E Book 11-20 - Stefanie Valentin - E-Book
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E Book 11-20 E-Book

Stefanie Valentin

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Beschreibung

Mit viel Herz und Verstand geht die Heimat-Heidi zur Sache, denn sie ist eine schöne Wirtin voller Tatendrang, die ihren Gästen und Mitmenschen jederzeit hilfreich zur Seite steht. Unterstützt, wenn auch nicht unbedingt immer in ihrem Sinne, wird Heidi dabei von ihrer nicht ganz volljährigen Tochter Steffi, einem feschen Mädel mit losem Mundwerk, und ihrer Mutter Luise, die keineswegs gewillt ist, kürzerzutreten und Heidi mit der Leitung des Bergerhofs alleinzulassen. Für schwungvollen, heiteren Familienzündstoff ist also bei aller Herzenswärme unserer Titelheldin jederzeit gesorgt! Mit viel Herz und Verstand geht die Heimat-Heidi zur Sache, denn sie ist eine schöne Wirtin voller Tatendrang, die ihren Gästen und Mitmenschen jederzeit hilfreich zur Seite steht. Unterstützt, wenn auch nicht unbedingt immer in ihrem Sinne, wird Heidi dabei von ihrer nicht ganz volljährigen Tochter Steffi, einem feschen Mädel mit losem Mundwerk, und ihrer Mutter Luise, die keineswegs gewillt ist, kürzerzutreten und Heidi mit der Leitung des Bergerhofs alleinzulassen. Für schwungvollen, heiteren Familienzündstoff ist also bei aller Herzenswärme unserer Titelheldin jederzeit gesorgt! E-Book 1: Du sollst doch mein Herzerl sein! E-Book 2: Der schüchterne Andi E-Book 3: Vom See verschlungen? E-Book 4: Die Klugheit des Herzens E-Book 5: Was wäre ich nur ohne dich? E-Book 6: Wann die Liebe auf Wanderschaft geht E-Book 7: Heidi befragt ihr Herz E-Book 8: Urlaub mit Hindernissen E-Book 9: Der junge Grantler E-Book 10: Die stolze Vroni

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Inhalt

Leseprobe

Du sollst doch mein Herzerl sein!

Der schüchterne Andi

Vom See verschlungen?

Die Klugheit des Herzens

Was wäre ich nur ohne dich?

Wann die Liebe auf Wanderschaft geht

Heidi befragt ihr Herz

Urlaub mit Hindernissen

Der junge Grantler

Die stolze Vroni

Leseprobe: Heimatkinder

Die Heimatkinder verkörpern einen neuen Romantypus, der seinesgleichen sucht. Zugleich Liebesroman, Heimatroman, Familienroman – geschildert auf eine bezaubernde, herzerfrischende Weise, wie wir alle sie schon immer ersehnt haben. Während eines Sommerurlaubs lernt der junge Förster Hannes Burger die bildhübsche Städterin Sonja Rosen kennen. Obwohl er seit Langem mit Marett, einem Dirndl aus seinem Dorf, verlobt ist, folgt er der schwarzhaarigen Sonja in die Stadt und verlebt hier eine Zeit unbeschwerten Glücks. Aber dann folgt die Ernüchterung, denn er sieht Sonja an der Seite eines anderen Mannes. Voll Reue kehrt Hannes in die Heimat zurück, fest dazu entschlossen, Marett um Verzeihung und einen neuen Anfang zu bitten. Nur mit ihr, so weiß er jetzt, kann er glücklich werden. Doch kaum ist er zu Hause angekommen, erkennt er, dass er zu lange gewartet hat: Marett hat ihr Jawort einem anderen gegeben …

Heimat-Heidi – Staffel 2 –

E Book 11-20

Stefanie Valentin

Du sollst doch mein Herzerl sein!

Warum ein junges Glück fast zerbrochen wäre …

»Mit der Brandner-Heike stimmt was net.« Luise schüttelte den Kopf. »Irgend etwas bedrückt das Madel. Sonst ist sie doch immer diejenige gewesen, die in ihrer Clique am lautesten gelacht und für Frohsinn gesorgt hat, und plötzlich ist’s aus damit? Sie hockt zwar bei den anderen, aber man könnt’ meinen, sie wär’ gar net da.«

»Dabei hätt’ sie doch allen Grund, glücklich zu sein«, erwiderte die Bergerhof-Heidi.

»Du meinst, weil von Hochzeit geredet wird?«

Heidi nickte. »Ja, der Thomas und sie sollen gar schon mit dem Pfarrer geredet haben.«

»Da schau her«, murmelte ihre Schwiegermutter, »das geht aber plötzlich rasch. Davon hab’ ich noch gar nix gehört.«

Die Heidi bewirtschaftete den sogenannten Bergerhof auf der Sonnenleiten hoch droben im Grottental. Die, bei Einheimischen wie Urlaubern, sehr beliebte Gaststätte hatte ihr Mann, der vor annähernd zehn Jahren beim Holzschlägern tödlich verunglückt war, hinterlassen, und seitdem stand Heidi dem Betrieb vor.

Außer ihrer Schwiegermutter Luise, mit der die Heidi sich sehr gut verstand, gab es noch ihre Tochter Steffi, die, wie sie häufig betonte, demnächst volljährig werden und Abitur machen würde.

Die Sonnenleiten gehörte zur Ortschaft Hinterjoch, die mit anderen Ortschaften die Gemeinde Alptal bildete, die zwischen Hindelang und Oberstdorf im Oberallgäu gelegen war.

Der Bergerhof war vor Jahren umgebaut und erweitert worden, wobei man darauf geachtet hatte, das alte Gebäude möglichst zu erhalten, und das Angebaute so elegant wie möglich den alten Elementen hinzuzufügen.

Entstanden war eine sehr schöne Einheit mit mehreren Gaststuben sowie Fremdenzimmern, so daß unterschiedliche Ansprüche der Gäste bedient werden konnten, denn manche mochten lieber modern, andere wiederum in alten Zimmern mit einem gewissen Flair untergebracht werden.

Vor allem bei den Einheimischen war die alte Gaststube beliebt, wo nichts verändert worden war, deren Wände holzgetäfelt waren, und wo zwischen vielen Gams-, Hirsch-, und Rehbockkrickln, alte Bilder, Fotos und Heiligenfiguren hingen.

In dieser Gaststube konnte man die Zeit vergessen und manch ein Auswärtiger, der zufällig mal hereingeschneit war, kam immer wieder zurück, nur um die Atmosphäre dieses Raums zu erleben.

Hier traf sich auch Heike Brandner einmal in der Woche mit Freunden. Dabei war es meist recht lustig zugegangen, und vor allem Heike war diejenige gewesen, die immer für Fröhlichkeit gesorgt hatte.

An jenem Tag saß sie still und eher nachdenklich da, genau wie die Luise es beschrieben hatte.

Die Brandner-Heike war ein sehr hübsches Madel, sie hatte braune Haare, wunderschöne Augen, die neben aller Fröhlichkeit jedoch auch sehr verträumt dreinschauen konnten. Heike arbeitete bei der Oberstdorfer Kurverwaltung, ihr Vater war bei der regionalen Raumplanung beschäftigt. Er hatte seiner Familie ein mehr oder weniger sorgenfreies Leben bieten können, man war aber nicht auf Reichtümern gebettet gewesen.

Neben Heike saß Thomas Kaiser. Die beiden kannten sich schon seit einigen Jahren, vor einem halben Jahr etwa hatte es bei den beiden gefunkt, wie man sagt, und seitdem galten sie als Paar.

Anfangs hatte man Heike nur lachend gesehen. Thomas, sie hatte ihn immer Tommi genannt, war ihr Traummann. Wenn er sie ansah, dann schmolz sie dahin, und er schien genauso glücklich zu sein wie Heike.

Bis vor drei Wochen, da war Heike zwar wie üblich in den Bergerhof gekommen, um mit ihrer Clique beisammen zu sein, doch ihre sonstige Fröhlichkeit war wie weggeblasen. Sie saß da, hörte den anderen zu, war jedoch meistens mit eigenen Gedanken befaßt, was man ihr ansah.

Zumindest einer sah es ihr an, Hansi Wallner. Der hatte mit der Heike die Schule besucht, sie waren gleich alt, und den Hansi hatte schon immer ein überaus freundschaftliches Verhältnis mit Heike verbunden.

Der Hansi saß an jenem Abend im Bergerhof der Heike gegenüber und sah sie aufmerksam an. Ihm war ihre Niedergeschlagenheit natürlich sofort aufgefallen, und nicht nur an jenem Abend hatte er mitbekommen, daß Heike anders war als sonst. Hansi war mal in Heike verliebt, da waren sie keine fünfzehn gewesen. Als er es ihr auf dem Weg zur Schule gestanden hatte, hatte sie ihn angelacht, ein Busserl auf den Mund gedrückt und gesagt, sie bedanke sich für sein Interesse, aber er solle mit den Spinnereien aufhören und wieder auf den Boden der Tatsachen heruntersteigen.

Hansi war damals einige Tage eingeschnappt gewesen, hatte sich zurückgesetzt gefühlt, aber irgendwann hatte er sein Schmollen aufgegeben, und er und Heike waren wieder die Freunde gewesen, die sie schon seit ihrer Kindheit gewesen waren.

»Was ist mit dir?« fragte er an jenem Abend irgendwann und obwohl Heike in Gedanken war und vor sich hinstarrte, wußte sie, daß der Hansi sie angesprochen hatte.

Irgendwann sah sie ihn mit ihren sonst so fröhlich dreinschauenden Augen an, gab aber keine Antwort. Hansi zog die Augenbrauen hoch, jetzt wußte er sicher, daß mit Heike was nicht stimmte, denn so sah sie einen nur an, wenn sie nicht mehr weiter wußte.

