Habgier - Janwillem van de Wetering - E-Book

Habgier E-Book

Janwillem van de Wetering

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Beschreibung

Totgesagte leben länger. Diese Erfahrung muss auch Henk van Franken machen, als er sich im Krankenhaus die Nase richten lässt und prompt Komplikationen auftreten. Kaum hat er sich gefangen, muss er die nächste Hiobsbotschaft einstecken: Krebs. Doch die Diagnose hat kein Arzt gestellt, sondern ein leibhaftiger Dschinn. Baba Ganesch heißt der Geist aus der Flasche, der seinem Meister auch den Spiegel vor die Seele hält. Und die ist bei Henk so zerfressen wie seine inneren Organe. Der Befund: Habgier im letzten Stadium.

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Janwillem van de Wetering

Habgier

Bibliothek der Leidenschaften

Roman

Aus dem Englischen von Hans J. Schütz

Rowohlt E-Book

Inhaltsübersicht

MottoEinsZweiDreiVierFünfSechsSiebenAchtNeunZehnElfZwölfDreizehnVierzehnFünfzehnSechzehnSiebzehnAchtzehnNeunzehnZwanzigEinundzwanzigZweiundzwanzigDreiundzwanzigVierundzwanzigFünfundzwanzigSechsundzwanzigSiebenundzwanzigAchtundzwanzigNeunundzwanzig
[zur Inhaltsübersicht]

Das Sterben ist die größte Erfahrung –

darum heben wir sie bis zum Schluss auf

Castaneda

[zur Inhaltsübersicht]

Eins

Vielleicht kam alles, die Beschäftigung mit meiner Leidenschaft, meiner sogenannten Habgier, in Gang, als Rodge, Roger O’Rourke, im Bett nebenan anfing, über Carlos Castaneda und das Sterben zu reden. Ich hatte Castaneda gelesen und war von dem Verfasser nicht sehr beeindruckt gewesen, und ich wollte nicht sterben, aber man hatte mir gerade gesagt, dass ich sterben würde.

Ein junger Medizinstudent, der Stationsarzt war in dieser Nacht nicht aufzufinden, sagte, dass ich mein Leben verlieren würde.

«Tut mir leid, Sir.» Er brachte mir Papier und einen Federhalter und ließ mich ein Dokument unterschreiben, das Ärzte ermächtigt, die Geräte abzuschalten, die meinen Körper am Leben halten. Er ließ auch meine Frau Viola rein und Rave, den Hund. Krankenhäuser haben für Hunde nicht viel übrig, aber dies war ein besonderer Fall. Der Zustand wurde kritisch. Viola und ich haben keine Kinder, also riefen sie meine Tochter aus erster Ehe an, die am anderen Ende des Festlandes wohnt. Wir leben hier in Maine an der Ostküste, und meine Tochter lebt in Portland, Oregon, an der Westküste. Man warnte sie vorsichtshalber, dass sie unter Umständen werde herfliegen müssen, sie solle ihre E-Mails im Auge behalten, für den Fall, dass sich die «Dinge komplizieren». Meine Tochter mag mich überhaupt nicht. Dieser ganze Wirbel, bloß weil ich mit einem Liter Blut auf dem Laken und einem bösen Schmerz in der Brust aufgewacht bin. Aufruhr. Ein paar Schwestern in Kitteln, angeführt von einer ungeheuer großen, liefen durch das Zimmer. Die große Schwester bewegte sich wie ein weißer Wal, so breit in den Hüften, dass sie seitlich durch die Tür gehen musste. Eindringliches Geflüster, und Rave gab mir die Pfote. Mein Hund, mein einziger Freund auf der Welt, sah bekümmert aus. Meine Tochter würde mich nie mögen. Viola hörte nach einer Weile auf, mich zu mögen. Meine Frau wollte unser Haus erweitern lassen, damit sie ihr eigenes Schlafzimmer haben könne. Als sie mich in meinem Zustand erblickte, sah sie beunruhigt aus. Sie war im Begriff, ihren Ehemann zu verlieren, eine Möglichkeit, die jede Menge Unannehmlichkeiten nach sich zieht. Ich konnte ihre Gedanken lesen, sie ist Anwältin, hat einen kühlen Verstand. Sie dachte an den Papierkram, füllte im Geist Formulare aus, ließ die Leiche in die Leichenhalle schaffen, veranlasste die Einäscherung, fragte sich, ob man für mich eine Totenwache abhalten solle, wie es in dieser Gegend üblich ist, mit ein paar Leuten, die herumsitzen und Geschichten über mich erzählen, hübsche Geschichten über komische Dinge, die ich getan habe, damit ich Auftrieb bekam und eine warme Kraft meine Seele in den Himmel beförderte. Obwohl es nicht der Himmel sein würde, auf den ich zusteuerte. Viola würde mich nicht vermissen. Ich konnte es genau sehen. Unsere Beziehung war einseitig. Ich fühlte mich stark zu ihr hingezogen. Mehr noch als zu Rave, dem Hund mit seinem freundlichen lustigen Wesen. Die Furcht, Viola zu verlieren, war der Grund für meinen Aufenthalt im Purple Hill Hospital. Ich wollte mein Problem mit dem Schnarchen in Ordnung bringen lassen, weil ich ein praktischer Mann bin. Wenn ich in einer unangenehmen Situation bin, analysiere ich sie. Ich stelle fest, was vorgeht. Ich zerlege das Problem in seine einfachsten Bestandteile. Ich finde heraus, warum etwas schlecht funktioniert. Entweder korrigiere ich den Fehler selber oder ich suche mir die Hilfe eines Fachmanns. Wir sind in Amerika. So läuft das hier. Für mich laufen die Dinge sogar noch besser, weil ich in einer schönen Land-Meer-Landschaft an einer unverseuchten Küste lebe. Ich ließ mein Problem in einem Zimmer mit Aussicht regeln. Das kleine Problem. Ich sehe über das große, wirkliche Problem hinweg, über das ich ein Leben lang hinweggesehen habe. Ich bin bereit, es mit jeder Art von Ärger aufzunehmen, davon ausgenommen ist die Realität, davon ausgenommen ist alles, was eine grundsätzliche Änderung mit sich bringt.

