Dr. Stefan Frank 2624 - Stefan Frank - E-Book

Dr. Stefan Frank 2624 E-Book

Stefan Frank

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Beschreibung

Was geschieht nur mit mir?, denkt Alina ängstlich.
Eine rätselhafte Krankheit schleicht sich in ihr Leben. Ihr Körper und ihre Psyche verändern sich. Anfangs trüben die Beschwerden ihren Alltag nur, aber im Lauf der Zeit vergiften sie ihn und beherrschen ihn schließlich vollkommen. Dabei hat sie überhaupt keine Zeit, um krank zu sein! Alina schreibt an ihrer Doktorarbeit und hat alle Hände voll zu tun. Als sie sich ständig erschöpft und unwohl fühlt, sich schlechter als früher konzentrieren kann und Unmengen an Flüssigkeit aufnimmt, schiebt sie ihre Beschwerden auf den Stress. Doch die Symptome werden immer schlimmer. Ihre Körperbehaarung wächst, ihr Kopfhaar wird lichter. Sie nimmt an Gewicht zu und das Denken fällt ihr schwerer. Nach außen hin versucht sie, zu funktionieren, aber immer öfter flüchtet sie sich zum Weinen auf eine Toilette, weil sie nicht weiß, wie sie durchhalten soll. Sie schaut in den Spiegel und fragt sich verzweifelt: Bin ich noch eine Frau? Sie fühlt sich immer weniger wie sie selbst - und immer weniger wert! Alina durchleidet eine Odyssee von Arzt zu Arzt. Bis sie auf Dr. Frank trifft ...


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Inhalt

Cover

Wenn Hormone krank machen

Vorschau

Impressum

Wenn Hormone krank machen

Alina leidet an Morbus Cushing

Was geschieht nur mit mir?, denkt Alina ängstlich.

Eine rätselhafte Krankheit schleicht sich in ihr Leben. Ihr Körper und ihre Psyche verändern sich. Anfangs trüben die Beschwerden ihren Alltag nur, aber im Lauf der Zeit vergiften sie ihn und beherrschen ihn schließlich vollkommen. Dabei hat sie überhaupt keine Zeit, um krank zu sein! Alina schreibt an ihrer Doktorarbeit und hat alle Hände voll zu tun. Als sie sich ständig erschöpft und unwohl fühlt, sich schlechter als früher konzentrieren kann und Unmengen an Flüssigkeit aufnimmt, schiebt sie ihre Beschwerden auf den Stress. Doch die Symptome werden immer schlimmer. Ihre Körperbehaarung wächst, ihr Kopfhaar wird lichter. Sie nimmt an Gewicht zu und das Denken fällt ihr schwerer. Nach außen hin versucht sie, zu funktionieren, aber immer öfter flüchtet sie sich zum Weinen auf eine Toilette, weil sie nicht weiß, wie sie durchhalten soll. Sie schaut in den Spiegel und fragt sich verzweifelt: Bin ich noch eine Frau? Sie fühlt sich immer weniger wie sie selbst – und immer weniger wert! Alina durchleidet eine Odyssee von Arzt zu Arzt. Bis sie auf Dr. Frank trifft ...

Was geschieht nur mit mir?

Alina ließ die Hände vor ihrem Gesicht sinken und blinzelte in das kaltweiße Licht in der Toilettenkabine. Wie lange hatte sie hier auf dem geschlossenen Deckel gesessen? Mit angewinkelten Knien zusammengerollt wie ein verletzter Igel?

Dem tauben Gefühl in ihren Beinen nach zu urteilen, länger, als sie sich eingestehen mochte. Sie war aus ihrem Seminar hierher geflüchtet, als sie in die erwartungsvollen Gesichter ihrer Erstsemestler geschaut hatte und ihr Kopf plötzlich wie leergefegt war. Dabei hatte sie sich gründlich auf ihre erste Lehrveranstaltung in diesem Semester vorbereitet. Doch mit einem Mal hatte sie sich nicht mal mehr auf ihr Thema entsinnen können. Blackout.

