Falsche Träume - Stefanie Valentin - E-Book

Falsche Träume E-Book

Stefanie Valentin

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Beschreibung

Mit viel Herz und Verstand geht die Heimat-Heidi zur Sache, denn sie ist eine schöne Wirtin voller Tatendrang, die ihren Gästen und Mitmenschen jederzeit hilfreich zur Seite steht. Unterstützt, wenn auch nicht unbedingt immer in ihrem Sinne, wird Heidi dabei von ihrer nicht ganz volljährigen Tochter Steffi, einem feschen Mädel mit losem Mundwerk, und ihrer Mutter Luise, die keineswegs gewillt ist, kürzerzutreten und Heidi mit der Leitung des Bergerhofs alleinzulassen. Für schwungvollen, heiteren Familienzündstoff ist also bei aller Herzenswärme unserer Titelheldin jederzeit gesorgt! »Sag mal, ist dir aufgefallen, daß die Steffi in letzter Zeit öfter mit der Wagner-Hiltrud zusammen ist?« Luise Berger sah ihre Schwiegertochter fragend an. »Mit der Hiltrud?« Die Berger-Heidi sah erstaunt drein. »Also, das kann ich mir net vorstellen.« »Und wieso net?« »Na weil die beiden ganz unterschiedlich sind. Außerdem ist die Hiltrud ein ganzes End' älter.« »Genau das stört mich bei der Geschicht' am meisten«, erwiderte Luise. Heidi und Luise Berger betrieben zusammen den Berger-Hof, ein Berggasthaus am Geierstein im Oberallgäu zwischen Sonthofen und Oberstdorf gelegen. Seit vor zirka zehn Jahren Heidis Mann Peter beim Holzschlägern tödlich verunglückt war, hatten die beiden mit viel Geschick und oft auch Glück dem alten Bergerhof einen modernen Anbau beigegeben, aber alles erhaltenswerte Alte so belassen wie es war. Deshalb fühlten sich auch jene im Bergerhof wohl, die sich in modernen Gaststätten verloren vorkamen. Vor allem die alte Gaststube, ein niedriger Raum mit kleinen Fenstern, an deren holzgetäfelten Wänden neben Kruzifixen und Heiligenbildern auch Gams-, Hirsch-, und Rehbocktrophäen hingen, hatte es den Gästen angetan. Manche Einheimische hatten die neuen Räumlichkeiten, obwohl sie schon jahrelang standen, bisher nicht ein einziges Mal betreten. Das Gasthaus und alles andere hatte Peter seiner Frau Heidi hinterlassen, was nicht einmal zu einem Streit mit Luise, ihrer Schwiegermutter, geführt hatte. Man kann ohne Übertreibung sagen, daß die beiden Berger-Frauen sich ausgezeichnet verstanden. Dazu gehörte auch noch Heidis Tochter Steffi, die insofern in einem schwierigen Alter war, als daß sie nicht wußte, ob sie schon erwachsen oder noch jungendlich war. Manchmal, wenn sie unbedingt erwachsen sein wollte, sagte sie bei jeder passenden Gelegenheit, daß sie schließlich bald volljährig werde. »Du meinst, dich stört, daß die Hiltrud annähernd zehn Jahr' älter ist als die Steffi?«

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Heimat-Heidi – 5–

Falsche Träume

Es locken die Lichter der Großstadt

Stefanie Valentin

»Sag mal, ist dir aufgefallen, daß die Steffi in letzter Zeit öfter mit der Wagner-Hiltrud zusammen ist?« Luise Berger sah ihre Schwiegertochter fragend an.

»Mit der Hiltrud?« Die Berger-Heidi sah erstaunt drein. »Also, das kann ich mir net vorstellen.«

»Und wieso net?«

»Na weil die beiden ganz unterschiedlich sind. Außerdem ist die Hiltrud ein ganzes End’ älter.«

»Genau das stört mich bei der Geschicht’ am meisten«, erwiderte Luise.

Heidi und Luise Berger betrieben zusammen den Berger-Hof, ein Berggasthaus am Geierstein im Oberallgäu zwischen Sonthofen und Oberstdorf gelegen. Seit vor zirka zehn Jahren Heidis Mann Peter beim Holzschlägern tödlich verunglückt war, hatten die beiden mit viel Geschick und oft auch Glück dem alten Bergerhof einen modernen Anbau beigegeben, aber alles erhaltenswerte Alte so belassen wie es war. Deshalb fühlten sich auch jene im Bergerhof wohl, die sich in modernen Gaststätten verloren vorkamen.

