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Die McFaddens zählen zu den erfolgreichsten Popgruppen Englands. Von ihren Fans werden sie begeistert gefeiert und verehrt wie Götter. Und so sehen sich die "Dundee-Singers", wie sie sich nennen, auch - als Götter.
Doch dann geschieht etwas, das dem sauberen Image der McFadden-Familie erheblich schaden kann. Mitten in einem Konzert der "Dundee Singers" erscheint plötzlich ein Geistermädchen auf der Bühne, weist mit ausgestrecktem Arm auf die Musikerfamilie und schreit: "Mörder! Was habt ihr getan?"
Jessica Bannister soll herausfinden, was es mit der Anschuldigung des Geistermädchens auf sich hat, und so schleicht sie sich ein in das Schloss der McFaddens, wo die Musikerfamilie abgeschottet von ihren Fans lebt. Und bald muss Jessica erkennen, dass ein Dämon dieses Schloss beherrscht ...
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Seitenzahl: 132
Veröffentlichungsjahr: 2017
Cover
Impressum
Die Hauptpersonen
Das Schloss des Dämons
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: AlexAnnaButs / shutterstock Hintergrund: Andrey Burmakin / shutterstock
Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam
ISBN 978-3-7325-5501-7
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Die Hauptpersonen:
Jessica Bannister
Sie ist Reporterin beim London City Observer und auf mysteriöse Fälle spezialisiert. Sie hat übersinnliche Fähigkeiten, kann in Visionen und Träumen in die Vergangenheit reisen und die Zukunft voraussehen. So sah sie als Zwölfjährige auch den Tod ihrer Eltern voraus. Sie wuchs danach bei ihrer Großtante Beverly Gormic auf, bei der sie noch heute lebt.
Jim Brodie
Er ist Fotograf beim London City Observer. Als Jessica ihren Job bei der Zeitung antritt, steht er ihr sogleich mit Rat und Tat zur Seite, und es entwickelt sich schon bald eine enge Freundschaft zwischen den beiden. Wenn Jessica an einem Auftrag arbeitet, ist er fast immer als Fotograf an ihrer Seite.
Beverley Gormic
»Tante Bell« ist Jessicas Großtante. Nach dem Tod von Jessicas Eltern hat sie ihre Nichte bei sich aufgenommen und großgezogen. Jessica hat auch heute noch ein sehr enges Verhältnis zu ihrer Ziehmutter. Beverly weiß über Jessicas übersinnliche Fähigkeiten Bescheid, sie selbst befasst sich intensiv mit Spiritismus und Okkultismus.
Martin T. Stone
Der Chefredakteur des London City Observer
Das Schloss des Dämons
von Janet Farell
Das Mädchen links neben mir in der ersten Reihe des Zuschauerraums schluchzte hysterisch, schien völlig fertig mit den Nerven. Das Auftreten ihrer Idole riss sie vollkommen hin.
Da geschah es. Aus den wabernden künstlichen Nebeln auf der Konzertbühne schälte sich eine durchsichtige Geistergestalt. Ich spürte schockartig, dass hier etwas nicht stimmte. Deshalb stieß ich Jim Brodie an.
»Da, siehst du den Geist?«
»Ach was, das gehört mit zur Show. Deine Spürnase fürs Übersinnliche in allen Ehren, Jessica. Aber jetzt siehst du schon überall Gespenster.«
Jim Brodie verging das Lachen aber bald. Die nebelhafte Gestalt auf der Bühne wurde nämlich immer deutlicher. Ihre Ausstrahlung ließ selbst die ausgeflippten Fans in der Konzerthalle erschauern …
Es handelte sich um die Erscheinung eines jungen Mädchens, das sie alle kannten. Jäh verstummten die Konzertgitarren und sonstigen Instrumente, und das Geistermädchen schrie: »Mörder, was habt ihr getan? Vergossenes Blut schreit nach Rache. Ich finde keine Ruhe im Grab. Mein Geist irrt in der Finsternis … Ah, wer erlöst mich?«
Der Ruf des Gespenstes drang den Zuhörern bis in die Seele, ließ niemanden kalt. Auch mich nicht, obwohl ich mittlerweile einiges an Spuk und Übersinnlichem gewohnt war …
Die Halle in der Nähe des Piccadilly Circus in London war an diesem Sonntagabend bis zum letzten Platz ausverkauft. Dort fanden sonst auch Sechs-Tage-Rennen und andere Großereignisse statt. An diesem Abend standen die Dundee Singers auf der Bühne. Wieder einmal rissen sie ihre Fans hin mit ihrer Show, die mit allen technischen und bühnenbildnerischen Mitteln unterstützt wurde.
