Tod eines Senators - Lindsey Davis - E-Book
SONDERANGEBOT

Tod eines Senators E-Book

Lindsey Davis

0,0
6,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 0,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Ein folgenschwerer Prozess: Der fesselnde historische Kriminalroman »Tod eines Senators« von Lindsey Davis jetzt als eBook bei dotbooks. Rom, 75 nach Christus. Marcus Didius Falco ist der erfahrenste Privatermittler im Imperium Romanum und weiß nur zu gut um die Fallsticke der römischen Justiz – denn den Anklägern geht es nicht nur darum, Gerechtigkeit walten zu lassen, sondern auch hohe Summen zu erstreiten. Deshalb ist sein Interesse sofort geweckt, als er von einem verurteilten Senator erfährt, der sich selbst umgebracht haben soll: Dessen Erben sind nun von der hohen Strafzahlung entbunden, und ihre Trauer wirkt seltsam aufgesetzt. Ist etwa eines der Kinder des Metellus für seinen Tod verantwortlich? Um für Gerechtigkeit zu sorgen, lässt sich Falco selbst zum Anwalt berufen – wohlwissend, dass er sich und seine Familie bei einer Niederlage in den finanziellen Ruin stürzen könnte … »Ein unwiderstehlicher und rasanter Ausflug für den gewitztesten Römer von allen.« The Independent Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der packende historische Roman »Tod eines Senators« von Bestsellerautorin Lindsey Davis – der 15. Fall ihrer Reihe historischer Kriminalromane rund um den römischen Ermittler Marcus Didius Falco. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 531

Veröffentlichungsjahr: 2022

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Über dieses Buch:

Rom, 75 nach Christus. Marcus Didius Falco ist der erfahrenste Privatermittler im Imperium Romanum und weiß nur zu gut um die Fallsticke der römischen Justiz – denn den Anklägern geht es nicht nur darum, Gerechtigkeit walten zu lassen, sondern auch hohe Summen zu erstreiten. Deshalb ist sein Interesse sofort geweckt, als er von einem verurteilten Senator erfährt, der sich selbst umgebracht haben soll: Dessen Erben sind nun von der hohen Strafzahlung entbunden, und ihre Trauer wirkt seltsam aufgesetzt. Ist etwa eines der Kinder des Metellus für seinen Tod verantwortlich? Um für Gerechtigkeit zu sorgen, lässt sich Falco selbst zum Anwalt berufen – wohlwissend, dass er sich und seine Familie bei einer Niederlage in den finanziellen Ruin stürzen könnte …

Über die Autorin:

Lindsey Davis wurde 1949 in Birmingham, UK, geboren. Nach einem Studium der Englischen Literatur in Oxford arbeitete sie 13 Jahre im Staatsdienst, bevor sie sich ganz dem Schreiben von Romanen widmete. Ihr erster Roman »Silberschweine« wurde ein internationaler Erfolg und der Auftakt der Marcus-Didius-Falco-Serie. Ihr Werk wurde mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Diamond Dagger der Crime Writers' Association für ihr Lebenswerk.

Die Website der Autorin: www.lindseydavis.co.uk

Bei dotbooks erscheinen die folgenden Bände der Serie historischer Kriminalromane des römischen Privatermittlers Marcus Didius Falco:

»Silberschweine«

»Bronzeschatten«

»Kupfervenus«

»Eisenhand«

»Poseidons Gold«

»Letzter Akt in Palmyra«

»Die Gnadenfrist«

»Zwielicht in Cordoba«

»Drei Hände im Brunnen«

»Den Löwen zum Fraß«

»Eine Jungfrau zu viel«

»Tod eines Mäzens«

»Eine Leiche im Badehaus«

»Mord in Londinium«

»Tod eines Senators«

»Das Geheimnis des Scriptors«

»Delphi sehen und sterben«

»Mord im Atrium«

Ebenfalls bei dotbooks erscheint der historische Roman »Die Gefährtin des Kaisers«.

***

eBook-Neuausgabe April 2022

Die englische Originalausgabe erschien erstmals 2003 unter dem Originaltitel »The Accusers« bei Century, London.

Copyright © der englischen Originalausgabe 2003 by Lindsey Davis

Copyright © der deutschen Erstausgabe 2006 für die deutschsprachige Ausgabe by Knaur Verlag. Ein Unternehmen der Droemerschen Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG, München

Copyright © der Neuausgabe 2022 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/RinArte, Elliott Rusty Harold

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (mm)

ISBN 978-3-98690-056-4

***

Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

***

Sind Sie auf der Suche nach attraktiven Preisschnäppchen, spannenden Neuerscheinungen und Gewinnspielen, bei denen Sie sich auf kostenlose eBooks freuen können? Dann melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an: www.dotbooks.de/newsletter (Unkomplizierte Kündigung-per-Klick jederzeit möglich.)

***

Wenn Ihnen dieser Roman gefallen hat, empfehlen wir Ihnen gerne weitere Bücher aus unserem Programm. Schicken Sie einfach eine eMail mit dem Stichwort »Marcus Didius Falco 15« an: [email protected] (Wir nutzen Ihre an uns übermittelten Daten nur, um Ihre Anfrage beantworten zu können – danach werden sie ohne Auswertung, Weitergabe an Dritte oder zeitliche Verzögerung gelöscht.)

***

Besuchen Sie uns im Internet:

www.dotbooks.de

www.facebook.com/dotbooks

www.instagram.com/dotbooks

blog.dotbooks.de/

Lindsey Davis

Tod eines Senators

Ein Fall für Marcus Didius Falco

Aus dem Englischen von Susanne Aeckerle

dotbooks.

Für die Gang:

Hannah, Lesley, Mary, Pamela, Pauline, Susan und Sybil in Freundschaft

Dramatis Personae

M. Didius Falco: ein prinzipientreuer Ermittler (der Geld braucht)

Helena Justina: seine Moralwächterin

Julia Junilla und: ihre Kinder

Sosia Favonia: (nie krank, nie ungezogen, nie laut)

Albia: ein britannischer Gast, der noch nichts gesehen hat

Nux: eine Hündin, Besitzerin von Falco

Die Heiligen Gänse der Juno und die Heiligen Hühner der Auguren: frei laufendes, Omeletts produzierendes religiöses Geflügel

Mama: eine durch Gottlosigkeit beschämte Mutter

Verontius: Falcos Schwager, geradlinig wie eine römische Straße

D. Camillus Verus: Helenas Vater, ein Senator mit Erinnerungen

Julia Justa: ihre Mutter, eine Matrone mit Verbindungen

A. Camillus Aelianus und Q. Camillus Justinus: Falcos Partner, noch im Lernstadium

Ursulina Prisca: eine geschätzte Klientin, sehr prozessfreudig

L. Petronius Longus: Falcos Freund bei den Vigiles, ein nützlicher Kontakt

Anacrites: Falcos Feind, ein nutzloses Gespenst

Glaucus: Falcos Trainer, der schon alles gesehen hat

Ti Catius Silius Italicus: ein hochrangiger Anwalt (mit zweifelhafter Vergangenheit)

C. Paccius Africanus: ein vertrauenswürdiger Experte (mit fragwürdigem Ruf)

Honorius: ein idealistischer Jurist (auf dem Weg zur Desillusion?)

Marponius: ein Richter mit enzyklopädischem Wissen

Bratta: Ermittler eines Ermittlers

Procreus: Ankläger eines Anklägers

Euphanes: ein kränklicher Herbalist

Rhoemetalces: ein Apotheker, der seine eigene Medizin schluckt

Claudius Tiasus: ein Beerdigungsunternehmer mit einer angestoßenen Nymphe

Biltis: ein geschwätziges professionelles Klageweib

Spindex: ein Beerdigungsspaßmacher, der nicht viel zu lachen hat

Olympia: eine Wahrsagerin, Therapeutin edler Damen

Scorpus: alias »der alte Fungibel«, ein Testamentsexperte

Scythax: Arzt der Vigiles, der Vorsicht verschreibt

Aufustius: ein Bankier mit verschwenderischen Klienten

Euboule: eine Amme, die Zweifel nährt

Zeuko: ihre Tochter, die diese in der Familie hält

Perseus: ein Pförtner, der zu viel weiß

Celadus: ein Verwalter, der weiß, was es bei der letzten Mahlzeit gab

Julius Alexander: ein loyaler Liegenschaftsverwalter, der weiß, wo das Diebesgut ist

Rom: Herbst 75 n. Chr. bis Frühjahr 76 n. Chr.

Kapitel I

Ich war seit über einem Jahrzehnt Privatermittler (böse Zungen nannten uns auch Denunzianten), bevor ich endlich lernte, was diese Arbeit mit sich brachte.

Es hätte mich nicht überraschen sollen. Ich wusste, wie die Gesellschaft uns betrachtete – Rumlungerer von niederer Geburt, Emporkömmlinge mit zu wenig Geduld für einen ehrlichen Beruf oder korrupte Adlige. Ich selbst, Marcus Didius Falco, Sohn des äußerst plebejischen Gauners Didius Favonius, Erbe von nichts und mit lauter Nullen als Vorfahren, nahm stolz die unterste Ebene für mich in Anspruch. Meine berühmtesten Kollegen arbeiteten im Senat und waren selbst Senatoren. Im Auge der Öffentlichkeit waren wir alle Parasiten, nur darauf aus, ehrbare Männer zu ruinieren.

