Kitty Vegas - Jona Dreyer - E-Book

Kitty Vegas E-Book

Jona Dreyer

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Beschreibung

Er ist heiß. Er spielt nur nach seinen eigenen Regeln. Und er ist ein ATF-Informant. Kitty Vegas' Stripshow ist legendär. Ein Leben in Luxus sein Alltag. Doch in Wahrheit wünscht er sich nichts sehnlicher, als dem Sumpf aus Gewalt und Verbrechen zu entkommen, auf dem sein glamouröses Leben fußt. Dafür gibt es nur noch einen Weg: ein doppeltes Spiel ... Nach einem persönlichen Schicksalsschlag kämpft sich ATF-Special Agent Rick Callahan zurück in sein normales Leben. Sein erster Ermittlungsauftrag nach Jahren führt ihn ausgerechnet zu einem zweifelhaften V-Mann mit dem Künstlernamen Kitty Vegas. Der verführerische Kitty schleust ihn nicht nur in den Nachtclub des größten, illegalen Waffendealers Nevadas ein, sondern zieht den sonst so konservativen Rick auch in einen Strudel aus Gefahr, Lust und überwältigenden Gefühlen, aus dem es bald kein Entkommen mehr gibt. Doch ist Kitty zu trauen? Und was für ein Mann verbirgt sich wirklich hinter dem selbstbewussten Edelstripper?

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Kitty Vegas

Gay Drama

© Urheberrecht 2020 Jona Dreyer

 

Impressum:

Tschök & Tschök GbR

Alexander-Lincke-Straße 2c

08412 Werdau

 

Text: Jona Dreyer

Coverdesign: Jona Dreyer

Coverbild: depositphotos.com

Lektorat/Korrektorat:   Kelly Krause, Kristina Arnold, Sandra Schmitt & Shannon O’Neall

 

Kurzbeschreibung:

Er ist heiß. Er spielt nur nach seinen eigenen Regeln. Und er ist ein ATF-Informant.

Kitty Vegas' Stripshow ist legendär. Ein Leben in Luxus sein Alltag. Doch in Wahrheit wünscht er sich nichts sehnlicher, als dem Sumpf aus Gewalt und Verbrechen zu entkommen, auf dem sein glamouröses Leben fußt. Dafür gibt es nur noch einen Weg: ein doppeltes Spiel ...

Nach einem persönlichen Schicksalsschlag kämpft sich ATF-Special Agent Rick Callahan zurück in sein normales Leben. Sein erster Ermittlungsauftrag nach Jahren führt ihn ausgerechnet zu einem zweifelhaften V-Mann mit dem Künstlernamen Kitty Vegas. Der verführerische Kitty schleust ihn nicht nur in den Nachtclub des größten, illegalen Waffendealers Nevadas ein, sondern zieht den sonst so konservativen Rick auch in einen Strudel aus Gefahr, sexueller Lust und überwältigenden Gefühlen, aus dem es bald kein Entkommen mehr gibt.

Doch ist Kitty zu trauen? Und was für ein Mann verbirgt sich wirklich hinter dem selbstbewussten Edelstripper?

Über die Autorin

»Fantasie ist wie ein Buffet. Man muss sich nicht entscheiden – man kann von allem nehmen, was einem schmeckt.«

Getreu diesem Motto ist Jona Dreyer in vielen Bereichen von Drama über Fantasy bis Humor zu Hause. Alle ihre Geschichten haben jedoch eine Gemeinsamkeit: Die Hauptfiguren sind schwul, bi, pan oder trans. Das macht sie zu einer der vielseitigsten Autorinnen des queeren Genres.

Vorwort

Dieser Roman hat schon sagenhafte zweieinhalb Jahre darauf gewartet, endlich geschrieben zu werden. Der Anfang steht schon lange, aber dann verließ mich die Muse und räumte anderen Projekten den Vorrang ein. Jetzt war es aber endlich so weit und ich konnte diesen Roman, der mir schon so lange unter den Nägeln brennt, endlich zu einem Ende bringen.

Was mich bislang ein bisschen ausgebremst hat, war die Recherche. Die ist gar nicht so einfach und muss sich bei diesem besonderen Thema manchmal auf die Oberfläche beschränken, denn die Behörden lassen sich bei Undercover-Ermittlungen natürlich nicht allzu gern in die Karten schauen. Daher habe ich die Stellen, zu denen ich nichts Verwertbares gefunden habe, mit meiner blühenden Fantasie gefüllt.

Da es sich hier um einen Spannungs- und Unterhaltungsroman handelt und nicht um ein Aufklärungsbuch über Polizeiarbeit, habe ich mir die Freiheit genommen, einige Dinge, die im realen Leben sonst viel mehr Zeit und Aufwand verschlingen, ein wenig zusammenzufassen und zeitlich zu raffen. So ein Undercover-Einsatz kann mitunter Monate bis Jahre dauern, aber das hätte der Story ihre Dynamik genommen. Denn letztendlich steht hier trotzdem eine Liebesgeschichte im Mittelpunkt und kein Krimi.

Sollten also ein paar Aspekte der Polizeiarbeit sachlich nicht stimmen: Ich habe nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert, den Rest verbuchen wir unter »künstlerische Freiheit«.

Ich wünsche euch spannende, aufregende und unvergessliche Stunden mit Kitty Vegas und Special Agent Rick Callahan.

Prolog

Durst. Es gab kaum ein vernichtenderes Gefühl.

Jeder Versuch, zu schlucken, fühlte sich an, wie mit einem Reibeisen zu gurgeln. Sein Speichel war längst vertrocknet, hatte seinen Mund in eine klebrige Höhle verwandelt, in der sich die Zunge kaum noch vom Gaumen lösen ließ. Sein Kopf schmerzte, fühlte sich an wie ein Vakuum, das sein Gehirn zu zerquetschen drohte.

Mit letzter Anstrengung kroch er über den Boden. Fühlte sich wie eine sterbende Schnecke, die man mit Salz bestreut hatte. Sand und abgestorbene Pflanzenteile scheuerten an seiner nackten, verbrannten Haut. Er heulte auf. Aber es war mehr ein Krächzen, denn seine trockene Kehle gab ihren Geist auf.

So wie alles andere.

So wie bald der Rest seines Körpers, wenn niemand kam, um ihn zu retten.

Und es würde niemand kommen, denn keiner, der ihn retten könnte, wusste, wo er war. Das war also das Ende. Sein Ende. Er hatte es sich anders vorgestellt. Aber wer immer mit dem Feuer spielte, der musste sich ja früher oder später verbrennen und er tat das gerade im wortwörtlichen Sinne.

Ich wünschte, ich hätte wenigstens noch Goodbye sagen können. Zu allen. Und mich entschuldigen für all den Scheiß, den ich gemacht habe.

Aber das war ein Wunsch, der ungehört verhallen würde. So, wie man ihn wahrscheinlich niemals fand. Wie er für immer hier draußen bleiben würde, auch wenn er längst tot war.

Er gab auf. Hörte auf zu kriechen und ließ sich endgültig in den Sand fallen. Atmete Staub, hustete gequält und hoffte nur noch, dass es schnell vorbei sein mochte. Er wollte nicht elendig verrecken.

Lange lag er so da, der Rücken brennend wie Feuer, und hoffte, dass ihn bald endlich die Ohnmacht übermannte. Aber sein Körper saugte sich ans Leben wie ein Egel, ließ nicht los, wollte immer noch nicht aufgeben, obwohl es zwecklos war. Das ferne Geräusch von Hubschrauberrotoren klang an seine Ohren. Es wurde lauter. Schien näher zu kommen. Mit letzter Kraft drehte er sich auf den Rücken und winselte heiser, als der kratzige Sand seine verbrannte Haut berührte.

Er sah immer noch keinen Hubschrauber. Aber er hörte einen. Oder bildete er sich das ein?

Kapitel 1

Lake Mead, Nevada

Erbarmungslos war gar kein Ausdruck dafür, wie die Sonne Ricks Schädel grillte. Wer auch immer den Wunsch verspürte, bei lebendigem Leibe zu Dörrfleisch zu werden: Nevada war der richtige Ort für ihn.

Rick hingegen verfluchte seine irischen Vorfahren, die ihm einen Hang zum Sonnenbrand vererbt hatten. Sunblocker und langärmelige Hemden gehörten zu seiner Überlebensstrategie; dummerweise hatte er seinen Hut zu Hause vergessen. Nun war er auf der Suche nach einem schattigen Plätzchen, an dem er warten konnte. Denn er hatte eine Verabredung. Kein Date, nichts, was mit Romantik zu tun hatte. Seine Arbeit schickte ihn hierher. Eine Aufgabe, die er spontan für einen unerwartet ausgefallenen Kollegen übernehmen sollte, übermittelt durch einen kurzen, schnellen Anruf, während er unterwegs gewesen war.