Die acht Mitglieder der Pop-Gruppe, Stars in den internationalen Charts, trugen wallende Gewänder und pflegten einen ganz eigenen, romantischen Stil. Selten flossen in ihre Romantic-Soul-Songs Hard-Rock-Elemente ein. Es hieß, ihre Musik würde Botschaften direkt ins Unterbewusstsein ihrer Fans senden und diese auf ganz besondere Weise beeinflussen.
Ich merkte bisher nichts davon. Martin T. Stone, der allmächtige Chefredakteur des London City Observer, hatte mich zu dem Konzert geschickt.
Unsere dafür sonst zuständige Reporterin war nämlich ausgefallen.
Jetzt saß ich also, mit unserem Fotografen Jim Brodie neben mir, ganz vorn vor der Bühne. Das Kreischen der Fans in den ansteigenden Sitzreihen gellte mir in den Ohren. Die meist sehr jugendlichen Konzertbesucher zündeten ungeachtet aller Feuerschutzvorschriften Wunderkerzen und Feuerzeuge an und schwenkten sie zu dem Dundee-Song »Candles of Heart in Darkness«. Sie waren vollkommen aus dem Häuschen.
Immer wieder fielen Teenies in Ohnmacht und mussten von den Ordnern und Sanitätern abtransportiert werden.
»Silas! Silas!«, schrie die verzückt schluchzende Vierzehnjährige neben mir. »Silas forever, ich liebe dich! Silas ist der Größte von allen mit seiner Musik.«
Silas, 27, langhaarig und bärtig, im naturgewebten bunten Hemd, weiten Hosen, mit Sandalen und Gitarre, bemerkte sie von der Bühne aus natürlich nicht. Er nahm seine Fans im Zuhörersaal nur als konturlose und lautstarke Masse wahr. Doch er spürte ihre Schwingungen, die vibrations, und genoss die Begeisterung, die der Auftritt der Dundee Singers bei ihnen hervorrief. Sicher kam er sich vor wie ein junger Gott, wie er dastand und ihn die Fans anhimmelten und dabei kreischten.
Silas stand mit seinem Vater Bradford, der Stiefmutter Delilah und fünf Geschwistern auf der Bühne. Die Jüngste, Monica, war erst sieben und sah aus wie ein kleiner Engel in ihrem weißen Gewand. Auch sie sang schon und wiegte sich mit romantisch verklärtem Blick.
Fly to heaven sangen die Dundee Singers mit weichen Stimmen. Das war einer von ihren größten Hits.
Jim Brodie fotografierte ungerührt und professionell, während viele Fans in Tränen regelrecht wegschwammen.
Bradford, das Oberhaupt der Dundee Singers, die alle zu einer Familie gehörten, trat mit umgehängter Gitarre zwischen seinen Sohn Silas und dessen Zwillingsschwester Laura. Sie wiegten sich im Takt der Musik.
Sogar mich, Jessica Bannister, faszinierte es jetzt. Die Dundee Singers schienen ein einziger einheitlicher Klangkörper zu werden. Die Harmonie dieser Gruppe und ihr Zusammenspiel waren unvergleichlich.
Da geschah etwas, was das romantische Bild störte und die Fans zutiefst verstörte und schockte.
Aus den wabernden künstlichen Nebeln auf der Bühne entstand eine zunächst durchsichtige, dann immer deutlicher werdende Gestalt. Sie zog alle Aufmerksamkeit auf sich, gerade weil sie deutlich anders war als die Mitglieder der Dundee Singers.
Und doch gehörte sie zu ihnen, war ein Teil von der Gruppe – oder war das zumindest gewesen.
Alle Fans erkannten sie.
Es war Stella, die vor vier Wochen angeblich einer Herzkrankheit erlegene neunzehnjährige Tochter der McFadden-Familie, wie die Dundee Singers mit bürgerlichem Namen hießen.