Warum wollte Viola, meine wunderbare begabte Frau, unser bequemes, geräumiges, gut möbliertes Schlafzimmer verlassen? Weil ich ein mürrisches altes Arschloch bin? Nur weil es schwer ist, zusammen mit mir zu schlafen? Was machte es so schwer? Das Schnarchen? Ich habe immer geschnarcht. Zumindest so lange, wie Viola mich kennt, und das war nun zwanzig Jahre her seit damals, als ich fünfzig war und sie dreißig und wir in Key West, Florida, heirateten, der Inselstadt der Träume. Es war natürlich meine blöde Schnarcherei, was sonst konnte eine Frau dazu bringen, meiner männlichen, kraftvollen, schützenden Persönlichkeit den Rücken zu kehren? Einer onkelhaften Persönlichkeit. So sah ich mich selber, als den knuddeligen Teddybären, der nichts für sich selber will, sondern bloß der kleinen Frau Vergnügen bereiten möchte. Aber der Teddybär schnarcht. Also würde ich dieses kleine Problem unter optimalen Bedingungen aus der Welt schaffen lassen, und alles wäre wieder in Ordnung. Ich halte mich selber für intelligent. Intelligenz bedeutet, dass man mit jeder Konstellation von Tatsachen fertigwird. Meine Intelligenz macht meine Welt lebenswerter für jeden, der das Glück hat, Teil meines Lebens zu sein.

«Ich komme, ich sehe, ich gewinne.»

Leben ist das, was geschieht, während wir andere Dinge planen. Ein Klischee. Eine Wahrheit auch. Ich hatte vergessen, dass ich mein Schicksal nicht kontrollieren kann. Eine Zeitlang hatte es so ausgesehen, und ich hatte mich an den Gedanken gewöhnt, dass alles, was gestern geschieht, auch morgen geschehen würde.

Ich versuche, meine kleine Nasengeschichte zu regeln, und kurz darauf sterbe ich in einem Krankenhausbett, und die Mediziner laufen herum, schließen einen Monitor an, der durch Kabel und Saugnäpfe mit meinem Körper verbunden ist. Die Daten auf dem Schirm beweisen, dass mein Herz kurz davor ist, zu versagen. Ich muss kleine Pillen schlucken, die den Herzschlag in Gang bringen sollen. Die Pillen machen mich noch müder, und der Herzschlag bleibt schwach. Meine Nase pumpt noch immer Blut hoch. Walfisch-Schwester musste gehen, sie ist gestresst, die Hilfsschwester ersetzt sie.

Nichts dergleichen war zu erwarten gewesen.

Der Hals-Nasen-Ohren-Arzt hatte gesagt: «Kinderspiel, Sir.» Viola und ich konsultierten ihn in einer großen Stadt – es war eine richtige Expedition, wir mussten in einem Hotel übernachten, wir aßen zweimal in einem Sushi-Restaurant (ich achte aufs Geld, aber bei Fisch werde ich immer schwach), wir lachten über den Arzt, der genau, aber haargenau aussah wie Groucho Marx. Er untersuchte mit einem Miniteleskop meine Nase und sagte: «Aha, aha.» Seine Diagnose lautete, dass ich mir irgendwann, vor langer Zeit, die Nase gebrochen hatte und diese schief zusammengewachsen war, wobei ein Nasenloch verstopft wurde, sodass ich nur durch ein Nasenloch atmen konnte. Daher das Schnarchen. Wie räumte man die Schwierigkeit aus dem Weg? Die Nase noch einmal brechen und richtig wieder zusammensetzen.

«Kinderspiel.»

