Dr. Stefan Frank Großband 12 - Stefan Frank - E-Book

Dr. Stefan Frank Großband 12 E-Book

Stefan Frank

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Beschreibung

10 spannende Arztromane lesen, nur 7 bezahlen!

Dr. Stefan Frank - dieser Name bürgt für Arztromane der Sonderklasse: authentischer Praxis-Alltag, dramatische Operationen, Menschenschicksale um Liebe, Leid und Hoffnung. Dabei ist Dr. Stefan Frank nicht nur praktizierender Arzt und Geburtshelfer, sondern vor allem ein sozial engagierter Mensch. Mit großem Einfühlungsvermögen stellt er die Interessen und Bedürfnisse seiner Patienten stets höher als seine eigenen Wünsche - und das schon seit Jahrzehnten!

Eine eigene TV-Serie, über 2000 veröffentlichte Romane und Taschenbücher in über 11 Sprachen und eine Gesamtauflage von weit über 85 Millionen verkauften Exemplaren sprechen für sich:
Dr. Stefan Frank - Hier sind Sie in guten Händen!

Dieser Sammelband enthält die Folgen 2310 bis 2319 und umfasst ca. 640 Seiten.

Zehn Geschichten, zehn Schicksale, zehn Happy Ends - und pure Lesefreude!

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Impressum

BASTEI LÜBBE AG Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Für die Originalausgaben: Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2022 by Bastei Lübbe AG, Köln Covermotiv von © shutterstock/Monkey Business Images ISBN 978-3-7517-2713-6 www.bastei.de www.luebbe.de www.lesejury.de

Stefan Frank

Dr. Stefan Frank Großband 12

Inhalt

Stefan FrankDr. Stefan Frank - Folge 2310Isabel Ziegler ist mit siebenundzwanzig Jahren zwar noch relativ jung, aber eine echte Senkrechtstarterin. Bereits vor zwei Jahren hat sie sich als Immobilienmaklerin selbständig gemacht und lebt in einem aufwändig umgebauten Pfarrhof, der schon mehrfach für Designmagazine fotografiert wurde. Privat läuft es nicht ganz so gut. Erst vor ein paar Monaten ist Isabels geplante Traumhochzeit mit einem Bankenvorstand geplatzt, da der in letzter Sekunde doch zu seiner Jugendliebe zurückgekehrt ist. Schade, findet Isabel, aber das Herz hat es ihr nicht gebrochen, denn die vereinbarte Heirat war eher eine pragmatische Entscheidung. Die Ehe mit einem erfolgreichen Mann wäre exakt das, was zur Optimierung von Isabels privatem Businessplan noch fehlen würde. Isabels Großmutter Anna Ziegler, die selbst vierzig Jahre lang mit ihrer großen Liebe verheiratet war, begreift ihre Enkelin nicht. Warum glaubt die junge Frau so gar nicht an die Liebe? Sie beschließt, dem Glück ihrer Enkelin auf die Sprünge zu helfen. Noch ahnt sie nicht, dass Isabel einen ähnlichen Plan gefasst hat: Sie will die Liebe zurück ins Leben ihrer Oma holen ...Jetzt lesen
Dr. Stefan Frank - Folge 2311Olivier lebt seit ein paar Monaten in Grünwald. Seine Nachbarin Chantal ist vernarrt in Olivier, doch sein Herz schlägt für die hübsche alleinerziehende Mutter Alisa. Doch das will Chantal so nicht hinnehmen. Sie setzt alles daran, diese aufkeimende Liebe zu zerstören! Als Olivier eines Tages in der Mittagspause von der Arbeit nach Hause kommt, sieht er schon von weitem eine Rauchfahne aufsteigen. Aus dem Haus, in dem Alisa wohnt, schlagen Flammen aus dem Dachstuhl! Beim Näherkommen erkennt er das ganze Ausmaß der Katastrophe: Die Feuerwehr hat bereits alles abgesperrt, und die hysterisch schreiende Alisa wird von zwei Polizisten festgehalten. Offenbar will sie in das brennende Haus rennen - ihr Sohn ist noch darin! Olivier rennt trotz Warnung der Feuerwehr ins Haus. Er rettet Mika, verbrennt sich aber bei der lebensgefährlichen Aktion beide Arme. Olivier und der kleine Mika müssen in die Klinik. Bald schon haben sich die beiden von dem Schock erholt, doch da erreicht sie eine unglaubliche Neuigkeit: Nachforschungen haben ergeben, dass der Brand in Alisas Haus vorsätzlich gelegt wurde! Wer kann so etwas getan haben?Jetzt lesen
Dr. Stefan Frank - Folge 2312Schon seit Monaten ist Kerstins Mutter Annemarie krank. Sie hat Krebs, und niemand weiß, ob sie jemals wieder gesund wird. Kerstin leidet sehr unter der Krankheit ihrer Mutter, doch fast noch mehr belastet es sie, dass Annemarie sie, ihre einzige Tochter, nicht wirklich an sich heranlässt. Das hat sie allerdings noch nie getan. Selbst als Kind musste Kerstin staunend zusehen, wie ihre Spielkameraden von ihren Müttern geherzt und geknuddelt wurden, doch sie selbst hat solche Zuneigung nie erfahren. Als Kerstin an diesem Tag die Klinik verlässt, bricht auf einmal alles über ihr zusammen: die Angst um ihre Mutter, die emotionale Kälte ... Von einer Sekunde auf die andere bekommt die junge Frau keine Luft mehr, hilflos röchelnd ringt sie um jeden Atemzug. Doch genauso plötzlich, wie der Anfall gekommen ist, ist er auch wieder vorbei. In den kommenden Tagen sollen sich Situationen wie diese noch mehrfach wiederholen. Verzweifelt sucht Kerstin Hilfe bei diversen Ärzten, doch niemand kann ihr erklären, wo die bedrohliche Atemnot herkommt. Bis sie dann eines Tages endgültig zusammenbricht - zu ihrem Glück in der Notaufnahme der Waldner-Klinik ...Jetzt lesen
Dr. Stefan Frank - Folge 2313Ellen Martin arbeitet als Partnervermittlerin. Sie ist sehr erfolgreich in ihrem Job, erwartet aber selbst nicht die große Liebe. Sie glaubt, der Mann, der ihren Ansprüchen genügt, müsse erst noch geboren werden. Eines Tages stößt sie im Internet auf die Kontaktanzeige von Daniel Heldt. Der Restaurator aus Grünwald liebt Städtereisen, wünscht sich Kinder und macht gerade ein Weinkundeseminar. Damit passt er perfekt zu Ellens wählerischer Klientin Ira! So richtig kann sich Ellen dennoch nicht über ihren Treffer freuen, denn äußerlich ist Daniel genau ihr Typ. Dennoch kontaktiert sie Daniel unter Iras Namen und arrangiert ein Treffen zwischen den beiden. Um sich ein wenig zu belohnen, beschließt Ellen, sich eine Flasche Champagner zu gönnen. Leider reicht sie mit ihren gerade mal ein Meter sechzig Körpergröße nicht an das oberste Regal in der Weinhandlung - anders als der Mann, der die Flasche für sie herunterholt. Es ist Daniel! Ellen erlebt, woran sie nie geglaubt hat: die Liebe auf den ersten Blick. Doch darf sie diese Liebe zulassen?Jetzt lesen
Dr. Stefan Frank - Folge 2314Sarah ist eigentlich ganz zufrieden mit ihrem Leben. Sie hat einen festen Job und einen gut aussehenden Verlobten. Als nächste Etappen in ihrem Leben standen eigentlich die Hochzeit und die Kinderfrage an, doch eine Brustkrebsdiagnose verändert alles. Ihr Verlobter Holger kann mit dieser dramatischen Erkrankung nicht umgehen und macht sich Hals über Kopf aus dem Staub. In ihrer Not ruft Sarah ihren besten Freund aus Kindertagen an. Peter hat ihr schon oft in Krisensituationen den Rücken gestärkt, und auch diesmal ist auf ihn Verlass. Sofort schlägt er sein Lager in Sarahs Wohnung auf und verspricht ihr, sie durch OP und Chemo zu begleiten. Die kommenden Wochen werden hart. Sarah kämpft mit den heftigen Nebenwirkungen der Chemotherapie, doch Peter ist immer an ihrer Seite. Er bekocht sie, organisiert ihre Lieblingsfilme und tapeziert sogar ihr Schlafzimmer neu. Langsam, aber sicher erkennt Sarah, dass nicht Holger, sondern Peter der richtige Mann für sie wäre. Doch dann steht überraschend Holger mit einem bombastischen Blumenstrauß vor der Tür. Soll sie ihm verzeihen? Und hat Peter überhaupt Interesse an einer Liebesbeziehung mit seiner besten Freundin?Jetzt lesen
Dr. Stefan Frank - Folge 2315Alina und Moritz sind seit einem Jahr verheiratet und leidenschaftlich ineinander verliebt. Schade ist nur, dass diese Leidenschaft bisher ohne Folgen geblieben ist. Die beiden wünschen sich nichts sehnlicher als ein Baby! Alina hat sich schon bei Dr. Frank untersuchen lassen, um sicherzugehen, dass bei ihr körperlich alles in Ordnung ist, doch der Grünwalder Arzt hat keinen organischen Grund für die Unfruchtbarkeit feststellen können. Moritz schreckt bisher noch vor diesem Schritt zurück. Was, wenn er tatsächlich nicht zeugungsfähig sein sollte? Was bedeutet das für seine Männlichkeit? Und wird Alina damit leben können? Schweren Herzens greift er zum Telefonhörer und vereinbart einen Termin in der Praxis. Die folgenden Wochen werden die schlimmsten in dem jungen Eheleben der beiden ...Jetzt lesen
Dr. Stefan Frank - Folge 2316Endlich könnte in Magalis Leben wieder alles gut sein! Nach vielen Jahren ohne Partner hat sich die alleinerziehende Mutter wieder verliebt, sie hat einen sehr angenehmen Job als Betreuerin einer reizenden alten Dame, und ihre kleine Tochter Ilona ist das bezauberndste Mädchen auf der ganzen Welt. Wenn nur diese unerträglichen Kopfschmerzen nicht wären! Seit Tagen schon überfallen sie Magali wie aus dem Nichts, dann wird ihr auch schlecht und schwindelig, auch Fieber hat sie. Alle machen sich große Sorgen um sie und wollen sie zu Dr. Frank schicken, doch die junge Mutter will keinen Arzt! Was von selbst gekommen ist, geht auch von selbst wieder - oder etwa nicht? Dass sie sich furchtbar geirrt hat, stellt sich heraus, als Magali eines Morgens nicht mehr richtig sprechen kann. Entsetzt ruft ihr neuer Freund Lukas Dr. Frank, der eine Hirnentzündung diagnostiziert. Und was er dann sagt, lässt den Umstehenden das Blut in den Adern gefrieren: Möglicherweise hat man den Arzt zu spät gerufen - Magalis Leben ist in Gefahr ...Jetzt lesen
Dr. Stefan Frank - Folge 2317Marc Schaller sitzt bei Dr. Frank in der Sprechstunde, die beiden führen ein ernstes Gespräch. Bei dem achtzehnjährigen Auszubildenden wurde ein Aneurysma im Gehirn entdeckt. Wenn Markus nicht handelt, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass es irgendwann platzt. Seine einzige Hoffnung: eine baldige OP. Aber auch die Operation birgt dramatische Gefahren. Markus könnte während des Eingriffs sterben oder den Rest seines Lebens behindert sein. Angesichts dieser Bedrohung reagiert seine blutjunge Freundin Ellen Radebrecht sehr ungewöhnlich: Sie macht ihrem Freund einen Heiratsantrag. Sollte etwas schiefgehen, soll ihre Liebe zumindest amtlich gewesen sein! An ihrem siebzehnten Geburtstag informiert Ellen ihre Eltern über ihre Heiratsabsichten. Mutter und Vater Radebrecht fallen aus allen Wolken. Ihre hübsche Tochter soll erst einmal ihr Abitur machen, möglichst ins Ausland gehen und Erfahrungen sammeln! Sie verwehren Ellen ihre Zustimmung zur Eheschließung, und ohne die wird sich Ellens und Marcs Traum nicht erfüllen ...Jetzt lesen
Dr. Stefan Frank - Folge 2318Schon seit einiger Zeit fühlt sich Bettina müde und erschöpft. Als sie dann eines Morgens vor Schwäche kaum noch aufstehen kann, bringt ihr Mann sie zu Dr. Stefan Frank. Dieser entdeckt bei seiner Untersuchung, dass die junge Mutter unter einem schweren Herzfehler leidet, der dringend operiert werden muss. Für Bettina und ihren Mann Bernd bricht eine Welt zusammen. Neben der großen Sorge, ob bei der Herzoperation alles gut gehen wird, gilt es auch noch, ihre kleine Tochter Mira zu versorgen, denn Bettina wird einige Wochen lang nicht nach Hause kommen können. Zum Glück bietet die flippige Nachbarin Roxy an, sich um Mira zu kümmern und sie nachmittags zu betreuen. Anfangs scheint dies für alle die beste Lösung zu sein. Doch schon bald verhält sich Mira merkwürdig und möchte nicht mehr zu ihrer Nachbarin. Sie spürt, dass Roxy etwas im Schilde führt. Und tatsächlich: Roxys Hilfe ist nicht ganz uneigennützig, denn sie möchte die schwierige Situation der Familie nutzen, um Bernd für sich zu gewinnen.Jetzt lesen
Dr. Stefan Frank - Folge 2319Vor einem Jahr hat die Journalistin Clara Förg einen Welpen gerettet und in ihm einen Freund fürs Leben gefunden. Doch seit einiger Zeit fallen ihr die Spaziergänge mit Beppo immer schwerer. Sie ist oft müde und erschöpft. Ihre Kollegen drängen sie, zum Arzt zu gehen, aber sie schiebt den Besuch aus Zeitnot immer wieder auf. In den nächsten Wochen fällt ihr auf, dass ihr Hund sein Verhalten ihr gegenüber plötzlich verändert. Beppo weicht ihr nicht mehr von der Seite. Er schnüffelt an ihr, leckt sie ab und konzentriert sich dabei besonders auf eine Stelle. Clara dämmert, dass mit ihr vermutlich etwas nicht stimmt, und so sucht sie endlich Dr. Frank auf. Wenig später erhält sie eine niederschmetternde Diagnose ...Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Man ist nie zu alt für die Liebe