Es war ein normaler Nachmittag am Lake Mead, nur dreißig Autominuten von Las Vegas entfernt. Familien versammelten sich am Strand, gingen baden und fuhren Motorboot oder Wasserski. Auch Camper oder Hausboote sah man hier oft. Inmitten der Mojave-Wüste war der See eine willkommene Abwechslung für alle, die nach Entspannung und Erfrischung suchten. Auch Rick hätte nicht übel Lust, eine Runde in dem vermutlich pisswarmen Wasser zu schwimmen, aber dafür blieb jetzt keine Zeit.

Ein schattiges Plätzchen auszumachen, war nicht ganz einfach, denn hier gab es nur wenige Bäume und diese geschützten Stellen waren größtenteils von Familien okkupiert, aber schließlich hatte er Glück. Im Schatten einer verkorksten Palme ließ er sich nieder und blickte sich aufmerksam um. Er hatte keine Ahnung, wie die Dame aussah, die er treffen sollte, und verfluchte sich selbst im Stillen für seine nachlässige Vorbereitung.

Er hatte in der Nacht zuvor wieder einmal kaum Schlaf gefunden. Sich von einer Seite auf die andere gewälzt und über Dinge nachgedacht, die er nicht mehr ändern konnte. Am Morgen war er wie üblich vollkommen übermüdet gewesen und hatte nicht die Energie aufbringen können, in die Akte zu schauen, um wenigstens eine Ahnung zu haben, auf wen er hier warten sollte. Gefühlte zehn Liter Kaffee später hatte er es immerhin geschafft, sich ins Auto zu setzen und zum Boulder Beach am Lake Mead zu fahren. Hoffentlich lohnte sich das wenigstens und die Dame namens Kitty, zu der sein plötzlich ausgefallener Kollege einen Kontakt aufgebaut hatte, hatte ein paar nützliche Informationen zu bieten. Bisher war er nicht in den Fall involviert gewesen, aber Stirling hatte darauf bestanden, dass man ihn zu dieser Kitty schickte und keinen anderen.

Rick hielt Ausschau nach jemandem, der ebenfalls nach jemandem Ausschau hielt, aber alle schienen mit sich selbst und ihren freizeitlichen Freuden beschäftigt. Eine äußerst korpulente Frau fortgeschrittenen Alters versuchte, sich mit Sonnencreme einzuschmieren, was an ihren zu kurzen Armen scheiterte. Ihr Mann saß teilnahmslos daneben und Rick dachte daran, dass er beim nächsten Barbecue mal wieder marinierte Steaks grillen könnte. Er warf einen Blick auf die Uhr. Kurz vor drei. So langsam sollte diese Kitty hier mal auftauchen.

»Ich will ja nicht stören, aber du wirkst ziemlich einsam«, sprach ihn unvermittelt jemand von der Seite an.

Erschrocken fuhr Rick zusammen und hob den Blick über den Rand seiner Sonnenbrille. Ein freundliches, ausnehmend hübsches Gesicht lächelte auf ihn herab. Ein männliches Gesicht mit einem Ring im rechten Nasenflügel. »Ich warte auf jemanden«, erklärte er kurz angebunden und unterzog den Mann einer verstohlenen Musterung.

Der trug nichts bis auf eine lässige Shorts, die ihm bis zum halben Oberschenkel reichte und seine definierte, wohltrainierte Figur preisgab. Auffällig waren die zahlreichen Tätowierungen, die sich von den Füßen bis hinauf zum Hals zogen. Es schien kaum eine Stelle am Körper dieses Kerls zu geben, die nicht in irgendeiner Weise mit Tinte verziert worden war. Bevor Rick allerdings anfing, auch noch die Piercings zu zählen, angefangen beim Bauchnabel, wandte er eilig den Blick ab.

»So ein Zufall, ich warte auch auf jemanden«, verkündete der Mann und setzte sich einfach neben ihn. »Auf wen wartest du?«

»Auf eine Frau«, antwortete Rick, zog die Knie an den Körper und umschlang sie mit den Armen. Die Nähe dieses Typen war irritierend. Er roch unverschämt gut nach sonnengewärmter Haut und einer herben, männlichen Note, unterstrichen von einem passenden Aftershave.

»Wie sieht sie denn aus?«, wollte der Mann wissen.

»Das weiß ich nicht«, gab Rick zu.

»Okay?« Der andere kratzte sich am Kopf und strich sich Strähnen seines feuchten, braunen Haars aus der Stirn, das an den Seiten zu einem Undercut geschnitten war. Die Frisur betonte seine feinen Gesichtszüge perfekt. »Ein Blind Date also?«

»So in der Art, ja.« Verschwinde, dachte Rick. Du lenkst mich ab. Er hatte jetzt keine Zeit für einen unverbindlichen Plausch mit einem Fremden, mochte der noch so gut aussehen.

»Verstehe.« Der Kerl lehnte sich gegen den Stamm der Palme, verschränkte die Arme und streckte seine langen Beine vor sich aus. »Ihr müsst doch irgendetwas abgemacht haben, woran ihr euch erkennt. Klamotten, eine Ansteckblume, irgendsowas.«

Rick lachte leise und blinzelte in Richtung See, auf dem Motorboote ihre Kreise zogen, während sich im Hintergrund diesig-dunkle Felsformationen erhoben. Der Strand war hell, aber eher steinig. Die Wellen glitzerten einladend in der Sonne und Ricks Bedürfnis, eine Runde schwimmen zu gehen, wuchs ins Unermessliche. »Es gibt da einen bestimmten Satz, den ich beginne und sie beenden muss«, erklärte er dem Mann schließlich, obwohl den das nun wirklich nichts anging.

»Bescheuerte Idee.«

»Warum?«

»Na ja, willst du jetzt den ganzen Strand ablaufen und alle Frauen, die du triffst, nach diesem Satz fragen, bis eine die richtige Antwort gibt? Ein optisches Erkennungsmerkmal wäre schon irgendwie klüger gewesen.«

»Tja«, gab Rick seufzend zurück, »da hast du wohl nicht ganz unrecht. Und du? Auf wen wartest du?«

»Auf einen Typen.« Rick spürte den neugierigen Blick, den der Kerl ihm von der Seite zuwarf. »Ist nicht so wichtig.« Plötzlich löste er seine entspannte Haltung und rappelte sich auf. Für einen Moment glaubte Rick, der Kerl wollte sich von dannen machen, aber weit gefehlt. »Ich hole uns mal was zu trinken. Nicht abhauen, okay? Sollte ich unterwegs zur Strandbar auf eine verdächtige Frau treffen, werde ich sie direkt zu dir schicken. Ansonsten schlage ich vor, wir warten hier zusammen auf unsere Dates.«

Rick stöhnte innerlich auf, aber er nickte. Er würde nicht abhauen, auch wenn er sich wünschte, in Ruhe gelassen zu werden. Wo sollte er auch hin? Von hier aus hatte er einen guten Überblick über den Strand und konnte sehen, wenn jemand Neues das Gelände betrat. Warum ließ diese verdammte Kitty so lange auf sich warten? Kniff sie am Ende doch? War irgendetwas schiefgegangen? Inzwischen kehrte der tätowierte Kerl mit zwei großen Gläsern Cola zurück, die mit reichlich Eiswürfeln bestückt worden waren. Dankbar nahm Rick ein Glas entgegen und trank einen Schluck. Es war eine Wohltat in dieser sengenden Hitze.

Der köstliche Duft hüllte ihn erneut ein, als der Kerl sich wieder neben ihn setzte. Es musste wirklich an seiner Übermüdung liegen, dass er so intensiv auf diese Reize reagierte. Er wandte sich ihm zu und empfing ein Lächeln von einem Gesicht, das, Müdigkeit hin oder her, wirklich ausnehmend hübsch war. Die Augen waren so blaugrün wie das Wasser des Lake Mead, umgeben von einem dunklen Wimpernkranz. Die Nase war maskulin und gerade und der Ring eine Zierde. Besonders hervor stach für Rick allerdings der Mund. Er hatte selten einen Mann mit so sinnlichen Lippen gesehen. Sie waren nicht zu schmal und nicht zu wulstig, der Amorbogen stark ausgeprägt und die Farbe rosig wie frisch geküsst.

Jetzt reiß dich zusammen, verdammt noch mal!

Was war nur plötzlich mit ihm los? Die Sonne hatte sein Hirn offenbar schon zu stark gegrillt, sodass er gar nicht mehr klar denken konnte. Vermutlich würde er sogar dann so heftig reagieren, wenn sich die dicke Frau mit der Sonnencreme neben ihn gesetzt hätte. Er hatte dringend Urlaub nötig. Den würde er postwendend einreichen, sobald er mit dieser Kitty gesprochen hatte.

