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"Du wirst sterben, wenn du mir nicht hilfst, Jessica Bannister!", droht die durchscheinende Gestalt der Lady Mary Cartland. "Sterben!", wiederholt sie düster, und dann zeigt sie Jessica, wie ernst es ihr damit ist. Die junge Reporterin sieht das unheimliche Gespenst der Lady Mary - und auch sich selbst, wie sie schlafend im Bett liegt. Und sie sieht den blitzenden Dolch, mit dem Lady Mary zusticht.
So erlebt Jessica die grausame Lady Mary in ihren Träumen. Dann sieht sie sie wieder - in dem berühmten Londoner Wachsfigurenkabinett. Hier steht die Nachbildung der berühmten Mörderin aus dem 18. Jahrhundert, doch plötzlich verschwindet die Figur der Lady Mary. Von unheimlichem Leben erfüllt wandelt sie nun durch London. Und immer wieder droht sie Jessica: "Du wirst sterben, wenn du mir nicht hilfst, Jessica Bannister ...!"
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Seitenzahl: 124
Veröffentlichungsjahr: 2017
Cover
Impressum
Die Hauptpersonen
Der Geist im Wachsfigurenkabinett
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: coka; Chad Bontrager; Dan Kosmayer / shutterstock
Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam
ISBN 978-3-7325-5471-3
www.bastei-entertainment.de
Die Hauptpersonen:
Jessica Bannister
Sie ist Reporterin beim London City Observer und auf mysteriöse Fälle spezialisiert. Sie hat übersinnliche Fähigkeiten, kann in Visionen und Träumen in die Vergangenheit reisen und die Zukunft voraussehen. So sah sie als Zwölfjährige auch den Tod ihrer Eltern voraus. Sie wuchs danach bei ihrer Großtante Beverly Gormic auf, bei der sie noch heute lebt.
Jim Brodie
Er ist Fotograf beim London City Observer. Als Jessica ihren Job bei der Zeitung antritt, steht er ihr sogleich mit Rat und Tat zur Seite, und es entwickelt sich schon bald eine enge Freundschaft zwischen den beiden. Wenn Jessica an einem Auftrag arbeitet, ist er fast immer als Fotograf an ihrer Seite.
Beverley Gormic
»Tante Bell« ist Jessicas Großtante. Nach dem Tod von Jessicas Eltern hat sie ihre Nichte bei sich aufgenommen und großgezogen. Jessica hat auch heute noch ein sehr enges Verhältnis zu ihrer Ziehmutter. Beverly weiß über Jessicas übersinnliche Fähigkeiten Bescheid, sie selbst befasst sich intensiv mit Spiritismus und Okkultismus.
Martin T. Stone
Der Chefredakteur des London City Observer
Der Geist im Wachsfigurenkabinett
von Janet Farell
Furcht und Panik erfüllten mein Herz. Als ich meine Schritte stoppte, rauschte das Blut in meinen Ohren. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wie lange ich schon durch diesen finsteren, gewölbeartigen Gang lief, jetzt war ich stehen geblieben und sah mich wieder um. Die Pechfackeln in den Wandhalterungen knisterten leise und tauchten den Gang in ein geisterhaftes Licht.
Fröstelnd zog ich den Gürtel meines dünnen Morgenmantels enger, während die Feuchtigkeit an meinen Beinen hochkroch. Ich überlegte fieberhaft, wie ich hierher geraten war, konnte mich aber nicht erinnern.
Meine Furcht wuchs ins Unermessliche. Ich rannte weiter durch das lange Gewölbe. Hohl klangen meine Schritte von der kuppelförmigen Decke wider. Der unheimliche Gang schien kein Ende nehmen zu wollen. Längst schon hatte ich aufgehört, die massiven Steinsäulen, die das Gemäuer in regelmäßigen Abständen stützten, zu zählen. Nach Fäulnis und Moder roch es in diesem Gang aus dunklen großen Felsquadern, und Spinnweben hingen von der Decke herab und verklebten sich in meinem Haar.
