Ins Herz - Ben Lehman - E-Book

Ins Herz E-Book

Ben Lehman

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Beschreibung

Sven Paulsen hat gerade sein Mathematikstudium in Hamburg mit Bestnote abgeschlossen und zieht nun wegen seines ersten Jobs, einem sehr begehrten Arbeitsplatz bei einer großen Versicherungsgesellschaft, nach München, worauf er sich sehr freut. Denn in München soll ja richtig was los sein, vor allem in Schwabing, wo er seine erste eigene Wohnung bezieht. Schnell lernt Sven durch seine Arbeitskollegen Lena kennen, mit der es gleich am ersten Abend funkt. Da seine Wohnung nur provisorisch eingerichtet ist, begibt er sich nach der Arbeit immer wieder auf Einkaufstour. So auch an seinem dritten Tag in Schwabing, an dem er abends mit Lena zum Essen verabredet ist. Plötzlich stolpert er quasi über eine Menschenansammlung und überall ist Polizei. Neugierig gesellt er sich unter die Schaulustigen: Da liegt in ihrem eigenen Blut eine hübsche junge Frau, ein Messer mit einem auffallenden Griff steckt ihr in der Brust! Offensichtlich stammt sie aus dem Rotlichtmilieu. Direkt vor sich erkennt Sven die einzigen Nachbarn in seinem Haus, die er bisher zu Gesicht bekam. Und als die Polizei die Menschenmenge auflöst, geht er hinter den beiden her und hört ihr merkwürdiges Gespräch zu diesem Mord. Das würde der Schlampe Recht geschehen, meint der Mann zu seiner Freundin. Diese hält ihn davon ab, weiter zu reden. Doch was dann geschieht, ist mehr als seltsam: Als er sich bemerkbar macht, die beiden begrüßt und ein Gespräch über den Mord beginnt, leugnen diese, etwas gesehen zu haben – und das, obwohl sie in der Menschenmenge direkt vor ihm standen! Sofort ruft Sven Lena an, um ihr von diesem komischen Erlebnis zu berichten. Noch weiß er nicht, dass Lena bei der Kripo ist. Und er kann auch nicht ahnen, dass er seine Nachbarn besser nicht angesprochen hätte, denn von nun an gerät er von einem Schlamassel in den nächsten – und zwar in lebensbedrohliche Situationen.

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Inhaltsverzeichnis

Ins Herz

1.

2.

3.

4.

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6.

7.

8.

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20.

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29.

30.

31.

32.

Weitere Kriminalromane aus München:

Impressum:

Texte: © Copyright by Ben Lehman Umschlag: © Copyright by Ben Lehman Verlag: Ben Lehman

Von-der-Tann-Straße 12 82319 [email protected]

München ist eine beliebte Stadt, doch sie hat auch sehr unterschiedliche Gesichter. Menschen aus aller Welt kommen in unsere Stadt, oft als Gäste, manche bleiben für immer.

Doch nicht jeder Neuankömmling hegt edle Absichten. Kommissar Wanninger, leitender Ermittler der Mordkommission München mit seinem Team, hat manch schwierige Nuss zu knacken. Das ist Tagesgeschäft von erfahrenen Ermittlern, die überwiegend im Hintergrund arbeiten.

Dieser erste Krimi meiner München-Serie beginnt in Hamburg. Plötzlich finden sich alle in München wieder.

Schön, wenn Ihnen mein Krimi gefällt. Ich freue mich besonders, wenn Sie anschließend an eine Beurteilung denken. Wir Autoren leben davon.

Vielen Dank,

Ben Lehman

Ins Herz

Erster München-Krimi

1.

Ein lauer Sommerabend, Donnerstag der 7. August, kurz nach acht Uhr. Sven Paulsen hatte verschiedene Einkäufe in der Innenstadt erledigt und schleppte diese nach Hause. Auch wenn die ersten Arbeitstage in einem neuen Unternehmen immer besonders stressig sind, musst du zusätzlich am Abend den inneren Schweinehund überwinden und auch noch dein neues privates Leben, zum ersten Mal seit Auszug von zu Hause, organisieren. Gerade aus der Uni raus, ist das alles wirklich nicht so einfach. Vielleicht hat sich jeder von uns den Einstieg in sein Berufsleben ein wenig anders vorgestellt, als er sich später ergibt. Dann auch noch die neue Wohnung einrichten, leider bis jetzt fast gähnende Leere. Gerade mal ein Topf, ein Teller und etwas Besteck von der Mutter, also verdammt wenig, um einen Minihaushalt führen zu können. Trotzdem war er froh, dass er sich diese schicke Zweizimmerwohnung in München leisten konnte, dank der Unterstützung seiner Eltern. Und Schwabing ist sowieso der Traum eines jeden jungen Menschen, wenn auch verdammt teuer. Da soll nämlich das Leben pulsieren, heißt es in Hamburg, seiner Heimatstadt.

Mit der U2 fuhr Sven bis zur Haltestelle Hohenzollernplatz. Von dort ging er die Herzogstraße entlang, nur wenige hundert Meter. Am Helmut-Fischer-Platz wollte er in die Fallmerayerstraße einbiegen, seine neue Heimatadresse. Was für ein doofer Name, Fallmerayerstraße. Klingt irgendwie nach verlorenen Eiern. Wer wird das wohl mal gewesen sein? Gedankenversunken schleppte er während der allmählich hereinbrechenden Dämmerung seine diversen Plastiktüten durch die Herzogstraße. Doch da, Lärm! Überrascht hob er den Kopf. Vorne am Helmut-Fischer-Platz ein gewaltiger Auflauf. Blaulicht! Polizei? Eine Menschenansammlung.

Sven versuchte etwas zu erkennen, doch er war noch zu weit entfernt. Er kam näher heran. Auch die anderen Gaffer reckten die Hälse. Die Polizei wurde ungeduldig: „Weiter gehen! Hier gibt‘s nichts mehr zu sehen!“

Doch darum kümmerte sich natürlich niemand. Mit seinen Plastiktüten konnte Sven sich nicht so elegant durchschlängeln. Also ging er um den Auflauf herum, es wurden von Minute zu Minute mehr Zuschauer. Da stand, ebenfalls mit langem Hals, ein jüngeres Paar, das er kannte, weil es direkt ihm gegenüber wohnte, in derselben Etage. Die einzigen Mitbewohner, die er bis jetzt überhaupt wahrgenommen hatte. Schließlich entdeckte er eine kleine Lücke und machte genau so einen langen Hals wie alle anderen. Und da sah er sie direkt vor sich liegen. Eine junge Frau. Tot. Sven schätze sie auf vielleicht zwanzig bis fünfundzwanzig Jahre, das schreckliche Aussehen musste man einfach übersehen. „Wer tut denn so etwas?“, dachte Sven. Sie hatte feuerrot geschminkte Lippen. In ihrer Brust steckte ein langes Messer mit dunklem Holzgriff. Ein ungewöhnlicher, kunstvoll geschnitzter Holzgriff. Überall Blut, Blut, Blut. „Seltsam“, dachte Sven beiläufig und schüttelte den Kopf. Wieso lässt ein Mörder so eine auffällige Tatwaffe zurück? Vielleicht wurde er gestört, nachdem er seine blutige Tat begangen hatte? Die Leute von der Spurensicherung arbeiteten konzentriert und sorgfältig. Alle trugen dünne Plastikhandschuhe. Manchmal nickten sie sich zu. Offensichtlich hatten sie DNA-Spuren gesichert. Auf die noch immer anwachsende Menge Schaulustiger achteten sie nicht.

