Nochmal Blut gegangen - Martin Cordemann - E-Book

Nochmal Blut gegangen E-Book

Martin Cordemann

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Beschreibung

Düstere Geschichten Wer war in den 90ern die größte Inspiration für junge Autoren? May, Lenin, Engels? Nein, der King – nicht Elvis, sondern Stephen. Er war es, der auch diesen Autor dazu verleitete, seine erste Kurzgeschichte zu schreiben. Und so fasst dieser Band einige düstere Geschichten zusammen. Manchmal brutal, manchmal poe-etisch – doch in jedem Fall tödlich. Da gibt es Vampire, die sich die Lippen und Werwölfe, die sich die Wunden lecken. Poes Rabe gibt sich die Ehre und ein Chemiker eine Party. Das Spukhaus darf natürlich auch nicht fehlen. Und es gibt einen roten Faden, der sich wie eine Blutspur durch das ganze Werk zieht. Also, hätten Sie Ihr Buch lieber blutig oder gut durch?

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Seitenzahl: 178

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Martin Cordemann

Nochmal Blut gegangen

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Reise in die Literatur

Bergtour

Poe-sie

Cliff

Das Mädchen auf dem See

Der Barpianist

Die Abkürzung

Der Tod vom Tod

Die Privatisierung des Todes

Die Sache mit dem alten Haus

Frage Zeichen

Jetzt ist Sense

Eine Flasche von Geist

Einen auf den Weg

Einladung zum Chemiker

Ende der Pechsträhne

Gasförmig?

Gefahr im Nebel

Klingel des Todes

Der Tod verreimt

Mumm

Nach acht

An Mache

Der Graf kehrt zurück

Nächtlicher Spaziergang

Psychogramm einer Mörderin

Selbstverteidigung

Frische Leichen

Stunde des Todes

Über Tote

Unsterblichkeit führt über den Tod

Das Ventil

Das Dilemma mit der Selbstmörderin am Rhein

Nun

Die Reime der lebenden Toten

Dorfmann

Wer Wolf heißt...

Wiedersehen

Wozu brauchen wir AIDS?

Rohmanze

Zum Hundeglück gibt’s Thomas

Im Buch

Der Rabe auf dem Grabe

Die Aushälterin

Die andere Seite der Schreibmaschine

Entstehungszeiten

Impressum neobooks

Reise in die Literatur

Ich stöberte schon immer gerne in Buchläden herum, aber ganz besonderen Spaß machte es mir, in besonders kleinen und alten Läden nach Schätzen zu suchen. Deshalb war ich hellauf begeistert, als ich am 20. dieses Monats auf HILLMEIER, ANTIQUITÄTEN UND BÜCHER (AN- UND VERKAUF) stieß. Gerade der Text in Klammern erfreute mich besonders, denn, auch wenn ich alte Bücher sehr schätze, bin ich nicht reich genug, sie mir auch immer leisten zu können, und so war mir dieser Text, welcher auf nicht allzuhohe Preise schließen ließ, nur willkommen. Der Laden befand sich an der Ecke Burgstraße und Lindenallee und er wirkte wirklich recht alt – fast so, als gehöre er in die Zeit, aus der er Ware anbot.

Die Tür betätigte eine kleine, alte Glocke, die über ihr angebracht war, wieder etwas Nostalgie, denn sie klang noch nach einer Glocke, nicht nach einem Videospiel. Behutsam schloss ich die Tür und als ich mich dem Laden zuwandte, stand hinter der kleinen Theke des kleinen Ladens ein kleiner, alter Mann. Auch er schien vollkommen in diese Umgebung zu passen. Anheimelnd war das richtige Wort für das Lädchen. Ruhig, und in keiner Weise überlaufen.

"Guten Tag", sagte ich.

"Guten Tag, mein Herr, was kann ich für Sie tun?"

"Hmm, ich möchte mich bitte umsehen, nur mal so schauen..."

