich ihr nicht noch einmal. Bevor Julia aber nach Deutschland zurückkehrt, will sie in Goa ihre Erlebnisse verarbeiten und am Strand ausspannen, denn in letzter Zeit fühlt sie sich oft schwach und leidet neben Nachtschweiß auch an Hustenreiz. Und so fliegt die Ärztin wenige Wochen später mit zahlreichen Erfahrungen und einer hochansteckenden Krankheit im Gepäck nach München zurück ...


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Inhalt

Cover

Seltene Diagnose

Vorschau

Impressum

Seltene Diagnose

Arztroman um eine fast ausgerottete Infektionskrankheit

Julia Vogt hat gerade ihre Facharztprüfung zur Gynäkologin abgelegt und ihre Assistenzzeit an der Waldner-Klinik in München beendet, als sie sich für einen mehrmonatigen Einsatz in Indien für Ärzte ohne Grenzen entscheidet. Die junge Frau betreut zunächst Patienten im Mumbai Medical Center und besucht mit mobilen Ärzteteams die Slums der Großstadt. Die letzten beiden Monate ihres Aufenthaltes verbringt Julia in Kalkutta.

Dort erreicht die Gynäkologin ein Stellenangebot. Dr. Gabriele Bayer-Horn, Chefärztin der Gynäkologie der Waldner-Klinik, bietet Julia die Stelle als Oberärztin an. Natürlich sagt sie sofort zu, denn diese großartige Chance bietet sich ihr nicht noch einmal. Bevor Julia aber nach Deutschland zurückkehrt, will sie in Goa ihre Erlebnisse verarbeiten und am Strand ausspannen, denn in letzter Zeit fühlt sie sich oft schwach und leidet neben Nachtschweiß auch an Hustenreiz. Und so fliegt die Ärztin wenige Wochen später mit zahlreichen Erfahrungen und einer hochansteckenden Krankheit im Gepäck nach München zurück ...

Der erste Arbeitstag im Mumbai Medical Center war hektisch verlaufen und auch jetzt am Abend fand Dr. Julia Vogt keine Ruhe.

Seit drei Tagen war die junge Frau in Indien und hatte sich bisher noch nicht an das Leben dort gewöhnt. Obwohl sie schon in diesem faszinierenden Land Urlaub gemacht hatte, empfand sie alles sehr fremdartig. Den Schritt gewagt zu haben, für Ärzte ohne Grenzen zu arbeiten, bereute sie fast.

Die junge Ärztin lag auf ihrem Bett und starrte an die Decke. Das Schlafzimmer gehörte zu einem kleinen Appartement, welches sich Julia Vogt mit einer anderen Deutschen, Dr. Sandra Sänger aus Köln, teilte.

Beide Frauen schliefen in einem Zimmer, denn es war der einzige Ort mit Klimaanlage. In den restlichen Räumen konnte man es kaum aushalten vor Hitze.

Das winzige Appartement befand sich in einem alten Wohnkomplex neben dem modern ausgestatteten Mumbai Medical Center. Dort hatte Dr. Vogt ihre neue Stelle in der Gynäkologie und Geburtshilfe angetreten.

Doch war es richtig gewesen, nach der Facharztprüfung die Waldner-Klinik in München für sechs Monate zu verlassen? Was wollte sie eigentlich hier? Obwohl Julia fließend Englisch sprach und mit einem sympathischen internationalen Team zusammenarbeitete, hatte sie sich etwas verloren gefühlt. Hatte sie sich zu viel vorgenommen?

Bisher hatte die junge Ärztin geglaubt, sich allen Problemen stellen zu können. Doch der Arbeitsalltag in einem indischen Krankenhaus stellte sie vor ganz neue ungewohnte Herausforderungen.

Die Wohnungstür öffnete sich und Sandra, ihre Kollegin, trat ein. In den Armen hielt sie eine prall gefüllte Einkaufstasche.

Die junge Kölnerin arbeitete als Chirurgin im Mumbai Medical Center. Sie war schon seit zwei Monaten in Indien und hatte sich bereits gut eingelebt.

Sandra besaß ein ausgeglichenes und fröhliches Wesen. Meist steckte sie ihre Mitbewohnerin mit ihrer guten Laune an. Beide Frauen waren sich vom ersten Augenblick an sympathisch gewesen.