Vor allem die alte Gaststube, ein niedriger Raum mit kleinen Fenstern, an deren holzgetäfelten Wänden neben Kruzifixen und Heiligenbildern auch Gams-, Hirsch-, und Rehbocktrophäen hingen, hatte es den Gästen angetan. Manche Einheimische hatten die neuen Räumlichkeiten, obwohl sie schon jahrelang standen, bisher nicht ein einziges Mal betreten.

Das Gasthaus und alles andere hatte Peter seiner Frau Heidi hinterlassen, was nicht einmal zu einem Streit mit Luise, ihrer Schwiegermutter, geführt hatte. Man kann ohne Übertreibung sagen, daß die beiden Berger-Frauen sich ausgezeichnet verstanden.

Dazu gehörte auch noch Heidis Tochter Steffi, die insofern in einem schwierigen Alter war, als daß sie nicht wußte, ob sie schon erwachsen oder noch jungendlich war. Manchmal, wenn sie unbedingt erwachsen sein wollte, sagte sie bei jeder passenden Gelegenheit, daß sie schließlich bald volljährig werde.

»Du meinst, dich stört, daß die Hiltrud annähernd zehn Jahr’ älter ist als die Steffi?« Heidi

sah ihre Schwiegermutter fragend an.

Die nickte. »Zehn komplette Jahr’ sind’s net, die Hiltrud ist sechsundzwanzig. Aber der Altersunterschied von fast zehn Jahren zählt in dem Alter besonders viel.«

»Mir ist gar net aufgefallen, daß die Steffi so viel Zeit mit der Hiltrud verbringt«, erwiderte Heidi.

»Sie tut’s aber«, antwortete Luise. »Mir ist’s aufgefallen, weil die Steffi plötzlich ständig in Modezeitschriften herumgeblättert hat. Auch in ganz teuren. So viel Taschengeld hat sie gar net, um sich diese Zeitungen leisten zu können.«

»Da schau her…!« Heidi sah verwundert drein. »Was du von meiner Tochter alles weißt und ich net.«

»Tja«, Luises Blick wurde ein wenig vorwurfsvoll, »vielleicht arbeitest du zu viel und hast daher zu wenig Zeit für deine Tochter. Grad’ in ihrem jetzigen Lebensabschnitt braucht sie dich. Mehr als alles andere.«

Die Berger-Heidi nickte. »Du hast recht. Ich weiß selbst, daß ich zu wenig Zeit für das Madel hab’.«

»Und ein Vater fehlt ihr auch«, sagte Luise.

»Willst mir wieder einen Mann anreden?« Heidi lächelte amüsiert. »Vergiß es. Es wird genauso daneben gehen wie alle anderen Male auch.«

»Ich will dir ja gar keinen Mann einreden«, sagte Luise. »Aber du solltest nicht von vornherein ausschließen, daß du dich noch mal verlieben könntest.«

»Passieren kann alles«, sagte Heidi, »aber dann müßt’ schon einer kommen, der was in mir wecken würd’, was schon lange nimmer geklungen hat.«

»Du bist sehr anspruchsvoll«, sagte Luise, dann lächelte sie. »Aber du hast recht, dein Herz an irgendwen verschenken mußt net.« Dann legte sie die Stirn in Falten. »Aber wir sind vom Thema abgekommen. Du hast gesagt, daß du dir nicht vorstellen kannst, daß die Steffi viel Zeit mit der Wagner-Hiltrud verbringt.«

Heidi nickte. »So ist es. Ich kann’s mir auch nicht vorstellen. Mein Gott, die Steffi ist doch noch ein Kind.«

»Und die Hiltrud eher das Gegenteil?« Luise zog die Augenbrauen hoch. »Hast du das andeuten wollen?«

Heidi zuckte mit den Schultern. »Irgendwie schon.«

»Eigentlich meinst du nicht erwachsen, sondern erfahren was Männer angeht, oder?« Luise sah ihre Schwiegertochter fragend an.

Die nickte. »Ja, das hab’ ich gemeint. Vielleicht tut man der Hiltrud aber auch unrecht.«

»Vielleicht ist’s ja auch gar keine Schande, mannserfahren zu sein.« Luise zuckte mit den Schultern.