Ein weiteres Polizeiauto stoppte. Vier Beamte öffneten gleichzeitig die Türen und eilten mit entschlossenem Gesichtsausdruck auf die Neugierigen zu: „Ihr geht jetzt alle nach Hause, verstanden!“

Da auch diese Aufforderung ignoriert wurde, rückten sie nebeneinander Schulter an Schulter wie eine Mauer zusammen und drängten die Leute einfach weg. Mit scharfer Stimme rief der Kräftigste von ihnen: „In spätestens einer Minute seid ihr alle verschwunden, sonst …“

Mit dem drohend herausgezogenen Gummiknüppel wurde ein gewisses Einsehen erreicht. Langsam setzte sich einer nach dem anderen in Bewegung, nicht ohne weiterhin den Kopf nach hinten zu drehen. Als die vier starken Männer sich der Gruppe um Sven näherten, erreichten sie auch hier schnell die geforderte Auflösung der Menschenmenge. Sven machte sich langsam auf den Weg nach Hause, die Fallmerayerstraße entlang. Ein paar Schritte vor ihm ging wieder jenes Paar, das die Wohnung direkt gegenüber im selben Haus bewohnte.

Als er sich den beiden näherte, hörte er, wie der Mann aufgeregt zu seiner Begleiterin zischte: „Musste ja so kommen. Hat sie echt verdient. Diese Schlampe!“

„Sei still“, antwortete sie, „wenn dich jemand hört.“

„Und dann steht auch noch dieses Schwein hinter mir! Dachte, der ist aus meinem Dunstkreis endgültig verschwunden.“

„Wen meinst du?“

Der Mann warf einen kurzen Blick zurück. Als er Sven hinter sich sah, flüsterte er: „Still! Dreh dich nicht um!“

Die ziemlich aufgedonnerte Begleiterin schien überrascht und flüsterte daraufhin ebenfalls: „Wer ist denn das?“

„Pst!“

Sven erschrak. Meinte der vielleicht ihn, Sven? Was sollte diese Bemerkung? Er stutzte und beschloss, einen Augenblick stehen zu bleiben, um den Abstand wieder zu vergrößern. Man kann ja nie wissen, was solchen Typen einfällt. Schließlich hustete er betont und ging schnellen Schrittes an dem Paar vorbei: „Hallo“, grinste er im Vorbeigehen.

„Wir kennen uns doch, oder?“, knurrte der Mann ziemlich böse. Sven hatte den Eindruck, dass er nervös war.

„Klar“, antwortete Sven entschlossen, „wir sind doch Nachbarn.“

Sie drückte ihren Ellenbogen in die Seite ihres Begleiters: „Natürlich, Joe, das ist der junge Mann, der letzte Woche gegenüber eingezogen ist.“

Joe knurrte leise zu seiner Begleiterin: „Auch das noch!“

„Schlimme Sache, nicht wahr!“, bemerkte Sven.

„Wie? Was?“, stotterte der andere.

„Ich meine den Mord.“ Sven deutete nach hinten.

„Was für einen Mord? Wir haben nichts gesehen.“

„Aber …“ Sven war überrascht, weil er doch die beiden deutlich im Kreis der Gaffer erkannt hatte.

Doch sie winkte ab und lächelte Sven zu: „Ist schon in Ordnung, Herr Nachbar. Wir sehen uns!“

Daraufhin beschleunigte Sven seine Schritte, erreichte bald die Haustür und schloss auf. Das Paar folgte ihm. Sie wohnten alle im dritten OG. Sven drückte den Liftknopf. Das Paar zog allerdings die Treppe vor. Warum gehen die mir aus dem Weg, überlegte Sven und schüttelte wieder verwundert den Kopf.

***

Sven hatte sein Mathematikstudium hervorragend abgeschlossen und deshalb einen der begehrten Arbeitsplätze bei einer großen Versicherungsgesellschaft in München in der Kaulbachstraße ergattert. Sie waren eine Gruppe von fünf Mathematikern, die an einem gemeinsamen Projekt arbeiteten. Ihre Aufgabe war es, einen nach neuesten Gesichtspunkten aufgebauten Tarif zu entwickeln, der sowohl das demografische Problem als auch die immer weiter fallenden Zinsen am Kapitalmarkt berücksichtigen musste. Sie hatten sich ihre Arbeitsplätze hinter einer großen Stellwand interessant eingerichtet und mit verschiedenen Grünpflanzen umgeben. Sie waren junge Leute, ausgenommen Liane Haberland, die wahrscheinlich doppelt so alt war wie der älteste der übrigen vier. Vielleicht war sie aber auch nur die Gesichtsälteste. Die anderen drei Mathematiker hießen Sabine Schnell, Ralf Schubert und Martin Zellner. Sven wurde nett aufgenommen, es wurde ihm sofort das Du angeboten. „Ist bei uns so üblich“, hatte Ralf erklärt.

Als Sven an diesem Morgen an seinem Schreibtisch ankam, beugten sich seine neuen Kollegen bereits über die Tageszeitung, die vor Liane geöffnet lag. Da stand es in fetten, roten Lettern:

Brutaler Mord in Schwabing-West

Eine junge Frau wurde gestern am Helmut-Fischer-Platz ermordet aufgefunden. Ihr Name konnte noch nicht ermittelt werden. Wer kennt diese junge Frau? Sachdienliche Hinweise bitte an …

Und so weiter und so weiter. Das Foto war offensichtlich aufbereitet und zeigte nur den Kopf der Frau. Der schreckliche Anblick sollte den Lesern erspart bleiben. „Klar“, dachte Sven, „Photoshop macht‘s möglich.“

„Ich hab das Mordopfer gestern gesehen, als ich auf dem Weg nach Hause war“, sagte Sven, nachdem er die Schlagzeile gesehen hatte. „Es ist ganz in der Nähe meiner Wohnung passiert.“ Alle vier Köpfe schossen hoch. Sven musste berichten, es wurde darüber lange diskutiert.

„Schrecklich“, meinte Liane schließlich. „An jeder Ecke kann der Tod auf dich lauern.“

„Na, na, Liane“, erhob Ralf Einspruch. „Es kann schon überall ein Mord passieren. Aber nicht an jeder Ecke.“

„Du hast leicht reden“, antwortete Liane bitter, „ihr Männer könnt euch viel besser verteidigen. Die Opfer, die am brutalsten behandelt werden, sind immer Frauen. Das musst du doch zugeben.“

„Ja, schon, aber schau sie dir an.“

„Habe ich. Und, was sehe ich? Eine junge, nette Frau.“

„Aus dem Rotlichtmilieu.“

„Nur weil sie stark geschminkt ist?“

„Nicht geschminkt, aufgedonnert! Und das bereits am Nachmittag.“

„Hört auf“, versuchte Martin Zellner die Diskussion zu beenden. „Nichts ist bewiesen. Ich schlage vor, wir warten erst einmal ab.“

Sabine wechselte das Thema: „Wie fühlst du dich denn so am dritten Arbeitstag in der großen Stadt, Sven?“

„Hamburg ist mindestens genauso groß.“

„Aber Hamburg ist für dich nicht fremd.“

„Ja, ja. Geht schon“, antwortete Sven, „ist eben alles neu, die Arbeit, die Wohnung.“

„Und die Leiche?“, gackerte Ralf.