Mein Atem ging rasselnd, und dennoch lief ich, so schnell ich konnte.
Raus hier, nur raus aus diesem Gewölbe,hallte es in mir …
Fast hätte ich die Rundbogentüre übersehen, die in einer der zahllosen Nischen zu meiner Rechten eingelassen war. Ich geriet ins Straucheln, als ich abrupt stoppte.
Ich hatte gar nicht an einen angrenzenden Raum gedacht. Nun stand ich zögernd vor der Tür, dessen morsches Holz lediglich von den rostigen Eisenstreben zusammengehalten wurde. Ein dickes Netz von Spinnweben hatte sich über das Portal gelegt.
Meine Brust hob und senkte sich, als ich mit einer energischen Bewegung die Spinnweben fortwischte, dann rüttelte ich an der verrosteten Klinke.
Erfolglos, wie ich enttäuscht feststellen musste. Das Holz ächzte nur kurz.
Es wäre auch zu schön gewesen, durch die Seitentür entwischen zu können, dachte ich resignierend.
»Jessica!«
Hohl und unheimlich klang die Stimme durch das zwielichtige Gewölbe und brachte mich an den Rand eines Herzinfarktes.
Wie von der Tarantel gestochen fuhr ich herum.
An der kuppelförmigen Decke malte sich im Schein der flackernden Fackeln ein bedrohlicher Schatten ab. Im gleichen Augenblick drang das Geräusch sich nähernder Schritte an meine Ohren.
Ich hielt den Atem an und presste mich fest in die dunkle Nische.
Stille, dann wieder diese grausigen, schlürfenden Schritte, die sich langsam, aber unaufhaltsam näherten.
Schweiß perlte auf meiner Stirn.
»Jessica, hilf mir!«, ertönte die Stimme nun. Es handelte sich eindeutig um eine Frau, die da nach mir rief. Allerdings war es keine Bitte gewesen, sondern ein Befehl. Zumindest klang es so.
Ich kniff die Augen zu schmalen Schlitzen und wandte den Kopf zur Seite. Dem Schatten an der feuchten Decke nach zu urteilen, handelte es sich bei der unheimlichen Gestalt um ein … ein Monster. Die Erscheinung musste riesig sein, obwohl ich nach wie vor nur den Schatten sah.
Vergebens wartete ich auf das Auftauchen der dazu gehörenden Person.
»Hilf mir, Jessica!«, forderte das Ungeheuer mit einem drohenden Unterton in der Stimme, die aus dem Jenseits zu hallen schien.
Ich biss mir auf die Lippen und schüttelte stumm den Kopf. Alles, nur das nicht, durchzuckte es mich.
Dann setzte ich alles auf eine Karte und stemmte mich gegen die Tür in meinem Rücken.
Die Tür ächzte unter der Last meines schlanken Körpers. Dann – barst das wurmzerfressene Holz, und ich wurde in völlige Finsternis katapultiert.
Wild ruderte ich mit den Armen, um das Gleichgewicht zu halten, doch da landete ich in etwas Weichem. Ich tastete danach und fühlte Stoff. Vermutlich Kleidungsstücke.
Stöhnend richtete ich mich auf, als sich eine weitere Tür vor mir öffnete.
Ich wähnte ein Ungeheuer da draußen auf dem Gang, darum nahm ich mir nicht die Zeit, lange zu überlegen, tat den ersten Schritt nach vorn.
Mein Grauen wich der Verblüffung, als ich mich in meinem Schlafzimmer wiederfand! Ich wandte den Kopf und stellte fest, dass ich soeben aus meinem eigenen Kleiderschrank gestiegen war.
Unwillkürlich erinnerte ich mich an meine Kindheit, in der ich mich oft im elterlichen Kleiderschrank versteckt hatte.
Lange Zeit, mir über die rätselhaften Umstände Gedanken zu machen, fand ich nicht. Im fahlen Licht des Mondes, das durch das Fenster einfiel, sah ich mich selber in meinem Bett liegen. Zusammengerollt wie ein Säugling, eingewickelt in der Bettdecke. Ich konnte erkennen, wie sich die Decke unter meinen Atemzügen gleichmäßig hob und senkte.
