Mythos Hexe - Walter Brendel - E-Book

Mythos Hexe E-Book

Walter Brendel

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Beschreibung

Buckelige Frauen mit Besen in der Hand und Warze auf der Nase – das Typische Bild einer Hexe. Die als Hexen Verkleideten treffen sich zu einer großen Feier auf dem Brocken im Harz (auch "Blocksberg" genannt) oder auf anderen erhöhten Punkten in Deutschland und Europa. Dieser Brauch geht auf den Glauben zurück, dass Hexen und Geister in der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai in bergiger Umgebung ihr Unwesen treiben. Namensgeberin der Spuknacht ist die heilige Walpurga. Sie war eine Nonne aus Großbritannien und lebte im achten Jahrhundert nach Christus. Am 1. Mai des Jahres 761 wurde sie zur Äbtissin ernannt. Walpurga gilt als Schutzheilige gegen Krankheit, Hungersnot und Seuche. Die Walpurgisnacht erinnert an eines der dunkelsten Kapitel unserer Geschichte: die Hexenverfolgung. Schlechtes Wetter, Ernteausfälle oder Hungersnöte – im Mittelalter suchten die Menschen nach Erklärungen für derartige Katastrophen. Da sich mit dem damaligen Wissensstand keine Ursachen finden ließen, war man sich einig, dass es Männer und Frauen geben muss, die zaubern können und ihre magischen Kräfte einsetzen, um anderen zu schaden.

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Seitenzahl: 405

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Walter Brendel

Impressum

Texte:             © Copyright by Walter Brendel

Umschlag:      © Copyright by Walter Brendel

Verlag:

Das historische Buch, Dresden / Brokatbookverlag

Gunter Pirntke

Mühlsdorfer Weg 25

01257 Dresden

[email protected]

Inhalt

1. Teil: Wie definierte man Hexen?

2. Teil über Hexenverfolgung und Hexenprozesse

3. Teil über die Hexe in Märchen und Sagen

1. Teil: Wie definierte man Hexen?

Als Hexe wird in Märchen, Mythen und im Volksglauben eine mit Zauberkräften ausgestattete Frau bezeichnet, die Schadenzauber ausüben kann. In der europäischen Kultur wurde sie seit dem späten Mittelalter klassischerweise in einer Verbindung in Form eines Paktes oder einer Buhlschaft mit Dämonen oder dem Teufel gesehen, wobei auch weitere Kriterien hinzugefügt wurden. In der antiken Literatur tauchen „Hexen“ als zauberkräftige Menschenfrauen wie Kirke und Medea auf, die mit Magie und Giften angeblich Menschen und Tiere verzaubern konnten. Ovid erzählte in den Fasti von Striges, anthropomorphen, hexenartigen Frauengestalten, und Horaz erfand die Canidia, eine Hexe, die in dieser Geschichte den allerdings schon bekannten Akt des Infantizids ausüben will, um einen Liebestrank zu brauen.

Zur Zeit der Hexenverfolgung wurde der Begriff Hexe bzw. Hexer vereinzelt als Fremdbezeichnung auf Frauen und Männer angewandt, die unter dem Vorwurf der Zauberei („Hexerei“) verfolgt wurden. Später setzte er sich, insbesondere in der wissenschaftlichen Untersuchung des Phänomens „Hexenverfolgung“, allgemein durch. Der Begriff wird heute auch als abwertende Bezeichnung bzw. Schimpfwort für eine bösartige, zänkische, unangenehme oder hässliche weibliche Person genutzt.

Der Begriff Hexenglaube ist doppeldeutig, da er nicht nur die Überzeugung von der realen und bedrohlichen Existenz der Hexen bezeichnet, wie er im Volksglauben verwurzelt ist und sich als Reaktion der Obrigkeit zum Hexenwahn steigern konnte. Daneben kann er gegenwärtig die (naturreligiösen) Überzeugungen beschreiben, die sich auf ein vorchristliches Verständnis berufen und bestimmte Menschen beiderlei Geschlechts, die angeblich über besondere Fähigkeiten und Kenntnisse verfügen, als Hexen bezeichnen.

In die Vorstellungen zur Hexe sind Elemente unterschiedlicher Herkunft eingeflossen. Dies führt im Allgemeinen zur Begriffsverwirrung, da diese verschiedenen Strömungen nicht getrennt, sondern auch rückwirkend in ein Hexenbild hineininterpretiert werden.

Zunächst kann die Etymologie des Wortes untersucht werden, um Informationen über die Vorstellungen zu einer Zeit zu erhalten, als die etymologische Motivation noch lebendig war, grob geschätzt bis spätestens 1000 n. Chr. Diese Erkenntnis darf auch maximal für das Westgermanische verwendet werden. Zudem können andere Hexenbezeichnungen in den jeweiligen Sprachen und jeweiligem Kontext analysiert und dann zu einem sprachwissenschaftlichen Vergleich herangezogen werden.

Ein zweites Verständnis entstammt der Literatur, vor allem Märchen und Sagen. Hier finden sich aber auch andere Figuren, die in gleichem Sujet die Rolle der Grażyna einnehmen können, wie Riese, Menschenfresser oder Drache. Es ist bemerkenswert, dass viele Sujets europaweit oder darüber hinaus verbreitet sind – allerdings immer mit den jeweils regionaltypischen Entsprechungen von Hexe oder Menschenfresser. Märchen und Sagen wurden zudem erst spät aufgezeichnet – sie sind also bereits beeinflusst von den neuzeitlichen Hexenvorstellungen und Hexenprozessen. Dies gilt freilich nicht für die griechischen Sagen über Hexen.

Informationen über den Glauben an Zauberei und die Bestrafung von Zauberinnen stammen aus der Bibel, also aus dem Nahen Osten. Die Vorstellungen gelten also wieder nur für eine Region und für die Begriffe in der jeweiligen Sprache.

Hexenszene 1700

Historische Quellen zum Hexenglauben liegen aus Mittelalter und Neuzeit vor, einschließlich der Akten zu den Hexenprozessen. Diese sind vom regionalen Volksglauben, aber auch der biblischen Tradition beeinflusst. Außerdem ist zu beachten, dass die frühen Dokumente nicht auf Deutsch bzw. in der jeweiligen Volkssprache verfasst wurden. Es ist mitunter problematisch, die lateinischen Begriffe malefica u. a. mit deutsch Hexe zu übersetzen, während z. B. Übeltäterin oft wesentlich neutraler wäre.

Die Hexe, von Albrecht Dürer, um 1500

Das deutsche Wort Hexe (zu mittelhochdeutsch hecse, hesse, althochdeutsch hagzissa, hagazussa) ist eine verdunkelte Zusammensetzung, deren Verwandte sich nur im westgermanischen Sprachraum finden: mittelniederländisch haghetisse und altenglisch hægtesse (im Neuenglisch zu hag verkürzt). Die genaue Wortbedeutung ist ungeklärt; das Bestimmungswort wird traditionell mit althochdeutsch hag ‚Zaun, Hecke, Gehege‘ verknüpft. Das Grundwort ist möglicherweise mit norwegisch tysja ‚Elbin‘ (insbesondere in hulda- und haugatysja) und tusul ‚Gespenst‘, oder ferner mit dänisch tøs, schwedisch tös ‚Mädchen‘ und norwegisch (mundartlich) taus ‚Dienstmädchen‘ verwandt.

Aus dieser Sicht besteht kein Zweifel an der Zugehörigkeit des Begriffs zur Religion. Allerdings ist nicht nachgewiesen, dass der Begriff Hexe (bzw. dessen Vorgänger) vor der Christianisierung eine Bezeichnung für kultisch tätige Personen war. Es sind auch Menschen mit besonderem Wissen (siehe: Esoterik), niedere mythische Wesen oder Göttinnen vor- bzw. nichtchristlicher Religionen in Betracht zu ziehen.

The witches Sabbath, von Luis Ricardo Falero, 1880

Wenn die Begriffsintention sich auf die auf verschiedenen Seiten hängenden Beine bezieht, ließe sich der Begriff metaphorisch als Beschreibung einer Wesenheit begreifen, die mit einem Bein im Reich der Lebenden, mit dem anderen im Reich der Toten weilt. Es gibt auch die Variante, dass der profane und der heilige Bereich hier einander gegenüberstehen und somit eine Grenze bilden oder das Diesseits und das Jenseits.