Dr. Marx versicherte mir, nichts könne schiefgehen, er hatte solche Sachen tausendmal gemacht, ich müsste höchstens zwei Nächte im Krankenhaus zubringen, und die Operation würde eine halbe Stunde dauern, die Versicherung alle Kosten übernehmen, und Narkotika, Opium, Kodein, was immer nötig war, würden jeden Schmerz betäuben. Kinderspiel. Kein Grund zur Besorgnis.

Hurra.

Viola nahm mich auf der langen Heimfahrt auf leeren, glatten Straßen, zwischen Wäldern in herbstlichen Farben ins Kreuzverhör. Viola ist Anwältin. Sie weiß, wie man Fakten beurteilt. Warum war ich so glücklich?

Ich war glücklich, weil ich sie glücklich machen wollte. Aber ich sagte ihr nicht, dass ich eine Menge Geld sparen beziehungsweise eine Menge Geld nicht ausgeben würde. Unser Haus mit einem Anbau zu versehen würde ein Vermögen kosten, und wenn ich nicht schnarchte, würde Viola ihr eigenes Schlafzimmer nicht brauchen und wir keinen Anbau. Ein Vermögen wäre gespart und kein Geld ausgegeben, denn ich war krankenversichert.

Und morgens hätte ich keinen entzündeten Hals mehr. Keine Rachenpastillen mehr. Kein ekelhaftes Räuspern und Schleimspucken. Nicht mehr das Biomüsli aus meinem Lieblings-Discount-Supermarkt runterwürgen. Das reine Glück für alle Beteiligten.

«Bist du sicher», fragte Viola, «dass ich mein eigenes Schlafzimmer nur wegen deiner Schnarcherei haben will und dass ich bei dir bleiben werde, wenn du nicht mehr schnarchst?»

«Schau dir die Ahornbäume an», sagte ich. «Ist es nicht verblüffend, was im Herbst passiert? Dieser Baum da drüben, der gelbe, er lodert, er explodiert vor Farbe. Wundervoll.»

Ich wusste, dass sie ihr eigenes Schlafzimmer haben wollte, weil ich immer unerträglicher wurde. Weil ich zu habgierig wurde. Zu knickerig, einen Penny auszugeben. Nicht für Viola, die ihre eigene Kanzlei hat und nicht viel verdient, weil sie eine Idealistin ist, aber als praktische Frau auch kein Geld verliert. Auch nicht für mich selbst. Nicht mal für Rave, der Ärger mit seinen Drüsen am After hatte, die rausgenommen werden mussten, aber ich wollte kein Geld ausgeben, das mir keine Versicherungsgesellschaft zurückzahlen würde, sodass Viola den Tierarzt bezahlte, obwohl Rave mein Hund ist, der mit mir rudern geht, mit mir auf den Purple Hill trabt und mit mir in unserem Strandhäuschen ein Nickerchen macht.

Ich wusste, dass Viola es satthatte, einen bedrückenden, verkniffenen Meckerer um sich zu haben, der ihre Lebensphilosophie nicht verstehen wollte, der kein Interesse an ihrem indianischen Zauberrad im Garten hinter dem Haus hatte, verborgen hinter immergrünen Büschen, an einem heiligen Ort, geweiht von einer hiesigen Schamanin, einer eindrucksvollen Penobscot-Indianerin, der ich zwanzig Dollar geben wollte und die den Geldschein vom Armaturenbrett ihres Ford-Pick-up gefegt hatte. Ich wusste es, aber ich wollte es nicht wahrhaben, dass Viola mit dem Gedanken spielte, mich ganz zu verlassen, dass der Ausbau des Hauses ein Experiment war, um festzustellen, ob sie meine Anwesenheit auf einige Entfernung ertragen konnte. Mein Schnarchen störte sie vermutlich gar nicht, sie steckte sich sowieso Wattepfropfen in die Ohren und hatte einen gesunden Schlaf. Sie hatte ein gutes Gewissen. Ich nicht. Ich drehte mich, warf mich hin und her und sprach im Schlaf.

«Also, warum willst du dir die Nase brechen lassen?», fragte Viola, als wir von unserem Treffen mit dem Arzt in der Stadt zurückfuhren, und ich hatte ihre vorige Frage noch nicht beantwortet.

Ich erzählte ihr von Big Jim, der immer, die Fäuste schwingend, auf den Schulhof kam, in meiner Heimatstadt Miami, in den Pausen, wie eine menschliche Windmühle, und ich hatte ihn herausgefordert, um bei Carol Eindruck zu schinden, dem rothaarigen Mädchen meiner Träume, und zu meinem Pech brach mir Big Jim die Nase, aber ich trat ihm in die Eier, und für den Rest des Jahres stand es unentschieden zwischen uns, bis er der Schule verwiesen wurde.