Vorschau

Man ist nie zu alt für die Liebe

Als Isabel und ihre Oma Anna zwei bezaubernde Männer kennenlernten

Isabel Ziegler ist mit siebenundzwanzig Jahren zwar noch relativ jung, aber eine echte Senkrechtstarterin. Bereits vor zwei Jahren hat sie sich als Immobilienmaklerin selbstständig gemacht und lebt in einem aufwändig umgebauten Pfarrhof, der schon mehrfach für Designmagazine fotografiert wurde. Privat läuft es nicht ganz so gut. Erst vor ein paar Monaten ist Isabels geplante Traumhochzeit mit einem Bankenvorstand geplatzt, da der in letzter Sekunde doch zu seiner Jugendliebe zurückgekehrt ist. Schade, findet Isabel, aber das Herz hat es ihr nicht gebrochen, denn die vereinbarte Heirat war eher eine pragmatische Entscheidung. Die Ehe mit einem erfolgreichen Mann wäre exakt das, was zur Optimierung von Isabels privatem Businessplan noch fehlen würde.

Isabels Großmutter Anna Ziegler, die selbst vierzig Jahre lang mit ihrer großen Liebe verheiratet war, begreift ihre Enkelin nicht. Warum glaubt die junge Frau so gar nicht an die Liebe? Sie beschließt, dem Glück ihrer Enkelin auf die Sprünge zu helfen. Noch ahnt sie nicht, dass Isabel einen ähnlichen Plan gefasst hat: Sie will die Liebe zurück ins Leben ihrer Oma holen …

„Wir machen noch ein paar Außenaufnahmen von der Terrasse!“, entschied der Fotograf, und Isabel Ziegler warf einen raschen Blick auf ihr Smartphone.

Das Fototeam der Architektur-Zeitschrift belagerte seit drei Stunden ihr Haus, und es war nicht abzusehen, wann der Termin zu Ende sein würde.

Zehn E-Mails waren in der Zwischenzeit eingegangen, außerdem drei Anrufe aus dem Büro. Seufzend legte die hübsche Siebenundzwanzigjährige ihr Handy zurück auf den Glastisch und humpelte Richtung Garten.

Für den Anlass hatte sie sich extra in Schale geworfen. Sie trug ihr stilvolles Jil-Sander-Kostüm, außerdem ein Tuch aus beigefarbenem Kaschmir. Ihr blondes Haar hatte sie so straff hochgesteckt, dass ihre Kopfhaut schmerzte.

Es kam häufiger vor, dass das alte Pfarrhaus, das Isabel vor zwei Jahren erstanden und originalgetreu hatte renovieren lassen, in Zeitschriften abgebildet wurde. Aber diesmal hatte die Redaktion eine richtige Homestory daraus gemacht. Mit ausführlichem Interview und zahlreichen Bildern der fotogenen Besitzerin. „Die Herrin der Häuser“ – so sollte der Titel der Reportage lauten, und man hatte Isabel als Star der Immobilienbranche in Szene gesetzt.

Der Fotograf wechselte das Objektiv, und Isabel stellte sich auf der Terrasse in Pose, hinter ihr der hundertjährige Rosenstock und das steinerne Wegkreuz, das sie auf einer Antiquitätenmesse erworben hatte.

Das alte Pfarrhaus war ihr ganzer Stolz. Sie hatte das leerstehende Anwesen bei einer Versteigerung gekauft und alles getan, um das marode Gebäude aus dem 19. Jahrhundert zu einem Prunkstück umzugestalten.

Isabel war so etwas wie eine Senkrechtstarterin. Als Schülerin hatte sie ein hervorragendes Abitur hingelegt. Sie hatte ihr Architektur-Studium in Lichtgeschwindigkeit durchgezogen, inklusive einem Auslandssemester in London. Nach der Uni war sie für ein Jahr mit einer berühmten Denkmalpflegerin durch England gereist.

Zurück in Grünwald hatte sie sich mit einer Immobilienfirma selbständig gemacht, die sich auf historische Gebäude spezialisierte. Verlassene Mühlen, kleine Gehöfte und alte leerstehende Dorfschulen waren Isabel Zieglers Gebiet. Wo die meisten Menschen nur verfallenes Mauerwerk sahen, erkannte Isabel den Wert des Individuellen. Sie machte aus Ziegelsteinen Gold – zumindest war das der Ruf, der ihr vorauseilte.

Anna Ziegler, Isabels Großmutter, erschien im Garten.

„Liebling, wir sollten wirklich langsam aufbrechen!“, sagte sie. „Nett genug von Dr. Frank, uns heute noch einen Termin zu geben, obwohl das Wartezimmer bis auf den letzten Platz belegt ist!“

Isabel seufzte. „Du hast wirklich dort angerufen?“

Die alte Dame zog die Schultern nach oben. „Seit drei Tagen kannst du kaum mehr einen Schritt ohne Schmerzen machen. Wenn du dich selbst nicht um deine Gesundheit kümmerst, dann muss ich das wohl tun. In fünf Minuten fahren wir los!“

Sie wandte sich an das Fototeam.

„Meine Herrschaften, dürfte ich Sie nun freundlich bitten, ein Ende zu finden? Meine Enkeltochter hat einen Arzttermin.“

Die Journalistin, die noch eben ein ausführliches Interview mit Isabel geführt hatte, hörte neugierig auf.

„Doch hoffentlich nichts Dramatisches!“, sagte sie mit zuckriger Betroffenheit in der Stimme. „Die abgesagte Hochzeit hat Sie sicherlich enorm belastet, Frau Ziegler?“

Verärgert zog Isabel die Augenbraue hoch. Sie hatte es geschafft, das unschöne Thema den ganzen Tag über geschickt zu umschiffen. Und es ärgerte sie, dass ihre Großmutter der Reporterin solch eine Steilvorlage bot.

Anna Ziegler stellte sich schützend vor ihrer Enkelin auf.

„Isabel hat sich lediglich den Fuß verknackst“, sagte sie. „Und die Trennung geschah in beidseitigem Einvernehmen.“

Der Fotograf schoss ein letztes Bild, dann verschwand die Meute endlich.