So ähnlich muss es sein, wenn sich im Augenblick des Todes die Seele von der leblosen Hülle des Körpers löst, dachte ich voller Panik. Aber ich lebte, ich atmete ja.
Dennoch konnte ich nicht begreifen, was ich sah.
Ich starrte wie gebannt auf die rot glühenden Ziffern des Quarzweckers, ohne die Uhrzeit erkennen zu können. Die Zahlen verschwammen vor meinen schreckgeweiteten Augen zu einer breiigen Masse.
Plötzlich drang ein Zischen an meine Ohren, und ich sah, wie sich ein Nebel aus dem Display des Weckers zu lösen schien und dann wabernd und fluoreszierend über dem Bett schwebte. Ein Wispern, wie von tausend Stimmen hing im Raum.
Ich wollte schreien, brachte aber keinen Laut über die Lippen. Keiner meiner Muskeln gehorchte mir. Wie gelähmt stand ich neben dem Bett und wurde Zeugin eines unfassbaren Schauspiels.
Aus dem leuchtend roten Nebel manifestierte sich eine hoch gewachsene Gestalt. Die Umrisse verschwammen leicht, und dennoch erkannte ich Sekunden später die Aura einer altertümlich gekleideten Frau mit energischen Gesichtszügen, die mich im Schlaf beobachtete.
Ein diabolisches Grinsen huschte um ihre harten Mundwinkel. Ihre Augen glühten förmlich, und ich nahm den langen Gegenstand wahr, den sie nun hinter dem Rücken hervorzog.
Die Klinge eines Dolches blitzte im bläulichen Mondlicht.
Mit einer ruckartigen Bewegung riss die Geisterfrau die Hand hoch, die das Messer hielt. Drohend schwebte die Klinge über mir im Bett.
»Hilf mir, Jessica«, ertönte ihre Stimme tief in mir. »Sonst wirst du mein Schicksal teilen!«
Ich – mein anderes ich im Bett – schien nichts von dem gespenstischen Besuch zu merken. Völlig wehrlos musste ich mich meinem schier unaufhaltsamen Schicksal ergeben, musste hilflos zusehen, wie die lange Klinge des Dolches durch die Luft zischte.
Meine Muskeln verkrampften sich, dass es schmerzte, aber ich konnte mich einfach nicht rühren. Ich konnte nicht verhindern, dass sich die Mordwaffe in meine Brust senkte.
Dann erst löste sich der Krampf, von einer Sekunde zur anderen fiel die Lähmung von mir ab.
Ich stürzte auf die Geisterfrau zu, wollte den Arm mit dem Messer wegreißen, fuhr aber, ohne Widerstand zu spüren, durch die rötliche Erscheinung hindurch und landete unsanft in meinem Bett.
»Nein, töte mich nicht!«, gellte mein Schrei durch die Nacht.
***
»Jessi, Kindchen, wach auf!«
Wie durch Watte drang Tante Bells Stimme an meine Ohren.
Noch immer war ich starr vor Schreck und weigerte mich, die Augen zu öffnen. Ich spürte, dass mein Gesicht feucht war, denn ich schwitzte und weinte, doch zärtlich strich Tante Bells Hand über meine erhitzte Wange.
Ein pelziger Belag auf meiner Zunge verursachte einen Hustenanfall. Ich fuhr in die Höhe und schlug die Augen auf.
Endlich war ich zurück in der Realität. Ich erkannte im matten Schein der Nachttischlampe das rundliche, gutmütige Gesicht meiner Tante Beverly, die mir aufmunternd zunickte. Keine Spur mehr von der mordlüsternen Geisterfrau, auch der todbringende Dolch war nirgends mehr zu sehen.
Dicke Regentropfen klatschten gegen die Fenster. Ich zitterte am ganzen Leibe und hatte Schwierigkeiten, den Traum zu verarbeiten.
