Moths 3 - Justin C. Skylark - E-Book

Moths 3 E-Book

Justin C. Skylark

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Beschreibung

Eine niedere Kreatur wird im Moor gefunden. Die Entdeckung der Unsterblichkeit durch menschliche Hand kann großes Unheil bedeuten. Für Jonathan steht fest: Das ist der Grund, warum die Motten unruhig werden und Maurice vorzeitig aus seiner Ruhephase erwacht. Doch unverhofft gesellen sich zwei weitere Untote an die Seite von John, Maurice und Eliot. Gemeinsam bitten sie den mächtigen Anführer Juan de Sangui-Juela um Hilfe. Gelingt es ihnen, die Gefahr zu bannen? Band 1: Moths - Nachtschwärmer Band 2: Moths 2- Rückkehr der Nachtschwärmer Band 3: Moths 3 - Die Rache der Nachtschwärmer

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Impressum
Was zuvor geschah …
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Epilog

Moths 3

Die Rache der Nachtschwärmer

von

Justin C. Skylark

Justin C. Skylark

Moths 3
Die Rache der Nachtschwärmer

Impressum

© 2021 Justin C. Skylark

ISBN: 9783753421193

Alle Rechte vorbehalten

2. Auflage 2021

Frontcovergestaltung: Irene Repp, daylinart.webnode.com

Coverbild: 123rf.com © Sakorn Singsuwan, namprighom, lapis2380

Alle Personen und Namen innerhalb dieses Buches sind frei erfunden.

Ähnlichkeiten mit lebenden oder untoten Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Was zuvor geschah …

Jonathan, der Direktor des Naturkundemuseums, liebt Insekten, vorrangig Schmetterlinge.

Durch eine Reihe mysteriöser Umstände lernt er den Untoten Maurice de Sangui-Juela kennen, den Ziehsohn des mächtigen Blutsaugers Juan de Sangui-Juela.

Ihre Beziehung bleibt nicht lange geheim und zieht die Aufmerksamkeit anderer Untoten auf sich. Juan hat eine lange Ruhephase hinter sich, möchte seinen Ziehsohn nicht an einen Menschen verlieren. Im Kampf gegen die Blutsauger wird Eliot, Jonathans Freund, verletzt und trägt seitdem die mächtige Energie Juans in sich, die ihn zu einem Hybriden (halb Mensch/halb Blutsauger) werden lässt.

Maurice kehrt zu Juan heim. In der Zwischenzeit festigen Jonathan und Eliot ihre Beziehung, obwohl Eliot nach wie vor verheiratet ist und seine Frau Zwillinge erwartet.

Lange kann Maurice die Abstinenz nicht aushalten und kehrt zu Jonathan zurück, nachdem er das erste Mal von dem Blut seines Geliebten gekostet hat, wird er süchtig nach ihm. Jonathan wird durch dessen Gier geschwächt, möchte die Liebe zu Maurice aber nicht aufgeben.

Der Untote wird aus seinem Clan vertrieben, für vogelfrei erklärt und zur Beute von niederen Blutsaugern.

Als er entführt wird, machen sich Jonathan, Eliot und Juan auf die Suche, befreien ihn aus seiner Not, doch Juan fordert Opfer: ein hybrides Zwillingskind von Eliot.

Eliot geht die Forderung ein. Juan zieht sich zurück, der Sohn von Eliot soll bei ihm aufwachsen. Maurice darf dem Clan wieder angehören, doch muss er eine Buße abtragen.

Die detaillierte Vorgeschichte befindet sich in den Romanen:

Moths – Nachtschwärmer und

Moths 2 – Rückkehr der Nachtschwärmer

Prolog

Die Dämmerung hatte noch nicht eingesetzt. Trotzdem überredete ich Eliot, mich zu begleiten. Er trug eine Sonnenbrille und obwohl er den Weg nicht kannte, war das Navigationsgerät im Wagen ausgeschaltet.

„Ist das der richtige Weg?“, fragte er nach einer Weile. Ich nickte. Zweimal war ich die Strecke bisher gefahren. Unser Ziel lag stadtauswärts in einem Wäldchen. Lange hatte ich darüber nachgedacht, die Wohnung in der Stadt aufzugeben. Natürlich war es von Vorteil, dort zu leben. Sie lag nur fünf Gehminuten von meiner Arbeitsstelle, dem Naturkundemuseum, entfernt.