„Dass du dich immer wieder auf diese Anfragen einlassen musst!“, kritisierte Anna Ziegler ihre Enkelin.

Isabel tat einen Schritt und verzog schmerzverzerrt das Gesicht. Nun war sie doch froh, dass ihre Großmutter bei Dr. Frank angerufen hatte.

„Na ja, du weißt doch, dass ich das alles für mein Unternehmen mache!“, sagte Isabel auf dem Weg zum Auto. „Ziegler-Immobilien soll schließlich weit über München hinaus ein Begriff werden. Und diese Architekturzeitschrift hat eine irrsinnig hohe Auflage. Du wirst schon sehen, das bringt neue Kunden.“

„Du hast genug Kunden“, sagte die Großmutter. Sie setzte sich hinter das Steuer. In dem Zustand konnte Isabel auf keinen Fall fahren.

Als sie kurz darauf gemeinsam die Praxis betraten, erwartete Dr. Frank sie bereits.

„Isa!“, sagte er erfreut. „Es muss mindestens drei Jahre her sein, dass wir uns das letzte Mal gesehen haben!“ Er schüttelte seiner Patientin die Hand und bat Großmutter und Enkeltochter in sein Sprechzimmer.

„Den Spitznamen Isa habe ich abgelegt“, korrigierte Isabel ihn freundlich. „Aber es stimmt, seit der Sommergrippe von vor drei Jahren war ich nicht mehr hier. Ich bin ja immer unterwegs. Meine Großmutter kümmert sich um mein schönes Haus und den Garten. Und die kleinen Beschwerden, die ich habe, lassen sich normalerweise mit Schmerztabletten oder einem Pflaster behandeln.“

„Nun …“ Dr. Frank sah seine erfolgreiche Patientin an. „Was kann ich dann heute für Sie tun?“

Isabel senkte den Kopf. „Ich habe seit einigen Tagen unerklärliche Schmerzen im Leistenbereich. Erst dachte ich, ich hätte mir beim Sport irgendetwas verzerrt. Aber es fühlt sich anders an, nicht wie ein Muskelkater.“ Sie deutete auf ihr linkes Bein. „Der Schmerz strahlt von der Hüfte aus bis fast hinunter zum Knie. Ich bin kein zimperlicher Typ, aber ich kann kaum mehr gehen.“

Dr. Frank bat die junge Patientin, sich auf die Liege zu legen.

„Ist der Schmerz einseitig?“

„Ja. Nur im linken Bein.“

Sorgfältig tastete Dr. Frank beide Beine ab.

„Haben Sie kürzlich einen Atemwegsinfekt gehabt?“, fragte er dabei. „Eine verschleppte Erkältung?“

„Ja“, fiel Isabel ein. „Ein hartnäckiger Husten. Woher wissen Sie das?“

Dr. Frank nickte. „Gut. Ich habe einen Verdacht, den die Sonografie bestätigen oder widerlegen wird.“

„Ist es etwas Schlimmes?“ Anna Ziegler, die Großmutter, wirkte besorgt.

Dr. Frank bereitete alles für die Ultraschalluntersuchung vor.

„Wenn es das ist, was ich vermute, nein.“ Schweigend betrachtete Dr. Frank das Sonogramm. Dann nickte er zufrieden. Er konnte den Gelenkerguss deutlich im Bild erkennen. „Wie ich vermutet habe: Sie leiden an Coxitis fugax. Oder, um es anders auszudrücken, einem Hüftschnupfen!“

Verblüfft sahen sich Enkelin und Großmutter an.

„Ist das nicht eine Kinderkrankheit?“, fand die zweiundsiebzigjährige Großmutter als Erste wieder Worte.

„Das stimmt“, bestätigte Dr. Frank. „Es handelt sich um eine Entzündung des Hüftgelenks, die üblicherweise Kinder erwischt. Aber hin und wieder trifft es eben auch Erwachsene, vor allem dann, wenn das Immunsystem angeschlagen ist. Ohne indiskret sein zu wollen, aber ich habe von der geplatzten Hochzeit gehört. Seelische Sorgen sollte man nicht unterschätzen. Ich kann mir gut vorstellen, dass dieser Schock erst einmal verarbeitet werden will.“

„Wie meinen Sie das?“, fragte Isabel irritiert.

„Ihr Körper signalisiert Ihnen, dass er eine Pause braucht. Und das ist auch genau das, was ich Ihnen verordne. Ansonsten verschreibe ich Ihnen einen sanften Entzündungshemmer und verdonnere Sie zu einer Woche Nichtstun. Schonung ist in diesem Fall die beste Medizin! Genießen Sie die letzten sonnigen Tage auf Ihrer Terrasse, und ruhen Sie sich ein bisschen aus. Bis morgen bestelle ich Ihnen außerdem Krücken. Sie sollten die nächsten Tage am besten gar nicht laufen. Und wenn, dann nur mit Gehhilfen.“

„Eine Kinderkrankheit?“ Fassungslos sah Isabel Ziegler ihren Arzt an. „Aber wie hört sich das denn an? Hüftschnupfen! Können wir uns auf einen Unfall beim Golfspielen einigen?“

Amüsiert sah Dr. Frank seine junge Patientin an. Er kannte Isabel Ziegler seit vielen Jahren und wusste, dass sie im Kern ein liebenswürdiges Mädchen war. Aber der rasche Erfolg, das viele Geld und der ständige Kontakt mit überheblichen Kunden hatte eine aalglatte Geschäftsfrau aus ihr gemacht.

Allerdings nahm Dr. Frank ihr die kühle Fassade nicht ab. Er war sicher, dass tief in ihr immer noch die sympathische Isa von früher steckte.

„Wie Sie Ihre Krankheit Ihren Mitarbeitern verkaufen, bleibt natürlich Ihnen selbst überlassen!“, sagte Dr. Frank. „Wichtig ist nur, dass Sie meinen Rat befolgen. Ruhen Sie sich aus! Verarbeiten Sie das Geschehene! Kommen Sie erst einmal wieder zu Kräften.“

Isabel erhob sich ächzend von der Untersuchungsliege.

Als sie sich zum Abschied die Hände schüttelten, holte sie tief Luft.

„Dr. Frank! Eine Sache ist mir wirklich wichtig. Ich will nicht, dass Sie denken, dass dieser ärgerliche Vorfall mein Herz gebrochen hat.“

Sie starrte auf ihre sorgfältig manikürten Hände hinab.

„Dass mein Verlobter zwei Wochen vor dem Termin alles platzen ließ … Ich gebe zu, das hat mich getroffen. Aber weniger hier!“ Sie deutete auf ihr Herz. „Sondern eher hier!“ Nun tippte sie sich gegen die Stirn. „Dass er und ich heiraten wollten, war eine reine Vernunftentscheidung. Wir passten einfach perfekt zusammen. Das gleiche Einkommen, eine vergleichbare Karriere, Hobbys, die sich gut miteinander verbinden ließen. Außerdem reisen wir beide gerne an die Amalfiküste. Das Alter hätte auch gepasst, und optisch wären wir ebenfalls ein ansprechendes Paar gewesen.“

Dr. Frank nickte. „Und wie sah es mit Gefühlen aus?“

Eine verlegene Röte schwappte in Isabels Gesicht, und für einen Moment wirkte sie seltsam verloren.

„Sprechen Sie etwa von Liebe? Da muss ich Sie enttäuschen. Ich halte Liebe für einen gefährlichen Hormontango, der erwachsene Menschen dazu bringt, sich wie Affen zu benehmen! Ich habe mich meinem Verlobten von Anfang an sehr verbunden gefühlt und bin sicher, dass wir ein gutes Ehepaar abgegeben hätten. Dass er dann ausgerechnet kurz vor unserer Hochzeit seiner alten Jugendliebe begegnet … Nun, da hatte ich wohl einfach Pech! Nun wird eine andere den Abschluss machen.“

„Ist das nicht deprimierend, Herr Dr. Frank?“, unterbrach Anna Ziegler ihre Enkeltochter. „So sprechen die jungen Leute heute von der Liebe. Als wäre es eine geschäftliche Angelegenheit! Was ist mit der Liebe auf den ersten Blick passiert? Mit tiefen Gefühlen, die rein gar nichts mit Ansehen, Kontostand oder dergleichen zu tun haben? Ich war mehr als vierzig Jahre glücklich verheiratet, und wir haben uns nicht einen Funken Gedanken über all diese Dinge gemacht. Es macht mich so traurig, dass meine Enkeltochter derart sachlich von der Liebe denkt. Ich bin überzeugt, Liebe ist das Allerwichtigste im Leben!“

Isabel lächelte mitleidig. „Ach, Oma. Du bist und bleibst die letzte Romantikerin. Mit der richtigen Partnerwahl ist es, als ob man sich ein Ballkleid kauft. Man achtet eben auf einen vorteilhaften Schnitt, auf eine ansprechende Farbe und hochwertiges Material. Und nimmt nicht den nächstbesten Fetzen von der Stange.“

„Manchmal hängen aber ganz wunderbare Fundstücke dort!“, fiel ihre Großmutter ihr ins Wort. „Und die übersiehst du, weil du gar nicht auf die Idee kommst, dass auch dort etwas auf dich warten könnte.“

„Ach, Dr. Frank!“, beendete Isabel das Streitgespräch. „Haben Sie nicht einen attraktiven, gut verdienenden Patienten, mit dem sie mich verkuppeln könnten?“

„Tja.“ Dr. Frank räusperte sich. „Ich bekenne, dass ich selbst ein großer Romantiker bin. Und ich stimme mit Ihrer Großmutter überein, dass man bei der Partnersuche nicht zu rational und zu oberflächlich vorgehen sollte. Ein Patient fällt mir leider nicht für Sie ein. Aber vielleicht wollen Sie es mal mit einer dieser Internetagenturen versuchen? Es gibt Partnervermittlungen, die mit Persönlichkeitstests arbeiten. So werden einem Kandidaten vorgestellt, die auf der Charakter-Ebene zu einem passen. Ich habe erst kürzlich einen interessanten Radiobeitrag darüber gehört!“

Isabel dachte nach. „Partnerwahl im Internet? Ich hatte selbst schon den Gedanken.“ Sie sah ihre Großmutter verschwörerisch an. „Wenn ich meine Oma überreden kann, sich ebenfalls ein Profil zu erstellen, mache ich es. Sie ist seit dem Tod meines Großvaters allein. Mal sehen, ob ich in der virtuellen Welt zwei passende Prinzen für uns finde!“

***

So überlaufen die Praxis am Dienstag war, so leer war sie am Mittwoch. Dr. Frank saß über einem Artikel zum Thema Altersdiabetes. Er nutzte Leerläufe gerne, um sich in medizinische Aufsätze zu vertiefen. Ein lauter Rums riss ihn aus seiner Lektüre, und erschrocken sah er von seinen Unterlagen auf.