Nicht die umzäunte Hecke, sondern die einzelne Zaunlatte, auf der das Hexenwesen reite und die sich in der volkstümlichen Vorstellung später zum typischen Besen entwickelt habe. Des Weiteren sieht sie in den später als Hexerei bezeichneten Kultpraktiken eine bronzezeitliche, maternale „Naturreligion“, die sich aus dem steinzeitlichen Schamanentum entwickelt habe, und erkennt im hag ein im klassischen Schamanismus Asiens und Nordamerikas verbreitetes anthropologisches Charakteristikum, nämlich den tranceerzeugende Musik hervorbringenden Trommelschlägel, über den es in den meisten Sprachen der entsprechenden Kulturen wörtlich heiße, dass der Schamane auf diesem Schlegel in die Geisterwelt reite. Aus diesem steinzeitlichen Ritt auf dem Trommelschlägel habe sich über Vermittlung der bronzezeitlichen maternalen Religion, die wiederum von ab Beginn der Eisenzeit nach Europa einwandernden patriarchalen indogermanischen Stämmen stark negativ umgedeutet und bekämpft worden sei, die Vorstellung eines auf einer Zaunlatte reitenden, zumeist weiblichen oder weibischen Zauberwesens entwickelt.

Im deutschsprachigen Raum tauchte der Begriff „Hexereye“ erstmals 1419 in einem Zaubereiprozess gegen einen Mann im schweizerischen Luzern auf. Allerdings ist schon 1402/03 in einem Rechnungsbuch aus Schaffhausen von einem „hegsen brand“, also einer Hexenverbrennung, die Rede. Der Malleus Maleficarum des Dominikaners Heinrich Kramer, gen. Institoris nennt die Hexen „maleficae“ anstelle des männlichen Äquivalents „malefici“ ursprünglich „Übeltäter“, erst später „Zauberer“.

Eine ältere deutsche Bezeichnung der Hexe ist Unholde oder Unholdin, männliche Form Unhold. Dieser Ausdruck bezeichnet auch Gespenster oder allgemein dämonische Wesen. Nach den zugeschriebenen Eigenschaften und Fähigkeiten der Hexen wurden auch die Begriffe Milchstehlerin und Milchstehler, Bockreiterin und Bockreiter, Gabelreiterin und Gabelreiter, Zaunreiterinnen, Weissagerin und Weissager, Zeichendeuterin und Zeichendeuter, Mantelfahrerin und Mantelfahrer, Kristallseherin und Kristallseher oder allgemein Böse Leute verwendet.

1949: Simone de Beauvoir veröffentlicht das Werk Das andere Geschlecht. Sitte und Sexus der Frau, in dem sie Hexen als den ältesten und abgegriffensten aller Mythen bezeichnet: Der Mann werde durch „das abgegriffene Vokabular der Feuilletonromane, in denen die Frau als Hexe, als Zauberin beschrieben wird“ angelockt und ausgesaugt. „Die verderbte Hexe stellt die Leidenschaft der Pflicht, den gegenwärtigen Augenblick der Einheit der Zeit entgegen, sie hält den Wanderer der Heimat fern, sie breitet Vergessen über ihn aus“.

1975: Alice Schwarzer in „Der kleine Unterschied und seine großen Folgen“: Feministinnen sind „Mannweiber“, „Politfurien“ und „Brockenhexen“. „Ich habe sehr schnell versucht, die Markierung als ‚Hexe vom Dienst‘ zu unterlaufen. Aus politischen Gründen, aber auch aus privaten: Eine solche Häme verletzt trotz allem Wissen um die Motive der Geifernden.“

Elga Sorge schreibt das Manifest der bekennenden Frauenkirche als Hexenkonvent.

1975 Emma Bonino, Feministin und Politikerin, ehemalige EU-Kommissarin, Angehörige der Radikalen Partei in Italien, wurde von Papst Paul VI. als Hexe bezeichnet, nachdem sie das Informationszentrum für Sterilisation und Abtreibung gegründet hatte.

In den 1970er Jahren demonstrierten italienische Frauen gegen das Abtreibungsverbot und laufen mit den Worten „Erzittert, erzittert, die Hexen sind zurückgekehrt“. Silvia Bovenschen ist die früheste Quelle hierfür; in anderen Quellen datiert man es auf die 1960er oder 1980er Jahre, auch der Universität Padua zu. Als Orte kursieren Rom, Mailand und die Universität von Padua; als Grund wird teilweise auch der Todesfall einer Frau infolge einer Vergewaltigung genannt. 1977 und 1978 gab es in Freiburg und 1981 in Kassel in der Walpurgisnacht Demonstrationen von Frauen gegen Vergewaltigung.

Der Begriff „Hexenverfolgung“ wird in der Gegenwart im Unterschied zur historischen Bedeutung im übertragenen Sinn für öffentliche lautstarke und unverhältnismäßige Kritik an einer in der öffentlichen Meinung in Ungnade gefallenen oder aus anderen Gründen missliebigen Person gebraucht.

Für den Glauben an Hexerei, bezeichnet auch als Hexenwahn, ist es oft wesentlich, dass der Gläubige nicht bereit ist, die Kategorie „Zufall“ als Erklärungsmöglichkeit für herausragende Ereignisse zu akzeptieren. Weniger der Glaube, hier müsse Hexerei im Spiel sein, sei Wolfgang Behringer zufolge erstaunlich und erklärungsbedürftig als das Ausmaß der „Entzauberung“ der modernen Welt, d. h. das große Ausmaß der Bereitschaft, etwa den plötzlichen Tod eines Säuglings als bloßes Pech zu bewerten.

Der Hexenglaube ist ein paneuropäischer Aberglaube (Volksglaube), dessen Wurzeln im vorchristlichen Götterglauben liegen. Er ist allerdings auch im afrikanischen Kulturkreis, animistischen Religionen etc. nach wie vor verbreitet. Diese weitgehende Übereinstimmung fällt nicht ins Auge, weil die Bezeichnungen regional unterschiedlich sind. So ist im postkeltischen Kulturkreis von Feen (Morgane etc.) die Rede, die gut und böse sein konnten, in Irland zweigesichtig dargestellt wurden. Im postgermanischen Raum steht der Begriff Elfe primär für ein gutes Wesen, während es ansonsten eher (wohl als Folge christlicher Indoktrination) die böse Hexe gibt. Die Bezeichnungen Fee und Elfe wurden nicht auf Menschen angewendet und somit auch nicht Gegenstand der Hexenverfolgung. Sie behielten ihren Charakter als mythische Wesen.

In allen Kulturkreisen und Kontinenten kommt Hexenglaube vor und ist eng mit tabubehafteten Aspekten der weiblichen Sexualität, Fruchtbarkeit und Fortpflanzung verbunden, wie Ablehnung erwarteter Keuschheit (sexueller Hedonismus, Prostitution), Geburtenkontrolle (verstanden als Infantizid, wozu auch der Schwangerschaftsabbruch gezählt wird), Ablehnung oder Umkehr der klassischen Geschlechterrollen und gesellschaftlich vorgegebenen Normen. Es geht um Wesen, die gegen die Disziplinierung des Körpers, die Funktionalisierung der Sexualität und gegen die Einhegung von gemeinschaftlich verwaltetem Land aufbegehrten. Die Figur der Hexe wird in zeitgenössischen Interpretationen auch als Symbol für den Widerstand gegen die Ausbeutungsformen des aufkommenden Kapitalismus gesehen.

Durch die Hexenverfolgung verloren Tausende von Menschen, vor allem Frauen, ihr Leben.

Das märchenhafte Stereotyp der Hexe, nämlich einer alten Frau, die auf einem Besen reitet – hinzu kommt oft die Begleitung durch einen schwarzen Vogel (wahrscheinlich einer der beiden Raben Odins) oder eine schwarze Katze – leitet sich von der Vorstellung eines Wesens ab, das sich in Hecken oder eher in Hainen aufhält oder auf Grenzen reitet. Vermutlich ist das Stereotyp als solches relativ neu und Illustrationen in deutschen Märchenbüchern geschuldet, denn genaue Entsprechungen (außer der Fähigkeit zu fliegen) fehlen vielerorts in benachbarten Ländern. Aus der Zaunstange, meist gegabelte Äste, wurde in der bildlichen Darstellung der Hexenbesen. Diese Version unterlag jedoch bereits christlicher Einflussnahme. Für das Bild von der Zaunreiterin gibt es verschiedene Erklärungen: Es könnte sich einmal um eine Art archaischer (Wald)-Priesterinnen gehandelt haben, andererseits wird auch ein abstraktes Bild bemüht: Wesen, die auf Zäunen sitzen, befinden sich auf einer Grenze von kultiviertem Raum zur unkultivierten Natur.

Wenn die Hecke vielleicht mit dem Bannkreis, der vorchristliche Kultorte umgab und eine Trennlinie zwischen der diesseitigen Welt und der jenseitigen Welt darstellt, identifiziert werden kann, so ist die Hexe eine Person, die zwischen beiden Welten vermitteln kann. Sie besitzt somit divinatorische, aber auch heilende Fähigkeiten und hohes Wissen und weist Eigenschaften der vorchristlichen Kultträger auf.

Von je her sind die Bedeutungen Orakelsprechende, Zaubersprechende, (Hell-)Seherin und weitere in der Bezeichnung Hexe eingeschlossen – alles Attribute, die auch der nordischen Freya, der irischen Brigid und anderen archaischen Göttinnen zugeordnet wurden.

