Jessica Bannister 39 - Mystery-Serie - Janet Farell - E-Book

Jessica Bannister 39 - Mystery-Serie E-Book

Janet Farell

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Beschreibung

Immer wieder lässt sich die Tourismus-Branche etwas Neues einfallen, um zahlungskräftige Kunden anzulocken. So auch bei der alten Ritterburg Flamden Castle. Eine amerikanische Hotelkette hat das Gebäude aufgekauft und daraus mit viel technischer Raffinesse eine Geisterburg gemacht. Computer und viele elektronische Spielereien sorgen für Gänsehaut und Nervenkitzel, wenn sich nachts die Gespenster aufmachen, um die Gäste zu erschrecken, Gerippe durch die finsteren Korridore klappern und Mobiliar wie von Geisterhand bewegt wird.

Alles soll nur ein vergnüglicher Freizeitspaß sein - doch den Gästen und dem Hotelpersonal bleibt das Lachen im Halse stecken, als plötzlich echte Gespenster die Bühne betreten. Die Geisterritter von Flamden Castle können keine Ruhe finden, und sie werden zur Gefahr für jeden, der sich auf der Spukburg aufhält ...

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EPUB

Seitenzahl: 137

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Inhalt

Cover

Impressum

Die Hauptpersonen

Der Fluch der Geisterritter

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Selenit; Vuk Kostic / shutterstock

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-5728-8

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Die Hauptpersonen:

Jessica Bannister

Sie ist Reporterin beim London City Observer und auf mysteriöse Fälle spezialisiert. Sie hat übersinnliche Fähigkeiten, kann in Visionen und Träumen in die Vergangenheit reisen und die Zukunft voraussehen. So sah sie als Zwölfjährige auch den Tod ihrer Eltern voraus. Sie wuchs danach bei ihrer Großtante Beverly Gormic auf, bei der sie noch heute lebt.

Jim Brodie

Er ist Fotograf beim London City Observer. Als Jessica ihren Job bei der Zeitung antritt, steht er ihr sogleich mit Rat und Tat zur Seite, und es entwickelt sich schon bald eine enge Freundschaft zwischen den beiden. Wenn Jessica an einem Auftrag arbeitet, ist er fast immer als Fotograf an ihrer Seite.

Beverley Gormic

»Tante Bell« ist Jessicas Großtante. Nach dem Tod von Jessicas Eltern hat sie ihre Nichte bei sich aufgenommen und großgezogen. Jessica hat auch heute noch ein sehr enges Verhältnis zu ihrer Ziehmutter. Beverly weiß über Jessicas übersinnliche Fähigkeiten Bescheid, sie selbst befasst sich intensiv mit Spiritismus und Okkultismus.

Martin T. Stone

Der Chefredakteur des London City Observer

Der Fluch der Geisterritter

von Janet Farell

Immer wieder lässt sich die Tourismus-Branche etwas Neues einfallen, um zahlungskräftige Kunden anzulocken. So auch bei der alten Ritterburg Flamden Castle. Eine amerikanische Hotelkette hatte das Gebäude aufgekauft und daraus mit viel technischer Raffinesse eine Geisterburg gemacht. Computer und viele elektronische Spielereien sorgten für Gänsehaut und Nervenkitzel, wenn sich nachts die Gespenster aufmachten, um die Gäste zu erschrecken, Gerippe durch die finsteren Korridore klapperten und Mobiliar wie von Geisterhand bewegt hin und her ruckte.

Alles sollte nur ein vergnüglicher Freizeitspaß sein – doch den Gästen und dem Hotelpersonal blieb das Lachen im Halse stecken, als plötzlich echte Gespenster die Bühne betraten.

Die Geister-Ritter von Flamden Castle konnten keine Ruhe finden, und sie wurden zur Gefahr für jeden, der sich auf der Spukburg aufhielt …

Die Scheibenwischer wurden mit den Wassermassen, die der Sturm gegen die Windschutzscheibe peitschte, kaum noch fertig, und die Heizung des kirschroten Mercedes 190 lief auf Hochtouren. Eine trostlose Hügellandschaft zog jenseits der schmalen Landstraße an uns vorüber. Wir näherten uns Saversnake Forest, einem weitläufigen Waldgebiet mit uralten Eiche- und Buchenbeständen.

