Dr. Stefan Frank Großband 11 - Stefan Frank - E-Book

Dr. Stefan Frank Großband 11 E-Book

Stefan Frank

0,0
12,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

10 spannende Arztromane lesen, nur 7 bezahlen!

Dr. Stefan Frank - dieser Name bürgt für Arztromane der Sonderklasse: authentischer Praxis-Alltag, dramatische Operationen, Menschenschicksale um Liebe, Leid und Hoffnung. Dabei ist Dr. Stefan Frank nicht nur praktizierender Arzt und Geburtshelfer, sondern vor allem ein sozial engagierter Mensch. Mit großem Einfühlungsvermögen stellt er die Interessen und Bedürfnisse seiner Patienten stets höher als seine eigenen Wünsche - und das schon seit Jahrzehnten!

Eine eigene TV-Serie, über 2000 veröffentlichte Romane und Taschenbücher in über 11 Sprachen und eine Gesamtauflage von weit über 85 Millionen verkauften Exemplaren sprechen für sich:
Dr. Stefan Frank - Hier sind Sie in guten Händen!

Dieser Sammelband enthält die Folgen 2300 bis 2309 und umfasst ca. 640 Seiten.

Zehn Geschichten, zehn Schicksale, zehn Happy Ends - und pure Lesefreude!

Jetzt herunterladen und sofort eintauchen in die Welt des Dr. Stefan Frank.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 1206

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Impressum

BASTEI LÜBBE AG Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Für die Originalausgaben: Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2021 by Bastei Lübbe AG, Köln Covermotiv von © shutterstock/ESB Professional ISBN 978-3-7517-2446-3 www.bastei.de www.luebbe.de www.lesejury.de

Stefan Frank

Dr. Stefan Frank Großband 11

Inhalt

Stefan FrankDr. Stefan Frank - Folge 2300Die hübsche Buchhändlerin Saskia Born genießt ihren Urlaub auf Gran Canaria in vollen Zügen. Endlich einmal Zeit für ein bisschen Sport, gutes Essen und ein wenig Faulenzen! Einzig eine Gruppe junger Männer, die irgendwie immer dort auftaucht, wo sie sich gerade aufhält, trübt ihr Glück. Ständig quatschen sie lautstark Mädels an, trinken und erzählen grölend irgendwelche Anekdoten, die Saskia nicht im Mindesten interessieren. Nein, mit solchen Menschen kann sie einfach nichts anfangen, denkt sie - bis sie einen von ihnen näher kennenlernt. Oliver Cornelius, ein zugegebenermaßen sehr attraktiver Dunkelhaariger, weckt Saskia, als sie am Strand eingeschlafen ist. Das sei gefährlich, erklärt er ihr, sie könne sich leicht einen Sonnenstich holen. Die beiden kommen ins Gespräch, und in den kommenden Tagen entdecken sie, dass sie erstaunlicherweise viele Gemeinsamkeiten haben. Dass Oliver ein düsteres Geheimnis mit sich herumträgt, merkt Saskia erst, als es zu spät ist: Sie hat sich bereits in Oliver verliebt ...Jetzt lesen
Dr. Stefan Frank - Folge 2301Maria liebt das Abenteuer! Egal, ob Klettern an einer freien Felswand oder das Erforschen unbekannter Höhlen in Südamerika, Maria braucht das Adrenalin wie die Luft zum Atmen. Doch in letzter Zeit macht ihr Körper ihr einen Strich durch die Rechnung. Ständig wiederkehrende Schmerzattacken lähmen sie und machen sportliche Aktivitäten im Freien für sie häufig unmöglich. Ihr Freund Florian hat dafür kein Verständnis. Er findet, dass Maria sich bloß anstellt und ihnen beiden unnötig den Spaß verdirbt. Als seine Liebste von einer Wanderung in den Bergen nicht wieder zurückkehrt, macht er sich deshalb auch keine Sorgen - ganz anders als Marias Hausarzt Dr. Frank. Denn der hat am selben Morgen die Ergebnisse von Marias Blutuntersuchung bekommen und weiß nun, dass seine hübsche Patientin in höchster Gefahr schwebt. Und diesmal kommt die Gefahr nicht von außen, sondern sie lauert in ihrem eigenen Körper ...Jetzt lesen
Dr. Stefan Frank - Folge 2302Jana van Linnen hat Angst! Angst vor lauten Geräuschen, Angst vor der Dunkelheit, Angst vor der Angst. Dummerweise hat ihr Verlobter Max gar kein Verständnis für sie. Dabei weiß er doch, woher diese Furcht kommt! Vor einigen Wochen ist Jana von aggressiven Jugendlichen an einer U-Bahn-Station überfallen worden. Damals wäre sie beinah von einer einfahrenden Straßenbahn überrollt worden - und diese Bilder und Geräusche wollen ihr einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen. Ihr Hausarzt Dr. Frank rät Jana dringend zu einer professionellen Therapie. Doch bevor sie sich zu diesem Schritt entschließen kann, kommt es zu einem weiteren lebensverändernden Ereignis im Leben der jungen Frau! In einer Geisterbahn auf dem Jahrmarkt erschrickt sie sich so sehr, dass sie bewusstlos in sich zusammensinkt. Als sie die Augen wieder öffnet, findet sie sich auf den Armen eines unglaublichen Mannes wieder ...Jetzt lesen
Dr. Stefan Frank - Folge 2303Kerstin arbeitet in einer Anlage für betreutes Wohnen. Obwohl sich die engagierte Altenpflegerin bemüht, für jeden ihrer Schützlinge ein freundliches Wort zu haben, hat sie doch einen Liebling: Hans Grothe. Der pensionierte Historiker ist noch sehr rüstig und gibt sich alle Mühe, niemandem zur Last zu fallen. Dass er sich manchmal ganz schön einsam fühlt, mag er nicht zugeben. Seine einzige Sorge ist sein Sohn: Der ist nämlich, genau wie Kerstin, immer bloß mit seiner Arbeit beschäftigt und daher nicht in der Lage, Hans die Schwiegertochter zu bescheren, die er sich so sehr wünscht. Als Hans Grothe eines Tages plötzlich furchtbare Schmerzen im Rücken und in den Gliedmaßen bekommt, redet er auch darüber mit niemandem. Stattdessen wendet er sich an eine Dame namens Tatjana Christensen, die sich als "Fachärztin für Alterskrankheiten" bezeichnet. Sie erklärt Hans Grothe, dass er eine langwierige Therapie aus Entspannungsübungen und Heilsäften brauche, die allerdings leider sehr teuer sei. Hans Grothe nimmt die Ausgabe gern auf sich, wenn dadurch seine Gesundheit wiederhergestellt wird, ohne dass er seinen Sohn oder seine Pfleger belästigen muss. Noch ahnte er nicht, was er sich, seiner Gesundheit und seiner Familie damit antut ...Jetzt lesen
Dr. Stefan Frank - Folge 2304Sara Hauferer passiert das wohl Schlimmste, was einer jungen Mutter passieren kann: Bei einer Routineuntersuchung entdeckt Dr. Frank, dass ihre fünfjährige Tochter Luna höchstwahrscheinlich an Leukämie erkrankt ist. Weitere Tests an der Waldner-Klinik bestätigen den grausamen Verdacht. In den folgenden Wochen sitzt Sara Tag und Nacht am Bett des todkranken Mädchens und sieht zu, wie die Krankheit und die Nebenwirkungen der Chemotherapie Luna mehr und mehr von ihrer Lebensenergie rauben. Das einst so lebensfrohe Kind ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Doch das wirklich Furchtbare ist, dass die Therapie nicht einmal zu wirken scheint! Bald schon eröffnen die Ärzte der Waldner-Klinik Sara, dass es nur noch eine Hoffnung für Luna gibt: Es muss ein Stammzellspender gefunden werden. Und da Sara selbst als Spenderin nicht infrage kommt, bleibt ihr nur eins zu tun übrig - sie muss Lunas Vater finden, der vor nun beinah sechs Jahren spurlos verschwand...Jetzt lesen
Dr. Stefan Frank - Folge 2305Es ist eine Szene wie aus einem kitschigen Liebesfilm: Auf dem Heimweg vom Supermarkt reißen Nadines Einkaufstüten, und die Lebensmittel verteilen sich auf dem Boden. In diesem Moment kommt ein äußert attraktiver Mann vorbei und bietet ihr seine Hilfe an. Die beiden schauen sich in die Augen - und schon ist es um sie geschehen. Tatsächlich sind Thomas und Nadine in den nächsten Wochen so glücklich, wie zwei verliebte Menschen es nur sein können. Doch dann kommt es zu einer weiteren filmreifen Szene, nur ist es diesmal eine aus einem Horrorfilm: Nadine sitzt mit ihrer Oma in einem Intercity. Die beiden haben einen Wochenendausflug gemacht und freuen sich nun wieder auf ihre Heimatstadt München - leider sollen sie dort nie ankommen. Ihr Zug rast frontal in einen entgegenkommenden Zug. Nadines Oma stirbt, und sie selbst überlebt mit schwersten Verletzungen. Als Thomas sie in der Waldner-Klinik endlich wieder in seine Arme schließen darf, ist von der fröhlichen Nadine, die er kennengelernt hat, nichts mehr übrig ...Jetzt lesen
Dr. Stefan Frank - Folge 2306Es ist enorm, was Sabine leistet! Seit ihr Mann sie verlassen hat, muss die fleißige Floristin alles alleine stemmen. Sie kümmert sich nicht nur um ihre pubertierende Tochter Kira, sondern ist auch in jeder freien Minute für ihren kleinen Sohn Benni da. Außerdem muss sie, um die Wohnung weiter finanzieren zu können, mehr arbeiten als sonst. Ständig hechelt sie zwischen dem Blumenladen, ihrer Wohnung und dem Kindergarten hin und her. Sabines Zeitmanagement ist perfekt, aber ihr Körper zeigt erste Alarmzeichen. An einem besonders stressigen Morgen wird ihr alles zu viel; sie klappt einfach zusammen ... Zum Glück klingelt gerade Karsten, der verwitwete Nachbar, der einen Sohn in Bennis Alter hat. Er drängt Sabine, sich noch heute einen Termin bei Dr. Frank geben zu lassen. Auch er selbst war nun lange Zeit krank - und Dr. Frank hat nicht nur seine hartnäckige Grippe in den Griff bekommen, sondern auch einen Antrag für eine Vater-Kind-Kur gestellt. Noch am selben Tag führt Sabine ein ernstes Gespräch mit Dr. Frank. Er diagnostiziert einen verschleppten Infekt, lässt sich aber auch von Sabines privaten Sorgen berichten und erkennt, dass die Alleinerziehende völlig überfordert ist. Er schlägt ihr eine Mutter-Kind-Kur vor - die gleiche, die er soeben für Karsten beantragt hat ...Jetzt lesen
Dr. Stefan Frank - Folge 2307Sie ist die Braut, die sich nicht traut! Schon zweimal hat Anna Söltl am Hochzeitstag kalte Füße bekommen und einen Bräutigam am Altar stehengelassen. Diesmal ist die Tierärztin fest entschlossen, bis zum Jawort durchzuhalten und ihren Verlobten Oliver zu heiraten. Alles ist für den großen Tag vorbereitet, doch kurz vor der Trauung beobachtet Anna ihren Verlobten in inniger Umarmung mit einer ihrer Brautjungfern und sagt die Hochzeit ab. Nur Dr. Frank erfährt den Grund für Annas Flucht. Keiner der übrigen Hochzeitsgäste ahnt etwas davon, auch Johannes Thormann nicht. Der Tierarzt ist ein Freund des Bräutigams und aus Australien angereist, um bei der Trauung dabei zu sein. Er hat sich darauf gefreut, die Braut seines Freundes kennenzulernen, nun ist er empört über ihr Verhalten. Wie kann sie seinem Freund das Herz brechen? Er hält Anna für kalt und herzlos und beschließt, ihr eine Lektion zu erteilen. Sein Plan: Er will sie erobern und dann fallenlassen, wie sie es mit seinem Freund gemacht hat. Ein Plan mit ungeahnten Folgen ...Jetzt lesen
Dr. Stefan Frank - Folge 2308Katrin liebt ihren Beruf als Säuglingsschwester! Was kann es Schöneres geben, als niedliche Babys zu umsorgen? Was niemand ahnt: Bei all ihren Handlungen begleitet Katrin eine dunkle Ahnung. Vor einigen Jahren hat ihr ein Arzt gesagt, dass mit ihren Eierstöcken etwas nicht in Ordnung ist. Damals hat sie das nicht weiter abklären lassen, doch insgeheim weiß sie, was das bedeutet: Vielleicht wird sie selbst nie eigene Kinder haben können ... Als der Gedanke immer öfter die Oberhand gewinnt, beschließt sie, sich endlich Gewissheit zu verschaffen. Schweren Herzens vereinbart sie einen Termin bei Dr. Frank. Katrins schlimmer Verdacht bestätigt sich, sie ist unfruchtbar! Wochenlang hadert sie mit ihrem Schicksal, doch mit der Zeit lernt sie, die grausame Diagnose zu akzeptieren. Erst als sie sich Hals über Kopf in den smarten Konrad verliebt, ist sie gezwungen, sich erneut damit auseinanderzusetzen. Wie wird ihr Liebster damit umgehen, wenn er erfährt, dass er mit ihr keine Familie gründen kann?Jetzt lesen
Dr. Stefan Frank - Folge 2309Bianca Rügener, die Tochter eines reichen Münchener Unternehmers, verliebt sich in den Winzer Marius Ismar und folgt der Stimme ihres Herzens. Mittlerweile lebt sie schon seit einem Jahr bei ihm auf dem Weingut in Bad Neuenahr. Als Marius um ihre Hand anhält, ist ihr Glück perfekt. Es gibt nur einen Wermutstropfen, und das ist Marius' Cousine Nelly, die ebenso wie Marius' Eltern und seine Tante auf dem Weingut leben. Immer offener zeigt die Neunzehnjährige ihre Abneigung gegen Bianca und verbreitet im Ort die wildesten Gerüchte über sie. Dr. Frank und Alexandra, die im Ahrtal ihren Urlaub verbringen und in einer der Ferienwohnungen der Ismars wohnen, können kaum glauben, welch ein Hass Bianca von Nelly entgegenschlägt. Hat sie ihre Wut darüber, dass Marius nicht sie, sondern Bianca heiraten wird, überhaupt noch unter Kontrolle? Und dann geschieht das Unfassbare ...Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