Ein vergötterter Star war die schöne Stella gewesen, das Idol ihrer Fans. Ihr Tod war ohne Vorankündigung wie ein Blitz aus heiterem Himmel eingetroffen. Er hatte Bestürzung und große Trauer ausgelöst, einen Medienrummel und alles, was zu einem solch tragischen Startod gehörte.
Es hatte Gerüchte gegeben, Bradford McFadden wäre so verzweifelt über den Tod seiner Lieblingstochter Stella, dass er die Familiengruppe auflösen wollte. Die Fans waren außer sich gewesen und hatten die Dundee Singers bestürmt, doch weiter zusammen aufzutreten.
Vor dem Schloss der Dundee Singers in Schottland waren einige in Hungerstreik getreten, um das Zusammenbleiben ihrer Lieblinge zu erreichen. Es hatte Demonstrationen und Sympathiekundgebungen gegeben.
Jetzt, beim ersten Konzert der Dundee Singers nach ihrem Tod, war Stella dabei, erschien auf der Bühne als Geist.
Die Sensation war perfekt, die Fans wie gelähmt. Es wurde tatsächlich ruhig in der Konzerthalle.
Dann kreischten die Fans los: »Steeeeellllllaaaaa!«
Der Aufschrei ließ die Halle erbeten. Stellas Geist winkte achtunggebietend. Was die lebende Stella niemals geschafft hätte, die tote – der Geist – schaffte es. Die Fans wurden ganz ruhig.
Stella deutete auf ihren Vater, der sie jetzt erst wirklich wahrzunehmen schien. Er erstarrte. Jäh hörte er auf, seine weißgoldene Prunkgitarre zu spielen.
Auch die anderen Dundee Singers beendeten ihre Musik. Gitarre, Sitar, Schlagzeug und Horn verstummten. Das Oktett hörte zu singen auf.
Selbst die hysterischsten Fans waren nun ganz ruhig. Es war so still in der Halle, dass man das Atmen der Fans hören konnte.
Dafür schrie jetzt das Geistermädchen mit gewaltiger Stimme: »Mörder, was habt ihr getan? Vergossenes Blut schreit nach Rache. Ich finde keine Ruhe im Grab. Mein Geist irrt in der Finsternis! – Ah, wer erlöst mich? Verflucht sei Buer, zurück mit ihm in den Abgrund der Hölle!«
Bradford McFadden wankte. Er war 59, ein Koloss von einem Mann, mit wallendem grauem Haupt- und Barthaar, das ihn wie einen Propheten aussehen ließ.
Mit weit aufgerissenen Augen stand er nun da.
Dann packte er mit Wut seine Gitarre, warf sie mit aller Kraft nach der Geistergestalt.
»Das ist ein Trick!«, schrie er, dass ich es in der ersten Reihe noch hören konnte. »Eine gemeine, infame Intrige! Eine technische Spielerei!«
Die Konzertgitarre flog durch Stella hindurch, landete vor der Bühne im Zuschauerraum.
Stella deutete weiterhin anklagend auf ihren Vater und den Rest der Familie.
»Der Tag wird kommen, der die Wahrheit ans Licht bringt«, verstand man noch.
Einen Moment war mir, als ob Stella mich anschauen würde. Ihr klagender Blick drang mir bis ins Herz.
Dann … verblasste die Geistergestalt und verschwand.
In der Halle brach die Hölle los. Die Fans tobten und rasten. Sie wussten nicht, was sie von alledem halten sollten.
Bradford McFadden stampfte mit dem Fuß auf, winkte seinem Clan zu, ihm zu folgen, und verließ die Bühne.
Gehorsam und ohne Zögern eilte seine Familie ihm nach.
Das Konzert wurde unterbrochen. Die Ereignisse überschlugen sich. Manche Fans buhten und schrien. Andere flehten und bettelten, die Gruppe möchte doch bitte zurückkommen.
Zuschauer versuchten, auf die Bühne zu gelangen und ihren Idolen zu folgen. Von den oberen Rängen wollten viele nach vorn. Wir auf den vorderen Bänken gerieten in Gefahr, überrannt und zerquetscht zu werden.
Die Ordner im Saal boten alle Kräfte auf, um der entfesselten Menge Herr zu werden. Schon schrien Leute, sie hätten Angst, zu Tode getrampelt zu werden.
Jim Brodie schützte seine wertvolle Kamera und rangelte den Weg für mich und für sich frei. Die Bühne war leer, nur ein paar Konzertgitarren lagen dort. Das Schlagzeug stand verlassen.
