Liebe und Vertrauen - Stefanie Valentin - E-Book

Liebe und Vertrauen E-Book

Stefanie Valentin

0,0

Beschreibung

Mit viel Herz und Verstand geht die Heimat-Heidi zur Sache, denn sie ist eine schöne Wirtin voller Tatendrang, die ihren Gästen und Mitmenschen jederzeit hilfreich zur Seite steht. Unterstützt, wenn auch nicht unbedingt immer in ihrem Sinne, wird Heidi dabei von ihrer nicht ganz volljährigen Tochter Steffi, einem feschen Mädel mit losem Mundwerk, und ihrer Mutter Luise, die keineswegs gewillt ist, kürzerzutreten und Heidi mit der Leitung des Bergerhofs alleinzulassen. Für schwungvollen, heiteren Familienzündstoff ist also bei aller Herzenswärme unserer Titelheldin jederzeit gesorgt! Robert Irding stieg aus seinem Sportwagen, bückte sich, sah sich kurz im Außenspiegel an, fuhr sich mit einer raschen Bewegung durch die Haare, lächelte zufrieden und betrat dann den Bergerhof, wo er nacheinander in alle Gaststuben blickte, wobei er nach allen Seiten freundlich und wie nach Beifall heischend lächelte. »Ist die Heike net da?« wollte er schließlich von Gerti, der langjährigen Bedienung des Bergerhofs wissen. »Welche Heike?« Gerti sah den feschen und sehr gut gekleideten Burschen fragend an. »Ja, welche Heike denn?« Robert schüttelte theatralisch lächelnd den Kopf. »Die Gradner-Heike natürlich. Als wenn ich eine andere Heike meinen könnt'.« »Nein, die Heike ist net da, und sie war auch heut' net da«, antwortete Gerti. »Das gibt's doch gar nicht«, murmelte der groß gewachsene Bursche, der an der linken Hand einen dünnen Lederhandschuh trug, den anderen hatte er zur Hälfte in eine der Gesäßtaschen gesteckt, die andere Hälfte hing heraus. des Bedauerns mit den Schultern und wollte weitergehen, doch Robert rief sie noch mal zurück. »Deine Chefin, ist die wenigstens da?« »Die Heidi ist da«, antwortete die Bedienung. »Soll ich sie rufen?« »Ich kann auch zu ihr gehen«, antwortete Robert, »wo ist sie denn?«

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 117

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Heimat-Heidi – 37 –

Liebe und Vertrauen

Stefanie Valentin

Robert Irding stieg aus seinem Sportwagen, bückte sich, sah sich kurz im Außenspiegel an, fuhr sich mit einer raschen Bewegung durch die Haare, lächelte zufrieden und betrat dann den Bergerhof, wo er nacheinander in alle Gaststuben blickte, wobei er nach allen Seiten freundlich und wie nach Beifall heischend lächelte.

»Ist die Heike net da?« wollte er schließlich von Gerti, der langjährigen Bedienung des Bergerhofs wissen.

»Welche Heike?« Gerti sah den feschen und sehr gut gekleideten Burschen fragend an.

»Ja, welche Heike denn?« Robert schüttelte theatralisch lächelnd den Kopf. »Die Gradner-Heike natürlich. Als wenn ich eine andere Heike meinen könnt’.«

»Nein, die Heike ist net da, und sie war auch heut’ net da«, antwortete Gerti.

»Das gibt’s doch gar nicht«, murmelte der groß gewachsene Bursche, der an der linken Hand einen dünnen Lederhandschuh trug, den anderen hatte er zur Hälfte in eine der Gesäßtaschen gesteckt, die andere Hälfte hing heraus.

Gerti zuckte zum Zeichen

des Bedauerns mit den Schultern und wollte weitergehen, doch Robert rief sie noch mal zurück. »Deine Chefin, ist die wenigstens da?«

»Die Heidi ist da«, antwortete die Bedienung. »Soll ich sie rufen?«

»Ich kann auch zu ihr gehen«, antwortete Robert, »wo ist sie denn?«

»In der Küche. Ich würd’ dir aber net raten, dorthin zu gehen, die Luise mag nämlich net, wenn wer ungebeten in ihr Reich eindringt.«

Robert lächelte dünn, als wolle er sagen, daß dies für ihn garantiert nicht gelte.