"Mein Laden steht Ihnen zur Verfügung. Wenn Sie Hilfe brauchen, ich bin nebenan", sagte der Mann und verschwand wieder. Ich nickte noch einmal und begann, mich umzusehen. Es gab Stühle, Schränke, Gemälde, einen Sekretär, altes Silber, Porzellan – und, natürlich, Bücher!

Ich nahm mal hier eines aus dem Regal, sah mir den Titel an, ließ die Seiten wehen, stellte es wieder zurück, prüfte dort, beschnupperte dieses, las jenes; es gab eine Menge, die ich nicht kannte, weil ich sie nicht gelesen hatte, zum Beispiel DAS KAPITAL. Andererseits gab es aber auch Werke, deren Namen mir in keiner Weise geläufig waren. SCHWEIGEN UNTER DEM REGENBOGEN von Desmond Black, STEIN AUS GOLD von Jonathan T. McFried, DIE NACHT HAT IHRE TÜCKEN von Arnold O´Brien oder DER HENKER MIT DEM ROTEN SCHAL vom selben Autor. Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte.

Zugegeben, es gibt tausende von Autoren, Millionen von Büchern, so dass es schwer ist, sie alle zu kennen. Diese jedoch machten auf mich den Eindruck, bekannt zu sein, oder aber zu einer anderen Zeit in der Literatur keine Unbekannten gewesen zu sein. Vielleicht irrte ich mich auch. Handelte es sich um Groschenromane oder war es das, was man allgemein als anspruchsvolle Literatur bezeichnete? Doch darüber würde ich mir ohnehin kein Urteil anmaßen, wusste ich doch, wie fließend die Grenzen waren und dass der Wert eines Textes nicht zuletzt von der Sympathie bestimmt wurde, die der Leser zum Text oder sogar zum Autoren selbst entwickelte oder schon entwickelt hatte. Nicht umsonst hatte man seine Lieblingsautoren.

Wie beschworen fiel mir nun ein Buch mit dem Titel REISE IN DIE LITERATUR in die Hände. Auf dem Einband wurde kein Autor genannt, nur der Titel, sonst war er schwarz. Wahrscheinlich handelte es sich um ein Sachbuch, dachte ich und warf einen Blick hinein.

Lieber Leser,

Sie haben das Buch REISE IN DIE LITERATUR aufgeschlagen. Ich bewundere Ihren guten Geschmack – und Ihren Mut! Lehnen Sie sich zurück, machen Sie es sich bequem, treten Sie ein und lassen Sie sich fesseln von dem, was die Welt zu ihrer Literatur erkoren hat, von dem, was aus der Feder von Autoren stammt, deren Gräber schon längst vergessen sind, deren Kinder schon längst gestorben sind, deren Nachfahren sie alle aus ihrer Vergangenheit gelöscht haben im grauen schnellen Alltag dieser Welt. Treten Sie über die Schwelle, die die Lebenden von der Welt der unsterblichen, niemals auszulöschenden und stets lebendigen Literatur trennt. Ergeben Sie sich der Schöpfung der Menschen selbst, die länger andauert, als die Gottes. Tauchen Sie aus der realen Welt in die Welt der Literatur, der Phantasie. Hier werden Sie Schätze finden, Orte sehen, die Sie nie für möglich gehalten hätten. Tauchen Sie ein!

Ich muß gestehen, dies ist kein Sachbuch, falls Sie das gedacht haben. Aber lassen Sie sich dadurch nicht verwirren, begeben Sie sich stattdessen mit mir auf eine lange Reise. Versetzen Sie sich in meine Lage. Die Geschichte beginnt so:

Ein junger Mann betritt einen Buchladen, um zu sehen, ob er vielleicht ein gutes Buch günstig kaufen kann. Diese Szene können wir ausschmücken, wie wir wollen, können sie in jeder Variation und mit jeder Person besetzen, die wir wollen. So beginnt die Geschichte meistens, es gibt auch ein paar andere Anfänge, aber dies ist eigentlich der Ausgangspunkt, von dem wir normalerweise unsere Reise beginnen. Jedenfalls findet unser Protagonist ein ganz besonderes Buch, er fängt an zu lesen, liest weiter und weiter...