Ich hockte vornübergebeugt hinter dem Steuer des Wagens, während die gelblichen Lichtlanzen der Scheinwerfer in die Regenfront vor mir stachen. Es schien, als fuhr ich auf eine milchige graue Wand zu. Seit Stunden war uns kein anderes Fahrzeug begegnet, und ich hatte Zweifel, ob ich mich noch auf dem richtigen Weg nach Flamden Castle befand. Die Beschilderung dorthin erwies sich als äußerst dürftig.

Bizarr malten sich die knorrigen Äste der mächtigen Bäume vom verhangenen Abendhimmel ab und erinnerten mich unwillkürlich an mahnend erhobene Zeigefinger. Ein Schauer rieselte über meinen Rücken, und ich warf Tante Bell, die auf dem Beifahrersitz eingeschlummert war, einen raschen Seitenblick zu.

Ein gutmütiges Lächeln lag auf den Lippen der alten Dame. Sie hatte bei einem Preisausschreiben in einer Illustrierten ein verlängertes Wochenende für zwei Personen auf Flamden Castle gewonnen – inklusive Geisterspuk!

Wie ich im Archiv London City Observer erfahren hatte, handelte es sich bei Flamden Castle um eine Ritterburg aus dem zwölften Jahrhundert, aus der ein geschäftstüchtiger amerikanischer Hotelier ein Spukschloss gemacht hatte. Mit allerlei technischen Tricks hatte er eine schaurige Welt aus elektronisch animierten Monstern und Gespenstern geschaffen, um dem abenteuerlustigen Kurzurlauber eine Übernachtung mit Gänsehaut-Garantie zu bieten.

Seit dieser Modernisierung strömten die Besuchermassen nach Flamden Castle, um einmal im Leben Bekanntschaft mit übersinnlichen Phänomenen machen zu können. Niemanden schien es zu stören, dass es sich bei dem Spuk um eine Ansammlung technischer Raffinessen handelte und die Gespenster, die nachts durch das Gemäuer geisterten, von einem zentralen versteckten Computer belebt wurden.

Auch Tante Bell störte das nicht. Sie liebte alles, was mit Geistern, Spuk und dem Übersinnlichen überhaupt zu tun hatte. Parawissenschaften waren ihre große Leidenschaft, und ihre Londoner Villa war angefüllt mit allem möglichen Krempel aus der Welt des Okkulten.

Ich wohnte seit dem Tode meiner Eltern – ich war damals zwölf Jahre alt gewesen – bei meiner Großtante, und seit dieser Zeit war für Tante Bell klar gewesen, dass ich über besondere Fähigkeiten verfügte, denn tatsächlich hatte ich in der verhängnisvollen Nacht den Tod meiner Eltern im Traum vorhergesehen, und kurz darauf war ein Polizeibeamter mit finsterer Miene bei Tante Bell erschienen, um sie von dem Unglück in Kenntnis zu setzen.

Inzwischen wusste ich, dass ich meine hellseherischen Fähigkeiten von meiner Mutter geerbt hatte. Und noch mehr hatte ich erfahren.

Bei meinem letzten Abenteuer in der schottischen Ortschaft Carlisle war ich dem Geist der weisen Jasprey begegnet, einer Vorfahrin meiner Mutter und damit auch von mir, die im 16. Jahrhundert als Hexe verbrannt worden war. Offenbar hatte auch sie über übernatürliche Fähigkeiten verfügt.

Konnte es sein, dass sich diese Fähigkeiten über die Jahrhunderte hinweg von der Mutter auf die Tochter vererbt hatten? Würde auch meine Tochter, wenn ich je eine haben würde, über solche Fähigkeiten verfügen?

Das waren Fragen, die bisher nicht beantwortet waren. Klar war nur, dass meine paranormalen Fähigkeiten mich, der jungen Journalistin Jessica Bannister vom London City Observer, immer wieder auf die Spur des Übernatürlichen brachten.

Diesmal war ich allerdings zuversichtlich, von echten Geistern verschont zu bleiben …

Plötzlich nahm ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr. Mein Kopf ruckte herum.

Tante Bell war wie von der Tarantel gestochen in die Höhe gefahren und deutete nun aufgeregt nach vorn.

»Jessi, pass auf!«, gellte ihr Schrei durch den Wagen.

Mir blieb keine Zeit, mich zu wundern, warum sie von einer Sekunde zur anderen hellwach war, ich musste handeln.

Denn als ich wieder nach vorn blickte, sah ich einen hochgewachsenen Schatten auf den Mercedes zurasen, der sich auf einmal aus den dichten Regenschleiern geschält hatte. Ich war geschockt, als ich einen Ritter in glänzender Rüstung erkannte, der wild mit einer altertümlichen Streitaxt drohte.