»Zur Küche geht’s doch hinten durch und dann ist’s die Schwungtür, oder?« Er sah Gerti fragend an.

»So ist es«, antwortete die lachend, »aber wie gesagt, ich rat’ dir grundsätzlich ab.«

Robert kümmerte sich nicht um Gertis gutgemeinte Ratschläge, sondern ging am Thekenbereich vorüber in Richtung Küche, deren Tür er unangeklopft schwungvoll aufstieß.

Luise sah kurz in seine Richtung und noch bevor Robert einen Ton sagen konnte, rief sie laut: »Raus...!«

»Ich wollt’ nur fragen, ob...!«

»Raus«, ließ Luise nicht mit sich handeln und zum Zeichen, daß sie es ernst meinte, nahm sie eine Schöpfkelle in die Hand und tat einen Schritt in Roberts Richtung. Der drehte sich auf dem Absatz um und verließ die Küche des Bergerhofs, ging schimpfend zu seinem Wagen, stieg ein und fuhr mit durchdrehenden Reifen davon.

»War er da?« fragte Gerti, als sie kurz darauf die Küche betrat.

Heidi lachte noch. Sie saß am Tisch und schrieb Bestellungen auf einen Zettel.

»Der hat vielleicht dumm geschaut«, sagte sie. »Warum hast ihn denn net gewarnt?«

»Ich hab’ ihn gewarnt«, erwiderte Gerti, »aber er hat ganz den Coolen gespielt und nicht hören wollen.«

»Und wer nicht hören will, muß fühlen«, murmelte Luise, die dabei war Teig für ein Nudelgericht zu kneten. »Was hat der nette Herr Irding denn wollen?« fuhr sie fort. »Der kommt doch sonst kaum her zu uns, den hat doch was hergebracht.«

»Er hat nach der Heike gefragt«, antwortete Gerti.

»Nach welcher Heike?« wollte Heidi wissen.

»Genau das hab’ ich von ihm auch wissen wollen, als er nur den Vornamen gesagt hat«, erwiderte Gerti.

»Und? Wie hat er reagiert, der feine Herr? Pampig?« Luise sah das nette Mädchen fragend an.

»Pampig net«, erwiderte Gerti, »er hat den ganz Überlegenen gemimt und so getan, als müßt’ ich wissen, daß er ausschließlich die Gradner-Heike gemeint haben könnt’.«

»Die Gradner-Heike?« Heidis Stimme klang erstaunt. »Was hat das Madel denn mit diesem... dem Robert Irding zu tun?«

»Wolltest du zuerst Kotzbrocken sagen?« Luise lachte. »Du kannst es ruhig aussprechen. Man sollte die Dinge immer so aussprechen, wie sie sind.«

»Also, komisch ist er schon irgendwie.« Heidi schüttelte den Kopf. »Aber ein Kotzbrocken ist er eigentlich net. Eher ein Möchtegern, der meint, mit seinem ererbten Vermögen jetzt den Großspurigen spielen zu können.«

»Gar so weit ist’s mit dem ererbten Vermögen net her«, sagte Gerti. »Er muß, weil er net in grader Linie mit der Leiner-Magda verwandt gewesen ist, ganz schön was an Erbschaftssteuer zahlen.«

Heidi nickte. »Ja schon, aber da bleibt doch noch einigermaßen was übrig.«

»Sicher«, Gerti nickte, »aber es ist durchaus überschaubar. Es verkehren Gäst’ bei uns, deren Vermögen ist ungleich größer. Aber da wirst nie einen Ton hören. Das ist bei dem Irding-Robert anders. Da hörst die Tön’ schon, wenn du ihn noch gar net gesehen hast.«

Luise ging zu einer Schüssel, nahm sie und streute Mehl daraus auf die Tischplatte, auf der sie dann den Teig ausbreitete und mit dem Nudelholz ausrollte.