Eine mögliche Herkunft des Archetypus „Hexe“ ist, wenn die Etymologie des englischen witch stimmt, eine Frau mit okkultem oder Naturheilwissen, die unter Umständen einer Priesterschaft angehörte. Dies ist eine Übertragung der Fähigkeiten (Heilen, Zaubern, Wahrsagen) der Göttin Freya und vergleichbarer Göttinnen in anderen Regionen auf ihre Priesterinnen, die im frühchristlichen Umfeld noch lange in der gewohnten Weise agierten. Mit dem Vordringen des Christentums wurden die heidnischen Lehren und ihre Anhänger dämonisiert.

Im 13. Jahrhundert v. Chr. beschuldigte der hethitische Großkönig Muršili II. seine Stiefmutter und amtierende Großkönigin Tawananna, durch Hexerei sowohl seinen Sprachfehler als auch den Tod seiner Ehefrau verursacht zu haben. Im frühen Judentum des Alten Testaments wird Zauberei bekämpft.

Auch in anderen antiken Kulten gab es das Bild der Schadenzauberin und kräuterkundigen Zauberin, zum Beispiel Kirke und Medea in der griechischen Mythologie. Beide sind mächtige Zauberinnen mit Kräuterwissen und verschiedenen magischen Fähigkeiten, die sie einsetzen, um zu helfen oder zu schaden.

Vor allem die antike Göttin Hekate war stark mit dem antiken Hexenglauben verbunden. Ursprünglich wurde sie als eine gütige und wohltätige Göttin angesehen, doch ab dem 5. Jahrhundert vor Christus wurde sie zur Schirmherrin aller magischen Künste. Man glaubte, sie führe die Zauberinnen an und lehre diese ihre Künste. Die Hexenbilder des antiken Griechenlandes erinnern stark an die Hexenbilder, die im ausgehenden Mittelalter und der frühen Neuzeit entstanden (Fähigkeit der Verwandlung, das Verhängen von Zaubern, Hexenflug, Kräuterwissen, Menschenopfer und Leichenmissbrauch).

Im antiken römischen Recht stand die Schadenzauberei (z. B. mittels Fluchtafeln) unter Strafe.

Von etwa 1300 bis 1550 kam es in Europa zu einem Anwachsen des Hexenglaubens, wobei auch Astrologie, Magie bzw. Zauberglauben und Traumdeutung eine zunehmende Bedeutung erlangten. Im 16. Jahrhundert bekämpfte der Düsseldorf Arzt Johann Weyer den Hexenglauben. Offenbar gelang es der Kirche nicht, im Mittelalter den Hexenglauben aus dem Volksglauben auszulöschen. In verschiedenen Gegenden Europas konnten erhaltene Volksbräuche und -kulte erschlossen werden: Carlo Ginzburg wies in „I Benandanti“ (1966) für Friaul das Weiterleben volkstümlicher antiker Traditionen im christlichen Gewand nach. Für Spanien hat Julio Baroja (Die Hexen und ihre Welt, 1967) in den Provinzen Biskaya und Guipúzcoa die Verbindung von Hexenglauben und einer Gebirgsgottheit Mari aufgezeigt. Keith Thomas (Religion and the Decline of Magic: Studies in Popular Beliefs in Sixteenth- and Seventeenth-Century England, 1971) konnte ähnliche Ergebnisse in England finden. Der Höhepunkt der Hexenverfolgung lag in katholischen wie in protestantischen Regionen unmittelbar vor dem Dreißigjährigen Krieg.

Im Gefolge der europäischen Aufklärung wurde die Verfolgung von Hexen vielerorts als ein zu überwindendes Übel angesehen. Im 18. und 19. Jahrhundert wurde an die nunmehr als grausame und unmenschliche Verfolgung von Menschen verurteilte Praxis mit der Errichtung von Denkmalen erinnert, wie am Ortsrand des sachsen-anhaltischen Städtchens Eckartsberga, wo 1563 eine der Hexerei beschuldigte Frau dem Flammentod übergeben wurde.

Die nachweisbare neuzeitliche Hexenverfolgung konzentrierte sich hauptsächlich auf das Territorium des Heiligen Römischen Reiches (incl. der Schweiz, Niederlande, Lothringen), ferner England, Schottland und Polen. Historiker führen dies auf die zeitweise relativ schwache Position der Zentralgewalt in diesen Ländern zurück. Spanien, Portugal und Italien blieben vom Phänomen der Hexenverfolgung nach der Katharerverfolgung weitgehend verschont. Einzelfälle sind auch in den britischen Kolonien Nordamerikas (Hexenprozesse von Salem) dokumentiert.

Im schwedischen Elfdal, Dalarne, fand nach dem Dreißigjährigen Krieg eine erste Hexenverbrennung am 25. August 1669 statt, der 84 Erwachsene und 15 Kinder zum Opfer fielen. Insgesamt gab es mehr als 91 Tote gab es nach Hexenprozessen in Norwegen. Im 17. Jahrhundert wurden in der Finnmark fast 140 Hexenprozesse durchgeführt, der erste 1601.

Bereits die germanischen Sagas berichten, dass Hexen und Zauberer zu bestrafen sind, da sie mit unerlaubten, magischen Mitteln ihren Willen anderen aufzwingen oder in die Natur eingreifen um anderen Schaden zuzufügen. Beispielsweise wird von Eiríkr blóðøx berichtet, dass er 80 Zauberer verbrennen ließ. Bei den südgermanischen Völkern stand auf das Zubereiten von Tränken, welche die weibliche Unfruchtbarkeit bewirken, die Todesstrafe. Mindeststrafmaß war für Giftmischen, Wettermachen und Zauberei sieben Jahre – war dies auch verbunden mit dem Dienst oder Pakt mit bösen oder zumindest überirdischen Mächten, so wurden 10 Jahre daraus.

The Night-Hag Visiting Lapland Witches von Johann Heinrich Füssli

Seit frühester Zeit galten die Samen als besonders zauberkundig. Saxo Grammaticus schreibt:

„Die Finnen sind ein Volk im äußersten Norden, die einen kaum bewohnbaren Teil des Erdkreises bewohnen und dort das Land bebauen. Der tüchtige Gebrauch der Speere ist bei ihnen üblich. Kein anderes Volk zieht besseren Nutzen aus der praktischen Kenntnis des Speerschleuderns. Sie kämpfen mit schweren und dicken Pfeilen, sie widmen sich der Zauberei, haben Erfahrung in der Jagd. Ihr Wohnsitz ist nicht fest, und ihr Haus ist unstet, wo auch immer, nehmen ihren Wohnsitz in der Wildnis. Auf Reisen laufen sie auf gekrümmten Brettern durch zusammenhängende Bergketten voller Schnee.“

Adam von Bremen schreibt über Olav den Heiligen:

„Neben anderen tüchtigen Leistungen soll er Gott mit solchem Eifer gedient haben, dass er aus seinem Lande die Zauberer austilgte, die es in der Welt der Barbaren überall mehr als reichlich gibt, doch ist Norwegen in ganz besonderem Ausmaße voll solcher Teufelswesen. Hier wohnen Wahrsager, Vogeldeuter, Zauberer, Beschwörer und andere Diener des Antichrist, und ihre Gaukeleien und Künste machen die unglücklichen Seelen zum Spielwerk böser Geister.“

Über die Samen schreibt er:

„Auch sind alle Bewohner Norwegens gute Christen, mit Ausnahme derer, die fern im Norden am Ozean leben. Die sollen durch Zauberkünste und Beschwörungen über solche Macht verfügen, dass sie sich rühmen, sie wüssten, was jeder Mensch auf der ganzen Erde tut. Auch ziehen sie mit wirksamen Zauberformeln große Walfische aus dem Meere an den Strand, und sie sind gewohnt, noch vieles andere, was man in der Heiligen Schrift von Zauberern liest, mit Leichtigkeit auszuführen.“

Schon in den isländischen Sagas werden Zauberinnen erwähnt. Der Zauber bezog sich in der Regel auf die Herbeiführung schweren Unwetters oder die Herstellung von Kleidung, die kein Schwert durchdringen konnte. Wie die Praktiken vollzogen wurden, wird so gut wie nie geschildert. Eine der ganz seltenen Schilderungen betrifft den Versuch einer zauberkundigen Frau, ihren missratenen Sohn dadurch vor Verfolgung zu schützen, dass sie seine Gegner in Wahnsinn verfallen lassen wollte.