„Muss ich nicht wirklich haben.“

„Hast du Lust, heute Abend mitzukommen?“, schlug Sabine vor. „Wir treffen uns jeden Freitag mit Freunden in unserer Stammkneipe PERKEO in der Leopoldstraße. Eine Freundin hat heute Geburtstag. Da lernst du gleich wieder ein paar nette Leute kennen.“

„Super“, lachte Sven, „ich komm gerne. Ich muss vorher nur noch verschiedenes einkaufen.“

„Immer mit der Ruhe“, meinte Martin, „vor neun taucht sowieso keiner auf. Jeder hat vorher einiges zu erledigen.“

Wieder kam Sven am Abend mit Tüten beladen nach Hause. Er hatte begonnen, seinen kleinen Haushalt aufzustocken. Für den nächsten Tag, Samstag, plante er einen etwas größeren Lebensmitteleinkauf, damit er nicht jeden Abend lossausen musste. An den Lebensmitteleinkauf musste er sich noch gewöhnen, das hatte zu Hause immer seine Mutter erledigt. Als er am Helmut-Fischer-Platz vorbeikam, erinnerte fast nichts mehr an das schreckliche Drama vom letzten Abend. Sie hatten es jedoch nicht geschafft, das Blut völlig zu entfernen. Die dunklen Flecken waren nicht zu übersehen. Der nächste Regen wird das übernehmen, überlegte er, dann ist alles Vergangenheit, auch die junge Frau, wer immer sie war.

In seiner Wohnung angekommen, verstaute er den Einkauf, wenigstens besaß er bereits ein paar einfache Möbel, auch einen Tisch und zwei Stühle, alles im Baumarkt erstanden und selbst zusammengebaut.

Ein Blick auf die Uhr, es war kurz vor halb neun. Schnell unter die Dusche, dann anziehen und zehn Minuten vor neun machte er sich auf den Weg zum ersten Treffen mit seinen neuen Kollegen in deren Stammkneipe PERKEO. Obwohl er nur einen kleinen Fiat 500 besaß, der auch in die kleinste Lücke passt, ließ er ihn in der Tiefgarage stehen. Am Abend findest du in Schwabing niemals, auch nicht für das kleinste Auto, einen Parkplatz. Bis zur Leopoldstraße ist es ohnehin nur ein Katzensprung, die Hohenzollernstraße verbindet diese mit der Fallmerayerstraße, es sind gerade mal zehn Gehminuten.

Schwabinger Atmosphäre empfing ihn, als er die Tür zum PERKEO öffnete. Sabine entdeckte ihn zuerst und winkte ihm zu. Am Tisch seiner Kollegen saßen noch drei weitere junge Leute. Sven wurde Lena, Florian und Thomas vorgestellt. Sven registrierte blitzschnell, dass Lena eine besonders attraktive Frau war. Groß, schlank, sportliche Figur, lange dunkle Haare, gewinnendes Lächeln, genau sein Typ. Er hatte den Eindruck, dass auch sie ihn etwas länger fixierte. Zufällig konnte er sich zwischen sie und Thomas quetschen.

„Ich kann mich auch auf die andere Seite von Thomas setzen“, bemerkte Sven zu Lena, als er bereits saß „will euch nicht auseinander drängen.“

Lena grinste verständnisvoll: „Keine Sorge, bleib nur sitzen. Wir drei sind Kollegen und sehen uns sowieso jeden Tag von früh bis spät.“

„Damit ist das auch geklärt“, dachte Sven zufrieden.

„Kennst du unser berühmtes Weißbier?“, wollte Martin wissen.

„Gibt’s bei uns auch. Aber ich hab es noch nie getrunken.“

Sven bestellte ein Weißbier, dann wurde einander zugeprostet. Die Männer tranken Bier, überwiegend helles Bier, die Frauen Wein. An diesem Abend konnten sie es ohne Angst um ihren Führerschein so richtig krachen lassen. Alle waren entweder zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln gekommen.

Lena war das Geburtstagskind. Immer wieder ließen sie sie hochleben.

Liane bemühte sich, eine kleine Geburtstagsrede zu halten, wurde jedoch von immer neuen Glückwünschen unterbrochen. Schließlich stand sie auf und versuchte den hohen Lärmpegel zu übertönen: „Jetzt hört mir endlich mal zu! Ihr verquatscht mir meine ganze Rede. Also, liebe Lena, wir freuen uns, dass du deinen Geburtstag mit uns verbringst und dass wir dich so richtig hochleben lassen können.“

„Jawoll, Prosit Lena, Prosit, Prost …“

Lena war total aufgedreht und rief: „Ich danke euch. Ich danke euch aus vollem Herzen. Wie schön, dass ich euch habe. Gerade heute kann ich das wirklich brauchen. Ihr wisst ja gar nicht …“

„Wir wissen alles“, rief Florian, der bereits einen kleinen Schwips hatte.

„Na gut, dann wisst ihr eben alles.“ Lena gab sich geschlagen.

Die musikalische Untermalung war inzwischen deutlich lauter geworden. Sven kam die Lautstärke nicht ungelegen, er musste Lena immer näher rücken, damit sie seine Worte verstehen konnte. Sie nahm es auch hin, anscheinend nicht ungern, dass Sven seinen Arm um ihre Schulter gelegt hatte. Svens Kollegen hatten natürlich schnell registriert, dass er von Anfang an auf Lena flog. Das schien auf Gegenseitigkeit zu beruhen, deshalb überraschte es niemanden, als die beiden später gemeinsam aufbrachen und ihren Heimweg antraten. Glücklicherweise wohnte Lena in der Bauerstraße, also bis zum Kurfürstenplatz derselbe Weg. Dort angekommen, schlug Sven vor, Lena seine neue Wohnung zu zeigen. Sie war einverstanden.

„Ich hab aber noch nicht so viele Möbel“, entschuldigte er sich. „Dafür eine Flasche Wein im Kühlschrank.“

„Super“, nickte Lena. „Dann endet der Abend nicht so trocken.“

Als sie am nächsten Morgen aufwachten, lächelten sie sich verliebt an: „Ziemlich eng, dein Bett“, meinte Lena. „Vielleicht besuchst du mich das nächste Mal. Mein Bett ist bequemer. Ich wohne höchstens zehn Minuten von hier entfernt.“

Sven betrachtete Lena nachdenklich. Was für eine attraktive Frau. Er sagte schließlich wie beiläufig: „Und was ist, wenn ich komme und dein Freund überrascht uns, schöne Frau?“

Sie lachte zuerst laut, vielleicht etwas übertrieben laut und antwortete nach einer Weile: „Schöne Frau ist gut. Und Freund habe ich keinen, ääähm, keinen mehr. Ist weg.“

„Wie weg?“

„Einfach weg. Ich möchte jetzt nicht über Roberto sprechen. Vielleicht ein andermal.“

„Roberto?“

„Wie gesagt, bitte ein andermal.“

Ein richtiges Frühstück konnte Sven nicht anbieten, deshalb gingen sie in das kleine Café im Kurfürstenhof, vorne an der Belgradstraße. Sven erzählte Lena bei dieser Gelegenheit von dem Mord am Helmut-Fischer-Platz. Sie hatte natürlich von dem schrecklichen Verbrechen gehört.