Als sie nach einiger Zeit aufstand und hinausging, folgte er ihr kurz darauf. Sie stand draußen auf dem Parkplatz und Tränen rannen ihr übers Gesicht.

Hansi stellte sich neben sie, sagte eine ganze Weile gar nichts, irgendwann sah er Heike an und fragte: »Willst du drüber reden?«

Heike schüttelte sofort den Kopf. »Ich... ich kann nicht.«

»Stimmt was nicht zwischen dir und dem Thomas?«

»Frag mich bitte nicht«, erwiderte Heike, »irgendwann, wenn ich kann und will, dann reden wir darüber, aber jetzt bitte nicht!«

*

Robert Kaiser sah seinen Sohn ärgerlich an.

»Wieso macht sie solche Zicken?« fragte er. »Wieso sieht ein Madel, das von Haus aus nix hat, net ein, daß wir uns absichern müssen?«

»Mir brauchst es net erklären«, erwiderte Thomas, »mir leuchtet es eh ein. Der Heike aber net. Sie argumentiert...«

»Wie sie argumentiert, ist mir vollkommen wurscht«, unterbrach ihn sein Vater, »wenn sie den Heiratsvertrag net unterzeichnet, dann wird’s keine Hochzeit geben.«

Thomas grinste. »Darauf wird sie’s net ankommen lassen. Sie liebt mich, und sie wird net auf mich verzichten wollen.«

Daraufhin sah Robert Kaiser seinen Sohn selbstgefällig an. »Dann ist ja alles in Ordnung. Was anderes hätte mich auch sehr enttäuscht, Junge.«

Robert Kaiser besaß eine Baumarktkette, einige Sägewerke und Thomas war sein einziger Sohn und Erbe. Schon lange bevor Thomas Heike seinen Eltern als seine Freundin vorgestellt hatte, hatte festgestanden, daß Thomas einmal nur mit einem Heiratsvertrag heiraten würde.

»Alles andere ist ein Schmarrn«, hatte er seinen Freunden verkündet, als einer von ihnen geschieden und zu hohen Unterhaltszahlungen verurteilt worden war. »Mir wird so was nicht passieren.«

Man hatte diskutiert, alle hatten durcheinandergerufen, bis Thomas sich vorgebeugt und gesagt hatte, eine Heirat mit ihm würde nur mit Heiratsvertrag stattfinden.

»Das Madel, das mich will, muß darauf eingehen oder aber es kriegt mich net«, hatte er getönt.

»Du Dummer«, hatte Ute Häuser geantwortet, »wart’ mal ab, bis du richtig verliebt bist, dann wirst schon sehen, was du verlangst, dann wirst ganz klein sein.«

Thomas hatte in seiner leicht überheblichen Art die Augenbrauen hochgezogen und geantwortet, bisher sei er noch nie so verliebt gewesen, daß er den Verstand verloren habe.

Er hatte damit seine drei Monate dauernde Beziehung mit Ute angesprochen, die sich damals rettungslos in ihn verliebt zu haben glaubte. Als er die Beziehung dann kurzerhand beendete, war für Ute eine Welt zusammengebrochen. Es hatte lange gedauert, bis sie sich von dem Schock des Weggeschicktwerdens erholt hatte, und erst ihre Bekanntschaft mit Uli Kanther hatten sie wieder ins Lebens zurückgerufen. Inzwischen wußte sie, daß das, was sie mit Thomas verbunden hatte, nichts mit Liebe zu tun gehabt hatte.

Thomas und sein Vater fuhren zusammen in einen ihrer Baumärkte. Dort hatten sie ihre Büros und leiteten gemeinsam ihre Unternehmungen, wobei das Sagen eindeutig bei Kaiser Senior lag.

»Treib die Sach’ mit der Heirat voran«, sagte der zu Thomas, bevor er in sein Büro ging. »Das Madel hat eine positive Ausstrahlung und das kommt gut bei unseren Kunden an. Wenn man sich schon wen ins Haus holt, dann muß es auch lohnen. Und die Geschicht’ mit der Jutta, die mußt beenden, falls du es net schon hast. Das geht nimmer, wenn du verheiratet bist. Jedenfalls anfangs net.«

Thomas nickte und grinste vor sich hin, als er in Richtung seines Büros weiterging. Sein Vater hatte eine ganz besondere Art, die Dinge genau auf den Punkt zu bringen und zu benennen, die er immer wieder bewunderte. Auch sonst war sein Vater sein großes Vorbild.

Als er sein Büro betrat, begrüßte er seine Sekretärin mit einem freundlichen Lächeln.

»Hallo, Juttaschatz«, sagte er, »wenn du bitte gleich mit mir kommen würdest.«

»Na klar...!«

Jutta war groß, gertenschlank, trug ihre langen blonden Haare offen und war Thomas treu ergeben.

Als sie sich damals um die Stelle beworben hatte, fing er sofort ein kleines Verhältnis mit ihr an, worauf sie sich ohne langes Fragen eingelassen hatte.

Dieses Verhältnis war nie offiziell gewesen, nie hatte Jutta irgendwelche Ansprüche angemeldet, weswegen Thomas ihr immer sehr wohlwollend gesinnt war. Man kann sagen, daß er auf Jutta zurückgriff, was er regelmäßig tat. Sie bewohnte ein kleines Appartement in Oberstdorf, wo auch Ferienwohnungen untergebracht waren, und wenn er sie besuchte, fiel es nicht weiter auf.

Thomas mochte unverbindliche Verhältnisse am liebsten, und das mit Jutta war ein solches. Er hatte es erst weitgehend aufgegeben, seit er mit Heike zusammen war.

»Ja, bitte?« Jutta blieb vor Thomas’ Schreibtisch stehen und sah ihn fragend an. Den Stenoblock hielt sie in Händen.

»Setz dich«, sagte Thomas und zeigte mit einer Kopfbewegung auf einen Stuhl.

»Du willst mir nichts diktieren?« Jutta sah ihren Chef und gelegentlichen Liebhaber fragend an.

Der schüttelte den Kopf. »Ein bissel mit dir reden will ich.«

Jutta schluckte. Sie ahnte, daß er ihr etwas für sie nicht besonders Angenehmes eröffnen würde.

»Daß ich inzwischen mit der Heike Brandner liiert bin«, begann Thomas, »das weißt du sicher.«

Jutta nickte.

»Wir... wir müssen unsere kleine Nebenhergeschicht’ beenden«, sagte er, »es geht nimmer, daß wir beide«, er grinste, »also, das muß ein Ende haben, so sehr ich es auch bedaure. Ich zahl’ dir weiter dein Appartement, aber ich zahl’s nimmer direkt an die Vermie­ter, sondern geb’ dir das Geld künftig bar. Dagegen wirst ja nix haben.«

Jutta zuckte mit den Schultern. Sie tat unbeteiligt, dabei war sie in Thomas verliebt, wie man es nur sein konnte. Seit sie ihn das erste Mal gesehen hatte, hatte es keinen anderen Mann mehr für sie gegeben.

»Das heißt nicht, daß wir unsere kleine Sache vollkommen beenden müssen«, fuhr Thomas fort. »Ich möcht’ nur, daß mein Vater nichts mehr davon mitbekommt.«

Jutta Schwarz nickte. Sie versuchte Thomas gleichmütig anzusehen, was ihr insofern gelang, daß er glaubte, sie reagiere sehr cool, so wie er es gern gehabt hätte.

Sie stand auf und fragte: »War das alles?«

»Ja, das war alles«, antwortete Thomas, dann lächelte er Jutta betont freundlich an und sagte, sie möchte doch mal zu ihm kommen.

Als sie es tat, küßte er ihr auf die Wange und tätschelte ihr das Hinterteil.

»Du wirst schon nicht zu kurz kommen«, flüsterte er ihr schließlich ins Ohr, »wenn du weißt, was ich damit sagen will. Wenn du möchtest, können wir morgen abend mal ein Bier zusammen trinken.«

Jutta nickte noch mal und verließ dann Thomas Kaisers Büro, der sich anschließend eine Zigarre anzündete, zufrieden dreinsah und zu arbeiten begann.

*

Hansi Auer hatte sich im Haus seiner Eltern, das in Hinterjoch gleich bei der Kirche lag, das Souterrain als Wohnung ausgebaut. Die Wohnung hatte einen eigenen Eingang, er war insofern unabhängig, hatte aber zu seinen Eltern ein sehr gutes Verhältnis, daß er, auch abends, oft bei ihnen saß und sich mit ihnen unterhielt.

Seine Mutter machte sich vor allem darüber Gedanken, daß Hans noch kein Madel hatte. Das heißt, er hatte schon öfter ein Madel gehabt, aber nach wenigen Monaten, meistens schon nach Wochen, war er wieder alleine gewesen.

»Du kannst mir sagen, was du willst«, sagte Hansis Mutter an jenem Abend zu ihrem Mann, »mit dem Buben stimmt was net.«

»Was soll denn net mit ihm stimmen?« Herbert Auer las abends immer in der Zeitung, was er auch jetzt tat. »Wo ist er überhaupt? Heut’ ist er gar net zum Abendessen dagewesen.«

»Er war vorhin da und hat gesagt, daß er heut’ net kommt«, erwiderte seine Frau. »Das wundert mich auch.«

Ihr Mann schüttelte lachend den Kopf. »Der Bub ist sechsundzwanzig. Andere sind in dem Alter verheiratet, haben Kinder und du wunderst dich, daß dein Sohn net zum Abendessen kommt.«

»Er ist auch irgendwie komisch in letzter Zeit«, versuchte Maria Auer ihrem Mann ihren Standpunkt klarzumachen.