«Unser Held», sagte Viola, doch ich konnte an ihrer Anwaltsstimme hören, dass sie mir nicht glaubte, und ich glaubte mir selber nicht, denn meine Nase wurde im Kampf mit Big Jim nur angeknackst, sie brach später, nachdem mein Freund und Partner Gabriel auf sie eingedroschen hatte, viele Jahre später in Key West. Eines führt zum anderen, sagte der Witzbold, doch dazwischen gab es so viele Verbindungen, dass es eine Weile dauerte, sie alle zurückzuverfolgen von 1998 in Rotworth, Maine, bis 1978 in Key West, Florida, und dann wieder bis heute, wo mein Leidensgenosse im Purple-Hill-Krankenhaus mich quälte und mir Witze über den Tod erzählte. «Wissen Sie, was Castaneda sagte?», fragte mich Rodge. «Er sagte, das Sterben sei die größte Erfahrung – und darum heben wir sie bis zum Schluss auf.»

Das war unverschämt. Machte sich der Bastard über meine beschissene Lage lustig? Ich hatte meine Brille nicht auf. Der verschwommene Umriss von Rodges Kopf auf der anderen Seite des Zimmers sah teuflisch aus, mit einem roten Bart und büscheligen roten Haaren, einem Paar Hörnern ähnlich. Hatte ich wegen der Pillen, die der Arzt mich schlucken ließ, Halluzinationen? War ich schon in der Hölle?

«Wer’s glaubt», sagte ich.

Rodge glaubte es und erzählte mir, nicht ich würde sterben, sondern er. An Leberkrebs, der sich überall in seinen Innereien verbreitete, andere wichtige Organe zerfraß. Er erzählte mir, wie man ihn daran operiert hätte, wie der Chirurg «ein Fenster in seine Leber geschnitten» hätte, um den Druck zu vermindern, aber das hätte nicht viel geholfen. Er verabschiedete sich jetzt, schmerzlos, bekam eine Infusion aus einer Flasche an einem Ständer, die Morphium in eine Vene träufelte. «Ich bin versorgt», sagte Rodge. «Und das sind Sie auch, aber das ganze Zeug, das man Ihnen bis jetzt erzählt hat, ist Blödsinn.»

Ich setzte meine Brille auf, um diesen Alleswisser zu studieren. Ich erblickte einen fünfzig Jahre alten athletischen Typ mit roten Haaren und unschuldigen blauen Kinderaugen. Als ich genauer hinsah und mich auf sein Gesicht konzentrierte, sah ich seinen Schädel, der sich unter straffer Haut abzeichnete, und eine kränkliche graue Blässe unter der Sonnenbräune. Die Hand, die auf der Decke lag, schien transparent. Ich fragte ihn, ob er Arzt sei. Er sagte, er sei keiner, aber sein dienstbarer Geist sei Arzt. Baba Ganesch. Ein Dschinn aus einer Flasche, die er am Mombell-Strand aufgelesen hatte.

«Sind Sie verrückt?», fragte ich.

Nein, sagte er, obgleich er, so kurz vor dem Tod, absolut nicht das sei, was ich noch für normal halten würde. Das gelte auch für Baba Ganesch, seinen Dschinn, seinen Schutzgeist, seinen Sklaven, der seine Wünsche erfüllte. Während ich schlief, hatte Baba Ganesch mit seinen alles sehenden Geisteraugen meine Haut durchbohrt und festgestellt, dass mein Herz in Ordnung war. Der Computer, den die Ärzte angeschlossen hatten, funktionierte nicht richtig. Die Kurve auf dem Schirm war falsch und mein Herz in guter Verfassung.

«Und meine Brustschmerzen?»

Baba Ganesch zufolge handelte es sich um Sodbrennen. Ich hätte mich an den tiefgefrorenen Muscheln überfressen, die ich nach der Nasenoperation bestellt hatte, zur Feier des Tages.

Und das Nasenbluten?

Bloß ein Nasenbluten. Was ich erwartete? Hat man nicht in meiner Nase herumgehämmert? Ein Nasenbein ist empfindlich, die Haut im Inneren der Nase dünn.

Ich hörte draußen auf dem Gang die Weißkittel näher kommen. Sie hatten eine Pause gemacht, und wenn sie erst mal wieder im Zimmer waren, würden sie weiter von meiner Krise reden. «Erzählen Sie ihnen, dass sie sich irren», sagte Rodge. «Aber Sie werden das gar nicht nötig haben, weil sie es selber rauskriegen werden. Sie sind durchgedreht. Nachdem sie im Garten geraucht haben, werden ihre Nerven wieder mitspielen.»

Die Weißkittel fanden heraus, dass sie sich irrten. Der Internist rief Viola an, die Rave heimgebracht hatte, und meine Tochter, dass sie sich keine Sorgen machen sollten. Jetzt war alles in Butter. Er sagte es auch mir. «Tut mir leid, Sir. Computerfehler. Sie sind in Ordnung.»