Lange saßen sie nebeneinander und beobachteten die Umgebung. Die Zeit verging und niemand Verdächtiges tauchte auf.

»Weißt du denn, wie derjenige aussieht, auf den du wartest?«, fragte er seinen unerwünschten Begleiter schließlich, weil die Stille peinlich wurde.

»Ja, weiß ich. Bis jetzt ist er definitiv nicht aufgetaucht. Wo kommst du her, wenn ich fragen darf?«

»Henderson«, antwortete Rick. »Und du?«

»Boulder City. Ich arbeite allerdings in Vegas, also komme ich irgendwie auch da her.«

Rick warf ihm ein kleines Lächeln zu. »Ja, das trifft auf mich wohl auch zu.«

»Wo arbeitest du denn?«

»Oh, ich glaube, für solche Gespräche kennen wir uns nicht gut genug«, beschied er den Kerl und nippte an seiner Cola, die inzwischen reichlich verwässert schmeckte, weil die Eiswürfel eines traurigen Todes gestorben waren.

»Na schön. Verrätst du mir wenigstens deinen Namen?«

»Rick.« Er trank aus, stellte das leere Colaglas beiseite und verschränkte wieder die Arme. »Was schulde ich dir für die Cola?«

»Nichts. Ich bin übrigens Hayden.«

»Freut mich. Und vielen Dank.« Rick warf ihm einen Blick zu und stellte fest, dass Hayden ihn, den Kopf gegen den Stamm gelehnt, versonnen musterte. Der Blick aus den seegrünen Augen sandte ein merkwürdiges Flattern in seine Magengegend. »Bist du öfter hier?« Jetzt fang nicht auch noch Gespräche an, mahnte ihn seine innere Stimme, am Ende bist du abgelenkt und verpasst diese Kitty.

»So oft es geht«, berichtete Hayden. »Was leider nicht allzu oft ist. Ich hätte gern mehr Zeit zum Relaxen, aber nun ja, die Arbeit ... du kennst das sicher.«

Rick nickte. Das kannte er allerdings zu gut. »Traurig, oder? Man verbringt so viel Zeit bei der Arbeit und so wenig mit Dingen, die einem wirklich Freude machen.«

Hayden gab ein leises Seufzen von sich. »Sollte ich jemals genug Kohle dafür haben, dann kaufe ich mir ein Hausboot und schippere den lieben langen Tag auf dem Lake Mead herum.«

»Das klingt nach einem guten Plan«, erwiderte Rick und lächelte. Er warf einen Blick auf seine Uhr. Es ging auf halb vier.

»Sieht so aus, als hätte man uns beide versetzt, was?«, folgerte Hayden.

»Ja«, stimmte Rick zu. »Tut mir leid für dich.«

»Ist nicht schlimm. Ich mag den Typen ohnehin nicht.«

»Warum triffst du dich dann mit ihm?«

Hayden lächelte wieder und hob die Schultern. »Lange Geschichte. Also. Gehen wir?«

»Gehen?«, fragte Rick verdutzt. »Wohin denn?«

»In eine ruhige Ecke, oder willst du hier vor allen Leuten vögeln?«

»Vögeln?«, wiederholte Rick und ihm versagte fast die Stimme. Er rückte ein Stück von Hayden ab.

»Jetzt spiel mir nicht die verschämte Jungfer vor. Deine Blicke sind wie die Saugnäpfe einer Tiefseekrake. Ich wurde versetzt, du wurdest versetzt, wir haben uns ein bisschen Spaß verdient, findest du nicht?«

»Und wer sagt, dass ich auf Männer stehe?«

»Na deine Krakenblicke.«

Treffer versenkt.

»Ich kann nicht. Muss zurück zur Arbeit.«

»Red kein Blech. Für dein Blind Date hättest du auch Zeit gehabt. Warum überhaupt eine Tussi? Suchst du eine Alibifreundin?«

»Geht dich nichts an«, knurrte Rick, dem die gesamte Situation immer unangenehmer wurde.

»Ja, ja, schon gut. Jetzt komm schon.« Hayden lehnte sich zu ihm herüber und sein Duft wurde so intensiv, dass Ricks Magen geradezu schmerzhaft kribbelte. »Mein Arsch ist exquisit«, flüsterte er, »du wirst es nicht bereuen.«

Guter Gott.

Das Kribbeln raste förmlich in Ricks Unterleib. Die Hitze, die Sonne, Haydens Gegenwart, das war ein Cocktail, der ihn in die Knie zwang. »Ich habe keine Zeit«, sagte er trotzdem.

»Ich beeil mich«, flüsterte Hayden und seine Zungenspitze glitt so plötzlich in Ricks Ohrmuschel, dass er einen erschrockenen Laut ausstieß. »Ich kann schnell kommen, wenn ich will. Und danach kannst du zurück an deine ... Arbeit.« Bei letzterem Wort deutete er mit den Fingern Gänsefüßchen an.

Ich sollte nicht. Ich bin im Dienst. Aber wegen der halben Stunde vermisst mich jetzt sowieso keiner ... und dieser Kerl ist heißer als die Wüstensonne, verdammt.

»Na schön. Aber schnell.«

Hayden grinste, nahm ihn bei der Hand und zog ihn mit sich. Niemand nahm Notiz von ihnen, Gott sei Dank, alle dösten in der Sonne und waren mit sich selbst beschäftigt. Sie hielten auf eine abgelegene, felsige Ecke zu, in der ein paar karge Büsche wuchsen.

Du bist leichtsinnig. Er könnte dich angreifen und ausrauben.

Rick war im Nahkampf geschult, aber eigentlich auch darin, sich nicht unnötig in Gefahrensituationen zu begeben. Er blieb stehen.

»Was ist?«, fragte Hayden stirnrunzelnd.

»Ich glaube, es ist doch keine gute Idee. Woher weiß ich, dass ich dir trauen kann und du mir nicht einfach eins über den Schädel ziehst?«

»Weißt du nicht.« Haydens Hand glitt in seinen Schritt und knetete durch die Hose seinen sich sofort versteifenden Schwanz. »Genau das macht ja den Nervenkitzel aus. Ich weiß genauso wenig, wer du bist. Aber du bist rattenscharf, also riskier ich’s.«

Seit wann bin ich so ein elendes Hormonopfer? Vielleicht hätte ich mir doch öfter mal Sex gönnen sollen, anstatt mich nach Feierabend nur in meinem Zimmer zu vergraben.

Sein Schwanz und seine Füße überstimmten Ricks Verstand und setzten ihn wieder in Bewegung. Sie umrundeten die kleine Felsformation.

»Setz dich da auf den Felsen«, befahl Hayden und versetzte Rick einen kleinen Stoß.

Er plumpste auf den Stein, ignorierte den Schmerz in seinem Steißbein und lehnte sich zurück. Hayden verlor in der Tat keine Zeit, ging vor ihm in die Hocke, öffnete ihm die Hose und holte seinen viel zu harten Schwanz heraus.

»Oh yeah, das ist wie Weihnachten, und glaub mir, ich liebe Weihnachten.« Keinen Wimpernschlag später stülpten sich diese sinnlichen Lippen um Ricks Eichel, saugten, spielten mit der Zunge daran herum.

Rick wurde schwindelig vor Hitze, vor Lust, vor Überrumpelung. Was tat er hier eigentlich? Wenn seine Vorgesetzten das herausbekamen, würde das einen Arsch voll Ärger bedeuten. Trotzdem gruben sich seine Finger wie von selbst in Haydens Haar, sein Blick flog über die vielen Tätowierungen, die ihm gerade zu bunt und flimmernd erschienen, um einen Sinn zu ergeben. Hayden saugte an seinen Eiern, als gäbe es auf der Welt nichts Besseres als das.

Pfeif auf die Informantin, professionell kannst du später wieder sein und die taucht sowieso nicht mehr auf.

Rick schloss die Augen, lehnte sich noch weiter zurück und stieß Haydens heißem Mund mit seinen Hüften entgegen. Plötzlich ließ Hayden von ihm ab und glitt auf seinen Schoß.

»Du hast einen Luxusschwanz«, raunte er ihm ins Ohr und leckte ihm über den Hals, dass Rick ein heiseres Stöhnen ausstieß. »Ich hab einen Luxusarsch. Passt perfekt. Ich werd’s mir jetzt damit besorgen und du wirst nicht schlappmachen, bevor ich fertig bin. Klar?«

»Klar«, erwiderte Rick mit schwerer Zunge. Jeder vernünftige Gedanke verbrutzelte in der Hitze der Sonne und seiner Lust. Als Hayden von seinem Schoß glitt und sich splitternackt auszog, wollte er vor Geilheit am liebsten heulen.