Doch in der Stadt waren viele Dinge passiert. Erlebnisse, von denen ich Abstand nehmen musste. Das Haus im Grünen war das, was ich suchte. Zudem befand es sich preislich in einer Liga, bei der ich mitspielen konnte.

Eliot blieb skeptisch. Er lugte über seine Sonnenbrille hinweg und sah sich um. „Ziemlich einsam hier“, stellte er fest. Die Bäume am Rand ragten über den Weg. Die Sonnenstrahlen drangen nur an manchen Stellen durch das Laub. „Hast du dir deswegen einen Kameraden angeschafft?“ Er deutete zur Rückbank, auf der ein Schäferhund saß. Rocky, so hatte ich ihn genannt. Nach den Vorfällen der vergangenen Zeit hielt ich es für besser, einen Beschützer an meiner Seite zu haben.

„Will ja nicht komplett vereinsamen“, erwiderte ich. „Du hast ja auch nicht immer Zeit.“

Eliot schwieg; meine Feststellung stimmte. Er war Vater einer kleinen Tochter. Seine Praxis, die er vornehmlich am späten Nachmittag öffnete, forderte Aufmerksamkeit.

Obwohl ich wusste, dass ich eine wichtige Rolle in seinem Leben spielte, stellte ich mich hinten an. Er berührte mein Knie, während er weiterfuhr.

„Ist es das?“ Er bremste ab.

Wir blickten auf ein efeubewachsenes dunkelrotes Backsteinhaus. Im Garten, den ein hölzerner Zaun umgab, wucherten Gräser und Büsche. Mein Herz machte einen Sprung. Ja, das war es: Mein Häuschen, in dem ich die nötige Ruhe finden wollte.

„Gefällt es dir?“

Eliot enthielt sich eines Kommentars. „Sehen wir es uns aus der Nähe an.“

Er parkte vor dem Zaun und stieg aus. Den Kragen seines Mantels klappte er nach oben. Sein dunkles Haar war lang geworden. Es kringelte sich in seinem Nacken. Mit zügigen Schritten nahm er Kurs auf das Haus, dabei achtete er darauf, keine Sonneneinstrahlung einzufangen.

Sein Verhalten kam nicht von ungefähr. Auf Sonnenlicht reagierte er inzwischen allergisch. Es zerstörte zwar nicht seine Haut, wie es das bei echten Blutsaugern tat, doch es fügte ihm Schmerzen zu.

Hielt er sich zu lange im Tageslicht auf, wurde seine Haut rot und schuppig. Und so mied er die Sonne wie die Pest.

„Das Haus war eine Zeit lang unbewohnt gewesen“, berichtete ich. Das Exposé trug ich mit mir. Ich drehte mich um, doch von dem Makler, mit dem wir verabredet waren, fehlte jede Spur.

„Wie hoch war nochmal der Preis?“

„Knapp 115 000 Pfund.“

Eliot trat über die Schwelle ins Haus. Die Eingangstür knarrte. Rocky band ich draußen an den Zaun. Der Hund reagierte unruhig auf diese Umgebung. Doch das erklärte ich damit, dass er aus dem Tierheim kam und ihm die Geräusche und Gerüche des Waldes fremd waren.

Eliot nahm die Sonnenbrille ab und sah sich um. Im Erdgeschoss gab es eine gemütliche Essecke mit Kamin und Herd. Auf der anderen Seite standen ein Sofa und ein Tisch.

„Die Rohre und Sanitäranlagen werden kernsaniert“, erklärte ich.

Eliot berührte die hölzernen Balken, die das Haus im Innenraum stützten. Er lugte in das Badezimmer, dann schielte er zur Treppe. „Und oben?“

„Ein Arbeitszimmer und das Schlafzimmer. Es gibt genug Platz für meine Schaukästen.“

Endlich brachte Eliot ein Lächeln zustande. „Das ist wohl das Wichtigste.“

Er sah sich das Obergeschoss gar nicht erst an. „Kein weiterer Stauraum?“, hakte er nach.

„Es gibt einen Dachboden und einen Keller …“

Vor dem Haus hielt ein Wagen. Ich sah aus dem dreckigen Fenster. Der Makler war gekommen. Erfreut eilte ich ihm entgegen und schüttelte seine Hand.

