Licht und Schatten im Kerzenschein - Wilma Burk - E-Book

Licht und Schatten im Kerzenschein E-Book

Wilma Burk

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Beschreibung

Weihnachten! Für die einen eine fröhliche Zeit, für andere eine besinnliche voller Gottvertrauen und für einige wiederum eine Zeit, die ihnen ihre Einsamkeit oder Trauer besonders bewusst macht. Dann gibt es aber noch diejenigen, die sich in den Vorbereitungen verlieren, abgehetzt nicht wissen, was sie zuerst tun sollen für ein Fest, das eine innige und verbindende Stimmung vermitteln soll. Wird das immer gelingen? Und so ein Tannenbaum im Kerzenschein dabei, was würde er sagen, wenn er reden könnte? Von alldem erzählen die Geschichten.

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Seitenzahl: 96

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Wilma Burk

Licht und Schatten im Kerzenschein

Geschichten um die Weihnachtszeit

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Die kleine Tanne Edelpit

Gibt es nun einen Nikolaus?

Weihnachtsüberraschung!

O Tannenbaum!

Weihnachtsgeschenke

Vom Geben und Nehmen

Ein blauer Teddybär

Noch leben - wozu?

Impressum neobooks

Die kleine Tanne Edelpit

(Ein Märchen aus der Serie: Neues aus Magihexanien)

Abends, wenn die Arbeit getan und es ruhig in einer großen Gärtnerei am Stadtrand geworden war, ging der Gärtner gerne noch einmal durch die Gewächshäuser und die Reihen der Pflanzen und Bäume. Er erfreute sich an dem Duft der Blumen, der sich mit dem würzigen Geruch feuchter Erde vermischte. Er war stolz darauf, was er in vielen Jahren geschaffen hatte, dass er jetzt sogar einen Versandhandel bedienen konnte.

Weihnachten stand vor der Tür. Da ging er auch hinter die Gewächshäuser, wo es noch weite Flächen gab, die zu der Gärtnerei gehörten. Dort wuchsen junge Obst- sowie Zierbäume, Sträucher, Edel- und einfache Tannen in vielen Größen. Seltsam, manchmal glaubte er, hier ein Raunen zu hören. Wollte er aber lauschen, so war es still.

Ja, dann schwiegen die Bäume und Pflanzen. Doch sobald der Gärtner erneut die ersten Schritte tat, begann wieder das Raunen von Pflanze zu Pflanze, von Baum zu Baum. Besonders bei den vielen kleinen Tannenbäumen, die neben einem Feld von größeren Tannen und Zypressen standen, glaubte er, ein übermütiges Kichern zu hören. Er konnte es aber nur ahnen. Er konnte auch nicht sehen, wie gerade Elflinge die kleinen Tannen umschwirrten. Das waren zarte Geistwesen mit durchsichtigen Flügeln, so, wie sie Libellen haben. Sie kamen von weit her, aus dem Universum. Ihre Aufgabe war es, sich auf der Erde um Blumen, Sträucher und Bäume, um alle Pflanzen zu kümmern, wenn sie in Not, krank oder mutlos waren.

Edelpit, der Kleinste unter den Tannenbäumen, schaute sich verwundert um. „Warum kommen sie zu uns? Uns geht es doch gut. Vor dem Winter und dem Schnee, der nun bald kommen wird, brauchen wir uns nicht zu fürchten. Wir werfen ja nicht einmal unsere Nadeln ab wie viele andere Bäume ihr Laub“, wunderte er sich.

Da wiegten die großen alten Tannen hinter ihm ihre Spitzenhäupter hin und her. „Das ist es nicht. Bald werden wieder Männer kommen, wie jedes Jahr, und viele von uns holen. Die größeren Bäume sägen sie ab, doch von Jahr zu Jahr holen sie auch immer mehr jüngere, die noch gar nicht viele Winter erlebt haben. Sie reißen sie mit ihren Wurzeln aus der Erde und dann ...“

„Hört auf! Ich will das gar nicht hören“, rief der kleine Edelpit und legte seine oberen Äste an seine Spitze, hielt sich damit die Ohren zu.