Scheinwerfer flackerten und schwenkten umher. Sie leuchteten in den Zuschauerraum. Bei der Technik und der Konzertregie versuchte man, etwas zu unternehmen und eine Katastrophe mit Toten und Schwerverletzten zu verhindern.
»Bitte bewahrt Ruhe!«, ertönte die Stimme des Hallenmeisters über den Lautsprecher. »Seid vernünftig, das Konzert wird auf jeden Fall fortgesetzt!«
Der künstlerische Direktor der Veranstaltung löste den Hallenmeister ab. Er sprach irgendwo oben aus der Kabine, von wo er alles durch Fenster und über Monitore beobachten konnte.
»Bitte, versteht, dass die Dundees geschockt sind!«, rief er. »Bleibt auf euren Plätzen oder kehrt auf diese zurück! In fünf Minuten tritt die Rahmengruppe Chartakah auf! Wir verhandeln sofort mit den Dundee Singers, dass sie auf die Bühne zurückkommen. Hört euch Chartakah mit Live in Eternity an! – Seid ruhig …«
Seine beschwörende Stimme ging in einer Welle entrüsteten Geschreis unter.
»Wir wollen die Dundee Singers! Wir wollen die Dundees … Dundees … Dun-dees … Dun-dees …«
Als die vier Mädchen von der Gruppe Chartakah erschienen, wurden sie mit Buh-Rufen und Gejohle empfangen.
»Haut ab!«, war noch das Harmloseste, was sie zu hören bekamen.
Trotz voll aufgedrehter Lautsprecher konnten sich die vier Chartakah-Girls kein Gehör verschaffen. Ihr Leben in Ewigkeit, wie ihr Song hieß, währte noch keine fünf Minuten.
Dann mussten sie von der Bühne.
Die Fans beruhigten sich ein wenig. Es brodelte noch immer in der Halle, doch keiner versuchte mehr, die Bühne zu stürmen.
Ein paar Leichtverletzte, Ohnmächtige und nervlich Zusammengebrochene wurden abtransportiert. Die Fans warteten, einigermaßen gebändigt, auf ihre Lieblinge, die Dundee Singers.
Jim Brodie und ich saßen auf anderen Plätzen als zuvor, drei Reihen weiter zurück.
»Jessi«, sagte Jim, »ich bin gespannt, wie die Bilder werden. Ich habe den Geist geknipst.« Ewiger Skeptiker, der er war, fügte er noch hinzu: »Oder was immer es war.«
***
Hinter der Bühne redeten der Konzertveranstalter Rockwell und andere auf Bradford McFadden ein. Das massige Familien- und Gruppenoberhaupt befand sich in seiner großen Kabine. Man flehte McFadden an, bot ihm Geld, drohte mit Konventionalstrafen – es war alles vergeblich. Seine Antwort blieb ein stoisches »Nein!«
»Ich reise ab!«, rief der Pop-Patriarch, puterrot im Gesicht. »Und das sage ich Ihnen, Rockwell – für die Sache mit der künstlich erzeugten Geistererscheinung meiner verstorbenen Tochter verklage ich Sie in Millionenhöhe! Dem Image der Dundee Singers ist heute ein nicht wiedergutzumachender Schaden zugefügt worden! Die Trauer, die ich und meine Kinder empfinden über den Tod unserer geliebten Stella, derart zu verspotten … Mir hat es das Herz im Leib zugedrückt! Das war der Schock meines Lebens!«
Der Konzertveranstalter versprach Bradford McFadden hoch und heilig, er würde den Vorfall aufklären und ihm Genugtuung verschaffen. Es nutzte nichts. Die Dundee Singers ließen sich nicht zur Fortsetzung des Konzerts bewegen.
Delilah, seine Ehefrau, sein Sohn Walt und andere Familienmitglieder schirmten den tobenden Bradford McFadden ab. Die rothaarige, üppige Delilah und ihre Stiefkinder und Kinder drängten den Veranstalter Rockwell und die anderen Offiziellen aus der Großraumkabine.
Bradford McFadden stärkte sich mit einem Schluck Whisky, den er in seinen grauen Bart goss. Dann befahl er seiner Familie und dem gesamten Anhang, sofort zu packen und abzureisen.