„Gegenüber meiner Wohnung in der Fallmerayerstraße, auch im dritten Stock, lebt ein junges Paar.“ Sven deutete in Richtung seines Hauses. „Die scheinen irgendwas über die Sache zu wissen. Der Mann machte so eine merkwürdige Bemerkung, dass diese Schlampe es verdient hätte und dass es so kommen musste.“

„Und das hat er zu dir gesagt?“ Lena war überrascht.

„Nein, nein, ich habe es zufällig gehört, als ich hinter ihnen nach Hause ging. Die haben mich erst später bemerkt.“

„Aha, große Ohren?“

Sven grinste.

„Hast du sie denn angesprochen?“

„Klar, aber ich hab nur hallo gesagt und ihnen später die Tür aufgehalten.“

„Also weißt du sonst nichts?“

„Nein, aber der Typ schien sehr verlegen. Er tat so, als würde er mich kennen, aber das kann nicht sein. Ich hab ihn in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen. Sie hat schneller reagiert und ihn gebremst.“

„Vielleicht kennt er dich, weil ihr Nachbarn seid.“

„Ja, das hat sie auch gesagt. Aber seine Äußerung war trotzdem seltsam. Ich sagte im Vorbeigehen, dass das ein schrecklicher Mord sei. Er stotterte, dass sie beide nichts gesehen hätten. Dabei standen sie direkt vor mir. Also, das stimmt wirklich nicht. Aber warum eiert er so rum? Ist mir doch egal, ob er was gesehen hat oder nicht.“

„Ja, schon seltsam“, nickte Lena, „aber wenn sie Zeuge von Kapitalverbrechen werden, reagieren Menschen oft erstaunlich. Natürlich immer unterschiedlich. Das muss überhaupt nichts bedeuten.“

„Woher weißt du das?“

„Darüber reden wir ein andermal. Ich muss jetzt gehen, die Lebensmittelgeschäfte schließen bald und ich muss noch verschiedenes einkaufen. In meinem Kühlschrank ist gerade Ebbe. Du kommst doch heute Abend, oder?“

„Klar. Wann?“

„Egal. Vielleicht um sieben?“

„Okay.“

„Komm, wir tauschen noch schnell Mailadressen und Telefonnummern aus.“

2.

Am frühen Nachmittag klingelte es an Svens Wohnungstür. Verwundert ging er hinaus und blickte durch den Spion. Er kannte den Mann nicht: „Ja, hallo?“

„Grüß Gott, Herr Paulsen, Hauptkommissar Wanninger hier. Kann ich Sie kurz sprechen?“

„Ja bitte“, antwortete Sven erstaunt und öffnete die Tür. Vor ihm stand ein großer, kräftiger Mann in abgetragener Kleidung. Er hatte einen leidenden Gesichtsausdruck und schien verlegen zu sein. Er könnte irgendetwas sein, zum Beispiel Kraftfahrer, Postbote oder weiß der Teufel was. Nach einem Kriminalkommissar sah er jedenfalls nicht aus. Sven war misstrauisch: „Darf ich Ihren Ausweis sehen?“

Der Kommissar nickte und zog seinen Dienstausweis hervor. Sven betrachtete ihn genau. Kein Zweifel, der Ausweis war echt, ein Hauptkommissar der Kriminalpolizei mit dem bekannten Emblem: „Was wünschen Sie?“

„Ich würde Ihnen gerne ein paar Fragen stellen. Vielleicht nicht an der Tür? Ist das möglich?“

„Bitte treten Sie ein!“

Sven bot ihm einen seiner beiden Stühle an: „Ich wohne erst seit ein paar Tagen hier. Hab mich aber bereits polizeilich angemeldet.“

Der Kommissar winkte ab: „Nein, nein, das ist sicher in Ordnung. Ich komme wegen eines Verbrechens, ganz in Ihrer Nähe. Sie brauchen sich aber keine Sorge zu machen. Das sind lediglich ein paar Routinefragen. Es könnte ja sein, dass Sie irgendetwas beobachtet haben. Das gehört zu unserem Standardprogramm.“

„Meinen Sie diesen Mord, gestern, da vorne am Helmut-Fischer-Platz?“

Der Kommissar nickte: „Genau. Sie wissen davon?“

„Nein, nichts Bestimmtes, die arme Frau! Ich kam gestern Abend zufällig genau an der Stelle vorbei. Ich war einkaufen.“

Der Kommissar schüttelte den Kopf: „Ist schon in Ordnung. Kannten Sie denn diese Frau, ich meine persönlich, oder hatten Sie sie vielleicht mal irgendwo gesehen? War doch eine attraktive Frau, oder?“

„Doch, schon. Aber ich kann mich nicht erinnern, sie zuvor gesehen zu haben. Ich lebe ja erst seit wenigen Tagen hier in München.“

„Ja, ja, sagten Sie bereits“, brummte der Kommissar.

„Wer ist sie denn?“

„Das wissen wir leider noch nicht.“ Er schüttelte den Kopf. „So weit mir bekannt ist, gibt es derzeit auch keine Vermisstenanzeige, die auf diese Person zutreffen könnte. Aber wir werden das sicher bald herausfinden.“

„Und wieso kommen Sie gerade zu mir?“

„Wie gesagt, reine Routine. Aber es gibt schon etwas Interessantes.“

„Und, was soll ich damit zu tun haben?“

„Wahrscheinlich nichts, Herr Paulsen. Aber wir müssen jeder Spur nachgehen. Einer der letzten Anrufe vom Handy des Opfers führte nämlich genau in dieses Haus.“

„Ach“, entfuhr es Sven, „aber bestimmt nicht zu mir.“

„Wahrscheinlich nicht. Vielleicht darf ich trotzdem einen Blick auf Ihr Handy werfen. Sie verstehen, reine Vorsichtsmaßnahme, damit wir Sie aus dem Kreis der Verdächtigen wirklich ausschließen können.“

„Verdächtig? Ich? Und wieso glauben Sie, dass der Anruf in dieses Haus kam?“

„Das können unsere Ortungssysteme feststellen.“

Sven hielt die Luft an: „Na so was! Das überrascht mich. Also zu dem Mord. Wie gesagt, ich kam zufällig vorbei und habe das arme Mädchen liegen sehen. Schrecklich. Dann noch das Messer im der Brust. Wer macht denn so etwas?“

„Bitte Ihr Handy“, sein Ton wurde deutlicher.