„Schwester Martha!“, entgeistert starrte Dr. Frank seine rüstige Arzthelferin an.

Sie kam auf Krücken in sein Zimmer gehumpelt. Vorher hatte sie mit einer der Gehhilfen an seine Tür geklopft.

„Entschuldigung!“, murmelte sie. „Da ist offenbar der Gaul mit mir durchgegangen. Sie wissen selbst, wie sehr ick es hasse, wenn nichts zu tun ist. Müßiggang ist aller Laster Anfang!“

Dr. Frank überlegte. „Sie könnten Datei-Leichen im Computer suchen!“, schlug er vor.

Martha Giesecke schüttelte den Kopf. „Schon erledigt, Doktor!“

„Eine Inventur des Medizinschranks?“

„Längst getan!“

„Wollten wir nicht neue Vorhänge für das Wartezimmer bestellen?“

Die stämmige Arzthelferin stützte sich auf einer der Krücken ab und drehte eine schwerfällige Pirouette. „Werden übermorgen geliefert.“

„Nun …“ Dr. Frank war überfragt. „Dann lernen Sie eine Fremdsprache!“

„Ick?“ Martha Giesecke sah ihren Chef entgeistert an. „Was denken Sie, was ick als Berliner Schnauze hier die ganze Zeit über mache?“

Der Arzt und seine langjährige Mitarbeiterin lachten.

„Sind das die Krücken für Frau Ziegler?“, fragte Dr. Frank schließlich, um wieder den nötigen Ernst zurückzubringen. Martha Giesecke nickte. „Ja. Sind eben gekommen. Ick habe auch schon angerufen. Sie kommt im Lauf des Vormittags mit dem Taxi vorbei.“

„Mit dem Taxi? Was für eine Geldverschwendung. Ich hätte ihr die Krücken auch rasch vorbeifahren können“, überlegte Dr. Frank.

Aber in dem Moment hielt ein Wagen vor der Praxis, und wenige Sekunden später ging die Tür.

„Zu spät!“, sagte Martha Giesecke achselzuckend. Mit beschwingten Schritten marschierte sie, die Krücken unter den Arm geklemmt, Richtung Anmeldung.

Dr. Frank folgte ihr. Isabel Ziegler stand perfekt gestylt am Eingang. Aufwändiges Make-up, sorgfältig frisierte Haare, selbst ihre Fingernägel glänzten rosig.

Der Mediziner begrüßte seine Patientin skeptisch.

„Haben Sie sich extra für Schwester Martha und mich so schick gemacht?“, konnte er sich eine Bemerkung nicht verkneifen. Isabel Ziegler war so ein hübscher Typ. Sie hatte es gar nicht nötig, sich derart aufzubrezeln.

Die junge Frau zeigte ihrem Arzt ein Zahnpasta-Lächeln.

„Ich bin eben immer im Dienst“, sagte sie. „Auch im Krankenstand kann ich die Immobilienmaklerin nicht ablegen. Was ich Sie gestern eigentlich schon fragen wollte: Sie haben nicht zufällig vor, Ihre hübsche Villa in naher Zukunft zu verkaufen?“

Sprachlos sah Dr. Frank sie an. „Ist das Ihr Ernst? Diese Villa ist nicht nur meine Praxis, sondern auch mein Zuhause!“

„Natürlich!“ Isabel Ziegler nickte beschwichtigend. „Aber letztlich ist alles eine Frage des Geldes. Ich habe da einen sehr vermögenden Bankenvorstand im Kundenkreis. Er würde sterben für ein Objekt wie dieses. Ist Ihnen klar, dass es sich hier um ein Gebäude mit echtem Liebhaberwert handelt? Sie könnten ein hübsches Sümmchen verdienen, und neue Praxisräume gibt es an jeder Ecke.“

Martha Gieseckes Gesicht hatte sich im Verlauf des Gesprächs zu einer eisigen Maske verwandelt. Vorwurfsvoll sah sie die Patientin an.

„Hier wird nichts verkauft!“, schnaubte sie. „Nicht die Villa, nicht Dr. Frank. Und ick bin sowieso unbezahlbar.“

Nun wurde Isabel Ziegler die Situation doch peinlich.

„War ja nur eine Frage“, murmelte sie. „Sind meine Krücken da?“

Wortlos reichte die Arzthelferin der Patientin die Gehhilfen. Man sah ihr die Empörung immer noch an.

„Was machen die Schmerzen?“, wechselte Dr. Frank rasch das Thema. „Merken Sie eine Besserung, seit Sie sich schonen?“

Isabel Ziegler bejahte. „Ganz langsam wird es besser. Ihre Diagnose scheint zu stimmen. Hüftschnupfen! Ich kann es immer noch nicht glauben.“

Sie lachte glockenhell auf, und für einen Augenblick schimmerte die alte Isa durch. Ein tiefsinniges, herzensgutes Mädchen.

„Na ja, eine gute Sache hat das Ganze …“ Isabel Ziegler sah ihren Arzt an. „Ich habe Ihren Rat befolgt und mich bei einer Internetagentur angemeldet. Bei Prestige-Partner. Eine Vermittlung, die sich auf Karrieremenschen, erfolgreiche Künstler und Selbstständige ab einer gewissen Einkommensklasse spezialisiert.“

Dr. Frank öffnete den Mund. Dann schloss er ihn wieder. Offenbar hatte Isabel Ziegler seinen ernst gemeinten Rat missverstanden. Prestige-Partner! Das klang, als wollte sie sich den perfekten Partner kaufen.

„Zum Glück sind Sie schon vergeben, Doktor!“, durchbrach Martha Giesecke die entstandene Stille. „Ärzte scheinen in dem Forum nicht vorgesehen zu sein!“

„Doch!“, fiel Isabel Ziegler ihr ins Wort. „Ärzte, Anwälte, Börsenmakler … Wirklich, es ist jede vielversprechende Berufsgruppe dabei.“

„Auch Arzthelferinnen?“, fragte Martha Giesecke, und Isabel Ziegler wurde rot.

Dr. Frank zwinkerte seiner Mitarbeiterin zu. Es war klar, was sie beide von Prestige-Partner hielten.

„Dann wünsche ich Ihnen viel Erfolg!“, sagte Dr. Frank in Richtung seiner Patientin. Dann fiel ihm doch noch etwas ein. „Wollten Sie nicht auch für Ihre Großmutter nach einem virtuellen Prinzen suchen?“

Isabel Ziegler nickte. „Ja, aber das Internet hat sie nicht überzeugt. Ich sagte ja, sie hat ein völlig anderes Verständnis von Partnersuche und Liebe. Aber ich konnte sie zu einer Anzeige in der Grünwalder Morgenzeitung überreden. Es gibt dort ja regelmäßig Kontaktanzeigen, und ich habe eine nette Annonce für sie aufgesetzt.“

Die junge Frau kramte in ihrer Tasche und beförderte ihr Smartphone zutage. Sie tippte emsig darauf herum und fand schließlich den Text, den sie geschrieben hatte.

„Die letzte Romantikerin sucht nach der großen Liebe!“, las sie vor. „Ich bin zweiundsiebzig Jahre alt und seit vielen Jahren alleine. Ich mag Spaziergänge durch die Natur und Sonnenuntergänge an deiner Seite. Ich bin häuslich, nett anzusehen, und die Geschichte von Romeo und Julia rührt mich zu Tränen. Ich suche dich, einen treuen, bodenständigen und zuverlässigen Mann. Aussehen und Kontostand unerheblich. Lass uns gemeinsam das Geheimnis wahrer Liebe ergründen!“

Gerührt starrten Dr. Frank und Martha Giesecke die Patientin an. So unsympathisch Isabel Ziegler noch eben aufgetreten war – der von ihr geschriebene Text berührte sie trotzdem.

„Das klingt wunderbar“, gab Dr. Frank zu. „Ich bin sicher, dass sich ein netter Rentner darauf melden wird. Ihre Großmutter hätte es verdient, nach der langen Zeit alleine endlich wieder Liebe zu finden.“

„Manchmal findet die Liebe auch uns!“, sagte Martha Giesecke trocken.

„Sie sind ja eine richtige Philosophin!“, erwiderte Dr. Frank.

„Tja!“ Martha Giesecke zog die Schultern nach oben. „Unterschätzen Sie nie die Dame hinter dem Tresen. Prestige-Partner! Bin ick froh, dass ick nicht auf der Suche bin!“

***

Bis zum späten Nachmittag füllte sich die Praxis wieder, und Dr. Frank war in seine übliche Arbeitsroutine zurückgekehrt. Gegen siebzehn Uhr steckte Marie-Luise Flanitzer, Dr. Franks zweite Arzthelferin, den Kopf durch die Tür.

„Rainer Stark ist da“, sagte sie. „Den Impfstoff habe ich im Behandlungszimmer nebenan bereitgestellt. Der Patient wartet drüben.“

„Sehr gut!“ Dankbar sah Dr. Frank seine zuverlässige Mitarbeiterin an. Rainer Stark war wegen der Auffrischung mehrere Impfungen bestellt, und Dr. Frank freute sich, dem jungen Landwirt zu begegnen.

Tatsächlich empfing der Endzwanziger den Arzt mit einem offenen Lächeln. Rainer Stark hatte als Elftklässler die Schule abgebrochen, nachdem er den Bauernhof seines Großvaters geerbt hatte. Was alle anderen für völligen Wahnsinn gehalten hatten, war für Rainer Stark damals eine echte Herausforderung gewesen.

Inzwischen betrieb er einen kleinen Hofladen, in dem er seine selbstangebauten Produkte verkaufte, und belieferte etliche Märkte in der Stadt. Drei Zimmer seines bescheidenen, aber schmucken Hofes hatte er zu Apartments umgebaut und bot Familien so die Möglichkeit, Urlaub auf dem Land zu machen.