»In diesem Jahr treten wir nicht mehr auf«, stammelte Bradford McFadden, als die Dundee Singers im Schutz der Ordner und ihrer Leibwächter das Gebäude verließen und in zwei gepanzerte Limousinen stiegen. Sie wollten zunächst zum Hotel fahren.
***
Am nächsten Morgen saßen Jim Brodie und ich im Büro des Chefredakteurs Martin T. Stone. Er hatte wieder mal eine neue Sekretärin im Vorzimmer sitzen. In der Redaktion des London City Observer kursierten Wetten, wie lange diese es wohl aushalten würde.
Stone, Mitte Vierzig, mit angegrauten Schläfen und von stattlicher Statur, saß hinter seinem wie üblich mit Papieren überhäuften Schreibtisch.
Golden schien die Herbstsonne durch das dahinterliegende Fenster herein. Der Verkehrslärm auf der Lupus Street im Zentrum von London war hier oben im dritten Stock nicht mehr zu hören, da das Fenster geschlossen war.
»Das ist ja ein tolles Ding mit der Erscheinung der toten Stella McFadden auf offener Bühne, dem Trubel und dem Konzertabbruch, Jessica«, sagte Stone. »Der Artikel, den Sie darüber abgeliefert haben, ist recht ordentlich. Zum Glück hat es in der Konzerthalle kein böses Unglück und keinen größeren Tumult gegeben.«
Die Fans hatten gebuht und getobt. Ein paar Sitze waren zerschlagen und weitere Schäden angerichtet worden. Aber mehr war nicht passiert.
Die Fans hatten ihre Wunderkerzen und Feuerzeuge eingepackt, als sie merkten, dass ihre Idole nicht zurückkehren würden, und waren enttäuscht und mit langen Gesichtern nach Hause gegangen.
Mein Artikel über den Spuk bei dem Megakonzert war noch in der gleichen Nacht und in fliegender Eile auf die Titelseite gedruckt worden. Ich hatte den Text noch von der Konzerthalle aus per Handy in die Redaktion durchtelefoniert, aus dem Stegreif gesprochen. Am schwierigsten aber war es gewesen, die Sensationsmeldung noch auf die erste Seite unserer Zeitung zu bringen. Eigentlich war ein Artikel innen im Blatt vorgesehen gewesen.
Doch die Sensation konnte sich der London City Observer nicht entgehen lassen.
Jim hatte noch in der Nacht seine Fotos entwickelt. Der Geist war auf den von ihm geschossenen Bildern jedoch nicht zu sehen. Auch auf anderen beim Konzert geschossenen Fotos und den Überwachungsvideobändern nicht, wie wir bereits wussten.
Als ich um zehn Uhr zum Chefredakteur bestellt wurde, hatte ich Angst, er würde mich zusammenstauchen wegen Mängeln im durchtelefonierten Text. Stone hatte da seine besondere Art.
»Tja«, sagte Stone nun, »da hatte ich wieder mal den richtigen Riecher, Sie zu dem Konzert zu schicken, Jessica. Mit Ihrer Story bin ich sehr zufrieden. Nur – wie soll es damit weitergehen? Die Dundees kehren in ihr Schloss in Schottland zurück und wollen sich zuerst mal abschotten, wie ich aus zuverlässiger Quelle erfahren habe. Über die Millionenklage gegen den Konzertveranstalter und die Gesellschaft, der die Konzerthalle gehört, werden wir unsere Leser auf dem Laufenden halten. Doch das ist nur Beiwerk. Was unsere Leser wirklich interessiert, ist …«
»… ob es sich um eine echte Geistererscheinung gehandelt hat, oder um einen technischen Trick, wie Bradford McFadden behauptet«, sprach ich Stones weitere Gedanken aus. »Allein das interessiert die Leser, alles andere ist … Aber das sagten Sie gerade ja schon.«
»Genau«, sagte Stone. »Jessica, ich sehe, Sie lernen bei mir. Was halten Sie von der Sache? Ist es ein echter Spuk oder ein vorgetäuschter?«
Er sah mich durchdringend an.
»Das war ein waschechter Spuk«, sagte ich. »Das weiß ich und spürte ich auch.«
Martin T. Stone war ein hochintelligenter Mann. Er setzte mich, eine junge Reporterin von gerade mal Mitte Zwanzig, bevorzugt für übernatürliche Themen ein.