»Alina?« Jemand klopfte von außen an die Tür der Kabine. Der Stimme nach zu urteilen war es Dr. Heller, die Dozentin für mittelalterliche Prosa. »Ist alles in Ordnung bei Ihnen?«

In Ordnung? Fast hätte sie laut aufgeschluchzt. Nichts war in Ordnung. Sie hatte gerade den Einstieg in das Herbstsemester vergeigt, und sie fühlte sich, als wäre eine Straßenkehrmaschine mehrfach über sie hinweggerollt, und hatte keine Ahnung, weshalb. Die Vorfreude auf ihre erste eigene Lehrveranstaltung war verflogen.

»Alina?«

»Ich komme gleich«, erwiderte sie.

»Brauchen Sie vielleicht Hilfe?«

»Nein.« Es sei denn, Dr. Heller konnte die Nebelschwaden aus ihrem Kopf vertreiben, die ihr das Denken so dermaßen schwermachten.

Kurz blieb es still. »Verstanden«, kam es dann.

Schritte wurden leiser. Eine Tür klappte. Und Alina war wieder allein.

Sie stemmte sich von der Toilette hoch und zerrte an ihrem Hosenbund. Er grub sich schmerzhaft in ihre Haut ein. Kurzerhand öffnete sie den Knopf und zog den Reißverschluss einen Zentimeter nach unten. Das drängende Zwacken ließ nach. Ja, das war schon besser. Sie zupfte ihr Shirt über den Bund und öffnete die Tür.

Auf watteweichen Beinen stakste sie zum Waschbecken und drehte den Hahn auf. Sie wusch ihre Hände. Dann füllte sie sie mit Wasser und trank. Einmal angefangen, konnte sie gar nicht damit aufhören. Ihre Kehle fühlte sich ausgedörrt an, als wäre sie tagelang durch die Wüste marschiert.

Schließlich drehte sie das Wasser ab, hob den Kopf und zuckte merklich zusammen. Die Person im Spiegel ... Bin das wirklich noch ich?

Sie hatte sich verändert. Anfangs war es ihr nicht einmal aufgefallen, aber inzwischen war es nicht mehr zu leugnen: Ihre Haut, früher glatt und rein wie feines Porzellan, wirkte nun grob und großporig. Ihr Hals schien geschrumpft zu sein. Und während sie selbst an Gewicht zugelegt hatte, wurden ihre Haare immer dünner. Sie zupfte daran und seufzte. Was sie an Kopfhaar verlor, schien sich stattdessen auf ihrem Körper anzusiedeln. An ihrem Kinn spross es, und morgens unter der Dusche fand sie dunkle Haare an Stellen, an denen sie gewiss nicht hingehörten. Sie rasierte sie fort, aber es kamen immer neue – und sie schienen mit Verstärkung anzurücken.

Alina schluckte trocken.

Etwas geschah mit ihr – und es war gewiss nichts Gutes. Das Denken fiel ihr zunehmend schwerer. Sie hatte die Aufmerksamkeitsspanne einer Eintagsfliege, konnte sich kaum länger als ein paar Sekunden auf eine Aufgabe konzentrieren, dann schweiften ihre Gedanken ab und irrlichterten umher.

Sie versuchte, zu funktionieren. Das musste sie. Immerhin hatte sie gerade mit ihrer Doktorarbeit begonnen und große Pläne für ihre Zukunft. Doch manchmal – und in letzter Zeit immer öfter – hatte sie keine Ahnung, wie lange sie noch so tun konnte, als hätte sie ihr Leben im Griff.

Nachdem Tom sie verlassen hatte, war sie froh gewesen, sich in Arbeit stürzen und ablenken zu können. Doch seitdem waren fünf Monate vergangen, und sie fühlte sich immer elender. Der Stress, ganz sicher. Oder steckte doch mehr dahinter?

Ich hätte mich auch verlassen, dachte sie bitter.

Dieser Gedanke kam ihr in letzter Zeit immer öfter.

»Alina?« Eine dunkle Stimme rief durch die geschlossene Tür der Damentoilette.

Der Schrecken fuhr ihr in alle Glieder.Oh, verflixt! Professor Silbermann! Er betreute sie bei ihrer Doktorarbeit. Er war ein strenger Mentor, der viel verlangte, aber er holte auch das Beste aus seinen Schützlingen heraus. Anscheinend hatte er erfahren, dass sie ihr Seminar hingeschmissen hatte. Was sollte sie ihm sagen? Dass sie ihre eigenen Notizen nicht wiedererkannte? Keine Ahnung hatte, was sie bedeuten sollten? Dass sich ihr Kopf anfühlte, als wäre er mit Schlamm gefüllt?