»Das mag alles sein«, erwiderte Heidi, »jedenfalls muß die Steffi da net mithalten. Ich werd’ mal mit ihr reden.«

»Meinst du, das wär’ klug? Sie könnt’ sich rasch auf die Zehen getreten fühlen. Und dann geschieht oft grad’ das Gegenteil von dem, was man möcht’.« Luise sah ihre Schwiegertochter skeptisch an.

»Und?« fragte die. »Was soll ich deiner Meinung nach tun? Alles laufen lassen?«

»Ein bissel weniger ums Geschäft kümmern«, schlug Luise vor, »dafür mehr Zeit deiner Tochter widmen.«

»Und wenn sie das net will?« Heidi war skeptisch.

»Du mußt dich ja net aufdrängen«, schlug Luise vor, »nur verfügbar sein, wenn es gefragt ist.«

Heidi nickte. »Du hast recht. Ich werd’ mich mehr um die Steffi kümmern müssen.«

Im gleichen Augenblick läutete das Telefon. Die beiden waren in ihren Privaträumen im ersten Stock, Heidi nahm den Hörer ab und meldete sich.

»Also, das ist jetzt aber eine Überraschung«, sagte sie, »ich hab’ letztens mit der Luise von dir geredet. Wir haben uns gefragt, wohin es dich inzwischen verschlagen hat.«

Heidi redete noch eine Weile, man sah ihr an, daß sie sich freute, angerufen worden zu sein. Als sie den Hörer auflegte, sah sie Luise an und sagte: »Also, wer grad’ angerufen hat, das rätst du nicht.«

»Mach’s nicht so spannend«, erwiderte Luise, »wer hat dich so froh gestimmt?«

»Die Sandra…!«

»Welche Sandra?«

»Wieviel Sandras kennst du denn?«

»Oje«, murmelte Luise, »meinst etwa die Wellner-Sandra?«

Heidi nickte. »Genau die meine ich.«

»Was macht sie denn inzwischen?« Luise sah ihre Schwiegertochter fragend an.

»Das wird sie uns alles erzählen, wenn sie herkommt«, antwortete die.

»Sandra kommt uns besuchen?« Auch die Luise freute sich offensichtlich darauf.

Ihre Schwiegertochter nickte. »Ja, sie kommt uns besuchen. Es hat sich angehört, als würd’ sie ein paar Tage bleiben wollen. Die kleine Suite wär’ frei und im alten Gasthaus ein Zimmer.«

»Die Sandra nimmt die Suite«, sagte Luise, »die ist inzwischen anderes gewohnt, als unseren Standard.«

»Meinst, weil sie in New York und sonstwo gewesen ist?« Heidi schüttelte lächelnd den Kopf. »Also, wenn die Sandra so geblieben ist wie sie damals war, als wir sie kennengelernt haben, dann wird sie das Zimmer im alten Teil des Bergerhofs nehmen.«

»Wir könnten ja mal wetten…«, sagte Luise, dann widmeten sie sich die beiden Berger-Frauen wieder ihren Arbeiten.

*

Sandra Wellner war sechsundzwanzig Jahre alt und stammte aus der Nähe von Füssen, wo ihre Eltern eine kleine Pension besaßen. Sandra hatte zweimal in den Ferien im Berger-Hof gearbeitet, um, wie sie mit amüsiert klingender Stimme gesagt hatte, das Hotel- und Gaststättengewerbe auf Allgäuer Art zu lernen.

Dann hatte sie Abitur gemacht, Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Werbung und Marketing studiert und war in eine Werbefirma eingestiegen, die sehr rasch expandierte, Büros in Paris und New York eröffnete und heute zu den Marktführern gehörte.

Das Hauptbüro war nach wie vor in München, Sandra war Teilhaberin, und man konnte ohne Übertreibung sagen, daß sie es geschafft hatte, zumindest wirtschaftlich.

Sandra war mittelgroß, gertenschlank, man hätte sie auch als zierlich bezeichnen können. Sie trieb gerne Sport, ohne Höchstleistungen erzielen zu wollen und sie wünschte sich sehr, wieder mal zu einer Bergtour aufbrechen zu können.