Da flogen gleich drei Elflinge zu ihm, setzen sich in seine Zweige und streichelten beruhigend seine Nadeln. „Hört auf, dem Kleinen Angst zu machen!“, schimpften sie. Und zu all den ängstlich gewordenen kleinen Tannen sagten sie: „Ihr seid nicht irgendwelche Bäume, ihr seid zur Freude der Menschen bestimmt, wenn sie ihr großes Fest feiern, ein Fest der ewigen, nie vergehenden Hoffnung auf Frieden. Ihr werdet der Mittelpunkt dieses Festes sein.“

„Aber ich möchte das gar nicht. Ich möchte hierbleiben. Ich bin kein Lebewesen mit Beinen, das irgendwohin laufen kann, ich habe meine Wurzeln in der Erde, in dieser Erde, hier bei meinen Freunden“, jammerte Edelpit.

„Pitti, kein Baum, der hier aufgezogen wird, bleibt hier, bis er groß und alt ist. Alle werden einmal an einen anderen Ort umgesetzt. Sonst würde das hier ein schönes Gedränge bei euch geben. Viel zu eng steht ihr beieinander. Bald könntet ihr euch nicht mehr leiden, weil ihr nicht genügend Platz hättet. Eure Zweige müssten ineinander wachsen und sie würden sich aneinander reiben, je größer ihr werdet. Nein, dass gefiele keinem von euch, wenn ihr euch nur Platz suchend gegenseitig stoßen würdet. Am Ende gäbe es nur Zank und Streit“, sprach ein Elfling auf ihn ein.

„Dann will ich immer so klein bleiben“, trotzte Edelpit.

Da schüttelten die großen Tannen lachend ihre Zweige. „Nun hör sich einer den Kleinen an. Als könnte er die Natur überlisten.“

„Pst! Der Gärtner kommt“, zischte warnend eine alte Zypresse.

Sofort verstummten alle.

Der Gärtner blieb bei den kleinen Tannen stehen. Prüfend strich er Edelpit über seine Zweige, nahm einen Maßstab und maß seine Höhe ab. Dann fasste er seinen Stamm und rüttelte an seinen Wurzeln.

„Aua!“, schrie Edelpit und seine Spitze begann bedenklich zu zittern.

„Pst! Leise!“, mahnte die große Tanne hinter ihm.

Der Gärtner richtete sich auf, lauschte, sah sich suchend um, als hätte er etwas gehört. Dann schüttelte er seinen Kopf, band Edelpit ein buntes Band an einen Zweig und ging weiter zu den anderen kleinen Tannen neben ihm. Jede maß er ab, jede schüttelte er und an einigen befestigte er ein Band wie an Edelpit. Unruhig knisterten die Kleinen schon mit ihren Zweigen, endlich ging der Gärtner mit einem zufriedenen Lächeln davon zu seinem verdienten Feierabend.

„Warum macht er das?“ – „Was bedeutet es?“ Die kleinen Tannen redeten durcheinander.

„Es ist so weit, die Kleinen sind immer die Ersten, die sie holen. Morgen seid ihr dran!“, erklärte die Zypresse. Es klang schadenfroh. Alt war sie, schön war sie auch nicht, niemand wollte sie wohl noch haben.

„Ich will aber nicht weg. Ach, hätte ich doch Beine wie die Menschen und könnte weglaufen“, jammerte Edelpit und harzige Tränen, die er weinte, tropften von seinen Zweigen.

„Kannst du aber nicht! Morgen brechen sie dich aus der Erde, ziehen all deine Wurzeln heraus und pressen sie in einen engen Topf. Du wirst schon sehen!“, sagte die alte Zypresse voraus.

„Sei still! Du bist nur neidisch, weil dich niemand mehr aus der Erde ziehen kann. Erzähl den Kleinen nicht so etwas!“, wies die große Tanne sie zurecht.

„Weißt du es besser? Ich stehe schon länger hier als du und habe es viele Jahre wieder und wieder erlebt.“

„Darum bist du ja auch viel zu alt und passt in keinen Topf. Dich nimmt niemand mehr. Bald werden sie dich absägen und wegwerfen, weil du hier viel zu viel Platz wegnimmst.“

„Und was wird aus dir? Du wirst auch abgesägt und dann weggeworfen. Also was willst du?“, fauchte die alte Zypresse.

„Aber vorher werde ich für die Menschen noch ein Weihnachtsbaum sein. Du kannst das nie werden!“

„Was ist das schon, so ein bisschen Lametta an den Zweigen. Bald werden deine Nadeln abfallen und du bist den Menschen nichts mehr wert. Pah!“, höhnte die alte Zypresse.

„Ich will kein Weihnachtsbaum sein, wenn die Nadeln abfallen“, schrie Edelpit aufgeregt.