… und dennoch habe ich Ja gesagt

Vorschau

… und dennoch habe ich Ja gesagt

Roman über die schwierige Entscheidung einer schönen Patientin

Die hübsche Buchhändlerin Saskia Born genießt ihren Urlaub auf Gran Canaria in vollen Zügen. Endlich einmal Zeit für ein bisschen Sport, gutes Essen und ein wenig Faulenzen! Einzig eine Gruppe junger Männer, die irgendwie immer dort auftaucht, wo sie sich gerade aufhält, trübt ihr Glück. Ständig quatschen sie lautstark Mädels an, trinken und erzählen grölend irgendwelche Anekdoten, die Saskia nicht im Mindesten interessieren. Nein, mit solchen Menschen kann sie einfach nichts anfangen, denkt sie – bis sie einen von ihnen näher kennenlernt.

Oliver Cornelius, ein zugegebenermaßen sehr attraktiver Dunkelhaariger, weckt Saskia, als sie am Strand eingeschlafen ist. Das sei gefährlich, erklärt er ihr, sie könne sich leicht einen Sonnenstich holen. Die beiden kommen ins Gespräch, und in den kommenden Tagen entdecken sie, dass sie erstaunlicherweise viele Gemeinsamkeiten haben. Dass Oliver ein düsteres Geheimnis mit sich herumträgt, merkt Saskia erst, als es zu spät ist: Sie hat sich bereits in Oliver verliebt …

Die Stimme überwand die Entfernung mühelos. „Dann hab ich dem aber erst mal richtig Bescheid gesagt! Der wusste überhaupt nicht, wie ihm geschah. Mit eingezogenem Schwanz ist er schließlich abgezogen.“

Dröhnendes Gelächter der Umstehenden, und dann kam schon die nächste Geschichte. Es war der Dunkelhaarige mit den blauen Augen, der da mal wieder das Wort führte, sie hätte es sich denken können.

Saskia ließ sich angewidert zurück auf ihr Handtuch sinken. Die jungen Männer wohnten in ihrem Hotel, sie waren mit ihr zusammen von München nach Las Palmas auf Gran Canaria geflogen. Schon im Flugzeug, wo sie einige Reihen hinter ihr gesessen hatten, waren sie ihr unangenehm aufgefallen, sodass sie gedacht hatte: Hoffentlich sehe ich die in Maspalomas nicht wieder.

Die Hoffnung hatte sich nicht erfüllt. Sie waren im selben Bus wie sie gelandet und dann auch im selben Hotel. Und seltsamerweise hatte sie das Gefühl, dass sie ihnen ständig begegnete, obwohl sich der Strand kilometerlang hinzog und man sich wirklich gut aus dem Weg gehen konnte.

Dieser Morgen war das beste Beispiel: Sie war früh aufgestanden, hatte gefrühstückt und war dann losgejoggt am Strand, Richtung Playa del Inglés, vorbei an den beeindruckenden Dünen vor Maspalomas. Das ging nur, wenn der Wasserstand niedrig war. Durch trockenen Sand zu laufen wäre viel zu anstrengend gewesen, aber wenn er nass und fest war, machte es richtig Spaß.

Und dann? Sie hatte sich an einem der Strände von Playa del Inglés ins Wasser gestürzt und war eine ganze Weile geschwommen. Dann hatte sie sich auf ihr Handtuch gelegt, um sich von der Sonne wieder wärmen zu lassen – nur um festzustellen, dass die nervigen Jungs aus ihrem Hotel sich ebenfalls an diesem Abschnitt des Strandes aufhielten. Das war schon mehr als Pech.

Sie schloss die Augen in der Hoffnung, die Stimmen ausblenden zu können, und nach einer Weile gelang es ihr tatsächlich. Ganz allmählich schienen sie sich zu entfernen und waren schließlich überhaupt nicht mehr zu hören …

Saskia wurde davon wach, dass jemand sie am Arm packte und recht unsanft rüttelte. Verwirrt fuhr sie auf und wusste im ersten Moment nicht, wo sie war.

„Sie sind in der Sonne eingeschlafen“, sagte eine Stimme, die sie nicht zuordnen konnte. „Das ist gefährlich. Ich hab Sie beobachtet und dachte, es ist besser, ich wecke Sie.“

„Danke“, murmelte Saskia. Jetzt erst erkannte sie den Mann: Es war ausgerechnet der blauäugige Angeber, über den sie sich kurz zuvor noch geärgert hatte.