Dann aber trat ich das Bremspedal bis zum Bodenblech durch.

Ein verheerender Fehler, denn der Mercedes geriet auf der nassen Fahrbahn ins Schlingern und brach aus. Quer zur Fahrtrichtung rutschte der schwere Wagen über den Asphalt, direkt auf den Ritter zu.

Mein Herz pochte mir bis zum Hals, als ich bemerkte, dass der 190er schneller zu werden schien, statt zu verzögern. Wie besessen kurbelte ich am Lenkrad und steuerte gegen. Weiß traten die Knöchel meiner Finger unter der Haut hervor.

Mit schreckgeweiteten Augen starrte ich auf den Ritter, der keinerlei Anstalten traf, sich aus der Gefahrenzone zu bringen. Noch immer hieb er mit der Axt in der Luft herum, so, als könne er mit dieser Drohgebärde den Wagen zum Anhalten bringen. Ich glaubte, unter dem herabgelassenen Visier ein fluoreszierendes Leuchten zu erkennen.

Zäh wie Sirup flossen die Gedanken durch mein Gehirn. Als der Augenblick des schier unvermeidlichen Aufpralls gekommen war, schloss ich die Augen.

Vergeblich wartete ich auf das metallische Scheppern der Rüstung. Ohne auf einen spürbaren Widerstand zu stoßen, rutschte der Mercedes über den Fahrbahnrand hinaus.

Irgendwo am Unterboden ertönte ein hässliches Kratzen, dann durchlief ein harter Ruck den Wagen. Wir wurden in die Sicherheitsgurte gepresst, dann stand der Mercedes.

Den Motor hatte ich abgewürgt. Ruhe breitete sich aus.

Gespenstische, beklemmende Ruhe.

Erst als ich Tante Bells zitternde Hand auf meinem Unterarm spürte, öffnete ich wieder die Augen. Schweiß perlte auf meiner Stirn.

Die Scheibenwischer schwappten die Wassermassen von rechts nach links und gaben den Blick auf den verwachsenen Wald frei. Außerstande, einen klaren Gedanken zu fassen, wischte ich mir über die Augen und verkniff mir mühsam einen Fluch. Ratlos blickte ich Tante Bell an.

»Jessi, Kindchen, bist du in Ordnung?«, drang ihre besorgte Stimme in mein Bewusstsein. Meine Großtante war kreidebleich geworden.

Wie in Trance nickte ich. »Ja. Und du?«

Die alte Dame drückte den Rücken durch und brachte ein aufmunterndes Lächeln zustande. »Aber sicher, Jessi. Unkraut vergeht nicht.« Sie strich mir zärtlich über die Wange.

»Was …« Ich schluckte trocken. »… was, um Himmels willen, war das?«

Tante Bell zuckte mit den Schultern. »Ein Ritter, Kind«, erwiderte sie, so als wäre es alltäglich, dass Ritter in Rüstungen über Landstraßen spazierten.

Sie lächelte mich sanft an.

Ich stutzte.

Einer Halluzination war ich also nicht zum Opfer gefallen. Da musste also tatsächlich etwas gewesen sein. Etwas, das man nicht rationell erklären konnte. Und etwas, das mir Angst einjagte.

Denn wenn tatsächlich jemand in Ritterrüstung vor dem Mercedes – scheinbar aus dem Nichts – aufgetaucht war, wo war er dann geblieben, wenn er nicht unter die Räder des Wagens geraten war?

In einem Anflug von panikartiger Sorge stieß ich die Wagentür auf. Regen peitschte mir ins erhitzte Gesicht, als ich mich ins Freie stemmte.

»Warte hier!«, rief ich Tante Bell zu.

Der Mercedes war über den Fahrbahnrand hinausgeschossen und im Straßengraben zum Stillstand gekommen. Obwohl der materielle Schaden in diesem Augenblick in den Hintergrund rückte, fragte ich mich ernsthaft, wie wir hier ohne fremde Hilfe wieder herauskommen würden.

Ich schlug den Kragen meiner Jacke hoch und stapfte zu der Stelle, wo sich vor wenigen Augenblicken noch der unheimliche Ritter befunden hatte.

Der Platz war leer.

Nichts, rein gar nichts deutete darauf hin, dass sich hier um Haaresbreite ein Unglück ereignet hätte.