So einen Körper hatte er noch nie gesehen. Durchtrainiert bis zur Perfektion, ohne die übertriebene Definition eines Bodybuilders, von Kopf bis Fuß tätowiert und gepierct, sogar am Schwanz. Beides. Und dieser Typ verführte gerade ihn. Warum auch immer.

Ist auch egal. Bei all dem Pech, das du in den letzten Jahren hattest, verdienst du dir das. Man muss auch mal Glück haben.

Hayden fischte ein Kondom und ein Briefchen Gleitgel aus der Tasche seiner abgelegten Shorts und warf Rick das Päckchen mit dem Gummi zu. »Ein Glück, dass ich immer vorbereitet bin. Pack deinen Schwanz ein, Sugar. Gleich gibt’s einen Ritt, den du nicht vergessen wirst.«

Rick riss das Kondompäckchen auf, kam in seiner Bewegung jedoch ins Stocken, als Hayden ihm den Rücken zuwandte, sich vor ihm bückte und mit glitschigen Fingern zwischen seine festen und – Überraschung – tätowierten Hinterbacken glitt. Er stöhnte, während er provokant mit seinem Loch spielte, erst einen Finger hineindrückte, dann zwei.

»Ich will dich lecken«, entfuhr es Rick.

»Ach ja?« Hayden blickte über die Schulter und lächelte. »Erzähl mir mehr.«

Rick genierte sich für einen Moment, aber wozu? Der Typ schien für alles offen zu sein und er kannte ihn nicht. Es gab keinen Grund für falsche Zurückhaltung. »Ich will meine Zunge in dich bohren. Dein Loch lecken, bis es zuckt.«

»Und ich will einen Maserati. Das Leben ist kein Wunschkonzert. Zieh den Gummi über.«

Rick gehorchte verdattert.

Seit wann lasse ich mich so herumkommandieren?

Hayden richtete sich auf und hockte sich mit dem Rücken zu ihm über Ricks Schoß. Ohne viel Federlesen packte er seinen Schwanz und dirigierte ihn in sich hinein. Bis zum Anschlag.

Eng! Du bist so verdammt eng, ich halte das nicht aus.

Leise seufzend lehnte sich Hayden mit dem Rücken gegen ihn und endlich schaffte es Rick, seine geradezu paralysierten Arme zu heben und über diesen geilen, festen Körper zu streichen. Er fühlte sich unglaublich an. Warm und glatt, hart und samtig zu gleich, schlanke, wohldefinierte Muskeln. Er glitt hinauf bis zu den Nippeln, bekam die Ringe an den Knospen zu fassen und zog ein wenig daran.

»Lass das«, knurrte Hayden und begann sich zu bewegen. »Fummelkrake.«

Erschrocken ließ Rick seine Hände hinab zu den schmalen Hüften gleiten, um den Rhythmus zu dirigieren, aber auch das ließ Hayden nicht zu, denn er packte ihn bei den Handgelenken und drückte sie links und rechts neben sich auf den Felsen, hielt sich daran fest.

Du willst die Zügel wohl ganz in der Hand haben, Sexy.

Das war ungewohnt, aber Rick konnte nicht behaupten, dass es ihm missfiel, ganz und gar nicht. Hayden ritt ihn wie einen verdammten Rodeo-Bullen.

»Oh, du hast so einen verdammt geilen Schwanz, ich brauche ihn tief in mir, so tief, yeah!«

Rick konnte nichts tun, außer wie gebannt auf die festen Pobacken zu starren, die sich über seinem Penis teilten, der ein und aus glitt, während er sich wie ein Sex-Toy benutzen ließ. Seine Eier schmerzten und zogen sich an seinen Körper, bereit für den nahenden Orgasmus.

Plötzlich sprang Hayden auf, drehte sich blitzschnell herum und setzte sich ihm zugewandt auf seinen Schoß. Schon war Rick wieder in ihm, wurde weiter gnadenlos geritten und ... geküsst. Haydens weiche Lippen lagen auf seinen, so überraschend wie alles an diesem Nachmittag. Die Zunge glitt in seinen Mund, reizte ihn mit dem ungewohnten Gefühl eines kleinen Metallstabs. Rick stöhnte in diese heiße Mundhöhle, spürte das Vibrieren, das sich auf Hayden übertrug, während der ihn weiter ritt und sein Schwanz dabei gegen Ricks Bauch klatschte. Hayden öffnete mit flinken Fingern Ricks Hemdknöpfe, strich den Stoff beiseite und glitt mit den Handflächen über seinen Oberkörper, versetzte ihm kleine Schläge auf die Brust.

Ich kann mich nicht erinnern, je so geilen Sex gehabt zu haben. Vielleicht sollte ich mich öfter mal überrumpeln lassen.

Bald existierte in seinem Kopf nur noch Watte, und alles, worauf er sich konzentrierte, war, nicht zu kommen, bevor Hayden fertig war. Es war die härteste Prüfung, die er sich gerade vorstellen konnte, denn alles in ihm schrie nach Erlösung. Hayden umfasste seinen steifen, tätowierten Schaft und begann, ihn in einem schnellen Rhythmus zu reiben. Ricks Hand glitt an seinen sehnigen Schenkel, massierte ihn, befühlte die straffen Muskeln unter der bunten Haut. Ein Schriftzug fiel ihm ins Auge.

»Ja, ja, ja!«

Hayden kam. Er kam gewaltig. Heißes Sperma spritzte auf Ricks Oberkörper, markierte ihn, triggerte seinen eigenen Orgasmus, ehe sein Gehirn damit fertig wurde, die Bedeutung des Schriftzugs zu verarbeiten. Keuchend ergoss er sich in sein Kondom, stellte sich aber vor, tief in Hayden zu kommen und ihn mit seinem warmen Sperma zu füllen. Und wie es anschließend aus diesem engen Arsch heraustropfte, wenn Hayden von ihm herunterglitt.

Doch dann, als die letzten Zuckungen verklangen, setzte sein Gehirn wieder ein und er las den Schriftzug nochmals.

Kitty Vegas.

Kitty. Vegas.

Kitty.

»Fuck!«, rief er. »Fuck!« Für einen Moment wurde ihm so schwindelig, dass er glaubte, gleich das Bewusstsein zu verlieren. »Du bist Kitty?«

Kapitel 2

»Du hast schon von mir gehört?« Schmunzelnd hob Kitty eine Braue. »Na ja, unter Schwulen bin ich in Vegas ja eine kleine Berühmtheit, von daher ... Warst du schon mal bei einer meiner Shows?« Langsam glitt er von seiner neuesten Eroberung herunter. Das war ein geiler Fick gewesen, so viel stand fest.

»Ich habe keine Ahnung, wovon du redest, aber Kitty heißt die Person, auf die ich gewartet habe. Ich wurde spontan hergeschicht, ich dachte, Kitty sei eine Frau ... ich habe wohl nicht richtig zugehört.« Der arme Kerl wirkte leichenblass und sein gerade noch so dicker, harter Schwanz schrumpfte zu einer traurigen, feuchten Nudel zusammen.

Jetzt war es allerdings an Kitty, verdutzt zu sein. Wobei er eine leise Ahnung gehabt hatte, als der Kerl das mit dem zu beendenden Satz als Erkennungsmerkmal gesagt hatte. »Du hast auf mich gewartet? Ich bin Hayden Voight, besser bekannt als Kitty Vegas. Du bist allerdings definitiv nicht der Typ, auf den ich gewartet habe. Den kenne ich nämlich.«

»Agent Stirling?«

Kitty verengte misstrauisch die Augen.

»Na schön«, sagte Rick. »Agent Stirling hat mir ausrichten lassen, dass ihr bei eurem ersten Treffen einen Codesatz hattet. Der frühe Vogel ...«

»... hat einen Wecker.« Kitty kratzte sich am Kopf. »Verdammt, wieso du und nicht Stirling?«

»Stirling ist unerwartet langfristig ausgefallen.« Der andere stand auf und zog seine Hose hoch. Er wirkte wie betäubt. »Ich bin an seiner statt hier. Special Agent Rick Callahan, ATF.«

Kitty prustete los. Er konnte sich nicht helfen, aber die ganze Situation, inklusive Callahans sauertöpfischer Miene, amüsierte ihn köstlich. »Ich habe gerade versehentlich den ATF-Agenten verführt, der mit mir sprechen wollte? Großartig, das kann ich auf meiner Bucket List abhaken.« Aber dann überkam ihn Misstrauen. Woher sollte er wissen, dass dieser Typ wirklich vom ATF war und nicht einer von Boss’ Spionen, Codesatz hin oder her? »Wer sagt mir, dass das stimmt, was du mir hier gerade weismachen willst?«

»Wir haben doch gerade den Satz genannt.« Callahan holte seinen Dienstausweis heraus und hielt ihn Kitty unter die Nase. »Reicht das?«