Seit einiger Zeit konnte man ihn außerdem als Kutscher mieten. Er hatte die alte Kutsche seiner Großeltern restaurieren lassen und war seither häufig mit zahlenden Touristen unterwegs. An den Wochenenden spielte er den Chauffeur für Brautpaare, die sich in Grünwald und Umgebung das Jawort gaben und in einer blumengeschmückten Kutsche vorfahren wollten.

Der kräftige und sonnengebräunte Mann schüttelte Dr. Frank herzlich die Hand. Seine Hände waren schwielig und rau. Klare Hinweise darauf, wie hart der Landwirt arbeitete.

„Sie sehen blendend aus!“, befand Dr. Frank. „Ich spritze Ihnen heute den Tollwut-Impfstoff. In zwei Wochen folgt dann die Auffrischung der Tetanus-Impfung.“

Im Handumdrehen hatte Dr. Frank den Impfstoff in Rainer Starks Oberarm gespritzt und klebte ein Pflaster über die Einstichstelle. Dann trug er die Impfung in dem gelben Impfpass ein.

„Kann ich, von den Impfungen abgesehen, noch etwas für Sie tun?“, erkundigte er sich anschließend.

Der junge Bauer mit dem Dreitagebart schüttelte den Kopf. Dann fiel ihm aber doch noch etwas ein, und mit leichter Verlegenheit drückte er Dr. Frank einen Stapel Postkarten in die Hände.

„Oh. Wieder eine neue Geschäftsidee?“ Dr. Frank konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Ihm gefiel, wie rührig der Landwirt war. Es war kaum möglich, sich mit einem Bauernhof über Wasser zu halten. Aber Rainer Stark hatte es Dank seiner spitzfindigen Ideen all die Jahre über irgendwie geschafft.

„Eine Schnapsidee wohl eher, würde meine verstorbene Großmutter sagen!“, antwortete Rainer Stark. „An Ideen mangelt es mir nicht. Leider werfen die wenigsten davon Gewinn ab.“

Dr. Franks Blick glitt über die Werbepostkarten. Die mit weißen Rosen geschmückte Hochzeitskutsche war darauf abgebildet. Darunter ein Foto von Brieftauben, die aus einem Korb flogen. Auf der Rückseite war ein Zimmer zu sehen, das von einem üppigen Himmelbett dominiert wurde. Seidene Blumenvorhänge und ein Meer an brennenden Kerzen sorgten für eine romantische Stimmung.

„Ich biete seit Neuestem eine Romantik-Suite auf dem Bauernhof an“, erklärte Rainer Stark rasch. „Das Himmelbett habe ich auf dem Dachboden gefunden und es mit meinen eigenen Händen abgebeizt. Die Vorhänge hat mir meine Mutter genäht. Ich könnte mir vorstellen, dass so manches Paar Flitterwochen auf dem Land mit Blick auf Felder und Wiesen romantisch findet.“

„Bestimmt!“, bestätigte Dr. Frank, doch er war sich da keineswegs so sicher.

Die meisten Brautpaare, die ihm einfielen, hatten ihre Flitterwochen am anderen Ende der Welt verbracht. Auf angesagten Inseln, in luxuriösen Clubs oder gar auf Kreuzfahrtschiffen. Urlaub auf dem Bauernhof, das war den meisten sicherlich zu unspektakulär. Die Menschen hatten verlernt, das Schlichte und Einfache zu schätzen.

„Ich weiß, dass Sie als Arzt keine Werbung machen dürfen“, fügte Rainer Stark hinzu. „Aber falls Sie mit Leuten in Kontakt kommen, die eine Hochzeit planen … denken Sie einfach an mich! Und natürlich kann man die Kutsche auch zu anderen Anlässen mieten!“

„Versprochen!“, sagte Dr. Frank und schob den Stapel mit Postkarten in die Tasche seines Arztkittels. „Das heißt, wir sehen uns in zwei Wochen zum nächsten Impftermin wieder? Oder gibt es noch etwas, was Sie bedrückt?“

Rainer Stark seufzte. „Wenn Sie zufällig eine Pille gegen Einsamkeit haben, nehme ich gerne eine Vorratspackung davon. Sie sehen ja, ich bin bei bester Gesundheit. Das Einzige, was fehlt, ist eine nette Frau.“

Rainer Stark war, das wusste Dr. Frank, ein zutiefst romantischer Mann. Als Teenager war er unsterblich in die indische Austauschschülerin Saroja verliebt gewesen, die für zwei Wochen bei seiner Cousine eingezogen war. Eine Liebe, die unschuldig, verspielt und kindlich gewesen war – und mit dem letzten Aufenthaltstag von Saroja ein jähes Ende gefunden hatte.

Trotzdem hatte Rainer damals viel in die Sache hinein interpretiert. Er hatte das Erbe seiner Großeltern auch deshalb angenommen, weil er ein Zuhause für sich und Saroja hatte schaffen wollen.

Unermüdlich hatte er für diesen Traum gekämpft. Drei Jahre lang hatte er dem jungen Mädchen Briefe nach Bombay geschickt – die sie nett, aber zurückhaltend beantwortet hatte.

Rainer war aus allen Wolken gefallen, als Saroja mit neunzehn Jahren an einen indischen Geschäftsmann verheiratet worden war. Inzwischen war Saroja längst glückliche Mutter von zwei prächtigen Söhnen und hatte sich mit dem von ihren Eltern ausgewählten Ehemann bestens arrangiert.

Trotzdem beklagte Rainer gelegentlich sein Unglück. Er war überzeugt, dass es Menschen gab, die einfach zusammengehörten. Und er war sicher, dass das Schicksal Saroja für ihn vorgesehen hatte.

Seit dieser Enttäuschung hatte er sich nie mehr auf das Abenteuer Liebe eingelassen. Er verschenkte sein Herz generell nicht schnell, und es war ihm niemals eine Frau begegnet, die es mit der strahlenden, immer zufriedenen und herzensguten Saroja hätte aufnehmen können.

Rainer Starks Blick war abwesend und betrübt in die Ferne gerichtet.

Dr. Frank räusperte sich. „Eine Pille gegen Einsamkeit habe ich leider nicht. Aber vielleicht kann man dem Schicksal auf anderem Weg auf die Sprünge helfen? Haben Sie schon einmal über eine Kontaktanzeige nachgedacht?“

„Um Himmels willen!“ Rainer Stark hob abwehrend die Hände. „Etwa auch noch im Internet? Wie all diese Verzweifelten, die sich auf die Suche nach dem perfekten Partner machen? Nein, Herr Dr. Frank, das ist nichts für mich. In dieser Angelegenheit bin ich wohl eher der altmodische Typ. Ich glaube an die Liebe auf den ersten Blick, und die lässt sich nicht mit Mausklicks erzeugen.“

Dr. Frank führte den jungen Mann zur Tür. „Ich spreche nicht unbedingt vom Internet“, erklärte er. „Aber in der Grünwalder Morgenzeitung gibt es regelmäßig Annoncen für einsame Herzen. Was kann groß passieren? Vielleicht gibt es ja wirklich jemanden im Umkreis, der ähnlich denkt wie Sie! Manchmal lohnt es sich, aktiv zu werden!“

Er begleitete den sympathischen Patienten vor zum Tresen.

Martha Giesecke drosch mit beiden Händen auf den Computer ein. Als sie hochblickte, schenkte sie Rainer Stark ein breites Grinsen.

„Hübsches Amulett“, sagte sie mit Blick auf seinen Hals. „Ick habe zwar keinen blassen Schimmer, was es zu bedeuten hat, aber gut aussehende Männer mit auffälligem Schmuck mag ick!“

Rainer Stark wurde rot angesichts der scherzhaften Flirtversuche der gut gelaunten Schwester.

„Das Amulett ist ein Unendlichkeitssymbol“, sagte er. „Die umgekehrte Acht. Irgendwie gefällt mir die Bedeutung.“

„Wenn wir von unendlichen Überstunden sprechen, will ick lautstark widersprechen!“, sagte Martha Giesecke lachend. „Aber unendliche Liebe … dagegen habe ick nichts einzuwenden!“

Ungewollt hatte sie einen wunden Punkt berührt. Ein trauriger Schatten zog über Rainer Starks Gesicht. Noch einmal bedankte er sich bei seinem Arzt, dann ging er nachdenklich hinaus zu seinem Traktor.

***

Genüsslich nippte Isabel Ziegler an ihrem Aperol Spritz und klickte sich neugierig durch die Fotos. Als ihre Großmutter mit einer Tasse Tee in der Hand hinter sie trat, vergrößerte sie eines der Bilder. Ein gut aussehender Mann mit gelocktem Haar sah sie an und schenkte ihr ein charmantes Lächeln.

„Ist das etwa schon eine erste Anfrage auf deine Anzeige?“, fragte Anna Ziegler, und Neugier schwang in ihrer Stimme mit.

Isabel nickte abwesend und notierte sich ein paar Stichworte auf ihrem Handy.

„Wie heißt er? Und wann trefft ihr euch?“

Isabel lachte. „Ach, Oma! Ich verabrede mich doch nicht. Erstmal muss ich eine sinnvolle Vorauswahl treffen. Dann chattet oder mailt man ein bisschen hin und her. Aber weißt du, er und ich haben eh nur sechsundsechzig Prozent Überschneidungspunkte.“

„Überschneidungspunkte?“, wiederholte ihre Großmutter verwirrt.

Isabel seufzte. Sie klickte auf das Foto des Schönlings, und es verschwand auf wundersame Weise.

„Sieh mal da. Hier sind die Angaben, die ChefvomDienst gemacht hat. ChefvomDienst ist übrigens sein Nutzername. In Wahrheit heißt er natürlich anders. ChefvomDiensts Jahreseinkommen ist nicht schlecht, könnte aber noch eine weitere Null am Ende vertragen. Seine Größe überzeugt mich auch nicht ganz. Weißt du, der passende Mann für mich sollte mich mindestens um drei Zentimeter überragen. Dass er braunhaarig ist, nehme ich in Kauf, aber lieber wäre mir ein Blonder. Ach ja: Er gibt Segeln als Hobby an, das ist ein weiterer Pluspunkt auf der Liste.“

Isabel notierte sich etwas auf ihrem Handy und tippte ein Fragezeichen daneben.