Ich wusste, wie das auf Straßenniveau funktionierte – ein Mischmasch aus unbedeutenden Ermittlungsaufträgen, alle schlecht bezahlt und verachtet, ein Beruf, der oft auch gefährlich war. Ich sollte die glorreiche Wahrheit des Denunziantentums im Senatorenstil erleben. Im Spätsommer jenes Jahres, nachdem ich mit meiner Familie von meiner Britannienreise zurückgekehrt war, arbeitete ich mit Paccius Africanus und Silius Italicus zusammen, zwei der berühmtesten Denunzianten in dieser Branche; manche mögen sogar von ihnen gehört haben. Juristen. Was bedeutet, dass diese edlen Männer kriminelle Beschuldigungen vorbrachten, von denen sich die meisten nur mit Mühe aufrechterhalten ließen, sie mit unverhohlenen Lügen und wenigen Beweisen untermauerten, mit der Absicht, Mitsenatoren anzuschwärzen und sich dann große Teile der umfangreichen Besitztümer der zum Untergang verurteilten Kollegen einzuverleiben. Das Gesetz, stets gerecht, sieht anständige Entschädigung für den selbstlosen Einsatz bei erniedrigender Arbeit vor. Gerechtigkeit hat ihren Preis. Für die Denunziantengemeinschaft beträgt dieser Preis mindestens fünfundzwanzig Prozent; das bedeutet fünfundzwanzig Prozent von allen am Meer gelegenen Villen, Stadthäusern, Landgütern und anderem Grundbesitz des Verurteilten. Bei Fällen von Amtsmissbrauch oder Hochverrat kann es sein, dass sich der Kaiser einmischt; er kann größere Entschädigungen gewähren, manchmal viel größere. Da sich der Mindestbesitz eines Senators auf eine Million Sesterzen beläuft – und für die Elite bedeutet das Armut –, kann es sich dabei um eine hübsche Anzahl von Stadthäusern und Olivenhainen handeln.

Alle Privatermittler (ich ziehe diese Berufsbezeichnung immer noch vor) sind angeblich miese Kollaborateure, wollen sich lieb Kind machen, tragen zu Repression und Wucher bei, suchen sich ihre Opfer gezielt aus und benutzen die Gerichte zu ihrem persönlichen Vorteil. Ob das nun stimmt oder nicht, es war mein Beruf. Es war alles, was ich konnte – und ich wusste, dass ich gute Arbeit leistete. Also musste ich, nach einem halben Jahr Abwesenheit wieder zurück in Rom, meinen Dolch in meinen Stiefel stecken und mich für Aufträge zur Verfügung stellen.

Es begann harmlos genug. Es war Herbst. Ich war zu Hause. Ich war mit meiner Familie zurückgekehrt, einschließlich meiner beiden jungen Schwager Camillus Aelianus und Camillus Justinus, zwei ungebärdige Patrizierjungs, die mir bei meiner Arbeit helfen sollten. Um unsere Finanzen stand es nicht zum Besten. Frontinus, der britannische Statthalter, hatte uns nur allerniedrigste Provinzhonorare für verschiedene Buchprüfungen und Überwachungsaufträge bezahlt; allerdings hatten wir eine kleine Aufmerksamkeit eines Stammeskönigs eingesackt, dem unser diplomatisches Geschick gefallen hatte. Ich hoffte auf einen zweiten Bonus vom Kaiser, aber es würde lange dauern, bis der bei mir ankam. Und ich musste das Geschenk des Königs verheimlichen. Wobei ich nicht falsch verstanden werden möchte. Vespasian schuldete mir eine Menge. Aber ich wollte keinen Ärger. Falls der Erhabene meinen doppelten Bonus als Buchhaltungsfehler bezeichnen sollte, würde ich meine Rechnung an ihn zurückziehen. Na ja, vielleicht.

Sechs Monate Abwesenheit sind eine lange Zeit für eine Stadt. Kein Klient erinnerte sich an uns. Unsere mit Kreide auf den Forumswänden angebrachte Werbung war längst verblichen. Für eine Weile konnten wir nicht mit einem fetten Auftrag rechnen.

Als ich daher gebeten wurde, einen eher unbedeutenden Auftrag zur Überbringung eines Dokuments anzunehmen, willigte ich ein. Für gewöhnlich betätige ich mich nicht als Kurier für andere, aber wir mussten zeigen, dass Falco und Partner wieder aktiv waren. Der Ankläger in einem laufenden Verfahren brauchte rasch eine eidesstattliche Versicherung von einem Zeugen in Lanuvium. Eine unkomplizierte Sache. Der Zeuge musste bestätigen, dass ein bestimmtes Darlehen zurückgezahlt worden war. Ich begab mich nicht mal selbst dorthin. Ich hasse Lanuvium. Deshalb schickte ich Justinus. Er bekam die unterzeichnete Aussage ohne Schwierigkeiten. Da er in Justizdingen unerfahren war, brachte ich das Dokument selbst ins Gericht.

Angeklagt war ein Senator namens Rubirius Metellus. Die Anklage lautete auf Amtsmissbrauch, ein schweres Vergehen. Der Fall wurde offenbar schon seit Wochen verhandelt. Ich wusste nichts darüber, da mir der ganze Forumsklatsch entgangen war. Ich machte meine Aussage, wonach ich unangebrachterweise von dem schmierigen Verteidiger angegriffen wurde, der behauptete, ich sei als Ermittler aus einem plebejischen Bezirk ungeeignet als Leumundszeuge. Ich verbiss mir die Erwiderung, dass mich der Kaiser in den Ritterstand erhoben hatte. Vespasian hier zu erwähnen schien unpassend, und mein Mittelklassestatus würde nur weitere höhnische Bemerkungen hervorrufen. Zum Glück war der Richter begierig darauf, die Verhandlung über Mittag zu vertagen. Etwas müde bemerkte er, dass ich nur der Bote sei, und wies die Parteien an, weiterzumachen.

Ich hatte kein Interesse an dem Verfahren und wollte auch nicht länger bleiben, um mich als irrelevant beschimpfen zu lassen. Sobald mein Auftrag erledigt war, ging ich. Der Ankläger sprach nicht mal mit mir. Er schien seine Aufgabe gut gemacht zu haben, denn nicht lange danach hörte ich, dass Metellus verurteilt worden war und eine hohe Strafe zahlen musste. Anscheinend war er ziemlich wohlhabend – nun ja, zumindest bis zu diesem Zeitpunkt. Wir witzelten darüber, dass Falco und Partner ein höheres Honorar hätten fordern sollen.

Zwei Wochen später war Metellus tot. Offenbar Selbstmord. Dadurch mussten seine Erben nicht mehr zahlen, was ihnen zweifellos gut zupass kam. Für den Ankläger war es dumm gelaufen, aber das war das Risiko, das er einging.

Er hieß Silius Italicus. Ja, ich habe ihn bereits erwähnt. Er war äußerst bekannt, ziemlich mächtig – und wollte mich plötzlich aus irgendeinem Grund sehen.

Kapitel II

Überhebliche Aufforderungen von Senatoren – das kam bei mir nie gut an. Allerdings war ich jetzt mit der Tochter eines Senators verheiratet. Helena Justina hatte sich daran gewöhnt, die Blicke von Leuten zu ignorieren, die sich wunderten, dass sie überhaupt etwas mit mir zu tun haben wollte. Wenn sie die Blicke nicht gelassen ignorierte, konnte sie selbst so finster starren, dass Messingschlösser schmolzen. Da sie spürte, dass ich wegen Silius Italicus zicken würde, betrachtete sie mich mit gerunzelten Brauen. Hätte ich einen Schwertgürtel getragen, wären mir die Beschläge auf der Brust geschmolzen.

Zum Glück trug ich jedoch nur eine leichte Tunika und alte Sandalen. Ich hatte mich gewaschen, aber nicht rasiert, und konnte mich nicht erinnern, ob ich meine Locken gekämmt hatte. Mich nachlässig zu geben war rein instinktiv. Genau wie den Befehlen von Silius Italicus zu trotzen. Unter Helenas Gesichtsausdruck wand ich mich ein bisschen, aber nicht viel.

Wir saßen beim Frühstück in unserem Haus am Fuße des Aventin. Es hatte meinem Vater gehört und wurde immer noch nach unserem Geschmack renoviert. Vor sechs Monaten waren die Freskenmaler zum letzten Mal hier aufgetaucht. Der Geruch ihrer Pigmente war verflogen, und das Gebäude war in seinen natürlichen Zustand zurückgefallen. Es hatte einen schwachen Schimmelgeruch, der sich in älteren Häusern breit macht, die mal überflutet waren, weil sie zu nahe am Fluss gebaut sind (der Tiber lag nur zwanzig Fuß entfernt). Das Haus hatte leer gestanden, während wir in Britannien waren – obwohl zu erkennen war, dass Papa hier kampiert hatte, als würde das Anwesen noch ihm gehören. Er hatte das Erdgeschoss mit grässlichen Möbeln voll gestopft, die er nur »vorübergehend« hier unterstellte, wie er behauptete. Er wusste, dass wir nach Rom zurückgekehrt waren, hatte aber keine Eile, seinen Schrott wegzuräumen. Warum auch? Er war Auktionator, und wir hatten ihn mit einem kostenlosen Lagerhaus versorgt. Ich hatte nachgeschaut, ob sich irgendwas davon zum Klauen lohnte, aber kein vernünftiger Kunde würde auf diesen Mist bieten.

Was nicht bedeutete, dass das Zeug nicht verkauft werden würde. Papa konnte einen neunzigjährigen kinderlosen Geizhals davon überzeugen, dass er eine antike Wiege brauchte, bei der der Rasselhaken fehlte – und dass das Opfer es sich leisten konnte, die Schaukelbretter von einem bettelarmen Schreiner aufarbeiten zu lassen, dem Papa zufällig einen Gefallen schuldete.

»Ich gebe Ihnen noch diese hübsche alexandrinische Rassel dazu«, würde mein Vater großmütig verkünden (und es natürlich vergessen).

Da wir unser Esszimmer nicht betreten konnten, bis mein Vater eine halbe riesengroße Kornmühle aus Stein abtransportiert hatte, aßen wir oben auf der Dachterrasse. Die befand sich vier Stockwerke von der Küche entfernt, also gab es hauptsächliche kalte Speisen. Für das Frühstück stellte das kein Problem dar. Großherzig wie immer, hatte Papa uns einen geschmeidigen bithynischen Sklaven geliehen, der die Tabletts nach oben tragen sollte. Brötchen und Honig überlebten, auch wenn die sauergesichtige Null ihre Zeit brauchte. Er taugte zu nichts. Na ja, Papa hätte ihn selbstverständlich behalten, wenn der Kerl sich für irgendwas geeignet hätte.