„Hallo, schön, Sie zu sehen. Ich habe einen Freund mitgebracht, ich hoffe, das ist kein Problem?“ Ich schielte auf die Unterlagen, die er mit sich trug. „Gibt es eigentlich noch andere Interessenten?“

Mein Gegenüber, ein Mann von kleinem Wuchs mit Brille, erwiderte den Händedruck und kam sofort zum Anliegen des Treffens. „Nein, das Haus ist nach wie vor zu haben. Für den Fall, dass Sie weiterhin daran interessiert sind, habe ich die Papiere dabei.“

„Das ist großartig!“ Ich bemerkte meine Aufregung. Musste ich noch überlegen? Ich wollte das Haus.

Eliot kam aus der hintersten Ecke des Raumes hervor. „Wo liegt der Haken?“, fragte er. „Okay, das Haus liegt etwas ab vom Schuss, aber 115 000 Pfund? Für ein Eigenheim im Grünen?“

„Es ist ein altes Gebäude“, erklärte der Makler. „Man muss hier und da investieren. Die Leitungen, die Rohre …“ Er hob die Schultern an. „Es wurde lange nichts renoviert.“

Eliot gab sich mit der Antwort nicht zufrieden. Er kam näher.

„Dürfte ich mir die Unterlagen ansehen?“

„Selbstverständlich!“ Der Makler reichte meinem Freund die Papiere. Die Euphorie in mir legte sich. War etwas nicht in Ordnung? Eine nachdenkliche Stille setzte ein, während Eliot die Dokumente studierte. Er überflog die Seiten mit erforderlicher Sorgfalt. Plötzlich sah er auf. „Hier hat ein Friedhof existiert?“

„Ja, das stimmt.“ Der Makler gab gefügig Auskunft, doch seine Stimme zitterte angespannt. Befürchtete er, dass das Geschäft platzen könnte? Eliot reichte mir die Schriftstücke entgegen. … Haus aus den 50er Jahren, das einst als Friedhofswärter-Unterkunft diente …

„Was ist mit den Gräbern passiert?“, erkundigte sich Eliot. „In den Papieren steht nichts darüber.“

„Oh, die wurden umgesiedelt oder aufgelöst …“

„Alle?“

Der Makler zögerte. „Das nehme ich doch an.“

„Wir müssen uns kurz beraten.“ Eliot fasste nach meinem Arm und zog mich zur Seite.

„Gern“, sagte der Makler. „Ich warte draußen.“ Mit schnellem Schritt verließ er das Haus. Fragend sah ich meinen Freund an. „Was soll das, Eliot? Willst du mir den Kauf madigmachen?“

„Du hast nach meiner Meinung gefragt, oder?“, entgegnete er. „Ich sollte mitkommen, um ein Statement abzugeben.“

„Ja, aber …“ Ich wand mich. Eigentlich hatte ich Zuspruch von ihm und ein ermunterndes Schulterklopfen erwartet.

›Preis und Haus sind optimal, John, du solltest es nehmen.‹

Sowas in der Art; stattdessen bemerkte ich nur Zweifel in Eliots Blick.

„Sie sind noch hier.“

Ich schüttelte den Kopf. „Wer?“

„Die Toten.“

Hatte ich richtig gehört? „Woher willst du das wissen?“

„Ich spüre sie …“

Dem konnte ich nichts entgegenbringen. Wenn Eliot etwas spürte, musste es stimmen. Seine Instinkte waren sensibler als die eines gewöhnlichen Menschen. Er hörte, schmeckte und roch besser. Er konnte im Dunklen sehen und ab und zu in meinen Gedanken lesen.

Ich schluckte schwer. „Du weißt, dass ich mich vor dem Tod nicht fürchte.“

„Ihre Seelen finden keine Ruhe …“

„Würde ich auch nicht, wenn man meine Leiche von einem Friedhof zum anderen karrt.“

Eliot belächelte mich. „Du verstehst mich nicht, John, sie sind noch hier …“

„Wohl nicht alle, wie der Makler berichtet hat.“ Ich zog die Schultern nach oben. „Und wenn schon … Vergänglichkeit gehört zu meinem Beruf …“

… und zu meinen Liebschaften, fügte ich still hinzu. Ich strich über Eliots Arm. Er stand unter Spannung.