»Komisch?« fragte der, »wie meinst du das denn?«

»Na, komisch halt«, erwiderte Maria. »Er kommt zum Beispiel net zum Essen, weil er angeblich keinen Hunger hat. Er unterhält sich net so wie früher, weil er oft nachdenklich dahockt und in Gedanken versunken ist.«

»Was ist daran so besonders?« Herbert zuckte mit den Schultern. »Jeder Mensch hat Phasen, in denen er anders ist als sonst. Vielleicht hat er beruflich Probleme oder...«

»Danach hab’ ich ihn doch schon gefragt«, erwiderte seine Frau, »aber er hat keinerlei berufliche Probleme.«

Hans hatte nach dem Abitur Informatik studiert und arbeitete bei einer Oberstdorfer Firma, die sich seine Dienste schon während seines Studiums gesichert hatte. Hans war ein beliebter Kollege, und in der Firma gab es mehrere Mädchen, die den Hans sehr gerne näher kennengelernt hätten.

Vor allem eine, Maren Zeitz, hatte ein Auge auf ihn geworfen. Maren war zwei Jahre jünger als Hans, sehr fesch, immer gut aufgelegt, und eine Zeitlang hatte es so ausgesehen, als wenn die beiden mehr verbinden würde, als eine kollegiale Freundschaft.

In der Tat hatten die beiden einige Wochen so was wie eine Beziehung, bis Hans auch die wieder aufkündigte, was er eher wortkarg, jedoch mit viel Entschuldigungen getan hatte. Maren hatte es wohl oder übel akzeptieren müssen, doch die Hoffnung, daß sie Hans doch noch bekommen würde, hatte sie nicht aufgegeben.

An jenem Abend, als seine Eltern sich über ihn unterhielten, hatte Hans lange gezögert, doch schließlich hatte er Maren angerufen und wissen wollen, ob sie sich nicht irgendwo zu einem Bier treffen könnten?

Maren sagte sofort zu, fragte lediglich, wo sie sich treffen wollten.

»Wenn’s dir nix ausmacht, das Grottental hinaufzufahren, dann treffen wir uns im Bergerhof«, antwortete Hans. »Wenn ich dich zu Haus’ abholen soll...?«

»Das wär’ natürlich schön«, antwortete Maren, »dann können wir uns schon unterwegs ein bissel unterhalten.«

»In zwanzig Minuten bin ich da«, antwortete Hans, dann zog er sich um, und kurz darauf war er unterwegs.

Seine Mutter hörte ihn aus dem Haus gehen, ging zum Fenster und sah dem davonfahrenden Wagen nach.

»Jetzt fährt der Hansi weg«, sagte sie.

»Ja und?« Ihr Mann schüttelte lachend den Kopf. »Eben hast dich beschwert, daß er nur zu Haus’ sitzt, und jetzt beschwerst dich, daß er wegfährt.«

»Ja schon, aber so spät noch?«

»Jetzt hör aber auf, es ist net mal acht und du tust so, als wär’ Mitternacht vorüber. Außerdem ist der Bub fast siebenundzwanzig. Da kann er tun und lassen was er will. Vielleicht fährt er ja zu einem Madel, wer weiß?«

Maria Auer stand immer noch am Fenster und sah hinaus.

»Der Bub fährt zu keinem Madel«, murmelte sie leise vor sich hin, »der Bub hat ein Madel tief in seinem Herzen. Leider... leider will sie ihn net.«

»Was hast gesagt?« fragte Herbert. »Ich hab’ kein Wort von dem, was g’sagt hast, verstanden.«

»Es ist net so wichtig gewesen«, erwiderte seine Frau.

Während seine Eltern sich noch über ihn unterhielten, stoppte Hansi seinen Wagen vor dem Elternhaus von Maren Zeitz. Sie wohnte in Schönbach, einem der Ortsteile Alptals.

»Hallo!« Maren war ein äußerst fesches Mädchen, das Hans mit einem Kuß auf die Wange begrüßte.

»Grüß dich«, erwiderte der, »entschuldige, daß ich dich so spät bemüh’, aber ich muß einfach mit wem reden.«

»Und da hast an mich gedacht?« Maren lächelte Hansi überaus freundlich an. »Dank’ schön...!«

Hans sagte nichts, er schwieg. Auch während er losfuhr und während der ersten Minuten sagte er kein Wort. Maren sah ihn ein paarmal von der Seite an. Irgendwann fragte sie: »Ist es denn was so Schlimmes, worüber du mit mir reden willst?«

Hans zuckte mit den Schultern. »Das kommt drauf an, aus welcher Position du hinschaust.«

»Worum geht’s?« wollte Maren wissen

Hans schwieg wieder. Sie fuhren schon eine Weile das Grottental hinauf, als er plötzlich murmelte: »Wenn es dir nix ausmacht, dann würd’ ich gern über die Heike mit dir reden.«

Maren wurde ein wenig blaß, dann nickte sie. »Ich hätt’s mir eigentlich denken können. Natürlich kannst mit mir über die Heike reden. Was ist denn los?«

»Ich glaub’, sie ist dabei, eine Riesendummheit zu machen«, erwiderte Hans.

»Eine Riesendummheit...?«

»Sie will Thomas Kaiser heiraten.«

»Was? Das kann doch nicht dein Ernst sein?« Maren starrte Hans erschrocken an.

Der lachte kurz auf. »Mein Ernst ist es sicher net, aber ihrer.«

»Was ist denn passiert?«

»Genau weiß ich es auch net«, erwiderte Hans. »Jedenfalls ist sie in den letzten Tagen, vielleicht sogar schon länger, ziemlich niedergeschlagen.«

»Niedergeschlagen, wenn man heiraten will?« Maren schüttelte energisch den Kopf. »Also, das kann ich mir net vorstellen. Wenn man heiraten will, ist man aufgeregt, aber net niedergeschlagen.«

»Sie ist aber total nachdenklich«, murmelte Hans, während er auf den Parkplatz des Bergerhofs fuhr.

Dort standen an dem Abend viele Autos. Auch der große BMW Thomas Kaisers war dabei.

Hans sah kurz hin, und Maren fragte, ob sie vielleicht woanders einkehren sollten?

»Nein, nein«, erwiderte der nette junge Bursche, »laß uns dableiben. Bei der Berger-Heidi fühl’ ich mich am wohlsten. In die anderen Gaststätten geh’ ich net gar so gern.«

Maren nickte. »Schon, aber andere gehen offensichtlich auch gern hierher.« Sie deutete auf den starkmotorigen BMW.

Hans grinste. »Der Thomas interessiert mich nicht so sehr. Daß er mit Heike zusammen ist, zeigt im Grund genommen nur, daß er einen guten Geschmack hat«, scherzte er etwas mühsam.

»Wenn’s dir nix ausmacht, ihn zu sehen...!« Maren zuckte mit den Schultern. »Mich interessiert der aufgeblasene Kerl eh net.«

»Wieso findest du ihn aufgeblasen und die Heike nicht?« erwiderte Hansi, wobei sein Gesicht Bände sprach.

»Wo die Liebe hinfällt«, sagte Maren.

Im gleichem Moment wußte sie, daß sie es so besser nicht ausgedrückt hätte.

Hansi Auer nickte. »Offensichtlich ist es so – wo die Liebe hinfällt.«

»Du kannst es aber auch wörtlich nehmen«, versuchte Maren zu retten, was zu retten war.

»Wie meinst du das?«

»Na, wenn die Liebe hinfällt, dann holt sie sich blutige Knie.«

Hans verzog das Gesicht zu einem schiefen Lächeln, dann betrat er hinter Maren den Bergerhof.

Einen Augenblick sahen sie in eine der neuen Gaststuben, doch dann drehten sie ab, gingen an der Thekenanlage vorbei in Richtung der alten Gaststube.

Am hintersten Tisch in der Ecke saß Thomas Kaiser mit Jutta Schwartz, seiner Sekretärin. Die beiden schienen sich köstlich zu amüsieren. Als Thomas mitbekam, wer die Gaststube betreten hatte, grüßte er freundlich, dann beugte er sich vor, redete einige Worte mit seiner Begleiterin, kurz darauf standen die beiden auf, grüßten durch ein Kopfnicken und hatten gleich darauf den Bergerhof verlassen. Kurz darauf hörte man den starkmotorigen BMW vom Parkplatz fahren.

»Jetzt weißt du, was ich meinte, als ich vorhin von einer Dummheit Heikes geredet hab’«, murmelte Hans.

»Du meinst, daß die Katze das Mausen nicht läßt?« Maren sah ihren Begleiter fragend an.

Der nickte. »Wenn du es so ausdrücken willst.«

»Was bedrückt dich denn so an der Sache?« wollte Maren nach einer Weile wissen.

Hans lachte kurz auf und zuckte dann mit den Schultern. »Wenn ich das so genau wüßt’.«

»Weißt du was ich denke?« fragte Maren.

»Was denn?«

»Daß du rettungslos in die Heike verliebt bist«, antwortete Maren. »Auch das unsere Beziehung damals nach wenigen Wochen schon in die Brüche gegangen ist, lag daran, daß du die Heike im Kopf hattest. Ich mach’ dir da überhaupt keinen Vorwurf. Aber du solltest es dir langsam eingestehen. Immer so zu tun, als ob du ihr großer Bruder wärst, der lediglich ihr Wohl im Sinn hat, also, das bringt dich net weiter. Und der Heike vermittelst auch net das richtige Gefühl.«

Hansi war immer tiefer auf seinem Stuhl in sich zusammengerutscht, wie ein alter buckliger Mann hockte er da. Er starrte vor sich auf die Tischplatte und war nicht in der Lage, auch nur einen Ton herauszubringen.

»Wenn du dich jetzt dasitzen sehen könntest«, sagte Maren, »dann wüßtest du, daß ich Recht hab’.«

»Am liebsten würd’ ich wegrennen«, murmelte Hans, dem man ansah, wie sehr die Gedanken an Heike ihn beschäftigten.