Verwirrt setzte sich Anna Ziegler neben ihre Enkeltochter. Irgendwie ging ihr das alles zu schnell.

„Vielversprechender ist dieser Kandidat!“, fuhr Isabel fort. Zielgerichtet wanderte die Pfeiltaste über den Bildschirm. „Elite_Gatte_35. Wie es aussieht, ist er im diplomatischen Dienst. Das Foto ist nett, aber noch netter das Jahreseinkommen. He, fünfundachtzig Prozent Überschneidungspunkte! Noch ein bisschen mehr Muskeln, und er wäre was!“

„Triffst du den etwa auch?“ Anna Ziegler war überfordert.

Isabel schüttelte lachend den Kopf. „Oma, wie oft soll ich es noch erklären? Das sind lediglich Partnervorschläge, vom Computer erstellt. Ich muss abwarten, ob sich auch einer der Herren für mich interessiert. In dem Fall erhalte ich eine E-Mail.“

„Ach so.“ Anna Ziegler begriff es immer noch nicht.

„Insgesamt werden mir 1744 passende Kandidaten vorgeschlagen“, erklärte Isabel ihrer verdutzten Oma. „Wenn ich den Ortsfilter aktiviere, sind es allerdings nur noch 256. Aber ich denke, ich suche deutschlandweit. Je größer die Auswahl, desto besser!“

„1744?“, fragte Anna Ziegler fassungslos.

„Ja, 1744 mögliche Heiratskandidaten“, bestätigte Isabel nickend. „Schau mal hier! Ein Opernsänger. Aber sein Urlaubsprofil gefällt mir nicht. Wer will schon freiwillig in den kalten Norden?“ Rasch verließ sie die Seite des Künstlers.

Anna Ziegler schlürfte geräuschvoll an ihrem Tee. „Liebling, denkst du wirklich, dass du so einen passenden Partner findest? Irgendwie kommt mir das vor wie ein Bestell-Katalog!“

„Aber das ist es ja auch“, sagte Isabel Ziegler ungerührt. „Ein Katalog voller interessanter Männer.“ Sie klickte sich wahllos durch Fotos und Profile.

Anna Ziegler wurde schwindelig. Irgendwann stand sie leise auf.

„Weißt du, dein Opa und ich, wir haben uns damals beim Bäcker kennengelernt. Er stand in der Reihe vor mir und ließ mich vor. Als er mich aus seinen dunkelbraunen Augen ansah, war es um mich geschehen.“

„Ach, Oma. Das war früher. Heute ticken die Uhren anders. Nette Männer trifft man im normalen Alltag einfach nicht. Der Computer spielt eben ein bisschen Amor.“

„Ein sonderbarer Amor“, murmelte Anna Ziegler.

Es gefiel ihr nicht, nach welchen Kriterien ihre Enkeltochter nach einem passenden Partner suchte. Aussehen, Beruf, Geld und Urlaubsverhalten. War es nicht wichtiger, dass der Mann ein zuverlässiger Freund und einfühlsamer Vertrauter war?

Anna Zieglers Mann war weder besonders hübsch gewesen, noch hatte er je Karriere gemacht. Und trotzdem würde sie ihn jederzeit wieder nehmen.

„Manchmal wünschte ich, deine Eltern hätten dich nicht deine ganze Kindheit über ins Internat gesteckt“, sagte Anna Ziegler und gab ihrer Enkelin einen Kuss auf die Wange.

„Wie kommst du denn jetzt darauf? Das ist Jahre her, und mir hat es im Internat wirklich gefallen!“

Anna Ziegler seufzte. Ihr Sohn und seine Frau hatten als Reisejournalisten gearbeitet und waren den Großteil des Jahres unterwegs gewesen. Isabel, die sie einen kleinen Unfall nannten, hatten sie im Internat geparkt. Hier hatte sich Isabel zu einer strebsamen Schülerin entwickelt.

Heute lebten Isabels Eltern auf Ibiza und betrieben ihr eigenes kleines Hotel. Wirkliche Vertrautheit oder ein echtes Familienleben hatte es zwischen den Eltern und ihrer Tochter aber niemals gegeben. Natürlich waren sie stolz auf die Erfolge ihres einzigen Kindes. Aber sie genügten sich selbst, und Isabel war recht einsam aufgewachsen.

Nach dem Tod des Großvaters war Isabel schließlich zu ihrer Großmutter gezogen. Seither waren die beiden unzertrennlich.

„Ich gehe ins Bett“, sagte Anna Ziegler und streichelte ihrer Enkelin nochmal durchs Haar. Sie war sicher, in einer normalen Familie hätte Isabel eine andere Einstellung zu Partnerschaft und Liebe entwickelt.

***

„Und du denkst wirklich, dass wir unangemeldet vorbeischneien dürfen?“ Alexandra sah Stefan Frank unsicher an. Dr. Frank legte den Arm um seine Freundin. Es war Sonntag, und sie hatten spontan beschlossen, einen Ausflug zu machen.

„Glaub mir, er wird sich über unseren Überraschungsbesuch freuen“, beruhigte er sie. „Außerdem will ich die Romantik-Suite in Augenschein nehmen!“ Sanft drückte Stefan Frank seine Partnerin an sich.

Der liebevoll in Schuss gehaltene Hof lag in satter Nachmittagssonne. Ein Hahn hockte auf dem Misthaufen, und ein gescheckter Gaul graste auf der Heide.

„Wahrscheinlich hast du recht, und wir stören nicht“, überlegte Alexandra laut. „Als Landwirt ist man ja immer im Einsatz.“

Dr. Stefan Frank klingelte, und irgendwo miaute eine Katze.

Im gleichen Moment kam Rainer Stark mit einer Schubkarre um die Ecke. Als er seinen Arzt erblickte, huschte ein Anflug von Erstaunen über sein Gesicht.

„Dr. Frank! Sie wollen doch nicht etwa eine Kutschfahrt buchen?“

„Nein.“ Dr. Frank schüttelte lachend den Kopf. „Aber ich und meine Freundin waren in der Gegend, und ich wollte Ihr kleines Paradies einmal von der Nähe aus betrachten. Wenn Sie erlauben, würden wir außerdem gerne das neue Zimmer sehen. Wer weiß, vielleicht haben wir irgendwann Zeit für einen romantischen Kurzurlaub!“

Alexandra schmunzelte. Sie waren beide Ärzte, und freie Zeit war rar. Vermutlich würde es nur ein Traum bleiben – aber neugierig war sie trotzdem.

Stolz führte Rainer Stark seine unerwarteten Gäste durchs Haus. Momentan waren zwei der drei Ferienwohnungen belegt. Für das Romantik-Zimmer unter dem Dach gab es leider noch keine einzige Buchung.

„Wie hübsch!“, entfuhr es Alexandra, als Rainer die Tür aufschob.

Der Raum sah aus wie das Gemach einer Prinzessin. Ein zarter seidiger Vorhang umwehte das Himmelbett, und auf der antiken Kommode stand eine Vase mit tiefroten Rosen. Zwei gemütliche Ohrensessel neben einem rustikalen Ofen luden zum Verweilen ein.

Das Schönste aber war der Ausblick aus dem Erkerfenster. Über endlose Felder konnte man bis zum Schwarzen Forst, einem beliebten Waldstück, sehen.

„Wir werden auf jeden Fall Werbung machen!“, versprach Dr. Frank. „Sie haben hier wirklich einen verzauberten Ort erschaffen. Der perfekte Rückzugsort für Frischverliebte!“

Sie verließen das Zimmer wieder, und Rainer Stark führte die zwei Besucher hinunter in die Küche. Er hatte am Vormittag aus einer Laune heraus Streuselkuchen gebacken. Die unerwarteten Gäste kamen also gerade recht.

„Frische Milch kann ich Ihnen auch anbieten!“, sagte er. „Von einer glücklichen Kuh. Dort draußen steht sie auf der Weide!“

Alexandra und Dr. Frank lachten.

Die drei setzten sich, und interessiert wanderte Dr. Franks Blick durch das Zimmer.

„Oh. Sie sind ein Fan von Romeo und Julia?“, fragte er. Er deutete auf die Zeichnung der Balkon-Szene, die in einem Holzrahmen über dem Sofa hing.

„Ja“, bestätigte Rainer Stark und nickte verlegen. „Wir haben das Theaterstück damals in der Schule gesehen. Seitdem hat es mich nicht mehr losgelassen – vermutlich weil ich etwa zeitgleich Saroja kennenlernte. Sie erinnern sich vielleicht? Eine indische Austauschschülerin, ich habe Ihnen einmal von ihr erzählt.“

Dr. Frank nickte. Die Dramen seiner Patienten vergaß er nie. Die unerfüllte Liebesgeschichte von Rainer Stark hatte einen festen Platz in seinem Gedächtnis.

„Und die Fotos haben Sie selbst gemacht?“ Dr. Frank deutete hinüber auf eine Bilderleiste. Verschiedene Sonnenuntergänge waren darauf zu sehen. Sie waren so gut fotografiert, dass man hätte Kunst-Postkarten daraus machen können.

„Wie lustig, dass es Ihnen auffällt!“, sagte Rainer Stark. „Denn ob Sie es glauben oder nicht, es gibt einen sonderbaren Zufall.“ Aufgeregt legte der Landwirt seine Kuchengabel zur Seite.

Gespannt sahen Dr. Frank und Alexandra den Jungbauern an.

„Als Sie mir bei meinem letzten Besuch in der Praxis geraten haben, es mit einer Anzeige zu versuchen … Nun, am nächsten Tag habe ich mir die Grünwalder Morgenzeitung gekauft. Ich habe eher aus Neugierde die Annoncen durchgesehen und hatte nicht wirklich vor, selbst eine zu verfassen.“

Alexandra fasste unter dem Tisch nach Stefans Hand. Sie mochte es, wenn ihr Freund sich um das Seelenleben seiner Patienten kümmerte.

„Es klingt vielleicht verrückt. Aber ich bin über die Anzeige meiner zukünftigen Frau gestolpert“, ließ Rainer die Bombe platzen.

Verunsichert wechselten Alexandra und Dr. Frank einen Blick.

„Ihre zukünftige Frau?“, fragte Stefan Frank in die Stille hinein.