Dauernd wimmelte Familie bei uns herum. Helena und ich hatten zwei Töchter produziert, die eine jetzt zweieinhalb, die andere sechs Monate alt. Also kam als Erste meine Mutter angewieselt, um sich davon zu überzeugen, dass wir ihre Lieblinge nicht umgebracht hatten, während wir uns in Barbarenländern aufhielten, dann segelte Helenas elegante Mama in ihrem Tragestuhl heran, um die Kinder ebenfalls zu verwöhnen. Unsere Mütter erwarteten beide, die gesamte Aufmerksamkeit zu bekommen, also musste bei ihrer jeweiligen Ankunft die andere zu einem anderen Ausgang geführt werden. Wir bemühten uns, das nicht zu offensichtlich zu machen. Wenn Papa antrabte, um sich erneut wegen der Kornmühle zu entschuldigen, stürmte Mama sofort davon; sie lebten seit fast dreißig Jahren getrennt und waren stolz darauf zu beweisen, dass es eine kluge Entscheidung gewesen war. Falls Julia Justa hier war, wenn Helenas Vater aufkreuzte, spielte er gerne den Unsichtbaren, also musste er in mein Arbeitszimmer geschoben werden. Das war nur ein kleiner Raum, und so war es am besten, wenn ich zu der Zeit außer Haus war. Camillus Verus und Julia Justa lebten zwar zusammen, mit allen Anzeichen liebevoller Toleranz, doch der Senator machte immer den Eindruck eines Verfolgten.

Ich hatte mit ihm über die Aufforderung von Italicus sprechen wollen. Leider war ich nicht daheim, als Camillus Verus vorbeikam, und so hatte er in meinem Ein-Mann-Arbeitszimmer ein Nickerchen gehalten, mit den Kindern gespielt, unseren ganzen Borretschtee ausgetrunken und war gegangen. Stattdessen musste ich mein Frühstück mit seiner gesamten edlen Nachkommenschaft einnehmen. Wenn Helena und ihre Brüder zusammenkamen, verstand ich, warum ihre Eltern allen dreien erlaubt hatten, ihr großes, aber heruntergekommenes Heim im Zwölften Bezirk zu verlassen und mein desperates Leben im viel schäbigeren Dreizehnten zu teilen. Die Jungs wohnten zwar noch daheim, hingen aber viel in unserem ungezwungeneren Haushalt herum.

Helena war achtundzwanzig, ihre Brüder etwas jünger. Sie war meine Lebens- und Arbeitspartnerin, da das die einzige Möglichkeit gewesen war, sie in mein Leben und mein Bett zu locken. Ihre Brüder bildeten neuerdings den Juniorbereich von Falco und Partner, eine wenig bekannte Firma von Privatermittlern, die sich auf Hintergrunduntersuchungen im Familienbereich spezialisiert hatte (Bräutigame, Witwen und andere betrügerische, verlogene, geldgierige Schweine, unseren eigenen Verwandten nicht unähnlich). Wir befassten uns auch mit Kunstdiebstählen, obwohl es auf diesem Gebiet in letzter Zeit flau gewesen war. Wir suchten nach Vermissten, überredeten wohlhabende junge Mädchen, nach Hause zurückzukehren – manchmal sogar bevor sie von ihren unpassenden Liebhabern ausgeplündert worden waren –, oder wir spürten heimlich ausziehende Mietschuldner auf, noch bevor sie ihre Karren bei der nächsten Wohnung entluden (obwohl wir aus Gründen, die mit meiner ärmlichen Vergangenheit zu tun hatten, mit Schuldnern meist sanft umgingen). Wir waren auf Witwen und ihre endlosen Erbprobleme spezialisiert, da ich das schon getan hatte, als ich noch ein unbeschwerter Junggeselle war. Jetzt versicherte ich Helena einfach, das seien die halb verrückten Tanten meiner Klienten. Ich, der ältere und erfahrenere Partner, war außerdem noch ein kaiserlicher Agent, ein Thema, über das ich den Mund zu halten habe. Also tue ich es.

Beim Frühstück trafen wir uns alle. In der Art traditioneller römischer Ehen besprach Helena mit mir, dem geachteten Paterfamilias, häusliche Belange. Wenn sie damit fertig war, mir zu berichten, was alles schief gelaufen war, inwieweit ich daran ihrer Meinung nach Schuld hatte und wie sie das Problem zu lösen gedachte, pflegte ich ihrem weisen Rat beizupflichten und alles andere ihr zu überlassen. Dann trudelten ihre Brüder ein, um für unsere laufenden Fälle Anweisungen von mir entgegenzunehmen. Na ja, zumindest sah ich das so.

Die beiden Camilli, Aelianus und Justinus, waren nie sehr gut miteinander ausgekommen. Alles war noch schlimmer geworden, als Justinus mit Aelianus’ reicher Verlobter durchbrannte, was Aelianus wiederum davon überzeugte, dass er sie doch wollte (während er Claudia gegenüber bis zu ihrem Verlust nur lauwarm gewesen war). Justinus aber erkannte bald, dass er einen großen Fehler gemacht hatte. Trotzdem hatte er das Mädchen geheiratet, da Claudia Rufina eines Tages eine Menge Geld besitzen würde und er intelligent war.

Die Brüder nahmen ihre übliche unterschiedliche Haltung zu Silius’ Anfrage ein.

»Verdammter Opportunist. Beachte ihn gar nicht, Falco.« Das kam von Aelianus, dem Älteren, Intoleranteren.

»Ich find’s saumäßig interessant. Du solltest rausfinden, was der Dreckskerl will.« Justinus, undogmatisch und mit Gerechtigkeitssinn, trotz seiner Gossensprache.

»Hör nicht auf sie«, sagte Helena. Sie war ein Jahr älter als Aelianus und zwei Jahre älter als Justinus und verhielt sich wie die typische große Schwester. »Was ich wissen will, Marcus, ist Folgendes: Wie wichtig war das Dokument, das ihr aus Lanuvium geholt habt? Hat es das Ergebnis des Prozesses beeinflusst?«

Diese Frage überraschte mich nicht. Frauen, die in unserem Gesellschaftssystem keine Rechtsfähigkeit besitzen, sollten sich nicht für Gerichtsverfahren interessieren, aber Helena dachte nicht daran, sich von patriarchalen Fossilien vorschreiben zu lassen, was sie verstehen konnte und was nicht. Falls meine Leser Provinzler aus einer matriarchalen Gesellschaft sind, zum Beispiel irgendwelche unglückseligen Kelten, will ich es erklären. Unsere strikten römischen Vorväter hatten Ärger gerochen und bestimmt, dass Frauen unwissend über Politik, Recht und, wo immer möglich, Geldangelegenheiten bleiben sollten. Unsere Vormütter hatten dabei mitgespielt, wodurch sie der schwachen Sorte Frau erlaubt hatten, »behütet« (und geschröpft) zu werden, während die starke Sorte das System fröhlich umstürzte. Dreimal darf man raten, für welche Sorte ich mich entschieden hatte.

»Dazu müsste man wissen, worum es in dem Verfahren überhaupt gegangen ist«, setzte ich zum Erklären an.

»Rubirius Metellus wurde beschuldigt, Ämter vergeben zu haben, Marcus.«

»Ja.« Ich weigerte mich, überrascht zu sein, dass sie es wusste. »Während sein Sohn als kurulischer Ädile für die Straßeninstandhaltung zuständig war.« Ein Zwinkern erschien in Helenas schönen braunen Augen. Ich grinste zurück. »Oh, du hast deinen Papa gefragt.«

»Gestern.« Helena machte sich nicht die Mühe zu triumphieren. Ihr Bruder Aelianus, ein unterdrückter Traditionalist, warf sich nach einem angewiderten Schnauben Oliven in den Mund. Er wollte eine Schwester der üblichen Art, der gegenüber er sich aufspielen konnte. Justinus zeigte ein überlegenes Lächeln. Helena nahm beide nicht zur Kenntnis und sagte zu mir: »Es gab eine Menge Anklagepunkte gegen Metellus, allerdings nur wenige Beweise. Er hatte seine Spuren gut verwischt. Aber wenn er in allem, was ihm vorgeworfen wurde, schuldig war, dann war seine Korruption ungeheuerlich.«

»Das Gericht war davon überzeugt.«

»Und war dein Dokument nun wichtig?«, beharrte sie.

»Nein.« Ich schaute zu Justinus, der nach Lanuvium geritten war, um es zu holen. »Es gehörte nur zu einem ganzen Bündel eidesstattlicher Erklärungen, die Silius Italicus beim Prozess vorlegte. Er bombardierte den Richter und die Geschworenen mit Beispielen von Verfehlungen. Er hatte jeden Pflasterleger aufgeboten, der sich je Vorteile verschafft hatte, und ließ sie alle dasselbe sagen: Ich habe den Metelli zehntausend gegeben für die Zusicherung, dass wir den Kontrakt für Reparaturen an der Via Appia bekommen würden. Ich habe Rubirius Metellus fünftausend gegeben, um den Vertrag für die Instandhaltung der Gullys auf dem Forum des Augustus ...«

Helena schniefe vor Missbilligung. Einen Moment lang lehnte sie sich zurück, das Gesicht der Sonne zugewandt, eine hoch gewachsene junge Frau in Blau, die ruhig diesen schönen Morgen auf der Terrasse ihres Hauses genoss. Eine Locke ihres feinen dunklen Haars fiel über ein Ohr, an dessen Ohrläppchen an diesem Morgen kein Ohrring hing. Als einzigen Schmuck trug sie einen Silberring, mein Liebesgeschenk aus der Zeit vor unserem Zusammenleben. Sie wirkte gelassen, aber sie war wütend. »Der Sohn war derjenige, der das Amt innehatte und seinen Einfluss ausnutzte. Doch der wurde nie vor Gericht gestellt, oder?«

»Papa hatte das ganze Geld«, wies ich sie hin. »Finanziell ließ sich nichts rausholen bei einem vor dem Gesetz Minderjährigen, der noch nicht aus der väterlichen Gewalt entlassen worden war. Leute, die kein eigenes Geld haben, werden nie verklagt. Der Fall hat trotzdem vor Gericht funktioniert. Silius malte das Bild eines machtlosen Sohnes aus, der unter dem autoritären väterlichen Daumen gefangen war. Der Vater wurde als ein noch schlimmerer Charakter dargestellt, weil er zu Hause einen Schwächling seinem unmoralischen Einfluss ausgesetzt hatte.«

»Oh, das tragische Opfer eines schlechten Vaters!«, höhnte Helena. »Ich frag mich, wie die Mutter wohl ist.«

»Sie war nicht im Gericht. Pflichtbewusste Matrone, die bei öffentlichen Angelegenheiten keine Rolle spielt, nehme ich an.«

»Weiß von nichts, kümmert sich um noch weniger«, grummelte Helena. Sie glaubte daran, dass die Rolle einer römischen Matrone darin bestand, starken Anstoß an den Verfehlungen ihres Mannes zu nehmen.