»Ich komme.« Sie holte tief Luft, wappnete sich und öffnete die Tür. Als sie in den langen Korridor trat, stand ihr Mentor breitbeinig da und musterte sie prüfend.

»Einer Ihrer Studenten war gerade bei mir. Offenbar haben Sie die Veranstaltung vorzeitig abgebrochen. Was ist denn los?«

»Ich ...« Alina schlang die Arme um sich selbst. »Ich fühle mich nicht gut. Vermutlich habe ich mir eine Erkältung eingefangen. Das herbstliche Wetter ...« Sie zog die Schultern hoch und wusste kaum, wo sie hinschauen sollte.

»Das verstehe ich.« Sein Blick wurde wärmer. »Dann gehen Sie nach Hause. Ich werde heute für Sie einspringen. Schlafen Sie sich aus und werden Sie gesund.«

»Das mache ich.« Nicht, dass es etwas ändern würde. Alina schluckte. Sie hatte es mit Ausschlafen probiert. Mit frischer Luft, gesundem Essen, ja, sogar mit dem Melissengeist, auf den Oma Irmi schwor. Nichts davon hatte eine Wirkung gezeigt.

Sie fühlte sich von Tag zu Tag elender.

Trotzdem murmelte Alina ein Dankeschön, dann schob sie sich an ihrem Mentor vorbei und holte ihren Mantel und den warmen Schal aus dem Büro, das sie sich mit Jonas und Luan, zwei anderen Doktoranten, teilte. Mit gesenktem Kopf verließ Alina das sandsteingelbe Universitätsgebäude. Ein kühler Wind fauchte ihr entgegen, wirbelte bunten Laub auf dem Gehweg auf und kroch unter ihre Kleidung. Unwillkürlich zupfte die junge Frau ihren Schal höher über Mund und Nase und zog die Schultern hoch.

Es wurde bereits dunkel. An anderen Abenden hätte Alina einen Abstecher in die Buchhandlung gemacht oder wäre durch die Einkaufspassage gebummelt. Sie mochte das rege Treiben in ihrer Heimatstadt München. Jetzt jedoch wollte sie nur noch heim und sich dort die Decke über den Kopf ziehen.

Die Schaufenster der kleinen Bäckerei an der Ecke waren mit Lichterketten und Kürbissen geschmückt. Ein süßer Duft drang aus der geöffneten Ladentür.

Alina folgte dem Geruch und fand sich wenig später am Tresen wieder, wo sie um einen Kaffee und zwei Hefeteilchen bat.

Da murmelte jemand hinter ihr, laut genug, dass sie es hören konnte: »Wie die aussieht, sollte sie keine Hefeteilchen kaufen, sondern lieber ganz aufs Essen verzichten. Am besten für die nächsten zehn Jahre oder so.«

Jemand kicherte.

Alina fuhr herum. Hinter ihr standen zwei junge Mädchen und steckten die Köpfe zusammen. Sie konnten nicht älter als vierzehn oder fünfzehn sein. Eine von ihnen starrte sie unverhohlen an und reckte herausfordernd das Kinn vor.

Alina wollte etwas kontern, aber in ihrem Kopf war schlagartig gähnende Leere.

Nach einigen quälenden Sekunden wirbelte sie herum und floh aus dem Geschäft – ohne ihre Einkäufe und ohne zu bezahlen. Mit langen Schritten hetzte sie heimwärts – und haderte derweil mit sich.Seit wann ging sie einem Schlagabtausch aus dem Weg? Früher hätte sie wortgewandt gekontert. Sie war nie um eine schlagfertige Antwort verlegen gewesen. Im Debattierclub ihrer Schule war sie eine gefürchtete Gegnerin gewesen. Und heute? Heute machte sie sich aus dem Staub?

Das sah ihr nicht ähnlich!

Alina vergrub die Hände tief in den Manteltaschen und stürmte weiter.