Fieberhaft suchte ich die Gegend jenseits der Straße ab, ohne jedoch einen Hinweis auf den Verbleib des Ritters zu finden.

Eine Sekunde lang dachte ich wieder daran, mir den Ritter nur eingebildet zu haben, verwarf diese Idee aber rasch wieder, da Tante Bell es gewesen war, die mich auf die unheimliche Erscheinung aufmerksam gemacht hatte.

Sicherlich würde sie auf das unerforschte Phänomen der Massenhalluzination hinweisen, wenn ich sie darauf ansprach.

Der Regen rann in dichten Bahnen über mein Gesicht, und ich legte schützend eine Hand über die Augen, während mein Blick in den nahen Wald glitt. Aber auch dort war aber kein Ritter zu sehen.

Ich nahm meinen Mut zusammen und formte mit den Händen einen Trichter. »Hallo!«, rief ich – und kam mir dabei reichlich albern vor. »Wo sind Sie?«, rief ich gegen das Prasseln des Regens an.

Ich blickte hinüber zum Wagen. Tante Bell war ausgestiegen und lehnte am Verdeck des kirschroten 190ers. Sie winkte mich zu sich.

Ich suchte die Gegend ein letztes Mal ab, dann begab ich mich zu ihr. Zahlreiche Pfützen glitzerten im Halbdunkel. Dennoch glaubte ich, dass die Intensität des Regens nachgelassen hätte.

Bei Tante Bell angekommen, berichtete ich ihr, dass die seltsame Gestalt wie vom Erdboden verschwunden war.

Sie zuckte gleichgültig mit den Schultern und lächelte mich gutmütig an. »Vielleicht handelte es sich bei dem Ritter ja um einen Geist«, sprach sie meine geheime Befürchtung aus.

Nackte Angst stieg in mir hoch. Ein Schauer rieselte meinen Rücken hinab. Ich verschränkte trotzig die Arme vor der Brust und beschloss, auf die Bemerkung meiner Großtante nicht einzugehen. So zog ich es vor, den Schaden am Fahrzeug zu begutachten.

Ich ging neben dem Kotflügel in die Knie. Der rote Lack war mit einer dicken Schlammkruste bedeckt, und unterhalb der dicken Chromleiste konnte ich einen Kratzer erkennen, der von einem dicken Busch herrührte, den wir überfahren hatten. Ansonsten schien der Oldtimer unversehrt zu sein. Das größere Übel war, dass die Hinterräder frei in der Luft hingen. Somit saßen wir definitiv fest.

Resignierend schüttelte ich den Kopf und erhob mich. Tante Bell war lautlos hinter mich getreten. »Wie sieht es aus?«, fragte sie. »Schaffen wir das ohne fremde Hilfe?« Sie klang besorgt, fast hilflos.

»Ich befürchte, nein, Tante Bell«, erwiderte ich leise. »Wir werden einen Abschleppwagen benötigen, der uns aus dem Graben zieht.«

Meine Großtante blickte sich um. »Aber … aber woher, in dieser Einöde?«

Ich verfluchte, dass mein Mobiltelefon in der Schreibtischschublade der Redaktion des London City Observer lag. Das Handy wäre mir eine wertvolle Hilfe gewesen. Der nächste Apparat konnte Meilen entfernt stehen, durchzuckte es mich. Eine Mischung aus Wut und Hilflosigkeit stieg in mir auf.

»Ich werde losziehen, um einen Pannendienst zu informieren«, sagte ich düster.

Obwohl es kaum noch regnete, war unsere Kleidung völlig durchnässt. Es war also zu befürchten, dass wir beide uns eine Erkältung einfingen. Meine größte Sorge galt meiner immerhin weit über sechzigjährigen Großtante.

»Wie stellst du dir das vor, einen Pannendienst zu rufen? In dieser verlassenen Gegend?«, fragte sie hilflos und breitete bezeichnend die Arme aus.

Wie recht sie hat, durchzuckte es mich. Um uns herum nur der unheimliche Wald mit seinen tief hängenden Zweigen. Das nächste Dorf lag sicherlich einen langen Fußmarsch von uns entfernt.

Etwas knackte im Unterholz, und wir blickten zu der Stelle am Waldrand, ohne aber etwas Auffälliges zu erkennen.

»Sicherlich ein Tier«, murmelte Tante Bell.