„Danke, dass du mich gewarnt hast. Aber ich glaube, ich werde damit zurechtkommen.“ Ich grinste. „Zudem habe ich Rocky. Der wird Alarm geben, wenn was ist.“

Eliot kniff die Augen zusammen. „Ich habe das Gefühl, du lässt es darauf ankommen.“

Ich zwinkerte ihm zu. „Vielleicht?“

Wir beließen es dabei. Vor dem Haus streckte ich dem Makler meine Hand nochmals entgegen. „Ich nehme das Haus, in Angesicht der Tatsache, dass es auf ehemaligem Friedhofsgelände liegt, gehe ich davon aus, dass sich am Preis noch etwas drehen lässt?“

Der Makler zögerte, doch schlug er in meine Hand ein. „Da lässt sich sicher etwas machen.“

Kapitel 1

Der Sommer zeigte sich von seiner besten Seite, vielleicht zum letzten Mal in diesem Jahr. Ich stand bei Eliot auf der Terrasse und betrachtete den Gedenkstein, der liebevoll mit Blumen umpflanzt war. Er war ein Andenken an den verlorenen Sohn, den Eliot hat ziehen lassen. Seine Frau Claudia hatte er im Glauben gelassen, dass der Zwilling nach der Geburt gestorben war.

Eliot und ich wussten, dass das neugeborene Baby bei Juan aufwuchs. Mit der Abgabe seines Sohnes hatte Eliot ein Opfer gebracht. Ob er darunter litt, konnte ich nicht genau sagen. Tatsache war, dass es nach dem Rückzug der Blutsauger, nach dem Verschwinden von Juan und seinem Gefolge, friedlich geworden war. Wir konnten durchatmen, mussten uns nicht mehr fürchten, nicht mehr in Angst leben, obwohl wir wussten, dass sie jederzeit zurückkommen konnten.

Ich stieß einen Seufzer aus, denn die Geschichte war nicht zu Ende. Bestenfalls ruhte sie – für wie lange?

Die nervenaufreibende Zeit begann, als ich Maurice kennengelernt hatte. Er war ein edler Mann, ein Charmeur und Herzensbrecher gewesen. Seit jeher liebte ich Eliot, der zu meinem Bedauern verheiratet war, doch als Maurice in mein Leben trat, vergaß ich Monogamie und den Glaube an die Menschheit.

Maurice war ein Blutsauger, ein Kind der Nacht und in seiner Erscheinung so schön wie zu dem Zeitpunkt seines frühen Todes. Mit seinen Gedanken nahm er mich gefangen. Ich war ihm schneller verfallen, als mir lieb war, nicht nur, weil er in der Lage war, sich in einen Totenkopfschwärmer zu verwandeln. Und wo es sich um Schmetterlinge drehte, war mein Herz entfacht.

Doch brachte die Freundschaft zu ihm Gefahren mit sich.

Ich verstrickte nicht nur Eliot in die Geschehnisse, sondern manövrierte Maurice in eine fürchterliche Situation. Beziehungen zwischen Blutsaugern und Menschen waren nicht gern gesehen, schon gar nicht, wenn man der Sohn eines der Obersten und dem Blut des Menschen verfallen war. Maurice wurde dafür gejagt und bestraft.

Eliot und ich kamen mit einem blauen Auge davon und Juan forderte einen hohen Preis, dem Eliot nachging. Der Krieg schien beendet, als Maurice sich zur Ruhe legte, verwandelt als ein Falter, bei mir zu Hause in einem Schaukasten.

Er sollte sich knechten. Während ich wusste, dass die Zeit ihm nichts anhaben konnte; er sich nach seinem Erwachen wahrscheinlich nur fühlen würde, als hätte er ein Nickerchen gemacht, kam mir jede Sekunde ohne ihn wie eine Ewigkeit vor.

An mir hinterließ die Zeit Spuren. Ich litt an seiner Abwesenheit.

Der Schrei eines Babys riss mich aus den Gedanken. Nicht alles, was geschehen war, hatte zu Trauer und Sorgen geführt. Eliot und Claudia blieb ein weiteres Kind, eine Tochter, die just in diesem Moment, an dem ich an ihren Zwillingsbruder dachte, so laut brüllte, dass es in meinen Ohren hallte. Claudia eilte heran. „Sie kann unmöglich schon wieder Hunger haben.“ Sie lächelte hilflos, strich ihrer Tochter über das Haar, doch Helen, so hieß die Kleine, drehte das Köpfchen weg und brüllte umso mehr. Claudia schaukelte das Kinderbett hin und her. Eigentlich wollte sie in der Küche einen Kaffee aufsetzen, doch daran war nicht zu denken.