»Der Sohn könnte selbst eine Ehefrau haben.«

»Irgendein verwaschenes, wimmerndes Gespenst«, entschied mein sehr direktes Mädel. »Ich wette, sie scheitelt ihr Haar in der Mitte und hat ein hohes Stimmchen. Ich wette, sie kleidet sich in Weiß. Ich wette, sie fällt in Ohnmacht, wenn ein Sklave ausspuckt ... Ich hasse diese Familie.«

»Sie könnte durchaus charmant sein.«

»Dann entschuldige ich mich«, sagte Helena und fügte boshaft hinzu: »Und ich wette, die junge Frau trägt jede Menge zierlicher Armreifen – an beiden Handgelenken!«

Ihre Brüder hatten alles aufgegessen und zeigten daher mehr Interesse. »Als sie ihre Masche durchzogen«, meinte Justinus, »war es sicherlich hilfreich, dass Papa die Bestechungen entgegennahm, während Junior hinter den Kulissen die zwielichtigen Geschäfte abschloss. Getrenntes Vorgehen konnte ihnen dabei helfen, ihre Spuren besser zu verwischen.«

»Fast zu gut«, teilte ich ihm mit. »Ich habe gehört, Silius hätte Schwierigkeiten gehabt, den Prozess zu gewinnen.«

Helena nickte. »Mein Vater sagte, das Urteil hätte Erstaunen ausgelöst. Alle waren sicher, dass Metellus schuldig war wie der Hades, aber der Fall hatte sich zu lange hingezogen, hatte sich festgefahren und das öffentliche Interesse verloren. Man war der Meinung, Silius Italicus hätte die Anklage verpfuscht und Paccius Africanus, der Metellus verteidigte, sei der bessere Anwalt.«

»Der Kerl ist eine Viper.« Ich erinnerte mich, wie er versucht hatte, mich beim Prozess fertig zu machen.

»Weil er seine Arbeit gut machte?«, fragte Helena boshaft. »Also, was glaubst du, warum Metellus erfolgreich verurteilt wurde, Marcus?«

»Er war ein dreckiger Betrüger.«

»Das hätte keine Rolle gespielt«, erwiderte Helena trocken.

»Sie haben wegen rechtlicher Detailfragen gegen ihn gestimmt.«

»Zum Beispiel?«

Es war offensichtlich und ganz einfach: »Er dachte, er hätte das Gericht in der Tasche – er verachtete sie alle und ließ sich das anmerken. Die Geschworenen haben dasselbe empfunden wie du, Liebste. Sie hassten ihn.«

Kapitel III

Das Forum Romanum. September. Nicht mehr so heiß, wie es im Hochsommer sein konnte. Im Schatten war es kühler als in der Sonne, aber im Vergleich mit dem nördlichen Europa immer noch sehr warm. Ich hatte daran gedacht, meine Toga mitzubringen, war unsicher wegen des Protokolls, fühlte mich aber außer Stande, die schweren Wollfalten auch nur über dem Arm zu tragen. Auf keinen Fall hätte ich das Ding angezogen. Selbst so war meine Tunika schon schweißfeucht am Rücken. Strahlendes Sonnenlicht brannte auf die uralten Pflastersteine der Via Sacra, prallte von den Statuen und Marmorverkleidungen ab, erhitzte die träge plätschernden Brunnen und trocknete die Wasserbecken in den Schreinen aus. Auf den Tempeln und Plinthen neben dem Weg hockten reglose Tauben mit eingezogenen Köpfen, bemüht, nicht ohnmächtig zu werden. Alte Damen, aus härterem Holz geschnitzt, kämpften sich über den Platz vor der Rostra, verfluchten die Reihen erschöpfter Sklaven, uniformiertes Gefolge fettleibiger alter Männer, die sich für was Besseres hielten und hochnäsig in ihren Tragestühlen hockten.

Eine Meile imposanter Gebäude säumten das Forumstal. Die Marmormonumente der Goldenen Stadt überragten mich. Mit verschränkten Armen nahm ich das ganze Spektakel in mich auf. Ich war zu Hause. Durch Einschüchterung und Ehrfurcht nötigen unsere Herrscher uns Respekt ab. In meinem Fall versagten die grandiosen Effekte. Trotzig grinste ich den prächtigen Anblick an.

Ich befand mich im Geschäftsteil des historischen Gebietes, stand auf den Stufen des Castortempels, mit dem Tempel des Vergöttlichten Julius zu meiner Rechten – beides Orte der Nostalgie für mich. Ganz links von mir blockierte das hundert Fuß hohe Tabularium den Aufgang zum Kapitol. Nebenan war die Basilica Julia, mein augenblickliches Ziel, gegenüber, hinter der ausgetretenen Steinpiazza, lagen das Haus des Senats – die Kurie – und die von Aemilius Paullus erbaute Basilica mit ihrer grandiosen zweistöckigen Geschäftsgalerie. Ganz hinten in der Ecke sah ich den Karzer, direkt unter mir duckte sich das Büro für Maße und Gewichte unter dem Podium des Castortempels. In der Nähe der Rostra befand sich das Gebäude, in dem die Sekretäre der kurulischen Ädilen untergebracht waren, wo der korrupte junge Metellus gearbeitet hatte. Der Platz war überfüllt mit Priestern, voll gepackt mit Bankiers und Maklern der Warenbörse, überflutet von Möchtegerntaschendieben und ihren herumlungernden Partnern, an die sie rasch alles weitergeben würden, was sie geklaut hatten. Vergeblich schaute ich mich nach Vigiles um. (Ich hatte nicht vor, sie auf die Taschendiebe hinzuweisen, wollte nur laut verlangen, dass die Gesetzeshüter die Makler für Wucher und die Priester für ihre Lügen verhafteten. Mir war nach Satire; den Vigiles eine Aufgabe aufzubürden, vor der selbst sie zurückschrecken würden, wäre eine amüsante Art, wieder ins öffentliche Leben zurückzukehren.)

Der Bote hatte keine Adresse mitgeliefert. Silius Italicus war ein Großkotz, der voraussetzte, dass jeder wusste, wo er wohnte und welche Gewohnheiten er hatte. Er war nicht im Gericht. Kaum überraschend. Er hatte dieses Jahr einen Fall gehabt. Wenn der verurteilte Metellus bezahlt hatte, dann müsste Silius das nächste Jahrzehnt über nicht mehr arbeiten. Lange Zeit tappte ich frustriert in der Basilica Julia herum, nur um herauszufinden, dass Silius außerdem ein Großkotz war, dessen Privatadresse unter strenge Geheimhaltung fiel, damit nicht jeder Krethi und Plethi diesen Pfau in seinem eigenen Nest belästigte. Im Gegensatz zu mir erlaubte er Klienten nicht, ihn in seiner Wohnung aufzusuchen, während er mit seinen Freunden speiste, seine Frau vögelte oder sich schlafend von einer dieser Aktivitäten erholte. Schließlich wurde mir gesagt, dass Silius tagsüber meist beim Einnehmen von Erfrischungen in einem der Portiken der Basilica Paulli anzutreffen sei.

Fluchend schob ich mich durch die Menge, hüpfte die Stufen hinunter und überquerte den knallheißen Travertin. Bei dem zwölfseitigen Becken, dem Lacus Curtius, hielt ich mich absichtlich zurück, eine Glück bringende Münze hineinzuwerfen. Zwischen dem vielfarbigen Marmor des Portikus von Gaius und Lucius an der gegenüberliegenden Basilica Paulli, die von späteren Generationen Basilica Aemilia genannt wurde, machte ich mich auf eine lange Suche gefasst, aber ich entdeckte Silius bald, einen Fettkloß, der aussah, als würde er gierig das Geld verprassen, das er mit seinem spektakulären Prozess verdient hatte. Im Näherkommen sah ich, dass er sich mit einem anderen Mann unterhielt, den ich ebenfalls kannte, etwa im gleichen Alter, aber schlanker und zurückhaltender in der Art (aus kürzlich gemachter Erfahrung wusste ich, wie irreführend das war!). Als sie mich bemerkten, erhob sich der zweite Mann von dem Tisch der Weinschenke. Vielleicht hatte er sowieso gehen wollen, obwohl es eher so aussah, als hätte ihn meine Ankunft dazu veranlasst. Ich fand, sie hätten Distanz wahren sollen, doch sie hatten wie zwei Freunde geplaudert, die im selben Bezirk arbeiten und sich regelmäßig auf einen Vormittagsimbiss und gewürzten kampanischen Wein trafen. Der Kumpel war Paccius Africanus, zuletzt beobachtet als gegnerischer Anwalt im Metellus-Prozess.

Merkwürdig.

Silius Italicus erwähnte Africanus nicht. Ich zog es vor, mir nicht anmerken zu lassen, dass ich den Mann erkannt hatte.