„Und als die Brüder herbeikamen, sprach Högni: ‚Was für ein Teufel kommt dort auf uns zu? Ich weiß nicht, was es ist.‘ Thorstein erwiderte: ‚Da kommt Ljot, das alte Weib, und hat sich sonderbar geputzt.‘ Sie hatte sich die Kleider vorn über den Kopf geworfen und ging rückwärts und streckte den Kopf zwischen den Beinen nach hinten. Gräulich war der Blick ihrer Augen, wie sie ihn wie die Trolle zu schießen wussten. Thorstein rief Jökul zu: ‚Jetzt schlag Hrolleif tot. Du hast lange darauf gebrannt.‘ Jökul antwortete: ‚Dazu bin ich gern bereit‘, und hieb ihm den Kopf ab und wünschte ihn zum Teufel. ‚Ja, ja,‘ sagte Ljot, ‚nun war es nahe daran, dass ich meinen Sohn Hrolleif hätte rächen können. Aber die Ingimundssöhne sind gewaltige Glücksmänner.‘ Thorstein antwortete: ‚Warum meinst du das?‘ Sie sagte, sie habe das ganze Land umstürzen wollen, ‚und ihr wäret toll geworden und verrückt draußen bei den wilden Tieren geblieben. Und so wäre es auch gekommen, wenn ihr mich nicht eher gesehen hättet, als ich euch.‘“

Als die englische Mystery and Company of Merchant Adventurers for the Discovery of Regions, Dominions, Islands, and Places unknown versuchte, die Nordostpassage nach China zu finden, gab sie den Versuch wegen Packeis und Stürmen auf. Diese Erfahrung führte im 17. Jahrhundert zur Behauptung der Engländer, es gebe eine Hexenplage im Norden. Auf dem Bergrücken Domen bei Vårdö wurde 1662 einer der Einstiege in die Hölle identifiziert (ein anderer war der Vulkan Hekla auf Island). Der Berg wurde für den Versammlungsort der Hexen gehalten.

2. Teil über Hexenverfolgung und Hexenprozesse

Begründung und Bewertung des Vorwurfs der Hexerei:

Im Alten Testament der Bibel wird Zauberei mit der Todesstrafe bedroht. Besonders die Stelle (2 Mos 22,17 LUT) – die Zauberinnen sollst du nicht am Leben lassen – diente den Verfolgern der Hexen später als Rechtfertigung. Jesus wurde nach dem Neuen Testament mehrfach von seinen Gegnern der Zauberei, etwa wegen seiner Wunderheilungen, bezichtigt. Den von jüdischer Seite erhobenen Vorwurf eines Teufelspaktes wies die Kirche zurück.

In der spätantiken und frühmittelalterlichen Kirche gab es zwei konkurrierende Ansichten zur Hexerei. Augustinus von Hippo schloss von der physikalischen Unmöglichkeit des Zauberns auf eine implizite Einladung des Teufels zur Bewerkstelligung der sonst unmöglichen Aufgabe. Diese semiotische Auffassung der Hexerei trat aber zunächst in den Hintergrund zugunsten einer Auffassung, die sich aus den vermeintlichen Regelungen der Kirchenväter zum Umgang mit Frauen ableitete, die glaubten, mit Diana des Nachts auszufahren: Diese Frauen, so heißt es dort, seien mit Nachsicht zu behandeln, denn da das, was sie zu tun glaubten, physikalisch unmöglich sei, basiere es auf Einbildung.

„Die Hexen“, Holzschnitt von Hans Baldung (1508)

Im Frankenreich waren die Karolinger daran interessiert, den vorchristlichen Aberglauben zu unterdrücken, und verhängten schwere Strafen, so nach der Missionssynode von Paderborn 785. Kirchliche Vertreter (Agobard von Lyon) erstellten in diesem Auftrag Rechtssammlungen und berief sich auf das Römische Recht, das gegen Zauberer und Ketzer als hostes publici die Denunzationspflicht vorschrieb. Später wurde die Lehre vom Teufelspakt entwickelt. Die Päpste des Hochmittelalters, so Innozenz III. und insbesondere Gregor IX., verschärften dies und schufen bis 1233 die Grundlagen der Inquisition. Mit dem mythologischen Wesen Hexe oder einer zauberkundigen Person hat dies nichts mehr zu tun; die Anklage gegenüber sterblichen Menschen bestand aus der Kombination der Straftatbestände der Apostasie und der Häresie.

Im 15. Jahrhundert festigte sich das Bild der Hexen als Hexensekte oder -kult mit Zusammenkünften und Riten, die auf die Übernahme der Weltherrschaft führen sollte (J. Baptier u. a.). Dies bewirkte später zusammen mit der Folter als Verhörmethode die explosionsartige Ausbreitung der Beschuldigungen. Das Zeitalter der legalen Hexenverfolgungen hatte begonnen.

Zu den Merkmalen einer Hexe gehörten laut der Hexenlehre der frühneuzeitlichen Hexentheoretiker:

- der Hexenflug auf Stöcken, Tieren, Dämonen oder mit Hilfe von Flugsalben

- Treffen mit dem Teufel und anderen Hexen auf dem sogenannten Hexensabbat

- der Pakt mit dem Teufel

- der Geschlechtsverkehr mit dem Teufel (in Gestalt von incubus und succubus, der sogenannten Teufelsbuhlschaft) und

- der Schadenzauber.

Diese fünf Merkmale bildeten ab etwa 1400 den ausgearbeiteten Hexenkodex. Vor allem Frauen wurden der Hexerei beschuldigt, weil die kirchliche Erbsündenlehre auf Eva fokussierte und nahelegte, Frauen seien besonders empfänglich für die Einflüsterungen des Teufels. Der Hexenhammer behauptet, Frauen seien von Natur aus schlecht, die wenigen guten Frauen seien schwach und den Verführungen des Teufels leichter ausgeliefert; gerade in ihrer Funktion als Hebamme kämen sie mit schlechten Säften in Verbindung, die sie für die Verführung des Teufels anfällig machten. Frauen, die sich veterinärmedizinisch betätigt hatten, kamen ebenfalls schnell in das Visier der Verfolger, da man davon ausging, sie hätten das Vieh behext und so ihre heilerischen Erfolge erzielt (bzw. im Falle von Misserfolgen vermutete man sofort, dass die Behandlung lediglich dem Versiegen der Milch etc. dienen sollte).

Für den Schadenzauber spielte die Vorstellung der begrenzten Güter eine Rolle: Wenn Ernte, Milchertrag oder sonstiges Gut eines Bauern sinkt, so liegt die Ursache darin, dass jemand durch zauberische Mittel dieses fortgenommen hat.

Von großer Bedeutung war die Idee einer allgemeinen Hexenverschwörung. Aus der Übertragung von Stereotypen, die man jahrhundertelang den Juden zugeschrieben hatte, bildete sich die Vorstellung einer „Synagoga Satanae“ (Synagoge des Satans), später „Hexensabbat“ genannt. Man glaubte hier einer orgiastischen Versammlung auf der Spur zu sein, bei der Gott und seine Kirche verhöhnt würden. Man glaubte, dass die gesamte Existenz des Christentums durch diese „Hexensekte“ bedroht sei.

Somit entstand ein neues vermischtes Verständnis der Hexen. Nicht mehr der Schaden, den die Hexen anrichten, war ihr entscheidendes Merkmal, sondern der Abfall vom Glauben und die damit verbundene Zuwendung zum Teufel. Nunmehr bildeten sie eine geistliche Gefahr; die Kirche ging gegen ihre abtrünnigen Gläubigen, nach den Grundsätzen des Augustinus von Hippo, mit Zwang und Feuer für ihre vermeintliche Seelenrettung vor.

Die Römisch-katholische Kirche steht Hexerei wie auch anderen Formen der Magie und Zauberei nach wie vor ablehnend gegenüber. Dem Katechismus der Katholischen Kirche zufolge verstoßen derartige Praktiken „schwer gegen die Tugend der Gottesverehrung“, auch wenn sie dazu dienen sollten, „Gesundheit zu verschaffen“ (KKK 2117). Die Evangelische Kirche bewertet Magie als Versuch, „sich […] Göttliches technisch verfügbar [zu] machen“, und als Verstoß gegen das erste Gebot. „Magie wird dann zu einem illegitimen Eingriff in die absolute Freiheit Gottes.“ Das päpstliche Missionswerk missio hat den Internationalen Tag gegen Hexenwahn ins Leben gerufen, der erstmals am 10. August 2020 begangen wurde.

Der Glaube an Hexen und ihre Verfolgung als Personen, die vermeintlich Schadenzauber ausführen, sind in vielen Ländern und Kulturen, z. B. in Lateinamerika, Südostasien und vor allem in Afrika, auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts weiterhin gegeben. Seit 1960 sind Historiker Wolfgang Behringer zufolge vermutlich mehr Menschen wegen Hexerei hingerichtet oder umgebracht worden als während der gesamten europäischen Verfolgungsperiode.

Allein in Tansania wurden von 1960 bis 2000 ungefähr 40.000 Menschen ermordet, die wegen vermeintlicher Hexerei angeklagt waren. Dort werden seit den 1990er-Jahren jährlich 100 bis 200 Fälle von Morden an vermeintlichen Hexen bzw. Zauberern berichtet. In Südafrika bekamen Hexenjagden besonders durch die Comrades, eine Jugendorganisation des ANC, seit Mitte der 1980er Jahre eine starke Bedeutung. Seit dem Wandel 1990 stiegen die Hexenjagden danach nochmals an, mit geschätzten jährlichen Opferzahlen von mehreren Dutzend bis zu Hunderten. Auch in der Zentralafrikanischen Republik und in Kenia kommt es häufig zu Anschuldigungen und Hexenverfolgungen.