»Hey Julia, ich habe für uns eingekauft. Was hältst du von einem leckeren Essen? Ich wollte uns etwas kochen, was nicht so scharf gewürzt ist. Hoffentlich hast du Hunger!«

Julia verließ das Schlafzimmer und begrüßte ihre Mitbewohnerin mit einer kurzen Umarmung. Ihre vormals trüben Gedanken und Zweifel verflüchtigten sich. Sie war froh, ein wenig Gesellschaft zu haben.

»Hast du schon Feierabend?«, fragte sie und inspizierte neugierig den Inhalt der Einkaufstasche. Sie war gefüllt mit allerlei leckeren Gemüsesorten, Brot und Kräutern.

»Ich dachte, du hättest heute eine Spätschicht.«

»Ja und nein. Ich habe genügend Überstunden und benötige dringend eine Pause«, erwiderte Sandra und lachte. »Die Klinik wird schon nicht zusammenbrechen, wenn ich einmal früher gehe.«

Sie öffnete den Kühlschrank und nahm sich ein Getränk. Den ganzen Tag über hatte sie kaum Zeit gehabt, etwas zu trinken.

Dann ging Sandra zum Fenster und öffnete es, um frische Luft in das stickige Appartement zu lassen. Sofort drang Straßenlärm in die Wohnung.

»Willst du das Fenster wirklich offen lassen?«, fragte Julia genervt. »Man kann ja sein eigenes Wort nicht verstehen. Außerdem strömt nur heiße Luft herein. Das bringt überhaupt keine Abkühlung.«

Gelassen schloss Sandra wieder das Fenster.

»Du hattest einen schweren Start heute, hab ich recht?«, erkundigte sie sich mitfühlend. »Mach dir keine Gedanken, mir ging es ebenso. Ich habe mich am ersten Tag völlig überflüssig gefühlt. So als stände ich allen anderen Mitarbeitern im Weg. Dabei war ich die Ärztin! Aber das Gefühl legt sich bald. Du bist das erste Mal in Indien, oder?«

»Ich war vor ein paar Jahren in New Delhi und habe eine Rundreise durch Rajasthan gemacht. Aber das war eine Urlaubsreise. Also kein Vergleich zu einer Arbeitsstelle in einem indischen Krankenhaus.«

»Eine Rundreise würde ich gerne auch mal machen«, bekannte Sandra und seufzte.

»Es war sehr abwechslungsreich. Außerdem machte mir damals die Hitze nicht viel aus«, antwortete Julia.

»Du solltest morgens um vier Uhr kalt duschen«, schlug Sandra vor. »Das wirkt Wunder. Aber sei nicht verschwenderisch mit dem Wasser. Es fehlt sonst den anderen Bewohnern. Das Wasser ist knapp.«

»Und du glaubst, das hilft?«, fragte Julia skeptisch. Sie war es gewohnt, eine Stunde später aufzustehen.

»Ja, es ist herrlich«, erwiderte Sandra. »Allerdings hält der Zustand nicht lange an.« Die junge Frau lachte.

»Ich probiere es trotzdem morgen früh einmal«, überlegte Julia. »Wenn ich meine Kleidung anziehe, habe ich immer das Gefühl, zu heiß gebügelte Sachen anzuziehen. Aber lass mich mal sehen, was hast du eingekauft?«

Beide Frauen öffneten die Einkauftasche und räumten die leicht verderblichen Waren in den Kühlschrank. Dann band sich Sandra eine bunte Schürze um und nahm verschiedene Schüsseln aus einem kleinen Holzschrank.