„Na ja, wohl eher die Frau, die für mich bestimmt ist. Sie wissen ja: Ich glaube fest an das Schicksal.“

Keiner der beiden Besucher sagte etwas.

Rainer Stark lächelte. „Ich weiß, dass Sie mich für weltfremd halten. Aber es ist wahr. Ich habe die Zeilen gelesen und wusste Bescheid. Ich versichere Ihnen, sie ist es.“

„Ich freue mich, dass Sie eine interessante Anzeige entdeckt haben“, versuchte Dr. Frank die Begeisterung seines Patienten zu dämpfen. „Aber versprechen Sie sich nicht zu viel. Haben Sie denn schon eine Antwort geschrieben?“

„Natürlich!“ Aufgeregt stand Rainer Stark auf. „Es kann doch kein Zufall sein, dass sie wie ich Romeo und Julia mag. Und dass Sonnenuntergänge sie verzaubern.“

Irgendwie kam das, was der junge Landwirt da von sich gab, Dr. Frank seltsam vertraut vor.

„Die Frau ist siebenundzwanzig“, fuhr Rainer Stark fort. „Ich will sie unbedingt kennenlernen.“

Dr. Frank war erleichtert. Für einen Moment hatte er gedacht, sein Patient hätte sich versehentlich in die Annonce von Isabel Zieglers Großmutter verguckt. Aber offenbar hatte er sich getäuscht, und es gab mehrere Frauen mit einer Vorliebe für Romeo und Julia und romantische Sonnenuntergänge.

„Wollen Sie noch Nachschlag?“, lud Rainer Stark seine Gäste ein und schob Alexandra ein weiteres Stück Streuselkuchen auf den Teller.

***

Es war mitten in der Nacht, als Isabel Ziegler erwachte. Die Schmerzen in ihrem Bein waren fast vollständig verschwunden, und vielleicht würde sie schon morgen wieder zur Arbeit gehen.

Es gefiel ihr nicht, untätig im Haus herumzuhängen. Die viele Ruhe machte sie träge, und sie wusste nichts mit ihrer Zeit anzufangen.

Unruhig wanderte sie auf Krücken in ihrem Pfarrhaus umher. Ihre Großmutter war wieder in ihre eigene Wohnung zurückgekehrt, und so ganz ohne Gesellschaft waren die Räume bedrückend still und einsam.

Schließlich beschloss Isabel, ins Internet zu gehen. Der Vorteil der virtuellen Welt war, dass es dort keine Öffnungszeiten gab. Auch nachts um halb drei konnte man interessante Verehrer beäugen.

Sie fuhr ihren Computer hoch und loggte sich ein. Drei Nachrichten warteten in ihrem Postfach. Mann_deiner_Träume_29 hatte ihr eine kurze Standardmail geschickt.

Hallo schöne Frau! Ich möchte dich kennenlernen!

Wenig originell! Außerdem gefiel ihr das Foto nicht. Mann_deiner_Träume_29 sah aus wie ein Yeti.

Die zweite Nachricht klang vielversprechender. Ein Investmentbanker schrieb über die vielen Gemeinsamkeiten, die ihm beim Lesen ihres Persönlichkeits-Profils aufgefallen seien. In der nächsten Zeile fragte er, ob Isabel einen Kinderwunsch hätte, da es bereits zwei Töchter aus einer ersten Ehe gab.

Manche Kandidaten fielen wirklich mit der Tür ins Haus. Wieso sprach er schon von Kindern, wo sie sich noch nicht einmal persönlich kennengelernt hatten?

Enttäuscht löschte Isabel auch diese Mitteilung. Bei der dritten Nachricht jedoch blieb sie hängen.

Liebe Unbekannte!, schrieb Amor_im_Dienst, der weder ein Foto angehängt hatte noch ein aussagekräftiges Profil besaß. Bitte lesen Sie meine Nachricht bis zum Ende, denn ich bin sicher, Sie sind die Richtige!

Das klang vielversprechend. Gespannt lehnte sich Isabel in ihrem Stuhl zurück.

Mein Name ist Lutz, und ich werde in wenigen Wochen fünfundsiebzig Jahre alt …

Entgeistert starrte Isabel Ziegler auf den Bildschirm. Was bildete sich dieser alte Knacker ein?! Erstellte sich frech ein Online-Profil, um über diesen Umweg junge Frauen zu belästigen! Ihr Blick glitt über die nächste Zeile.

Ich kann mir vorstellen, was Sie nun denken. Aber Halt! Ehe es zu Missverständnissen kommt: Ich suche nicht nach einer Frau für mich, sondern nach einer passenden Partnerin für meinen Enkel.

Aha, das erklärte so einiges.

Pascal ist neunundzwanzig Jahre alt, strebt eine politische Karriere an und verbringt sehr viel Zeit beruflich im Ausland. Sein Privatleben kommt seit Jahren zu kurz, weshalb ich mich kurzerhand darum kümmern möchte.

Zu Pascal passt eine sympathische, attraktive und gebildete Sie, die in der Oper eine ebenso gute Figur abgibt wie beim Gartenfest der Familie. Eine Persönlichkeit, die sowohl natürlich als auch stilvoll ist. Kurz gesagt: die passende schillernde Frau an seiner Seite!

Elektrisiert saß Isabel da. Das klang ja alles wie im Märchen!

Unsere Familie ist sehr vermögend, das ist der Grund, weshalb ich mich in diesem speziellen Forum nach einer Kandidatin umsehe, schrieb dieser sonderbare Lutz weiter. Und mein Instinkt hat nicht getäuscht. Denn als ich über Ihr Profil stolperte, hatte ich den deutlichen Eindruck, Sie könnten es sein! Wenn Sie erlauben, schicke ich Ihnen ein paar aktuelle Fotos meines Enkelsohns. Und sollte der Funke überspringen, steht einem Kennenlernen vielleicht nichts mehr im Wege …

***

„Aber Liebling!“ Anna Ziegler war nach dem aufgelösten Telefonanruf ihrer Enkelin direkt nach dem Frühstück zum alten Pfarrhaus geradelt. „Jetzt iss erst mal in Ruhe auf. Vergiss deine Tablette nicht. Und dann erkläre es mir nochmal in aller Ruhe. Seit wann suchen Großväter die Frauen für ihre Enkel aus? Irgendwie klingt diese ganze Geschichte mehr als komisch.“

Isabel fasste nach ihrer Kaffeetasse und verbrannte sich beinahe die Finger daran. So schusselig war sie wirklich lange nicht mehr gewesen.

Kein Wunder! Sie hatte die halbe Nacht kein Auge zugetan. Immer wieder hatte sie über die Zeilen von Amor_im_Dienst nachgedacht.

Sie brannte darauf, seinen Enkel kennenzulernen! Seit heute Morgen um sechs Uhr hatte sie immer wieder in ihrem virtuellen Postfach nach einer Nachricht geguckt. Wo blieben die angeforderten Fotos?

„Warum humpelst du jetzt schon wieder zum Computer?“, fragte Anna Ziegler irritiert.

Diese ganze Sache gefiel ihr nicht. Was wollte dieser komische alte Kauz von ihrer Enkelin? Am Ende gab es gar keinen Enkelsohn, und das Ganze war ein übler Scherz auf Kosten der gutgläubigen Isa.

„Ich warte auf Bilder!“, rief Isabel aus dem Nebenzimmer. „Es kann doch nicht so lange dauern, ein paar Fotos zu schicken!“

Es klingelte, und Anna Ziegler öffnete die Tür. Der Postbote hielt ihr ein braunes Kuvert entgegen. Als Absender stand die Grünwalder Morgenzeitung darauf.

„Isabel?“ Anna Ziegler war blass geworden.

„Oma? Komm schnell rüber! Die Fotos sind da. Mensch, wie lange braucht diese Kiste, die Bilder zu laden?“

Mit zögernden Schritten ging Anna Ziegler ins Wohnzimmer zurück. Das große Kuvert glühte in ihren Händen.

Ihre Enkelin stand tief über den Computer gebeugt, während Pixel für Pixel ein Bild entstand.

„Oh mein Gott!“ Isabel machte einen Schritt rückwärts. Dann trat sie wieder nach vorne und beugte sich noch tiefer über den PC.

„Was ist los?“

„Leonardo DiCaprio!“, hauchte Isabel. „Ich schwöre, dieser Pascal sieht genauso aus!“

Anna Ziegler wusste nicht, wer Leonardo DiCaprio war. Aber als sie das Foto sah, konnte sie die Verzückung ihrer Enkelin verstehen. Ein ausnehmend schöner junger Mann blickte sie an. Er sah aus wie ein Filmstar.

„Ich bin verliebt!“, durchbrach Isabel die andächtige Stille.

„Bist du nicht!“, holte Anna ihre Enkelin in die Realität zurück. „Sein Foto gefällt dir. Du solltest das nicht verwechseln.“

„Ach, das ist doch das Gleiche!“ Isabel hatte sich bereits wieder über die Tastatur gebeugt. „Ich will ihn so schnell wie möglich kennenlernen. Typen wie der bleiben nicht lange auf dem Markt.“

„Liebling! Du sprichst, als wäre der Mann eine Aktie.“

„Ist er in gewisser Weise auch!“, sagte Isabel achselzuckend. „Wer hat übrigens gerade an der Tür geschellt?“

„Der Postbote.“ Anna Ziegler legte den Umschlag vor Isabel ab. „Ich glaube, hier kommen die ersten Antworten auf meine Annonce.“

Begeistert sah Isabel ihre Großmutter an. „Mensch, Oma! Das ist doch ein wunderbarer Zufall! Mal sehen, welche charmanten älteren Herren sich von deiner Anzeige angesprochen fühlen!“

Sie riss das Kuvert auf und stellte enttäuscht fest, dass nur ein einziger Brief darin enthalten war. Mit ein paar mehr Antworten hätte sie schon gerechnet.

„Soll ich vorlesen?“ Isabel zwinkerte ihrer aufgeregten Großmutter verschwörerisch zu.

Anna Ziegler hatte vor Nervosität rote Flecken im Gesicht bekommen. Leicht schwindelig ließ sich die alte Dame in einen Sessel fallen.

„Liebe Fremde! Frau meiner Träume! Letzte Romantikerin!“

Erstaunt riss Isabel die Augen auf. Die Worte waren mit Füller auf zartrosa Büttenpapier geschrieben, und zwar in einer ausladenden, schnörkeligen Handschrift.