Im westafrikanischen Benin wurden in den 1970ern Hexen für eine Epidemie verantwortlich gemacht. Anstatt Impfprogramme zu initiieren, ließ die sozialistische Regierung im Radio Geständnisse alter Frauen verbreiten, dass diese die Gestalt von Waldkäuzen angenommen haben, um die Seelen der kranken Kinder zu stehlen. Für Nigeria sind Verfolgungen in den 1990er Jahren belegt. Die offizielle ghanaische Politik zur Schließung der dortigen Hexenlager und Wiederansiedelung der geflüchteten Frauen (Resettlement) war Nichtregierungsorganisationen zufolge bislang erfolglos.

In einigen Ländern Afrikas – z. B. in Kamerun, Malawi – ist nach der Unabhängigkeit wieder eine Gesetzgebung gegen Hexerei eingeführt worden. In nahezu allen afrikanischen Staaten gibt es entsprechende Diskurse mit dem Argument, eine Verrechtlichung von Hexenprozessen zu gewährleisten, um unkontrollierte Verfolgungen der verdächtigten Personen einzuschränken. Die meisten Experten halten dieses Ziel für zum Scheitern verurteilt, darüber hinaus werden elementare Prinzipien des modernen Rechtsstaates missachtet: Der Gerichtssaal kann nur die öffentliche Meinung bedienen, er ist verlängerter Arm des Lynchmobs. Über Immigration gibt es auch wieder Fälle von Hexenverfolgung in Europa. So wurde Ende 2021 ein 15-jähriger Junge kongolesischer Herkunft von Verwandten wegen Hexerei in London zu Tode gefoltert.

Aufklärungsarbeit über die „Wirklichkeit der Hexerei“ gestaltet sich schwierig: Weil von Reichen und Mächtigen leichtfertig angenommen wird, dass sie ihre Macht durch Ritualmorde und Hexerei erlangt hätten, sehen einige in Ritualmorden tatsächlich ein Mittel, zu Macht zu gelangen. Menschlichen Körperteilen und Blut wird eine gewaltige heilende und destruktive Macht zugeschrieben. In Nigeria und Südafrika werden jährlich bis zu hundert Ritualmorde aufgedeckt oder entsprechend zugerichtete Leichen mit fehlenden Genitalien gefunden, was den Hexenglauben nur anfacht.

Der ökonomische und soziale Zerfall hat seit 2000 in der Demokratischen Republik Kongo, aber auch in Nigeria, Togo, Tansania und anderen afrikanischen Ländern zur Stigmatisierung von Kindern als Hexenkinder geführt. Diesen Kindern werden magische Fähigkeiten zugeschrieben, mit denen sie angeblich Schadenzauber ausüben sollen. So stigmatisierte Kinder werden häufig von ihren Müttern ausgesetzt, verfolgt und ermordet. Die Aggression gegen Kinder als vermeintliche Verursacher der Krankheit AIDS und des Todes der Eltern nimmt anscheinend zu, aus Nigeria, Benin wie auch Angola sind gleichlautende Berichte zu vernehmen. Doch auch Frauen sind in z. B. Ghana betroffen und fliehen aus ihrer Umgebung in „Hexendörfer“ wo sie zusammen mit anderen Frauen, denen ebenfalls Hexerei vorgeworfen wird, leben.

Auf eine Große Anfrage von Abgeordneten der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Thema „Hexerei und Zauberei in Afrika“ antwortete die Bundesregierung am 16. Juli 2008:

In den afrikanischen Ländern, die „Hexerei“ und „Zauberei“ unter Strafe stellen, ist hinsichtlich der Anwendung der entsprechenden Strafrechtsparagrafen keine einheitliche Praxis festzustellen. In einigen Ländern kommt es aufgrund der entsprechenden Gesetzesvorschriften grundsätzlich zur Strafverfolgung (Gabun, Malawi, Namibia, Sambia, Tansania, Demokratische Republik Kongo und Republik Kongo), in anderen Ländern bleibt eine Strafverfolgung trotz der bestehenden gesetzlichen Grundlage in den meisten Fällen aus. In einer Reihe von Ländern werden die mit „Hexerei“ und „Zauberei“ verbundenen Handlungen nur dann bestraft, wenn diese auch strafrechtlich relevant sind, wie etwa Mord, Körperverletzung, Störung der öffentlichen Ordnung (Benin, Côte d’Ivoire, Gambia, Guinea-Bissau, Kamerun, Kap Verde, Kenia, Nigeria, Senegal, Tschad und Uganda). Sonderfälle stellen Ghana und Sudan dar. In Ghana kommt es trotz fehlender Strafvorschriften zur Verfolgung von Frauen aufgrund willkürlicher Anschuldigungen. Nichtregierungsorganisationen schätzen die Zahl der in sogenannte „Hexenlager“ (witch camps) deportierten Frauen auf ca. 3000. Auch in Sudan kommt es gelegentlich zu Ausschreitungen gegen Frauen, die der „Hexerei“ bezichtigt werden, ohne dass der Staat seiner Schutzfunktion ausreichend nachkommen würde.

Die Bundesregierung vertritt die Auffassung, dass die im Zusammenhang mit „Hexerei“ und „Zauberei“ stehenden Handlungen, die einen Angriff auf die körperliche Unversehrtheit von Menschen darstellen, strafrechtlich verfolgt werden müssen.

Weitere Berichte von epidemischen Hexenjagden sind aus Süd- und Nordamerika, Indonesien, Indien, Ozeanien und den arabischen Staaten bekannt.

In vielen traditionellen Ethnien des südamerikanischen Tieflandes zählt die Ermordung einer Hexe oder eines Zauberers zur zwingenden Folge einer tödlichen Erkrankung. Boris Gershman (2019) zeigt die Abhängigkeit des stark verbreiteten Hexenglaubens vom Sklavenhandel. Ein Bild der Gendertheoretikerin Judith Butler wurde wegen ihrer „Hexerei“ 2017 in Brasilien verbrannt.

In Indonesien wurden unter Präsident Suharto Mitglieder der kommunistischen Frauenbewegung Gerwani als Hexen bezichtigt und verfolgt.

In Indien wurden zwischen 2001 und 2006 400 Adivasis im Bundesstaat Assam unter Hexereivorwürfen umgebracht.

Im Januar 2007 wurden drei Frauen in Liquiçá/Osttimor beschuldigt, Hexen zu sein. Die Frauen im Alter von 25, 50 und 70 Jahren wurden ermordet und ihr Haus angezündet. Drei Verdächtige wurden von der UN-Polizei verhaftet. Es kam unter der Landbevölkerung immer wieder zu solchen Lynchtaten.

In Saudi-Arabien werden Männer und Frauen wegen angeblich praktizierter Zauberei oder Hexerei verfolgt und mit der Todesstrafe bedroht. Im Jahr 2011 wurde eine Frau als „Hexe“ enthauptet, die von sich behauptet hatte, sie könne auf übernatürliche Weise Krankheiten heilen, und sich für ihre angeblichen Fähigkeiten hatte bezahlen lassen. In Papua-Neuguinea werden (Stand 2022) regelmäßig Frauen der Hexerei beschuldigt, verfolgt und ermordet. Bis 2013 konnte „Hexerei“ von Rechts wegen bestraft werden. Täter, die Übergriffe auf Frauen damit rechtfertigten, sie seien von diesen „verhext“ worden, konnten damit rechnen, von der Justiz des Landes mildernde Umstände zuerkannt zu bekommen. Institute wie das Missio Aachen versuchen dort Frauen vor der Hexenverfolgung zu retten.

Mit der europäischen Aufklärung wurden Straftatbestände, welche Zauberei, Magie und Ähnliches pönalisieren, abgeschafft. Herrschend wird deshalb angenommen, dass der abergläubische oder irreale Versuch nicht strafbar sei. Dieses Ergebnis wird jedoch strafrechtsdogmatisch unterschiedlich begründet. Als „abergläubisch“ gilt de iure jedes Verhalten, bei dem der Täter „auf die Wirksamkeit nicht existierender oder nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis jedenfalls nicht nachweisbarer magischer Kräfte vertraut“.

Nach anderer Ansicht ist der irreale Versuch mit dem grob unverständigen Versuch auf eine Stufe zu stellen. Danach kann das Gericht gem. § 23 Abs. 3 StGB von Strafe absehen oder die Strafe mildern. Harro Otto will in verfassungskonformer Auslegung des § 23 Abs. 3 StGB stets von Strafe absehen. Rechtspolitisch wird gefordert, den grob unverständigen Versuch – wie auch den irrealen Versuch – gänzlich straflos zu stellen, da beide weder strafwürdig noch strafbedürftig seien.

