Eine Leiche im Badehaus - Lindsey Davis - E-Book
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Eine Leiche im Badehaus E-Book

Lindsey Davis

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Beschreibung

Ein tödliches Geschäft: Der fesselnde historische Kriminalroman »Eine Leiche im Badehaus« von Lindsey Davis jetzt als eBook bei dotbooks. Rom, 75 nach Christus. Die Rivalität zwischen Marcus Didius Falco, dem besten Privatermittler im Imperium Romanum, und dem kaiserlichen Oberspion Anacrites hat ein neues, gefährliches Ausmaß erreicht. Um seine Familie nicht zu gefährden, sieht sich Falco gezwungen, seine Heimat zu verlassen und folgt einem Auftrag Vespasians ins entfernte Britannien: Bei den Bauarbeiten eines prachtvollen Palastes kommt es zu unerklärlichen Unfällen. Was zunächst wie Korruption aussieht, wird schnell tödlicher Ernst, als die Leiche des Architekten gefunden wird. Bald muss Falco erkennen, dass auch sein eigenes Leben in Gefahr ist … »Dieses Buch ist ein Vergnügen für alle Falco-Fans und wird bei jedem ankommen, der jemals Handwerker zu Hause erduldet hat.« Sunday Telegraph Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der packende historische Roman »Eine Leiche im Badehaus« von Bestsellerautorin Lindsey Davis – der 13. Fall ihrer Reihe historischer Kriminalromane rund um den römischen Ermittler Marcus Didius Falco. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 559

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Über dieses Buch:

Rom, 75 nach Christus. Die Rivalität zwischen Marcus Didius Falco, dem besten Privatermittler im Imperium Romanum, und dem kaiserlichen Oberspion Anacrites hat ein neues, gefährliches Ausmaß erreicht. Um seine Familie nicht zu gefährden, sieht sich Falco gezwungen, seine Heimat zu verlassen und folgt einem Auftrag Vespasians ins entfernte Britannien: Bei den Bauarbeiten eines prachtvollen Palastes kommt es zu unerklärlichen Unfällen. Was zunächst wie Korruption aussieht, wird schnell tödlicher Ernst, als die Leiche des Architekten gefunden wird. Bald muss Falco erkennen, dass auch sein eigenes Leben in Gefahr ist …

»Dieses Buch ist ein Vergnügen für alle Falco-Fans und wird bei jedem ankommen, der jemals Handwerker zu Hause erduldet hat.« Sunday Telegraph

Über die Autorin:

Lindsey Davis wurde 1949 in Birmingham, UK, geboren. Nach einem Studium der Englischen Literatur in Oxford arbeitete sie 13 Jahre im Staatsdienst, bevor sie sich ganz dem Schreiben von Romanen widmete. Ihr erster Roman Silberschweine wurde ein internationaler Erfolg und der Auftakt der mittlerweile 20 Bände umfassenden Marcus-Didius-Falco-Serie. Ihr Werk wurde mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Diamond Dagger der Crime Writers' Association für ihr Lebenswerk.

Bei dotbooks erscheinen die folgenden Bände der Serie historischer Kriminalromane des römischen Privatermittlers Marcus Didius Falco:

»Silberschweine«

»Bronzeschatten«

»Kupfervenus«

»Eisenhand«

»Poseidons Gold«

»Letzter Akt in Palmyra«

»Die Gnadenfrist«

»Zwielicht in Cordoba«

»Drei Hände im Brunnen«

»Den Löwen zum Fraß«

»Eine Jungfrau zu viel«

»Tod eines Mäzens«

»Eine Leiche im Badehaus«

»Mord in Londinium«

»Tod eines Senators«

»Das Geheimnis des Scriptors«

»Delphi sehen und sterben«

»Mord im Atrium«

***

eBook-Neuausgabe März 2022

Die englische Originalausgabe erschien erstmals 2001 unter dem Originaltitel »A Body in the Bath House« bei Century, London.

Copyright © der englischen Originalausgabe 2001 by Lindsey Davis

Copyright © der deutschen Erstausgabe 2005 by Knaur Verlag.Ein Unternehmen der Droemerschen Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG, München

Copyright © der Neuausgabe 2022 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/kamunan, ParinPix, konkrit Preechachanwate und AdobeStock/dinostock

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (mm)

ISBN 978-3-96655-981-2

***

Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

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Lindsey Davis

Eine Leiche im Badehaus

Ein Fall für Marcus Didius Falco

Aus dem Englischen von Susanne Aeckerle

dotbooks.

Wieder für Richard.

Dieses Buch konnte nur für dich sein.

Mit all meiner Liebe

Dramatis Personae

In Rom

M. Didius Falco: Privatermittler mit einem Riecher für Ärger

Helena Justina: seine Partnerin, die Unrat wittern kann

Julia und Favonia: zwei süße und vollkommene Kleinkinder

Camilla Hyspale: ihr sauertöpfisches und unvollkommenes Kindermädchen

Nux: eine Hündin, die nur riecht

Papa (Geminus/Favonius): ein eher reifer Paterfamilias

Maia Favonia: eine (nicht sonderlich) »verletzliche« Witwe

Marius, Cloelia, Ancus & Rhea: ihre netten (hinterlistigen) Kinder

L. Petronius Longus: ein treuer Freund, der Maia auf den Nerv geht

Anacrites: ein Spion, der Maia verfolgt

Perella: eine verschlagene Tänzerin, die Befehle befolgt

A. Camillus Aelianus: ein Lehrling aus der Oberschicht

Q. Camillus Justinus: ein vergnügungssüchtiger Bräutigam

Gloccus und Cotta: Badehausunternehmer, in schlechtem Geruch

Stephanus: eine stinkende Leiche

Vespasian: ein Kaiser, der die Rechnung zahlt für:

In Britannien

T. Claudius Togidubnus: Großer König der Briten, ein Renovierungsfanatiker

Verovolcus: ein königlicher Gschaftlhuber

Marcellinus: ein pensionierter Architekt (mit einem sehr netten Haus)

»Onkel Lobullus«: ein Bauunternehmer, nie da

Virginia: eine duftige Schankmagd

Auf der Baustelle des neuen Palastes

Valla, Dubnus, Eporix & Gaudius: weitere tote Männer

Pomponius: der Projektleiter (der glaubt, das Sagen zu haben)

Magnus: der Feldmesser (der glaubt, er sollte das Sagen haben)

Cyprianus: der Bauleiter (der einfach die Arbeit macht)

Plancus & Strephon: Juniorarchitekten (Klone von Pomponius)

Rectus: der fluchende Abwasseringenieur

Milchato: der kantige Marmorsteinmetz

Philocles senior: der aufbrausende Mosaikleger

Philocles junior: ein Klon seines Vaters (falsch informiert?)

Blandus: ein verführerischer Maler mit schlechtem Ruf

Der Klugscheißer aus Stabiae: mit großen Zukunftshoffnungen

Timagenes: Gärtner für eine raue Landschaft

Alexas: ein Medico, der starke Tränke braut

Gaius: ein Schreiber, der Erbsen zählen kann

Iggidunus: der schniefende Mulsumjunge

Alla: ein Mädchen, das nicht schnieft

Sextius: ein Verkäufer mechanischer Statuen, der es auf Maia abgesehen hat

Mandumerus: Vorarbeiter der Einheimischen (mit ein paar restriktiven Praktiken)

Lupus: Vorarbeiter der Ausländer (weitere unsaubere Angewohnheiten)

Tiberius & Septimus: die typischen Arbeiter

Teil 1

Rom und OstiaFrühling 75 n.Chr.

Kapitel I

Wäre Rhea Favonia nicht so starrköpfig gewesen, hätten wir damit leben können.

»Es stinkt! Es stinkt abscheulich. Ich geh da nicht rein!«

Man muss kein Privatermittler sein, um zu kapieren, dass uns nichts anderes übrig blieb. Wenn eine Vierjährige meint, etwas Ekliges entdeckt zu haben, streicht man die Segel und schaut nach. Meine kleine Nichte weigerte sich, das Badehaus zu betreten, bevor wir ihr nicht einwandfrei bewiesen, dass es im Caldarium nichts Scheußliches gab. Je mehr wir schimpften und behaupteten, im Warmraum rieche es nur wegen des neuen Bodenbelags, desto hysterischer schrie Rhea zur Badezeit. Zu sehen war nichts, und wir anderen bemühten uns, den Geruch zu ignorieren, aber die Beharrlichkeit des Kindes beunruhigte uns alle.

Da war tatsächlich ein schwacher Geruch. Wenn ich ihm nachzugehen versuchte, verlor ich ihn. Wenn ich beschloss, dass da nichts war, roch ich es sofort wieder.

Endlich konnten Helena und ich in unser eigenes Haus einziehen. Meine Schwester Maia und ihre Kinder mussten in dem anderen auf dem Janiculum bleiben, dem Haus, das ihnen Zuflucht vor Schwierigkeiten bieten sollte und das sie sich mit dem anderen Quell der Schwierigkeiten, nämlich Papa, teilten. Mein Vater Geminus und ich waren dabei, Häuser zu tauschen. Während ich mich abstrampelte, Handwerker zur Renovierung seines heruntergekommenen alten Schuppens am Tiberufer zu organisieren, übernahm er meine schicke Villa, an der ich bereits seit Monaten gewerkelt hatte und wo nur noch das neue Badehaus fertig gestellt werden musste.

Das Haus auf dem Janiculum hatte eine exzellente Lage – wenn man im Norden Roms arbeitete. Für Papa gerade richtig mit seinem Auktionshaus in den Saepta Julia beim Pantheon. Meine Arbeit erforderte jedoch den freien Zugang zu allen Teilen der Stadt. Ich war Ermittler, hatte Privatklienten, deren Fälle mich überall hinführen konnten. Wie gerne ich auch auf die andere Seite des Flusses gezogen wäre, ich musste dort bleiben, wo sich der ganze Rummel abspielte. Leider war Helena und mir dieser vernünftige Gedanke erst gekommen, nachdem wir das neue Haus gekauft hatten.