Ich war Zeugin meiner eigenen Ermordung geworden.
»Du hattest wieder einmal einen dieser … Träume«, riss mich Tante Bells Stimme aus den düsteren Gedanken. Sie strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und musterte mich besorgt.
Ich nickte stumm.
»Aber …«, setzte ich an, doch sie brachte mich mit einer Handbewegung zum Schweigen. Mir war klar, was in ihrem Kopf vorging.
Meinen ersten Traum dieser Art hatte ich im Alter von zwölf Jahren gehabt. Meine Eltern hatten mich zu meiner Großtante Bell gebracht, weil sie zusammen ausgehen wollten, in die Oper und dann in ein Restaurant. Ich war gern bei meiner Großtante gewesen, obwohl ihre Villa im Londoner Stadtteil Hampstead vollgestopft war mit allerhand okkulten Exponaten.
Nachdem ich schließlich mitten in der Nacht eingeschlummert war, träumte ich, dass Jonathan und Julia Bannister, meine Eltern, ums Leben kamen, doch in dieser Nacht hatte Tante Bell versucht, mir einzureden, dass es sich dabei um einen bedeutungslosen Albtraum gehandelt hatte. Erst, als einige Stunden später ein Polizist die Nachricht vom Tode meiner Eltern überbrachte, dachte Tante Bell anders darüber.
Tante Bells Hobby war alles Übersinnliche, und sie war überzeugt davon gewesen, dass übernatürliche Kräfte in mir schlummerten. Inzwischen wusste ich, dass sie damit recht gehabt hatte, dass ich diese Fähigkeiten von meiner Mutter geerbt hatte. Doch noch immer fiel es mir schwer, dies als Realität zu akzeptieren.
Seit dem Tod meiner Eltern lebte ich nun bei meiner Großtante Beverly Gormic. Tante Bell hatte mich aufgezogen wie ihre eigene Tochter.
»Nun erzähl erst mal, was los war«, forderte sie mich jetzt auf und hielt mir ein Glas Wasser hin, das ich dankend annahm.
»Ich sah meinen Tod«, berichtete ich stockend, während mein Blick ins Leere glitt.
Mit Daumen und Zeigefinger wischte ich den Beschlag des Glases fort und berichtete meiner Tante detailliert von meinem Albtraum.
Unten in der Halle schlug die alte Standuhr. Mit einem Seitenblick auf den Wecker stellte ich fest, dass bereits die zweite Stunde des neuen Tages begonnen hatte.
Immer wieder glitt mein Blick hinüber zum Kleiderschrank.
»Kind, es sieht aus, als müsstest du sehr vorsichtig sein«, murmelte Tante Bell mit belegter Stimme, als ich meine Ausführungen beendet hatte.
Ich nickte nachdenklich und ergriff ihre Hand.
»Das werde ich, Tante Bell, das werde ich«, versprach ich.
***
Martin T. Stone, Chefredakteur des London City Observer und mein Vorgesetzter, blickte demonstrativ auf die Uhr, als ich sein Büro betrat. Hier herrschte das übliche Chaos. Wie immer quoll der Papierkorb über, wie immer türmten sich auf seinem wuchtigen Schreibtisch Manuskripte, Pressemitteilungen und irgendwelche Unterlagen.
»Wo bleiben Sie denn, Jessica?«, polterte er los und deutete mit seiner mächtigen Pranke auf den unbequemen Holzstuhl vor seinem Schreibtisch.
Ich nahm Platz und murmelte eine Entschuldigung.
Der Chefredakteur des London City Observer musterte mich mit seinen blauen Augen. Wie immer hatte er die Ärmel seines weißen Hemdes hochgerollt, die Krawatte hing auf halb acht. Stones schwarze Haare waren an den Schläfen grau meliert.