»Mach dir keine Gedanken«, kam sie auf das Thema Klinikalltag zurück. »Am Anfang sind die Zustände in den indischen Kliniken für Europäer und Amerikaner bedrückend. Aber du gewöhnst dich daran und lernst, mit wenigen Möglichkeiten die Patienten optimal zu versorgen. Das Mumbai Medical Center gehört noch zu den gehobenen Kliniken. Ich habe schon Kliniken auf dem Land gesehen, wo es an fast allem fehlte. Aber auch dort gab man sich die größte Mühe, den Kranken zu helfen und die Familien zu unterstützen.«

»Ich weiß«, pflichtete Julia ihrer Kollegin bei. »Aber ausgerechnet heute kamen drei Patientinnen, denen eine schwere Geburt bevorstand. Ich hatte plötzlich Angst, Fehler zu machen. Außerdem sprachen die Frauen kaum Englisch und mein Hindi reichte bei Weitem nicht aus. Die Patientinnen sprachen nur den örtlichen Dialekt. Es war frustrierend.«

»Du sprichst Hindi?«, fragte Sandra interessiert.

»Ja, ein wenig. Aber man hat mir schon in Deutschland gesagt, dass es mir in Mumbai nicht immer nutzen wird.«

»Wo hast du eigentlich in Deutschland studiert? Verzeih mir, ich habe dich noch nicht danach gefragt, obwohl wir und ja jetzt schon ein paar Tage kennen.«

»In München. Meine Zeit als Assistenzärztin habe ich in der Waldner-Klinik absolviert. Nach der Facharztprüfung habe ich mich sofort bei Ärzte ohne Grenzen beworben. Eine Bekannte von mir arbeitet seit Jahren für verschiedene Hilfsorganisationen. Sie hat mir den Kontakt vermittelt.«

»Und du bist jetzt Gynäkologin? Diese Fachrichtung ist hier in Indien sehr gefragt. Es fehlt an kundigen Ärzten. Und die Frauen lassen sich nur von weiblichem Klinikpersonal untersuchen. Wirst du an die Waldner-Klinik zurückkehren, wenn dein Auslandsaufenthalt beendet ist?«

Julia zuckte mit den Schultern.

»Das weiß ich noch nicht. Vielleicht erhalte ich die Möglichkeit in der gynäkologischen Abteilung als Oberärztin zu arbeiten. Ich wollte schon immer Geburtshilfe leisten. Das ist mein Traum. Aber ob ich die Stelle kriege, steht noch in den Sternen. Aber jetzt konzentriere ich mich erst einmal auf meine Arbeit hier in Mumbai«, erklärte Julia.

»Und ich bin mir sicher, dass ich mit meiner Tätigkeit in der Geburtshilfe viele Mütter und Kinder gut versorgen kann. Was gibt es Schöneres, als bei einer Geburt zu helfen?«

»Dann bist du hier genau richtig«, sagte Sandra und lächelte aufmunternd. »Vergiss nicht, dass viele Schwangere und Mütter in dieser Stadt auf unsere kostenlose Hilfe angewiesen sind.«

»Du hast recht und genau darum geht es mir auch«, erwiderte Julia. Sie fühlte sich schon nicht mehr so niedergeschlagen. »Ich liebe meine Arbeit.«

Plötzlich erinnerte sich Sandra an etwas. Hatte ihre Tante nicht oftmals einen Arzt aus der Waldner-Klinik erwähnt?

»Kennst du zufällig Doktor Stefan Frank?«, fragte sie. »Meine Tante lebt in München und ist eine Patientin von ihm. Sie lobt ihn in höchsten Tönen. Soviel ich weiß, hat er auch Belegbetten in der Waldner-Klinik.«

»Das stimmt«, bestätigte Julia. »Ich habe mit Doktor Frank auf der Station zusammengearbeitet. Ist ein lustiger Zufall, dass deine Tante ihn kennt.«

»Er hat einen hervorragenden Ruf.«

»Während meiner Zeit als Assistenzärztin habe ich viel von ihm gelernt. Ich bewundere seine mitfühlende Art den Patienten gegenüber. Einen Arzt wie ihn, könnte man hier gut gebrauchen.«

»Da hast du sicher recht«, pflichtete Sandra bei. Dann überlegte sie kurz. »Die nächsten Tage wirst du nur im Krankenhaus sein. Hast du Lust an deinem ersten freien Tag etwas mit mir zu unternehmen? Ich könnte mir ebenfalls frei nehmen und dir Mumbai zeigen. Die Stadt ist unglaublich groß und es gibt überall viel zu entdecken. Aber wir können die Promenade am Meer hinunterspazieren. Dort ist es auch etwas kühler.«

»Das können wir gerne machen«, erwiderte Julia Vogt erfreut. »Ich kann es kaum erwarten, ans Meer zu kommen.«

Sandra trank ihre Flasche leer und stellte sie auf den Tisch.