Zufällig starb dann Papas langjährige Lebensgefährtin Flora. Er verwandelte sich in einen rührseligen Romantiker, der ihre gemeinsam bewohnte Villa plötzlich hasste. Mir hatte das Viertel am Flussufer unterhalb des Aventin immer gefallen. Also vereinbarten wir den Häusertausch. Die Bauunternehmer für das Badehaus wurden Papas Problem. Was ihm nur recht geschah, denn er hatte sie damals Helena empfohlen. Mit heimlicher Schadenfreude wartete ich darauf, wie er Gloccus und Cotta überreden wollte, die Arbeit zu beenden, eine Aufgabe, die Helena misslungen war – trotz der Tatsache, dass sie die Rechnungen bezahlt hatte. Und je unzuverlässiger die beiden wurden, desto höher fielen die Rechnungen aus. Eben typische Bauunternehmer.

Doch bei Papa konnte man nicht gewinnen. Irgendwie kriegte er sie rum. Innerhalb einer Woche hatten Gloccus und Cotta die letzte schiefe Fliese gelegt und waren verschwunden. Worauf mein Vater ein bestens ausgestattetes Außengebäude besaß, mit einem ordentlichen Kaltraum, Warmraum, dreiteiligem Schwitzraum, schickem Tauchbecken, integrierten Umkleideräumen mit modischen Haken und Fächern für Kleidung, getrennter Feuerung und Heizmateriallagerung, luxuriösem Bassin aus griechischem Marmor und einem extra entworfenen goldenen Meeresmedaillon im frisch verlegten Mosaikboden. Doch während die Besucher seinen Neptun bewunderten, fiel ihnen gleichzeitig der merkwürdige Geruch auf.

Stieg mir der Geruch in die Nase, erinnerte er mich an Verwesung. Papa nahm es auch wahr. »Als hätte man den Raum verschlossen und einen alten Knacker monatelang tot drin liegen lassen.«

»Also, der Raum ist brandneu, und der alte Knacker lebt leider immer noch.« Wahrscheinlich gab es ein paar vernachlässigte Nachbarn aus Papas vorherigem Leben, über das wir nie sprachen. Ich wiederum kannte diesen Geruch aus anderen Situationen. Schlimmen Situationen.

Dann kam ein Abend nach einem langen heißen Tag, als wir merkten, dass wir den Gestank nicht mehr ignorieren konnten. Am Nachmittag hatte ich Papa geholfen, eine Terrasse umzugraben, Jupiter weiß, warum. Er konnte sich Gärtner leisten, und mir lag es absolut nicht, den pflichtbewussten Sohn zu spielen. Danach wuschen wir uns beide ab. Es muss das erste Mal gewesen sein, dass wir zusammen badeten, seit er sich aus dem Staub gemacht hatte, als ich sieben war. Als wir uns dann wieder trafen, war ich frisch aus der Armee entlassen. Ein paar Jahre lang tat ich so, als würde ich ihn nicht kennen. Jetzt musste ich mich aus gesellschaftlichen Gründen gelegentlich mit dem alten Gauner einlassen. Er war älter und mit seinem Alter allein, aber auch ich war älter geworden. Ich hatte jetzt zwei kleine Töchter und sollte ihnen die Chance geben, ihren Großvater verachten zu lernen.

Als wir an diesem Abend im Heißraum standen, mussten wir eine Entscheidung treffen. Während des Tages hatte ich fast alle schwere Arbeit auf mich genommen. Ich war erschöpft, lehnte aber trotzdem Papas Angebot ab, mir von ihm mit dem Strigilis den Rücken schaben zu lassen. Grob kratzte ich das Öl selber ab. Papa bevorzugte ein Gebräu, das aus zerdrückten Iriswurzeln zu bestehen schien – ziemlich unpassend – und an diesem schwülen Abend längst nicht stark genug war, um den anderen Geruch zu überdecken.

»Rhea hat Recht.« Ich schaute auf den Boden hinunter. »Irgendwas verwest in deinem Hypokaustum.«

»Nein, nein, vertrau mir.« Papa benutzte die Stimme, mit der er Idioten davon überzeugte, dass ein gefälschtes Stück aus der Campania aus der »Schule des Lysippus« stammte, wenn man es im richtigen Licht betrachtete. »Ich habe Gloccus angewiesen, das Hypokaustum unter diesem Raum wegzulassen. Seine Forderungen für die Tiefbauarbeiten waren unverschämt. Ich hab selbst nachgerechnet, und bei der Menge an Raum, die hier zu beheizen wäre, hätte ich viermal so viel für Brennmaterial ausgeben müssen ...« Seine Stimme verlor sich.

Ich schob meinen Fuß in den Ristriemen meines Badeschuhs. Helenas ursprünglicher Plan hatte vorgesehen, alle Warmräume ordentlich zu beheizen. Als sie mir dann gestand, was sie hier oben machen wollte, hatte ich die Pläne zu Gesicht bekommen. »Und was hast du stattdessen angeordnet?«

»Nur Wandheizröhren.«

»Das wird dir noch Leid tun, du Geizhals. Du bist hier ziemlich weit oben. Im Dezember wirst du dir deine edelsten Teile abfrieren.«

»Ach was. Ich arbeite direkt bei den Thermen des Agrippa.« Dort war der Eintritt frei. Das würde Papa gefallen. »Das Badehaus hier brauch ich sowieso nur im Sommer.«

Ich streckte mich langsam, um die Steifheit in meiner unteren Rückenpartie zu lockern. »Ist der Fußboden ebenerdig? Oder hatten sie das Hypokaustum schon ausgehoben, als du dich dagegen entschieden hast?«

»Na ja, die Jungs hatten angefangen. Ich hab sie angewiesen, das Loch wieder zuzuschütten und alle Verbindungen zu den anderen Räumen zu blockieren.«

»Brillant, Papa. Es gibt also keinen Zugang, von dem aus wir unter diesen Boden hier kriechen können.«

»Nein. Da kommen wir nur von oben ran.«

Na toll. Wir würden das gerade erst fertig gestellte Mosaik aufhacken müssen.

Der Unterboden eines verwendbaren Hypokaustums ist normalerweise achtzehn Zoll hoch, höchstens zwei Fuß, mit einer Menge Stützpfeiler für den Hängeboden darüber. Da unten pflegt es dunkel und heiß zu sein. Normalerweise schickt man kleine Jungs zum Säubern rein, was ich natürlich keinem Kind zumuten würde, um dort wer weiß was zu finden. Ich war erleichtert, dass es keinen entsprechenden Zugang gab. Das ersparte es mir, selbst hineinkriechen zu müssen.

»Also, was hältst du von dem Geruch, Marcus?«, fragte mein Vater viel zu rücksichtsvoll.

»Dasselbe wie du. Dein Neptun treibt auf Fäulnis. Und die geht nicht weg.«

Instinktiv atmeten wir ein. Es stank tatsächlich.

»Ach, verfluchte Titanenscheiße!«

»Genauso riecht es, Papa.«

Wir befahlen dem Heizsklaven, mit dem Nachlegen aufzuhören, ins Haus zu gehen und dafür zu sorgen, dass alle drinnen blieben. Ich holte Spitzhacken und Stemmeisen, dann machten Papa und ich uns daran, das goldene Meeresmosaik aufzubrechen.

Es hatte ein Vermögen gekostet, aber Gloccus und Cotta hatten ihre übliche Pfuscharbeit abgeliefert. Die Einbettung der Tesserae, der kleinen Mosaiksteine, war viel zu flach. Neptun mit seinem Haar aus Seetang und seinen glubschäugigen Tintenfischdienern wären schon bald abgesunken und hätten alles holperig gemacht.

Mit einem Meißel klopfte ich den Boden ab und fand eine hohle Stelle, an der wir ansetzten. Meinen Vater erwischte es am schlimmsten. Wie immer ungestüm, schlug er zu rasch mit der Spitzhacke zu, traf auf etwas und wurde mit einer fauligen gelben Flüssigkeit bespritzt. Angeekelt schrie er auf. Ich machte einen Satz zurück und hielt den Atem an. Ein warmer Luftzug brachte einen widerlichen Gestank mit sich. Wir flohen zur Tür. Nach der Stärke des Luftzugs zu urteilen, war das Unterbodensystem nie vollständig blockiert worden, wie Papa angeordnet hatte. Wir hatten jetzt keinen Zweifel mehr, was sich dort unten befinden musste.

»O Schweinerei!« Papa riss sich die Tunika vom Leib, schleuderte sie in eine Ecke und spritzte Wasser auf seine Haut, wo ihn die stinkende Flüssigkeit besprüht hatte. Vor Ekel hüpfte er auf und ab. »O Schweinerei, Schweinerei, Schweinerei!«

»Hier spricht Didius Favonius. Kommt, Bürger von Rom, strömt zusammen und lauscht der Gewähltheit seiner Redekunst ...« Ich wollte den Augenblick hinauszögern, an dem wir genauer nachschauen mussten.

»Halt deine dämliche Klappe, Marcus! Es ist ekelhaft, und du hast verdammt noch mal nichts davon abgekriegt.«

»Na komm, bringen wir es hinter uns.«

Wir bedeckten unsere Münder und wagten einen Blick hinab. In einer Vertiefung, die faule Bauarbeiter zur Beseitigung von Abfall benutzt haben mussten, zwischen Mengen von Bauschutt, hatten wir ein Relikt ausgegraben, das einem den Magen umdrehte. Eine halb verweste Leiche, gerade eben noch als menschlich zu erkennen.