Das österreichische Strafgesetzbuch bestimmt in § 15 Abs. 3: „Der Versuch und die Beteiligung daran sind nicht strafbar, wenn die Vollendung der Tat mangels persönlicher Eigenschaften oder Verhältnisse, die das Gesetz beim Handelnden voraussetzt, oder nach der Art der Handlung oder des Gegenstands, an dem die Tat begangen wurde, unter keinen Umständen möglich war.“ Die entsprechende Bestimmung des Schweizer Strafgesetzbuchs lautet: „Verkennt der Täter aus grobem Unverstand, dass die Tat nach der Art des Gegenstandes oder des Mittels, an oder mit dem er sie ausführen will, überhaupt nicht zur Vollendung gelangen kann, so bleibt er straflos.“

Wer in einem Rechtsstaat jemanden wegen der „Beschwörung eines Todesengels“ verurteilen wollte, müsste beweisen, dass

- die Beschwörung eines Todesengels ein Straftatbestand ist

- es Engel (hier: Todesengel) gibt,

- diese grundsätzlich durch Menschen steuerbar sind und

- der Tatverdächtige zu dem privilegierten Personenkreis gehört, dem dies möglich ist.

Die These, dass der Aufklärung verpflichtete Juristen auf den Versuch, Menschen durch Zauberei Schaden zuzufügen, nicht mit der Verhängung einer Strafe reagieren könnten, veranschaulicht Maximilian Becker mit den Worten: „Wenn der A an einer heiligen Stätte um Mitternacht bei Vollmond den zu Hause im Bett liegenden B mit einem Todesfluch überzieht und B wenige Minuten später an einem Herzschlag stirbt, so käme niemand auf die Idee, den A wegen eines vollendeten Tötungsdelikts zu bestrafen.“ Auch versuche derjenige, der etwa für den Tod seines Nachbarn bete, nicht, diesen zu töten, sondern glaube nur, dass er das versuche.

Der Begriff Hexe wird hierbei in positiver Weise neu verstanden. Als Hexe bezeichnen sich heutzutage viele Frauen, die sich unter anderem mit Heilkräutern und alten europäischen Religionen beschäftigen. Die Zahl der „neuen Hexen“, die sich in verschiedenen Grupperingen treffen, wird allein in den Vereinigten Staaten auf 250.000 geschätzt.

Zu nennen ist hier vor allem die Wicca-Religion, die sich heute als neue Form einer heidnischen „Naturreligion“ der Hexen versteht, in den USA viele Anhänger hat und dort als Religion anerkannt ist. Die Celtic Witches berufen sich speziell auf Wurzeln in der keltischen Mythologie und Religion.

Männer bezeichnen sich heute manchmal als „Hexe“, aber auch als Hexer, Zauberer oder Hexenmeister. Die weibliche und die männliche Ausprägung entstammen allerdings nicht dem gleichen historischen Ursprung und rufen deswegen auch jeweils andere Assoziationen hervor.

Berühmte (angebliche) Hexen

Tawananna, wurde im späten 14. Jahrhundert v. Chr. durch ihren Stiefsohn Muršili II. u. a. wegen Hexerei als Großkönigin abgesetzt und unter Hausarrest gestellt.

Jeanne d’Arc, verbrannt in Rouen 1431

Anna Truels, im Jahr 1567 auf der nordfriesischen Insel Nordstrand verbrannt

Elisabeth von Doberschütz, geborene von Strantz, Ehefrau des früheren Stadthauptmanns von Neustettin Melchior von Doberschütz, wurde am 17. Dezember 1591 vor den Toren Stettins enthauptet und verbrannt.

Die „Kindhexe“ Agatha Gatter

Margaretha Hedwig (1604–?) war ein der Hexerei bezichtigtes Mädchen, das, von der Dorfgemeinschaft verstoßen, im Alter von 12 Jahren 1616 selbst vor das Zentgericht des Bistums Würzburg ging, das den Fall verhandelte und die Anschuldigungen als nicht erwiesen ansah.

Margaret Barcley († 1618), eine Dame aus einem guten schottischen Haus, wurde in Irvine (Ayrshire) als Hexe vor Gericht gestellt, gefoltert und verurteilt. Sie wurde stranguliert und verbrannt.

Sidonie von Borcke (1548–1620) aus dem Jungfrauenstift Marienfließ wurde am 28. September 1620 vor dem Mühlentor enthauptet und auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Maria Holl, (1549–1634), die „Hexe von Nördlingen“, widerstand als eine der ersten Frauen allen Torturen während des 1593/1594 gegen sie geführten Hexenprozesses. Durch ihre Kraft befreite sie die Stadt Nördlingen vom Hexenwahn. Ihre Beständigkeit führte zu Zweifeln an der Richtigkeit von Hexenprozessen und letztlich zum Umdenken von Bevölkerung und Obrigkeit.

Hester Jonas, genannt „die Hexe von Neuss“, wurde 1635 verhaftet, am Hexenstuhl gefoltert und am Heiligen Abend 1635 im Alter von etwa 64 Jahren vor der Windmühle zu Neuss enthauptet und verbrannt. Das vollständige Protokoll des Prozesses ist in Neuss erhalten.

Katharina Kepler, Mutter Johannes Keplers, 1621 freigelassen.

Tempel Anneke, bürgerlicher Name Anna Roleffes, war eine der letzten in Braunschweig verurteilten und dort am 30. Dezember 1663 nach neun Monaten Kerkerhaft und zahlreichen Verhören vor dem Wendentor hingerichteten „Hexen“.

Anna Vögtlin aus Bischoffingen (Breisgau) wurde vor den Mauern von Willisau als angebliche Hexe verbrannt. Sie soll geweihte Hostien gestohlen haben.

Catherine Monvoisin, genannt „La Voisin“, versorgte mit ihrem Pariser Hexenzirkel Madame de Montespan, die Mätresse Ludwigs XIV., und dessen Hofgesellschaft mit Gift und hielt gegen Bezahlung schwarze Messen ab. 1680 wurde sie mit ihren Anhängern an der Place de Grève verbrannt.

Abigail Williams, eine der Hexen von Salem (USA). Salem ist bekannt durch die im Jahr 1692 stattgefundenen Hexenprozesse. Dieser Umstand trug der Stadt den Beinamen The Witch City ein.

Anna Schnidenwind, geb. Trutt (* um 1688 in Wyhl am Kaiserstuhl; † 24. April 1751 in Endingen am Kaiserstuhl) war eine der letzten Frauen, die in Deutschland als Hexe öffentlich hingerichtet wurden.

Anna Maria Schwegelin (auch: Schwägele, Schwegele, Schwegelin; * 1729 in Lachen; † 1781 in Gefangenschaft in Kempten) war eine Dienstmagd, die 1775 als letzte „Hexe“ auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands zum Tode verurteilt wurde. Es ist inzwischen nachgewiesen, dass entgegen älterer Ansicht das Urteil nicht vollstreckt wurde und Schwegelin in Gefangenschaft verstarb.

Anna Göldin, in Glarus im Juni 1782 als letzte Hexe (in der Schweiz) hingerichtet.

Hexenverfolgung

Als Hexenverfolgung bezeichnet man das Aufspüren, Festnehmen, Foltern und insbesondere die Hinrichtung von Personen, von denen geglaubt wird, sie praktizierten Zauberei bzw. stünden mit dem Teufel im Bunde. In Mitteleuropa fand sie vor allem während der Frühen Neuzeit statt. Global gesehen ist die Hexenverfolgung bzw. der sogenannte Hexenwahn bis in die Gegenwart verbreitet.

Der Höhepunkt der Verfolgungswelle in Europa liegt zwischen 1550 und 1650. Die Gründe für die gegenüber dem Mittelalter in der Frühen Neuzeit deutlich verstärkte massenhafte Verfolgung in einigen Regionen sind vielfältig. So gab es zu Beginn der Neuzeit eine Vielzahl an Krisen wie die Kleine Eiszeit, pandemische Seuchen und verheerende Kriege. Außerdem konnte es erst strukturell zu massenhafter Verfolgung kommen, als einzelne Aspekte des Magieglaubens in das Strafrecht der frühmodernen Staaten übertragen wurden. Ein Interesse an der Verfolgung von Hexen und vorchristlich-germanische Deutungsmuster, die persönliches Unglück wie regionale Missernten und Krisen auf Magie zurückführten, waren in breiten Bevölkerungskreisen vorhanden. Hexenverfolgungen wurden sowohl öffentlich-rechtlich wie auch teilweise gegen den Willen der Obrigkeit eingefordert und praktiziert.

Insgesamt wurde in Europa im Zuge der Hexenverfolgung geschätzt drei Millionen Menschen der Prozess gemacht, wobei 40.000 bis 60.000 Betroffene hingerichtet wurden. Frauen stellten in Mitteleuropa die Mehrzahl der Opfer (etwa drei Viertel der Opfer in Mitteleuropa) wie auch der Denunzianten von Hexerei. In Nordeuropa waren Männer stärker betroffen. Ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Konfessionszugehörigkeit und Hexenverfolgung liegt nicht vor. Heute sind Hexenverfolgungen insbesondere in Afrika, Südostasien und Lateinamerika anzutreffen.