„Wollen wir zusammen was trinken, da vorn irgendwo?“, fragte er. „Sie müssen erst einmal in den Schatten.“

In jeder anderen Situation hätte sie sein Angebot dankend abgelehnt, aber ihr war schwindelig, und sie fühlte sich nicht ganz sicher auf den Beinen. Als er erneut ihren Arm ergriff, um sie zu stützen, schüttelte sie ihn nicht ab. Sicher, er war ein Angeber, aber hilfsbereit war er offenbar auch.

„Wo haben Sie denn Ihre Freunde gelassen?“, fragte sie, während sie langsam ein Lokal ansteuerten, dessen Tische auf der Terrasse von Sonnenschirmen geschützt waren. Es wäre ihr albern vorgekommen, so zu tun, als hätte sie ihn noch nie gesehen.

„Die baggern ein paar Frauen an“, antwortete er. „Darauf hatte ich keine Lust.“ Mit einem Lächeln setzte er hinzu: „Außerdem musste ich ja auf Sie aufpassen.“

Aufatmend ließ sie sich auf einen Stuhl sinken, froh, endlich im Schatten zu sein. Sie betrachtete ihre Arme und Beine. Sie waren leicht gerötet, mehr aber nicht. Zum Glück hatte sie reichlich Sonnenschutz aufgetragen, als sie aus dem Wasser gekommen war. Ihr Gesicht glühte noch, aber sie fühlte sich bereits erheblich besser.

Endlich sah sie ihr Gegenüber an. Er sah verdammt gut aus, eigentlich hatte er diese alberne Angeberei überhaupt nicht nötig.

„Nochmals vielen Dank“, sagte sie. „Mir ist das noch nie passiert, dass ich am Strand eingeschlafen bin.“

„Es war nicht sehr lange“, verriet er. „Als ich gemerkt habe, dass Sie sich nicht mehr rühren, habe ich noch ein paar Minuten gewartet und Sie dann geweckt. Ist bestimmt nichts weiter passiert. Oder ist Ihnen schlecht?“

Der Kellner kam und fragte sie nach ihren Wünschen. Sie bestellten eine große Flasche Wasser.

„Nein, überhaupt nicht. Mir war nur zuerst ein bisschen schwindelig, aber das ist jetzt auch vorbei.“

„Wir fahren besser mit dem Bus zurück ins Hotel.“

Er sagte das ganz sachlich und mit großer Selbstverständlichkeit, als käme es überhaupt nicht infrage, dass sich ihre Wege gleich wieder trennten.

„Wir?“, fragte Saskia. „Ich fahre auf jeden Fall zurück, aber Sie wollen doch wahrscheinlich noch hier bleiben, der Tag hat ja erst begonnen.“

„Mir wird das jetzt zu heiß. Über die Mittagszeit bleibe ich nie am Strand, da bin ich lieber im Hotel am Pool, wo man eine Liege mit Sonnenschirm hat, etwas zu trinken, etwas zu lesen …“

Beinahe hätte Saskia gefragt: „Sie lesen?“, aber das konnte sie gerade noch herunterschlucken. Sie war Buchhändlerin und interessierte sich immer und überall für das, was die Leute am liebsten lasen – wenn sie denn überhaupt zu den Lesern zählten. Den Blauäugigen jedenfalls hätte sie nicht dazu gerechnet.

„Ich bin übrigens Oliver Cornelius“, sagte er, als der Kellner ihr Wasser gebracht hatte.

„Saskia Born.“ Sie fand es plötzlich albern, dass sie sich siezten, das machte hier niemand, und so fragte sie: „Wie lange bleibst du noch hier?“

„Wir fliegen morgen zurück. Und du?“

„Auch“, sagte sie. „Dann geht es zurück in die Buchhandlung.“

„Da arbeitest du?“

Sie nickte. „In Schwabing.“

„In welcher denn?“, wollte er wissen, und sie sagte es ihm.

„Zum Glück läuft der Laden gut, wir haben uns spezialisiert, das funktioniert. Mit den ganz großen Läden kann man als kleine Buchhandlung ja sowieso nicht mithalten. Wir haben uns auf Literatur spezialisiert, auch fremdsprachige.“ Sie machte eine kurze Pause, bevor sie fragte: „Was liest du denn gerade?“

„Einen Krimi.“ Er grinste verlegen. „Ich lese am liebsten Krimis.“

„Das geht vielen so.“

„Die meisten Frauen lesen Liebesromane.“

„Ich nicht“, sagte Saskia. „Ich lese auch gern Krimis.“

Sein Lächeln war überraschend liebenswürdig. Wo war der Angeber geblieben, der sie keine Stunde zuvor noch so auf die Palme gebracht hatte? Oliver musste ein Mann mit zwei Gesichtern sein.

Sie trank das erste Glas Wasser schnell, das zweite schon ein wenig langsamer. Die Flüssigkeit tat ihr gut, aber allein die Vorstellung, bis zur Bushaltestelle noch einmal durch die Sonne laufen zu müssen, war ihr unangenehm. Anders würde es aber leider nicht gehen.

Sie leerten die Flasche schnell, und Oliver bestellte noch eine zweite.

„Bleib lieber noch ein bisschen sitzen, bevor wir zum Bus gehen“, riet er ihr.

„Bist du Arzt oder so was?“

„Nein, Schreiner. Aber was ein Hitzschlag ist, das weiß ich trotzdem. Ich denke, du hast keinen, sonst ginge es dir schlechter.“

„Wieso hast du überhaupt gemerkt, dass ich eingeschlafen bin? Ich meine, du kanntest mich überhaupt nicht.“

„Wir kennen uns vom Sehen, oder? Aus dem Hotel. Du hast ja auch nach meinen Kumpels gefragt.“

Saskia nickte.

„Ich habe hier schon sehr viele, sehr böse Sonnenbrände gesehen, und ich habe beobachtet, dass du lange geschwommen bist und dich dann zum Aufwärmen hingelegt hast.“

„So“, sagte Saskia verwundert, „du hast mich beobachtet.“

Er grinste sie nur an, ohne etwas zu erwidern.

Sie wurde nicht klug aus ihm. Es war angenehm, mit ihm im Schatten zu sitzen, Wasser zu trinken und zu reden. Aber sie musste nur daran denken, wie er sich aufführte, wenn er mit den anderen jungen Männern zusammen war, und schon verspürte sie das Bedürfnis, aufzuspringen und zu gehen.

„Du bist anders, als ich dachte“, sagte sie vorsichtig.

Seine blauen Augen richteten sich fragend auf sie, und zugleich wurde sein Blick wachsam, als drohte ihm Gefahr. Wäre er nicht so ein Großmaul gewesen, hätte sie sich vielleicht sogar für ihn interessieren können. Aber so …

„Was dachtest du denn, wie ich bin?“

„Na ja, wenn ihr in der Gruppe unterwegs seid, wird ja immer das große Wort geführt …“ Sie ließ den Satz in der Schwebe, allzu weit wollte sie sich nicht vorwagen.

„Wenn man nicht mitmacht, gilt man als Schwächling“, erklärte er nach einer Weile.

Sie wartete, doch er schien nicht die Absicht zu haben, sich noch weiter dazu zu äußern, und sie wollte nicht weiter fragen.

„Wollen wir jetzt gehen?“, erkundigte er sich, als sie auch die zweite Flasche Wasser geleert hatten.

„Ja, gern.“

Er ließ nicht zu, dass sie das Wasser bezahlte, und auf dem Weg zur Bushaltestelle trug er ihre Tasche, auch wenn sie das albern fand.

„Mir fehlt nichts, ich bin wieder völlig in Ordnung“, versicherte sie.

„Ich rate dir trotzdem, dich im Hotel für zwei Stunden ins Bett zu legen“, beharrte er. „Auch wenn du keinen Sonnenstich hast: Zu viel Sonne hast du auf jeden Fall abbekommen.“

Auf der Fahrt nach Maspalomas schwiegen sie beide. Saskia wusste bereits, dass sie seinen Rat befolgen würde, denn sie fühlte sich matt und schläfrig.

Das hätte böse ausgehen können, wenn er mich nicht geweckt hätte, dachte sie.

„Heute ist also auch dein letzter Abend“, sagte er, als sie in der Nähe des Hotels aus dem Bus stiegen.

„Ich hoffe, ich verschlafe ihn nicht“, erwiderte sie, wobei sie ein Gähnen unterdrückte.

„Das hoffe ich auch. Ich dachte, wir könnten zum Abschied an der Bar zusammen etwas trinken. Oder uns nur in der Bar treffen und woanders hingehen, wo wir in Ruhe reden können.“

Sein Vorschlag überraschte und freute sie. „In Ordnung. Nochmals vielen Dank, Oliver.“

Sie ließen sich an der Rezeption die Zimmerschlüssel geben und stiegen gemeinsam in den Aufzug. Im zweiten Stock verabschiedete sich Saskia, Oliver fuhr weiter nach oben.

Saskia ging direkt ins Badezimmer, um ihr Gesicht anzusehen. Erleichtert stellte sie fest, dass sie beinahe normal aussah. Sie wusch ihre Badesachen aus, bevor sie sich unter die Dusche stellte. Danach schlüpfte sie unter die Bettdecke und schlief innerhalb von Sekunden ein.

***

„Herr Kranich ist der letzte Patient für heute, Chef“, sagte Martha Giesecke. „Er hatte keinen Termin, aber er hat dringend gebeten, heute noch vorbeikommen zu dürfen.“

Dr. Stefan Frank hob den Kopf und sah seine langjährige Mitarbeiterin fragend an.

„Es geht ihm also schlechter?“, mutmaßte er.