»Was alles net erklärt«, sagte sie, »warum er nach der Gradner-Heike gefragt hat. Die beiden passen nämlich zusammen wie Feuer und Wasser.«

»Du meinst, er hätt’ beziehungsmäßig nach ihr gefragt?« Heidi sah Gerti an. »Hat er das wirklich?«

Die nickte. »Ich glaub’ schon. In dem Moment bin ich jedenfalls davon ausgegangen.«

»Dann hat sie sich blenden lassen«, sagte Luise, »anders kann ich es mir net erklären.«

»Wo die Liebe hinfällt, da kann kein anderer hineinreden«, sagte Heidi. »Das hast doch schon oft genug erlebt.«

»Und oft genug ist’s schiefgegangen, das hast auch erlebt«, fügte Luise hinzu.

Heidi zuckte mit den Schultern. »So ist es. Aber das liegt

in der Natur der Dinge. Gefühlen ist man halt ausgeliefert, jedenfalls wenn man jung ist.

Mit zunehmendem Alter klärt sich manches ab, wobei ich mir noch nicht schlüssig bin, ob ich das begrüßen oder bedauern soll...!«

*

Heike Gradner war großgewachsen, hatte wunderschöne dunkle Haare, braune, manchmal ein wenig verträumt dreinsehende Augen, die am schönsten aussahen, wenn sie lachte, und das tat sie oft.

Heike war die Tochter von Meinrad Gradner, der ein gutgehendes Elektroinstallationsgeschäft betrieb und der seit dem frühen Tod seiner Frau mit Heike und ihrem um zwei Jahre älteren Bruder Hans, in einem wunderschönen Haus am Ortsrand von Vorderstein lebte.

Heike hatte eine Banklehre absolviert, doch nach der Lehre hatte sie die Bank verlassen, um ihres Vaters kaufmännische Arbeiten zu erledigen, was nicht wenig war, denn außer Hans waren noch vier weitere Gesellen beschäftigt.

Den Haushalt richtete die Josefa, eine ältere, ledig gebliebene Schwester Meinrads.

»Der Herr Irding hat angerufen«, sagte Josefa beim Mittagessen zu Heike, wobei sie sich Mühe gab, schriftdeutsch zu reden, was sie immer dann tat, wenn sie wen auf den Arm nehmen wollte. »Er hat sich ein wenig ungehalten gegeben, weil du ihn versetzt hättest.«

»Wieso redest du so komisch?« fragte Heike. »Und wieso nennst du den Robert ›Herr Irding‹?«

»Weil er sich am Telefon so gemeldet hat«, antwortete Josefa.

»Ja und, der Vati meldet sich auch mit seinem Namen, Gradner sagt er.«

»Aber net Herr Gradner«, erwiderte Josefa.

Hans grinste übers ganze Gesicht. »Hat er sich wirklich mit Herr Irding gemeldet?«

Seine Tante nickte. »Ja, hier ist Herr Irding, kann ich bitte die Heike sprechen.«

Heikes Vater hatte bisher nichts gesagt, man sah ihm aber an, daß ihn das Gespräch amüsierte.

»Und du?« wollte er jetzt wissen, »wie hast du reagiert?«

»Ich hab’ geantwortet, daß das Fräulein Gradner nicht anwesend sei.«

Hans prustete los und schlug sich vor Vergnügen auf die Schenkel.

»Er ist schon ein Volldepp, der Robert«, sagte er. »Dabei war er mal gar net so übel. Erst seit er geerbt hat, spielt er den Großmächtigen.«

»Jetzt seids still«, erwiderte Heike, »der Robert ist ein lieber Mensch.«

»Schwesterherz, bist am End tatsächlich so verliebt, daß du das Wesentliche net erkennst?« Hans sah Heike mit bedauerndem Blick an.

»Was ist deiner Ansicht nach denn das Wesentliche?« Heike erwiderte den Blick ihres Bruders.

Doch der antwortete nicht, sondern zuckte mit den Schultern und meinte, er werde sich nicht weiter äußern.