»Hm. Was ist mit Stirling, wieso fällt er aus?«

»Wurde während eines Einsatzes angeschossen. Wäre um ein Haar draufgegangen.«

»Scheiße.« Kitty hob seine Shorts vom Boden auf, schüttelte sie aus, damit ihn nicht etwa irgendwelche Krabbeltiere in den Arsch zwickten, und zog sie an. »Das ist echt scheiße, Mann.«

»Ja, es ist ein herber Verlust für uns alle.«

»Und du sollst ihn jetzt vertreten?«

»Ja. Hätte ich gewusst, dass ...« Er stockte und machte eine hilflose Geste. »Dann hätte ich mich nicht darauf eingelassen.«

»Ach, komm.« Kitty winkte ab. »An einem guten Fick gibt es nichts zu bereuen. Aber dass du nicht mal wusstest, dass ich ein Kerl bin, macht mir ehrlich gesagt schon Sorgen.«

»Ich bin sehr spontan für Special Agent Stirling eingesprungen und hatte noch keine Zeit, mich eingehender mit dem potentiellen Informanten, also dir, zu beschäftigen. Es hieß nur: Triff Kitty am Boulder Beach.«

»Aber worum es geht, weißt du schon, oder?«

Callahan nickte. »Um Jacob Ponticelli. In gewissen Kreisen ganz schlicht als Boss bekannt.«

»Ja. Tja.« Kitty hob die Schultern. »Ponticelli ist im wortwörtlichen Sinne mein Boss.«

»So viel weiß ich. Ich wusste einfach nur nicht, wer genau du bist.«

»Es beleidigt mich fast ein bisschen, dass du auf Kerle stehst, aber mich nicht kennst.« Er trat einen Schritt auf Callahan zu, um dieses betörende Gemisch aus Aftershave und Nachmittagsschweiß zu riechen.

Zum Glück hatte ich die Gelegenheit, dich zu verführen, bevor diese peinliche Scheiße aufgeflogen ist.

»Ich bin nicht der Typ für einschlägige Etablissements.«

»Du solltest dir meine Show wirklich mal ansehen.« Er ließ eine Hand auf Callahans Schulter gleiten und kniff sie. »Sie ist geil.«

»Das glaube ich aufs Wort. Aber jetzt sollten wir uns doch über die Angelegenheit unterhalten, wegen der wir uns eigentlich treffen wollten.«

»Nö«, trällerte Kitty.

»Wie, nö?«

»Nö. Ich wollte mit Stirling darüber sprechen, nicht mit einem unangekündigten Ersatz, von dem ich überhaupt nicht weiß, ob ich ihm trauen kann. Stirling kenn ich seit Monaten, aber dich? Du warst ein geiler Fick, aber du bist scheiße vorbereitet. Mit dir zusammenzuarbeiten, ist mir ein bisschen zu riskant. Nichts für ungut.«

»Willst du mir gerade sagen, wie ich meine Arbeit zu machen habe?«, fragte Callahan fassungslos.

Kitty zuckte mit den Schultern. »Wenn’s dir sonst keiner sagt.« Callahan schien nicht zu wissen, was er antworten sollte, und stierte wortlos vor sich hin. Ein bisschen tat er Kitty leid. »Hör zu, Sugar. Du bekommst ’ne Chance von mir. Informier dich richtig. Komm zu einer meiner Shows ins Parallel Dreams. Und wenn ich das Gefühl habe, dass du wirklich weißt, was man dir hier aufbrummen will, dann können wir quatschen. Vorher nicht.« Er warf demonstrativ einen Blick auf seine Uhr. »Ich muss jetzt auch gehen. Der Job ruft. Kennst du ja.« Er zwinkerte ihm zu und drückte ihm einen frechen Schmatzer auf die Wange, bevor er sich davonmachte. Der Agent blieb verdattert stehen.

Na, der hat jetzt ein bisschen was zum Nachdenken.

Rick hatte Kopfschmerzen, als er am Abend nach Hause zurückkehrte. Es fühlte sich an wie ein Sonnenstich, den er zweifellos hatte, aber nicht nur das. Er hatte versagt. Auf ganzer Linie.

»Du siehst schlecht aus«, stellte Miranda fest.

»Mh. Hab heute einen Auftrag versaut und zu lange in der Sonne gesessen.«

»Ich hab noch Aprikosenauflauf übrig«, erklärte Miranda und tätschelte ihm kurz die Schulter. »Vielleicht heitert der dich auf?«

Rick lächelte. »Dein Aprikosenauflauf hat mich immer aufgeheitert.«

Miranda war seine Noch-Ehefrau. Sie verstanden sich weiterhin gut und wohnten auch noch zusammen, wenn auch mit getrennten Betten. Trotzdem hatten sie sich in aller Freundschaft darauf geeinigt, bald die Scheidung durchzuziehen. Es hatte Dinge in ihrer gemeinsamen Vergangenheit gegeben, schwerwiegende Dinge, die ihre Ehe nicht überlebt hatte. Es war traurig. Aber es war in Ordnung.

»Erzähl, was ist schiefgelaufen?«, erkundigte sie sich, während sie den restlichen Auflauf in den Backofen schob, um ihn aufzuwärmen.

»Ich darf leider nicht darüber reden. Aber ich war schlecht vorbereitet, weil ich den Termin ganz kurzfristig von Stirling übernehmen musste, und der potentielle Informant hat mir daraufhin die Zusammenarbeit verweigert. Jetzt muss ich ihn irgendwie vom Gegenteil überzeugen, aber ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob ich der Richtige dafür bin. Ich habe so viele Selbstzweifel, seit ...« Er brach ab und schüttelte den Kopf.

»Obwohl das eine mit dem anderen gar nichts zu tun hat«, gab Miranda zu bedenken. »Du warst immer gut in dem, was du getan hast. Einer der Besten. Ohne dich hätten sie diesen Helio damals bestimmt nicht hinter Gitter gebracht.«

»Helio war nur eine vergleichsweise kleine Spinne im Netz. Das hier ist größer. Viel größer.« Er seufzte. »Aber mein Fokus liegt nicht mehr auf den richtigen Dingen.«

»Dann richte ihn wieder aus«, beharrte Miranda. »Du brauchst diese Aufgabe. Ich hab’s lange nicht verstanden und war oft sauer, ich weiß. Aber heute sehe ich vieles anders. Der alte Rick muss wieder zurückkehren.« Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Irgendwann werde ich von hier fortgehen, weil ich diesen Ort der Erinnerungen nicht mehr ertrage, aber ich will mich dann nicht um dich sorgen müssen, weil ich dich so zurücklasse.«

Rick tätschelte ihre Hand. Er hatte seine Frau stets bewundert; sie war die Stärkere von ihnen gewesen, als ihnen die Welt unter den Füßen weggebrochen war. Dass sie seine Schwäche irgendwann nicht mehr ausgehalten hatte, war nur eine logische Folge. »Ich fühle mich einfach, als hätte ich in den wichtigsten Dingen des Lebens versagt.«

»Nein. Wir haben beide falsche Entscheidungen getroffen. Aber wir konnten ja nicht hellsehen.« Sie seufzte. »Es wird wirklich Zeit für dich, wieder zu dem zurückzukehren, was du immer am besten konntest. Das war deine Arbeit. Jetzt hast du doch nichts mehr zu verlieren. Und wenn dieser Informant erst überzeugt werden muss, wirst du auch das schaffen. Ich glaube an dich.«

Er drückte die Hand und ließ sie los. »Ich werde dich immer lieben, Miranda.«

»Ich dich auch. Genau deshalb müssen wir weitermachen. Jeder auf seine Art.« Sie ging hinüber zum Backofen und warf einen prüfenden Blick hinein. Es duftete köstlich, süß und fruchtig.

Ricks Gedanken kehrten unwillkürlich zum Lake Mead zurück, zu Hayden Voight alias Kitty Vegas. Der hatte auch köstlich geduftet, wenn auch eher würzig-herb als süß, und der Sex ... Himmel, der Sex. Allein bei der Erinnerung bekam Rick sofort wieder eine Erektion. So undiszipliniert wäre er früher nie gewesen. Wie sollte man ihm dann guten Gewissens diesen Job anvertrauen? Andererseits hatte Miranda ja vollkommen recht. Er musste aus seinem Jammertal herauskommen, wieder ernsthafte Aufgaben übernehmen und nicht länger nur im Büro herumdümpeln. Dafür hatte er nicht als Special Agent beim ATF angeheuert.

Zeit, seinen Arsch und den Fall zu retten und Kitty davon zu überzeugen, dass eine Zusammenarbeit mit ihm und dem ATF keine schlechte Idee war. Während er Mirandas Aprikosenauflauf aß, googelte er nach dem Parallel Dreams.