Die Hilfsschwestern hatten mich inzwischen gesäubert und es mir bequemer gemacht durch weitere Kissen, eine Tasse Morgenkaffee – mittlerweile war es Tag geworden. Unter uns breitete sich die Jericho-Bucht bis zu den Inseln aus, makellos im Zwielicht. Ein paar Fischadler, dunkle Schatten mit riesigen geschwungenen Flügeln, flogen auf dem Weg zu ihrem Tauchbad am frühen Morgen vorbei. Die gewaltigen Panoramafenster ermöglichten Rodge und mir einen Blick auf die unten liegenden Kiefern – das Krankenhaus liegt auf einem Hügel –, die sich im zunehmenden Licht immer deutlicher abzeichneten, bis jede Nadel zu sehen war.

Meine Gedanken trieben auf der sanften Dünung der ruhigen, glatten See, durch eine Lücke zwischen Mombell und Long Island, heraus aus der Jericho-Bucht, über die hügeligen, verstreuten Inseln hinaus zu den Bergen. Dies musste das am schönsten gelegene Krankenhaus in Amerika sein. Die Aussicht war atemberaubend, sogar noch besser als die von meinem Haus, ein paar Meilen die Küste hinauf. Ich gratulierte mir, dass ich einen so schönen Ort für meine kleine Tortur ausgewählt hatte. Mein Magen knurrte.

Frühstück.

Gekochter Schellfisch auf Toast.

Vielleicht einen Löffel scharfer Soße.

«Werden Sie nicht übermütig», sagte Rodge vom Bett nebenan. «Ich habe Ihnen bis jetzt nur die gute Nachricht mitgeteilt. Die schlechte Nachricht ist, dass Sie Prostatakrebs haben. Sie wissen doch, dass Sie jede halbe Stunde urinieren, weil der Abfluss aus Ihrer Blase nicht richtig klappt? Aber was verhindert den Abfluss? Lassen Sie sich von diesem Internisten den Finger in Ihren Arsch stecken, wenn er wiederkommt. Er wird feststellen, dass die Vorsteherdrüse verhärtet ist. Sie drückt auf Ihre Urethra, schränkt Ihren Urinfluss ein.»

«Was?», fragte ich.

Baba Ganesch irre sich nie, sagte Rodge, der Dschinn hätte zusätzliche Fähigkeiten, abgesehen von seiner Begabung, Wünsche zu erfüllen. Hatte eine Menge medizinische Erfahrung gesammelt, dieser Baba. Der Geist war in einem früheren Leben Schiffsarzt gewesen, später Besitzer einer Sklavenbrigg, die Yoruba-Sklaven und sogar Yalabees, die dem König Mammee, dem Lieferanten des Kapitäns, missfallen hatten, von Dahomey, Afrika, nach Surinam, Südamerika, brachte. Ein sehr wohlhabender Mann, dieser Baba. «Musste die Sklaven während der Überfahrt gesund halten», sagte Rodge. «Wurde ein guter Arzt. Und jetzt, wo er ein Geist ist, kann er in Universitäten eindringen, in Laboratorien, Krankenhäuser, in alles. Er hat Zugang zu jeder medizinischen Information. Deckt die Symptome auf und führt sie dann auf mögliche Ursachen zurück, die er dann überprüft. Er hat Sie überprüft. Sie haben Prostatakrebs.»

Ich versuchte mit einem Lachen die Verrücktheit dieser Information zu verdrängen, versuchte, sie ins Lächerliche zu ziehen. Dieser Dschinn, Geistgefährte, Phantasieprodukt meines Zimmergenossen, hatte also Zugang zu medizinischen Informationen? Ha, ha!

«Zugang zum Internet, meinen Sie?», fragte ich.

«Zum Akaschi-Archiv», sagte Rodge. «Das haben sie in dieser anderen Welt. Datenbanken über alles, was jemals existierte. Das Akaschi-Archiv. Nie davon gehört? Dort entstand die Idee des Internets. Geister wie Baba gaben die Idee an die Leute weiter, die wir hier Erfinder nennen.»

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Zwei

Roger O’Rourke hätte gut und gern verrückt sein können, hätte er nicht absolut recht gehabt. Am nächsten Morgen tat mir der Internist den Gefallen, zog einen Handschuh an, fummelte in meinem Rektum herum, während ich vorgebeugt dastand und sagte: «Oho!» Der nächste Arzt, der mir einen Finger ins Arschloch steckte, war ein Urologe, und er sagte, er wolle mich ja nicht aufregen, aber er werde für den nächsten Tag eine Operation ansetzen.

Rave erschien abermals und zog Viola hinter sich her.

Rodge, mein Leidensgefährte, wurde in ein anderes Zimmer gebracht. Die Walfisch-Schwester erzählte mir, Roger O’Rourke liege im Sterben, und es wäre deprimierend für mich in meinem Zustand, aus nächster Nähe mitzuerleben, wie ein anderer Krebspatient starb. Ich hätte jetzt ein Einzelzimmer, sei das nicht schön?

Ich fragte nach den Kosten, weil ein Einzelzimmer teurer sei und meine Versicherung die Differenz nicht bezahlen würde, und die war beträchtlich. Die Schwester sagte, meine Frau käme dafür auf.