„Er hatte ein unangenehmes Erlebnis, det macht ihm zu schaffen. Lassen Sie es sich von ihm selbst erzählen.“

„Ein Erlebnis, das in Zusammenhang mit damals steht?“

Martha Giesecke nickte und verschwand.

Stefan Frank seufzte. Helmut Kranich war ein Sorgenpatient, dabei war er bis vor fünf Jahren nie krank gewesen. Nach dem frühen Tod seiner Frau war er allein geblieben. Sein Sohn war in die USA gegangen, zu ihm hatte er guten Kontakt, auch wenn sie einander nicht häufig sehen konnten.

Helmut Kranich hatte sich mit Sport fit gehalten, seinen Freundeskreis gepflegt und war in mehreren Vereinen aktiv gewesen. Seinen Beruf als Buchhalter hatte er gerne ausgeübt.

So war es vorher gewesen. Vor jenem Tag vor fünf Jahren, als ihn eine Jugendgang angegriffen und schwer verletzt hatte.

„Herr Kranich, Chef“, sagte Martha Giesecke von der Tür her.

Helmut Kranich war jetzt neunundfünfzig Jahre alt. Stefan Frank hatte ihn nach dem Vorfall damals ein ganzes Jahr lang immer wieder krankschreiben müssen. Doch seitdem arbeitete er wieder, und nach allem, was man hörte, war er so zuverlässig wie zuvor – auch wenn er die Freude an der Arbeit verloren hatte.

Oder musste man sagen: die Freude am Leben?

Er war ein überschlanker, nicht sehr großer Mann mit braunen Haaren, in denen sich noch kaum graue Fäden zeigten. Die randlose Brille machte ihn ebenso älter wie seine langsamen Bewegungen und die tiefen Falten, die sich damals in sein Gesicht gegraben hatten.

„Guten Tag, Herr Dr. Frank“, grüßte er. Seine Stimme war überraschend tief und volltönend, sie schien nicht zu seinem schmalen Körper zu passen.

„Guten Tag, Herr Kranich. Bitte, nehmen Sie Platz.“

Der Patient setzte sich und kam direkt zur Sache. „Ich bin einem von denen begegnet, Herr Dr. Frank.“

„Von den Männern, die Sie damals überfallen haben?“

„Ja, dem Anführer. Ich habe ihn sofort erkannt, ich habe die ja eine Zeitlang täglich gesehen während der Verhandlung. Glauben Sie mir, ich würde jeden von ihnen wiedererkennen.“

„Es sind fünf Jahre vergangen, zwei von ihnen haben Jugendstrafen bekommen“, sagte Stefan nachdenklich. „Mittlerweile dürften alle wieder auf freiem Fuß sein. Waren die beiden Jüngsten überhaupt im Gefängnis?“

„Nein, die mussten Sozialdienst leisten und Geldstrafen zahlen. Aber mich stört nicht, dass die jetzt alle wieder frei herumlaufen. Was mich fertigmacht, ist etwas anderes …“

„Nämlich?“, fragte Stefan, als er nicht weitersprach.

„Er hat mich angesehen, und dann hat er sich einfach abgewandt. Ich weiß, dass er mich erkannt hat, ich habe ihn ja auch erkannt. Er hat mein Gesicht so wenig vergessen wie ich seins. Da war so ein Zucken in seinen Augen, bevor er sich weggedreht hat, daran habe ich gemerkt, dass er wusste, wer ich bin. Jetzt hat er also seine Strafe abgesessen, aber er ist immer noch nicht imstande, auf mich zuzugehen und zu sagen: ‚Es tut mir leid‘.“

Helmut Kranich schüttelte den Kopf.

„Das ist es, was mich fertigmacht“, setzte er hinzu, und seine Bassstimme zitterte. „Was sind das für Menschen, die einen anderen krankenhausreif prügeln und sich nicht einmal dafür entschuldigen können?“

„Herr Kranich“, sagte Stefan ruhig, „wenn Sie sich darüber Gedanken machen, werden Sie es nie schaffen, diese Geschichte von damals für sich abzuschließen. Diese Männer sind, wie sie sind. Auch wenn Sie es sich noch so sehr wünschen, Sie werden daran nichts ändern.“

„Ich weiß. Ich hatte sie auch schon weitgehend aus meinen Gedanken verdrängt, aber diese Begegnung hat alles wieder aufgewühlt. Bis an mein Lebensende werde ich mich fragen, wie es in deren Köpfen aussieht.“

„Diese Frage können Sie sich stellen, aber Sie dürfen nicht zulassen, dass sie weiterhin Ihr Leben beherrscht. Sie arbeiten wieder, Sie haben wieder mit dem Sport begonnen, Sie sind auch wieder in einem Verein aktiv. Sie wollen doch nicht zulassen, dass diese jungen Männer ein zweites Mal Macht über Ihr Leben bekommen, nur weil Sie einem von ihnen zufällig begegnet sind?“

„Natürlich will ich das nicht!“, rief sein Patient verzweifelt. „Wie könnte ich das wollen? Aber kennen Sie das nicht, dass etwas stärker ist als Sie, Herr Dr. Frank? Dass Sie einfach nicht dagegen ankommen?“

„Ich kenne solche Gefühle durchaus, aber man kann dagegen ankämpfen, Herr Kranich.“

Stefan hatte schon zahlreiche ähnliche Gespräche mit seinem Patienten geführt. Eine Zeitlang war Helmut Kranich in psychologischer Behandlung gewesen, die ihm gutgetan hatte, aber bestimmte Dinge kamen immer wieder hoch. Und wenn es dann einen Anlass gab, wie eben jetzt, dann war es besonders schlimm.

„Ich versuche es ja, das wissen Sie. Es hat mir schon gutgetan, mit Ihnen zu reden. Das beruhigt mich immer.“

„Ich frage mich“, sagte Stefan langsam, „ob es Ihnen jetzt vielleicht doch helfen würde, Ihre Erlebnisse und die Gedanken, die Sie sich heute dazu machen, aufzuschreiben. Ich weiß, dass Sie das unmittelbar nach der Tat abgelehnt haben, aber jetzt ist es vielleicht anders? Sie haben mir doch einmal erzählt, dass Sie früher gerne geschrieben haben, kurze Geschichten, auch Gedichte. Nun könnten Sie ihre eigenen Erlebnisse aufschreiben.“

„Das wühlt das Ganze natürlich noch einmal auf“, gab sein Patient zu bedenken.

„Ja, sicher“, räumte Stefan ein. „Aber zugleich würden Sie es auch verarbeiten, indem Sie versuchen, Ihre Gefühle in Worte zu fassen. Sie könnten sich beim Schreiben zum Beispiel vorstellen, dass Sie mir die Geschichte noch einmal erzählen.“

„Der Psychologe hat mich damals ja auch aufgefordert, aufzuschreiben, was ich erlebt habe. Ich wollte nichts davon wissen, das stimmt. Aber wenn ich jetzt darüber nachdenke, kommt es mir nicht mehr so abwegig vor.“

„Denken Sie darüber nach“, forderte Stefan ihn auf. „Es ist ja nur ein Vorschlag, weil ich nämlich denke, dass Sie allmählich andere Maßnahmen ergreifen müssen, um das Geschehene hinter sich lassen zu können. Ich meine damit nicht, dass Sie es vergessen sollen, das nicht. Aber Sie dürfen ihm nicht mehr so viel Platz in Ihrem Leben einräumen, und die Gespräche mit mir bringen Sie auf Dauer auch nicht weiter.“

Helmut Kranich erhob sich. „Ich werde es versuchen“, sagte er in entschlossenem Tonfall. „Ich setze mich zu Hause gleich hin und fange an. Ich schreibe mir alles von der Seele.“

„Tun Sie das. Aber wenn Sie das Bedürfnis haben, mit mir zu reden, Herr Kranich, dann sollten Sie trotzdem wieder vorbeikommen.“

„Ich wollte Sie eigentlich um ein neues Rezept für Schlaftabletten bitten. Aber wissen Sie was? Wir lassen das erst einmal, vielleicht schaffe ich es auch ohne.“

Als sich Helmut Kranich verabschiedet hatte, erschien Martha Giesecke wieder an der Sprechzimmertür.

„Was haben Sie denn mit ihm angestellt, Chef?“, erkundigte sie sich verwundert. „Er wirkte ja plötzlich wie ausgewechselt.“

„Ich habe ihm geraten, seine Geschichte aufzuschreiben. Ich wusste, dass er das damals, direkt nach dem Überfall, strikt abgelehnt hat. Aber jetzt fand er die Idee gut, er wollte gleich anfangen.“

„Sieh mal einer an“, murmelte Martha Giesecke.

Ihre junge Kollegin Marie-Luise Flanitzer tauchte neben ihr auf. Sie saß vorn am Empfang, war die freundliche Telefonstimme der Praxis und bediente außerdem den Computer. Sie verstand sich gut mit der deutlich älteren Martha, was für Stefan sehr angenehm war. Wenn man etwas nicht brauchte, dann waren es Streitigkeiten am Arbeitsplatz.

„Ich muss noch einkaufen“, sagte Marie-Luise. „Könnte ich gleich gehen? Aber dann müssten Sie allein aufräumen, Schwester Martha.“

„Macht nichts, ick habe heute nichts mehr vor“, lautete die Antwort, woraufhin Marie-Luise mit einem fröhlichen „Bis morgen!“ die Praxis verließ.