»Hansi...!« Maren fuhr ihm mit einer liebevollen Geste über den Kopf. »Du kannst einer Aussprache mit Heike nicht aus dem Weg gehen. So oder so nicht. Wenn sie erst mal mit dem Thomas verheiratet ist, dann ist’s zu spät.«

Hansi saß eine Weile stumm da, schließlich nickte er. »Du hast recht, ich komm’ net dran vorüber, mit der Heike zu reden. Sie muß wissen, was für einen Blödsinn sie tun will.«

Da schüttelte Maren den Kopf. »Das ist net die Hauptsach’, die Hauptsach’ ist, daß du der Heike gestehst, daß du sie liebst.«

Da schüttelte Hansi den Kopf. »Das kannst vergessen.«

»Warum?«

»Weil ich ihr meine Liebe schon mal gestanden hab’.«

»Ja und?«

»Sie hat mich ausgelacht und gesagt, ich soll das Spinnen aufhören.«

»Herrschaftseiten«, murmelte Maren, »also, damit hätt’ ich net gerechnet. Wann war das denn?«

»Vor elf Jahren, einem Monat und drei Tagen«, antwortete Hans. »Ich war damals net einmal sechzehn und die Heike knapp vierzehn.«

Maren starrte den jungen Burschen an ihrer Seite irritiert an.

»Und weil sie dir damals, als ihr mehr oder weniger noch Kinder wart, abgesagt hat, da hältst du dich bis heut’ zurück und überläßt einem wie Thomas Kaiser das Feld?« Das fesche Mädchen klopfte sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. »Ja, bist denn du noch ganz gescheit?«

*

Als Heike Brandner am späten Nachmittag des nächsten Tages von der Arbeit nach Hause kam, sie arbeitete bei der Oberstdorfer Kurverwaltung als Sachbearbeiterin, sagte ihre Mutter, daß Thomas Kaiser schon zweimal angerufen habe.

»Und?« fragte Heike, »um was ging’s?«

»Er möcht’ dich treffen«, antwortete Elfi Brandner.

»Warum ruft er net bei mir auf der Arbeit an, oder kommt vorbei?« wollte Heike wissen. »Das hat er doch sonst immer getan.«

»Sag mal, stimmt was net bei euch beiden?« Elfi sah ihre Tochter fragend an.

Heike, sie war ein ausnehmend hübsches Mädchen, zierlich, mit wunderschönen Augen und einem sehr ausdrucksstarken Gesicht, erwiderte den Blick ihrer Mutter, dann atmete sie tief durch.

»Ja«, sie nickte, »möglicherweise stimmt bei uns etwas nicht.«

Elfi Brandner wurde blaß um die Nase. »Aber wieso denn? Kind? Was ist denn?«

»Ich kann dir’s net sagen«, antwortete Heike. »Vielleicht später mal, jetzt geht’s net.«

»Magst den Thomas nimmer, oder...?«

Heike winkte ab. »Versuch erst gar net, herauszubekommen, was los ist, ich mag jetzt net darüber reden.«

»Mar’ und Josef.« Es hätte nicht viel gefehlt und Heikes Mutter hätte sich bekreuzigt.

»Ich werd’ jetzt gleich in die Badewanne steigen und dann ganz früh zu Bett gehen«, sagte Heike. »Gleich wer anruft, ich bin net für ihn zu sprechen.«

»Für den Thomas auch net?« Elfi Brandner sah ihre Tochter ein wenig ängstlich an.

Die schüttelte den Kopf. »Für niemanden...!«

Heike verschwand nach oben in ihre Zimmer. Neben einem Schlaf- und einem kleinen Wohnzimmer hatte sie dort ein großes Bad, wo sie Wasser in die Wanne laufen ließ.

Sie hatte sich schon fast vollständig ausgekleidet, als es an die Tür klopfte und ihre Mutter hereinsah.

»Der Thomas ist drunten«, sagte sie, »er möcht’ dich sprechen. Soll ich ihn heraufschicken?«

»Nein«, Heike schüttelte energisch den Kopf, »ich möcht’ ihn jetzt nicht sehen. Jetzt möcht’ ich baden.«

»Aber, Kind...!«

»Danke, Mutti.« Heike schob ihre Mutter aus der Tür und schloß dieselbe von innen ab.

Dann blieb sie einen Augenblick ruhig stehen und sah aus dem Fenster. Thomas’ Zweitwagen, ein Geländewagen der Nobelklasse, stand vor der Tür.

Kurz darauf kam Thomas aus dem Haus, stieg in seinen Wagen und fuhr mit aufheulendem Motor davon. Diesen Kavaliersstart legte er immer hin, wenn er wütend war. Er mußte sich immer sofort abreagieren, einen ausgeglichenen Charakter hatte er gewiß nicht.

Als Heike dann im warmen Wasser der Wanne saß, schloß sie die Augen, und wie immer, wenn sie sich bei einem Bad entspannen wollte, begannen ihre Gedanken hin und her zu wandern. Sie dachte an ihre Kindheit, im nächsten Moment an ihre Großeltern, dann an Thomas, und schließlich blieben ihre Gedanken bei Hansi Auer hängen.

Ärgerlich zog sie die Augenbrauen zusammen, denn an Hansi wollte sie ganz und gar nicht denken. Warum sie es nicht wollte, wußte Heike nicht zu beantworten.

Schon ein paarmal, wenn sie in letzter Zeit in Gedanken gewesen war und an Hansi gedacht hatte, war sie ärgerlich gewesen und hatte sich anderen Dingen als ihr entspannendes Gedankenspiel zugewendet.

Nach wenigen Minuten schon stieg sie aus der Wanne, trocknete sich ab und kleidete sich an. Sie mußte, um auf andere Gedanken zu kommen, unbedingt mit wem reden, gleich mit wem. Nur mit Hansi Auer nicht, das wußte sie.

Kurz entschlossen setzte sie sich in ihren Wagen, ohne bei ihren Eltern Bescheid zu sagen, wohin sie fuhr, was so gut wie nie vorkam, dann fuhr sie davon. Nach zwanzig Minuten stieg sie beim Bergerhof aus dem Wagen und betrat das Gasthaus.

»Hallo, Heike!« Die Bergerhof-Heidi lächelte das fesche Mädchen freundlich an. »Heut’ ist aber niemand aus eurer Clique da. Gestern...«

»Ich möcht’ eh keinen von ihnen sehen«, sagte Heike. »Ich möcht’ einfach nur ein bissel mit wem reden.«

Dabei sah sie die Heidi an, daß die auf sich zeigte und mit erstaunt klingender Stimme fragte: »Meinst am End’ mich?«

Heike nickte. »Wenn es dir nix ausmacht und du Zeit hast.«

Die Berger-Heidi lächelte und fragte, wo Heike sitzen wolle? »In der alten Gaststub’ oder lieber bei mir oben privat?«

»Lieber in der Gaststube«, antwortete Heike, »bei dir droben bin ich früher immer mit der Mutti gesessen, und die soll heut’ net dabeisein, auch net in Gedanken.«

»Aha...!« Die Bergerhof-Heidi zog die Augenbrauen hoch und sah Heike verwundert an. »Dann hast also was Schwerwiegendes auf dem Herzen?«

Das fesche Mädchen zuckte mit den Schultern und hatte gleichzeitig Tränen in den Augen.

»Kann schon sein«, sagte sie.

»Ich hol’ uns mal was zu trinken«, erwiderte Heidi, »du kannst ja schon mal vorgehen, ich komm’ gleich nach.«

Heidi und Heikes Mutter kannten sich schon seit ihrer Kindheit, waren sogar Freundinnen gewesen, und Heidi hatte Heike aufwachsen sehen. Daß sie seit einiger Zeit mit Thomas Kaiser zusammen war, hatte Heidi natürlich mitbekommen, und sie hatte auch schon mit ihrer Schwiegermutter darüber geredet.

»Die Heike ist gekommen und möcht’ mit mir reden«, sagte Heidi, als sie in die Küche kam, wo die Luise dabei war, Essen herzurichten.

»Dann gibt’s Probleme mit dem Thomas«, erwiderte die sofort. »Was wir letztens schon gesagt haben, wird eingetreten sein, er wird ihr den Laufpaß gegeben haben, wie schon so vielen anderen vor ihr.«

»Möglich«, sagte Heidi, »ich werd’s bald wissen.«

Dann ging sie in den Keller, holte eine Flasche besonders feinen Rotwein, nahm zwei Gläser und ging damit in Richtung der alten Gaststube. Dort hatte Heike inzwischen an einem Ecktisch Platz genommen.

Heidi grüßte freundlich nach allen Seiten und setzte sich zu dem feschen Mädchen.

»Ein Glaserl Rotwein wirst wohl mittrinken«, sagte Heidi.

Heike nickte. »Aber net ganz voll bitte. Ich bin mit dem Wagen da.«

»Ist schon recht«, erwiderte Heidi, dann lächelte sie Heike an und wollte wissen, wie es ihrer Mutter gehe?

»Gut«, nickte das hübsche Mädchen, »leider macht sie sich im Moment viel Gedanken.«

»Um den Thomas und dich?« wollte Heidi wissen.

Heike nickte. »So ist es.«

»Dann sind wir also schon beim Thema? Du hast Probleme mit dem Thomas? Hat er... ich mein’, hat er dir gesagt, daß Schluß ist?«

Heike lachte kurz auf und schüttelte dann den Kopf. »Nein, das ist es net.«

»Was denn? Wenn es das net ist, was kann denn sonst so arg sein, daß du neben der Spur bist? Du bist doch neben der Spur, oder?«

Die Bergerhof-Heidi sah die Tochter ihrer langjährigen Freundin fragend an.

Die nickte. »Ja, ich bin neben der Spur.«

»Und warum?«

»Der Thomas hat von Heirat gesprochen...!«

Heidi wußte nicht, was sie darauf sagen sollte, schließlich fragte sie, was daran so entsetzlich sei?