«Wer ist dieser Baba Ganesch?», fragte Viola, nachdem sie mir einen flüchtigen Kuss auf die Wange gegeben und an meinem Bett Platz genommen hatte.

«Baba wer?», fragte ich, um Zeit zu schinden. Wie konnte sie von dem Dschinn wissen? War das eine Verschwörung, um mich fertigzumachen?

Sie sagte, ich hätte den Namen gemurmelt, als sie reinkam und ich noch schlief oder betäubt gewesen sei. Das Purple-Hill-Krankenhaus ging mit Drogen großzügig um, darum ist es bei älteren Leuten und unheilbar Kranken so beliebt. Der Patient, den man endgültig aufgegeben hatte, kann sanft mit dem Opiumderivat seiner Wahl verdämmern.

«Und wer ist Gabriel?», fragte Viola. «Der andere Name, den du dauernd erwähnst. War nicht Gabriel einmal dein Partner? In Key West? Bevor wir uns kennenlernten? Ein Geschäft, das nicht klappte? Du hast mir nie viel darüber erzählt.»

Ich dachte, jetzt, wo das Spiel vielleicht aus war, könnte ich es ihr eigentlich erzählen. Sie ist Anwältin. Sie konnte zu einem Urteil kommen, mit dem ich leben konnte. Und sterben.

Ich liebe Viola. Ich habe sie immer geliebt, vom ersten Augenblick an, als sie mir in Sloppy Joe’s Bar in Key West begegnete, der äußersten Spitze der Vereinigten Staaten, der südlichsten Spitze, Ende einer durch lange Brücken verbundenen Inselkette, ein lockender, knochiger Finger, der Kuba ruft, aber Kuba, das so weit entfernt ist, will nicht auf ihn hören.

Früher hatte ich dort ein Segelboot, und vor zwanzig Jahren war ich Dritter geworden in einem Wettbewerb, wer Hemingway am ähnlichsten sehe – es gab vier Mitbewerber. Ich war fünfzig, frisch geschieden nach einer dreijährigen Ehe, die ich verpfuscht hatte. Ich war ein Fiesling, der auf einem Boot in einer unbequemen Kajüte hauste, machte fragwürdige Geschäfte mit Grundstücken, hatte Übergewicht, war dauernd im Verzug mit den Alimenten für meine Tochter, und diese bildhübsche junge Frau setzt sich neben mich an die Bar und gibt mir ein Bier aus. Damals war sie Anwältin, kam aus Boston und machte Ferien, allein, langbeinig, mit der Figur eines Mannequins, Marilyn-Monroe-Lippen, großen Bernsteinaugen, die nüchtern in die meinen blickten, die blutunterlaufen und unkonzentriert gewesen sein müssen.

«Ich bin Viola», sagte die schöne Erscheinung, als sie mein Knie berührte. Ich war Henk van Franken. Ich sagte ihr, sie irre sich. So viel Durchblick hatte ich, selbst wenn er von Bourbon mit Eis herrührte. Ich sagte diesem überirdischen Geschöpf, bei mir sei es an der falschen Adresse. Vielleicht dachte ich auch, dass sie hinter Geld her wäre, vielleicht hielt sie mich für eine der anderen Hemingway-Kopien, die reich waren, alle drei, aber sie war nicht auf Geld aus, sie war hinter mir her, es sei Karma, sagte sie. Es war die unbarmherzige Kraft, die aus früheren Handlungen, früheren Leben aufsteigt – sie hatte nach mir gesucht. Sie wusste, wer und was ich in diesem Leben war. Sie hatte Nachforschungen angestellt. Sie wusste sogar, dass mein Boot verpfändet war.

Viola lebte New Age, lange bevor jemand New Age kannte. Sie war nie ein abgedrehter Hippie oder ein Blumenkind oder eine der Töchter des Regenbogens. Sie war eine unabhängige, sauberes Geld verdienende, gut gekleidete Anwältin, die alles im Griff hatte, und sie wollte mich auf die rechte Bahn bringen. Das erzählte sie mir innerhalb von fünf Minuten, und ich hatte kaum den Bierschaum aus dem Bart gewischt, als sie sagte, ich würde ein tadelloser alter Mann werden.

«Können wir nicht stattdessen Sex haben?», fragte ich.

Sie gab mir einen leichten Klaps, wischte das Wechselgeld vom Tresen, hakte sich bei mir unter und führte mich aus der Bar.

Ich hörte mit dem Trinken auf, weil sie sagte, sie wolle nicht in meiner Nähe sein, wenn ich betrunken und abstoßend sei, obwohl ich bei unserer ersten Begegnung betrunken und abstoßend gewesen war, und sie kam mit mir auf das Boot und verbrachte die Nacht dort, räumte die Kajüte auf, während ich über der Reling hing und kotzte wie in den meisten Nächten.