Er kann sich nicht mehr von dem Buch lösen, ist gefesselt von der Handlung, von der Umgebung, vom Buch selbst...

So beginnt die Geschichte meistens, meine Version kennen Sie ja bereits. Hiermit möchte ich Sie in diesem Buch herzlich willkommen heißen, auch im Namen der anderen. Wenn Sie weiter lesen, und das werden Sie zwangsläufig, werden Sie die unglaublichste und vielleicht schönste Reise Ihres Lebens machen. Sie werden sich der Schönheit der Gedichte erfreuen, sich in die Erzählungen und Geschichten einfühlen können und irgendwann werden Sie selbst Ihren Beitrag leisten und Ihre eigene Geschichte erzählen. Sie haben es geschafft, der realen Welt Lebewohl zu sagen, Sie sind nun ein Teil dieses Buches, so, wie wir alle, die wir begannen, dieses Buch zu lesen, ein Teil davon wurden. Nett, dass Sie uns Gesellschaft leisten, denn dies ist ein wahrhaft fesselndes Buch!

Bergtour

Ich hatte mich schon lange auf diese Tour gefreut. Immerhin war sie auch meine Idee gewesen. Eigentlich war es ja auch nur ein kleiner Felsen, naja, so klein war er auch wieder nicht. Wir waren zu viert, Jenny, meine Freundin und Richard mit seiner Freundin Ina. Und eigentlich waren wir Amateure, was das Bergsteigen anging.

In den Wochen vor der Tour spitzte sich die Lage zwischen Jenny und mir immer mehr zu. Zu der Zeit wusste ich auch noch nicht, dass sie sich langsam immer mehr an Rick annäherte – und dass die beiden ein Verhältnis miteinander begannen.

Davon erfuhr ich erst während der Tour.

Unnötig zu erwähnen, dass mich das kurz angebunden machte und ich mit den anderen nur noch die notwendigsten Anweisungen wechselte. Rick kannte die Tour schon, mir war sie neu, er meinte, sie müsste zu schaffen sein.

Am Anfang marschierten wir einen ganz gewöhnlichen Grashügel hinauf. Später ging er in festes Gestein über. Auch Ina wusste bereits, was los war. Wir gingen durch eine wunderschöne Schlucht, deren Schönheit keiner von uns wirklich genießen konnte. Sie stieg an und wir kamen unserem Kletterberg immer näher. Ein gutes hatte es, mit den beiden verkracht zu sein: Man sparte sich den Atem, den man sonst für Gespräche vergeudet hätte.

Langsam, während ich düster vor mich hinmarschierte, bildete sich in meinem Unterbewusstsein eine Idee. Ich könnte mich revanchieren – ich könnte die beiden loswerden. Rick hatte mir irgendwann mal von dem Berg erzählt. Ein paar mal waren dort Touristen abgestürzt... Ich sah einfach rational die Möglichkeit, die mir nun von der Natur her gegeben war, einfach eine Möglichkeit, so, wie man sich vielleicht denkt, dass man, statt des Buches, das man gerade lesen will, sich den Krimi im Fernsehen ansehen kann. So ungefähr jedenfalls.

Als wir japsend den Canyon hinter uns gelassen hatten, standen wir vor der Wand, die es zu erklimmen galt. Ca. 30 Meter Fels mit einer Steigung von ca. 70%, teilweise sogar etwas mehr.