»Wir sollten uns an die Arbeit machen.«

»Ich habe großen Hunger«, bemerkte Julia. »Meine letzte Mahlzeit liegt Stunden zurück.«

»Dann lass uns jetzt ein wunderbares Essen zaubern«, sagte Sandra lachend und öffnete den Kühlschrank.

***

»Mit wem hast du so lange telefoniert?«, fragte Ulrich Waldner einige Monate später seine Frau Ruth verwundert. »Stefan und Alexandra sind längst da.«

»Verzeih mir bitte, ich habe mit einer ehemaligen Assistenzärztin telefoniert. Sie hat mich aus Mumbai angerufen«, antwortete Ruth Waldner. »Erinnerst du dich an Julia Vogt? Sie war eine der Ärztinnen in der Gynäkologie und hat vor ein paar Monaten das Facharztexamen bestanden. Ihre Mutter war lange Zeit OP-Schwester bei uns. Sie hatte damals gehofft, dass ihre kleine Tochter eines Tages Medizin studiert. Ich habe noch heute Kontakt zu beiden.«

Dr. Ulrich Waldner hielt kurz inne und überlegte.

»Julia Vogt? Jetzt erinnere ich mich an sie. War sie nicht Jahrgangsbeste? Sie hat noch eine glänzende Zukunft vor sich und kann es weit bringen.«

»Ja, sie hat ihr Examen mit Auszeichnung bestanden. Ihr größter Wunsch war es, nach ihrem Abschluss als Fachärztin für einige Zeit für eine Hilfsorganisation im Ausland zu arbeiten. Und ich hoffe, dass Doktor Vogt nach ihrem Indienaufenthalt wieder in der Klinik arbeitet. Du hast natürlich bei der Personalplanung das letzte Wort.«

»Kollegin Bayer-Horn aus der Gynäkologie hat mich schon mehrfach angesprochen. Sie bittet mich seit Wochen, noch jemanden einzustellen. Die Abteilung ist ständig unterbesetzt. Ich hatte bei der Neubesetzung an Doktor Vogt gedacht. Aber wer weiß, wie lange sie letztendlich im Ausland bleibt. Wir brauchen dringend eine weitere Oberärztin in der Gynäkologie.«

»Wen braucht ihr?«, fragte da eine vertraute Stimme.

Ruth Waldner drehte sich zur Tür und begrüßte den langjährigen Freund Dr. Stefan Frank.

»Stefan! Schön, dich zu sehen. Wir haben uns nur kurz über eine Ärztin unterhalten, die für ein paar Monate nach Indien gegangen ist. Ich weiß nicht, ob du Doktor Julia Vogt in der Klinik begegnet bist. Ich habe vorhin mit ihr telefoniert. Sie arbeitet jetzt in Indien für Ärzte ohne Grenzen.«

Stefan nickte zustimmend. »Ja, ich erinnere mich an sie. Doktor Vogt hatte mir kurz vor ihrem Examen von ihren Bewerbungen bei verschiedenen Hilfsorganisationen erzählt. Die Arbeit für Ärzte ohne Grenzen stand ganz oben auf ihrer Liste. Sie hat also Erfolg gehabt?«

»Ja, sie ist jetzt in Mumbai.«

Dr. Ulrich Waldner griff nach einer Salatschüssel und zwei Flaschen Wein.

»Lass uns auf die Terrasse gehen. Dort können wir uns weiter unterhalten. Alexandra wartet sicher schon ungeduldig.«

Er drehte sich um und verließ die Küche.

»Keine Sorge, Alexandra und ich haben uns schon mit einem kühlen Getränk eingedeckt«, erwiderte Stefan Frank. »Alexa ist froh, wenn sie sich ein wenig entspannen kann. Sie hatte heute viele Patienten in der Praxis.«

Während Ulrich Waldner auf der Terrasse Stefans Freundin herzlich begrüßte, deckte seine Frau den Tisch. Stefan und Alexandra halfen ihr schnell dabei. Alle vier Ärzte freuten sich auf einen erholsamen Abend.