„Warum verschieben wir das Aufräumen nicht auf morgen früh, Schwester Martha, und Sie gönnen sich jetzt vielleicht einen Milchkaffee oder unternehmen etwas, was Ihnen Freude bereitet?“

Martha Giesecke schüttelte den Kopf. „Ick räume jetzt auf, sonst ärgere ick mich morgen früh bloß. Ick kann es nicht leiden, wenn ick morgens nachholen muss, was ick abends versäumt habe. Aber ick hätte eine Bitte an Sie, Chef: Würden Sie mich mit nach Schwabing nehmen, sobald Sie gegessen haben? Ick bin dort verabredet, und …“

„Was für eine Frage, natürlich nehme ich Sie mit!“, sagte Stefan. „Geben Sie mir eine Viertelstunde …“

„… auch eine halbe“, erklärte Martha, und Stefan stieg hinauf in seine Wohnung, um seinen Imbiss zu sich zu nehmen.

Ihm gehörte das Haus in der Gartenstraße von Grünwald, in dem er schon seit Langem lebte und arbeitete. Es war natürlich nicht ganz praktisch, dass er Belegbetten in der recht weit entfernten Waldner-Klinik in Schwabing hatte, aber das hing mit seinem Freund Ulrich Waldner zusammen.

Die beiden Männer hatten sich während des Studiums kennengelernt und waren bald Freunde geworden. Kurzfristig hatten sich ihre Wege getrennt: Ulrich war Chirurg geworden und später Klinikchef, Stefan hatte sich für Allgemeinmedizin und Geburtshilfe entschieden und seine Praxis in Grünwald eröffnet.

Doch nach einigen Jahren hatten sie festgestellt, wie gern sie zusammenarbeiten würden, und so hatte sich Stefan für die Belegbetten in der Waldner-Klinik entschieden. Tag für Tag nahm er den Weg von Grünwald nach Schwabing und zurück auf sich, um seine stationär aufgenommenen Patienten zu besuchen.

„Sie sind meine Patienten, können zurzeit aber nicht in die Praxis kommen, also fahre ich zu ihnen“, pflegte er zu sagen, wenn sich jemand darüber wunderte.

Dass jüngere Kollegen dafür nur ein Kopfschütteln übrighatten, kümmerte ihn nicht. Er war eben, so sagte er es selbst, in manchen Dingen altmodisch, und das würde er auch bleiben.

***

Als Stefan Frank wieder nach unten kam, war Martha Giesecke mit dem Aufräumen fertig, sodass sie sich gleich auf den Weg machen konnten. Er setzte sie mitten in Schwabing ab und fuhr weiter zur Klinik, die in unmittelbarer Nachbarschaft zum Englischen Garten erbaut worden war.

Zuerst besuchte er seine Patienten, was an diesem Tag nicht viel Zeit in Anspruch nahm, da es nur drei waren und es allen dreien gut ging. Danach machte er sich auf den Weg zum Chefbüro.

Diese täglichen Treffen mit seinem Freund Ulrich waren für beide Männer eine liebe Gewohnheit geworden. Meistens tranken sie einen Kaffee und redeten über alles, was gerade anstand. Manchmal blieb Stefan auch, um mit Ulrich und seiner Frau Ruth gemeinsam zu essen.

Ruth arbeitete als Anästhesistin in der Klinik. Ulrich und sie bewohnten das Penthaus über der Klinik, eine großzügige, schöne Wohnung mit Dachterrasse und Blick auf den Englischen Garten. Die Freunde hatten dort schon so manchen schönen Abend verbracht.

Seit einiger Zeit waren sie dabei oft zu viert, Stefans Freundin Alexandra Schubert gehörte jetzt dazu. Sie war Augenärztin und hatte, wie Ruth es einmal genannt hatte, „ordentlich frischen Wind“ in Stefans Leben gebracht. Er musste sich immer noch gelegentlich kneifen, um sich zu vergewissern, dass er nicht träumte und dieser glückliche Mann mit der attraktiven, um einiges jüngeren Frau an seiner Seite tatsächlich er selbst war.

Ulrich sprang auf, als Stefan sein Büro betrat.

„Du bist schon da!“, rief er. „Das ist ja schön. Hör mal, lass uns ein paar Schritte gehen, ja? Ich werde verrückt, wenn ich noch länger am Schreibtisch sitze. Wir könnten im Englischen Garten einen Kaffee trinken. Das Wetter ist zwar nicht schön, aber ich möchte trotzdem raus aus diesem Büro.“

Stefan war sofort einverstanden, und so verließen sie die Klinik wieder, bereits in ein lebhaftes Gespräch über eine kniffelige medizinische Frage vertieft.

„Erinnerst du dich an Helmut Kranich?“, fragte Stefan, als sie – trotz des trüben Wetters – auf der Terrasse eines Cafés saßen.

Im ersten Moment schien der Name seinem Freund nichts zu sagen, dann jedoch fiel ihm die Geschichte wieder ein.

„Der Mann, der damals überfallen und so böse zusammengeschlagen wurde!“, rief er.

„Genau der. Du weißt ja, dass er mein Patient ist. Er war heute wieder einmal da, er hatte den Haupttäter von damals auf der Straße gesehen, und das hat ihn sofort wieder in helle Aufregung versetzt.“

„Was ja nur zu verständlich ist. Hat der Mann ihn erkannt?“

„Offenbar, aber er hat es nicht zu erkennen gegeben.“

„Wahrscheinlich will er den Überfall ebenso dringend vergessen wie dein Patient“, vermutete Ulrich.

Im ersten Moment war Stefan überrascht, dann jedoch nickte er.

„Ja, wahrscheinlich, so habe ich das noch gar nicht gesehen. Dass er sich weggedreht und nichts gesagt hat, heißt ja noch nicht, dass ihm nicht leidtut, was er damals getan hat.“

„So sieht es Herr Kranich?“

„Ja, und er sucht immer noch nach Gründen für die Tat. Ganz am Anfang war er sogar der Ansicht, sie hätte etwas mit ihm zu tun. Es hat lange gedauert, bis er glauben konnte, dass er ein rein zufälliges Opfer war: zur falschen Zeit am falschen Ort. Diese jungen Männer ahnen nicht einmal, wie sehr es ihm helfen würde, wenn sie zu ihm gingen und ihm sagten, dass sie bedauern, was sie getan haben.“

„Vielleicht bedauern sie es aber gar nicht. Oder es tut ihnen nur leid, weil sie erwischt worden sind. Es gibt ja solche Menschen, die zu Mitgefühl nicht fähig sind.“

Stefan seufzte. „Lass uns von etwas anderem reden, dieses Thema deprimiert mich nur.“

„Dann reden wir über Kino“, sagte Ulrich lächelnd. „Ruth will unbedingt ins Kino, aber leider habe ich vergessen, in welchen Film. Er soll großartig sein, wenn auch schwere Kost.“

„Weißt du wenigstens, worum es geht?“

Ulrich schüttelte schuldbewusst den Kopf. „Auch vergessen“, gestand er. „Du weißt, ich gehe gern mit, aber ich habe für Filme einfach kein Gedächtnis.“

Stefan zog ihn noch ein wenig auf, dann zahlten sie und kehrten zur Klinik zurück.

***

„Was ist los mit dir, Olli?“, rief Manuel. „Willst du dich den ganzen Abend an einem Bier festhalten? Überhaupt, du bist so still! Hat dir die Sonne den Verstand weggebrannt?“

Die anderen lachten: Rocco, Fritz und Timo, die Clique, der Oliver sich schon auf dem Flug nach Gran Canaria angeschlossen hatte. Eine typische Männerclique, dachte er nicht zum ersten Mal. Ständig wurden Sprüche geklopft und Frauen angemacht. Es wurde zu viel getrunken und geraucht, und immer waren sie zu laut, wie man an den Reaktionen der anderen Urlauber merken konnte.

Aber sie kümmerten sich nicht darum. Sie waren hier, um ihren Spaß zu haben, und den würden sie sich von niemandem verderben lassen.

Oliver war einerseits froh, dass sie ihn gleich in ihrer Mitte aufgenommen hatten, obwohl sie alle einige Jahre älter waren als er. Andererseits strengte es ihn zunehmend an, sich so zu verhalten, wie es von ihm erwartet wurde. Aber wenn man nicht allein bleiben und abseits stehen wollte, musste man mitmachen, ob es einem passte oder nicht.

Er konnte das gut: das große Wort führen, die anderen zum Lachen bringen, für Stimmung sorgen. Wenn er richtig aufdrehte, lagen alle vor Lachen unter den Tischen. Er hatte gelernt, dass er auf diese Weise am besten durchkam. Nur niemanden merken lassen, wie es in einem aussah und dass man eigentlich die leisen Töne bevorzugte …

„Alles in Ordnung“, sagte er mit kräftiger Stimme und leerte sein Bierglas in einem Zug. „Noch eins!“, rief er dem Kellner zu.

Hier verstand man überall Deutsch, neben Engländern und Skandinaviern bildeten die Deutschen die größte Gruppe ausländischer Touristen. Staunend hatte Oliver zur Kenntnis genommen, dass es in Playa del Inglés sogar eine Kneipe gab, die „Alt Düsseldorf“ hieß.

„Na, endlich kommst du auf Touren!“, rief Rocco, der bereits ziemlich angetrunken war.

Er hatte es auf eine Blondine mit üppigem Busen abgesehen, die immer wieder zu ihnen herübersah. Was das betraf, war der Urlaub für seine Freunde ein voller Erfolg gewesen: Hier herrschte kein Mangel an willigen Frauen.

Oliver dagegen brüstete sich ständig mit Erlebnissen, die er gar nicht gehabt hatte. Aber das wussten die anderen nicht, und er würde es ihnen auch nicht auf die Nase binden.