Eliot war noch nicht erwacht. Ich schielte auf meine Armbanduhr. Ursprünglich war ich hergekommen, um meine Freunde zum Essen einzuladen. Eine Art Einweihungsfeier war bei mir geplant. Aber als ich sah, dass Claudia mit dem Kind überfordert war, überdachte ich meinen Entschluss.

„Also ich weiß nicht“, sagte sie. „Ich glaube, ich kann das Haus erstmal nicht verlassen, solange Helen unruhig ist.“

„Vielleicht bekommt sie Zähne?“

„Ach, Jonathan!“, erwiderte Claudia. „Die hat sie doch schon längst.“

„Mhm.“ Ich grübelte. Allmählich ging mir das Geschrei auf die Nerven. Sollte ich gehen, ohne mit Eliot gesprochen zu haben? Ich lockerte den ersten Knopf meines Hemdes. Mir war warm. Dem Kind vielleicht auch? Ich registrierte, dass das Kinderbett in der Sonne stand. Ihre Strahlen blendeten das Gesicht des Mädchens nicht, doch ohne Zweifel war es der Helligkeit ausgesetzt.

„Nimm sie doch aus der Sonne“, sagte ich spontan.

Ich dachte an Eliot, der nach dem Biss eines Blutsaugers an Fotophobie litt. Selten stand er vor Sonnenuntergang auf. Sein Blut war von Juans Energien verseucht. Selbstverständlich hatte Eliot diese Verunreinigung weitervererbt. Deswegen wollte Juan seinen Sohn. Die Kinder von Eliot waren Hybride. Und Juan hatte zumindest einen Teil seines verschenkten Erbgutes eingefordert.

Claudia schob das Kinderbett vom Fenster, tiefer in den Raum hinein. Dort war es kühler, denn die Klimaanlage lief. Augenblicklich verstummte das Geschrei. Ich atmete auf.

„Oh, John, sowas!“ Sie lachte. „Vielen Dank, wieso bin ich nicht selbst drauf gekommen?“

„Ach …“ Ich winkte ab, ließ die Angelegenheit unbedeutend wirken, dabei gruselte es mich innerlich bei der Vorstellung, dass das kleine Kind bereits Veränderungen in sich trug und diese auch präsentierte. Ich grübelte. „Wieso hat sie eigentlich schon Zähne? Ist das normal?“

Claudia schüttelte den Kopf. „Sie ist früh dran, aber das scheint nicht ungewöhnlich, meint Eliot.“ Sie lachte verkrampft. „Der Kinderarzt ist anderer Meinung.“

„Und was sagt Eliot dazu?“

„Oh, er macht sich keine Sorgen“, gab sie bekannt. „Und so wie es aussieht, scheint sie nach ihm zu kommen. Er ist doch auch so begabt und die Fotosensibilität kann vererbt sein, da hat er mich vorgewarnt.“

„Sagt Eliot das, dass er fotosensibel ist?“, fragte ich. Sie nickte. „Er arbeitet nur noch abends, wenn die Sonne untergegangen ist.“ Sie hielt sich die Hand vor den Mund wie ein junges Mädchen, das heimlich kicherte. „Er ist eine Nachteule geworden ... aber das stört mich nicht.“

Oh je, wie naiv sie immer war ... Manchmal hätte ich sie gern an den Schultern gepackt und geschüttelt, wachgerüttelt von der heilen Welt, in der sie glaubte, zu leben, doch jedes Mal tat ich meine Gefühle mit einem verlorenen Lächeln ab und schwieg. Claudia hatte damals stark an der Anwesenheit der Blutsauger gelitten. Sie wusste nicht, dass es sie gab, doch ihr Körper sträubte sich mit allen Mitteln gegen ihre Gegenwart.

Wie würde sie reagieren, wüsste sie, dass ihr Mann ein Mutant war, ein unreines Wesen, das die Veranlagungen eines Untoten an seine Kinder weitergegeben hatte?

Nein, ich konnte und durfte nichts sagen, nicht, ohne seine Erlaubnis.