»Das ist auch gescheiter so«, sagte sein Vater. »Es redet dir auch keiner rein, wenn du ein Madel nett findest. Und da wär’ bei manch einer wirklich was zu sagen gewesen.«

Hans grinste. »So? Wär’s das?«

»Jetzt hörts auf zu streiten«, sagte die Josefa, »das Essen wird kalt und was die Heike tut, ist wirklich alleine ihre Sach’.«

»Auch wenn sie den Robert Irding heiratet?« Hans sah seine Tante mit großen Augen fragend an.

»Das... auch das wär’ dann ihre Sach’«, antwortete die Josefa.

»Wieso redet ihr über Dinge, die euch erstens nix angehen und über wen, den ihr gar net kennt?« Heike sah ihren Bruder und ihre Tante fragend an. »Oder kennst du den Robert so gut, daß du dir ein Urteil erlauben kannst?«

»Kennen«, erwiderte die Josefa, »was heißt schon kennen? Ich weiß wer er ist, geredet hab’ ich noch nix mit ihm.«

»Das ist ja nicht viel«, sagte Heike, dann sah sie ihren Bruder an. »Und du? Wieviel von Robert Irding kennst du?«

Hans zuckte mit den Schultern. »Herrschaftseiten, was soll ich da sagen? Kenn wär’ zu viel gesagt. Der Robert und ich, wir haben net den gleichen Umgang, deshalb würd’ ich sagen, ich kenn’ ihn net.«

»Kennen tut ihr ihn also beide net«, sagte Heike, »aber urteilen traut ihr euch zu. Das ist ja interessant.«

»Ist schon recht«, murmelte Hans, »ich sag’ nix mehr gegen ihn. Aber ob ich ihn so wie ich ihn kenn’ mag, das ist dann schon noch meine Sach’.«

Heike nickte. »Ganz allein deine Sach’ ist das.«

»Ich werd’ auch nix mehr sagen«, erwiderte die Josefa, »und wenn ich mir’s recht überleg’, dann hast recht, Madel. Alles was deine Burschen angeht, da hast allein du das Sagen.«

Heike lachte und war zufrieden. Das Essen verlief danach in entspannter Atmosphäre, wie sonst auch. Mittags, wenn alle gegessen hatten, fuhr Hans zurück in den Betrieb, beziehungsweise dorthin wo er gerade arbeitete, während sein Vater sich ein wenig hinlegte.

In einer Stunde, solange würde Heike der Josefa zur Hand gehen, würden Vater und Tochter zurück in den Betrieb fahren, der am Ortsrand von Oberstdorf angesiedelt war.

Als ihr Vater vom Ruhen kam, sah er Heike schon ein wenig komisch an, sie empfand es jedenfalls so und als sie im Wagen saßen, um in den Betrieb zu fahren, räusperte er sich.

»Hast was?« fragte sie, wobei sie ihren Vater aufmerksam ansah.

Der nickte. »Ja.«

»Was denn?«

»Ist was dran, was der Hans eben gesagt hat?«

»Was genau meinst denn?«

»Daß du und der Robert heiraten wollt?«

Da war es heraus. Heike hatte zwar nicht damit gerechnet, daß sie so rasch darüber würde reden müssen, aber dem eigenen Vater konnte sie ja schlecht die Auskunft verweigern und ihn anlügen, kam schon mal gar nicht in Frage.

»Wir haben mal darüber geredet, ja«, sagte sie.

»Aha«, murmelte Meinrad Gradner, »dann magst ihn also tatsächlich.«

Heike nickte. »Ja, ich mag den Robert.«

»Und zwar so, daß es zum Heiraten reicht...!«

Heike atmete tief durch. Sie war der Ansicht, jetzt genug Auskünfte gegeben zu haben. Deswegen sagte sie: »Das werd’ ich dir irgendwann mal sagen, jetzt jedenfalls net.«

»Ist schon recht«, murmelte ihr Vater, »wenn es so weit ist, dann mußt eh mit mir reden.«

»Wieso?« Heike sah ihren Vater neugierig an.