Ich hatte meine Idee, meine Möglichkeit, wieder vergessen, bis Ina sagte, dass sie sich den Knöchel verstaucht hatte und nicht mehr weiter mitkommen wollte. Jenny bot ihr an, sie zurück zu begleiten, aber sie lehnte ab. Sie meinte, wir sollten die Tour ruhig ohne sie zuende bringen. Damit würde der Zeuge, der mir bei meiner spontanen Idee völlig entfallen war, plötzlich wegfallen. Das Schicksal schien mir hier wirklich eine einmalige Gelegenheit zu bieten.

Wir begannen mit dem Aufstieg, Rick, Jenny und ich.

Weiter unten am Fuß des Felsens konnte man ganz gut ohne Seil arbeiten, aber in den höheren Regionen bot es sich dann doch an, immerhin hatte man dort, auf der Rückseite des Berges, wo wir angekommen waren, ca. 400 Meter freien Fall. Rick meinte, auf dieser Seite hätte man bessere Aufstiegschancen.

Während wir kletterten, fasste ich den Plan, dass ich beim Abstieg wieder als letzter gehen und dann dafür sorgen würde, dass sich einer der Haken löste, ganz zufällig natürlich. Die beiden würden vielleicht einen neuen Höhenrekord im freien Fall aufstellen – ohne diesen zu überleben, leider.

Wir kamen gut oben an, genossen die Aussicht. Einige der anderen Berggipfel hingen in den Wolken und wir verspeisten unser Picknick.

Bevor wir uns wieder zum Abstieg rüsteten, nahm Rick mich beiseite, um mit mir von Mann zu Mann zu reden. Ich hatte nichts dagegen, wusste ich doch, dass dies das letzte vernünftige Gespräch war, das er in seinem Leben führen würde.

Wir setzten uns an eine erhöhte Stelle direkt über dem 400 Meter tiefen Abgrund, von der wir die phantastische Aussicht genießen konnten. Und wir sprachen über Jenny. Er meinte, ich solle es mir nicht so zu Herzen nehmen. Darauf sagte ich ihm, ich würde die Sache realistisch sehen und ihm nichts mehr nachtragen. Jenny sei ein eigenständiges Wesen und sie hatte ihre Entscheidung getroffen. Darauf könne ich keinen Einfluss nehmen. Ich bemerkte, dass sich an unserer Freundschaft nichts geändert habe.

Er meinte, das wäre großartig. Wir erhoben uns und er schlug mir kameradschaftlich auf den Rücken. Er tat es so fest, dass ich abrutschte und über den Hang fiel – auf den Abgrund zu. Mir blitzte durch den Kopf, ob es Zufall gewesen war, dass er so fest zugeschlagen hatte. Zum Glück bekam ich die Kante des Felsens zu fassen und konnte mich notdürftig daran festhalten. Ich klammerte mich also an den Felsen und hing mit den Beinen 400 Meter über dem Abgrund. Der Fels hing über, es gab also nichts mehr, das meinen Fall bremsen würde. Ich blickte kurz über meine Schulter und sah nur Abgrund.

Langsam zog ich mich mit beiden Armen hoch. Ich versuchte, mit dem Fuß den Felsen zu erreichen und gleichzeitig zu sehen, was Rick machte. Er hatte mich wohl zuerst abgeschrieben, weil er mich nicht mehr gesehen hatte. Jetzt aber kam er zu mir hinunter. Wenn er mir hoch geholfen hatte, würde ich keinen einzigen Skrupel mehr haben, meinen Plan in die Tat umzusetzen. Wollte er mir überhaupt helfen?

Nein!

Statt meinen Arm zu ergreifen und mich hochzuziehen, trat er mir auf die Finger. Er trat mir gegen das Bein und schon baumelte ich wieder über dem Abgrund. Er hatte wohl die Idee vor mir gehabt!

Eine Hand löste sich, aber bevor ich abrutschte, bekam ich Ricks Fuß zu fassen. Ich klammerte mich an sein Bein und nutzte seine Überraschung, mich an ihm hochzuziehen. Jetzt würde sich das Blatt wenden, jetzt würde ich den Plan beenden. Ich rutschte auf meinen Knien über den Felsen und meine Faust freute sich darauf, Ricks Nase mit der vollen Wucht meiner Wut zu treffen, doch sein Bein war schneller, ich taumelte, fiel zurück, verlor den Halt und während ich langsam abrutschte, sah ich noch einmal Ricks grinsendes Gesicht.