„Vielleicht solltet ihr den Abend heute ohne mich verbringen“, sagte Claudia. Hatte sie mein nachdenkliches Gesicht gesehen? Sie sah mich mitleidig an. „Eliot hat weniger Zeit für dich, das merke ich, und ich kann mich nicht beklagen. Er kümmert sich rührend um mich und Helen.“

Ihre Worte brachten mich beinah zum Weinen. Ihr Verständnis für die Liebschaft zwischen ihrem Mann und mir war das schönste Geschenk, das sie mir je gemacht hatte. Als sie erfuhr, dass Eliot zweigleisig fuhr, dass er hinter ihrem Rücken eine Affäre mit mir begangen hatte, hätte sie gehen können. Doch sie tat es nicht. Sie gestattete ihrem Mann seinen Seitensprung, sie zeigte Verständnis und empfing mich weiterhin mit offenen Armen.

Vielleicht wusste sie, dass Eliot sich im Zweifelsfall für mich entschieden hätte und so nahm sie die Tatsache in Kauf, ihren Ehemann teilen zu müssen. Seitdem der unverhofft für Nachwuchs gesorgt hatte, schien sie sogar ausgeglichener als zuvor.

„Das ist lieb von dir“, antwortete ich. „Dann werde ich mal nachsehen, ob er schon wach ist.“

Ich öffnete seine Schlafzimmertür. Das Zimmer war abgedunkelt, mein Geliebter wach.

„Komm rein, Jonathan, ich habe schon gewartet.“

Er knipste die Nachttischlampe an und blinzelte infolgedessen mehrmals. Ich wartete, bis er sich ans Licht gewöhnt hatte, bevor ich ihn mit einem Kuss begrüßte.

Seine Fotophobie war keine Angststörung, sondern eine Sensibilitätsstörung der Augen. Er reagierte auf geringe Lichtreize überempfindlich, bekam tränende, gerötete Augen, manchmal Schwindel und Kopfschmerzen, sodass er tagsüber kaum noch das Haus verließ. Auch im Inneren machte sich die Lichtscheue bemerkbar. Dabei glänzte seine Haut im Licht wie wertvolles Porzellan. Die Veränderungen, Juans Energie, tat ihm gut. Er sah wunderbar aus. Ich genoss seine forschende Zunge in meinem Mund, wurde hart, sobald er mich mit seinen Armen umschloss.

„Oh, ja ...“, stöhnte er. Ich bemerkte seine eindeutigen Bewegungen unter der Bettdecke. Er rieb sich fest und fordernd, dabei umarmte er mich besitzergreifend.

„Eliot, vielleicht sollten wir ...“

Warten?

„Oh, my god, oh ja ...“ Er kam zum Höhepunkt, ehe ich etwas einwenden konnte. Aus verklärten Augen sah er mich an.

„Es tut mir leid, aber nach dem Erwachen ist mein Verlangen besonders stark.“ Er lächelte und streichelte meine Wange. „Keine Sorge, die zweite Runde geht an dich.“

Nachdem er geduscht und sich angezogen hatte, verabschiedete er sich von seiner Frau mit einem Kuss, der sinnlicher nicht sein konnte. Mein Freund hatte es drauf, die zwei Beziehungen aufrechtzuerhalten, ohne dass eine Partei zu kurz kam.

Wir fuhren zuerst in die Stadt, wo wir in einem Restaurant zu Abend aßen, anschließend, von erneuter Lust getrieben, landeten wir bei mir zu Hause im Bett.

Eliot hatte nicht zu viel versprochen. Nachdem unsere erste Zusammenkunft von kurzer Dauer gewesen war, ließ er sich beim zweiten Intermezzo Zeit.

Er war ein Verführer, der seinen Liebhaber auf Händen trug. Da ich eher zurückhaltend war und selten die Initiative ergriff, kam mir das zugute.

Nach einem ausgiebigen Zungenspiel und einer ausführlichen Erkundung meines Körpers, drehte er mich sanft auf den Bauch, benetzte mich mit Speichel und drang gefühlvoll in mich ein. Er stieß mich zärtlich, so lange, bis ich mich ins Laken ergoss.

Nicht selten fiel er über mich her wie ein Tier, doch ebenso machte er es mit romantischen Stelldicheins wieder wett.

Nackt und entspannt lagen wir nebeneinander. Die Zeit drängte nicht. Claudia tolerierte auch, dass er ab und zu bei mir blieb.

„Helen ist fotosensibel“, startete ich das Gespräch. „Und Zähne hat sie auch, alle, mit knapp 7 Monaten.“

Eliot nickte. „Sie ist ein fortschrittliches Kind.“

Ich sah ihn schief an. „Es liegt daran, dass sie ein Hybrid ist.“

Eliot lachte auf. Ich sah seine obere Zahnreihe. Die Eckzähne waren spitz. Ich schreckte zusammen.