»Na, wenn man heiratet, dann bringt man was mit in die Ehe«, antwortete der. »Und der Robert wird genauso denken. Auch, wo er jetzt das Erbe seiner Großtante angetreten hat.«

»Ich glaub’ net, daß der Robert besonderen Wert auf ein großes Vermögen legt«, entgegnete Heike. »Ich glaub’ vielmehr, daß er einfach nur glücklich sein will.«

»Mit dir...?«

Heike nickte. »So ist es, mit mir.«

*

Theres Irding war Roberts Großmutter und sie war die Schwester jener Magda Leiner, die dem Robert ihr ganzes, nicht unbeträchtliches, Vermögen hinterlassen hatte.

Robert und seine Großmutter hatten inzwischen ihr eher bescheidenes Haus in Hinterjoch aufgegeben und waren in Magdas Anwesen umgezogen, das ein Stück talaufwärts gelegen war und als eines der schönsten Anwesen der Gegend galt.

»Über kurz oder lang mußt dir ein Madel fürs Haus nehmen«, sagte die Theres, »denn daß ich dir hier auch wieder die Arbeit mach’, das kannst vergessen. Ich hab’ meine Pension und komm’ gut damit aus. Zum ersten Mal können wir adäquat leben und du vertust deine Zeit damit, hinter irgendwelchen Madeln herzurennen.«

»Ich renn’ hinter niemand her«, erwiderte Robert.

»Und die kleine Gradner, was ist damit?« fragte seine Großmutter.

»Der Heike renn’ ich net hinterher«, antwortete Robert, »sie ist mein Madel.«

»Dann bring sie doch mal mit«, forderte seine Großmutter Robert auf.

Der tat erstaunt. »Willst du das wirklich?«

Theres Irding war Lehrerin gewesen und hatte stets auf Etikette und die nötige Distanz zu anderen wert gelegt. Vor allem in früheren Jahren. Später war sie dann zugänglicher geworden, wenn sie auch heute noch keine Herzlichkeit verströmte.

»Wieso nicht?« erwiderte sie. »Das Madel stammt aus einer ordentlichen Familie, sie hat Abitur und man kann wirklich nichts gegen sie sagen.«

Robert lächelte. Das war ganz seine Großmutter, wie er sie immer gekannt hatte.

»Ich werd’ sie fragen«, antwortete er, dann stand er auf.

»Wo willst du hin?« fragte seine Tante die Theres.

»Liebe Großmutter«, antwortete Robert, »ich habe kein festes Ziel und wenn ich eines hätte, dann wüßt’ ich nicht, ob ich es dir sagen sollte. Ich möchte einmal von dir unkontrolliert tun können, was mir gerade in den Sinn kommt.«

Theres tat erstaunt, blieb jedoch eine Antwort schuldig. Sie zog lediglich die Augenbrauen hoch, als Robert die Stube verließ.

Der zog sich um, was er neuerdings mehrfach am Tag tat, dann ging er zu seinem Sportwagen, einem knallroten Porsche, den er sich gekauft hatte, gleich als er das Erbe seiner kinderlos gebliebenen Großtante angetreten hatte.

Robert hatte Heike in der Oberstdorfer Bankfiliale kennengelernt, wo beide gearbeitet hatten und wo Robert als Anlageberater beschäftigt gewesen war. Nach dem Antritt des Erbes hatte er nach wenigen Wochen schon gekündigt, weil er der Ansicht gewesen war, genug mit der Verwaltung seines eigenen Vermögens zu tun zu haben.

An jenem Morgen fuhr er nach Oberstdorf, um seiner Bank einen Besuch abzustatten, was er regelmäßig tat.

»Servus, Robert«, begrüßte ihn ein ehemaliger Kollege, »begibst du dich wieder mal in die Niederungen des gewöhnlichen Lebens?«

Anfangs hatte Robert über solche Sprüche gelacht, denn sie hatten ihm geschmeichelt. Doch inzwischen mochte er sie nicht mehr, er fühlte sich nicht ernst genommen, was eines seiner Hauptprobleme war.

»Ist der Gerald da?« fragte er, ohne auf seines ehemaligen Kollegen Stichelei einzugehen.

Der nickte. »Er ist wohl in einem Beratungsgespräch.«

Gerald war Roberts Nachfolger, er hatte lange mit ihm zusammengearbeitet und sie hatten sich auch privat immer gut verstanden.