»Du bist doch mit ihm zusammen und wenn du glücklich dabei bist, dann ist eine Heirat doch das, was ein Madel sich wünscht, oder?«

Heike nickte. »Schon, aber hier gibt’s einige Probleme. Das heißt, es dreht sich alles um einen Punkt.«

»Und um welchen...?«

»Thomas möcht’, daß ich bei einem Notar einen Heiratsvertrag unterschreib’.«

»Einen Heiratsvertrag?« fragte die Berger-Heidi. »Meinst einen Vertrag, der regelt, wie ihr euch finanziell auseinanderdividiert, wenn ihr euch scheiden laßt?«

Heike nickte. »So ist es.«

Heidi musterte das hübsche Mädchen, dem inzwischen die Tränen in den Augen standen.

»Dich interessiert die finanzielle Seite net«, sagte sie, »aber du bist erschüttert, daß eine Trennung vertraglich geregelt werden soll.«

Heike nickte. »Wenn er mich lieben würd’, dann würd’ er eine Trennung gar net ins Auge fassen. Man kann doch net planen, daß wir uns trennen. Eine wirkliche Liebe hält doch ein ganzes Leben und ist net auf kurze Dauer ausgerichtet.«

Die Bergerhof-Heidi nickte. Sie wußte im Moment nicht, was sie dazu sagen sollte. Sie verstand Heike ausgesprochen gut, auch sie begriff nicht, daß man zur Hochzeit einen die Trennung regelnden Vertrag abschließen konnte.

Heike saß da und einzelne Tränen perlten ihr über die Wangen.

»Liebst du den Thomas so sehr?« fragte Heidi.

Heike zuckte mit den Schultern. »Ich denk’ schon.«

»Du weißt es net?«

»Ich hab’s immer gemeint.«

»Und jetzt hast du Zweifel?«

Heike nickte. »Wie kann man nur so was von einem Madel verlangen? Ich würd’ ihn doch net heiraten, weil er oder seine Familie reich ist. Ich heirat’ doch einen Mann, weil ich ihn liebe.«

»Ich weiß net, ob ganz richtig ist, was ich jetzt sag’«, erwiderte Heidi. »Aber möglicherweise ist dies eine Chance, alles noch mal gründlich zu überdenken?«

»Überdenken...?«

»Du könntest deine Gefühle für den Thomas mal auf die Probe stellen.« Heidi zuckte mit den Schultern. »Sieh es positiv, daß du noch mal prüfst, wie echt deine Gefühle sind. Wenn du den Thomas so sehr liebst, daß du unbedingt mit ihm zusammensein willst, dann wirst einen Ehevertrag auf jeden Fall unterschreiben, dann ist dir wurscht, was in einem solchen Vertrag steht. Dein Zögern und Wehklagen könnt’ aber auch ein Hinweis darauf sein, daß es mit deiner Liebe doch net so weit her ist.«

*

Als Elfi Brandner die Treppe herunterkam und zu Thomas sagte, daß Heike bade und ihn deswegen im Moment nicht sprechen könne, drehte er sich ärgerlich um und verließ das Haus von Max und Elfi Brandner wütend.

Dem schon beschriebenen Kavaliersstart fügte er eine rasante Weiterfahrt hinzu, und als er schließlich in Oberstdorf ankam, war er so wütend und fuhr so

rasant weiter, daß er in eine

Geschwindigkeitskontrolle geriet, und er prompt gestoppt wurde.

Der junge Polizeibeamte ging zum Wagen, machte ein Zeichen, daß Thomas das Fenster herunterlassen sollte. Der tat es, jedoch nur sehr widerwillig.

»Was ist denn schon wieder?« fuhr Thomas den jungen Beamten an, »habt ihr nix zu tun, als rechtschaffene Bürger anzuhalten?«

»Ihre Fahrzeugpapiere bitte und den Führerschein«, bat der junge Beamte.

»Schleich dich«, erwiderte Thomas.

Der junge Beamte winkte einem Kollegen, als der bei ihm war, bat er Thomas noch mal um seine Fahrzeugpapiere und den Führerschein.

»Ihr hirnrissigen Deppen«, fuhr der die beiden Beamten an, »Wißts ihr wirklich net, wen ihr vor euch habt? Was ihr beide an Gehalt im Monat bekommt, geb’ ich allein für Nebensachen aus. Also blast’s euch net so auf.«

»Würden Sie bitte aussteigen«, forderte der jüngere Beamte Thomas auf, während der andere mit seinem Sprechgerät nach weiteren Beamten rief.

»Gar nix tu’ ich«, erwiderte Thomas, dann griff er zum Zündschlüssel, um den Wagen zu starten.

Doch bevor er losfahren konnte, standen vor und hinter ihm zwei Streifenwagen, die sein Kollege herbeigefunkt hatte.

»Der Kaiser-Thomas...!« Einer der herbeigekommenen Beamten grinste übers ganze Gesicht. »Da schau her. Was ist denn passiert?«

»Die beiden Rindviecher wissen net, wer ich bin«, fetzte Thomas heraus. »Ich laß mich doch net von irgendwelchen Deppen anhalten und nach den Papieren fragen.«

Der herbeigekommene Beamte schüttelte grinsend den Kopf. Wie es aussah, freute er sich über die verbalen Entgleisungen des jungen Burschen.

»Es könnt sein, daß es diesmal ein bissel teurer wird als beim letzten Mal«, sagte er. »Außerdem dürft’ der Führerschein wohl einige Zeit auf Eis liegen.«

Ganz allmählich schien Thomas zu begreifen, was passiert war. Er stieg aus und sah den hinzugekommenen Beamten ein wenig ratlos an.

»Was kann man denn tun, um die Sach’ aus der Welt zu schaffen? Geht’s mit ein paar Hundertern zum Beispiel?« fragte er. »Ich mein’«, er nahm ihn bei der Schulter und wollte mit ihm beiseite gehen.

Doch der Beamte blieb stehen und schüttelte den Kopf.

»Ich rat’ dir«, sagte er, »erst einmal gar nix mehr zu sagen, sondern mit auf die Wach’ zu kommen, denn das mußt sowieso. Von dort rufst deinen Anwalt an, und bevor der net da ist, sagst auch nix weiter. Du hast genug geredet.«

»Wieso...?«

»Du bist wegen einem Verkehrsdelikt angehalten worden«, sagte der Beamte.

»Was soll ich denn getan haben?«

»Du bist in einer Zone Dreißig sechsundachtzig gefahren«, antwortete der Beamte.

Thomas lachte. »Sonst war nix?«

»Das reicht eigentlich schon«, sagte der Beamte. »Wie ich inzwischen gehört habe, kommen aber noch einige Dinge hinzu.«

»Was denn...?«

»Mehrfache Beamtenbeleidigung.«

Thomas lachte schon wieder.

»Das war alles? Dazu soll ich meinen Anwalt bemühen? Das zahle ich alles aus der Brieftasch’.«

»Das sehen wir ja dann«, erwiderte der Beamte. »Jetzt steigst erst mal in den Bus dort«, er

zeigte zu einem inzwischen hinzugekommenen Polizei-Kleinbus. »Dann fährst mit zur Wache, und da wird dann ein Protokoll aufgenommen.«

»Ruf meinen Vater an«, bat Thomas daraufhin.

»Das kannst von der Wache aus selbst tun«, erwiderte der Beamte, der das Grinsen, seit er dazugekommen war, noch nicht aus dem Gesicht verloren hatte.

Als Thomas mit müden Schritten zu dem VW-Bus ging, sich hineingesetzt hatte, und der Bus davongefahren war, kam der junge Beamte, der zuerst bei Thomas ge­wesen war, zu ihm und fragte, wer das gewesen sei?

»Der großkotzige Sohn eines großkotzigen Mannes«, erwiderte der Beamte. »Bisher hat der Alte den Junior irgendwie immer heraushauen können. Diesmal hat der Bursch aber einen solchen Blödsinn gemacht, daß es selbst dem alten Kaiser schwerfallen wird, alles wieder geradezubiegen.«

»Ich hab’ schon niedergeschrieben, was er zu mir gesagt hat«, erwiderte der junge Kollege, »und der Martin auch. Was er gesagt hat, als du dabei warst...!«

»... das werd’ ich Wort für Wort in ein Protokoll diktieren«, fuhr der Beamte fort.

»Du... du kennst ihn irgendwoher?« wollte der junge Beamte wissen.

Der etwa fünfunddreißigjährige Kollege nickte. »Ja, ich kenne den Kaiser-Thomas. Er ist kein schlechter Bursche, aber er hätt’ schon längst mal einen Dämpfer verdient!«

*

»Du Hornochse!« Robert Kaiser war stinkesauer, was man ihm unschwer ansah. »Wie kannst du nur eine ganze Ansammlung von Polizisten beleidigen? Wenn’s einer gewesen wär’, ja, das ist in Ordnung, aber gleich im halben Dutzend? Und dann auch noch den Habichler fragen, ob man’s mit ein paar Hundertern wieder in Ordnung bringen kann? Bist du völlig übergeschnappt?«

»Ich bin von der Heike gekommen.« Thomas Stimme hatte einen ganz anderen Klang als sonst.

»Was soll das denn heißen? fuhr sein Vater ihn an. »Willst du sie dafür verantwortlich machen?«

»Im gewissen Sinn schon.« Thomas Stimme hatte plötzlich einen aggressiven Unterton.

Sein Vater sah ihn irritiert an. »Was hat die Heike damit zu tun, daß du dich wie ein Idiot benommen hast?«

»Ich wollt’ zu ihr«, antwortete Thomas, »und sie hat mich net heraufgelassen. Ich war stinkesauer und bin dann halt ein bissel rasch gefahren.«

»Ein bissel rasch ist gut«, erwiderte sein Vater, »du bist um über fünfzig Stundenkilometer zu schnell gewesen.