„Eliot, deine Zähne ...“

Er nickte gelassen. „Ich weiß, auch sie haben sich verändert.“

Ich schloss die Augen, wollte es ungeschehen machen. „Kann man das denn nicht aufhalten? Maurice sagte, dass du dich nicht vollkommen verwandeln wirst, wenn du dich dagegen wehrst.“

„Das ist wahr …“

„Aber?“

Eliot seufzte leise. Er schloss die Augen. „Ich gebe zu, die Verwandlung bringt Vorteile für mich. Wenn die Sonne untergeht, fühle ich mich kräftig und begehrenswert. Früher war ich bieder, konnte meinen Pflichten als Ehemann nicht nachkommen. – Nun hat mir Claudia nicht nur ein wunderbares Kind geschenkt, sondern bleibt bei mir, trotz der Veränderungen. Zudem kann ich mich glücklich schätzen, dein Herz erobert zu haben.“ Er streichelte mich.

„Es war umgekehrt“, erinnerte ich. „Und du vergisst, dass du einen Sohn verloren hast, dass du die Sonne meiden und die Nacht zum Tag machen musst.“

„Mit diesen Dingen kann ich leben.“

Ich dachte an das Erlebte am Nachmittag, daran, dass Helen wie ihr Vater fotosensibel war und sich schneller entwickelte als andere Babys ihres Alters.

„Du hast die Fähigkeiten an deine Kinder weitergegeben, es sind Mutanten.“

„Es sind begabte Wesen, wie Juan uns offenbart hat, einzigartiger als ein Blutsauger.“

Ich stöhnte und ließ mich ins Kissen fallen, konnte nicht glauben, was ich hörte.

„Du verkennst die Situation. Wenn es so weitergeht, wirst du dich gänzlich verwandeln, du wirst unsterblich und einer von ihnen werden.“

Eliot schüttelte den Kopf. „Obwohl sich meine Zähne verändern, heißt es nicht, dass ich ein blutdürstiges Monster werde, das auf die Fleischeslust verzichtet.“ Er lächelte süffisant. „Dagegen werde ich ankämpfen, das kannst du mir glauben.“

Nachts erwachte ich, registrierte, dass Eliot am Fenster stand und in den Garten starrte. Keine Sonderheit, denn er schlief nur noch tagsüber, trotzdem sah es unheimlich aus, wie er nach draußen spähte, als würde er etwas beobachten. Oder jemanden?

„Was machst du, Eliot?“ Ich klopfte aufs Laken. „Komm wieder zu mir.“

„Ihre Seelen haben noch keine Ruhe gefunden“, erwiderte er. Abermals beugte er sich vor, als betrachtete er irgendetwas. Ich stutzte.

„Was meinst du?“

Er drehte sich um und ich sah in sein fahles Gesicht. „Die Toten sind aufgewühlt.“

Ich genoss die Ruhe, die mein Haus umgab. Der Garten sah fürchterlich aus: von unterschiedlichen Gräsern bewuchert und in alle Richtungen zugewachsen. Aber ich mochte das. Der unkontrollierte Wuchs brachte etwas Verwegenes mit sich, etwas Natürliches. Ich war mir sicher und insgeheim freute ich mich darauf, hier, im Sommer, eine umfangreiche Anzahl von Insekten anzutreffen.

Zudem erwartete ich, neben Eliot, keine Besucher, die das Biotop und dessen Chaos bemängeln konnten. Engere Verwandte besaß ich nicht und zu anderen Familienmitgliedern pflegte ich keinen Kontakt. Kurz gesagt: Ich war auf mich gestellt und genoss die Freiräume.

An einem sonnigen Herbsttag machte ich mit Rocky einen ausgiebigen Spaziergang über das Anwesen. Neben den Umzugsarbeiten und dem Job im Museum, hatte es keine Zeit gegeben, die Umgebung näher zu erkunden. Neugierig trat ich hinter dem Haus in die Wildnis hinein.