„Als ich deine Zeilen las, war es augenblicklich um mich geschehen. Ich weiß, dass das Schicksal uns füreinander bestimmt hat. Seit Jahren warte ich auf ein Zeichen!“

„Oh!“ Anna Ziegler rutschte unruhig auf ihrem Sessel hin und her. Sie wusste nicht, was sie von so viel Überschwang halten sollte.

„Nur einmal war ich in meinem Leben wirklich verliebt. Und diese Liebe dauerte lediglich zwei kurze Wochen!“

„Was?“ Entgeistert sahen sich Isabel und ihre Großmutter an.

„In einem ganzen langen Leben nur zwei Wochen verliebt gewesen?“, brach es fassungslos aus Isabel heraus.

„Vielleicht ist er Pfarrer?“, überlegte Anna.

„Nun aber höre ich, dass die Liebe wieder an die verwaiste Tür meines Herzens klopft …“, fuhr Isabel fort, vorzulesen. So kitschig er war – der Satz gefiel ihr.

„Weiter!“, drängte Anna Ziegler.

„Auch ich bin ein großer Fan von Romeo und Julia. Auch ich liebe die Natur und Sonnenuntergänge. Auch ich bin der letzte Romantiker. Es sind die kleinen Dinge und Gesten, die das Leben so wunderbar machen. Und wie schön wäre es für mich, das Wunder der Liebe mit dir zu erfahren!“

Isabel machte eine Pause. Dass Männer derart romantisch sein konnten, war ihr neu. Ihre Internetkontakte konnten sich eine Scheibe davon abschneiden.

„Steht noch was in dem Brief?“, drängte die Oma.

„Auch altersmäßig scheinen wir zu passen …“, las Isabel die Rückseite vor. „Ich bin achtundzwanzig, also nur ein Jahr älter als du. Wenn du uns eine Chance geben willst, gib mir Nachricht über eine Anzeige in der Grünwalder Morgenzeitung!“

Der Brief war nicht unterschrieben, sondern endete mit einem sonderbaren Symbol. Es sah aus wie eine umgedrehte Acht.

Verstört ließ Isabel den Brief sinken.

„Aber ich bin doch keine siebenundzwanzig!“, rutschte es der Großmutter heraus.

Schweigend stand Isabel auf. Sie ging in die Küche, riss die Grünwalder Morgenzeitung aus dem Altpapier und blätterte sich durch bis zu den Kontaktanzeigen.

„Scheiße!“

„Aber Isabel! So spricht man doch nicht!“ Die Großmutter war hinter die Enkelin getreten.

„Wenn es aber stimmt. Denen in der Redaktion ist da offenbar ein Zahlenverdreher passiert. Sie haben statt zweiundsiebzig die Altersangabe siebenundzwanzig abgedruckt!“ Verzweifelt wedelte Isabel mit dem blassrosa Brief vor der Nase ihrer Oma herum. „Was bitte sollen wir denn jetzt mit deinem letzten Romantiker machen?“

***

Es war knapp zwei Wochen her, dass Isabel Ziegler in Dr. Franks Praxis gewesen war. Diesmal sollte es nur eine kurze Nachuntersuchung werden. Strahlend und bei bester Gesundheit saß sie in seinem Besprechungszimmer.

„Ich glaube, jede Nachfrage erübrigt sich“, sagte Dr. Frank statt einer Begrüßung. „Sie sehen aus wie das blühende Leben! Darf ich davon ausgehen, dass alle Beschwerden verschwunden sind?“

„Ja.“ Isabel Ziegler nickte. „Ich kann das Bein wieder normal belasten und habe seit einigen Tagen keine Schmerzen mehr. Ich bin Ihnen wirklich dankbar. Nicht jeder Arzt hätte so schnell die richtige Diagnose gestellt.“

Dr. Frank tippte etwas in den Computer und schloss Isabels Akte. Er freute sich immer, wenn er Patienten helfen konnte.

„Und hat sich in Sachen Partnersuche etwas ergeben?“, fragte er, während Isabel sich zögernd vom Stuhl erhob. Er merkte, dass ihr noch etwas unter den Nägeln brannte.

„Ja!“, platzte es aus der jungen Frau heraus. „Und auch dafür bin ich Ihnen schrecklich dankbar: dass Sie mich überzeugt haben, es mit dem Internet zu versuchen. Morgen Abend habe ich eine erste richtige Verabredung.“

„Herzlichen Glückwunsch!“ Dr. Frank freute sich wirklich.

„Wir haben schon mehrfach miteinander geschrieben und auch telefoniert. Also nicht meine Verabredung, sondern sein Großvater.“

Dr. Frank runzelte die Stirn. „Das verstehe ich nicht.“

Isabel Ziegler zwirbelte eine Haarsträhne um ihren Finger.

„Ich wurde von einem alten Herrn angeschrieben, der eine Frau für seinen Enkelsohn sucht“, erklärte sie. „Er hat mir etliche Fotos von ihm geschickt, außerdem Angaben zu Interessen, Hobbys und Charakterzügen. Morgen nun findet ein erstes Kennenlernen statt.“

„Mit dem Großvater?“, fragte Dr. Frank verwirrt.

Isabel schüttelte den Kopf. „Nein! Ja. Nein!“ Sie lachte über ihren eigenen Wortsalat. „Der Großvater holt mich ab und bringt mich dann zu dem Restaurant, wo sein Enkelsohn wartet.“

„Und Sie glauben, so eine Kuppelei funktioniert?“

Isabel nickte. „Wir passen wirklich perfekt zusammen. Glauben Sie mir, ich habe es im Gefühl.“

„Na, dann wünsche ich Ihnen viel Glück!“, blieb Dr. Frank nur zu sagen.

Auf dem Weg nach draußen fiel Isabel ein, dass sie ihre Jacke in der Praxis hatte liegen lassen. Sie machte auf dem Absatz kehrt und eilte zurück zum Wartezimmer.

Im gleichen Moment, als sie den kleinen Raum betrat, kam ein anderer Patient ihr entgegengelaufen. Sie prallten unsanft gegeneinander, und Isabel Ziegler stolperte überrascht. Zwei kräftige Arme griffen nach ihr und verhinderten in letzter Sekunde, dass sie auf dem Boden landete.

Verwirrt sah Isabel Ziegler hoch. Der Mann hatte einen verwegenen Dreitagebart. Er blickte sie aus tiefbraunen Augen an, in denen ein paar goldene Punkte schwammen. Es sah aus, als wäre darin ein glühender Stern explodiert.

„Danke!“, sagte Isabel verstört.

Der Fremde lächelte zögernd. „Gern geschehen!“

Isabels Blick glitt über sein Gesicht und blieb an seinem Hals kleben. Eine quergestellte Acht baumelte an einem Lederband. Das Lederband war schwarz und rissig.

Sie und ihre Großmutter hatten dem anonymen Briefeschreiber nie geantwortet, sie wollten ihm die Enttäuschung ersparen. Aber jetzt musste Isabel schlagartig wieder an ihn denken. Mit genau dem gleichen Zeichen hatte der Mann unterschrieben.

„Was bedeutet das?“, fragte sie benommen. Ihr Herz pochte ihr bis zum Hals, und ihr war sonderbar flau zumute.

„Das ist ein Unendlichkeitssymbol“, sagte der Fremde. Seine Stimme zitterte. Womöglich war er krank.

„Na dann … tschüss!“, sagte Isabel.

„Tschüss!“, erwiderte Rainer Stark.

Isabel Ziegler ging in Richtung Praxisausgang davon, Rainer Stark in das Sprechzimmer für seine Tetanusimpfung.

***

Isabel Ziegler stand vor dem Spiegel. Sie fand, dass sie einfach umwerfend aussah.

Das rote Abendkleid hatte sie vor einem halben Jahr aus einem spontanen Impuls heraus in Paris gekauft. Damals hatte sie noch keine Ahnung gehabt, zu welcher Gelegenheit sie es tragen sollte. Nun aber schien ihr der richtige Augenblick gekommen zu sein.

Sie drehte sich einmal um sich selbst. Ihr Haar hatte sie extra für das Abendessen auf Lockenwickler gedreht. Das Ergebnis war eine beeindruckende blonde Mähne. Tiefroter Lippenstift, verführerisch schwarz umrandete Augen … Was auch immer Pascal von Papen erwartete – er würde nicht enttäuscht werden.

„Du siehst wie eine Prinzessin aus, Liebling!“, bestätigte Anna Ziegler, die extra vorbeigekommen war, um ihre Enkelin bei der Frage des richtigen Outfits zu unterstützen.

„So fühle ich mich auch, Oma!“, sagte Isabel glücklich. Seit Tagen fieberte sie auf den Termin hin. Heute endlich würde sie Lutz von Papens hübschen Enkelsohn Pascal kennenlernen.

„Weißt du was?“ Sie drehte sich zu ihrer Großmutter um. „Sobald ich Zeit habe, kümmere ich mich um eine neue Anzeige für dich. Ich will, dass du selbst auch mal wieder auf Wolken schwebst! Und ich bin immer noch sicher, mit der richtigen Altersangabe hätte sich der ein oder andere spannende Herr gemeldet!“

„Ach, Liebling, das ist einfach nichts für mich.“ Die Großmutter winkte lächelnd ab. „Wenn ich ehrlich bin, bin ich froh, dass ich mich nicht mit einem wildfremden Mann verabreden muss. Wobei ich zugeben muss, dass mich der Brief dieses ‚letzten Romantikers‘ sehr berührt hat. Vielleicht hättest du ihn ja treffen sollen?“

„Ich?“ Isabel tupfte sich einen Hauch Chanel hinter das Ohr. „Nein, für mich wäre der sicher nichts. Aber sein Schreibstil gefällt mir!“

Ihr fiel das sonderbare Symbol am Ende des Briefes wieder ein, die umgekehrte Acht, die auch um den Hals des Patienten in Dr. Franks Praxis gebaumelt hatte. Zwei tiefbraune Augen kamen ihr in den Sinn. Zwei kräftige Hände, die beherzt nach ihr griffen …

Eine Hitzewelle schoss ihr ins Gesicht, und für einen Moment begann alles um Isabel herum zu schwanken.

„Was ist los, Isabel? Hast du gerade ein Gespenst gesehen?“