Die Waldners lebten in einer Penthouse-Wohnung im siebten Stock ihrer Privatklinik. Die Wohnung bot einen schönen Blick auf den Englischen Garten in München. Ulrich Waldner war der Leiter der Klinik und schon seit seinem Medizinstudium mit Stefan Frank befreundet. Die beiden Ehepaare verstanden sich gut und verbrachten so viel Zeit wie möglich miteinander.

Ulrich ging zu seinem neuen amerikanischen Grill und kümmerte sich um die frischen Bratwürstchen und das gegrillte Gemüse. Der Grill war sein ganzer Stolz.

Stefan stellte sich neben seinen Freund und sah ihm zu.

»Möchtest du ein Glas Wein?«, fragte Ruth Alexandra.

»Sehr gern«, antwortete Dr. Franks Freundin mit einem strahlenden Lächeln. Dann blickte sie zu Ulrich und Stefan hinüber und lehnte sich behaglich zurück. »Ich liebe die Grillabende bei euch.«

Langsam senkte sich die Dämmerung. Ruth zündete Kerzen an und tauchte die Terrasse in ein warmes Licht. Da es Anfang Juni war, blieb die Nachtluft angenehm warm, und die beiden befreundeten Paare ließen es sich schmecken. Hin und wieder füllten Ulrich und Ruth die Gläser ihrer Gäste.

Die Unterhaltung kreiste bald, wie üblich, um medizinische Themen und den Klinikalltag. Auch schwierige Krankheitsverläufe und Probleme wurden erörtert.

Ruth Waldner arbeitete als Anästhesistin in der Klinik, und Alexandra Schubert war Augenärztin mit eigener Praxis. Beide Frauen waren es gewohnt, auch nach Feierabend mit ihren Partnern berufliche Angelegenheiten zu besprechen.

***

Nach einiger Zeit kam ihr Gespräch wieder auf die junge Fachärztin Julia Vogt zurück.

»Hat Doktor Vogt von ihrer Arbeit erzählt?«, fragte Stefan Frank interessiert. »Sie wird doch sicher in der Geburtshilfe eingesetzt.«

»Sie ist in einer guten Klinik im Stadtzentrum von Mumbai. Das Krankenhaus ist modern eingerichtet und verfügt über einen hohen medizinischen Standard. Doktor Vogt besichtigte aber auch andere Kliniken, in denen überwiegend Menschen aus den Slums versorgt werden. Dort sind die Zustände wesentlich schlechter«, berichtete Ruth Waldner. »Sie erzählte mir, dass sie mit mobilen Ambulanzen die Bewohner in den ärmeren Stadtteilen aufsucht. Ich bewundere Frau Vogt für ihren Einsatz, denn sie muss mit wenigen Mitteln auskommen. Ein bis zweimal die Woche arbeitet sie auch als mobile Geburtshelferin im Großraum der Stadt.«

»Soviel ich weiß, unterstützen viele Hilfsorganisationen indische Familien mit eigenen Mutter-Kind-Programmen«, sagte Stefan Frank. »Die Programme umfassen Schwangerschaftsvorsorge, Geburtshilfe, Nachsorge und Ernährung. Und vor allem wird über die Hygiene aufgeklärt. So werden die häufigen Erkrankungen und Todesfälle von Mutter und Kind vermindert. Oft leiden die Menschen aber auch noch unter Infektionskrankheiten. Das macht die Behandlung schwieriger. Und für jeden gefährlich. Ich stimme dir zu, Ruth. Es ist eine große Verantwortung.«

Für einen kurzen Augenblick herrschte Stille am Tisch der vier Ärzte. Sie kannten natürlich die gesundheitlichen Risiken, denen Frauen und Kinder in ärmeren Ländern täglich ausgesetzt waren.

»Es ist eine großartige Aufgabe«, stellte Ruth fest.

»Ich habe früher auch eine Zeit lang davon geträumt, im Ausland bedürftigen Menschen zu helfen«, gestand Ulrich Waldner. »Diese Phase durchlebt wohl jeder angehende Arzt. Doch ich wählte einen anderen Weg. Und ich bin stolz darauf, eine eigene Klinik aufgebaut zu haben.«