Leider hatte sie viel zu wenig Zeit zu solchen Unternehmungen, doch einer ihrer Bekannten, er war auch in der Werbebranche tätig, ganz plötzlich einen Kreislaufkollaps bekommen hatte, nahm sie sich vor kürzer zu treten und sich was zu gönnen. Der Besuch auf dem Berger-Hof sollte der Anfang davon sein.

Sandra war ein sehr hübsches Mädchen, das es geschminkt mit jedem Model hätte aufnehmen können, doch sie gefiel sich am besten, wenn sie völlig auf Make-up verzichtete und sie sich geben konnte sie sie war.

Als Sandra ihre Sachen in München in den Geländewagen packte, atmete sie tief durch. Sie hatte drei Wochen Ferien, und sie hatte sich fest vorgenommen, auf gar keinen Fall vorher abzubrechen.

Zuerst würde sie zum Berger-Hof fahren, dann ein paar Tage bei ihren Eltern sein, die immer noch die Pension betrieben, dann würde sie vielleicht nochmal nach Italien fahren, um einen neuen Kunden zu gewinnen.

Als Sandra vor dem Berger-Hof vorfuhr und ausstieg, atmete sie tief durch. Sie war kurz nach dem Umbau dagewesen, und Heidis Mann Peter war noch nicht lange tot gewesen. Sandra hatte die beiden Bergerinnen immer bewundert. Einmal, wie sie die Schicksalsschläge weggesteckt hatten, und dann wie sie miteinander umgegangen waren.

»Sandra…?« Die Berger-Heidi sah das hübsche Mädchen mit großen Augen fragend an. »Ja, Madel, was hast du dich herausgemacht.«

Dann lagen sie sich in den Armen, und als sie sich voneinander trennten, hatten beide Tränen in den Augen.

»Madel«, sagte die Berger-Heidi, »jetzt laß dich erst mal anschauen. Also du bist noch hübscher geworden, falls das überhaupt möglich war. Du schaust aus wie das blühende Leben. Wie machst du das nur?«

Sandra lachte. »Das zu sagen, bist du grad’ die Richtige.«

»Wieso?« Heidi verstand nicht, was Sandra ihr sagen wollte.

»Schau mal in den Spiegel«, erwiderte die, »wer so ausschaut wie du, der hält jeden Vergleich stand.«

»Jetzt ist’s aber gut«, Heidi schüttelte den Kopf, »die Zeit, daß man mir schmeicheln kann, ist vorbei.«

Dann kam Luise hinzu, und sie freute sich ebenso wie Heidi, Sandra Wellner zu sehen.

»Gelesen haben wir ab und zu von dir«, sagte sie, »wo du grad wieder mal gewesen bist. New York, Paris, Mailand und so weiter. Du hast’s geschafft im Leben, oder?«

Sandra schüttelte sacht den Kopf. »Es kommt darauf an, was du unter im Leben geschafft haben verstehst.«

»Na, du bist Mitinhaberin einer der bekanntesten Werbeagenturen«, erwiderte Luise. »Du hast sicher einen Schwarm Verehrer, kannst dich vor Angeboten kaum retten…!«

»… der Mann fürs Leben hat sich aber noch nicht bei mir vorgestellt«, unterbrach Sandra die Seniorchefin des Bergerhof-Gasthauses.

»Du bist noch solo?« Erstaunt sah Luise das ausnehmend hübsche Mädchen an.

Das nickte. »So kann man es ausdrücken.«

»Ja, aber so wie du aussiehst und so erfolgreich wie du bist, das muß die Mannsbilder doch anziehen wie die Motten das Licht.«

»Tut es ja auch«, antwortete Sandra. »Leider bisher immer die falschen Männer.«

»Du willst doch net behaupten, daß bei all den reichen Burschen noch net der Mann für dich dabeigewesen wäre. Das willst du mir doch net klarmachen, oder…?« Luise schüttelte den Kopf.