Der Glaube an Zauberer ist bereits in den alten Hochkulturen nachzuweisen. Magische Praktiken wurden sorgfältig beobachtet und oft als Schwarze Magie gefürchtet. Sowohl in Babylonien (Codex Hammurapi: Wasserprobe) als auch im Alten Ägypten wurden Zauberer bestraft. Nach dem Zwölftafelgesetz der Römer wurde negativer Zauber mit dem Tod bestraft (Tafel VIII). Allerdings kam es nirgends zu einer gezielten Verfolgung von vermeintlichen Hexen wie später in der Frühen Neuzeit.

Das Alte Testament verbietet Zauberei (Lev 19,26 EU) und fordert auf „Eine Hexe sollst du nicht am Leben lassen“ (Ex 22,17 EU). Das Neue Testament kennt den Glauben an „böse Geister“, z. B. Jesu Heilung eines Besessenen durch seine Erlaubnis an die Dämonen, in eine Schweineherde zu fahren (siehe Mk 5, 1–20 EU). Nach der Apostelgeschichte schlägt Paulus einen Zauberer temporär mit Blindheit (Apg 13,4–12 EU).

Während die alte Kirche die mit Hexerei verbundenen Ansichten und Praktiken als Aberglaube abgelehnt hatte, kam es mit der Christianisierung zu einer Neu- und Umdeutung paganer Glaubensvorstellungen. Die vorchristlichen Kulte wurden im Frankenreich als zu unterdrückender Aberglaube eingestuft.

Im Vertrauen auf die Macht Gottes dominierte in der frühchristlichen Theologie der fundamentale „Zweifel an der Wirksamkeit jeglicher Zauberei“. Außerdem war sie überzeugt, dass die Dämonen keinerlei Macht über gläubige Christen erlangen könnten. Die „heidnischen“ Götter wurden polemisch mit bloßen Dämonen gleichgesetzt. Im karolingischen Frühmittelalter gab es keine systematische Hexenverfolgung. Dieser blieb von kirchlicher Seite her vor diesem Hintergrund jahrhundertelang ein relativ stabiler Riegel vorgeschoben; im Einzelfall konnten einschlägige „Verbrechen“ jedoch geahndet werden. Bis ins 13. Jahrhundert hinein war die offizielle kirchliche Überzeugung, der „Glaube an Zauberei“ sei „heidnische Irrlehre und Einbildung“ und solle „durch Kirchenstrafen wie Bußen oder – in schweren Fällen – durch Ausschluss aus der Gemeinschaft geahndet werden“.

Hexenflug der „Vaudoises“ (hier Hexen, ursprünglich Waldenser) auf dem Besen, Miniatur in einer Handschrift von Martin Le Franc, Le champion des dames, 1451.

Allerdings setzte schon in frühchristlichen Zeiten ein theologischer Diskurs ein, der sich für spätere Zeiten als außerordentlich verhängnisvoll erweisen sollte: die Verknüpfung von Zauberei und Dämonologie im sogenannten Teufelspakt. Erstmals ausgearbeitet hat diesen Augustinus von Hippo († 430) in seinem Werk De doctrina christiana von 397 n. Chr. Allerdings handelte es sich dabei um eine sehr unspezifische, theoretische Überlegung, die vermutlich lediglich als metaphorisches Bild Bedeutung hatte.] Rezipiert wurde diese Lehre im Hochmittelalter, v. a. auch von Thomas von Aquin († 1274), der die Existenz eines straff organisierten „Dämonenstaates“ mit vielen verführten menschlichen Anhängern ersann, was im Vergleich zur Vorstellung zauberkundiger „Einzelkämpfer“ einen wesentlichen „Qualitätssprung“ darstellte. Diese Vorstellung einer mächtigen, geschlossenen Gegenpartei erforderte daher eine sehr viel schärfere Verfolgung und Sanktionierung. Der Abschluss des Teufelspaktes erfolgte laut Thomas durch Geschlechtsverkehr zwischen Mensch und Dämon. Eine solche Begründung erklärt sich daraus, dass Thomas generell Sex nur um der Lust willen als sündhaft ansah. Die Hauptsorge der Kirche galt allerdings im 12.–14. Jahrhundert vor allem den Katharern, aus ihrer Sicht die „Erz-Ketzer“ (etymologisch leitet sich „Ketzer“ auch von „Katharer“ ab). Neben Gewaltanwendung spielte bei der Bekämpfung dieser Glaubensbewegung auch der „Propaganda-Krieg“ eine wichtige Rolle: Man unterstellte den Katharern u. a. Schwarze Magie, Teufelspakte und sexuelle Ausschweifungen. Davon ausgehend wurde bald die „Sekte der Hexen und Zauberer“ mit den übrigen Ketzern in ihren Praktiken und ihrer Gefährlichkeit gleichgestellt.

Ergänzt wurde der Hexen-Diskurs auch noch aus einer anderen Richtung: dem traditionellen christlichen Antijudaismus. Die Juden wurden von ihrer Umgebung durch alle nur möglichen Anschuldigungen diffamiert (Ausübung satanischer Riten, Schadenzauber, Brunnenvergiftung usw.), die sich einfach auf Hexen und Zauberer übertragen ließen.

Die ersten Belege für den deutschen Begriff „Hexe“ im Kontext gerichtlicher Verfolgung finden sich, wie Oliver Landolt zeigen konnte, in den Frevelbüchern der Stadt Schaffhausen aus dem späten 14. Jahrhundert. In Luzern erscheint der Begriff erstmals zwischen 1402 und 1419.

Die weit verbreitete Meinung, Hexenverfolgungen seien hauptsächlich eine Erscheinung des Mittelalters gewesen, ist daher falsch.

Ebenso falsch ist die Meinung, die großen Wellen neuzeitlicher Hexenverfolgung seien vorrangig von der kirchlichen Inquisition angestrebt oder ausgeführt worden. Erste vereinzelte Verurteilungen von Hexen gab es im 13. Jahrhundert mit dem Aufkommen der Inquisition, wobei jedoch die Zielsetzung der Inquisition zu beachten ist: Zielten die in der Frühen Neuzeit dominierenden Hexenprozesse weltlicher Gerichte auf die Bestrafung vermeintlich Schuldiger ab, strebte die Inquisition die Umkehr und Rekonziliation der Beschuldigten an, was sich in der weniger häufigen Anwendung der Todesstrafe ausdrückte. Darüber hinaus war das Hauptaugenmerk der Inquisition nicht auf Hexen, sondern auf Häretiker gerichtet. Diese Priorität wird deutlich in der Anweisung Papst Alexanders IV. vom 20. Januar 1260 an die Inquisitoren, Hexen seien nicht aktiv zu verfolgen, sondern auf Anzeigen hin festzunehmen. Prozesse gegen Hexen sollten bei Zeitmangel zurückgestellt werden, die Bekämpfung von Häresien habe Vorrang. Die staatliche spanische Inquisition, gegründet im späten 15. Jahrhundert, lehnte Hexenverfolgung zum Teil ab. Die im 16. Jahrhundert folgende römische Inquisition schritt sogar wiederholt gegen Hexenverfolgungen ein.

Die Hexenverfolgungen in Europa fanden überwiegend in der Frühen Neuzeit statt, von 1450 bis 1750. Ihre Höhepunkte erreichten sie zwischen 1550 und 1650, in Österreich bis 1680. Am stärksten waren das Heilige Römische Reich und die daran angrenzenden Gebiete betroffen. Es wird geschätzt, dass allein auf Deutschland 40.000 Hexenverbrennungen (und damit mehr als die Hälfte der gesamteuropäischen Zahl) entfielen.

Zur massiven Verunsicherung der Menschen trug ab dem 15. Jahrhundert die Kleine Eiszeit in Europa bei, die zur spätmittelalterlichen Agrarkrise, zu „Teuerung“ (Inflation) und Hungersnöten führte. Das ungünstige Klima schlug sich für die Menschen oft in konkreten katastrophalen Extremwetterereignissen nieder (Hagel, Unwetter usw.), was in einer ganz überwiegend agrarisch geprägten Gesellschaft schnell zu existentieller Not führen konnte. Verschiedene Seuchen fanden unter den oftmals geschwächten Menschen leichte Opfer. Berüchtigt ist der Schwarze Tod (die Pest), der von 1347 bis 1353 zum ersten Mal und pandemisch in Europa ausgebrochen wütete und den Kontinent bis ins 18. Jahrhundert hinein immer wieder in Angst und Schrecken versetzte. Viele Menschen kamen zu der Ansicht, der Kirche fehlten befriedigende Antworten auf das Massensterben.