Ich nickte. »Auf einen freundlichen Autofahrer, der uns in den nächsten Ort mitnimmt, werden wir lange warten müssen«, prophezeite ich düster. »Also werde ich losziehen, um Hilfe zu holen.«

Tante Bell sah mich an. »Ich komme mit.«

»Das wirst du nicht tun«, wehrte ich etwas zu energisch ab, was mir im nächsten Augenblick leidtat.

Ich hatte nicht vor, die alte Dame zurückzuweisen, hielt es aber für vernünftiger, wenn sie am Wagen blieb. Immerhin bestand eine – wenn auch geringe – Chance, dass sich doch ein Autofahrer in diese Einöde verirrte und sich bereit erklärte, den Mercedes aus dem Graben zu ziehen. Dann wäre es sinnvoll, Tante Bell bliebe hier.

Das sagte ich ihr auch.

Sie schnitt eine Grimasse, brachte aber schließlich ein Lächeln zustande und nickte.

»Einverstanden«, sagte sie. Wie einst meine Mutter strich sie mir über die Wange. »Gut, Kind, ich bleibe hier«, fügte sie sanft hinzu. »Pass auf dich auf, ja?«

»Das werde ich«, erwiderte ich und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn, bevor ich mich zum Gehen wandte.

***

Ich wusste nicht, wie weit ich schon gekommen war. Es regnete zum Glück nicht mehr so heftig, lediglich ein feiner Nieselregen ging nieder.

Die Landstraße hatte ich nicht verlassen, um mich nicht zu verirren.

Der dichte Wald war voller Geräusche. Ich erwischte mich dabei, immer wieder ängstliche Blicke in das Dickicht zu werfen. Zwischenzeitlich hatte sich die Dunkelheit wie ein Leichentuch über dem Saversnake Forest ausgebreitet. Die verwachsenen Äste der uralten Bäume erinnerten mich an groteske Ungeheuer, die auf mich zu lauern schienen.

Das Geräusch meiner Schuhe auf dem nassen Asphalt hallte hohl und unheimlich vom Wald zurück. Immer wieder warf ich gehetzte Blicke über die Schulter. Unterschwellig fürchtete ich nämlich, der unheimliche Ritter tauche plötzlich hinter mir auf.

Ein Bleigürtel hatte sich um meine Brust gelegt. Ich wusste, dass etwas Bedrohliches von dem Wald ausging, etwas, das mir Angst einflößte.

Mir war, als verfolgten mich Blicke aus dem Unterholz. Wurde ich beobachtet?

Irgendwo im Wald knackte ein dicker Ast.

Ich zuckte zusammen, hielt den Atem an und lauschte.

»Ein Tier«, murmelte ich schließlich und schalt mich eine Närrin. Ich setzte meinen Weg durch die Nacht fort. Wie schön wäre es jetzt gewesen, Jim Brodie an meiner Seite zu haben. Der junge Starfotograf des London City Observer war mir ans Herz gewachsen, und das, obwohl uns zahlreiche Gegensätze trennten. Seit ich als junge Journalistin bei dem Londoner Boulevardblatt angefangen hatte, waren wir oft gemeinsam von unserem Chefredakteur Martin T. Stone losgeschickt worden, um für Reportagen zu recherchieren. Zwischenzeitlich waren wir zu einem Team zusammengewachsen.

Der junge Mann mit dem unfrisierten blonden Haar und dem Dreitagebart hatte stets einen flotten Spruch auf den Lippen und brachte mich auch an schlechten Tagen zum Lachen. Mit Jim verband mich eine kameradschaftliche Freundschaft, während er keinesfalls einem etwas innigerem Verhältnis abgeneigt gewesen wäre. Allerdings war Jim Brodie mit seinen abgetragenen Jacketts und seiner mehrfach geflickten verwaschenen Jeans nicht gerade der Typ Mann, auf den ich flog. Im Gegensatz zu ihm achtete ich auf mein äußeres Erscheinungsbild und hatte auch entsprechende Erwartungen an meinen Partner.

Nun, seit unserem Abenteuer auf der Flammenburg war er mit Susan Marriott zusammen, und die hatte es geschafft, dass er in letzter Zeit wenigstens ein bisschen zivilisierter herumlief. Anfangs hatte ich ja befürchtet, dass diese Beziehung nicht lange halten würde, aber die beiden waren jetzt schon seit Wochen zusammen, und ich wusste, dass das für Jim eine sehr lange Zeit war …

Während ich durch die Nacht lief, dachte ich über die seltsamen Umstände nach, wie ich an diesen verlassenen Ort geraten war …

***