»Wo warst du gestern?«

»Dich beim FBI verpetzen«, gab Kitty freimütig zurück, streckte sich und ließ sich auf die weiße Ledercouch in Boss’ Séparée fallen. Er gab diese Antwort immer, wenn Boss fragte, wo er sich herumgetrieben hatte, weil es genau diese eine Sache war, die der nicht glaubte.

»Und wo warst du wirklich?«

»Am Lake Mead, wie immer, wenn ich mal meine freie Zeit genießen darf.«

»Oh, du hast es ja so schlecht bei mir.« Boss tätschelte seine Wange. Er war Mitte fünfzig, einen Kopf kleiner als Kitty, nicht dick, aber untersetzt, mit aufgepumptem Bizeps, Glatze und zu starker Bräune. Kein hässlicher Typ, immer gepflegt, aber überhaupt nicht das, worauf Kitty abfuhr.

Im Gegensatz zu dem ATF-Agenten. Der war genau mein Ding. Konservatives Auftreten, aber schön versaut, sobald er sich unbeobachtet fühlt.

»Ich gebe mir Mühe, es nicht allzu schlecht werden zu lassen, indem ich mir meine Freiheiten nehme«, erwiderte Kitty lapidar.

Boss gab ein tiefes Grollen von sich. »Ich habe das Gefühl, dass wieder einmal jemand eine Arbeitsmoral in dich hineinficken muss.«

»Und ich nehme an, das übernimmst du persönlich?«

»In der Sache verlasse ich mich wirklich lieber nur auf mich selbst.«

»Hm. Na ja, jetzt ist jedenfalls keine Zeit. Mit wundgeficktem Arsch tanzt es sich schlecht.« Kitty stand auf und ging hinüber zur Bar. »Mach mir bitte einen Virgin Pina Colada, Ike.«

»Klar.« Der Bartender machte sich an die Arbeit.

Manchmal tat er Kitty leid, weil er hier allen möglichen Scheiß mitbekam, obwohl er nur Drinks mixte, andererseits würde Boss ihn vermutlich fürstlich für sein Schweigen bezahlen. Für Geld hielt man auch die Fresse, wenn im gleichen Zimmer Orgien gefeiert, Drogen konsumiert und im großen Stil illegale Geschäfte abgewickelt wurden. Kitty war ja nicht anders. Noch nicht.

»Zwei Shows in der Woche sind zu wenig, Kitty«, erklärte Boss und kam zu ihm herüber, setzte sich auf einen Barhocker. »Ich will wieder vier.«

»Wieso muss ich den ganzen Laden hier unterhalten?«, fragte Kitty ungehalten. »Du hast noch mehr Tänzer. Gib Sticks noch eine Show, der geiert förmlich danach.«

»Die Leute kommen aber deinetwegen. Wenn du auftrittst, hat der Pink Floor doppelt so viele Gäste. Die anderen sind Tänzer, aber du bist ein Entertainer.«

Kitty schnaubte. »Auch mit halb so vielen Gästen machst du jeden Abend noch einen Reibach. Aber ja, ich weiß, du kannst den Hals nicht vollbekommen.«

Boss’ Hand schoss nach vorn und legte sich um Kittys Kehle. »Du kannst froh sein, dass du mein Liebling bist, weil du tanzt und bläst wie ein Gott, und weil es in ganz Vegas keinen geileren Arsch gibt als deinen. Sonst hätte ich dir längst deinen hübschen Kopf weggeschossen und mit Freuden meine Wand mit deinem zermatschten Hirn verziert. Aber wenn’s mir zu bunt wird, säg ich selbst dich ab, Kätzchen. Deine Freiheit kannst du dir nur leisten, solange ich sie dir erlaube. Also provoziere mich nicht.«

Kitty schluckte und tat so, als würde Boss’ Hand um seinen Hals ihn gar nicht interessieren. »Krieg dich ein, Mann. Drei Shows, okay? Sie sind anstrengend und kräftezehrend. Ich hab keine Lust, in ein, zwei Jahren wie ein Gaul zu enden, der reif für den Abdecker ist.«

Endlich glitt die Hand von seiner Kehle und weiter hinab. Nicht, dass Kitty darauf stand, aber er räkelte sich ihr trotzdem entgegen, als sei es das Geilste auf der Welt, von Boss befummelt zu werden. Sollte der sich ruhig für den Obermacker halten, dann blieb er wenigstens bei Laune. Denn wenn diese Laune schlecht wurde, konnte das tödlich enden, für irgendjemanden, der zufällig gerade im Weg stand.

»Nach der Show will ich, dass du zurück ins Séparée kommst«, raunte Boss. »Ich habe besondere Gäste, die es verdienen, dass sich Kitty Vegas persönlich um sie kümmert.«

»Was springt für mich dabei raus?«

»Für dich springt dabei raus, dass ich dich nicht zurück in irgendeine Spelunke schicke, wo du auf der Bühne ficken musst«, versetzte Boss erbost. »Werd nicht zu gierig, mein Schöner.«

»So wie du?«

Boss versetzte ihm einen Stoß gegen die Brust, aber er lächelte, als er wieder hinüber zu der weißen Ledercouch ging, die die halbe Räumlichkeit einnahm. Schlagabtausche wie diesen lieferten sie sich nahezu jedes Mal, wenn sie sich begegneten. Es war gefährlich, aber das Spiel mit dem Feuer reizte Kitty. Er wollte wissen, wie weit er gehen konnte. Immer wieder aufs Neue. In jeder Lebenslage.

»Wer kommt nachher?«, erkundigte sich Kitty und nahm seinen Cocktail entgegen.

»Ein potentieller Geschäftspartner aus Mexiko«, erklärte Boss und setzte sich breitbeinig auf die Couch.

»Und der steht auf Schwänze?«

»Er hat nach dir gefragt. Nach dir fragen sogar die, die sonst nicht auf Schwänze stehen.«

»Und du denkst, meine Gegenwart überzeugt ihn von dem, was auch immer du ihm anbieten willst?«

»Sagen wir, es wird ihm die Entscheidung sicher erleichtern. Wie schon so oft.«

»Unter diesen Umständen solltest du wirklich was für mich springen lassen«, erwiderte Kitty und schwenkte seinen Cocktail.

»Wir können darüber sprechen, wenn der Deal im Sack ist. Aber jetzt, Kitty-Cat«, Boss kam wieder zu ihm herüber und strich ihm über die Wange, »wirst du erst mal auf die Bühne gehen und eine heiße Show abliefern.«

Kapitel 3

Das Parallel Dreams war ein Etablissement, wie es nach Vegas passte, und trotzdem stach es in seiner Besonderheit heraus. Nicht nur, weil es Programme für besondere Vorlieben gab, sondern weil diese Programme ebenso exquisit waren. Keine billige Stripbude, sondern ein Erotik-Club mit Show und Entertainment, die Vegas würdig waren. So beschrieb es sich zumindest auf dem eigenen Internetauftritt.

Kitty Vegas hatte seine eigene Unterseite auf der Website. Es gab etliche Bilder von seinen Shows und Rick war heiß und kalt geworden, als er sie sich angesehen hatte. Oft trug Kitty ausgefallene Bühnenkostüme – kein Drag, sondern themenbezogene Kleidung, vom Bauchtänzergewand bis zum Dandy –, stets jedoch einen Katzenschwanz und Katzenohren. Es wirkte nicht lächerlich, sondern ziemlich sexy. Allerdings war Rick heute nicht hier, um erneut Kittys Sexyness zu erliegen, sondern um ihn als Informanten zurückzugewinnen. Die Tatsache, dass er mit Kitty Sex gehabt hatte, verdrängte er am besten so weit wie möglich, damit sie ihr zukünftiges, professionelles Verhältnis nicht störte.

»Deichseln Sie das irgendwie hin, Callahan«, hatte sein Vorgesetzter ihn angewiesen. »Dieser Kitty könnte unser Durchbruch bei den Ermittlungen sein. Niemand ist so nahe an der verdammten Schwuchtel Ponticelli wie er. Aber seien Sie vorsichtig, Stirling hat gesagt, Voight sei schwer durchschaubar und wechsle gern immer wieder die Seiten.«

Das machte Rick nicht unbedingt weniger Bauchschmerzen. Sowieso war es eine ziemlich große Aufgabe dafür, dass er sich erst einmal wieder in den Außendienst einfinden musste, von Undercover-Ermittlungen ganz zu schweigen. Aber bevor er sich darüber Gedanken machte, musste er erst einmal ausloten, ob Kitty überhaupt bereit zu einer Zusammenarbeit war. Deshalb war er hier.

Er gab sich locker, aber nicht zu übertrieben lässig, als er am Eingang, an dem die Leute Schlange standen, an der Reihe war. Er hatte sich in eine Markenjeans und ein gutes, weißes Hemd gekleidet, dessen obere Knöpfe er offenließ. Sein Haar hatte er locker mit Gel aus dem Gesicht gestrichen. Er wollte wie ein Mann wirken, der Lust auf eine geile Show und ein paar heiße, unverbindliche Stunden in einem Séparée hatte. Der Plan schien aufzugehen, die Türsteher ließen ihn ohne Zögern durch.