Kapitel II

Der Winter hatte es in diesem Jahr in sich gehabt. Während des größten Teils war Helena mit unserem zweiten Kind schwanger gewesen. Sie litt mehr als beim ersten, während ich mich bemühte, ihr Ruhe zu verschaffen und auf unsere Tochter Julia aufzupassen. Als Königin des Haushalts setzte Julia in diesem Jahr ihre Autorität durch. Das bewiesen allein schon meine blauen Flecken. Außerdem war ich taub geworden; sie genoss es, ihr Lungenvolumen auszutesten. Unser dunkelhaariger Fratz brachte es auf eine Laufgeschwindigkeit, um die sie jeder Stadionläufer beneidet hätte, vor allem, wenn sie auf einen übersprudelnden Kochtopf zurannte oder die Treppe von unserer Wohnung zur Straße hinunterschoss. Selbst bei weiblichen Verwandten konnte man sie nicht mehr abladen; ihr Lieblingsspiel in letzter Zeit war das Zerbrechen von Vasen.

Auch im Frühjahr besserte sich die häusliche Lage kaum. Zuerst wurde das zweite Kind geboren. Das ging sehr schnell, Jupiter sei Dank. Diesmal waren beide Großmütter zur Stelle, um den Vorgang zu erschweren. Mama und die Frau des Senators waren voll kluger Ratschläge, hatten allerdings entgegengesetzte Ansichten, was Geburtshilfe betraf. Alles war schon frostig genug, und dann gelang es mir auch noch, grob zu beiden zu sein. Wenigstens hatten sie damit ein Thema, bei dem sie sich einig waren.

Der neue Säugling war kränklich, und ich gab ihm in aller Eile einen Namen – Sosia Favonia. Teilweise war es eine Verneigung vor meinem Vater, dessen ursprüngliches Cognomen Favonius war. Nie hätte ich mich zu so einer verehrungsvollen Geste herabgelassen, wenn ich gewusst hätte, dass meine Tochter überleben würde. Spillerig und reglos geboren, sah sie aus, als befände sie sich schon halb im Hades. Kaum hatte ich ihr den Namen gegeben, fing sie an zu brüllen. Von da an war sie zäh wie ein Frettchen. Sie besaß auch von Anfang an ihren eigenen Charakter, eine merkwürdige kleine Exzentrikerin, die nie so ganz zu uns zu gehören schien. Aber jeder sagte, sie müsse von mir sein – sie machte so viel Unordnung und Krach.

Es dauerte mindestens sechs Wochen, bis die Wut meiner Familie über den von mir gewählten Namen sich bis auf höhnische Bemerkungen abkühlte, die nur an Favonias Geburtstag und zu Familienzusammenkünften bei den jährlichen Saturnalien hochkochen würden und immer dann, wenn man auf niemand anderem herumhacken konnte. Jetzt setzte man mir zu, ein Kindermädchen einzustellen. Das ging niemanden außer Helena und mich etwas an, daher mischten sich alle ein. Schließlich gab ich nach und ging auf den Sklavenmarkt.

Nach den erbärmlichen Exemplaren zu urteilen, die im Angebot waren, brauchte Rom dringend einen Eroberungskrieg. Der Sklavenhandel lag völlig danieder. Der Händler, den ich ansprach, war ein runzeliger Delianer, der sich auf einem schiefen Dreibein die Nägel putzte, während er auf einen naiven Trottel mit schlechten Augen und fetter Börse wartete. Er bekam mich. Trotzdem versuchte er seine Sprüche bei mir abzulassen.

Da Vespasian dabei war, das Imperium wieder aufzubauen, musste er neue Münzen prägen und hatte den Sklavenmarkt abgegrast, um Arbeiter in die Gold- und Silberminen schicken zu können. Nach der Belagerung von Jerusalem brachte Titus eine Menge jüdischer Gefangener nach Rom, aber die Männer waren weggeschnappt worden, um das Flavische Amphitheater zu bauen. Wer weiß, wo die Frauen gelandet waren. Daher blieb für mich kaum noch was übrig. Der Händler hatte ein paar altersschwache orientalische Sekretärstypen im Angebot, längst nicht mehr fähig, eine Schriftrolle zu lesen. Dann waren da ein paar kräftigere Burschen, die vielleicht zur Feldarbeit taugten. Ich brauchte einen Verwalter für mein Landgut in Tibur, aber das musste warten. Meine Mutter hatte mir beigebracht, wie man einkauft. Ich will nicht sagen, dass ich vor Mama Angst hatte, doch ich hatte gelernt, nur mit dem heimzukommen, was auf dem Einkaufszettel stand, und nichts für mich privat abzuzweigen.

»Jupiter, wo kaufen die Leute heutzutage kränkelnde Flötenspielerinnen?« Ich hatte das verbitterte, sarkastische Stadium erreicht. »Wie kommt’s, dass es keine zahnlosen Omas gibt, die dir zufolge nackt auf Tischen tanzen können, während sie gleichzeitig eine schräg gemusterte Tunika weben und ein Modius Weizen mahlen?«

»Weiber werden immer gleich weggeschnappt, Tribun ...« Der Händler zwinkerte mir zu. Ich war zu fertig, um darauf einzugehen. »Ich hätte da eine Christin für Sie, wenn Sie sich abreagieren wollen.«

»Nein, danke. Die trinken das Blut ihres Gottes, während sie von Liebe schwafeln, oder?« Mein verstorbener Bruder Festus war diesen Verrückten in Judäa begegnet und hatte gruselige Geschichten nach Hause berichtet. »Ich suche nach einem Kindermädchen. Mit Perversen kann ich nichts anfangen.«

»Nein, nein, ich glaube, die trinken Wein ...«

»Vergiss es. Ich will keine Säuferin. Meine lieben Kleinen können sich die schlechten Angewohnheiten bei mir abgucken.«

»Diese Christen beten und weinen einfach nur viel oder versuchen den Herrn und die Herrin des Hauses zu ihrem Glauben zu bekehren ...«

»Du willst, dass man mich verhaftet, weil irgendeine arrogante Sklavin mir sagt, alle sollten die Heiligkeit des Kaisers verleugnen? Vespasian mag ja ein grantiger alter Barbarenprügler sein, mit dem verkniffenen Aussehen der Sabiner, aber ich arbeite manchmal für ihn. Wenn er mich bezahlt, sag ich gerne, dass er ein Gott ist.«

»Wie wär’s dann mit einer netten Britin?«

Er bot mir ein dünnes, hellhaariges Mädchen von etwa fünfzehn Jahren an, das sich vor Scham zusammenkrümmte, als der dreckige Händler ihre Lumpen beiseite zog, um mir ihre Figur zu zeigen. Für ein Mädchen von den britannischen Stämmen war sie nicht drall genug. Er wollte, dass sie mir ihre Zähne zeigte, und ich hätte sie genommen, wenn sie ihn dafür gebissen hätte, aber sie wich ihm nur aus. Zu unterwürfig, um ihr zu trauen. Gab man der was zu essen und kleidete sie ein, würde sie als Nächstes Helenas Tuniken klauen und den Säugling auf den Kopf fallen lassen. Der Mann versicherte mir, sie sei gesund, durchaus gebärfähig, und es liege nichts gegen sie vor. »Sehr beliebt, die Briten«, meinte er höhnisch.

»Warum das?«

»Spottbillig. Außerdem braucht sich Ihre Frau keine Sorgen zu machen, dass Sie das jämmerliche Ding durch die Küche scheuchen, wie Sie es bei einer glutäugigen Syrerin tun würden, die alles weiß.«

Mich schauderte. »Ich habe gewisse Maßstäbe. Spricht dein britannisches Mädchen Latein?«

»Sie machen wohl Witze, Tribun.«

»Also nützt sie mir nichts. Hör mal, ich suche eine saubere Frau, die Erfahrung mit willensstarken Kindern hat und zu einer jungen, aufstrebenden Familie passt.«

»Sie haben einen kostspieligen Geschmack.« Sein Blick fiel auf meinen neuen goldenen Ritterring. Das sagte ihm alles über meine finanzielle Situation; seine Verachtung war deutlich zu erkennen. »Wir führen nur einfache Modelle ohne Schnickschnack. Viel Potenzial, aber zurechtbiegen müssen Sie sich das Weibsstück selbst. Mit freundlicher Behandlung kann man sie sich gefügig machen, wissen Sie. Am Ende wollen die glatt für Sie sterben.«

»Was – und ich kann dann die Beerdigungskosten übernehmen?«

»Ach, Sie können mich mal.«

Also wussten wir alle, wo wir standen.

Ich kehrte ohne Sklavin heim, was auch nicht weiter schlimm war. Die edle Julia Justa, Helenas Mutter, hatte die glänzende Idee gehabt, ihr die Tochter von Helenas eigenem alten Kindermädchen zu geben. Camilla Hyspale war dreißig und vor kurzem freigelassen worden. Ihr Status als Freigelassene bewahrte mich vor weiteren Gewissensbissen darüber, Sklaven zu besitzen (obwohl ich mir welche anschaffen musste; ich gehörte nun dem mittleren Rang an und hatte die Pflicht, das auch nach außen zu demonstrieren). Allerdings hatte die Sache auch ihre Schattenseiten. Ich schätzte, uns blieben etwa sechs Monate, bevor Hyspale ihr neues Bürgerrecht ausnutzen und heiraten wollte. Sie würde sich in irgendeinen Nichtsnutz verlieben, hatte ihn wahrscheinlich schon in petto, nahm ich an. Dann würde ich mich für den auch noch verantwortlich fühlen müssen ...