Nun knüllte er ein beschriebenes Blatt zusammen und wollte es in den vollen Papierkorb befördern. Er zuckte mit den Schultern, als es dicht daneben auf den Boden landete, und sagte: »Nicht mein Tag.« Er wedelte sich mit einem Manuskript frische Luft zu, ohne mich eine Sekunde lang aus den Augen zu lassen.
»Sicherlich wissen Sie, dass wir in diesen Tagen Besuch von einer befreundeten Zeitung aus Frankreich im Hause haben«, eröffnete er in versöhnlichem Tonfall das Gespräch.
Ich nickte bedächtig. Seit Montag befand sich eine Delegation der Parisienne Gazette in der Redaktion. »Ein Schüleraustausch«, hatte Jim Brodie, der junge Starfotograf des London City Observer, es scherzhaft genannt.
Nun war der Chefredakteur bemüht, seine Zeitung in einem guten Licht erstrahlen zu lassen und gab sich alle erdenkliche Mühe, sich als jovialer Chefredakteur, der sich als Mitglied eines Teams von Journalisten sah, zu zeigen. Mit wieviel Erfolg dieses Unterfangen gekrönt sein würde, vermochte ich nicht zu sagen.
Martin T. Stone redete um den heißen Brei herum, was ich von ihm nicht gewohnt war, und dozierte stundenlang über die britisch-französische Freundschaft.
Meine Gedanken schweiften ab zu meinem Albtraum, der mich um den wohlverdienten Schlaf gebracht hatte. Erst einige Liter Kaffee hatten meinen Kreislauf in Schwung gebracht, als ich die Redaktion am Morgen erreicht hatte. Jim Brodie hatte mich sogar auf die schwarzen Ringe unter meinen Augen angesprochen. Make-up hat eben auch keine Zauberkraft …
»Jessica, hören Sie mir überhaupt zu?«, riss mich Stones sonore Stimme aus den Gedanken.
Ich zuckte zusammen und schlug hastig die Beine übereinander. »Sicher, Mister Stone«, beeilte ich mich zu sagen.
Viele Mitarbeiter hätten sich jetzt vor einem seiner cholerischen Ausbrüche gefürchtet, ich aber wusste, dass sich unter der harten Schale ein weicher, sanftmütiger Kern verbarg. Auch wenn er seinen Mitarbeitern das Äußerste abverlangte, so war er doch ein fairer Chef.
»Ist Ihnen nicht gut?«, fragte er.
Ich wollte etwas erwidern, hatte zu einem Nicken angesetzt, als ich in meinem Inneren die Stimme der Geisterfrau vernahm.
Hilf mir, oder es wird dein Tod sein, Jessica!
Ich berührte mit den Fingerspitzen meine Schläfen, konnte dabei das Zittern meiner Hände nicht unterdrücken.
Ich hielt für eine Sekunde die Luft an und lauschte in mich hinein.
»Sie benötigen dringend frische Luft«, murmelte Martin T. Stone nachdenklich. »Zeigen Sie dem stellvertretenden Chefredakteur der Gazette unsere Stadt.«
Ich legte den Kopf schräg. »Bitte?«
Stone erhob sich und umrundete den Schreibtisch. »Ich komme hier einfach nicht weg«, brummte er und deutete auf den Berg Papier auf seinem Tisch. »Es wäre ein netter Zug, wenn Sie mich vertreten würden. Zeigen Sie Henri Perdant London. Besuchen Sie mit ihm die Sehenswürdigkeiten!«
Es war nicht meine Aufgabe, als Fremdenführerin zu agieren. Ich war Journalistin und hatte genügend Arbeit auf meinem Schreibtisch, die irgendwann erledigt werden musste. Nun wurde ich abgestellt, um einem dicken, sicherlich Zigarre rauchenden Franzosen London zu zeigen.
Dennoch, ich war einfach zu müde, um mit Martin T. Stone darüber zu diskutieren, was auch in den seltensten Fällen Sinn machte. Mit matter Stimme willigte ich ein, als die Bürotür aufflog.
Belinda, Stones neue Vorzimmerdame, trat ein. Sie arbeitete seit drei Tagen beim London City Observer