Wenige Minuten später tauchte das hübsche weiß gekalkte Haus mit dem Flachdach vor ihr auf. Hier wohnte sie mit ihrer Tante. Es war ein Arrangement, das ihnen beiden von Nutzen war. Alina hatte bei ihr ein gemütliches Zuhause und musste sich nur an den Kosten für Wasser, Strom und Einkäufe beteiligen. Und ihre Tante hatte in ihr jemanden, der auf ihr Haus achtete, wenn sie auf Reisen war.

Tante Lene war Bildhauerin und liebte es, sich unterwegs inspirieren zu lassen. Gerade verbrachte sie zwei Monate bei Freunden in der Toskana.

»Kauf, während ich weg bin, bitte nicht zu viele Bücher«, hatte sie gemahnt. »Nicht, dass bei meiner Rückkehr alle Zimmer mit neuen Bücherschätzen vollgestellt sind.«

Dabei hatte sie gezwinkert, denn sie kannte Alinas Leidenschaft. Bücher waren ein wichtiger Teil ihres Lebens. Als Germanistin lebte sie für ihre Lektüre und liebte es, sich damit zu umgeben. Ihr Zimmer war eine Bibliothek mit Schlafstelle, wie Tante Lene es liebevoll nannte.

Im Garten häufte sich das Laub auf dem Rasen. Sie sollte es zusammenrechen, ehe der erste Schnee fiel. Tante Lene hatte sie gebeten, es im hinteren Bereich des Gartens aufzuhäufen, als Überwinterungsquartier für Igel und Mäuse. Am Zaun blühten noch die letzten bunte Astern dieses Herbstes. Frühmorgens waren die Blüten und Blätter bereits weiß vom Reif gewesen.

Am Briefkasten blieb Alina stehen und nahm die Post heraus. Neben der Morgenzeitung und ein paar Reklamesendungen fand sich auch eine Postkarte von ihrer Tante. Die Vorderseite zierte eine Ansicht der Thermalquellen von Saturnia.

Ihr Gruß war so herzlich, dass Alina ein Stich des Vermissens ins Herz fuhr.

Sie wollte den Briefkasten gerade schließen, als ihr noch ein weißes Kuvert auffiel. Hoppla, das hätte sie beinahe übersehen. Sie nahm es an sich. Ein Blick genügte, um ihr das Blut zum Herzen zu treiben. Die markante, scharf nach rechts geneigte Handschrift kannte sie. Sie gehörte Tom, ihrem Exfreund.

Was konnte er von ihr wollen?

Ein wenig unschlüssig drehte sie den Umschlag zwischen den Fingern – und schob ihn dann zwischen die restliche Post. Sie würde ihn später lesen und ... Moment mal! Aus dem Augenwinkel bemerkte sie plötzlich eine Bewegung.

Alina drehte den Kopf und erstarrte.

Zwischen den Himbeerhecken rührte sich etwas.

Ein fremder Mann schlich durch ihren Garten!

***

»Falls Sie vorhaben, mich zu gießen, damit ich noch mehr in die Länge schieße, lassen Sie sich darauf hinweisen, dass ich mit meiner Größe ganz zufrieden bin.«

Ein Lächeln schwang in den Worten des Unbekannten mit. Seine Stimme war warm und ein wenig rau und erinnerte Alina an eine heiße Schokolade mit Kakaosplittern.

Unschlüssig blickte sie auf die Gießkanne in ihrer Hand hinunter. Es war der erstbeste Gegenstand gewesen, mit dem sie sich bewaffnen konnte. Angesichts seiner großen, muskulösen Statur wirkte sie jedoch lächerlich klein.

Ihr Gegenüber konnte nicht viel älter als Ende zwanzig sein. Seine braunen Haare waren kurz geschnitten und ließen ein markantes Gesicht frei, das von lebhaft funkelnden braunen Augen dominiert wurde. Er blickte offen und auch ein wenig prüfend drein. Als er Alina nun anlächelte, blitzten zwei Reihen weißer Zähne.

Dieser Mann sah ganz und gar nicht aus wie ein Einbrecher. Schon eher wie ein Fotomodell. Trotzdem packte Alina die Gießkanne kämpferisch fester und blickte zu ihm auf.