Hyspale hatte es nicht gutgeheißen, dass Helena Justina ihr Senatorenheim verließ, um mit einem Privatermittler zusammenzuleben. Nur mit großem Widerstreben kam sie zu uns. Schon beim ersten Einstellungsgespräch (das sie natürlich mit uns führte, nicht umgekehrt) wurde klar, dass Hyspale ein eigenes Zimmer in einer anständigen Unterkunft erwartete, mehr Freizeit als Arbeitszeit, das Recht, den Tragestuhl der Familie benutzen zu dürfen, um ihre Ehrbarkeit bei Einkaufsausflügen zu wahren, und gelegentlich das Geschenk einer Theaterkarte oder besser gleich zwei, damit sie in Begleitung hingehen konnte. Sie weigerte sich, die Frage zu beantworten, ob es sich dabei um weibliche oder männliche Begleitung handeln würde.

Eine Sklavin oder Freigelassene beherrscht bald dein gesamtes Leben. Um Hyspales Bedürfnis nach gesellschaftlicher Anerkennung zu befriedigen, musste ich, o große Götter, tatsächlich einen Tragestuhl kaufen. Papa lieh mir vorübergehend zwei Träger; das war seine Ausrede, um meinen Stuhl zum Transport seiner Sachen zu dem neuen Haus auf dem Janiculum zu benutzen. Und damit Hyspale ihr Zimmer bekam, mussten wir in Papas altes Haus einziehen, bevor die Renovierungsarbeiten abgeschlossen waren. Wochenlang lebten wir neben den Handwerkern, was schon schlimm genug gewesen wäre, wenn man mich nicht rumgekriegt hätte, meinem Schwager Mico, dem Stuckateur, Arbeit zu geben. Er war begeistert. Da er für einen Verwandten arbeitete, ging er davon aus, seine mutterlosen Gören mitbringen zu können – und dass sich unser Kindermädchen um sie kümmern würde. Wenigstens konnte ich ihr damit eins auswischen. Mico war mit meiner schrecklichsten Schwester verheiratet gewesen. Victorinas Charakter hatte sich bei ihrer verwaisten Brut sichtbar durchgesetzt. Das war ein schlimmer Schock für Hyspale, die ständig zur Porta Capena zurücklief, um sich bei Helenas Eltern über unser grauenvolles Leben zu beschweren. Der Senator erzählte es mir jedes Mal brühwarm weiter, wenn wir uns in dem von uns beiden frequentierten Gymnasium trafen.

»Warum zum Hades ist sie dann zu uns gekommen?«, grummelte ich. »Sie muss doch eine Ahnung gehabt haben, wie es bei uns zugeht.«

»Das Mädchen mag meine Tochter einfach gern«, meinte der Senator beschwichtigend. »Außerdem wurde mir gesagt, sie sei in dem Glauben, dass du ihr die Möglichkeit zu Reisen und Abenteuern in exotischen ausländischen Provinzen bieten würdest.«

Ich erzählte dem vorzüglichen Camillus, in welche grässliche Provinz ich gerade eingeladen worden war, und wir lachten herzhaft.

Julius Frontinus, ein Exkonsul, den ich vor zwei Jahren bei einer Ermittlung in Rom kennen gelernt hatte, musste sich jetzt mit der Belohnung für einen makellosen Ruf herumschlagen – Vespasian hatte ihn zum Statthalter von Britannien ernannt. Bei seiner Ankunft hatte Frontinus einige Probleme bei seinem größten Arbeitsvorhaben vorgefunden und schlug vor, ich solle mich darum kümmern. Er wollte, dass ich dorthin kam. Aber mein Leben war schon kompliziert genug. Ich hatte ihm bereits geschrieben und seine Bitte um Hilfe abgelehnt.

Kapitel III

Das Genörgel von Julius Frontinus ließ aber nicht nach. Und so wurde ich prompt eines Nachmittags zu einer Plauderei mit dem Kaiser einbestellt. Ich wusste, dass das eine nachdrücklichere Aufforderung nach sich ziehen würde.

Vespasian, der selbst häusliche Probleme hatte, trieb sich jetzt ständig in den Gärten des Sallust herum. Damit konnte er Bittstellern im Palast aus dem Weg gehen – und auch seinen beiden Söhnen. Domitian stritt sich oft mit seinem Vater und seinem Bruder. Vermutlich hatte er das Gefühl, sie würden sich gegen ihn verbünden. (Die Flavier waren eine eng miteinander verbundene Familie, aber Domitian Cäsar war ein kleiner Scheißer. Wer konnte es den beiden also verdenken?) Titus, der ältere Lieblingssohn, trat als der politische Kollege seines Vaters auf. Der ehemalige Wunderknabe hatte jetzt Berenike, die Königin von Judäa, importiert, mit der er offen eine leidenschaftliche Liebesaffäre hatte. Sie war schön, mutig und unverschämt – und daher äußerst unbeliebt. Das muss ein paar heftige Kabbeleien beim Frühstück ausgelöst haben. Wie auch immer, Berenike war ein schamloses Weibsbild, das bereits versucht hatte Vespasian während des Judäakrieges schöne Augen zu machen. Nachdem Vespasians langjährige Gefährtin Antonia Caenis vor kurzem gestorben war, fühlte er sich möglicherweise verletzlich. Selbst wenn er Berenike widerstehen konnte, war es ihm vielleicht unangenehm, seinen virilen Sohn mit ihr rumknutschen zu sehen. Titus hatte im Palast auch noch eine junge Tochter, die sich zu einem eigenwilligen Ding entwickelte. Mangel an Disziplin, wie meine Mutter sagte. Da Mama Victorina, Allia, Galla, Junia und Maia großgezogen hatte – alle geeignet, sich zur Furie ausbilden zu lassen –, sollte sie Bescheid wissen.

Vespasian misstraute Ermittlern generell, aber bei seiner momentanen Art des Privatlebens hätte eine lockere Plauderei eine friedvolle Abwechslung sein können. Auch mir wäre es durchaus willkommen gewesen – ein intelligentes Gespräch mit einem ausgesprochenen Individualisten, der sich aus eigener Kraft hochgearbeitet hatte –, hätte ich nicht befürchten müssen, dass er mir eine miese Aufgabe andrehen wollte.

Die Gärten des Sallust liegen am Nordrand der Stadt, von meiner Behausung aus nur in einem langen, schweißtreibenden Marsch zu erreichen. Sie erstrecken sich zu beiden Seiten des Tales zwischen den Hügeln des Pincius und des Quirinal. Ich glaube, Vespasian besaß hier ein Privathaus, bevor er Kaiser wurde. Die Via Salaria, immer noch die Verbindung zu seiner Sommerresidenz in den Sabiner Bergen, führt ebenfalls in diese Richtung.

Wer auch immer Sallust gewesen war, sein Freizeitpark befand sich seit mehreren Generationen in kaiserlichem Besitz. Der verrückte Caligula hatte dort einen ägyptischen Pavillon bauen lassen, voll mit rosa Granitstatuen zum Gedenken an eine seiner inzestuösen Schwestern. Beliebter waren die von Augustus in einem Museum zur Schau gestellten Knochen eines Riesen. Kaiser besitzen mehr als ein beschnittenes Lorbeerbäumchen und ein Bohnenspalier. Hier bildeten einige der besten Statuen, die ich je im Freien gesehen hatte, die Endpunkte gediegener Ausblicke. Während ich nach dem alten Mann suchte, schlenderte ich durch den kühlen, beruhigenden Schatten anmutiger Zypressen, beäugt von sich sonnenden Tauben, die genau wussten, wie niedlich sie waren.

Schließlich entdeckte ich mehrere scheue Prätorianer, die im Gebüsch herumlungerten. Vespasian hatte sich öffentlich dagegen ausgesprochen, vor Verrückten mit Dolchen im Gewand beschützt zu werden – was bedeutete, dass seine Wachleute sich wie Gärtner beim Unkrautjäten aufführen mussten, statt wie Rabauken herumzustapfen, was sie viel lieber getan hätten. Einige hatten die Täuschung aufgegeben. Sie lagen ausgestreckt auf dem Boden und spielten Brettspiele im Staub, unterbrochen von gelegentlichen Schlucken aus Wasserflaschen, wie ich zu ihrem Vorteil annahm.

Es war ihnen gelungen, ihren Schützling in eine Nische zu bugsieren, wo es unwahrscheinlich schien, dass irgendein Bekloppter mit einem leidenschaftlichen Groll durch die dicke Hecke brechen würde. Vespasian hatte seine voluminöse Purpurtoga und seinen Kranz auf eine staubige Urne gehäuft; ihm war es egal, wie viele Hochnäsige er mit seiner Ungezwungenheit abstieß. Während er arbeitend in seiner Tunika mit Goldborte dasaß, hatte die Wache sein Freiluftbüro ziemlich gut im Blick. Sollte doch irgendein hochgesinnter, bewaffneter Widersacher an ihnen vorbeirauschen, gab es eine gewaltige sterbende Niobe, die sich verzweifelt bemühte, den Todespfeil aus sich herauszuziehen, und an deren weißen Marmorfüßen der Kaiser sehr geschmackvoll verenden konnte.

Die Prätorianer versuchten sich aufzuraffen, mich als verdächtiges Subjekt zu behandeln, aber sie wussten, dass mein Name auf der Besucherliste stand. Ich wedelte mit meiner Einladung, nicht in der Stimmung für Idioten mit glänzenden Speeren und ohne Manieren. Als sie das offizielle Siegel sahen, ließen sie mich durch, mit einer so verächtlichen Geste wie möglich.

»Danke, Jungs!« Ich behielt mein abschätziges Grinsen bei, bis ich mich in der Sicherheit von Vespasians Blickwinkel befand. Er saß im Schatten auf einer schlichten Steinbank und ließ sich von einem ältlichen Sklaven Schreibtafeln und Schriftrollen reichen.

Der offizielle Namensnenner haspelte immer noch an den Einzelheiten meines Namens herum, als Vespasian ihn unterbrach und rief: »Falco heißt er!« Der Kaiser war ein großer, ungehobelter Sechzigjähriger, der sich aus dem Nichts hochgearbeitet hatte und Zeremonielles verabscheute.