Es gab Kräuter, Gräser und Büsche in vielen Formen und Facetten. Gelegentlich blieb ich stehen, um sie mir aus der Nähe anzusehen und Notizen zu machen. Der Forscher in mir erwachte. Mir kam die Idee, ein exaktes Verzeichnis über die Flora in diesem Gebiet anzulegen. Die Zeit verstrich wie im Flug, ich hatte keinen konkreten Weg eingeschlagen, war herummarschiert, wie es mir passte, wie mir die Pflanzen ins Auge fielen. Mir wurde die fortgeschrittene Zeit erst bewusst, als Rocky nicht mehr schwanzwedelnd vorauslief, sondern abrupt stehenblieb und jaulte. Zuerst wollte ich ihn ermahnen, denn sein schreckhaftes Verhalten erforderte Geduld und Verständnis, doch dann sah ich, was ihn ängstigte.

Vor mir, von Efeu umrankt und hinter hohen Sträuchern versteckt, stand ein haushohes Mausoleum. Dessen Inschrift war kaum lesbar, die helle Fassade war durch Witterung angegriffen und von Moos und Ranken bewachsen.

Augenblicklich schwante mir, warum mein Hund Alarm schlug und warum auch Eliot, mit seinen sensiblen Sinnen, den Tod als gegenwärtig empfand.

Zurück vom Spaziergang rief ich beim Makler an und forderte Details über die Räumung des Friedhofes. Zuerst wollte er eine Auskunft verweigern. Als ich drohte, seinem Unternehmen zu einem schlechten Ruf zu verhelfen, denn durch meine Tätigkeit als Museumsdirektor hatte ich bedeutende Einflüsse, brach er das Schweigen.

„Zu einigen Gräbern fand man keine Angehörigen mehr. Aus Kostengründen hat man sie belassen und nicht umgesiedelt.“

Kapitel 2

Die Woche verlief ohne Vorkommnisse und am Freitag fand ich mich nach Feierabend in einem Stuhl des Frisörsalons wieder.

„Oh, Jonathan, was ist das?“ Mein Frisör Mathieu fasste mir in die Nackenhaare und zog meinen Kopf leicht nach hinten. Er beugte sich vor und begutachtete meine Seitenhaare. „Sehe ich graue Strähnen?“

Ich atmete hörbar aus, zog den Kopf aus seinen Fängen. „Gut möglich, bei dem Stress, den ich hatte.“

„Soll ich es überfärben?“, fragte er.

Ich winkte ab. „Nur schneiden ... Den Alterungsprozess werde ich mit Farbe nicht aufhalten.“

Er nickte, aber ich sah ihm an, dass er mir am liebsten eine Verjüngungskur verabreicht und die Haare raspelkurz geschnitten hätte. Doch ich blieb bei der kinnlangen Variante.

In jedem Fall sah ich mitgenommen aus. Mir fehlte der Elan, den ich besaß, als Maurice noch bei mir gewesen war, als mir seine Küsse und seine Anwesenheit einen Teil der Jugend zurückgegeben hatten. Obwohl er sich nach wie vor in meiner Obhut befand – transformiert als Falter – konnte ich seine positive Aura nicht spüren.

Um mich abzulenken, griff ich nach der Tageszeitung. „Moorleiche entdeckt!“ – prangte in fetten Lettern auf der Titelseite. Während der Frisör mein Haar bearbeitete, las ich den Artikel, der von einem Leichnam berichtete, der nach den schweren Unwettern im Moor freigespült worden war.

Torfstecher hatten den Dahingeschiedenen entdeckt. Die Identität des Toten war nicht geklärt. Man wusste nicht, wie lange sich der Körper in dem Morast befunden hatte. Wie ich allerdings wusste, konnten Moorleichen, absolut luftdicht gesunken, in der Erde gut erhalten bleiben und das über viele Jahre.

Es war schade, dass kein Bild abgebildet war, denn ich hätte gern einen Blick auf den Toten geworfen. Vielleicht war es ein kostbarer Fund, der den Arbeitern unverhoffter Dinge in die Hände gefallen war? Das Areal um die Gemäuer im Moor war ein Sperrbezirk. Ich erinnerte mich daran, wie Eliot und ich, in Begleitung von Juan de Sangui-Juela, verbotenerweise ins Moor gelaufen waren, um Maurice aus den Fängen der Niederen zu befreien.

Das Moor war ein unheimlicher und gefährlicher Ort. Wer sich dorthin verirrte, der wollte sich verstecken, war auf der Flucht, suchte oder fand den Tod, kannte er sich mit den Tücken des Moores nicht aus. Ich legte die Zeitung beiseite. Warum hatte ich fortwährend das Gefühl, in einem Horrorfilm zu leben, umgeben von Untoten und Menschen, die sich verwandelten, Motten, die Geheimnisse verbargen?