»Was bringt das ein?« fragte Thomas. »Kann man das irgendwie regeln?«

»Du Rindvieh«, schrie sein Vater daraufhin. »Du stellst mir die gleichen blöden Fragen wie den Polizisten. Natürlich hätt’ man das regeln können. Aber doch net, wo du eine ganze Armada Polizisten herangeschrien hast. Jeder einzelne fühlt sich beleidigt und wird dich anzeigen. Und wenn es so viele wissen, dann kann keiner was regeln.«

»Du auch net?« Thomas sah seinen Vater hoffnungsfroh an.

»Nein, ich auch net«, antwortete der.

»Und was wird jetzt?«

»Zuerst einmal ist dein Führerschein weg«, antwortete Kaiser senior.

Thomas lachte. »Das glaub’ ich net.«

»Glaub’s ruhig«, erwiderte sein Vater, »da beißt keine Maus einen Faden ab. Wer wie ein Irrer durch eine Zone Dreißig fährt, der gehört normalerweise auch noch zum psychologischen Dienst.«

»Zu den Beklopptenärzten?« fragte Thomas.

»Wenn es so was geben würd’«, erwiderte sein Vater voller Sarkasmus, »dann würdest du einen ganzen Stab beschäftigen. Bei jedem anderen würd’ ich dafür plädieren, den Lappen abzunehmen, und zwar ohne Aussicht ihn wiederzubekommen.«

»Und bei mir?« Thomas grinste seinen Vater an.

Der schüttelte den Kopf. »Bei soviel Dämlichkeit auf einem Haufen würd’ ich dich am liebsten gegen irgendwen anderen eintauschen. Leider geht das net.«

Thomas wirkte plötzlich bedrückt. Wie ein kleiner ungezogen gewesener Junge, den man ausgeschimpft hatte, stand er da.

»Es tut mir leid, Vati«, murmelte er, »es es wird nimmer vorkommen.«

»Da bin ich mir sicher«, antwortete Kaiser senior, »denn ob du deinen Führerschein je wiederbekommst, wage ich zumindest zu bezweifeln.«

»Herrschaftseiten«, murmelte Thomas, »was mach’ ich denn jetzt? Ich muß mich doch bewegen können, Mobilität ist heute alles.«

Daraufhin grinste sein Vater. »Frag doch die Heike, ob sie dich herumkutschiert. Das wär’ doch eine gescheite Aufgabe für sie. Außerdem solltest ihr eh klarmachen, daß sie bald aufhören sollt’ mit Arbeiten für andere Leut’. Sie kann bei uns in der Verwaltung eine Position haben.«

Thomas sah seinen Vater einen Moment lang irritiert an, mit diesem Angebot hätte er offensichtlich auf keinen Fall gerechnet.

»Das ist nobel«, sagte er, »ich werd’s der Heike ausrichten. Sie wird sich garantiert freuen.«

»Und bring ihr das mit dem Heiratsvertrag endlich bei«, ergänzte sein Vater, »der Wagner-Franz und andere haben schon ein paarmal gefragt, wann denn endlich die Hochzeit ist. Das Madel hat eine gewissen Reputation in der Gegend. Der Vater und die Mutter übrigens auch, also, es sind durchaus rechtschaffene Leut’.«

Thomas nickte. »Da bliebe nur der Ärger mit meinem Führerschein.«

Da winkte Kaiser senior ab. »Also, ganz aussichtslos ist die Sach’ net. Ich hab’ schon an einigen Stellen ein bissel die Muskeln spielen lassen, und man hat mir signalisiert, daß sich in irgendeiner Art und Weise sich sicher was machen lassen würd’. Es würd’ uns allerdings eine gehörige Spende, an, was weiß ich auch immer, kosten.«

»Das ist doch super...!« Thomas wirkte wie ausgewechselt. Er grinste seinen Vater selbstbewußt, wie eh und je, an.

Doch der stauchte ihn noch mal zusammen. »Wenn du net ein bissel gescheiter wirst, dann seh’ ich eh schwarz. Das Madel, ich

mein’ die Heike, die hat einen anständigen Burschen verdient. Also, wenn ich ihr Vater wär’, ob ich dich als Schwiegersohn akzeptieren würd’, ich glaub’ eher net.«

*

»Hallo, Heike!« Hans Auer lächelte Heike Brandner freundlich an. Er war ganz plötzlich in ihrem Büro in der Oberstdorfer Kurverwaltung aufgetaucht, stand neben ihrem Schreibtisch und musterte das hübsche Mädchen auffallend lange.

»Servus, Hansi«, murmelte Heike. »Daß du mal hereinkommst? Ist was passiert?«

Hans schüttelte den Kopf. »Ich bin zufällig vorbeigekommen und da hab’ ich gemeint, ich schau mal herein. Hast... hast Zeit, mitzukommen und einen Kaffee zu trinken?«

»Jetzt...?« Heike sah auf die Uhr. »Eigentlich net.« Dann lächelte sie. »Aber weil du’s bist, komm’ ich mit. Gehen wir in

die Caféteria der Kurverwaltung?«

Hans zuckte mit den Schultern. »Wenn du magst.«

Heike tippte noch einige Daten in den PC, dann stand sie auf und schlenderte mit Hans durch eine Wandelhalle, vorüber an einer üppig gestalteten Pflanzenwelt, dann betraten sie die Caféteria und nahmen an einem der Tische Platz.

»Magst ein Stückerl Kuchen?« Hans sah Heike fragend an. »Oder sonstwas?«

Heike schüttelte den Kopf. »Nur einen Cappuccino bitte. Willst mich einladen?«

Hans nickte. »Ich... ich würd’ dich gern öfter mal einladen.«

Heike musterte ihn einen Moment unentschlossen, dann fragte sie: »Wozu denn?«

Hans zuckte mit der Schultern. »Was weiß ich? Wir könnten mal zur Germerhütte hinaufsteigen. Da gemütlich brotzeiten, nachher bei der Bergerhof-Heidi einkehren und...!«

»He, Hansi...!« Heike lächelte ihn freundlich an. »Was ist denn mit dir los?«

»Na ja, ich hab’ halt schon mal so Ideen«, murmelte Hans, dann verschwand er, um kurz darauf mit zwei Tassen zurückzukommen.

Heike sah ihm entgegen, und als er den Kaffee abgestellt und Platz genommen hatte, lächelte sie ihn an und fragte: »Sag mal, wieso hast du eigentlich keine Freundin?«

Hans bekam knallrote Ohren, suchte krampfhaft nach Worten, bis Heike ihn erlöste.

»Ich kenn’ ein Dutzend Madeln, die ganz narrisch darauf sind, mit dir eine Beziehung einzugehen«, sagte sie, »wieso bist du so uninteressiert?«

Hans atmete tief durch, nippte an seinem Capuccino und murmelte, es sei halt nicht das richtige Madel dabei.

»Die Mizzi vom Berghof ist doch eine ganz Fesche«, sagte Heike, »die ist ganz narrisch auf dich. Sie hat mir mal erzählt, wie süß sie dich finden würd’, und daß du sie net einmal anschauen würdest.«

»Na ja«, murmelte Hans, »mit dem einen oder anderen Madel hab’ ich ja schon mal eine kleine Geschichte gehabt. Aber... aber es war halt net das Madel dabei, das... also das ich so gern hab’, daß ich sagen könnt’, das ist sie.«

»Du bist wohl arg wählerisch...?« Heike lachte Hansl freundlich an. »Wie muß sie denn ausschauen?«

Der schüttelte den Kopf. »Wählerisch bin ich gar net mal, und wie ein Madel ausschaut, ist net gar so wichtig. Sie muß nur in... in meinem Herzen drinnen einen Platz haben.«

Heike sah ihn daraufhin eine Weile an, dann beugte sie sich vor und küßte ihn spontan auf die Wange.

»Du bist superlieb«, murmelte sie. Dann lächelte sie ihn verschmitzt an. »Weißt du noch, als du mir mal gesagt hast, daß du mich lieben würdest? Ich glaub’, ich war net einmal vierzehn. Du hast mich damals angeschaut, also, so hat mich nachher nie mehr wer angeschaut.«

Hans wich Heikes Blick aus und fragte unvermittelt, ob sie sich an der Seite Thomas Kaisers wohl fühle?

Das eben gerade noch so fröhliche Mädchen wurde binnen Sekundenbruchteilen still, und nun saßen beide schweigend und nachdenklich da.

»Entschuldigung«, murmelte Hans, dem natürlich auffiel, was er angerichtet hatte, »ich hätt’ dich das net fragen sollen.«

»Doch, doch«, erwiderte Heike, »du hast mit meiner plötzlichen Stille nichts zu tun.«

Beide saßen wieder eine Weile still da, dann fragte Hans:

»Magst noch einen Cappuccino?«

Heike nickte. »Gern, wenn du so lieb bist?«

Hans nahm die leeren Tassen und als er kurz darauf zurückkam, fragte Heike: »Erinnerst dich daran, daß du mich letztens auf dem Parkplatz vom Bergerhof gefragt hast, was ich hätt’? Ich hab’ geantwortet, ich könnt’ net darüber reden, jedenfalls da net.«

Hans nickte. »Ich erinner’ mich.«

»Weißt du, warum ich so niedergeschlagen war?«

»Warum?«

»Der Thomas und ich, wir wollen ja heiraten«, antwortete Heike, »er möcht’, daß ich vorher mit ihm zum Notar geh’ und einen Heiratsvertrag unterzeichne.«

»Aha...!«

»Er plant also schon unsere Trennung«, fuhr Heike fort, »ich hab’ gemeint, ich spinne.«

»Heiratsverträge schließen heute viele«, sagte Hans.