Die Aufgabe des Jungen war es, seinen elitären Herrn vor jeder empfundenen Grobheit zu bewahren, falls er bedeutende Menschen vergaß. Gefangen in der Routine, flüsterte der Junge: »Falco, Herr!« Vespasian, der Untergebenen Freundlichkeit zeigen konnte (mir allerdings nie), nickte geduldig. Dann war es mir gestattet, vorzutreten und Nettigkeiten mit dem Herrn der bekannten Welt auszutauschen.

Das hier war kein exquisiter kleiner Claudier, der auf Münzen an seiner dünnen Nase entlangschielte wie ein selbstzufriedener griechischer Gott. Vespasian war kahlköpfig, gebräunt, sein Gesicht charaktervoll und mit tiefen Falten durchzogen nach all den Jahren des Ausschauhaltens über die Wüste nach rebellierenden Stämmen. In den Augenwinkeln gab es auch bleiche Lachfältchen, entstanden durch jahrzehntelange Verachtung von Dummköpfen und ehrliche Selbstverspottung. Vespasian stammte vom Land wie jeder echte Römer (genau wie ich, von der mütterlichen Seite her). Über die Jahre war er mit all den abfälligen Gesellschaftskritikern fertig geworden, hatte sich schamlos mit hochrangigen Gefährten umgeben, geschickt langfristige Gewinner herausgepickt statt kurzfristiger Blender, hartnäckig das Beste aus jeder Karrieremöglichkeit gemacht und dann den Thron bestiegen, was seinen Aufstieg sowohl erstaunlich als auch unvermeidlich erscheinen ließ.

Der große Mann salutierte mit seiner üblichen Besorgnis um mein Wohlergehen. »Ich hoffe, Sie behaupten nicht, ich wäre Ihnen Geld schuldig.«

Ich drückte meinen eigenen Respekt für seinen Rang aus. »Hätte das denn einen Zweck, Cäsar?«

»Dann sind wir uns ja einig.« Er machte gerne Witze. Als Kaiser musste er sich bei vielen Menschen gehemmt fühlen. Aus irgendeinem Grund fiel ich in eine andere Kategorie. »Was haben Sie denn so in letzter Zeit gemacht, Falco?«

»Dies und das.« Ich hatte versucht mit Hilfe von zwei jüngeren Brüdern von Helena mein Geschäft zu erweitern. Beide besaßen keinerlei Geschick als Ermittler. Ich beabsichtigte, sie zur Hebung des Niveaus zu benutzen, mit Blick darauf, anspruchsvollere (reichere) Klienten anzulocken – der aussichtslose Traum jedes Geschäftsmannes. Vespasian gegenüber erwähnte ich aber lieber nicht, dass sich diese beiden Jungs, die sich eigentlich, in weiße Roben gewandet, für die Kurie bewerben sollten, stattdessen herabließen, mit mir zu arbeiten. »Ich genieße meinen neuen Rang«, sagte ich strahlend, was das äußerste an Zugeständnis war, mich bei ihm für die Beförderung zu bedanken.

»Wie ich höre, geben Sie einen guten Geflügelhalter ab.« Die Erhebung ins Stratum der Ritter hatte ermüdende Verantwortungen mit sich gebracht. Ich war Prokurator der heiligen Gänse des Tempels der Juno, wozu auch die Aufsicht über die Hühner der Auguren gehörte.

»Ich stamme vom Land.« Er schaute überrascht. Ich übertrieb ein wenig, aber Mamas Familie war in der Campania beheimatet. »Das prophetische Geflügel wird zur Plage, wenn man nicht aufpasst, aber Junos Gänse sind gut in Form.«

Helena und ich hatten eine Menge mit Daunen gefüllter Kissen in unserem neuen Haus. Ich hatte mich rasch an die Ritterschaft angepasst.

»Wie geht’s dem Mädchen, das Sie entführt haben?« Hatte der missbilligende alte Bastard meine Gedanken gelesen?

»Widmet sich den häuslichen Pflichten einer bescheidenen römischen Matrone – na ja, ich kann sie nicht dazu bringen, traditionell Wolle zu weben, obwohl sie die Herrschaft über die Hausschlüssel übernommen hat und Kinder stillt. Helena Justina hat mir gerade die Ehre erwiesen, die Mutter meines zweiten Kindes zu werden.« Natürlich erwartete ich kein silbernes Geburtsgeschenk von diesem Geizhals.

»Junge oder Mädchen?« Helena hätte die objektive Art gefallen, mit der er auf beide Möglichkeiten einging.

»Eine zweite Tochter, Herr. Sosia Favonia.« Würde es Vespasian auffallen, dass sie teilweise nach einer Verwandten von Helena benannt war? Ein liebes, gescheites Mädchen namens Sosia, das infolge des ersten Auftrags, den ich für Vespasian angenommen hatte, ermordet worden war – ermordet von seinem Sohn Domitian, obwohl wir das natürlich nie erwähnten.

»Entzückend.« Falls sich sein Blick kurz verhärtete, war das unmöglich zu entdecken. »Meinen Glückwunsch an Ihre ...«

»Frau«, sagte ich fest. Vespasian blickte mich finster an. Helena war eine Senatorentochter und sollte mit einem Senator verheiratet sein. Ihre Intelligenz, ihr Geld und ihre Gebärfähigkeit hätten den Schwachköpfen der »besten« Familien zur Verfügung stehen sollen. Ich tat so, als verstünde ich ihn. »Natürlich erkläre ich Helena Justina ständig, dass der billige Reiz eines aufregenden Lebens sie nicht von ihrer ererbten Rolle als Mitglied der Patriziergesellschaft abhalten sollte – aber was soll ich machen? Das arme Mädchen ist vernarrt in mich und weigert sich, mich zu verlassen. Ihr Flehen, wenn ich drohe, sie zu ihrem edlen Vater zurückzuschicken, ist herzerweichend ...«

»Das reicht, Falco!«

»Cäsar.«

Er warf einen Stilus beiseite. Aufmerksame Sekretäre huschten vor und sammelten einen Stapel Wachstafeln ein, falls er die auch zu Boden schleudern wollte. Vespasian war jedoch nicht die Art verzogener Held. Er hatte einst genau rechnen müssen und kannte den Preis für Tafelwachs.

»Tja, könnte sein, dass ich Sie beide vorübergehend trennen möchte.«

»Aha. Das hat nicht zufällig etwas mit Julius Frontinus und den Inseln des Mysteriums zu tun?«, kam ich ihm zuvor.

Der Kaiser runzelte die Stirn. »Er ist ein guter Mann. Und er ist Ihnen bekannt.«

»Ich habe eine hohe Meinung von Frontinus.«

Vespasian verzichtete auf die Chance, mir mit der Meinung des Provinzstatthalters über mich zu schmeicheln. »Gegen Britannien ist nichts einzuwenden.«

»Na ja, Sie wissen, dass ich das weiß, Cäsar.« Wie alle Untergebenen hoffte ich, dass mein Oberkommandeur sich an meine gesamte Personalgeschichte erinnerte. Doch wie die meisten Generäle vergaß Vespasian sogar Episoden, in die er selbst verwickelt gewesen war – aber mit der Zeit würde er sich schon daran erinnern, dass er mich vor vier Jahren nach Britannien geschickt hatte. »Das heißt«, fügte ich trocken hinzu, »wenn man das Wetter, den totalen Mangel an Infrastruktur, die Frauen, die Männer, das Essen, das Trinken und die gewaltige Reiseentfernung vom geliebten Rom beiseite lässt.«

»Mit Wildschweinjagd kann ich Sie wohl auch nicht locken?«

»Nicht mein Stil.« Selbst wenn es das gewesen wäre, gab es im Imperium weitaus verlockendere Gegenden zur Wildtierjagd in unwegsamem Gelände. Die meisten anderen Gegenden waren sonnig und hatten Städte. »Auch hege ich nicht den visionären Wunsch, den ehrfurchtsvollen britannischen Stämmen die Zivilisation einzutrichtern.«

Vespasian grinste. »Oh, damit habe ich eine Bande von Rechtsgelehrten und Philosophen beauftragt.«

»Ich weiß, Cäsar. Die hatten noch nicht viel erreicht, als Sie mich letztes Mal nach Norden geschickt haben.« Ich hatte noch viel mehr über Britannien zu sagen. »Wie ich mich erinnere, hatten die teiggesichtigen Stämme immer noch nicht gelernt, was man mit einem Schwamm an einem Stab in öffentlichen Latrinen macht. Wo überhaupt schon jemand öffentliche Latrinen errichtet hatte.« Gänsehaut bildete sich auf meinen Armen. Ohne es zu wollen, fügte ich hinzu: »Ich war während der Rebellion dort. Das sollte für jeden genügen.«

Vespasian veränderte seine Sitzhaltung ein wenig. Die Rebellion ging auf Nero zurück, aber sie ließ nach wie vor alle Römer erschauern. »Tja, jemand muss da hin, Falco.«

Ich schwieg.

Er versuchte es mit Offenheit. »Es gibt einen riesigen Schlamassel bei einem ziemlich öffentlichen Projekt.«

»Ja, Cäsar. Frontinus hat mich ins Vertrauen gezogen.«

»Kann auch nicht schlimmer sein als der Ärger, für den Sie in den Silberminen eine Lösung gefunden haben.« Also erinnerte er sich daran, mich schon einmal nach Britannien geschickt zu haben. »Eine rasche Reise dorthin, Überprüfung der schludrigen Mistkerle, Aufdeckung jeglichen Betrugs und dann auf direktem Weg wieder heim. Ist für Sie doch ein Kinderspiel, Falco.«

»Dann sollte es auch für jeden anderen ein Kinderspiel sein, Cäsar. Ich bin kein Halbgott. Warum schicken Sie nicht Anacrites?«, schlug ich boshaft vor. Ich wollte gerne glauben, dass Vespasian den Oberspion im Zaum hielt, weil er den Fähigkeiten des Mannes misstraute. »Ich bin wirklich bekümmert, Sie enttäuschen zu müssen, Cäsar, wenn auch geehrt durch Ihr Vertrauen in mich ...«

»Reden Sie keinen Stuss. Sie werden also nicht fahren?«, meinte Vespasian schneidend.