„Ja, ja“, erschrak Sven und zog sein Smartphone aus der Tasche. Der Kommissar hielt ein elektronisches Gerät an sein Handy, drückte verschiedene Tasten, notierte einige Werte, nickte mehrmals und gab es Sven schließlich zurück: „Vielen Dank, Herr Paulsen. Die Angelegenheit ist für Sie erledigt. Verbindlich.“

„Natürlich, was sonst? Wahrscheinlich überprüfen Sie auch meine Nachbarn.“ Sven deutete zur Wohnungstür. „Die standen gestern genau vor mir. Wissen so viel oder so wenig wie ich.“

Der Kommissar legte die Stirn in Falten: „Ach ja? Bei dem Paar war ich bereits vorher. Der Mann erklärte mir, dass er kein Handy besitze und auch nichts von dem Verbrechen gesehen oder gehört habe. Und sie hat geschwiegen.“

„Merkwürdig.“ Sven schüttelte den Kopf. „Sie standen auch bei der Leiche, direkt vor mir. Und danach sind wir fast gleichzeitig nach Hause gegangen und haben ein paar Worte gewechselt.“

Die Stirn des Kommissars sah noch immer nach Waschbrett aus: „Dann bedanke ich mich bei Ihnen, Herr Paulsen. Bitte entschuldigen Sie die Störung am Samstagnachmittag.“

Er stand auf und verschwand.

3.

Sven überlegte. Was für ein überraschender Besuch. Und wer wohnt da direkt neben ihm? Hat der vielleicht irgendetwas mit dem Mord am Hut? Die beiden beobachten gemeinsam mit ihm jenes schreckliche Ereignis, machen wenige Schritte später auf dem Nachhauseweg sonderbare Bemerkungen und behaupten trotzdem ihm und heute auch dem Kommissar gegenüber nichts zu wissen und nichts gesehen zu haben. Sven stützte das Kinn in seine Hände und wunderte sich.

Sollte er, oder besser nicht? Doch! Er wählte Lenas Telefonnummer. Sie war auch sofort am Apparat.

„Hallo Sven, was für eine Überraschung. Hoffentlich willst du nicht absagen. Ich koche nämlich gerade was ganz Tolles für uns beide.“

„Klar komme ich. Lena, ich freu mich schon auf heute Abend. Aber mir ist was Merkwürdiges passiert. Ich hatte dir doch von dem Mord erzählt.“

„Ja, natürlich.“

„Ein Kommissar Wanninger von der Kripo war gerade bei mir und wollte mein Handy überprüfen, weil ein Anruf vom Handy der Toten genau zu unserem Haus geführt haben soll. Kann ich mir zwar nicht vorstellen, aber er behauptete es.“

„Das ist ganz einfach“, erklärte Lena, „Telefonate und die jeweilige Position der beiden Rufnummern werden aufgezeichnet und können abgerufen werden.“

„Ja, das sagte der Kommissar, aber woher weißt du das?“

„Ich dachte, du weißt das auch“, wich sie aus. „Du bist doch Mathematiker.“

„Schon, aber kein Informatiker.“

„Na gut.“

„Und dann hat der Kommissar gesagt, dass er meine Nachbarn, du erinnerst dich, die mir gegenüber wohnen, ebenfalls befragt habe. Der Nachbar hätte behauptet, nichts zu wissen. Er habe von dem Verbrechen nichts gesehen und nichts gehört. Und er besitze angeblich überhaupt kein Handy. Kannst du dir das vorstellen?“

„Nein, kann ich nicht. Aber ich muss jetzt Schluss machen und wieder in meine Küche, sonst verbrennt alles. Bis später, Sven, ich freu mich auf dich.“

Ein Blick auf die Uhr, es war gerade 14 Uhr. Sven beschloss, noch verschiedene Sachen einzukaufen, zum Beispiel eine Flasche Sekt für den Abend mit Lena. Er verließ seine Wohnung und ging in Richtung U2. Wieder konnte er es nicht lassen, am Helmut-Fischer-Platz an jener Stelle vorbeizuschauen. Der Blutfleck war inzwischen blasser geworden, aber immer noch erkennbar.

Schwer bepackt kehrte er nach ein paar Stunden zurück. Als er seine Einkäufe eingeräumt hatte, beschloss er, das Verpackungsmaterial vorübergehend in seinem Kellerabteil aufzubewahren. Da der noch völlig leer war, bot es sich dafür an. Wenn du mal einen großen Karton benötigst, suchst du ihn meist vergeblich. Er fuhr mit dem Lift ins Kellergeschoss, öffnete die feuersichere Tür und ging den langen Gang entlang zu seinem Kellerabteil. Die Tür zum benachbarten Kellerteil stand offen. Sein Nachbar, jener Joe, stand mit dem Rücken zu ihm vor einem geöffneten kleinen Karton und schaute nachdenklich hinein, dabei schüttelte er den Kopf. Warum wohl? Sven konnte es nicht lassen. Er ging zwei Schritte auf ihn zu und sagte „Hallo“. Joe erschrak ganz fürchterlich, als er Sven erkannte. Ein Blick in den Karton, Sven spürte, wie sein Atem stockte. Es war ein Pappkarton mit einer Einteilung für sechs Messer. Fünf lagen darin, der Platz für das sechste Messer war leer. Es waren große Messer mit einem dunklen Holzgriff. Sie sahen genauso aus wie die Mordwaffe bei der jungen Frau.

Sven deutete ungläubig auf die Messer. Joe machte eine merkwürdige Bewegung zur Tür und grunzte unverständlich. Sven haspelte: „Diese Messer, wie bei der Leich…“

Weiter kam er nicht. Ein heftiger Schlag von hinten löschte sein Licht aus.

***

Als es sieben Uhr schlug, wusste Lena nicht mehr genau, ob sie eine feste Uhrzeit ausgemacht hatten oder nicht. Es fiel ihr einfach nicht mehr ein. Deshalb wählte sie kurzentschlossen Svens Telefonnummer, um ihn an das fast fertige Abendessen zu erinnern. Nach dem siebten oder achten Klingeln legte sie wieder auf, bestimmt war Sven gerade unterwegs. Inzwischen deckte sie den Tisch. Es wurde ein festlicher Tisch, sie war mit dem Ergebnis voll zufrieden. Ein junger Mann, zum ersten Mal in der Fremde, das hatte er ihr erzählt, ist bestimmt begeistert. Dann wurde es halb acht, keine Spur von Sven. Lena wurde unruhig. Zehn Minuten gehen …, höchstens …, von der Fallmerayer- in die Bauerstraße, doch wo steckte er? Wieder griff sie zum Telefon, kein Sven hob ab. Das schöne Abendessen konnte nicht länger vor sich hin brutzeln. Was tun? Lena war ziemlich ratlos. Ein Unfall unterwegs? Das Haus nicht gefunden? Immerhin war er erst wenige Tage in München. Dann hatte sie die rettende Idee, warum nicht gleich? Sie wählte Svens Handynummer. Leider landete sie auf der Mailbox. „Sven, wo bleibst du?“ Bestimmt vergessen einzuschalten – ach, diese Männer!

Als die Acht-Uhr-Nachrichten begannen, war Lena klar, dass sie handeln musste. Das schöne Essen konnte sie jetzt leider vergessen. Sie nahm mit traurigem Blick alle Töpfe vom Herd und putzte sich die Nase. Hoffentlich hatte sich Sven nicht anders entschieden, nachdem die erste Euphorie ihrer Begegnung verflogen war. Sie hatten doch gemeinsam so wunderschöne Stunden verbracht.