Frauen gegenüber war er gehemmt, an schnellen Sexabenteuern lag ihm nichts. Wurde es aber ernst, dann wollten Frauen immer gleich die ganze Lebensgeschichte von einem wissen, und Oliver wollte sie nicht erzählen. Also hatte er keine Freundin und suchte auch keine.

Saskia – die Frau, die er heute vor einem Sonnenstich bewahrt hatte – hätte er gern näher kennengelernt. Aber auch sie würde irgendwann anfangen, Fragen zu stellen, die er nicht beantworten wollte, also ließ er es lieber gleich sein.

Oliver fragte sich, ob sie noch auftauchen würde. Eigentlich waren sie ja verabredet, aber er war nicht sicher, ob sie die Verabredung als verbindlich angesehen hatte. Er hielt schon seit einiger Zeit Ausschau nach ihr, aber vermutlich kam sie nicht mehr.

Ihm war es recht, er hätte sich von den anderen nur wieder dumme Sprüche anhören müssen. Und er wollte natürlich auch nicht, dass sie diese Sprüche hörte.

„Wie war denn deine letzte Nacht, Olli?“, wollte Timo wissen, als sie alle frische Getränke vor sich stehen hatten.

Wie von selbst kamen die Worte aus seinem Mund. Ja, das konnte er gut: von Dingen erzählen, die gar nicht stattgefunden hatten, wenn er dafür dankbares Gelächter erntete und keine Fragen beantworten musste, die ihm zu nahegingen.

„Super“, sagte er. „So eine kleine Dunkelhaarige mit tollen Kurven. Ich kann euch sagen, die war vielleicht heiß …“

Er merkte irgendwann selbst, dass die Frau, die er beschrieb, auffällige Ähnlichkeit mit Saskia hatte, aber das war ja nun auch schon gleichgültig. Namen nannte er nie, also bewegte er sich auf sicherem Terrain.

„Ich möchte nur mal wissen, wo du die Frauen immer aufreißt und wie du die immer so elegant wieder loswirst“, sagte Fritz. „Ich habe jeden Morgen Schwierigkeiten, denen klarzumachen, dass ich mich jetzt nicht für den ganzen Urlaub festlegen will …“

„Ja, genau!“, rief Timo. „Das ist das Hauptproblem.“

Manuel und Rocco stimmten zu.

„Also, wie machst du das?“, wollte Rocco von Oliver wissen.

„Ich mache das immer sofort klar“, behauptete Oliver. „Sie glauben das dann zwar nicht und denken, mit ihnen wird alles anders sein als mit den anderen Frauen, aber das ist ja ihr Problem, nicht meins. Außerdem nehme ich keine Frau mit zu mir aufs Zimmer, wir gehen immer zu ihr, und morgens früh haue ich ab. Meistens klappt das, ohne dass die Frau aufwacht. Und wenn nicht, gibt es ein paar Tränen, mehr nicht.“

„Noch so jung, aber schon mit allen Wassern gewaschen“, sagte Rocco bewundernd. „Bist du wirklich erst zweiundzwanzig?“

Oliver nickte. Er wusste, dass er älter aussah. Manchmal behauptete er auch, fünfundzwanzig zu sein, und bis jetzt war ihm das immer abgenommen worden.

Verstohlen sah er sich um, aber Saskia war noch immer nicht zu sehen. Einesteils war er froh darüber, so konnte er weiter seine Rolle spielen.

Andererseits war er auch enttäuscht, und das verunsicherte ihn über die Maßen. Es erschreckte ihn sogar, als er sich eingestehen musste, dass er sie gern wiedergesehen hätte.

***

Saskia hatte den ganzen Nachmittag verschlafen. Ein Blick in den Spiegel sagte ihr, dass alles gut gegangen war. Sie hatte nicht einmal einen Sonnenbrand abbekommen von ihrem unfreiwilligen Schläfchen am Strand, und sie fühlte sich wieder wohl. Der Schlaf hatte ihr gutgetan.

Sie duschte erneut, föhnte ihre Haare trocken, bis sie in Wellen auf ihre Schultern fielen, zog ihr neues Kleid mit den Spaghettiträgern an und verließ das Hotel, um in der Nähe etwas zu essen. Wenn sie sich später mit Oliver traf, brauchte sie eine gute Grundlage.

Sie ging in das kleine Restaurant direkt am Strand, in dem sie schon öfter gewesen war und wo man sie mittlerweile kannte. Die Kellner grüßten freundlich, sie bekam den Tisch, an dem sie am liebsten saß, und sie wurde äußerst zuvorkommend bedient.

Es machte ihr nichts aus, allein zu essen, aber an diesem Abend bekam sie Gesellschaft. Die alte Dame, die das Zimmer neben ihr bewohnte, blieb an ihrem Tisch stehen.

„Ach, Sie sind auch allein!“, stellte sie fest. „Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich mich zu Ihnen setzte?“

„Aber nein, gar nicht“, antwortete Saskia.

Sie hatten schon öfter miteinander gesprochen, denn auch die alte Dame zog morgens ihre Bahnen im Swimmingpool des Hotels, bevor die übrigen Gäste auftauchten. Saskia empfand ihre Gesellschaft als angenehm. Sie hieß Elfriede Kromann. Es war sehr leicht, mit ihr ins Gespräch zu kommen.

„Sie reisen morgen schon wieder ab? Wie schade!“

„Ich war zwei Wochen hier, und meine Kollegen in der Buchhandlung vermissen mich sehr“, erzählte Saskia. „Sie haben mir ein paar Mal Nachrichten geschickt, dass ziemlich viel los ist. Das Wetter ist ja so schlecht zu Hause, und an verregneten Tagen sehen die Leute entweder fern, oder sie lesen. Im Augenblick lesen sie offenbar.“

„Ich bleibe noch zwei Wochen“, erwiderte die alte Dame. „Schade, Sie waren eine sehr angenehme Zimmernachbarin, und unsere kleinen Plaudereien morgens werden mir auch fehlen.“

„Vielleicht zieht jemand ein, mit dem Sie sich auch gut unterhalten können“, tröstete Saskia.

„Ach, die meisten jungen Leute sind an Menschen in meinem Alter nicht interessiert, viele sehen mich überhaupt nicht.“ Elfriede Kromann lächelte ironisch. „Aber so ist das, man darf darüber nicht klagen. Haben Sie hier gar keinen Anschluss gefunden? Ich frage, weil Sie allein essen.“

„Ich habe keinen Anschluss gesucht“, antwortete Saskia. „Mir macht es nichts aus, allein zu sein. Ich wollte hier viel Sport machen und mir auch die Insel ansehen. Beides habe ich getan. Ich hatte mir an zwei Tagen ein Auto gemietet und bin über die ganze Insel gefahren. Am besten hat es mir in den Bergen und in Las Palmas gefallen. Kennen Sie die Stadt?“

Die Augen der alten Dame funkelten. „Aber ja, ich bin mit dem Bus hingefahren, das ist ja hier kein Problem. Die Altstadt, die Kathedrale, die Markthalle … Ich werde vermutlich noch einmal hinfahren, ein Tag war zu wenig. Und in die Berge will ich auch noch.“

„Unbedingt zu empfehlen“, sagte Saskia. „Waren Sie schon öfter hier, oder ist es Ihr erster Aufenthalt auf der Insel?“

„Mein erster, aber es gefällt mir sehr gut, trotz der vielen Leute. Das Klima ist angenehm, es tut meinen alten Knochen gut. Was machen Sie denn heute Abend? Feiern Sie ein wenig Abschied?“

„Ja, ich bin mit jemandem verabredet, an der Bar im Hotel.“ Saskia erzählte von ihrem Erlebnis am Strand.

„Das war aber sehr umsichtig von dem jungen Mann“, fand Elfriede Kromann.

„Ja, und es war mein Glück, das hätte böse ausgehen können. Einen Sonnenstich braucht wirklich kein Mensch.“

„Und das war ein junger Mann aus unserem Hotel?“

„Ja, einer von der Clique, die wir beide nicht leiden können“, berichtete Saskia. Auch darüber hatten sie sich nämlich morgens am Pool schon unterhalten.

„Tatsächlich? Ich hätte gar nicht gedacht, dass da einer dabei ist, der so viel Verstand hat, eine junge Frau vor einem Sonnenstich zu bewahren. Welcher war es denn?“

„Der Dunkelhaarige mit den blauen Augen. Oliver heißt er.“

„Ach, ich weiß, wen Sie meinen. Er sieht am besten von allen aus, aber wenn er das große Wort führt …“

Saskia nickte. „Ja, ich weiß, einfach furchtbar. Aber als wir beide allein waren, war er ganz anders. Ich habe ihn kaum wiedererkannt.“ Sie lachte. „Ich habe bei mir gedacht, dass er ein Mensch mit zwei Gesichtern sein muss, so anders war er plötzlich.“

„Merkwürdig, dass Männer oft meinen, sie müssten sich produzieren, um andere zu beeindrucken. Dabei wirken sie oft abschreckend, wenn sie sich so verhalten, aber das hat ihnen wahrscheinlich noch niemand gesagt.“

„Es gibt ja auch Frauen, denen so etwas gefällt“, gab Saskia zu bedenken. „Ich merke das immer an den Reaktionen. Das wirkt nicht auf alle abschreckend, im Gegenteil.“

„Da haben Sie wohl recht.“

Sie unterhielten sich während des gesamten Essens lebhaft.