»Das Neugeborene«, bot ich als Ausweg für uns beide an.

»Genau der richtige Zeitpunkt, sich aus dem Staub zu machen.« »Leider hat Helena Justina die Vereinbarung mit mir getroffen, dass sie mitkommt, wo immer ich hinreise.«

»Traut Ihnen wohl nicht, was?«, höhnte er, offensichtlich davon überzeugt, dass das zutraf.

»Sie vertraut mir absolut, Herr. Unsere Vereinbarung besteht darin, dass sie immer dabei ist, um mich zu überwachen.«

Vespasian, der Helena in Kampfesstimmung erlebt hatte, beschloss, sich geschlagen zu geben. Er bat mich, zumindest über den Auftrag nachzudenken. Ich sagte, das würde ich tun. Wir wussten beide, dass das gelogen war.

Kapitel IV

Jupiter, Juno und Mars – ich hatte in diesem Frühjahr genügend zu tun.

Der Umzug war kompliziert genug, selbst vor dem Tag, an dem Papa und ich den Boden des Badehauses aufstemmten. Mico im neuen Haus am Flussufer ständig zwischen den Füßen zu haben, erinnerte mich daran, wie sehr ich meine Verwandten hasste. Es gab nur einen, den ich gern hier gesehen hätte, nämlich meinen Lieblingsneffen Larius. Larius war Lehrling bei einem Freskenmaler in der Campania. Durch ein paar Fresken in meinem Haus hätte er mir gern all die ihm als sein Onkel erwiesenen Freundlichkeiten zurückzahlen können, aber als ich ihm schrieb, erhielt ich keine Antwort. Vielleicht erinnerte er sich daran, dass die Hauptstoßrichtung meiner weisen Ratschläge darin bestanden hatte, ihm zu sagen, Wände zu bemalen sei ein Beruf ohne Zukunft.

Was diesen windigen Mico betraf, war es nicht nur nervig, dass er seine Kellen auf Türschwellen liegen ließ und überall feinen Staub verteilte, er vermittelte mir auch das Gefühl, ihm etwas schuldig zu sein, weil er arm war und seine Kinder keine Mutter hatten. Ehrlich gesagt war Mico nur arm, weil seine schlechte Arbeit berüchtigt war. Niemand außer mir wollte ihm Arbeit geben. Aber ich war Onkel Marcus, der Trottel. Onkel Marcus, der den Kaiser kannte, der schicke Onkel Marcus, der einen neuen Rang hatte und eine Stellung beim Tempel der Juno. In Wahrheit hatte ich mir den Rang mit schwer verdienten Honoraren erkauft, die Stellung war im wahrsten Sinne Hühnerkacke, und Vespasian hatte mich nur in die Gärten des Sallust gebeten, weil er von mir einen Gefallen wollte. Er betrachtete mich ebenfalls als Trottel.

Zumindest erwartete Vespasian Augustus, im Gegensatz zu Mico, nicht von mir, als besondere Vergünstigung zum Wochenausgang für die ganze grauenhafte Sippschaft Rissolen zu kaufen. Danach musste ich einen Topf bereithalten, weil sein schrecklicher Jüngster, Valentinianus, der alle Gewürzgurken in sich reingestopft hatte, mir mein frisch gestrichenes Esszimmer voll kotzte. Micos sämtliche Kinder hatten topplastige Namen, und sie waren alle kleine Halunken. Valentinianus machte sich einen Spaß daraus, mich zu demütigen. Sein neuestes Vergnügen war, Nux, meine Hündin, voll zu kotzen.

Ich besaß jetzt ein Esszimmer. In derselben Woche, in der es neu gestaltet wurde, verlor ich meinen besten Freund.

Petronius Longus und ich kannten uns seit unserem achtzehnten Lebensjahr. Wir hatten zusammen in der Armee gedient – in Britannien. Wir waren naive Jungs, als wir uns freiwillig für die Legionen meldeten. Wir hatten keine Ahnung von dem, was da auf uns zukam. Sie verköstigten uns, brachten uns nützliche Fertigkeiten bei und wie man etwas stillschweigend erduldet. Sie schickten uns auch für vier Jahre in eine entlegene, unterentwickelte Provinz, die nichts außer kalten Füßen und Trübsal zu bieten hatte. Dazu kam noch die große Rebellion der Icener. Wir krochen nach Hause, keine Jungs mehr, sondern Männer, miteinander verbunden wie ein laminierter Schild. Zynisch, verbissener als die Straßenköter vom Forum und mit einer Freundschaft, die unerschütterlich hätte sein sollen.

Jetzt hatte Petro alles verdorben. Er verliebte sich in meine Schwester, nachdem ihr Mann gestorben war.

»Petronius hatte schon lange vorher ein Auge auf Maia geworfen«, widersprach mir Helena. »Er war verheiratet, genau wie sie. Er hat herumgespielt, was sie nie tat. Es ergab keinen Sinn, seine Gefühle einzugestehen, nicht mal vor sich selbst.« Dann hielt Helena inne, die dunklen Augen ganz ernst. »Petronius hat Arria Silvia vielleicht nur geheiratet, weil Maia für ihn unerreichbar war.«

»Blödsinn. Er kannte meine Schwester ja kaum.«

Aber er war ihr begegnet und hatte gesehen, was sie zu bieten hatte – Attraktivität, Unabhängigkeit und eine gewisse Gefährlichkeit. So eine gute Hausfrau und Mutter (wie alle sagten) – und was für ein gescheites Mädchen. Diese zweischneidige Bemerkung deutet immer an, dass eine Frau Ausschau hält. Ich selbst mag eine gewisse Unrast bei Frauen, und Petronius ging es nicht anders.

Auf dem Aventin wurde er als Modell stabiler Vaterschaft und rechtschaffener harter Arbeit betrachtet; niemand entdeckte, dass er gerne risikoreich mit den Frauen liebäugelte. Es gab immer wieder kurzfristige Liebschaften, selbst nachdem er mit Silvia verheiratet war. Nach außen hin wirkte er wie ein guter Junge, aber wie echt war das? Ich galt als zielloser Junggeselle, zur endlosen Sorge meiner Mutter – glich so sehr meinem Vater. So ganz anders als mein Bruder, der tote Held (obwohl Festus ein Wrack gewesen war, mit einem chaotischen Leben). Derweilen flatterte Petronius Longus, emsiger Ermittlungsleiter der Vierten Kohorte der Vigiles, insgeheim zwischen den hübschen Blumen des Aventin herum, machte sie glücklich und behielt seinen untadeligen Ruf, bis er sich mit der Tochter eines Gangsterbosses einließ. Seine Frau kam dahinter. Sie hatte ausgesprochen abhängig gewirkt, aber kaum hatte sie Petro rausgeworfen, ging sie auf und davon. Sie lebte jetzt mit einem Salatverkäufer in Ostia.

Petronius hätte das wohl verkraftet, wenn Silvia nicht ihre drei Töchter mitgenommen hätte. Er hatte nicht den Wunsch, seine Vormundschaftsrechte als römischer Vater durchzusetzen, aber er liebte die Mädchen sehr, und sie himmelten ihn an.

»Die verdammte Frau ist aus reiner Gehässigkeit nach Ostia abgehauen.« Ich hatte Arria Silvia nie gemocht. Was nicht nur daran lag, dass sie mich nicht ausstehen konnte. Das beruhte, wie gesagt, auf Gegenseitigkeit. Sie war eine zickige Nervensäge. Petro hätte mit geschlossenen Augen was Besseres finden können. »Ihr widerlicher Freund war ganz glücklich damit, seine verschimmelten Gurken auf dem Forum zu verkaufen. Sie hat ihn zu dem Umzug angestachelt, um die Situation für Petro unmöglich zu machen.«

Petronius befand sich in einer beschissenen Lage, weigerte sich aber diesmal, mit mir darüber zu reden. Wir hatten sowieso nie über Silvia gesprochen, was uns Ärger ersparte. Dann wurde alles noch schlimmer. Er begann sich seine Zuneigung zu meiner Schwester einzugestehen, und selbst sie nahm ihn wahr. Gerade als Petro dachte, es würde vielleicht zu etwas führen, brach Maia plötzlich den Kontakt ab.

Ich hatte geflucht, als ich herausfand, dass eine meiner Schwestern bei meinem besten Kumpel vor Anker gehen wollte. Das kann eine Männerfreundschaft zerstören. Aber es war noch viel unangenehmer, als Petro fallen gelassen wurde.

Es musste ihn hart getroffen haben. Helena berichtete mir von seiner Reflexhandlung. »Das wird dir nicht gefallen, Marcus. Petronius hat um seine Versetzung zu der Vigiles-Kohorte in Ostia gebeten.«

»Er will Rom verlassen? Das ist doch Wahnsinn!«

»Kann sein, dass dort keine Stelle für ihn frei ist«, versuchte Helena mich zu beruhigen.

»Ach, Rattenscheiß, natürlich wird da eine sein! Das ist ein unbeliebter Posten. Wer will denn schon flussabwärts beim Hafen stationiert sein, sich mit dämlichen Zollbeamten und rotzfrechen Frachtgutdieben rumschlagen? Petro ist ein verdammt guter Beamter. Der Tribun in Ostia wird sofort darauf anspringen.«

Ich würde meiner Schwester nie verzeihen.

»Schieb es nicht auf Maia«, sagte Helena.