Der Alleinvertretungsanspruch der Kirche wurde aber noch fundamentaler und offener in Frage gestellt: Während häretische Bewegungen im Spätmittelalter meist noch unterdrückt wurden, zerbrach mit der Reformation ab 1517 der Anspruch der Kirche, „katholisch“, also allumfassend zu sein. Auch Kriege trugen zur Verunsicherung bei. In Mitteleuropa kam es beispielsweise während des verheerenden Dreißigjährigen Krieges von 1618 bis 1648 vermehrt zu Hexenprozessen.

Diese Bündelung von Krisenerscheinungen ging für viele mit einer massenhaften psychischen Erschütterung des Weltbildes und dem Verlust sicher geglaubter Wahrheiten einher und konnte sich bis zur Erwartung der nahen Apokalypse steigern. Die Suche nach Sündenböcken stellt in solchen existentiellen Notsituationen eine anthropologische Konstante dar. Hexenverfolgungen waren demnach Ausdruck weit verbreiteter Ängste und Massenhysterien, die sich oft als regelrechte Volksbewegungen und sogar gegen den Willen der staatlichen Obrigkeit und der Kirchen äußerten. Bei den spätesten Verfolgungswellen im 17. Jahrhundert, etwa bei den Hexenprozessen von Salem in Massachusetts, nahmen die Verfolger Beschuldigungen durch Kinder ernst, die einer Massenhysterie erlegen waren.

An vielen Universitäten wurde die Verfolgung von Hexen in den verschiedenen Fakultäten theoretisch diskutiert und gefördert; durch die europaweite Vernetzung der Akademiker fanden derartige Ideen weite Verbreitung.

Ähnlich wirkte die um 1450 erfundene Innovation des Buchdrucks. Diese Medienrevolution ermöglichte es erst, die neuesten „Erkenntnisse zum Zauberunwesen“ einem größeren Publikum nahezubringen. Das Privileg der Zensur lag dabei meist auf Seiten der Befürworter von Hexenverfolgungen, so dass sie die Publikationstätigkeit dementsprechend steuern konnten.

Im verhältnismäßig immer noch dichter besiedelten Mitteleuropa verbreiteten sich neue Vorstellungen gegenüber Zauberern schneller als in dünner besiedelten Peripheriegebieten.

Die Kirchen spielten hierbei eine zwiespältige Rolle. Zwar gab es wirkungsmächtige Hexentheoretiker, die Geistliche waren, insbesondere der dominikanische Autor des berüchtigten Hexenhammers Heinrich Kramer. Allerdings musste er zeitlebens gegen kirchlichen Widerstand kämpfen, etwa in Innsbruck, wo er vom Bischof des Landes verwiesen wurde. Die Kölner Inquisition verurteilte die unethischen und illegalen Praktiken des Hexenhammers, da sie nicht im Einklang mit der katholischen Lehre standen. Ebenso kamen viele der wichtigsten Gegner der Hexenverfolgung aus der Kirche (u. a. Johannes Brenz, Johann Matthäus Meyfart, Anton Praetorius, Friedrich Spee und Johann Weyer). Infolge der Erbsündenlehre (Eva) häufige Misogynie ließ Frauen als „leichtes Einfallstor“ für den Teufel sehen, sie wurden regions- bzw. konfessionsabhängig auch öfter zu Opfern als Männer. Auf Grundlage der katholischen Vulgata-Übersetzung von Exodus 22,17 „die Zauberer sollst du nicht leben lassen“ kam es in katholischen Gebieten durchschnittlich häufiger zur Verurteilung auch von Männern als in protestantischen Gebieten, in denen man sich auf die Übersetzung der Lutherbibel „Eine Hexe sollst du nicht am Leben lassen“ stützte.

Unheilvoll wirkten immer wieder Prediger, die die theologische Dämonologie an die Bevölkerung praktisch vermittelten und so der Unsicherheit der Massen oftmals eine Richtung und Schlagkraft verliehen.

Historisch widerlegt ist hingegen die weit verbreitete Vorstellung, „die Inquisition“ sei für die Durchführung der Hexenprozesse verantwortlich gewesen. Faktisch gab es in Ländern, in denen sich die Inquisition durchsetzen konnte, eine viel geringere Anzahl an Hexenprozessen, und auch die Folter war eingeschränkt (z. B. in Spanien, Italien, Irland und Portugal kam es zu wenigen Hinrichtungen von „Hexen“). Die Schattenseite dieser inquisitorischen Zurückhaltung besteht allerdings darin, dass sie bei der Verfolgung von „Ketzern“ und Juden nicht zum Tragen kam.

Konfessionelle Konflikte, aber auch Familien- und Vermögenskonflikte, Konkurrenzen diverser Art oder einfach den Wunsch, unliebsame Außenseiter auszuschalten, konnten Hexenverfolgungen auslösen. Wo aber die Gesellschaft nicht konfessionell gespalten war (etwa in Südeuropa), da trat das Phänomen kaum oder nur in gemäßigter Form auf.

Hexenprozesse

Für den Bereich der Hexenprozesse bleibt jedoch festzuhalten, dass die Verfahren in erster Linie von weltlichen Institutionen angestrengt und vor staatlichen Gerichten verhandelt wurden. Prinzipiell musste die weltliche Herrschaft bereit sein, Hexenprozesse zu fördern oder wenigstens zu tolerieren und ihren Verwaltungs- und Justizapparat hierfür zur Verfügung zu stellen. Allerdings waren kleine und mittlere Herrschaften anfälliger für massive Hexenverfolgungen als große Territorialstaaten. Klein- und Kleinststaaten (wie sie am häufigsten auf dem Territorium des Heiligen Römischen Reiches vorkamen) verfügten oft nur über schlecht ausgebildete Richter, deren Entscheidungen auch nicht durch einen geregelten Instanzenweg auf höherer Ebene hätten revidiert werden können. Außerdem fühlten sich staatlich Verantwortliche im überschaubaren Dunstkreis kleiner Herrschaften sehr viel öfter selbst mittelbar oder gar unmittelbar von vermeintlicher Hexerei in der Nachbarschaft betroffen. Des Weiteren kämpften viele alte Herrschaften darum, ihre Gerichtsbarkeit nicht an die sich bildenden frühen Nationalstaaten zu verlieren. Eigenmächtige Prozesse gegen Hexen dienten hier der Legitimation.

Materielle Motive spielten bei vielen Denunziationen eine wichtige Rolle; schließlich wurde der Denunziant anteilsmäßig am zu verteilenden Besitz des Opfers beteiligt. Analog konnten schlicht Antipathie oder Nachbarschaftsstreitigkeiten eine der Parteien auf den Scheiterhaufen bringen. Aber wenn eine begrenzte Verfolgung bei entsprechend robustem Auftreten der Denunzianten oft auch gegen weltliche und geistliche Obrigkeiten möglich war, so benötigten systematischere und ausgedehntere Aktionen doch meist eine mehr oder minder große Übereinstimmung zwischen Staatsgewalt, Kirchenvertretern und Volk.

Sobald die Hexenprozesse einen gewissen Umfang erreicht hatten, waren u. a. folgende Faktoren oft „Katalysatoren“ für immer weiter reichende Verfolgung:

Die Legalisierung von Folter in vielen europäischen Rechtssystemen führte zu vielen „Geständnissen“.

Die oft unter Folter erpressten Geständnisse der Beschuldigten überzeugten viele bisher Unbeteiligte von der Richtigkeit und Gefährlichkeit der Vorwürfe bzw. von der Existenz von Hexerei allgemein.

Zu den üblichen Fragen an die Beschuldigten zählten die nach Komplizen. Auch hier führte Folter dazu, alle möglichen Bekannten „zu besagen“, um der Pein ein schnelles Ende zu bereiten.

Je mehr die Hexenverfolgung auf einem Territorium zum Massenphänomen geworden war, desto gefährlicher wurde Kritik an den Prozessen und desto weniger wurde solche noch geübt.

Bewohner von Nachbarterritorien wünschten sich oftmals, ihre Obrigkeit würde genauso konsequent gegen das „Hexenunwesen“ vorgehen, und übten entsprechend Druck aus.

Eine massenpsychologische Deutung findet sich bei Kurt Baschwitz (Amsterdam 1948) im Anschluss an Freud (1921). Nicht die Opfer, sondern die Täter unterlagen einer massenpsychologischen Täuschung.

Eine tiefenpsychologische Deutung weist auf das Paradoxon hin, dass der Höhepunkt der Verfolgungswelle in Europa zwischen 1550 und 1650 lag, und damit dem philanthropischen Aspekt der beginnenden Aufklärung widerspricht. Die spekulative Erklärung J. Jacobis (1940) liegt darin, dass die durch den Glauben an Götter und Dämonen fixierte seelische Energie während des Mittelalters nun infolge Aufklärung über deren Realitätscharakter keine Projektionsobjekte mehr besaß und sie daher kollektiv an Personen festmachte, die diesen Impulsen zuvor nicht in diesem archaischen Maße ausgesetzt waren.