Am nächsten Tag, nachdem sie mir während des Frühstücks im Café auf der Pier gesagt hatte, was sie von mir erwartete, wollte ich den doppelten Bourbon auf Eis nicht trinken, den die Kellnerin wie gewohnt auf den Tisch stellte. Ich trank immer Whisky zu meinen morgendlichen Spiegeleiern, zwei Eier, von beiden Seiten gebraten, dunkler Toast und viel Ketchup. Im nächsten Monat heiratete ich Viola. Ich begann zu zahlen, um meiner ersten Frau zu helfen, unsere Tochter aufzuziehen. Ich hörte auf, unsaubere Geschäfte mit Grundstücken zu machen, wurde ein seriöser Makler, machte eine ehrlich verdiente Million, während sie meine Hand hielt.

Zehn Jahre später zogen wir nach Maine zurück, als ich sechzig war und sie vierzig. Aber sie fing wieder an zu arbeiten, eröffnete ihre eigene Kanzlei, setzte sich für misshandelte Ehefrauen ein, für die Belange von Indianern, Heime für die Obdachlosen. Ich tat nichts. Ich wurde ein Miesepeter, wenn ich nicht auf dem Wasser war, in meinem Dory ruderte und Rave nach Delfinen Ausschau halten ließ. Wenn ich Delfine sah, fühlte ich mich immer besser. Ich verbrachte mein Leben in egoistischem Frieden, bis dieses kleine Problem mit dem Schnarchen auftrat.

«Baba Ganesch», erklärte ich Viola, «ist eine Art Geist, groß wie ein Ballon, der aussieht wie aus Eierfrüchten gemacht, eine große für den Rumpf und eine andere große für den Kopf, Eierfrüchte, weißt du? Purpurfarben, mit dieser harten, glänzenden Schale? Die du Auberginen nennst.»

Sie kannte die Frucht. Monsieur Aubergine würde sie Baba nennen, wenn sie später von ihm sprach. Viola ist eine gute Köchin, sie bereitet gern Gerichte mit Eierfrüchten zu, französische Gerichte. Sie liest und spricht auch Französisch, eine Fähigkeit, die sie sich früh im Leben angeeignet hat, um etwas zu tun zu haben, doch sie erwies sich später als nützlich, denn wir haben in Maine französischsprachige Gebiete, die sie gern aufsucht, um «den Zauber zu spüren». Es gibt auch Indianerreservate auf beiden Seiten der Grenze, wo sie Studien gemacht und praktiziert hat. Manchmal kommen Französisch sprechende Mohawks zu Besuch.

«Und er hat das Gesicht von Sydney Greenstreet», sagte ich.

Sie kannte den Schauspieler. Viola schaute sich gern alte Schwarzweißfilme an, die sie an ihren Großvater erinnern, der sie als junges Mädchen in New York in Programmkinos mitgenommen hatte. Greenstreet war der hilfsbereite Typ in Casablanca, der gute schlechte Typ in Die Maske des Dimitrios, der böse, böse Bube in Der Malteser Falke. Er hatte dieses fette, freundliche kichernde, aber ausgesprochen unheilvolle Lachen. Viola liebte ihn. Sie sagte, ihr Großvater hätte so ausgesehen, ein schwergewichtiger Bursche, der an Diabetes starb, genau wie Greenstreet.

Viola fragte mich, ob ich Baba Ganesch gesehen hätte, und ich sagte ja, natürlich, in meinem Traum, einem langen Traum, den ich gehabt hätte, bevor sie reinkam, nachdem ich mit Rodge gesprochen hätte, dem Burschen in dem anderen Bett. Zwei attraktive Hilfsschwestern hatten ihn unter tiefen Seufzern und anderen Anzeichen von Intimität hinter Vorhängen geküsst, sogar ein Kichern hatte ich gehört, und ich war mir sicher, dass seine Hände sich verirrt hatten, bevor sie ihn wegbrachten, damit er ungestört sterben konnte.

«Erzähl», sagte Viola.

Es gab viel zu erzählen. Wo sollte ich anfangen?

«Bei Gabriel», sagte sie. «Ich will einen vollständigen Bericht, fange am Anfang an, hör mit dem Ende auf. Das wird dir helfen, Liebling.»

Mir war klar, dass es schwierig werden würde, denn die Schmerztabletten hatten mich aus der linearen in die kreisförmige Zeit versetzt, wo alle Augenblicke aufs engste miteinander verbunden sind, und wo es weder einen eindeutigen Anfang noch ein ebensolches Ende gibt.

Rodge hatte mich gewarnt. Ich erlebte eine Reihe von Schocks, die mich, zusammen mit dem Morphium, das mein körperliches Unbehagen unterdrückte, offen für die Wahrheit machten, für die Wahrheit über mich selbst.

«Könnte Sie in den Wahnsinn treiben», hatte Rodge gesagt. «Soll ich Ihnen sagen, was hier geschieht?» Er wurde aufgeregt, ich glaubte, er wollte sich selber ablenken, seinen bevorstehenden Tod aus seinen Gedanken verbannen, indem er sich mit mir befasste. «Jetzt sind Ihre ganzen Puffer weg.»