Erste Hürde gemeistert.

Rick stellte sich an einer der fünf Kassen an und wartete, beobachtete derweil die Menschen um sich herum. Männer und Frauen, einzeln, Paare, Schwule, Lesben. Ungepflegt war niemand, alle waren gut gekleidet. Es gab auch ein paar ausgefallene Gestalten wie den aufwändig geschminkten Kerl im rosa Glitzermini oder einen Typen im Leopardenanzug. Einen hibbeligen Touristen in kurzer Hose, der vor Rick in der Schlange gestanden hatte, hatte man hingegen abgewiesen.

»Black, Pink oder Purple?«, fragte die Kassiererin, als Rick an der Reihe war.

»Pink«, antwortete er, zahlte seinen Eintritt und bekam das entsprechende Bändchen ausgehändigt.

Hier im Parallel Dreams gab es drei verschiedene Bereiche: Den Pink Floor für schwule Erotik, wo auch die Shows von Kitty Vegas aufgeführt wurden. Dann den Purple Floor für Lesben und den Black Floor für die Freunde bizarrer Erotik. Diese Bereiche waren wiederum in verschiedene Tanzsäle, Stripbühnen und Séparées unterteilt. Der Pink Floor befand sich im vierzehnten bis siebzehnten Stockwerk und Rick betrat einen der Aufzüge, die die Clubgäste dorthin brachten. Mit ihm stieg ein ganzes Rudel Männer ein und er spürte, wie er abgecheckt wurde. Es war ein eigenartiges Gefühl. Auf Männerjagd war er lange nicht gewesen, sowieso war er kein Typ dafür. Ein paar Mal war er in Clubs gegangen, um sich von Kerlen verführen zu lassen, vor seiner Ehe und danach, aber nicht oft. Außer Miranda wusste niemand von seiner Bisexualität und er gedachte auch nicht, etwas daran zu ändern. Es ging schlicht keinen etwas an.

Trotzdem fühlt es sich nicht schlecht an, zu wissen, dass ich offenbar noch attraktiv bin.

Er war achtunddreißig Jahre alt; für viele junge, schwule Kerle glich das einem Methusalem. Selbst Kitty erreichte mit seinen – wie Rick inzwischen in Erfahrung gebracht hatte – dreißig Jahren langsam eine gewisse Grenze. Ob sich die Leute seine Show in fünf, sechs Jahren immer noch ansehen wollten oder ob er dann wohl seinen Zenit überschritten hatte? Das Geschäft war hart und wenn das Kapital nur in einem jungen, durchtrainierten Körper bestand, wohl noch härter.

»Auf dich hätt ich Bock«, raunte der Kerl neben ihm, der ihn die ganze Zeit gemustert hatte, ein kleiner Dunkelblonder in einem engen Rippshirt.

Rick zwang sich ein Lächeln ab. »Vielleicht begegnen wir uns ja heute noch mal.«

Nicht, dass ich wirklich vorhabe, mit dir herumzumachen, aber danke für das Angebot.

Der Aufzug stoppte und entließ die Gäste in den Pink Floor. Wummernde Bässe dröhnten ihnen entgegen, machten das Atmen jetzt schon schwer. Rick fühlte sich unwohl, sehnte sich nach der Stille seiner heimischen Couch, aber er war hier schließlich auch nicht zum Vergnügen. Er ließ sich mit der Strömung der Clubgäste mitziehen. Über einer großen, weißen, doppelflügligen Tür prangte eine Leuchtreklame:

THE FABULOUS KITTY VEGAS. Nächste Show um 21 Uhr.

Hier war Rick also richtig. Es war 20.30 Uhr, in einer halben Stunde begann die Show. Er konnte nicht leugnen, dass er äußerst gespannt auf Kittys Auftritt war. Rick wusste, dass er sich auf Kitty und dessen Welt einlassen musste, wenn er mit ihm zusammenarbeiten wollte, so viel hatte der Mann klargemacht. Ein Hauch Narzissmus spielte da sicher mit hinein; er schien sehr von sich selbst überzeugt und wollte offenbar, dass man sein Ego ein wenig pamperte, bevor er zu einem Entgegenkommen bereit war. Allüren vielleicht. Denn in der queeren Szene von Las Vegas schien er tatsächlich eine kleine Berühmtheit zu sein.

Mit vielen anderen Clubbesuchern betrat Rick den Bühnensaal. Die Musik, die aus den Boxen erklang, war laut genug, um eine Unterhaltung zu erschweren, aber das war ihm ganz recht. Er war nicht hier, um mit Leuten zu quatschen und dabei irgendwelche Geschichten improvisieren zu müssen. Er wollte in der Menge der Clubbesucher untertauchen, beobachten, aber selbst möglichst wenig beobachtet werden.

Die Tische, die der Bühne am nächsten standen, waren samt und sonders besetzt, aber im mittleren Seitenbereich fand Rick einen freien Platz an einem runden Stehtisch, von dem er einen guten Blick auf alles hatte, selbst aber eher im Schatten stand. Kellner in knappen Latexhöschen liefen umher und nahmen Bestellungen auf. Eigentlich trank Rick im Dienst keinen Alkohol, aber weil er nicht auffallen wollte, bestellte er einen Sex on the Beach.

»Hi.«

Erschrocken fuhr er herum. Ein hübscher, braunhaariger, etwas zu perfekt gekämmter und gezupfter Mann Ende zwanzig trat zu ihm heran.

»Hallo«, erwiderte er reserviert.

»Geil hier drinnen, oder?«

»Hm.«

Ungeniert stellte der Kerl seinen Cocktail auf Ricks Tisch ab. »Warst du hier schon mal? Ich bin das erste Mal hier. Wollte unbedingt Kittys Show sehen, sie soll der Hammer sein.«

»Ich bin hier auch das erste Mal. Will auch unbedingt die Show sehen.« Ihm stand wahrlich nicht der Sinn nach einem Flirt. Er wollte untertauchen, nicht irgendjemandem in Erinnerung bleiben. Aber wenn er sich zu sehr zierte, wäre das ebenso auffällig.

»Stehst du auf Kitty? Er sieht schon geil aus. Aber ich mag auch normalere Typen.« Die Augen des Mannes wanderten vieldeutig an Rick auf und ab.

»Ich mag’s schon eher außergewöhnlich«, gab Rick knapp zurück. Der Kellner brachte ihm seinen Cocktail und er klammerte sich hilfesuchend an den Stil seines Glases.

»Das heißt, ich hab keine Chance bei dir?«

»Ich bin nicht hier, um jemanden aufzureißen.«

»Okay.« Die Miene des anderen wurde reserviert. »Die Abfuhr war eindeutig.« Er griff sich seinen Drink und ging.

Einerseits war Rick erleichtert, nun wieder seine Ruhe zu haben, andererseits verspürte er den Anflug eines schlechten Gewissens, weil er einem fremden Mann den Abend verdorben hatte. Aber er konnte keinen Flirt gebrauchen, der ihn ablenkte und den er sich mühevoll von den Hacken schütteln musste, wenn er schon daran klebte wie Schlamm.

Er erntete noch ein paar interessierte Blicke, während er darauf wartete, dass die Show begann, aber er sah immer gleich weg und ließ seine Körperhaltung für sich sprechen: Kein Interesse.

Dann wurde das Licht gedimmt. Die Bühnenbeleuchtung nahm eine bläuliche Farbe an, die Nebelmaschinen bliesen wabernde Schwaden über den Bühnenboden. Die Clubmusik verklang, machte eine bedeutungsschwangere Pause, bevor die ersten Töne von Frankie Vallis Can’t take my eyes off of you erklangen. Kitty betrat die Bühne, schälte sich mit geschmeidigen Schritten wie ein Schemen aus dem Nebel. Er trug einen schwarzen Anzug mit weißen Hemd und Fliege, die unvermeidlichen Katzenohren und dazu ... High Heels.

Er trägt High Heels.

Rick zerdrückte vor Anspannung beinahe sein Cocktailglas, während er wie gebannt auf Kittys Füße starrte.

Das Schicksal hasst mich.

Kitty hob das Mikro und sang die ersten Zeilen. Er sang. Kein Playback, sondern eindeutig live. Es war seine Stimme. Der Kerl konnte singen. Nein, das war alles andere als eine gewöhnliche Stripshow. Das war zu gut, um wahr zu sein, genau wie der Liedtext es sagte. Langsam schälte er sich aus seiner Kleidung, während er weiter sang, jede Bewegung und jeder Ton perfekt, kein Zögern, kein Hängen. Rick hatte diesen über und über tätowierten Körper schon einmal gesehen, aber hier, unter dieser ausgeklügelten Bühnenbeleuchtung, sah er noch fantastischer aus. Kitty bewegte sich geschmeidig, ließ seine Muskeln rollen, strich mit einer Hand an seinem Oberkörper auf und ab.