Silius selbst hatte mich am Tag meiner Aussage vor Gericht missachtet, aber ich hatte ihn von ferne gesehen, wie er vorgab, zu erhaben zu sein, um von einem bloßen Zeugen Notiz zu nehmen. Er war schwer gebaut, nicht abstoßend fett, aber rundherum fleischig, das Ergebnis eines üppigen Lebensstils. Was auch sein Gesicht gefährlich rot hatte werden lassen. Seine Augen versanken in Hautfalten, als bekäme er ständig zu wenig Schlaf, doch sein sauber rasiertes Kinn und der Hals wirkten jugendlich. Ich schätzte ihn auf Mitte vierzig, doch er hatte die Konstitution eines zehn Jahr älteren Mannes. Sein Gesichtsausdruck erinnerte an jemanden, dem gerade eine schwere Steinplinthe auf den Fuß gefallen war. Während er mit mir sprach, schaute er, als läge sie immer noch dort und hielte ihn schmerzhaft gefangen.

»Didius Falco.« Ich blieb formell. Er bemühte sich nicht, die Höflichkeit zu erwidern.

»Ah ja, ich habe nach Ihnen geschickt.« Seine Stimme war anmaßend, laut und arrogant. Zusammen mit seinem mürrischen Verhalten entstand der Eindruck, als würde er das Leben, die Arbeit, gewürzten Wein und mich hassen.

»Niemand schickt nach mir.« Ich war nicht sein Sklave, hatte auch keinen Auftrag von ihm. Es war meine freie Entscheidung, ob ich einen Auftrag annehmen würde, selbst wenn er ihn mir anbot. »Sie haben eine Nachricht geschickt, dass Sie sich gerne mit mir unterhalten würden, und ich habe mich dazu bereit erklärt. Eine Privat- oder Büroadresse wäre hilfreich gewesen, wenn ich das sagen darf. Sie sind nicht so leicht zu finden.«

Er mäßigte sein überhebliches Gehabe. »Und trotzdem ist es Ihnen gelungen, mich zu finden«, erwiderte er voll falscher Freundlichkeit. Selbst wenn er sich Mühe gab, blieb er verdrießlich.

»Leute zu finden ist mein Beruf.«

»Ah ja.«

Ich spürte, dass er innerlich das Gewerbe verhöhnte, in dem ich tätig war. Ich ersparte mir eine gehässige Reaktion darauf, wollte die Sache hinter mich bringen. »Am rauen Ende der Ermittlungsarbeit haben wir Fähigkeiten, die Sie in der Basilica nie brauchen. Also«, drängte ich ihn, »welche meiner Fähigkeiten wollen Sie benutzen?«

Der Großkotz antwortete, immer noch in seiner lässigen Art und mit lauter Stimme: »Haben Sie gehört, was mit Metellus passiert ist?«

»Er ist gestorben. Ich hörte, es sei Selbstmord gewesen.«

»Haben Sie es geglaubt?«

»Kein Grund, daran zu zweifeln«, sagte ich – und fing sofort mit dem Zweifeln an. »Als Erbschaftskniff eine weise Entscheidung. Er befreite seine Erben von der Bürde der Entschädigung, die er Ihnen schuldig war.«

»Offensichtlich! Und was ist Ihre Ansicht?«

Ich ließ mir rasch eine einfallen: »Sie wollen die Todesursache in Frage stellen?«

»Bezahlt zu werden würde mir besser gefallen, als die Metelli davonkommen zu lassen.« Mit gefalteten Händen lehnte sich Silius zurück. Ich bemerkte einen Beryllium-Siegelring mit kuppelförmig gewölbtem Schliff an der einen Hand, eine Kamee am Daumen, einen dicken Goldreif in Form einer Gürtelschließe an der anderen Hand. Sein Gürtel selbst war vier Zoll breit, schweres Leder, um eine sehr saubere Tunika aus feiner weißer Wolle mit Senatorenborten geschlungen. Die Tunika war sorgfältig gewaschen worden, die rote Farbe war nicht in das Weiß ausgelaufen. »Ich habe den Fall gewonnen, also habe ich keinen persönlichen Verlust erlitten ...«, setzte er an.

»Außer für aufgewendete Zeit und Auslagen.« Wir am rauen Ende wurden selten für Zeit und Auslagen entlohnt, und schon gar nicht mit den enormen Summen, die dieser Mann einsacken dürfte.

Silius schnaubte. »Ach, die Bezahlung meiner Zeit kann ich vergessen. Mir geht es um die eineinviertel Millionen, die ich lieber nicht verlieren möchte.«

Eineinviertel Millionen? Es gelang mir, keine Miene zu verziehen. »Mir war die Höhe der Entschädigung nicht bekannt.« Uns hatte er vierhundert gezahlt, einschließlich des Mietmulis, mit dem Justinus geritten war. Wir hatten die Reisekosten entsprechend der Bräuche unseres Gewerbes schon höher angesetzt, aber im Vergleich zu seinem gewaltigen warmen Regen würde unsere Bezahlung gerade für einmal Pinkeln in einer öffentlichen Latrine reichen.

»Natürlich teile ich es mit meinem Juniorpartner«, grummelte Silius.

»Klar.« Ich verbarg mein mieses Gefühl. Sein Juniorpartner war ein schniefender Amtsschreiber namens Honorius. Mit diesem Honorius hatte ich zu tun gehabt. Er sah wie achtzehn aus und machte den Eindruck, als hätte er noch nie eine nackte Frau gesehen. Wie viele von den eineinviertel Millionen Sesterzen würde Honorius mit nach Hause zu seiner Mama nehmen? Zu viele. Der dösige Inkompetenzling hatte geglaubt, dass unser Zeuge in Lavinium wohnte, nicht in Lanuvium, hatte versucht, uns die Bezahlung zu verweigern, und als er schließlich eine Anweisung für ihren Bankier ausstellte, hatte er meinen Namen dreimal falsch geschrieben.

Im Gegensatz dazu hatte der Bankier sofort das Geld rausgerückt und war höflich gewesen. Bankiers sind wachsam. Er erkannte, dass jeder, der mir jetzt noch quer kam, einen sehr scharfen Speer in den Arsch bekäme.

Ich spürte weiteres Ungemach auf einem sehr schnellen spanischen Pony über den Horizont auf mich zukommen.

»Und warum wollten Sie sich mit mir treffen, Silius?«

»Das ist doch wohl offensichtlich, oder?« War es, aber ich weigerte mich, ihm entgegenzukommen. »Sie arbeiten auf diesem Gebiet.« Er bemühte sich, es wie ein Kompliment klingen zu lassen. »Sie haben bereits eine Verbindung zu diesem Fall.«

Meine Verbindung war nur eine entfernte. Dabei hätte ich es belassen sollen. Vielleicht war meine nächste Frage naiv. »Was wollen Sie also von mir?«

»Sie sollen beweisen, dass es kein Selbstmord war.«

»Worauf soll ich hinaus? Unfall oder Verbrechen?«

»Ganz wie Sie wollen«, erwiderte Silius. »Ich bin da nicht pingelig, Falco. Verschaffen Sie mir nur geeignete Beweise, damit ich die restlichen Metelli vor Gericht bringen und auswringen kann.«

Ich hatte mich auf einen Hocker an seinem Tisch plumpsen lassen. Er hatte mir keine Erfrischung angeboten (da er zweifellos spürte, dass ich sie ablehnen würde, um eine Gast/Gastgeber-Beziehung zu vermeiden). Aber als ich ankam, war ich von gleichen Bedingungen ausgegangen und hatte mich gesetzt. Jetzt richtete ich mich auf. »Ich fabriziere niemals Beweise!«

»Darum habe ich Sie auch nicht gebeten.«

Ich starrte ihn an.

»Rubirius Metellus hat sich nicht das Leben genommen, Falco«, sagte Silius ungeduldig. »Er genoss es, ein Drecksack zu sein – genoss es viel zu sehr, um es aufzugeben. Er saß auf hohem Ross, spielte seine Talente überlegen aus, wie dubios sie auch waren. Und er war außerdem ein Feigling. Beweise für etwas, das für mich geeignet ist, sind zu haben, und ich werde Sie gut dafür bezahlen, sie zu finden.«

Ich nickte zustimmend. »Diese Art von Ermittlung hat einen speziellen Preis. Ich schicke Ihnen meine Preisliste ...«

Er zuckte mit den Schultern. Silius hatte überhaupt keine Angst, übers Ohr gehauen zu werden. Er besaß das Selbstvertrauen, das nur durch die Rückenstärkung gewaltiger finanzieller Sicherheit entsteht. »Wir benutzen ständig Ermittler. Teilen Sie Honorius Ihr Honorar mit.«

»In Ordnung.« Mit dem dämlichen Honorius als Verbindungsmann umgehen zu müssen würde einen Preisaufschlag kosten. »Fangen wir also gleich hier an. Welche Hinweise haben Sie? Warum haben Sie Verdacht geschöpft?«

»Ich bin von Natur aus misstrauisch«, prahlte Silius frei heraus. Er hatte nicht vor, mir mehr zu erzählen. »Hinweise zu finden ist Ihre Aufgabe.«

Um professionell zu wirken, bat ich um die Adresse von Metellus und ging meiner Wege.

In dem Moment wusste ich, dass ich für dumm verkauft worden war. Ich beschloss, ihn auszutricksen. Dabei vergaß ich die vielen Gelegenheiten, bei denen mich manipulative Schweine wie Silius Italicus auf dem Damebrett der Hinterhältigkeit geschlagen hatten.

Ich fragte mich, warum er, wenn er sonst seine zahmen Ermittler benutzte, mich für diese Sache ausgewählt hatte. Ich wusste, es lag nicht daran, dass er fand, ich hätte ein freundliches, ehrliches Gesicht.