Sie zog ihre Schuhe an und verließ die Wohnung. Eigentlich konnte sich Sven gar nicht verlaufen haben, es gab wirklich nur einen möglichen Weg. Sie ging die Bauerstraße vor bis zu Isabellastraße und von dort in nördlicher Richtung. Nachdem sie die Hohenzollernstraße überquert hatte, war sie auch schon in der Fallmerayerstraße. An seinem Haus angekommen, spähte sie hinauf in den dritten Stock. Alle Fenster seiner Wohnung waren dunkel. Trotzdem klingelte sie. Nichts. Er war nicht zu Hause. Aber wohin konnte er gegangen sein? Vielleicht beim Nachbarn fragen? Diesen Gedanken verwarf sie sofort. Svens Bemerkungen über diesen seltsamen Joe erschienen ihr jetzt für eine Nachfrage nicht geeignet. Als Kriminalinspektorin war ihr Svens Bericht sowieso mehr als merkwürdig erschienen. An diesem Abend wollte sie ihm erklären, dass sie bei der Kripo arbeitete. Ihr Beruf kam bei neuen Bekanntschaften nicht immer gut an. Von Ablehnung über Verständnislosigkeit bis hin zur Beschimpfung war ihr so ziemlich alles passiert. Deshalb hatte sie sich vorgenommen, künftig immer einen geeigneten Zeitpunkt zu wählen. Sie meinte, dass das genau der heutige Abend sein sollte. Und was jetzt? Bei ihren Freunden von der Versicherung anrufen, bei Liane oder Sabine? Sie schüttelte den Kopf. Natürlich hatten die garantiert am Samstagabend nicht die geringste Ahnung, wo Sven geblieben sein könnte. Außerdem wollte sie ihre Gefühle für Sven nicht schon jetzt so deutlich äußern. Zuletzt beschloss sie, sich in das Unvermeidliche zu fügen. Sven wollte vielleicht von ihr nichts mehr wissen, aber warum nicht?

Lena ging enttäuscht nach Hause und packte vom edlen Abendessen alles Einfrierens Werte in das Gefrierfach. Sie öffnete die Flasche Rotwein und trank ein paar Schluck. Als es zehn Uhr war, sprang sie auf und ging noch einmal zu Svens Haus. Alle Fenster waren noch immer dunkel. Was konnte geschehen sein?

4.

Sven spürte ein dumpfes Dröhnen im Kopf, bevor er irgendetwas denken konnte. Wo war er? Mühsam öffnete er das linke Auge. Es war gleißend hell. Diesen Raum hatte er garantiert noch nie gesehen, es schien ein Kellerraum zu sein? Aber nicht sein eigener. Plötzlich kam die Erinnerung zurück. Er war mit ein paar leeren Kartons in seinen Keller gegangen und am Abteil seines Nachbarn, jenem Joe, vorbeigekommen. Die Tür war geöffnet und Joe stand gerade vor einer Kiste mit Fächern für sechs Messer und stierte hinein. Sven war auf ihn zugegangen und hatte wahrscheinlich hallo gesagt. Joe stand mit dem Rücken zu ihm und erschrak, als er angesprochen wurde. Sven schaute in den Karton, fünf Messer lagen in der Kiste, das sechste fehlte. Die Messer sahen genauso aus, wie jenes Messer in der Leiche am Helmut-Fischer-Platz. Mit genau so einem dunklen Holzgriff. An mehr konnte sich Sven nicht erinnern. Doch was war danach geschehen? Und warum konnte er jetzt seine Arme nicht bewegen? Und wo befand er sich überhaupt?

Langsam gewöhnte sich sein Auge an die Helligkeit, er öffnete das zweite. Erschrocken stellte er fest, dass ihm gegenüber jener Joe lag, und zwar an Händen und Füssen gefesselt. Und er, Sven, natürlich genauso, deshalb konnte er weder Arme noch Beine bewegen. Als Joe bemerkte, dass Sven aufgewacht war, murmelte er seltsames Zeug vor sich hin. War er vielleicht verletzt?

„Was ist mit uns? Warum sind wir hier? Wieso sind wir gefesselt?“ Svens Stimme fühlte sich dünn und fremd an.

„Da fragst du noch? Ausgerechnet du, Sven?“, knurrte Joe, seine Stimme klang herrisch, anders, als er sie in Erinnerung hatte.

Sven schnaufte erschöpft: „Sie wissen, wie ich heiße?“

„Stell dich nicht so doof, du!“

„Aber …“

„Lass mich in Ruhe, Mann!“ Joe drehte sich zur Seite.

„Die Messer“, rief Sven. „Die fünf Messer in Ihrem Keller. Wo ist das sechste?“

„Keine Ahnung“, antwortete er. „Vielleicht in der Leiche?“

„Sah genauso aus. Ich bin mir sicher.“

„Bestimmt hast du …“

„Wieso ich?“

Sven stutzte.

Jemand hantierte an der Tür, dann wurde sie aufgestoßen. Zwei kräftige dunkle Typen schlurften in den Raum, sie sahen aus wie Osteuropäer. Alles andere als vertrauenserweckend.

„Was wir machen mit die zwei“, meinte einer der beiden, der etwas kleinere Mann.

„Er Mörder.“ Er deutete auf Joe. „Sein Messer. Mädchen jetzt beim Teufel und der schuld.“

„Bitte glaubt mir“, jammerte Joe, „ich war das wirklich nicht. Ich bin unschuldig. Hatte gerade erst festgestellt, dass ein Messer fehlt, dann ...“

„Wenn nicht du, wer sonst?“, wollte Nummer 2 wissen.

„Der da!“ Joe deutete auf Sven.

„Also bitte“, erhob Sven Einspruch.

„Also bitte“, äffte Nummer 1 nach. „Also bitte, jetzt ihr bestraft werden. Gerechte Strafe, wie gehören für Mörder von schönes Mädchen.“

Sie rückten mit ihren Köpfen zusammen und begannen zu flüstern. Sven hatte ein merkwürdiges Gefühl. Das waren zwei total primitive Typen. Und was da gerade ablief, erschien ihm wie gespielt. Doch warum?

Zuletzt nickten sie sich zu und der erste sagte: „Also, äääh, wir jetzt Entschluss fassen. Du da, wie heißen?“ Dabei deutete er auf Joe.

„Ich bin Joe“, sagte der, nach Svens Meinung viel zu schnell. Sven war Mathematiker und daran gewöhnt, sorgfältig zu beobachten und zu analysieren. Was lief denn da für ein Schmierentheater ab?

„Gut Joe, du bekommen Spezialaufgabe.“ Er deutete auf seinen Kumpan, den Kleineren. „Pack ihn und mach ihm richtig klar, ha, ha, ha!“

Der zweite löste seine Fußfesseln. Nach Svens Meinung stand Joe wieder viel zu schnell auf und verließ mit ihm den Raum ohne Widerspruch. Kurze Zeit später kam der Typ wieder zurück.