«Welche Puffer?»

«Schutzvorrichtungen. Die Lügen über sich selbst, an die Sie glauben», sagte Rodge. «Ihr Leben lang benutzen Sie eine Abschirmung, um die Wahrheit zu ignorieren. Und Ihre Freunde, Ihre Komplizen verstärken Ihre Lügen, damit sie sich weiter an ihre eigenen klammern können. Und jetzt hat dieser Nasenchirurg in diesen ganzen Unsinn ein Loch gebohrt. Der unerfahrene Arzt mit seinem fehlerhaften Computer hat geholfen. Ihre Frau setzt Ihnen ebenfalls zu. Ist eine ausgeschlafene Lady, die Sie haben. Schließlich scheint das Licht durch. Die Wahrheit über Sie selbst. Die Wahrheit tut Ihnen weh.» Die kindlich-blauen Augen starrten mich an. «Verstehen Sie mich?», fragte Rodge.

Ich wollte von keiner Wahrheit über mich etwas wissen. Ich zog es vor, mich einzuigeln, in mein geruhsames Leben zurückzukehren, ein bisschen im Garten zu arbeiten, Holz zu hacken, zynische Bemerkungen darüber zu machen, «was aus der Welt werden wird», mit dem Hund in meinem Dory nach Delfinen Ausschau zu halten.

«Aber Sie haben Ihren Delfin gefunden», sagte Rodge, «das hat Sie hierhergebracht.»

Was wusste er über meinen Delfin?

«Baba hat es rausgefunden», sagte Rodge.

«Es ist der Delfin», sagte ich zu Viola.

Sie erwiderte, das hätte sie vermutet, und sie wolle alles über meinen Delfin erfahren, aber zuerst wolle sie alles über Gabriel wissen. Es war nicht das erste Mal, dass ich im Schlaf Gabriels Namen geschrien hatte. Jetzt erzählte ihr die Walfisch-Schwester, ich hätte es wieder getan. Viola rüttelte meine Schulter. «Erzähl’s mir.»

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Drei

Ich gab schließlich zu, dass Gabriel, der ein schöner Mann war, engelhaft, der einmal auf dem College einen Engel spielte und die Ladys ohnmächtig werden ließ, dass der Erzengel Gabriel der Mann war, der mir die Nase gebrochen hatte, um die Dinge in Ordnung zu bringen.

«Wie das?», fragte Viola.

Mein guter Freund Gabriel und ich waren Geschäftspartner, und er hatte sein Erbe eingebracht, ein Stück Land in Key West, das wir parzellierten und verkauften, aber ich haute ihn übers Ohr. Er sollte das Kapital einbringen, das Land, und ich sollte die Arbeit machen, aber ich riss mir sein ganzes Geld unter den Nagel, um mein aufwendiges Leben zu finanzieren, und dann war, selbst für mich überraschend, nichts mehr da, als die Geschäfte schlecht liefen. Ich redete mir ein, dass so etwas bei Partnerschaften oft passierte. Auch ich hatte zwar keine Gewinne eingesackt, aber ich hatte zumindest, Gott sei Dank, meinen Lohn eingestrichen für harte Arbeit, Schmiergelder und Gebühren und Unkosten, die sich größtenteils dadurch anhäuften, dass ich Bars, Striplokale, illegale Spielkasinos besuchte und Trips zu den Bahamas machte. Ich fuhr den firmeneigenen Cadillac, einen Wagen, der selbst für die Straßen von Key West viel zu groß war. Der Caddy machte mich paranoid, besonders wenn ich betrunken fuhr, dachte ich immer, ein Streifenwagen wäre direkt hinter mir, aber es war mein eigenes Auto, das den Rückspiegel ausfüllte. Niemand kann so arbeiten, schon gar nicht ein Geschäftsmann, also musste ich den Cadillac gegen einen kleineren Wagen tauschen, und das war ein Jaguar mit einer schlechten Maschine. Die Reparaturen waren kostspielig. Ich kaufte mehrere Boote vom Geld meiner Firma, in der Absicht, mit möglichen Kunden rauszufahren und ihnen unser Land vom Meer aus zu zeigen. Um bei Klienten Eindruck zu schinden. Mehr Verkäufe zu tätigen. Ein weiterer notwendiger Aufwand. Jedermann weiß, dass Boote kostspielig sind. Sie sind wenig wert, wenn du sie verkaufst. Währenddessen betrieb Gabriel die Eisenwarenhandlung seines Vaters, den anderen Teil seines Erbes, und sein Geschäft lief gut, bis ich ihn dazu brachte, auf das Geschäft eine Hypothek aufzunehmen, um die Parzellierung voranzutreiben, mehr Grundstücke zu schaffen, ein paar Baugenehmigungen von dem gierigen Typ vom Bauamt zu kaufen, um am Ende mehr Geld zu machen, aber das Ende ließ sich Zeit, und es zu erreichen war nicht billig.