Kapitel IV

Rubirius Metellus hatte in dem Stil gelebt, den ich erwartete. Er besaß ein großes Haus, das einen ganzen Block einnahm, auf dem Oppius direkt hinter Neros Goldenem Haus, einen halben Schritt vom Auditorium entfernt, falls er sich Vorträge anhören wollte, und in angenehmer Entfernung vom Forum, wenn es darum ging, Geschäfte zu machen. Zur Straßenseite gab es Buden für Läden; manche Reiche lassen sie leer stehen, aber Metellus zog Mieteinnahmen der Abgeschiedenheit vor. Sein beeindruckender Haupteingang war von kleinen Obelisken aus gelbem numidischem Marmor flankiert. Sie sahen alt aus. Ich schätzte sie als Kriegsbeute ein. Irgendein Militärvorfahre hatte sie einem besiegten Volk abgenommen, war vielleicht mit Mark Anton oder dem Tugendbold Octavian in Ägypten gewesen. Höchstwahrscheinlich mit Ersterem. Octavian, mit dem fiesen Blut Julius Cäsars in den Adern und dem Blick auf die Hauptchance gerichtet, war zu beschäftigt gewesen, sich in Augustus und sein Privatvermögen in das größte der Welt zu verwandeln. Er hätte seine Untergebenen davon abgehalten, sich Beute unter den Nagel zu reißen, die seine eigene Schatzkammer füllen oder sein eigenes Prestige erhöhen würde.

Wenn es einem früheren Metellus trotzdem gelungen war, sich ein architektonisches Beutegut zu schnappen, war das vielleicht ein Hinweis auf die Einstellung und Fähigkeiten der gesamten Familie.

Ich lehnte an der Theke einer Caupona. Von hier aus konnte ich das gesamte Metellus-Anwesen auf der anderen Straßenseite überblicken. Es besaß eine verwitterte, selbstbewusste Opulenz. Ich hatte vorgehabt, dem Cauponawirt Fragen zu stellen, aber der schaute mich an, als hätte er mich schon mal gesehen – und würde sich daran erinnern, dass wir einen Streit über sein Linsengericht gehabt hatten. Unwahrscheinlich. Ich habe Stil. Ich würde nie Linsen bestellen.

»Puh! Ich hab Stunden gebraucht, um diese Straße zu finden.« Sie lag zehn Minuten von der Via Sacra entfernt. Vielleicht würde er Mitleid mit mir haben, wenn ich erschöpft aussah. Oder er würde mich für einen ungebildeten Gammler halten, der nichts Gutes im Schilde führte. »Ist das da drüben das Haus von Metellus?«

Der Mann in der Schürze betrachtete mich jetzt, als wäre ich eine tote Schmeißfliege, die kopfüber in seinen kostbaren Töpfen gelandet war. Gezwungen, auf meine Frage zu reagieren, brachte er ein kaum wahrnehmbares Nicken zu Stande.

»Endlich! Ich hab bei denen was zu erledigen.« Ich kam mir wie ein alberner Sklave in einer grässlichen Farce vor. »Aber wie ich höre, hat’s da eine Tragödie gegeben. Ich möchte die Leute nicht zu sehr belästigen. Wissen Sie, was da passiert ist?«

»Keine Ahnung«, antwortete er. Typisch, dass ich mir ausgerechnet die Kaschemme aussuchte, wo der verstorbene Metellus seinen morgendlichen Sesamkuchen gekauft hatte. Loyalität macht mich krank. Was ist bloß mit Klatsch und Tratsch passiert?

»Na, trotzdem vielen Dank.« Es war noch zu früh im Spiel, unfreundlich zu werden, also verkniff ich mir, ihm vorzuwerfen, dass er mir mit seiner dürftigen Auskunft den Lebensunterhalt zerstörte. Gut möglich, dass ich den Mann später noch brauchte.

Ich trank meinen Becher leer und zuckte bei der Bitterkeit zusammen; offenbar war dem total verwässerten Wein ein bitteres Kraut zugefügt worden. Es war kein Erfolg.

Der Cauponawirt sah mir nach, als ich die Straße überquerte. Vom Pförtner abgewiesen zu werden wäre eine tiefe Demütigung gewesen, und so sorgte ich dafür, dass das nicht geschah. Ich behauptete, ich käme vom Anwalt. Der Pförtner dachte, ich meinte ihren Anwalt, und ich verbesserte ihn nicht. Er ließ mich ein.

So weit, so gut. Eine kleine demolierte Sphinx bewachte das Wasserbecken im Atrium. Das großäugige weise Wesen hatte Geschichten zu erzählen, aber ich konnte mich nicht damit aufhalten. Das Dekor bestand aus mehrfarbigen Böden und schwarzen Fresken mit Goldblatt-Auffrischungen. Vielleicht ein altes Haus, verschönert mit neuem, in letzter Zeit erworbenem Geld. Wessen Geld? Oder handelte es sich um eine alte vornehme Villa, die jetzt allmählich verfiel? Ich bemerkte eine Art staubiger Vernachlässigung, als ich den Hals reckte, um in die Nebenräume zu schauen.

Von der Familie bekam ich niemanden zu sehen. Ein Hausverwalter nahm sich meiner an, ein im Osten geborener Sklave oder Freigelassener, der wachsam wirkte, Ende vierzig, eindeutig mit Status in diesem Haushalt, effizient, redegewandt. Er hatte beim Kauf sicherlich eine Menge gekostet, aber das lag wohl Jahre zurück. Ich beschloss, keine Ausflüchte zu machen; sich eine Anzeige wegen erschlichenen Eintritts zuzuziehen war keine gute Idee. »Mein Name ist Falco. Ihr Pförtner hat mich vielleicht missverstanden. Ich vertrete Silius Italicus. Ich bin hier, um ein paar Einzelheiten wegen des traurigen Ablebens Ihres Herrn zu überprüfen, damit Silius sein Honorar abschreiben kann. Als Erstes möchte ich Ihnen unser tief empfundenes Beileid ausdrücken.«

»Es ist alles in Ordnung«, erwiderte der Verwalter, fast als hätte er mein Kommen erwartet. Das war nicht ganz die richtige Entgegnung auf meine Kondolenz, und ich misstraute ihm sofort. Ich fragte mich, ob Paccius Africanus sie gewarnt hatte, dass wir versuchen würden, Nachforschungen anzustellen. »Calpurnia Cara ...«

Ich zog eine Notiztafel und einen Stilus heraus. Alles auf ruhige Weise. »Calpurnia Cara ist?«

»Die Frau meines verstorbenen Herrn.« Er wartete, während ich mir Notizen machte. »Meine Herrin hat dafür gesorgt, dass sieben Senatoren die Leiche zu Gesicht bekamen und den Selbstmord bezeugten.«

Ich hielt meinen Stilus still und sah den Verwalter über den Rand meiner Notiztafel an. »Das war sehr umsichtig.«

»Sie ist eine umsichtige Dame.«

Die eine Menge Geld zu beschützen hat, dachte ich. Wenn es tatsächlich Selbstmord war, hätten Mann und Frau natürlich darüber sprechen können, was Metellus vorhatte. Metellus hätte seine Frau instruieren können, die Zeugen herzurufen. Paccius Africanus hätte sicherlich dazu geraten, wenn er einbezogen gewesen wäre. Es war ein niederdrückender Gedanke, dass die Empfehlung an seinen Klienten, sich umzubringen, ein guter juristischer Ratschlag war.

»Wissen Sie, ob Calpurnia Cara versucht hat, ihren Mann von seinem Vorhaben abzubringen?«

»Ich kann mir vorstellen, dass sie darüber gesprochen haben«, antwortete der Verwalter. »Ich weiß nicht, was dabei zur Sprache kam.«

»Wurde der Selbstmord vorher dem Personal angekündigt?« Er schaute mich überrascht an. »Nein.«

»Besteht die Möglichkeit, mit Ihrer Herrin zu sprechen?«

»Das wäre unpassend.«

»Sie wohnt hier?« Er nickte. Ich machte ein kleines Zeichen auf meiner Notiztafel, ohne aufzuschauen. »Und der Sohn?« Ein weiteres Nicken. Ich hakte auch das ab. »Ist er verheiratet?«

Eine Minute Pause. »Metellus Negrinus ist geschieden.« Ich machte einen längeren Eintrag.

»Also gut.« Ich hob den Blick wieder zum Verwalter. »Calpurnia Cara sorgte dafür, dass der Tod ihres Mannes formell von edlen Freunden bezeugt wurde. Ich nehme an, Sie können mir ganz zufällig die sieben Namen zur Verfügung stellen.« Er zog bereits eine Notiztafel aus der Tasche. Diese Leute waren bestens organisiert. Die Trauer hatte sie überhaupt nicht verwirrt. »Wurde die Besichtigung vor oder nachdem Ihr Herr tatsächlich ...?«

»Nachher. Direkt danach.«

»Waren die Zeugen im Haus, als er ...«

»Nein, es wurde nach ihnen geschickt.«

»Und macht es Ihnen etwas aus – es tut mir Leid, wenn das sehr schmerzhaft ist –, aber wie hat er ...?«

Ich erwartete das klassische Szenario: Auf dem Schlachtfeld stürzt sich ein besiegter General in sein Schwert, wozu er für gewöhnlich die Hilfe weinender Untergebener braucht, denn die Stelle zwischen zwei Rippen zu finden und dann die Kraft aufzubringen, eine Waffe nach oben zu stoßen, ist verdammt schwierig, wenn man es selber machen muss. Nero schnitt sich die Kehle mit einem Rasiermesser auf, aber angeblich versteckte er sich zu dem Zeitpunkt in einem Gartengraben, wo es keine elegante Lösung geben mochte; sich mit einem Pflanzstock aufzuspießen hätte nichts von dem Künstlerischen gehabt, nach dem er trachtete. Die traditionelle Methode im Privatleben ist ein warmes Bad, in dem man sich die Pulsadern öffnet. Diese Todesart ist zurückhaltend, entspannend und soll mehr oder weniger schmerzlos sein. (Voraussetzung ist natürlich, dass man in einem prächtigen Haus mit eigenem Bad lebt.) Für einen Senator ist dieser Ausweg aus einem Desaster die einzig zivilisierte Art.

Aber so war es hier nicht abgelaufen.

»Mein Herr nahm Gift«, sagte der Verwalter.