„Wollen wir noch etwas laufen, bevor wir ins Hotel zurückkehren?“, fragte Saskia danach. „Die Luft ist so schön, ich muss das ausnutzen. Wer weiß, wie es in den nächsten Tagen zu Hause in München sein wird.“

„Gerne, wenn Sie noch nicht zu Ihrer Verabredung müssen?“

„Das hat Zeit, wir haben auch gar keine Uhrzeit ausgemacht. Ich fände es schön, noch etwas mit Ihnen zu laufen.“

Die alte Dame freute sich sichtlich über diese Worte, und so liefen sie noch ein Stück am Strand entlang, wo wegen des schönen Wetters noch immer sehr viele Leute unterwegs waren. Elfriede Kromann fragte, ob sie sich bei Saskia einhängen dürfe, was diese natürlich bejahte. Sie liefen ein ganzes Stück Richtung Playa del Inglés, bevor sie umkehrten und zum Hotel zurückgingen.

„Ich wünsche Ihnen einen schönen letzten Abend, Saskia. Sehen wir uns morgen früh noch mal am Pool?“

„Auf jeden Fall! Mein Flug geht ja erst um fünfzehn Uhr, ich habe also jede Menge Zeit.“

„Dann also bis morgen, und viel Vergnügen heute Abend noch!“

Saskia wartete, bis der Aufzug die alte Dame nach oben entführt hatte, dann durchquerte sie die große Eingangshalle des Hotels und betrat die Terrasse, von der aus man das Meer sehen konnte.

Sie hörte Oliver schon von weitem. Die Bar war draußen, in Poolnähe, was nicht ganz ungefährlich war, denn es kam vor, dass Betrunkene ins Wasser fielen und herausgefischt werden mussten. Allerdings waren die Bediensteten ziemlich auf der Höhe: Meistens konnten sie derartige Stürze verhindern, weil sie sie kommen sahen.

Oliver saß mit seinen Freunden an einem Tisch in der Nähe der Bar. Sie sah ihn nur von hinten, aber sie verstand jedes Wort, das er sprach.

„Na ja, sie war eine richtige Granate, das muss ich schon sagen. Die Beste von allen in diesem Urlaub, und so scharf, dass ich irgendwann gefragt habe, ob sie mich fertigmachen will. Sie konnte einfach nicht genug kriegen …“

„Sag bloß, du hast irgendwann schlappgemacht?“, rief einer, während die anderen wieherten.

„Willst du mich beleidigen? Ich habe noch nie schlappgemacht!“

Saskia war stehen geblieben. Darauf hatte sie nun wirklich keine Lust! Nach den Gläsern auf dem Tisch zu urteilen, trank er mit seinen Freunden schon eine ganze Weile. So nett er auch am Strand zu ihr gewesen war, dieses hier war offenbar sein wahres Gesicht, und das gefiel ihr nicht.

Sie drehte sich auf dem Absatz um und ging.

***

Stefan kehrte relativ spät nach Grünwald zurück. Eine seiner Patientinnen in der Waldner-Klinik hatte Zuspruch gebraucht, und er hatte es nicht übers Herz gebracht, sie bereits nach wenigen Minuten wieder zu verlassen.

Claudia Münter war eine junge, alleinerziehende Mutter, die sich am Blinddarm hatte operieren lassen müssen. Es war eine Operation in letzter Minute gewesen, von der sie sich nur langsam erholte. Nun machte sie sich Sorgen um ihren kleinen Sohn, der während ihres Klinikaufenthalts von ihrer Mutter betreut wurde, mit der sie sich überhaupt nicht verstand.

„Sie wird mir das noch jahrelang vorhalten, dass sie eingesprungen ist, obwohl sie andere Pläne hatte, Herr Dr. Frank. Sie wollte mit einer Freundin in Urlaub fahren, den hat sie abgesagt, damit sie auf Lukas aufpassen kann. Aber das verzeiht sie mir nicht, ich weiß das.“

Stefan ahnte, dass sie nicht unrecht hatte mit ihren Befürchtungen. Er hatte die Mutter seiner Patientin einmal getroffen und war entsetzt gewesen über den lieblosen Tonfall, in dem sie mit ihrer Tochter gesprochen hatte.

„Es ist ja nicht mehr für lange, Frau Münter“, hatte er deshalb tröstend gemeint.

„Hoffentlich ist sie wenigstens nett zu Lukas“, hatte die junge Frau gemurmelt. „Er ist ein Junge, der leicht aus dem Gleichgewicht zu bringen ist, seit sein Papa uns verlassen hat. Es war aber auch Pech, dass meine Freundin ausgerechnet jetzt selbst krank ist und nicht einspringen konnte.“

Stefan hatte sein Bestes getan, um ihr Mut zu machen, und es schien ihm gelungen zu sein. Als er sich schließlich von ihr verabschiedete, hatte sie ihm vielmals gedankt und seine Hand lange festgehalten.

Die Rückfahrt nach Grünwald verlief überraschend problemlos, was vermutlich an der vorgerückten Stunde lag. Es passierte ihm oft genug, dass er im Stau stand, aber davon konnte an diesem Abend keine Rede sein.

Er war froh darüber, dass er nicht mit Alexandra verabredet war, die in einer hübschen Wohnung in der Nähe seines Hauses wohnte, denn er hätte ihr wieder einmal sagen müssen, dass er sich verspäten würde. Das war besonders ärgerlich, wenn sie angekündigt hatte, für sie beide zu kochen. Doch zum Glück nahm sie die Anrufe, mit denen er den geplanten Ablauf eines Abends über den Haufen warf, in der Regel überraschend locker.

Als er an dem Haus vorbeifuhr, in dem sie wohnte, sah er Licht bei ihr, dabei hatte sie ihm gesagt, sie werde abends zu einem Vortrag gehen, der sie interessierte: Sie war Augenärztin und sehr daran interessiert, sich weiterzubilden.

Kurz entschlossen stellte er den Wagen in der Einfahrt seines Hauses ab und lief zu ihrer Wohnung hinüber, um sie wenigstens kurz in die Arme zu schließen.

Vorsichtshalber klingelte er, bevor er die Wohnungstür aufschloss. Zu seiner Überraschung kam sie jedoch nicht, wie sonst in vergleichbaren Fällen, auf ihn zu, um in seine Arme zu fliegen und ihn stürmisch zu küssen. Hatte sie vielleicht einfach nur vergessen, das Licht auszumachen, als sie zu dem Vortrag gegangen war?

„Alexa?“, rief er.

Ein unbestimmbares Geräusch antwortete ihm, irgendwo aus der Tiefe der Wohnung. Er warf einen Blick ins Wohnzimmer: Es war leer. Ebenso Küche und Bad.

Als er zum Schlafzimmer kam, sah er, dass Alexandra im Bett lag, mit tränenden Augen und einem Schweißfilm im Gesicht.

„Komm mir nicht zu nahe“, krächzte sie.

Ohne sich um ihre Worte zu kümmern, trat er näher und griff nach ihrem Handgelenk.

„Wieso hast du mich nicht angerufen?“, fragte er. „Ich bin dein Hausarzt, schon vergessen?“

„Es hat heute Mittag erst angefangen, und ich dachte, es geht schnell wieder weg, wenn ich mich ins Bett lege. Aber …“ Ein Hustenanfall unterbrach ihre Worte.

Stefan eilte in die Küche und setzte Wasser für einen Hustentee auf, von dem er wusste, dass sie ihn im Haus hatte. Dann kehrte er zu ihr zurück.

„Tut mir leid“, sagte sie kläglich.

„Du hast mindestens eine fiebrige Erkältung, wenn nicht Schlimmeres“, sagte er streng. „Weiß Frau Braun, dass du morgen nicht arbeiten kannst?“

„Nein“, murmelte Alexandra, „das wusste ich bis eben ja auch noch nicht.“

Er warf ihr einen ungläubigen Blick zu. „Alexa, du wirst doch nicht angenommen haben, dass du in diesem Zustand Patienten behandeln kannst! Abgesehen davon, dass es für dich selbst schlecht wäre, würdest du auch andere anstecken.“

Er hörte, dass das Teewasser kochte.

„Rühr dich nicht vom Fleck!“, befahl er, bevor er das Schlafzimmer verließ, um den Tee aufzubrühen.

Als er das getan hatte, warf er einen Blick in den Kühlschrank und entdeckte ein halbes Huhn. Hühnerbrühe war genau das, was Alexandra jetzt brauchte, dachte er, und so setzte er das Huhn mit Wasser auf. Er fand auch noch Gemüse, das er hinzufügen konnte, um der Brühe mehr Geschmack zu verleihen.

Zwischendurch brachte er Alexandra den Tee. „Trink ihn langsam, in kleinen Schlucken, bitte. Ich koche dir jetzt eine Hühnerbrühe. Wann hast du zuletzt etwas gegessen?“

Sie sah ihn mit glasigen Augen an. „Irgendwann heute Vormittag“, murmelte sie, „aber ich habe überhaupt keinen Hunger.“

„Trotzdem wirst du etwas zu dir nehmen, ein bisschen Brühe mit Einlage. Du wirst sehen, danach geht es dir gleich besser.“

„Aber … wie spät ist es denn?“

„Spät“, antwortete Stefan ungerührt. „Trink deinen Tee und schlaf ein bisschen. Ich gehe jetzt in die Küche und warte, bis das Wasser kocht, dann rufe ich Frau Braun an.“

Alexandra nickte nur, nippte vorsichtig an dem Tee und schloss die Augen.

Stefan kehrte in die Küche zurück. Als das Wasser kochte, schaltete er den Herd herunter und rief Helene Braun an.

„Braun“, meldete sie sich.