»Du hältst wohl auch noch zu ihm?« Empört sah Heike ihren Jugendfreund an. »Würdest du etwa auch einen Heiratsvertrag abschließen?«

Hans schüttelte sofort den Kopf. »Mit der Frau, die ich liebe, bräucht’ ich keinen Heiratsvertrag abschließen.«

»Und warum nicht?«

»Wenn ich eine Frau liebe, dann net für eine gewisse Zeit, sondern fürs ganze Leben...!«

Da atmete Heike tief durch. »Wieso kann der Thomas net ein bissel sein wie du?«

Hans sah verlegen unter sich, schließlich fragte er: »Wie soll’s denn jetzt bei euch weitergehen?«

Heike zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Eines ist aber sicher, ich werd’ diesen Heiratsvertrag net unterzeichnen, auf keinen Fall.«

»Und was wird, wenn der Thomas darauf besteht?« Hans sah Heike fragend an.

»Dann laß ich ihn zappeln«, antwortete die. »Eine Frau hat da schon ihre Möglichkeiten.«

Danach war Hans total wortkarg, brachte noch kaum einen Ton heraus. Schließlich fiel es auch Heike, die weiter munter

drauflos geplappert hatte, auf.

»Was ist denn mit dir?« fragte sie.

»Nichts weiter«, erwiderte Hans.

»Na ja«, sagte Heike, »ich muß eh wieder zurück ins Büro. Was ist denn mit unserem Gang hinauf zur Germerhütte? Willst immer noch, oder war’s nur ein Strohfeuer?«

»Ich würd’ schon gern...«

»Dann laß uns gehen«, sagte Heike. »Was hältst denn von Sonntag?«

»Im Ernst?« Hans schien die Möglichkeit, daß Heike zusagen würde, nicht ernsthaft ins Auge gefaßt zu haben.

»Na klar«, erwiderte die, »am Sonntag holst mich in der Früh’ zu Haus’ ab.«

»Und... und du willst dann wirklich mit mir zur Germerhütte?« fragte Hans. »Ganz alleine mit mir?«

»Ja sicher, was ist denn da dran so komisch?«

»Nix, ich hab’s nur net glauben können.«

*

»Wer holt dich ab?« Elfi Brandner sah ihre Tochter mehr als erstaunt an.

»Der Auer-Hansi«, antwortete diese, »was ist so komisch daran? Früher ist er doch oft bei uns gewesen?«

»Früher schon«, erwiderte Elfi Brandner. »Aber das ist doch schon lange her.« Dann lächelte sie. »Ich hab’ lange Zeit gemeint, aus euch würd’ mal ein Paar.«

Heike lachte kurz auf. »Das haben viele gemeint. Der Hansi eine Zeitlang sicher auch.«

»Und du?« wollte ihre Mutter wissen. »Hast net du auch mal daran gedacht?«

Heike schüttelte sofort den Kopf. »Nein, eigentlich net. Der Hansi und ich, also, wir waren die besten Freunde. Und Freunde, wie soll ich es sagen, also, Freunde, die sind befreundet, die reden super miteinander, über alles, auch über Dinge, über die man mit dem Mann, den man liebt, möglicherweise net redet.«

»Na«, Elfi Brandner atmete tief durch, »das hört sich an, als wenn ich’s net verstehen würd’.«

Heike sah auf die Uhr. »Jetzt müßt’ er aber bald kommen.«

Im gleichen Moment läutete es an der Tür.

»Siehst du«, sagte Heike, wobei sie lachte, »so sind Freunde, man kann sich auf sie verlassen.«

Dann ging sie zur Tür, um zu öffnen.

»Servus, Hansi«, sagte sie, »ich freu’ mich schon auf den Tag. Wir können wieder mal so richtig quatschen.«

»Hansi!« Man sah der Brandner-Elfi an, wie sehr sie sich freute, Hans zu sehen. »Daß ihr beide mal wieder was zusammen unternehmt, finde ich schön, wenn’s mich auch ein bissel wundert. Magst noch einen Kaffee? Und eine Semmel?«

Hans schüttelte den Kopf. »Dank’ schön, denn wenn wir bis zur Germerhütte wollen...!«

»Eine Tasse Kaffee kannst noch nehmen«, sagte Heike, »so lang’ brauch’ ich noch, um mich fertig zu machen.«

»Na siehst du.« Die Brandnerin schenkte eine Tasse Kaffee ein und setzte sich dann zu Hans, der inzwischen Platz genommen hatte, an den Tisch.

Eine Weile war es still in der Küche des Brandnerschen Hauses, bis die Elfi fragte, ob Hans denn keine Freundin habe?

Der schüttelte den Kopf.

»Oh«, erwiderte Heikes Mutter, die offensichtlich mit einer anderen Antwort gerechnet hatte, »das... das tut mir jetzt aber leid.«

Hans lächelte.

»Das braucht dir net leid tun. Ich such’ halt immer noch nach der richtigen.«

»Der Max und ich haben ja lange Zeit gemeint, daß aus dir und der Heike mal ein Paar würd’, erwiderte Elfi, »aber wie’s ausschaut, haben wir uns geirrt.« Dann lächelte sie. »Das heißt, der Max ist immer noch der Ansicht, daß du und die Heike...«

Die betrat im gleichen Moment wieder die Küche und Hansi stand auf.

»Also dann, viel Spaß euch beiden«, sagte Elfi Brandner. »Was... was soll ich denn sagen, wenn der Thomas anruft oder kommt?«

»Sag ihm, ich wär’ mit dem Hansi unterwegs!«

»Das soll ich wirklich sagen?« Man hörte Elfi Brandners Stimme an, daß ihr nicht gefiel, dies sagen zu sollen.

Doch Heike nickte, dann lachte sie ihre Mutter an und war Augenblicke später in Hans Auers Wagen gestiegen, der gleich darauf gestartet wurde und davonfuhr.

»War das eben der Auer-Hans?« fragte Max Brandner, als er zum Frühstück herunterkam.

»Ja, das war er«, antwortete seine Frau, »und weißt du was?«

»Was?«

»Ich glaub’, der ist immer noch in die Heike verliebt.«

Max Brandner nickte. »Das kann ich mir vorstellen. Und ich denk’ mal, daß er sich berechtigte Hoffnungen machen kann.«

»Aber wieso denn?« entrüstete sich seine Frau. »Die Heike ist mit dem Thomas zusammen. Du weißt doch, daß sie heiraten wollen.«

Da winkte ihr Mann ab. »Das Ganze ist ein Blödsinn. Die Heike und ein Typ wie der Thomas. Das paßt hinten und vorn net. Der Hansi ist der, der zu unserer Tochter paßt. Er ist in sie verliebt, sagst du. Und ich ich sag’ dir, daß unsere Tochter in den Hansi verliebt ist.«

»Ja spinnst du denn jetzt?« Die Elfi tippte sich gegen die Stirn. »Wie soll sie in den Hansi verliebt sein, wenn sie mit dem Thomas geht? Das paßt doch net zusammen. Hör endlich auf, dir was einzureden.«

»Ich red’ mir nix ein«, erwiderte Max Brandner, »ich sag’ dir nur, was ich denke.«

»Und wieso ist die Heike dann net mit dem Hansi zusammen?« wollte Elfi wissen.

»Das kann ich dir sagen«, antwortete ihr Mann. »Weil der Hansi immer dagewesen ist. Der gehört sozusagen zu ihrem Inventar. Und da sucht sie net nach dem Mann, den sie liebt. Sie liebt ihn, laß es dir gesagt sein, sie weiß es nur noch net.«

*

»Da schau...!« Heike war stehengeblieben und zeigte zum gegenüberliegenden Berg.

»Was ist denn da?« Hans stand zwei Meter vor ihr und sah auf die andere Talseite.

»Hier mußt herkommen«, antwortete Heike, »dann kann ich dir’s genau zeigen.«

Hansi ging zwei Schritte zurück und als er nah bei Heike stand, legte sie ganz plötzlich beider Arme um ihn und lächelte ihn vergnügt an.

»Was würdest denn sagen, wenn ich dich jetzt küssen würd’?« fragte sie.

Hans wußte keine Antwort, sah sie nur an, schließlich zuckte er mit den Schultern.

»Was soll ich da sagen?« fragte er.

»Würdest du dich freuen oder nicht?«

»Sicher würd’ ich mich freuen.«

»Dann magst mich also immer noch?«

Hans nickte lachend. »Du kannst dumm fragen.«

Da legte Heike ihre Arme um Hansis Schultern, zog ihn ein wenig zu sich heran und küßte dem völlig verdutzten auf beide Mundwinkel, dann ganz behutsam auf den Mund.

Hansi stand da, starrte sie an und fragte schließlich, was das solle?

»Mich narrisch machen brauchst net grad«, sagte er, »und mich an der Nas’ herumführen, muß auch net sein. Wenn es das war, was du wolltest, weswegen du überhaupt mitgekommen bist, dann können wir gleich wieder umkehren.«

Heike hatte einen knallroten Kopf bekommen, nahm schließlich ihre Hände von seinen Schultern, dann entschuldigte sie

sich.

»Es tut mir leid«, murmelte sie, »du hast recht, das... das hätt’ ich net tun sollen.«

Es dauerte einen Moment, dann nickte Hans.

»Ist schon recht«, sagte er, »laß uns weitergehen.«

Sie hatten inzwischen den halben Aufstieg zur Germerhütte, die auf der Germeralm am Westhang des Lämmerkogls lag, geschafft. Bisher hatten sie sich beim Gehen unterhalten, was sie nun nicht mehr taten.

Irgendwann, man konnte inzwischen die Germerhütte schon sehen, blieb Heike wieder stehen, griff nach Hansis Arm und hielt ihn fest.

»Wart mal«, murmelte sie mit weicher Stimme, »ich... ich möcht’ mich noch mal bei dir entschuldigen. Was ich vorhin getan hab’, das war großer Mist. Es tut mir wirklich leid. Ich hab’ einfach so nach meinem Gusto gehandelt und net weiter darüber nachgedacht. Sei mir bitte nimmer bös’, das... also, das könnt’ ich net ertragen.«

Hansi sah Heike an, eine ganze Weile sahen sie sich in die Augen, dann lächelte er und nickte.