Kapitel V

Um sieben Senatoren zu verhören, brauchte ich Hilfe. Ich kehrte nach Hause zurück und ließ die Camilli kommen. Doch die mussten erst mal gefunden werden. Damit beauftragte ich meinen Neffen Gaius, einen jungen Draufgänger, der vor kurzem vom Land zurückgekehrt war, wo ihm seine schlechten Angewohnheiten ausgetrieben werden sollten. Es hatte nicht funktioniert. Er war immer noch ein Faulenzer, erklärte sich aber bereit, für seinen üblichen exorbitanten Preis mein Bote zu sein. Er trottete zum Haus des Senators, um zu fragen, wo die Jungs waren, scheuchte Aelianus bald darauf im Badehaus auf und fand dann Justinus, der mit seiner Frau beim Einkaufen war.

Während ich auf sie wartete, stellte ich einige Berechnungen an, schrieb im Kopf eine Ode und bepflanzte ein paar Blumentöpfe neu, in denen unsere kleine Julia »Unkraut gezupft« hatte. Helena kriegte mich zu fassen. »Ich bin froh, dass du da bist. Eine Frau hat nach dir gefragt.«

»Oh, gut!«, erwiderte ich anzüglich.

»Eine deiner Witwen.«

»Liebling, ich verspreche dir, mit den Witwen ist Schluss.«

»Diese wirst du bestimmt übernehmen«, versicherte mir Helena grausam. »Ihr Name ist Ursulina Prisca, und sie ist fünfundsechzig.«

Ich kannte Ursulina. Sie setzte mir seit langer Zeit zu, einen extrem komplizierten Streit um das Testament ihres Bruders zu übernehmen, mit dem sie sich überworfen hatte. Sie war halb verrückt. Damit hätte ich fertig werden können, denn das sind die meisten meiner Klienten. Aber sie redete wie ein Wasserfall, roch nach Katzen und trank. Eine Freundin von ihr hatte mich empfohlen. Ich hatte nie herausgefunden, wer diese Freundin war, aber ich hätte gerne mal ein strenges Wort mit ihr gesprochen.

»Sie ist eine Landplage.«

Helena grinste. »Ich habe ihr gesagt, du wärst entzückt, ihren Fall zu übernehmen.«

»Für die Witwe Ursulina bin ich nicht zu sprechen. Sie hat mal versucht, mich an den Eiern zu packen.«

»Hör auf mit deinen Ausreden.«

Zum Glück tauchten die Jungs auf, und ich vergaß die lästige Witwe.

Ich teilte die Selbstmordzeugen auf, zwei für jeden der Jungs, während ich drei übernahm.

»Was sollte die Sache mit all diesen Zeugen, Falco?«, fragte Aelianus gereizt.

»Das ist wie die Bezeugung deines Testaments, wenn du ein wichtiger Großkotz bist. Sieht gut aus. Wiegelt Fragen ab. Hält theoretisch den Forumsklatsch ab. In diesem Fall ruft es auch Erwartungen für einen saftigen Skandal hervor.«

»Niemand wird die Bezeugung durch sieben Senatoren in Frage stellen«, spottete Helena. »Als würden Senatoren sich jemals zu einer Lüge verschwören.«

Wir würden uns glücklich schätzen können, wenn auch nur einer der sieben sich bereit erklärte, mit uns zu sprechen. Nachdem sie die Bezeugung unterschrieben hatten, würden sie hoffen, in Ruhe gelassen zu werden. Senatoren versuchen, für die Öffentlichkeit unerreichbar zu sein. Nach ihrer edlen Unterschrift von einer Bande lästiger Privatermittler befragt zu werden würde ihnen unerhört vorkommen.

Und prompt gelang es Aelianus auch nicht, zu den beiden ihm Zugeteilten vorgelassen zu werden. Justinus hatte bei einem von seinen Erfolg.

»Ein Treffer! Wie kommt’s?«

»Ich hab ihm weisgemacht, einen guten Tipp für ein Pferderennen zu haben.«

»Nicht schlecht!« Das musste ich auch mal ausprobieren.

»Ich wünschte, ich hätte mir nicht die Mühe gemacht. Er war unverschämt, Falco.«

»Damit konntest du rechnen, du bist erwachsen. Also erzähl.«

»Er gab widerstrebend zu, dass sie alle von Calpurnia Cara in das Haus gerufen wurden. Sie teilte ihnen ruhig mit, dass ihr Mann, da er den Prozess verloren habe, beschlossen habe, einen ehrbaren Abgang aus dem öffentlichen Leben zu machen. Sie erzählte ihnen, er hätte an diesem Nachmittag Gift genommen; er wünsche, dass sie – als sein Freundeskreis – die Szene betrachteten und formell den Selbstmord bezeugten. Das, sagte sie, würde die Dinge für seine Familie vereinfachen. Sie wussten, was sie meinte. Sie sahen Metellus nicht sterben, aber sie untersuchten die Leiche. Er lag tot auf seinem Bett. Sein Gesicht war verzerrt, hatte eine hässliche Farbe, und er roch nach Durchfall. Eine kleine Pillendose aus Sardonyx stand offen auf einem Beistelltisch. Die sieben Männer unterzeichneten alle die Erklärung, die die Witwe jetzt hat.«

»Formfehler«, warf ich ein. »Metellus hat ihnen von seinem Vorhaben nicht selbst erzählt. Sie haben nicht mit eigenen Augen gesehen, dass er irgendwelche Pillen nahm.«

»Genau. Wie können sie behaupten, dass er es willentlich getan hat?«, stimmte Justinus zu.

»Trotzdem, gut gemacht. Zumindest wissen wir, was diese Kerle uns vorzwitschern wollen.«

»Wie ist es dir ergangen, Falco?«, fragte Aelianus dann in der Hoffnung, dass mein Ergebnis mit meinen Zeugen ebenso schlecht war wie seines. Ich hatte jedoch mit allen dreien gesprochen. Erfahrung zählt. Aelianus warf ein, dass sie auch zu Prahlerei führt.

»Meine drei haben alle dieselbe Geschichte erzählt«, berichtete ich. »Einer räumte ein, es sei schlechtes Benehmen, dass sie nicht vorher von Metellus informiert worden wären. Das wäre das ideale Vorgehen in einem Freundeskreis. Aber sie vertrauen offenbar seiner Frau – oder haben Angst vor ihr –, und mir wurde versichert, dass es ganz seiner Art entsprach, von der Selbstmordtaktik Gebrauch zu machen. Metellus hasste es zu verlieren. Er hätte es genossen, die Pläne seiner Ankläger zu durchkreuzen.«

»In der Unterwelt kann er nicht mehr viel genießen«, murmelte Aelianus.

»Richtig. Ich glaube, wir werden Silius mitteilen müssen, dass die Sache stinkt. Bevor wir das tun, gehen wir noch einen Schritt weiter.«

»Du wirst versuchen, mit der seltsam ruhigen Witwe zu sprechen.« Justinus meinte, er sei mir voraus.

Ich grinste. »Helena mag es nicht, wenn ich Witwen besuche.«

»Ich weiß schon ...« Helena lag richtig. »Er schickt mich. Und wenn es mir gelingt, eingelassen zu werden, wird Falco irgendwann auftauchen, als wollte er mich ganz unschuldig abholen, um mich nach Hause zu begleiten.« Daran hatte ich noch gar nicht gedacht. »Tu das nicht«, sagte sie sofort. »Bleib mir aus dem Weg, Falco. Calpurnia und ich könnten die dicksten Freundinnen werden.«

»Na klar. Und du gehst dann jeden Nachmittag hin, um Armreifen und Klatsch auszutauschen.«

»Nein, Liebling, ich möchte sie nur um Rat wegen der Vorgehensweise fragen, falls ich mal der Meinung bin, die Dinge liefen so schlecht, dass du dich vergiften solltest.«

»Das fasse ich als Drohung auf! – Na gut, wenn ich es tue, will ich nicht, dass sieben Schleimer auf meinem Bett sitzen und mir zuschauen.«

Ich hockte auf einem Poller hinter der nächsten Ecke und wartete. Ich hatte Helena Justina zwar nicht bei ihrem Besuch von Calpurnia Cara begleiten dürfen, aber ich hatte sie zum Haus der Metelli gebracht und würde sie sicher wieder nach Hause geleiten. Rom ist eine gefährliche Stadt.

Als sie mit nachdenklichem Blick wieder auftauchte, beschloss ich, sie nicht zu bedrängen, sondern erst den langen Heimweg hinter uns zu bringen. Wir mussten den größten Teil des Forums überqueren, vorbei am Fuße des Kapitols und des Palatins, dann um das Ende des Circus Maximus herum. Wenigstens brauchten wir seit unserem Umzug in Papas Haus den steilen Aufstieg zum Aventin nicht mehr zu bewältigen, aber Helena sah müde aus, als wir schließlich ankamen. Es war Zeit zum Abendessen, wir mussten uns um die Kinder kümmern, und bevor wir eine Chance zum Reden fanden, lag der Rest des Haushalts im Bett. Wir gingen hinauf auf die Dachterrasse mit Blick auf die strahlenden Sterne über uns und die schwachen Lichter entlang des Flussufers. Eine einzelne Öllampe glimmte auf einem Tischchen zwischen den beschnittenen Rosenstöcken, umschwirrt von Insekten. Daher setzten wir uns ein wenig entfernt in den Schatten.