»Wer hat denn von Maia gesprochen?«

»Dein Gesicht, Marcus.«

Helena stillte das Neugeborene. Julia saß zu meinen Füßen und hieb wiederholt ihren Kopf gegen meine Schienbeine, wütend darüber, nicht mehr im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. Das stimmte sicherlich; ich ignorierte den kleinen Liebling ständig. Nux kaute auf einem meiner Stiefelriemen.

»Sei doch kein solcher Heuchler.« Helena genoss es, die gelassene Mutter zu spielen, und wiegte das Neugeborene auf ihren Armen in den Schlaf. Das war nur vorgetäuscht, während sie in aller Ruhe überlegte, wie sie mich abkanzeln konnte. »Gib’s zu, du warst alles andere als begeistert von der Vorstellung, dass zwischen Petronius und Maia was laufen könnte. Er war dein Freund, den du mit niemandem teilen wolltest.«

»Und sie ist meine Schwester. Ihr Mann ist plötzlich verstorben; sie war verletzlich. Als ihr Paterfamilias« – Papa rechneten wir nie mit – »wollte ich nicht, dass mit ihr herumgespielt wurde.«

»Oh, du gibst also zu, dass Petronius einen schlechten Ruf hat.« Helena lächelte.

»Nein. Die anderen Frauen spielen keine Rolle. Er war Maia total ergeben, während meine Schwester sich als so wankelmütig wie ein Floh herausstellt.«

»Also, was willst du jetzt eigentlich?« Helena ließ sich durch Ungereimtheiten schnell reizen. »Dass Maia Favonia direkt von einem Ehemann in die Hände eines anderen übergeht, nur weil der Mann zu haben und es gesellschaftlich passend ist? Darf sie sich keine Zeit lassen, sich umzugewöhnen, nachdem sie einen Ehemann verloren hat, den sie liebte, wie wir alle vorgaben?« Helena konnte sehr trocken sein – und auffallend ehrlich. Den ständig besoffenen Versager Famia zu lieben wäre nie in Frage gekommen. Ich lachte rau. Julia wimmerte. Ich beugte mich hinab und kitzelte sie.

»Nein. Maia hat es verdient, erst mal in Ruhe nachzudenken.« Ich konnte durchaus einsichtig sein, auch wenn es wehtat. »Maia eignet sich prima dafür, in Papas Lagerhaus zu arbeiten – und es tut ihr gut.« Maia führte Papa die Bücher, viel akkurater, als er das je getan hatte, und lernte dabei das Antiquitätengeschäft.

»Pius Aeneas erteilt gütig seine Billigung«, spottete Helena. Sie hatte absolut nichts übrig für römische Wertvorstellungen.

»Ich billige es wirklich.« Ich verlor, hielt aber hartnäckig daran fest. Jeder Paterfamilias versucht der Hexe standzuhalten, die ihn umgarnt.

Viele Frauen aus unserer Gesellschaftsschicht führten Geschäfte. Die meisten begannen als Partnerinnen ihrer Männer, und als Witwen entschieden sich einige dafür, unabhängig zu bleiben. (Unabhängige Witwen voller Furcht, betrogen zu werden, waren begehrtes Futter für Privatermittler. Ihre Kinder brachten ebenfalls Honorare ein, da sie befürchteten, die Witwen könnten blutsaugerische Gigolos heiraten.) »Wenn Maia sich finanziell unabhängig machen will, könnte sie sich trotzdem nach einem Mann in ihrem Bett sehnen ...«

»Und der liebe Lucius Petronius«, sagte Helena boshaft, »mit all seiner Erfahrung wäre da der Richtige.« Ich enthielt mich jeden Kommentars. In Helenas Augen lag ein warnender Blick. »Ich glaube, Maia sehnt sich nach einem Mann in ihrem Leben, Marcus. Aber noch nicht gleich.«

»Stimmt nicht. Das letzte Mal war Petronius derjenige, der sich zurückhielt. Beim Fest des Vertumnus hat sich Maia ihm an den Hals geworfen.«

»Petronius hatte Angst, verletzt zu werden. Maia hat das falsch eingeschätzt. Und sie selbst könnte verwirrt sein, Marcus. Denn schließlich«, meinte Helena, »war sie sehr lange verheiratet und könnte ihr Selbstvertrauen verloren haben.«

»Durch die Ehe vergisst man die Kunst des Liebens?«, spottete ich.

Helena Justina schaute mir mit einem Blick in die Augen, der mich wünschen lassen sollte, die Frage nicht gestellt zu haben. Beide Kinder waren bei uns, ich musste mich zurückhalten.

Ich war mir sicher, dass Maia ihre Beziehung zu Petro falsch gehandhabt hatte. Sie wusste, wie viel er für sie empfand. Maia war äußerst gradlinig. Sie war bereit gewesen, sich auf etwas Ernsthaftes einzulassen – und hatte sich dann plötzlich total zurückgezogen. Irgendwas musste sie dazu veranlasst haben.

Helena und Maia waren eng befreundet. »Was ist passiert?«, fragte ich.

»Ich bin mir nicht sicher.« Helena sah besorgt aus. Sie hatte eine Ahnung, aber die gefiel ihr ganz und gar nicht.

Ich überdachte die Situation. Eine Möglichkeit gab es. Bevor sich meine Schwester so kurz für Petronius interessierte, hatte es eine abgebrochene Freundschaft mit einem anderen Mann gegeben. »Anacrites!«

Tja, da war sie tief gesunken.

Maia verdiente etwas Besseres im Leben als die Suppe, die sie sich selbst eingebrockt hatte. Als junges Mädchen hatte sie sich für eine Ehe mit Famia entschieden. Er mochte umgänglich gewirkt haben und auf seine dösige Weise auch ihr Freund geblieben sein. Jeder, der mit Maia in Verbindung stand, wäre dämlich gewesen, sie aufzugeben. Aber Famia war ein Taugenichts. Er arbeitete als Pferdedoktor für den Rennstall der Grünen und trank ständig. Zu seiner Verteidigung muss man sagen, dass er Maia freie Hand ließ, den Haushalt zu führen und ihre gemeinsamen Kinder anständig großzuziehen – was sie ohne seine Anwesenheit doppelt so gut geschafft hätte.

Maia wurde schließlich zur Witwe und übernahm, endlich ungebunden, die traditionelle Rolle der Flatterhaften. Als erste Beute adoptierte sie ein denkbar unpassendes Subjekt, wie Witwen das zu tun pflegen. Ihr erwählter Gefährte war Anacrites, der Oberspion. Spione sind niemals verlässliche Liebhaber, was an ihrem risikoreichen Leben und ihrer verlogenen Natur liegt. Außerdem war Anacrites mein Todfeind. Wir waren gelegentlich gezwungen worden, gemeinsam für den Kaiser zu arbeiten, aber ich vergaß nie, dass Anacrites einmal versucht hatte mich umbringen zu lassen. Er war verschlagen, eifersüchtig, bösartig und amoralisch. Er besaß keinen Sinn für Humor und keinen Takt. Und ich nahm an, er hatte sich nur an meine Schwester rangemacht, um mir eins auszuwischen.

Eine Frau musste schon einen Knacks haben, um sich mit einem Oberspion – jeder Art von Spion – einzulassen, aber Maia war stets der Überzeugung gewesen, mit allem fertig zu werden. Anacrites kannte meine Familie nicht nur, weil er mit mir gearbeitet hatte, sondern weil er Untermieter bei meiner Mutter gewesen war. Mama hielt ihn für perfekt. Ich schätze, meine Schwester wusste, dass unsere Mutter Männern gegenüber blind war (schließlich hatte die liebe Mama ja unseren Vater geheiratet). Und Maia wusste ebenfalls, was ich von Anacrites hielt. Jeder, der so annehmbar aussah, musste ein Schwindler sein.

Irgendwann erkannte selbst Maia ein gefährliches Ungleichgewicht in ihrer Freundschaft. Die Sache mit Anacrites war ihr zu intensiv. Sie teilte uns mit, sie hätten sich getrennt. Bestimmt war sie dabei sehr taktvoll vorgegangen. Sie war sogar ein bisschen traurig. Wenn ich das schon sehen konnte, musste er es auch gewusst haben. Er hätte sich würdevoll zurückziehen sollen.

Das war für alle das Beste. Aber konnte diese bleiche Made wirklich loslassen? Endlich begriff ich das Problem. »Willst du damit sagen, dass Anacrites Maia belästigt, Helena?«

Für gewöhnlich teilte Helena ihre Sorgen mit mir, obwohl sie sie manchmal lange Zeit für sich behielt. Schließlich platzte sie heraus: »Ich habe Angst um Maia. Sie hat sich so plötzlich verändert.«

»Ihre Kinder sind sehr still.« Aber die hatten ja auch vor weniger als einem Jahr ihren Vater verloren.

»Hast du in letzter Zeit mit Anacrites gesprochen, Marcus?«

»Nein.« Ich hatte gedacht, das könnte vielleicht peinlich sein. Ich erwartete, dass er mich bitten würde, bei Maia Fürsprache für ihn einzulegen. Was er tatsächlich auch schon angedeutet hatte.

Wenn es ihn verletzte, zurückgewiesen zu werden, konnte er sehr bösartig reagieren. Maia würde ihre Meinung nicht ändern. Also war damit zu rechnen, dass er alles Mögliche anstellen würde ...

Was er als der Mann, der er war, natürlich auch tat.

Kapitel V

Meine Schwester musste am späten Nachmittag entdeckt haben, was passiert war. Nach einem normalen Arbeitstag bei Papa in den Saepta Julia holte sie ihre Kinder bei Mama ab und kehrte nach Hause zurück. Zufällig kam ich wenig später vorbei. Sie hatte also keine Chance, die Sache zu vertuschen. Schon bevor ich ihr Haus betrat, spürte ich die Katastrophe.