Da schwirrten wieder die Elflinge herbei. „Was redet ihr hier für dummes Zeug! Es ist eine Ehre für jede Tanne, einmal ein Weihnachtsbaum gewesen zu sein“, wiesen sie die Bäume zurecht. Einer setzte sich in den obersten Zweig von Edelpit und sprach tröstend auf ihn ein: „Nein, nein, Kleiner. Dir wird keine Nadel abfallen. Du wirst ein Weihnachtsbaum sein und danach werden sie dich an einem anderen Ort in eine andere Erde setzen und dort wirst du wachsen und groß werden.“

Die alte Zypresse schwieg missgelaunt.

Die große Tanne seufzte. „Du wirst noch lange da sein, weil du noch klein genug bist und deine Wurzeln mitnehmen kannst.“

„Hab keine Angst. Ich werde immer in deiner Nähe sein“, versicherte der Elfling dem kleinen Edelpit.

Die Nacht brach herein und die Bäume wurden still. Ein leichter Wind strich über ihre Zweige.

*

Am nächsten Morgen war Unruhe in der Gärtnerei. Die Menschen lärmten und lachten. Sie kamen zu den Bäumen und zogen Karren hinter sich her mit vielen Töpfen darauf. Ein kleiner Baum neben Edelpit war der Erste, den sie aus der Erde holten. Sie drückten seine Wurzeln zusammen und pressten sie in einen der Töpfe. So, wie es die alte Zypresse vorhergesagt hatte.

Edelpit sah es; er begann zu zittern. Da packte ihn schon einer am Schopf. Edelpit schob schnell die Zweige nach oben und piekte ihn mit seinen Nadeln. Der Mann griff aber nur noch fester zu. Ein anderer stieß tief einen Spaten in die Erde und schnitt ihm die Spitzen seiner Wurzeln ab. Das tat weh! Sie hoben ihn heraus; ihm wurde schwindlig. Noch nie war er von der Erde gelöst worden. „Hilfe!“, schrie er und jammerte wie die andern kleinen Tannen um ihn herum. Die Elflinge flogen aufgeregt von einem zum andern, sie wussten nicht, wen sie zuerst trösten sollten. „Hört mich denn keiner?“, murmelte Edelpit verzweifelt und sträubte seinen Nadeln, um zu pieken, so gut er konnte. Doch die Hand, die ihn gepackt hatte, hielt ihn eisern fest, als spüre er nichts.

Schon wurden seine Wurzeln zusammengedrückt und in einen Topf mit Erde gepresst. „Das ist zu eng! Das ist viel zu eng!“, lehnte er sich auf. Doch die Männer, die geschäftig arbeiteten, konnten ihn nicht hören, auch nicht das Klagen der andern. Die alte Tanne nutzte einen Windstoß aus, sich vorzuneigen und sagte tröstend: „Das ist nicht so schlimm, wie du jetzt denkst. Du gewöhnst dich daran. Wenn sie uns holen, dann müssen wir unsere Wurzeln hier lassen, das ist viel schlimmer.“

„Aber es tut so weh!“

„Das wirst du bald vergessen. Denke an meine Worte! Es wird dir gutgehen. Glaube mir!“, konnte die Tanne noch sagen, dann wurde Edelpit mit seinem Wurzeltopf hochgehoben und weggetragen.

Er glaubte zu fliegen, als er mit einem Schwung auf die Karre gesetzt und dicht zu anderen Silbertannen geschoben wurde. Alle waren aufgeregt und zankten sich, weil ihre Zweige sich in der Enge gegenseitig im Wege waren. Sie waren alle größer als Edelpit, über den ihre Zweige ragten und doch zankten sie auch mit ihm, dass er da unten ihren Stämmen zu nahe käme. Er reckte seine Zweige, so gut er konnte. Doch immer mehr Tannen wurden auf die Karre geladen, es wurde immer enger, und bald konnte Edelpit kaum noch den Himmel sehen. Was sollte daran nur schön sein? Ach, müsste er doch kein Weihnachtsbaum sein, dachte er. Aber was war das? Es gab einen Ruck, die Karre hob sich und begann zu rollen. Edelpit und die andern Tannen schwankten hin und her, scheuerten sich gegenseitig mit ihren Ästen. Er befürchtete, von den andern erdrückt zu werden. Wann begann denn nun das Schöne daran, ein Weihnachtsbaum zu sein?

„Macht es gut!“, hörte er die große Tanne rufen, als sie mit dem Karren in das Gewächshaus gerollt wurden. Viele harzige Tränen tropften herunter. Auch die andern vergaßen sich zu zanken und jammerten vor Angst.