„Frau Braun, hier ist Stefan Frank.“

„Herr Frank! Wenn Sie anrufen, kann es nur um Alexa gehen. Ich habe mir heute Mittag schon gedacht, dass sie ein paar Tage im Bett bleiben muss.“

„Ich fürchte, so ist es. Sie hat Fieber und kann kaum aus den Augen gucken. Tut mir leid, dass Sie es erst so spät erfahren, aber sie hat allen Ernstes vorgehabt, morgen in die Praxis zu kommen.“

„Bloß nicht, sie steckt uns doch nur alle an!“

„Das habe ich ihr auch gesagt, aber Sie kennen sie ja.“

„Ja, ich kenne sie.“ Helene Brauns Stimme war voller Wärme, als sie das sagte, und das freute Stefan.

Die beiden so ungleichen Frauen hatten sich tatsächlich gesucht und gefunden, dachte er einmal mehr. Vom ersten Tag an hatten sie sich gut verstanden, ihre Zusammenarbeit funktionierte reibungslos.

„Wünschen Sie ihr von mir gute Besserung, und sie soll sich auf jeden Fall richtig auskurieren. Ihre dringenden Fälle übernehme ich, die anderen Patienten werden wir vertrösten.“

„Danke, Frau Braun, ich melde mich wieder, wenn es ihr besser geht. Sie selbst ist im Augenblick nicht einmal fähig zu telefonieren.“

„Die Ärmste“, sagte Helene Braun mitleidig.

Nach dem Gespräch sah Stefan zuerst nach der Hühnerbrühe, die bereits einen kräftigen Duft verbreitete, dann ging er ins Schlafzimmer. Alexandra hatte den Tee getrunken, ihre Augen waren geschlossen, sie schlief jedoch nicht.

„Was hat sie gesagt?“, murmelte sie, ohne die Augen zu öffnen.

„Gute Besserung, und du sollst es ja nicht wagen, in die Praxis zu kommen und alle anzustecken, sondern dich richtig auskurieren.“

„Mhm“, machte Alexandra. „Deine Suppe riecht gut. Vielleicht habe ich doch ein bisschen Hunger.“

„Etwas musst du dich noch gedulden. Ich gehe jetzt schnell zu meinem Wagen und hole meine Arzttasche, ich will dich richtig untersuchen. Außerdem gebe ich dir etwas, damit du schlafen kannst. Warte, ich nehme dir das Kissen aus dem Rücken, dann kannst du dich richtig hinlegen.“

„Mhm“, machte Alexandra wieder.

Er zog das Kissen weg. Sie rutschte nach unten und rollte sich auf einer Seite zusammen, er deckte sie liebevoll zu.

Als er mit der Arzttasche zurückkehrte, schlief sie fest.

Als das Fleisch gar war, nahm er es aus der Brühe, löste es vom Knochen und schnitt es in mundgerechte kleine Stücke. Das ausgekochte Gemüse holte er aus der Brühe, gab frisches hinein und ließ es garziehen. Dann gab er das Fleisch dazu, würzte noch etwas nach und schaltete den Herd aus.

„Alexa“, sagte er und berührte sie behutsam am Arm. „Die Suppe ist fertig.“

Sie war sofort wach und drehte sich zu ihm um.

„Ich bin so froh, dass du da bist, Stefan“, sagte sie. „Ehrlich, vorhin, als ich allein war … Das war nicht schön.“

„Du hättest mich gleich anrufen sollen!“

„Du hast doch sowieso immer so viel zu tun, da brauchst du nicht auch noch eine kranke Freundin …“

Er stopfte ihr das Kissen wieder in den Rücken.

„Rede nicht so einen Unsinn!“, sagte er mit gespielter Strenge.

Er half ihr, die Suppe zu essen, und sah erfreut, dass sie mit Appetit aß. Sie verlangte sogar noch einen zweiten Teller.

Danach wollte sie ins Bad. „Ich muss zur Toilette, und ich würde gern duschen, ich klebe am ganzen Körper.“

„Schaffst du das allein?“

„Ja, klar.“

Er half ihr dann aber doch beim Abtrocknen und suchte ihr auch einen frischen Schlafanzug heraus. Sie seufzte erleichtert, als sie wieder im Bett lag.

Stefan untersuchte sie gründlich.

„Du hast ziemlich hohes Fieber und eine böse Halsentzündung“, stellte er fest. „Hier, nimm das. Danach wirst du schlafen, und morgen sehen wir weiter. Ich schlafe im Wohnzimmer auf dem Sofa.“

„Aber …“

„Keine Widerrede.“

Sie schluckte die Tabletten, die er ihr gab, und rollte sich wieder zusammen.

Stefan öffnete das Fenster, um frische Luft hereinzulassen.

„Ich sehe später noch einmal nach dir, schlaf gut.“

Sie murmelte etwas, was er nicht verstand, und er ging leise hinaus. Die Tür ließ er einen Spaltbreit offen, damit er hören konnte, wenn sie nach ihm rief.

Er räumte in der Küche auf, aß selbst zwei Teller von der Hühnersuppe und stellte den Rest kalt. Dann bereitete er sein Nachtlager auf dem Sofa, auf dem er bis jetzt noch nie geschlafen hatte. Bevor er sich hinlegte, warf er noch einen Blick ins Schlafzimmer, aber Alexandra schlief so fest, dass sie nichts davon bemerkte.

Sie schlief, so hoffte er, ihrer baldigen Genesung entgegen.

***

„Da sind Sie ja, Saskia“, sagte Elfriede Kromann am folgenden Morgen, als Saskia in den Hotelpool stieg. „Ich hatte schon befürchtet, sie kämen vielleicht doch nicht. Wie war Ihr Abend?“

„Ich habe ihn allein in meinem Zimmer verbracht.“ Saskia verzog das Gesicht, dann beschrieb sie der alten Dame die Szene an der Bar, die sie veranlasst hatte, sich umgehend wieder zurückzuziehen.

„Ach, wie schade! Also ist der junge Mann wohl doch nicht so nett, wie Sie dachten.“

„Sieht so aus. Ehrlich gesagt, ich war ziemlich enttäuscht. Diese Angeberei mit seinen Eroberungen! Ich finde es unmöglich, wenn sich Männer mit ihren Sexabenteuern brüsten. Das ist so … billig!“

Elfriede Kromann stimmte ihr zu, und damit war ihr Gespräch erst einmal beendet. Saskia kraulte jetzt los, sie schwamm mindestens tausend Meter, während die alte Dame weiter gemächlich ihre Bahnen zog.

„Sind Sie schon fertig?“, fragte sie, als Saskia wieder neben ihr auftauchte. „Mir kommt es so vor, als wären Sie mit jedem Tag schneller geworden.“

Saskia lachte. „Das ist ja der Sinn der Sache! Ich muss mich steigern, sonst fangen meine Muskeln an, sich zu langweilen.“

Sie blieb noch für ein paar Bahnen an der Seite ihrer Zimmernachbarin, dann sagte sie:

„Zeit für mich, zu gehen, Frau Kromann. Wenn Sie in München mal auf der Suche nach einem Buch sind, kommen Sie zu mir in die Buchhandlung. Sie wissen ja: in Schwabing …“

„Ich habe mir die Adresse aufgeschrieben, und ich komme ganz bestimmt mal vorbei“, versprach die alte Dame.

Saskia winkte ihr noch einmal zu und kehrte dann ins Hotel zurück. Oben im Zimmer duschte sie, trocknete sich ab und beschloss, zuerst zu frühstücken und erst dann den Koffer zu packen. Um diese Zeit standen ihre Chancen, Oliver und seinen Freunden nicht über den Weg zu laufen, recht gut: Die Männer frühstückten immer deutlich später.

Im Frühstückssaal und auf der weitläufigen Terrasse, die sich davor erstreckte, sah sie sich rasch um, konnte jedoch keinen der jungen Männer entdecken. Aufatmend suchte sie sich am Büfett zusammen, was sie gern essen wollte, und nahm draußen auf der Terrasse Platz – sie wollte ihre letzte Mahlzeit mit Blick aufs Meer einnehmen. Aber sie merkte bald, dass ihr die Ruhe fehlte, und so frühstückte sie weniger ausgedehnt als geplant.

Zurück auf ihrem Zimmer packte sie ihren Koffer, was schnell ging, denn sie hatte sich auf das Nötigste beschränkt, um mit leichtem Gepäck zu reisen. Dann stellte sie den Koffer in einem Raum neben der Rezeption unter. Da sie noch über zwei Stunden Zeit hatte, bis der Bus kam, der sie zum Flughafen bringen würde, verließ sie das Hotel in Richtung Strand.

Ein letzter Spaziergang am Saum des Meeres, das an ihren Füßen leckte, ein letztes Mal die Sonne auf der Haut, ein letztes Mal der Geruch von Salz und Algen in der Luft … das alles würde ihr fehlen. Trotzdem freute sie sich auf München, ihre Freundin Claudia, die Buchhandlung und vor allem auf die leselustigen Leute, die sie so gern beriet.

Ob Herr Kranich in den zwei Wochen ihrer Abwesenheit da gewesen war? Bestimmt, er kam eigentlich jede Woche. Sie unterhielt sich gern mit ihm, er war ein kluger Mann, der offenbar Schlimmes durchgemacht hatte. Er sprach nicht darüber, aber man musste ihm ja nur in die Augen sehen, um das zu wissen.

Sie blieb so lange am Strand, dass sie sich schließlich beeilen musste, um rechtzeitig zur Abfahrt des Busses zurück im Hotel zu sein. Sie war die Letzte, die einstieg.