Als ich die Straße entlangkam, in der sie wohnten, sah ich Maias drei jüngere Kinder. Sie hatte sie draußen warten lassen, was ungewöhnlich war. Die beiden Mädchen und Ancus, der Sensible, standen eng zusammengedrückt auf der Straße gegenüber ihrem Haus. Marius, der Älteste, fehlte (trotz gegenteiliger Anweisung seiner Mutter war er, wie ich später herausfand, losgerannt, um mich zu suchen). Maias Eingangstür stand offen.

Das hier war eines der wenigen guten Viertel des Aventin. Die Leute würden es unhöflich finden, neugierig zusammenzuströmen. Trotzdem standen stirnrunzelnde Frauen in ihren Hauseingängen. Männer an Imbissbuden schauten in diese Richtung. Es herrschte eine unheilvolle Stille. Mein Instinkt sagte mir, dass etwas Schreckliches geschehen war. Ich konnte es kaum glauben, Maias Haus war immer ordentlich geführt. Keine Öllampen fielen um, keine Kohlebecken flackerten zu nahe an Türvorhängen, keine unverschlossenen Fensterläden luden Diebe ein. Und sie ließ ihre Kinder nie auf der Straße stehen.

Ich trat zu Cloelia, der mütterlichen Neunjährigen, die ihren Arm um ihre jüngere Schwester Rhea gelegt hatte. Ancus hielt den übergroßen Welpen seines Bruders fest. Nux, meine Hündin, schlich sich vorbei, ohne ihr Junges zu beachten, wie üblich, und wartete dann hochnäsig auf mich, während ich die Kinder in Augenschein nahm. Sie waren alle sehr bleich und starrten mit erschrockenen, flehenden Augen zu mir auf. Schmerzhaft sog ich die Luft ein und drehte mich zum Haus um. Als ich die offene Tür genauer betrachtete, begann der Albtraum. Wer auch immer zu einem früheren Zeitpunkt hier gewesen war, hatte seine grässliche Tat für alle sichtbar kundgetan. Die Holzpuppe eines Mädchens war an die Tür genagelt, mit einem großen Nagel durch den Kopf.

Der kurze Flur dahinter war fast blockiert. Gegenstände und zersplitterte Möbelstücke lagen wild durcheinander. Ich stürmte über die Schwelle. Mein Herz hämmerte. Als ich in die Zimmer schaute, war nichts Schlimmeres mehr zu sehen. Was daran lag, dass nichts mehr übrig war. Alles, was Maia und ihren Kindern gehört hatte, war zerstört worden. Wo war sie?

Nichts mehr übrig. Alles zerstört.

Ich fand sie auf dem kleinen Balkon, den sie immer ihre Sonnenterrasse genannt hatte. Sie stand zwischen zerbrochenen Gartenliegen und zierlichen Beistelltischen, mit weiteren zertrampelten Spielsachen zu ihren Füßen. Sie wandte mir den Rücken zu. Weiße Fingernägel gruben sich in ihre Arme, während sie sich leicht vor und zurück wiegte. Maia war völlig starr, als ich ihre Schultern ergriff. Sie blieb starr, als ich sie umdrehte und in die Arme nahm. Dann kamen stumme, qualvolle Tränen.

Stimmen. Ich spannte mich an, bereit für Eindringlinge. Ich hörte rasche Schritte, dann entsetzte Flüche. Marius, der Elfjährige, hatte Petronius Longus mitgebracht und auch ein paar Vigiles. Nach dem anfänglichen Tumult folgte leiseres Gemurmel. Petronius trat hinter mich. Ich wusste, dass er es war. Er stand in der Tür; seine Lippen bewegten sich, während er tonlos fluchte. Er starrte mich an, dann wanderte sein Blick in schierem Unglauben über die Zerstörung. Er zog Marius an sich und tröstete den Jungen. Marius hatte eine zersplitterte Armlehne wie einen Speer gepackt, um seine Feinde zu töten.

»Maia!« Petro hatte viele Scheußlichkeiten gesehen, aber seine Stimme krächzte. »Maia Favonia – wer hat das getan?«

Meine Schwester bewegte sich. Sie sprach mit harter Stimme. »Ich habe keine Ahnung.«

Eine Lüge. Maia wusste, wer es gewesen war, genau wie Petronius und ich.

Wir brauchten einige Zeit, sie sanft zu überreden, sich von hier zu entfernen. Inzwischen hatten Petros Männer für Transportmittel gesorgt. Sie begriffen, dass wir sie von hier fortbringen mussten. Also schickten wir Maia und ihre Kinder mit einer Vigiles-Kohorte zum Haus meines Vaters außerhalb der Stadt auf dem Janiculum. Dort würden sie Platz haben, Frieden und vielleicht in einiger Sicherheit sein. Na ja, Papa würde ihnen zumindest anständige Betten bieten können.

Entweder würde noch etwas passieren oder nichts mehr. Entweder war dies eine Aussage und eine Warnung – oder es folgte Schlimmeres.

Petronius und ich räumten in der Nacht alles aus. Wir verbrachten Stunden damit, alles zu zerkleinern, auf die Straße zu tragen und dort zu verbrennen. Maia hatte zornig gesagt, sie wolle nichts davon haben. Wenig konnte gerettet werden, aber wir behielten ein paar Gegenstände. Ich würde sie einlagern und meiner Schwester später zeigen, falls sie ihre Meinung änderte. Das Haus war gemietet. Ich würde den Mietvertrag kündigen. Die Familie brauchte nie wieder herzukommen.

Alles Materielle konnte ersetzt werden. Maias Lebensgeister würden zurückkehren. Den Kindern wieder Mut zu machen, könnte sich als schwieriger erweisen. Petronius und mir wieder Seelenfrieden zu geben, würde nie geschehen.

Nachdem wir mit dem Haus fertig waren, hockten wir uns zusammen. Wir befanden uns im Wachlokal der Vigiles. Keiner von uns wollte sich zum Trinken in eine Caupona setzen.

»Hätten wir es verhindern können?«, fragte ich grimmig.

»Das bezweifle ich.«

»Also keine gegenseitigen Beschuldigungen. Entwickeln wir lieber eine Strategie.«

»Es erheben sich zwei Fragen.« Petronius Longus sprach mit schwerer, dumpfer Stimme. Er war ein großer, ruhiger Mann, der keine Anstrengung verschwendete. Problemen ging er direkt auf den Grund. »Erstens: Was wird er jetzt machen? Zweitens: Was sollen wir mit ihm machen?«

»Man kann einen Oberspion nicht auslöschen.« Das hätte ich mit Anacrites schon vor Jahren getan, wenn es machbar gewesen wäre.

»Zu gefährlich. Ja.« Petro redete und plante weiter mit einer viel zu gleichmäßigen Stimme. »Man weiß, dass wir einen Groll gegen ihn hegen. Wir wären die ersten Verdächtigen.«

»Es muss doch Zeugen vor Ort gegeben haben.«

»Du kennst die Antwort darauf, Falco.«

»Zu verängstigt, um zu reden. Also, was dann? Können wir Beschwerde gegen ihn einlegen?«

»Keine Beweise.«

»Ihm auflauern und ihn zusammenschlagen?«

»Gefährlich.«

»Ihn auffordern, so was zu unterlassen?«

»Er wird jede Verantwortung dafür abstreiten.«

»Außerdem würde er dann wissen, dass er Erfolg gehabt hat.« Einen Augenblick lang schwiegen wir. Dann sagte ich: »Wir werden gar nichts tun.«

Petronius atmete langsam. Er wusste, dass es keine Kapitulation war. »Nein. Noch nicht.«

»Es könnte lange dauern. Wir sorgen dafür, dass sie in Sicherheit ist. Halten sie von ihm fern. Lassen ihn glauben, er hätte gewonnen, lassen ihn die Sache vergessen.«

»Dann ...«

»Dann wird sich eines Tages eine Gelegenheit ergeben.« Das war eine Tatsache, keine Gefühlsduselei.

»Stimmt. So was ergibt sich immer.« Er lächelte schwach. Vermutlich dachte er dasselbe wie ich.

Es hatte während der Rebellion einen Mann in Britannien gegeben, der die Zweite Augusta, unsere Legion, verraten hatte. Was später mit dem Mann passiert war, fiel unter einen gemeinsamen Pakt des Schweigens. Er starb. Jeder weiß das. Offiziell heißt es, er sei in sein Schwert gefallen, wie ein Offizier das tut. Vielleicht war das so.

Ich erhob mich und streckte die Hand aus. Petronius ergriff sie, ohne etwas zu sagen.

Am nächsten Tag ging Helena als Erstes zum Haus meines Vaters, um herauszufinden, was sie konnte. Papa war daheim geblieben und beschäftigte sich mit den Kindern, während Helena meine Schwester tröstete. Maia stand immer noch unter Schock, und die ganze Geschichte kam trotz ihrer vorherigen Zurückhaltung ans Tageslicht.

Als Maia Anacrites gesagt hatte, sie wolle sich nicht mehr mit ihm treffen, schien er es recht gut aufzunehmen. Dann tauchte er ständig wieder bei ihr auf, als wäre nichts geschehen. Sie weihte mich nie ein, weil sie sofort erkannte, dass das nicht gut gehen würde. Maia steckte in der Klemme.

Zwei Monate lang lungerte er offen bei ihrem Haus rum, dann begann sie ihm auszuweichen. Er beschattete sie heimlicher. Nach den ersten paar Wochen hörte er auf sich ihr zu nähern. Nichts wurde gesagt. Aber sie wusste, dass er da war. Er wollte, dass sie es wusste. Sie fürchtete sich ständig vor seiner Anwesenheit. Diese bedrückende Situation legte sich auf ihr gesamtes Leben. Und genau das bezweckte er. Er wollte, dass sie Angst hatte. Allein gelassen mit dem Problem, wurde selbst meine couragierte Schwester äußerst verängstigt.