So verdammt sexy.

Während die letzten Töne des Songs verklangen, legte Kitty seine Anzughose ab. Nur noch in einem knappen Jockstrap und Heels bekleidet stand er auf der Bühne, der schlanke, trainierte Körper wie eine Statue. Eigentlich mochte Rick Jockstraps nicht, aber Kitty konnte sich das leisten. Der warf das Mikro weg. Drehte sich langsam um. Zwischen den strammen Pobacken, die sich vor zwei Tagen noch für Rick gespreizt hatten, hing ein plüschiger Katzenschwanz hervor, wie auch immer der befestigt war. Die Swing-Musik wechselte zu rhythmischer Tanzmusik mit stampfenden Bässen und die eigentliche, atemberaubende Show begann. Das Licht des Scheinwerfers fiel auf die Stange in der Mitte der Bühne, der Rest tauchte in tiefes Schwarz. Kitty ergriff die Stange und schwang sich daran hinauf, als besäße er keinerlei Gewicht. Als sei sein Körper ein Werkzeug, das er nach Belieben benutzen konnte. Er war kein bloßer Tänzer, er war ein Akrobat, der sich im Rhythmus der Musik an der Stange schwang, streckte, spreizte. In jeden Winkel seines Körpers gewährten die Bewegungen, die der Schwerkraft zu trotzen schienen, Einblick. Nur das Geschlecht blieb von dem schwarzen Stoffdreieck bedeckt. Kitty war ein Kunstwerk. Die Frage, warum seine Show so populär war, stellte sich Rick nicht mehr. Es war offensichtlich.

I can’t take my eyes off of you.

Genau wie es der Eingangssong gesagt hatte, konnte man seine Augen einfach nicht abwenden, bis dieser erregende, unvergleichliche, durchaus obszöne und dennoch keinen Moment billige Tanz vorbei war. Rick konnte sich nicht vorstellen, dass es nach diesem Auftritt irgendjemanden in diesem Raum gab, der keinen Sex mit Kitty wollte. Sein eigener Schwanz war so unerträglich hart in seiner Hose, dass ihm schwindelig wurde. Mit einer finalen Bewegung riss sich Kitty den Jockstrap herunter, zeigte alles, ging mit gespreizten Beinen in die Hocke und verschwand im Bühnennebel. Als jener Nebel sich wieder lichtete, war Kitty verschwunden.

Rick fühlte sich, als erwachte er nur sehr langsam aus einer Trance. Wie viel Zeit war vergangen? Nach wie vor hielt er den Stiel seines Cocktailglases umklammert und sein Schwanz war noch immer hart. Er musste Kitty für eine Zusammenarbeit mit dem ATF akquirieren, aber er konnte unmöglich selbst mit ihm zusammenarbeiten. Ihr professionelles Verhältnis war schon nach dem Sex am Lake Mead gefährdet gewesen, aber jetzt konnte Rick für gar nichts mehr garantieren.

Ich bin zu geil auf ihn. Ich will keine Informationen, sondern Sex. Das ist schlecht. Ganz schlecht.

Er trank seinen Cocktail aus und brauchte noch einen Moment, um wieder ganz zu sich zu kommen. Um die Gedanken an diese sehnigen, buntverzierten Füße in Heels zu verdrängen. Es war kaum möglich. Kitty triggerte alle Begehrlichkeiten, für die sich Rick stets geschämt und die er deswegen in die hinterste Schublade seines Unterbewusstseins verbannt hatte. Und ihm stand nicht der Sinn danach, sich jetzt damit auseinanderzusetzen. Es brachte ihn nicht weiter, weder in seinem Leben, noch bei diesem Fall.

Langsam bewegte er sich von seinem Tisch weg und aus dem Bühnensaal heraus. Die meisten Gäste blieben, um sich die nächste Show mit einem anderen Tänzer anzusehen, keiner nahm von Rick Notiz. Bei seiner Vorabrecherche hatte er sich bereits kundig gemacht, wo sich die Garderoben befanden, und machte sich nun auf den Weg dorthin. Im Gang suchte er die Türschilder nach Kittys Namen ab, als eine schwere Hand auf seiner Schulter landete. Rick drehte sich um.

»Wer bist du und was hast du hier zu suchen?«, fragte der bullige Security.

»Ich bin mit Kitty verabredet«, erklärte Rick unbeeindruckt.

»Kann ja jeder behaupten.«

»Frag ihn doch. Sag ihm, der Typ vom Lake Mead ist hier.«

Der Kerl musterte ihn noch einmal misstrauisch, aber dann klopfte er zwei Türen weiter an. »Ein Typ vom Lake Mead will mit dir sprechen, Kitty. Er behauptet, ihr seid verabredet.«

»Oh!«, kam es aus dem Inneren des Zimmers. »Immer rein hier mit den guten Sachen.«

Missmutig winkte der Security Rick heran und ließ ihn in Kittys Garderobenzimmer eintreten.

»Tür zu«, forderte Kitty, der vor einem beleuchteten Spiegel saß, nur mit einem offenen Bademantel, ansonsten splitternackt. Auf dem Tisch stand eine halb ausgetrunkene Flasche Wasser.

Rick schloss die Tür. »Hallo ... Kitty.« Kitty oder Hayden, was sollte er sagen?

Kitty blinzelte. »Du bist also tatsächlich hergekommen.« Er drehte seinen Stuhl zu Rick herum und schlug die Beine übereinander. Seine Füße steckten immer noch in den Heels. Rick schluckte schwer. »Ich bin überrascht, wenn ich ehrlich sein soll. Ich dachte, ich hätte dich erfolgreich in die Flucht geschlagen.«

»Ich sollte also gar nicht wirklich kommen?«, fragte Rick ernüchtert.

»Doch. Aber nur, wenn du wirklich den Arsch in der Hose hast.«

»Ich habe mir deine Show angesehen.«

»Ich weiß. Ich hab dich entdeckt.«

»Ach ja?«

Kitty ließ elegant seinen linken Fuß kreisen und Rick musste an sich halten, um nicht wie ein Idiot zu starren. »Ja. An einem Stehtisch. Seitlich, nicht ganz vorn.«

»Das stimmt«, gab Rick erstaunt zu.

Kitty lächelte hintergründig. »Mir entgeht nichts. Also, bist du diesmal besser vorbereitet?«

»Ich denke schon.« Rick trat einen Schritt näher, konzentrierte seinen Blick auf Kittys Augen, weg von den Füßen und dem nackten Körper. »Hayden Voight«, flüsterte er, für den Fall, dass sie abgehört wurden, »geboren am 25.09.1988 in Salt Lake City. Vorbestraft wegen Prostitution. Du arbeitest seit acht Jahren für Ponticelli, deine Kitty-Vegas-Show gibt es seit Mai 2015.«

»Hört, hört. Da hat jemand seine Hausaufgaben gemacht.« Kitty stupste ihn mit dem Fuß an. »Ich bin beeindruckt, Sugar.«

»Nenn mich nicht so.« Rick trat einen Schritt zurück. Sein Blick wanderte unwillkürlich hinab zu dem Fuß. Ein Kompass war auf den Fußrücken tätowiert, umgeben von stilisierten Wellen. Wie hypnotisiert folgte er jeder Bewegung mit den Augen, ehe er sich im Stillen wieder zur Räson brachte.

»Wenn ich mit dir zusammenarbeiten soll«, raunte Kitty, »nenn ich dich, wie ich will ... Sugar.«

Rick schluckte. »Ich bin hier, um ...« Er vergaß seine Worte, als Kittys beschuhter Fuß seinen Schritt berührte und lasziv-langsam zu seinem Bauch hinaufglitt. »Ich bin hier, um ... Gott, hör auf damit! Nimm deinen Fuß da weg!«

»Kannst du dich gerade auch nicht konzentrieren, weil da so ein Fleck auf meinem Schuh ist? Er ist winzig klein, wahrscheinlich nur etwas Staub, aber er macht mich wahnsinnig.« Kitty stupste Ricks Kinn mit der Schuhspitze an. »Der muss poliert werden. Ich kann mich sonst nicht auf unser Gespräch konzentrieren. Findest du nicht auch, dass dieser Schuh saubergemacht werden muss?«

Der Absatz bohrte sich ein wenig in Ricks Brustbein und sein Schwanz war kaum weniger hart als dieser Heel.

Reiß dich zusammen. Du bist im Dienst.

»Ich sagte, du sollst deinen Fuß da wegnehmen.

---ENDE DER LESEPROBE---