„Und jetzt du.“ Nummer 1 näherte sich drohend und löste Svens Fußfesseln. „Aufstehen, mitkommen!“

Die beiden Halunken packten Sven links und rechts und verließen mit ihm den Raum. Es war tatsächlich ein Keller, aber wo befanden sie sich? Von Joe keine Spur mehr. Sven versuchte, sich seine Umgebung einzuprägen. Während sie eine Treppe hochgingen, überlegte Sven, ob er sich losreißen könnte. Er war sehr sportlich und hatte während seines Studiums etliche Preise gewonnen. Hochsprung und Beachvolleyball waren seine Stärken. Doch die beiden Verbrecher schienen Svens Absicht zu ahnen. Der Größere knurrte ihn an: „Wenn weglaufen, ich schießen. Du kaputt. Kapiert?“

Sven nickte.

Es war ein schmutziger Hinterhof, in dem ein ebenso schmutziger PKW stand. Der Zweite zog ein dreckiges Tuch hervor und verband Sven die Augen. Dann stießen sie ihn in das Fahrzeug und brausten los.

Sven zählte die Sekunden. Nach etwa 90 Sekunden hatten sie ihr Ziel erreicht. Sie zogen Sven heraus und schleppten ihn dann wieder eine Treppe nach unten. Dann nahmen sie ihm die Augenbinde ab. Wie erwartet, war es ebenfalls irgendein uraltes, ewig langes Kellergemäuer. Irgendwann schloss der Größere eine schwere Eisentür auf und schob Sven hinein. Der Raum war noch dunkel. Der Zweite drückte den Lichtschalter. Sven erschrak, er wollte es nicht glauben. Da saßen und lagen bestimmt zehn junge Mädchen zwischen allerlei Unrat, wie er nur in so einem vergammelten Keller zu finden ist. Mit großen, verängstigten Augen blickten sie auf die Männer.

„Du hier aufpassen“, brummte der Größere. „Mädchen dürfen keine Dummheiten machen und weglaufen. Wenn eine weg, du kaputt.“

Aus einer mitgebrachten Tasche holte er einen seltsamen dicken Gürtel heraus. Noch bevor ihn der Erste mit teuflischem Grinsen um Svens Hüfte legte, war Sven klar, dass es sich um einen Sprengstoffgürtel handelte. Vorne wurde der Gürtel mit einem Zahlenschloss zugesperrt. Sven schaffte es nicht, den vierstelligen Code zu erkennen. Wenn er gehofft hatte, dass er sich die Veränderung der Zahlenpositionen merken kann, hatte er sich ebenfalls getäuscht.

„Nix aufpassen, du.“ Mit widerlichem Grinsen drehte er die Ziffernkränze mehrfach im Kreis herum.

„Jetzt kommen große rumänische Erfindung.“ Er brach in echte Begeisterung aus. Ein längeres Kabel wurde am Gürtel mit einem Schnappverschluss befestigt und die andere Seite wieder mit einem Schloss an der Heizung angekettet.

„Du wissen“, grinste der Kleinere. „Wenn abreißen, dann buuuummm. Du verstehen? Du gleich kaputt! Mädchen auch. Groß Chaos hier.“

Mit widerlichem Gackern verließen sie den Raum und verschlossen die Eisentür.

Sven stand mit umgebundenem Sprengstoffgürtel mitten im Raum und wusste nicht, was mit ihm geschehen war. Er starrte die Mädchen erschrocken an und die Mädchen starrten ihn an.

„Äääh, wer seid ihr?“, fragte er schließlich.

Anscheinend verstanden sie ihn nicht. Doch eines der Mädchen antwortete schließlich: „Keine versteht dich. Ich schon. Habe von meiner Mutter gelernt. Heiße Verena.“

„Und was macht ihr hier, Verena?“

„Wir wurden gefangen genommen, alle, einfach gefangen auf Straße. In unserer Heimat in Rumänien. Dann hierher gebracht, in der Nacht. Wir müssen jetzt tun, was Männer sagen.“

„Wer sind diese Männer?“, wollte Sven wissen.

„Böse Männer. Fangen Mädchen und entführen sie.“

„Und was geschieht jetzt mit euch?“

„Nicht wissen. Bestimmt Böses. Werden vielleicht verkauft, vielleicht auch nicht. Und was machen du hier?“

„Ich wurde auch gefangen genommen. Aber ich weiß nicht warum.“

„Wissen wir schon, weil junge, hübsche Mädchen sind. Wird schlimm. Haben alle Angst. Warum hast du Gürtel um Bauch? Ist Sprengstoff.“

„Keine Ahnung.“ Sven schüttelte den Kopf. „Ich weiß auch nicht, wieso ich auf euch aufpassen soll. Ihr könnt die Tür doch sowieso nicht aufbrechen.“

Sie schüttelte traurig den Kopf: „Serr böse Männer. Haben Auftrag.“

„Von wem?“

„Von anderen bösen Männern.“

Inzwischen waren Svens Lebensgeister voll zurückgekehrt. Er überlegte, dass es Stunden dauern konnte, bis die beiden Banditen zurückkommen. Diese Zeit wollte er nutzen. Vielleicht würde er hier niemals lebend herauskommen. Ein Blick auf den schrecklichen Sprengstoffgürtel genügte.

„Ich will versuchen, uns zu befreien.“

„Wäre schön. Aber wie?“, seufzte Verena.

„Ich muss nachdenken.“

„Aber aufpassen! Bitte! Darf nicht explodieren. Dann wir alle tot! Bitte!“

Sven nickte und lehnte sich an die Wand, um besonders ruhig hantieren zu können. Das Schloss hatte vier Zahlen. Er war überzeugt, dass er es schaffen konnte, die Kombination herauszufinden, das verlangte sein mathematisches Ehrgefühl. Er begann sofort, seine Theorie in die Tat umzusetzen.

Mit wohldurchdachter Vorgehensweise schaffte er es in weniger als einer Stunde das Schloss zu öffnen. Als er den Bügel vorsichtig hochheben konnte, grinste er die mitgefangenen Mädchen zufrieden an. Dann nahm er den Gürtel ab und legte ihn sehr langsam und vorsichtig in eine Ecke.

Die Mädchen hatten Svens Finger während seiner Bemühungen mit angehaltenem Atem beobachtet.

Nun seufzte Sven, doch dieses Mal zufrieden. „Das wäre geschafft. Aber die Eisentür ist ein Problem.“

Sven begann das Gerümpel zu durchsuchen. Es stank bestialisch. Irgendwann fand er ein paar Nägel und ein Stück starken Draht. Er dachte nach, wie ein einfaches Schloss funktionieren könnte und bog den Draht entsprechend. Dann verband er den Draht mit verschiedenen Nägeln. Schließlich fummelte er unter Hochspannung im Schloss herum und versuchte, die Feder herumzudrücken. Er schaffte es nicht, das uralte Schloss war bestimmt angerostet.

Näher kommende Schritte beendeten seine Bemühungen. An den Schritten erkannte Sven, dass es dieses Mal nur eine Person war. Blitzschnell fasste Sven seinen Entschluss. Er vermutete, dass der Typ ziemlich ahnungslos eintreten würde, in dem Glauben, dass er mit keiner Gefahr rechnen muss. Sven positionierte sich so, dass er hinter der sich öffnenden Tür stand. Er war aufgrund seiner sportlichen Fitness bestens durchtrainiert.