»Was haben Sie hier zu suchen? Das ist nicht Ihr Grundstück. Sind Sie auf Wertsachen aus?«

»Genau genommen, ja«, gab er zu ihrer Verblüffung freimütig zu. »Wenngleich ich es nicht als ›Sache‹ bezeichnen würde.« Er malte mit den Fingern Gänsefüßchen in die Luft.

»Wie meinen Sie das?«, erwiderte Alina perplex.

»Ich bin auf der Suche nach Holmes, meinem Kater. Genau genommen ist er noch ein Kitten, gerade zwölf Wochen alt. Er hat graues Fell, ist ausgesprochen neugierig und knabbert an allem, was nicht bei drei verschwunden ist. Haben Sie ihn vielleicht gesehen?«

Alina atmete insgeheim auf. »Ein Kitten? Nein, leider nicht.«

»Das hatte ich befürchtet.« Sorge blitzte in seinen braunen Augen.

»Er heißt also Holmes? Wie Sherlock Holmes?«

»Sie haben mich ertappt.« Sein Lächeln vertiefte sich. »Ich habe eine Schwäche für alte Detektivromane.«

Ihr Herz machte einen Satz, und die Germanistik in ihr jubelte. Herr im Himmel, dieser Mann war so attraktiv, dass ihm die Frauen vermutlich reihenweise zu Füßen fielen. Im Mittelalter hätten sich die Fräulein darum gerissen, ihm bei einem Turnier ihr Tüchlein zuzustecken und ihn ihrer Gunst zu versichern.

»Ich bin übrigens Dominik. Dominik Gerber«, stellte er sich vor.

»Alina ... Zangl.« Da war ihr doch tatsächlich kurzzeitig ihr Name entfallen.

Ihm schien es jedoch nicht aufzufallen. »Ich bin in das Haus nebenan eingezogen.«

»Wohnt Herr Maiwald nicht mehr dort?«, wollte Alina überrascht wissen.

»Nein. Er ist zu seiner Tochter an den Starnberger See gezogen. Ich habe das Haus von ihm gemietet. Neben Holmes und mir sind noch Miss Watson und Moriarty eingezogen. Meine beiden erwachsenen Katzen. Sie sollen eigentlich erst raus, wenn sie sich eingewöhnt haben, aber Holmes war schneller als ich und ist mir entwischt. Ich hoffe nur, er kommt nicht unter die Räder. Er ist ziemlich verspielt.«

Alina dauerte der Gedanke so sehr, dass sie ihr Unwohlsein beiseiteschob und anbot: »Lassen Sie mich nur kurz die Post reinbringen, danach helfe ich Ihnen, Holmes zu suchen.«

»Das würden Sie tun?«

»Natürlich. Vier Augen sehen mehr als zwei.«

»Das wäre großartig.« Ihr Nachbar lächelte dankbar.

»Bin gleich wieder da.«

Alina eilte ins Haus, legte die Post ab und nahm nach kurzem Überlegen die Reste des gebratenen Hühnchens vom Vorabend aus dem Kühlschrank. Die schnitt sie rasch klein und füllte die Würfel in eine Tüte. Damit kehrte sie zu ihrem neuen Nachbarn zurück.

»Ich habe Leckerbissen mitgebracht«, sagte sie und hob die Tüte.

»Das ist eine gute Idee von dir ... Ich meine, von Ihnen. Einen Versuch ist es wert.« Dominik sah sie nachdenklich an. »Wollen wir du sagen?«

»Gern.« Alina nickte.

»Ich hoffe, wir finden Holmes, bevor ich zum Dienst muss. Es wäre mir gar nicht lieb, wenn er die Nacht über draußen wäre. Er kennt sich hier ja noch nicht aus.«

»Du arbeitest nachts?«

»Spätdienst. Ich bin Pflegehelfer in der Waldner-Klinik«, erklärte Dominik.

»Verstehe. Ich arbeite auch oft nachts. Dann ist es angenehm ruhig und ich kann mich besser konzentrieren.« Früher jedenfalls, fügte sie beklommen in Gedanken hinzu. Jetzt sitze ich nachts stundenlang da und starre auf meinen leeren Bildschirm.

»Was machst du beruflich?«, erkundigte er sich.

»Ich schreibe gerade meine Doktorarbeit.«