»Daß ich dir net bös’ sein kann«, sagte er, »das müßtest du eigentlich wissen.« Dann zeigte er in Richtung Germerhütte. »Da müssen wir noch hin.«

Heike atmete tief durch, lächelte befreit und nickte. »Dann laß uns nimmer herumstehen. Ist die Vroni immer noch Sennin, oder ist inzwischen eine andere oben?«

»Noch immer ist die Vroni oben«, erwiderte Hans. »Die geht auch so rasch net weg von der Alm. Sie ist annähernd vierzig Jahr’ dort droben, sie hat mal gesagt, die Germeralm wär’ ihre Heimat.«

Heike musterte Hans schon eine ganze Weile, dann nickte sie.

»Es ist verwunderlich, daß ein Mensch so lang’ alleine in solch einer Abgeschiedenheit leben kann«, murmelte sie schließlich.

Hans nickte. Dann sagte er: »Ganz freiwillig ist die Vroni auch net auf die Alm gegangen.«

»Wieso? Was meinst denn damit?«

»Wie soll ich das sagen«, murmelte Hans. »Sie..., sie ist in wen verliebt gewesen, damals war sie drei- oder vierundzwanzig, und derjenige, welcher, hat sie dann sitzen lassen. Sie ist derart enttäuscht gewesen, daß sie auf die Alm gegangen ist, und da ist sie heut’ noch.«

»Woher weißt du das denn alles?« Heike sah Hans mit großen Augen an.

»Sie hat’s mir erzählt«, antwortete der.

»Wann denn?«

»Irgendwann, als ich droben bei ihr war.«

»Bist du denn öfter bei ihr gewesen?«

Hans nickte. »Ja, ich geh’ öfter hinauf zu ihr.«

»Da schau her«, murmelte Heike, »das wußt’ ich ja gar net. Wie oft gehst denn herauf?«

»Das ist unterschiedlich...«

»Wie oft denn, wenn es viel ist?«

Hans räusperte sich. »Es hat Zeiten gegeben, da bin ich jeden Tag hinaufgegangen zu ihr.«

»Was? Warum denn das?« Mit großen Augen sah Heike den Hans an.

»Na ja«, antwortete der, wobei er ein wenig verlegen wirkte, »mit der Vroni kann ich gut reden, und sie versteht auch, was ich ihr sag’.«

Als Heike ihn daraufhin ansah, wirkte sie ein wenig enttäuscht.

»Ich hab’ immer gemeint, wenn was Besonderes wär’, dann würden wir beide miteinander reden«, sagte sie schließlich. »Du mußt doch net auf die Germeralm gehen, ich bin doch viel näher. Das hab’ ich wenigstens gemeint.«

Hans wiegelte seinen Kopf. »Ich weiß auch net, wie’s dazu gekommen ist, daß ich mit der Vroni ins Gespräch gekommen bin. Irgendwann haben wir halt mal geredet. Der eine hat das erzählt, der andere dies.«

»Was hast du der Vroni denn erzählt?« Heike ließ Hans jetzt nicht mehr aus den Augen.

»Mar’ und Josef, Heike«, murmelte Hans, »du kannst vielleicht fragen. Dies und jenes. Was mich halt bewegt hat.«

»Was hat dich denn bewegt?«

»Das waren ganz persönliche Dinge.«

»Ganz persönliche Dinge also«, murmelte Heike, »das ist ja interessant. Und die erzählst du einer Sennerin auf der Alm. Und mir sagst keinen Ton von dem, was dich bewegt. Dabei hab’ ich immer gemeint, uns beide würd’ ganz was Besonderes verbinden.«

Hans antwortete lange Zeit nichts, dann sah er Heike herausfordernd an.

»Du bist vielleicht gut«, sagte er, »weißt du eigentlich, wie oft du mir net einmal zugehört hast? Wie oft ich versucht hab’, mit dir zu reden? Aber du hattest keine Zeit, weil du dies oder jenes vorhattest. Und seit es Thomas in deinem Leben gibt, kann man eh nimmer mit dir reden. Du hast dich einfach ausgeklinkt. Du hast offensichtlich einen Herrn und Meister gefunden, der dir was weiß ich, was bedeutet!«

Mit knallrotem Gesicht stand Heike da und starrte Hans benommen an. Dann drehte sie sich um und ging den Steig in Richtung Germeralm weiter. Ob Hans ihr nachkam, schien sie nicht zu interessieren.

Hans atmete tief durch, dann ging er langsam hinter Heike her. Dort, wo man auf die Alm trat, wartete sie. Zuerst vermied sie es ihn anzusehen, als sie es dann tat, hatte sie Tränen in den Augen.

»War ich wirklich so schlimm?« fragte sie. »Ich hab’ gemeint, ich hätt’ dir immer zugehört und Zeit für dich gehabt.«

»Das hast du ja auch«, erwiderte Hans. »Manchmal halt net, wenn...!«

»... wenn du mich gebraucht hättest«, vollendete sie den Satz.

Hans zuckte mit den Schultern. »Möglich. Aber ich hätte nie einen Ton dazu gesagt. Das Gespräch vorhin ist halt blöd gelaufen.«

Daraufhin musterte Heike den Hans aufmerksam. »Ich würd’ dich gern was fragen.«

»Warum tust du’s dann net?«

»Du bist mir aber net bös.«

Hans schüttelte den Kopf. »Natürlich bin ich dir net bös’.«

»Ich... ich wollt’ fragen«, murmelte Heike, »ob du vielleicht eifersüchtig auf den Thomas bist.«

Hans tat so, als erstaune ihn die Frage. »Eifersüchtig auf den Thomas? Wieso sollt’ ich auf ihn eifersüchtig sein?«

»Du bist es net?«

Hans schüttelte den Kopf.

Da atmete Heike auf. »Dann ist’s ja gut.«

*

Die Vroni war sechsundsechzig Jahre alt, seit einundvierzig Jahren Sennerin auf der Germeralm, die ihr inzwischen mehr als Heimat war.

Sie bewirtschaftete während der Sommermonate das Almvieh des Germerbauern aus Vorderstein, stellte Käse und Butter her und lieferte einen Teil der Milch ins Tal zum Hof, wo sie weiterverarbeitet oder an die Molkereigenossenschaft abgegeben wurde.

Daß die Vroni zumindest mal ein fesches Madel gewesen war, sah man heute noch. Ihre Gesichtszüge waren immer noch sehr ebenmäßig, sie hatte noch wunderschöne Zähne und sie hatte ihre gute Figur behalten.

Als sie Hans und Heike die Alm heraufkommen sah, rätselte sie zuerst, wer mit Hans kam, den hatte sie nämlich erkannt, aber wer konnte das Madel sein.

»Au weia«, murmelte sie vor sich hin, als sie mitbekam, wen der Hans da mitbrachte, »jetzt wird’s interessant.«

»Na, ihr beiden«, begrüßte sie die Ankömmlinge, »was bringt euch denn an einem Sonntag zu mir herauf auf die Alm?«

Es war inzwischen Mittag, Hans und Heike hatten einen gehörigen Weg hinter sich, weswegen sie ein wenig außer Atem waren und nicht gleich antworten konnten.

»Der Hans hat vorgeschlagen, zu dir auf die Alm zu gehen«, erwiderte Heike, »da sind wir.«

Vroni lächelte. »Ja, ja, der Hans.«

»Er hat mir eben erzählt, daß er schon öfter bei dir gewesen ist«, sagte Heike, »ich bin fast ein bissel eifersüchtig.«

»Da schau her.« Die Vroni lachte. »Eifersüchtig bist also. Ich denke, du willst den Kaiser heiraten.«

»Wer sagt das?«

»Das hab’ ich von mehreren ge­hört.«

»Das..., das ist noch gar net sicher«, antwortete Heike.

»Aha«, die Vroni tat erstaunt, »und ich dacht’, das wär’ eine besprochene Sach’.«

»Darüber gesprochen worden ist, ja, aber daß ich zugesagt hätt’, also, das ist net so.«

»Da schau her«, die Vroni lächelte und warf Hans, der mehr oder weniger unbeteiligt dabeistand, einen raschen Blick zu, »dann haben also andere auch noch Chancen.«

»Noch ist alles offen.« Heike lachte gezwungen.

»Wollts ein bissel draußen sitzen oder herein in die gute Stube kommen?« fragte Vroni. »Ich hätt’ einen Apfelstrudel da. Den hat gestern die Bäuerin selbst heraufgebracht und eine ganz frische Milch hätt’ ich auch.«

Heike nickte. »Da freu’ ich mich schon drauf. Du ißt doch auch ein Stück Strudel, oder?« Sie sah Hans an.

»Der Hans ist eher für’s Deftige«, erwiderte die Sennerin, »der bekommt immer frisches Bauernbrot und einen Kas dazu. Oft ißt er auch nur einen Kanten Brot mit Butter drauf.«

»Ihr beide kennt euch wohl ziemlich gut«, sagte Heike.

Da nickte die Vroni. »Ja, das kann man sagen. Irgendwie sind wir ähnlich vom Leben getroffen.«

»Ähnlich vom Leben getroffen?« fragte Heike. »Was..., was meinst denn damit?«

»Das würd’ heut zu lang’ dauern«, antwortete die Vroni, »vielleicht ein anderes Mal. Also, bleibts draußen oder wollts lieber hereinkommen?«

»Ich bin schon so lang’ nimmer heroben bei dir gewesen, ich würd’ gern wieder mal hineinschauen«, sagte Heike.

»Dann komm.« Vroni ging vor und öffnete die Tür. »Schau dich um, aber schau net zu genau, ganz rein ist’s bei mir nämlich net. Da hab’ ich jetzt keine Zeit zu.«