Sandra zuckte mit den Schultern. »Es ist aber so.«

»Ja und wie kommt das?«

»Vielleicht bin ich ja besonders kritisch und wählerisch«, erwiderte das überaus erfolgreiche Mädchen. »Ich will einen Mann, den ich liebe und zwar um seiner selbst willen, nicht wegen seines Geldes und nicht wegen anderer Dinge, die er besitzt. Bisher hat noch kein Mann die berühmten Schmetterlinge in meinem Bauch anrühren können, nicht einer.«

»Jetzt kommst erst mal herein«, sagte Heidi. »Hoffentlich hast ein bissel Zeit mitgebracht. Wir haben oft an dich gedacht und von dir geredet. Irgendwas stand ja immer wieder in den einschlägigen Zeitschriften. Bist du net auch mal Titelbild auf einer der bekannten Modezeitschriften gewesen?«

Sandra nickte lächelnd. »Ja, zusammen mit einem der bekanntesten Models. Ich wurde als Macherin der Models dargestellt. Was so ja nicht stimmt.«

»Es wird schon was dran sein«, erwiderte die Berger-Heidi. »Ganz ohne Hintergrund schreiben die so was net, oder?«

»Na ja«, gab Sandra zu, »ein bissel was richt’ ich schon in der Szene. Verträge und so weiter, die gestalten wir und wir achten drauf, daß die Mädchen nicht zu kurz kommen.«

»Ja, aber die verdienen doch ein Heidengeld«, sagte die Berger-Heidi. »Die müssen doch wirklich nicht darauf achten, daß man sie übervorteilt.«

»Nur die allerwenigsten verdienen gut«, antwortete Sandra, »alles in allem ist der Modelberuf ein knallharter Job. Die arbeiten oft bis sie blau sind. Wenn man bei eisiger Kälte in Bikinis und dergleichen am Strand posieren muß, dann bringt das weniger Freude als Erkältungen.«

»Wieso machen die die Fotos nicht im Sommer, wenn es warm ist? Es ist doch blödsinnig, im Winter, wenn es eiskalt ist, Fotos für Sommersachen zu machen.«

»Frag mich nicht warum, aber im Winter ist das Licht für die Fotos besser«, erklärte Sandra, »dann sind außerdem die Strände leer und die Sommersachen kommen nun mal im Winter raus.«

»Jetzt kommst aber endlich herein«, sagte Heidi, »wir haben dir die kleine Suite reserviert. Es ist das beste was wir haben, liegt im Neubau und entspricht in etwa dem Standard, den du gewohnt bist.«

»Oje«, Sandra blieb stehen, »ich… ich wollt’ eigentlich ganz ursprünglich wohnen. Ich hab’ so oft an euch gedacht und dabei immer die Zimmer im alten Haus vor Augen gehabt. Die waren so anheimelig, ich hab’ mir was Ähnliches immer gewünscht, ob in New York oder in Paris, aber da hab’ ich es nicht gefunden.«

Da lächelte Heidi ihre Schwiegermutter an und sagte: »Na, wer hat recht behalten?« Dann sah sie Sandra an. »Wir haben auch ein Zimmer im Altbau. Es ist sogar das Eckzimmer und es ist wirklich schön. Ich glaub’, es entspricht am ehesten dem, was du möchtest. Und jetzt kommt endlich.«

*

Steffi war an jenem Tag nach der Schule nicht nach Hause gefahren, sondern nach Oberstdorf. Dort traf sie sich mit Hiltrud Wagner im Café Mozart, wo am Abend eine kleine Modenschau stattfinden sollte.

Hiltrud war groß, sah gut aus, war aber stark geschminkt und sie benötigte immer mehr Zeit dazu, sich so herzurichten, daß sie einigermaßen zufrieden war. Und da sich das nur mit immer mehr Make-up gestalten ließ, stand sie oft stundenlang vor dem Spiegel, um ein für sie einigermaßen akzeptables Aussehen zu erreichen.

Steffi bewunderte das um fast zehn Jahre ältere Mädchen, denn Hiltrud kannte viele Leute, die in der Modebranche was zählten und sie gab sich gerne den Anschein, als habe sie einen gewissen Einfluß.

»Sag mal, stimmt es«, sagte Hiltrud, »daß Sandra Wellner bei euch abgestiegen ist?«

»Sandra Wellner?« Steffi meinte, den Namen schon mal gehört zu haben, konnte sich jedoch nicht daran erinnern. Sie zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung, wer ist das?«

»Du weißt nicht, wer Sandra Wellner ist?« Hiltrud verdrehte die Augen. »Du meine Güte. Sie ist diejenige, die alles managt. Wenn du sie kennst und auf deiner Seite hast, dann hast du ausgesorgt. Sie kann jeden Kontakt herstellen, und sie kann dir jeden Job in der Modelbranche besorgen.«

Steffi nickte beeindruckt. »Wie kommst du drauf, daß so eine Frau bei uns im Grottental absteigt?«