Rasch flüsterte er Verena zu: „Vielleicht schaffen wir es rauszukommen. Wenn ich euch später helfen kann, ich wohne in der Fallmerayerstraße.“

„Fallmerayer? Wo ist das?“

„In Schwabing.“

„Nummer von Haus?“

„Zweihundertdreizehn.“

Seine Muskeln waren zum Zerreißen gespannt, als der Schlüssel umgedreht wurde. Schnell löschte Sven das Licht. Dann drückte der Kerl die Tür auf. Der Größe nach zu urteilen, war es der kleinere. Er betätigte den Lichtschalter und kniff die Augen zusammen wegen des gleißenden Lichts. In diesem Augenblick sprang Sven hinter der geöffneten Tür hervor, packte ihn und warf ihn mit entschlossener Kraft gegen die nächste Wand. Es krachte brutal. Er jaulte ganz jämmerlich, während er zusammensackte.

„Los! Haut ab! So schnell ihr könnt“, rief Sven den Mädchen zu.

Noch bevor sich der Typ hochrappeln konnte, war Sven bereits zur Tür hinaus. Wie viele Mädchen ihm folgten, wusste er nicht genau, ein paar hetzten auf jeden Fall hinter ihm her. Er flitzte den Gang entlang und die Treppe hoch. Es gab zwei Ausgänge. Sven mied den Hinterausgang, dort könnte vielleicht sein Kumpan im Auto warten. Der Vordereingang schien ihm sicherer. Er riss die Tür auf, stürmte auf die Straße, keiner der Halunken in Sicht. Sven hatte nicht die geringste Ahnung, wo er sich befand. Schnell entschloss er sich noch ein paar Straßen weiter zu hetzen, mal links, dann wieder rechts, bis er sicher war, dass ihm niemand gefolgt sein konnte. Schwer atmend blieb er stehen und schaute sich um. Vorerst hatte er es geschafft.

Und jetzt? Er griff in die linke Hosentasche und grinste. Sie hatten vergessen, ihm sein Handy abzunehmen. Vielleicht doch keine Profis? Doch leider …, der Akku war leer. In der rechten Hosentasche fand er ein paar Münzen. Jetzt musste er auch noch eine Telefonzelle suchen, das war nicht so einfach. Telefonzellen sind Mangelware geworden, seit fast jeder sein eigenes Mobiltelefon in der Tasche trägt. Suchend machte er sich auf den Weg. Die Straßen waren um diese Zeit ziemlich leer, deshalb musste er sorgfältig darauf achten, dass die Typen nicht die Straßen nach ihm absuchten. Würden sie ihn aus großer Entfernung erkennen, dann wäre er verloren. Sie würden nicht zögern, sofort zu schießen. Da, ein Straßenschild, okay, Steinstraße, weiß der Himmel, in welchem Stadtteil Münchens er sich befand. Am Ende der Straße entdeckte er schließlich eine Telefonzelle. Zum Glück hatte er Lenas Telefonnummer in Kopf, er kannte nämlich nicht einmal ihren Familiennamen, um im Telefonbuch nach ihr zu suchen. Er warf die Münzen in den Apparat und wählte ihre Nummer.

5.

An diesem Sonntagmorgen war Lena frühzeitig aufgestanden. Sie meinte, die ganze Nacht an nichts anderes gedacht zu haben als an Svens überraschendes Verschwinden. Deshalb beschloss sie, noch einmal zu Svens Haus zu gehen. Wie befürchtet, blieb ihr Klingeln unbeantwortet. Die Tür wurde nicht geöffnet. Es war ihr aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit längst klar, dass da etwas Schreckliches geschehen sein musste. Allerdings war der Sonntag ziemlich ungeeignet, um entsprechende Schritte einzuleiten.

Lena beschloss, wenn auch ungern, ihren Kollegen Thomas am Sonntag anzurufen. Sie schaffte es nicht, wenigstens bis um zehn Uhr zu warten. Obwohl Thomas, wie alle Kollegen wussten, Langschläfer war, packte sie um neun Uhr entschlossen das Telefon und wählte seine Nummer.

„Guten Morgen, Thomas, Lena hier.“

„Nanu, Lena. Ja, guten Morgen. Schlecht geschlafen? Was gibt‘s denn Wichtiges zu so früher Stunde?“

„Entschuldige Thomas, wenn ich dich gestört habe. Ich glaube, es ist was Schlimmes passiert, ich würde dich gerne um Rat fragen.“

„Um Gottes Willen. Klar, schieß los!“ Er schien sofort voll wach zu sein.

„Du erinnerst dich an Sven, Freitagabend im PERKEO.“

„Und ob. Dich hat‘s wohl schwer erwischt?“

„Ja. Nein. Doch, eigentlich schon, aber deswegen rufe ich nicht an.“

„Sondern?“

„Er ist verschwunden, Thomas.“

„Ach. Und woher weißt du das?“

„Wir hatten uns gestern Abend bei mir zum Essen verabredet und er kam nicht. Inzwischen ist es Sonntag, bald zehn Uhr.“

Thomas räusperte sich und befreite sich damit von einem Frosch. Nach einer kurzen Pause meinte er: „Du meinst, er hat sich bei dir nicht abgemeldet?“

„Darum geht‘s nicht. Er ist weg.“

„Hm. Was soll ich dazu sagen. Vielleicht ist er woanders? Ich meine, es gibt in München viele einsame Frauen.“

Lena schnaubte vernehmlich: „Mann, du bist vielleicht gemein. Ich mach mir große Sorgen und du denkst, dass er bei einer anderen Frau gelandet ist. Pfui, Thomas!“

„Oh, bitte entschuldige, Lena, war nicht böse gemeint. Mir war gerade nichts Besseres eingefallen. Vor fünf Minuten hab ich noch geschlafen. Was meinst du, könnte ich für dich tun?“

„Keine Ahnung“, stöhnte Lena. „Ich musste irgendjemanden anrufen. Ich dachte, du verstehst mich vielleicht am ehesten.“

„Schon, Lena. Weißt du, wo seine Wohnung ist?“

„Natürlich, was für eine Frage? Ich war seit gestern mehrmals dort, heute Morgen auch schon. In der Wohnung ist alles dunkel. Er ist definitiv nicht zu Hause.“

„Na ja, eine Vermisstenanzeige solltest du nicht gleich heute aufgeben. Immerhin kennst du ihn erst seit Freitag und wir wissen doch, wie unsere Kollegen in solchen Fällen reagieren. Vor Ablauf von 24 Stunden nehmen die eine Vermisstenanzeige nicht an. Wenn ich mir das recht überlege, ist es am besten, wenn du bis morgen wartest. Du rufst einen unserer Freunde bei der Versicherung an, Liane, Sabine oder Ralf. Dann wirst du schnell wissen, ob er verschwunden ist oder schön brav an seinem Arbeitsplatz hockt.“

Lena nickte: „Ja, Thomas, ich denke, das ist eine gute Idee.

---ENDE DER LESEPROBE---