»Also«, gab ich ihr das Stichwort. »Du wurdest willkommen geheißen?«

»Na ja, man erlaubte mir, einzutreten«, verbesserte mich Helena. »Ich gab vor, meine Mutter hätte mich geschickt, um ihr Beileid auszusprechen. Calpurnia Cara wusste, dass sie mich noch nie gesehen hatte, könnte sich aber unsicher gewesen sein, wer Mama ist. Da es sein konnte, dass sie alte Bekannte waren, die beim letzten Geheimtreffen der Bona Dea stundenlang miteinander geschwatzt hatten, fühlte sie sich zu Höflichkeit verpflichtet.«

Mich schauderte. Traditionelle Religion hat stets diese Wirkung auf mich. Ich war erleichtert, dass Helena nie ein Interesse an dem berüchtigten weiblichen Treiben zu Ehren der so genannten Guten Göttin gezeigt hatte. Meine Beachtung religiöser Gebote endete an der mit Guano beklecksten Umgebung des Tempels der Juno, wo ich als Prokurator von Junos Heiligen Gänsen gewisse Pflichten hatte – ein fröhlicher Scherz des Kaisers. »Wie ist Calpurnia denn so?«

»Zwischen fünfzig und sechzig, wie man nach der Stellung ihres Mannes und des Sohnes im Senat erwarten konnte. Ich würde sie nicht direkt als gut aussehend bezeichnen, aber ...« Helena hielt inne. »Sie hat Haltung und Präsenz.«

Das klang, als wäre Calpurnia eine bösartige alte Fledermaus. Da meine eigene Lebensgefährtin sicherlich Präsenz hatte, war ich vorsichtig damit, wie ich mich ausdrückte. »Sie war demnach keine Null in dieser Ehe?«

»O nein. Sie ist ein bisschen defensiv ...«

»Gereizt?«

»Sagen wir mal, sehr selbstsicher. Gut gepflegt, trägt aber nicht viel Schmuck. Sie wirkt kultiviert, hatte Schriftrollen im Zimmer liegen. Na ja, es gab auch einen Korb mit Wolle, doch ich denke, das war nur zur Schau. Ich kann mir die Dame nicht beim Spinnen wie eine traditionelle gute Ehefrau vorstellen.«

»Du hast den Verdacht, dass ein Sklave eilig losgeschickt wurde, um etwas Wolle zu kaufen, damit sie den äußeren Schein wahren konnten?«

»Gut möglich. Sie hatte eine unscheinbare Dienerin bei sich, um ehrsam zu wirken.«

»Wie formell? War sie verschleiert?«

»Mach dich nicht lächerlich, Marcus. Sie war bei sich zu Hause. Ihr Verhalten war reserviert, aber das sollte es auch, wo seit Tagen neugierige Fremde ins Haus kommen und sie bei etwas ertappen wollen.«

»Aber sie empfing Sympathisanten?«

»Da war eine ganze Schlange, und ich kann wohl von Glück sagen, dass ich Calpurnia allein antraf. Ich hatte das Gefühl, Beileidsbezeugungen entgegenzunehmen – sowohl von echten Freunden als sogar auch von boshaften Neugierigen – ist eine Nervenprobe, die Calpurnia Cara regelrecht genießt.«

»Eine Pflicht?«

»Eine Herausforderung.«

»Sie will ihre eigene Duldungskraft prüfen?«, sinnierte ich.

»Oh, ich glaube, sie weiß, wie fähig sie ist«, erwiderte Helena mit Nachdruck.

Es wurde kühler. Helena griff nach ihrer Stola, und ich half ihr, sie umzulegen. Wie gewöhnlich war das eine gute Ausrede, liebevoll ihren Körper zu erforschen.

»Hörst du mir überhaupt zu, Marcus?«

»Natürlich.« Ich war durchaus in der Lage, eine Frau zu betatschen, während ich ihre Aussage aufnahm. Mein Beruf erfordert einen Mann, der körperlich geschmeidig und geistig wendig ist, oft beides zur selben Zeit. Ich konnte mir auch Notizen machen, während ich mich am Hintern kratzte.

»Sie erzählte mir das, was du bereits weißt. Nichts wurde hinzugefügt und nichts verändert. Es wirkte sehr gut eingeübt.« Trotz der Dämmerung wusste ich, dass Helena meine Gedanken gelesen hatte und lächelte. »Das macht es nicht unbedingt unwahr.«

»Vielleicht«, stimmte ich zu.

»Noch eine andere Sache ...« In Helenas Ton lag ein wenig Mutwilligkeit. »Den Sohn bekam ich natürlich nicht zu sehen. Sie nennen ihn übrigens Vögelchen, warum weiß ich nicht. Ich ergriff die Gelegenheit, einen der Hausangestellten nach der Adresse der geschiedenen Frau zu fragen – vorgeblich, um auch ihr mein Beileid auszudrücken.« Ich schwieg. »Außer du möchtest den Besuch übernehmen?«, fragte sie mit scheinbarer Unschuld.

»Du kennst mich zu gut.«

»Ich nehme an, du wirst behaupten«, spottete Helena, »dass die Scheidung uns eine andere Seite der Geschichte offenbaren wird. Das könnte ein ausschlaggebender Durchbruch sein, und du musst die Frau direkt deinen erfahrenen Verhörtaktiken aussetzen?«

»Liebste, es ist so angenehm, eine Frau zu haben, die sich mit dem Geschäft auskennt.«

»Sie heißt Saffia Donata, und du solltest im Voraus wissen, dass sie Ärger macht.«

Ich sagte, das klinge genau nach dem hübschen kleinen Durchbruch, nach dem ich suchen würde.

»Sie hat drei Kinder und einiges Geld.« Eine hervorragende Einweisung. Helena Justina gab eine wunderbare Arbeitspartnerin ab – gründlich, diskret, geistreich und sogar gerecht zu mir. »Ich habe nicht gefragt, ob sie hübsch ist.«

Ich sagte, das könne ich selbst herausfinden.

Kapitel VI

Am nächsten Morgen begann ich zu verstehen, warum Silius Italicus so geheimnistuerisch mit seiner Privatadresse war – aus Selbstschutz. Wir saßen noch beim Frühstück, als uns mitgeteilt wurde, dass sich Ursulina Prisca unten eingefunden habe. Ich schickte Justinus, damit er sie abwimmelte. Ich konnte großmütig sein. Sollte sie doch ein paar Minuten Freude daran haben, von einem gut aussehenden, höflichen jungen Burschen abgewiesen zu werden.

Einst wäre das meine Rolle gewesen. Jetzt war ich Mittelschicht, mittel alt und voll der Besorgnisse des mittleren Rangs. Wenn man kein Geld hat, ist es sinnlos, sich Sorgen zu machen. Sobald man welches hat, endet das alles.

Während der liebe Quintus die beharrliche alte Schachtel befragte und dazu einen Seitenraum benutzte, den wir aufgeräumt hielten, küsste ich Helena, zog unserer Kleinsten eine Grimasse, kitzelte Julia, sperrte Nux, die Hündin, ins Schlafzimmer und schlüpfte aus dem Haus. (Eilig von zu Hause abzuhauen ging viel glatter, als ich noch allein lebte.) Wenn Ursulina beschloss, dass unser Junge liebenswert war, konnte es sein, dass sie ihre Krallen in ihn schlug. Mein jüngster Schwager war sehr höflich und konnte nur schwer Nein zu einer bedrückten Frau sagen. Ich wusste, dass alle Frauen harte Nüsse sind, aber er würde sich leicht überreden lassen, den Auftrag anzunehmen. Gut. Sollte er. Jetzt hatten wir einen Spezialisten für nörgelige Omas in unserer Mannschaft.

Ich war unterwegs, um meine Fähigkeiten an einer sehr viel schwierigeren Frauensperson zu testen. Vergiss die Geschiedene. Mein Motto war, sanft zuzuschlagen, um zu sehen, was passiert – und dann noch mal zuzuschlagen, fest. Ich wollte Calpurnia Cara erneut besuchen.

Es gibt einen Trick, den Ermittler benutzen. Wenn man ein Haus zum ersten Mal am Nachmittag angegriffen hat und einen weiteren Versuch machen will, sollte man beim nächsten Mal morgens zuschlagen. Wenn der Haushalt wohlhabend war, konnte es sein, dass die Pförtner in Schichten arbeiteten. Zugegeben, manche reichen Familien ließen ihre Pförtner arbeiten, bis sie tot umfielen, weil sie fanden, ein Kabuff mit Hocker zur Verfügung zu stellen würde bedeuten, dass der Pförtner ein leichtes Leben hatte. Es ist ein langweiliger Beruf, und das kann sich zum Vorteil auswirken. Insgesamt werden Pförtner aber hinderlich, vielleicht weil sie den ganzen Tag auf einem Hocker sitzen, der ihnen schmerzhaft das Blut in den Beinen abschnürt. Das wirkt sich auch auf ihr Hirn aus. Sie werden überheblich. Ich hasse diese Schweine.

Die Metelli, wie ich mir inzwischen hätte denken können, ließen ihren Pförtner den ganzen Tag in situ. Das beobachtete ich von derselben unfreundlichen Caupona aus, in der ich schon gestern meine Haxen am Tresen ausgeruht hatte. Was bedeutete, dass ich womöglich Stunden warten musste, um den anderen Ermittlertrick anzuwenden – zur Mittagszeit an die Tür zu klopfen, wenn der Pförtner seine Essenspause machte. Zum Glück musste ich nicht so lange warten. Während die Tür für eine Lieferung geöffnet war, hörte ich den Pförtner einen anderen Sklaven bitten, ihn zu vertreten, weil er pinkeln musste.

Habt Dank, ihr Götter!

(Was mich erneut daran erinnerte, dass ich der Prokurator der Heiligen Gänse der Juno war und meinen gefiederten Schützlingen Guten Tag sagen sollte, wo ich jetzt wieder in Rom war.)

»Guten Morgen. Mein Name ist Didius Falco. Ich war gestern wegen geschäftlicher Dinge bei Ihrer Herrin. Könnte ich sie vielleicht noch mal für ein paar Minuten sprechen?«

»Da muss ich den Verwalter fragen«, sagte der Vertreter. »Glaub ich.« Normalerweise arbeitete er in der Küche und hatte eine mit Öl und Soße bekleckerte Schürze an.

»Jawohl«, stimmte ich zu und lächelte hilfreich. »Der andere Janus – wie heißt er noch ...«

»Perseus.«

»Perseus hat gestern den Verwalter gefragt.«

»Ach, er hat ihn gefragt? Ja, dann ist es in Ordnung. Sie ist im Garten. Hier entlang, Herr ...«