Dann stürzte ich in den Abgrund, 400 Meter, rasend schnell, und während noch einmal die letzten Minuten meines Lebens an mir vorbeiziehen, denke ich

Poe-sie

Auf Poens Schulter saß ein Rabe,

murmelte in sich hinein.

„Was murmelst du da, kleiner Rabe?“

„Wie wär es mit etwas Wein?“

„Ein Rab’, von Trunkenheit befallen?“

„Mein Herz, kannst du es wohl vernehmen?

Es schlägt so laut wie Donnerknallen!“

„Nei… doch! Welch schauriges Benehmen!“

„Es klopft, es klopft, ganz laut, mein Herz!“

„Die Tür?“ „Mein Herz!“ „Ach ja, oh ja,

aus welchem tiefen dunklen Schmerz?“

„Die Katze, die ich neulich sah!“

„Die Katze?“ „Bei dem Hundehascher,

die Rue Morgue!“ „Klingt mir bekannt!“

„Dort steht ja auch das Haus der Usher!“

„Mir ward, es wäre abgebrannt?“

Der Rabe fuhr sich durchs Gefieder.

„Die Maske ist dort, Maske, ja!“

In Poe entflammte Ärger wieder.

„Die Maske? Was erzählst du da?“

„Maske, Poe, des roten Todes!“

„Oh!“ Der Rabe sah ihn an.

„Bist du kundig diesen Kodes?

Schlepp den Wein jetzt mal heran!“

„Was für Wein, oh werter Rabe?“

„Ein Amontillardo-Fass!“

„Das wär eine reiche Gabe,

wie ich sie ohne Unterlass

seitdem du hier bist sie dir biete,

schlepp das Zeug vom Keller rauf,

aus dem düsteren Gebiete,

schlepp es, bis ich müde schnauf,

bring dir Zeitung, Essen Bücher,

wasche unten dein Gefieder,

hülle dich in seidne Tücher,

und jedes Mal verlangst du wieder:

‚schlepp es rauf hier in den Bau’!“

Sprach der Rabe: „Ja, mein Herr,

gehorche mir, tu es, genau!“

Gab Poe zur Antwort: „Nimmermehr!“

Cliff

"Ist das alles?"

"Ja, was macht das?"

Die Verkäuferin nannte ihm die Summe für seinen Einkauf. Es war nicht allzuviel. Eine Flasche Sekt, ein Mundspray, neue Socken, Kerzen, für besondere Fälle eine Flasche Weinbrand und ein Duschgel. Alles Markenprodukte. David kaufte immer Markenprodukte. Da wusste man, dass man Qualität hatte und man nicht enttäuscht wurde. Er bezahlte und verstaute alles in der Plastiktüte.

Seine gesamten Einkäufe hatte er für einen bestimmten Zweck besorgt: Er hatte heute Abend ein Rendezvous.

David fuhr nach Hause und packte die Tüte aus. Um sieben würde sie kommen. Sie war eine tolle Frau. Endlose Beine, volle Brüste und bergseeblaue Augen unter den vollen blonden Haaren. Ein Traumweib.

Er deckte im Wohnzimmer einen Tisch, stellte die Kerzen auf und die Getränke kalt. Dann holte er die Sachen, die er anzuziehen gedachte aus dem Schrank: seidenes Jackett, seidene Hose, seidenes Hemd, seidener Slip und seidene Slipper.

Das Bett war frisch bezogen, die Kondome lagen bereit. Was wollte er noch? Er war etwas desorientiert und schaltete den Fernseher ein.

"...hat jemand verschiedene Artikel unbrauchbar gemacht. Man nimmt an, dass er weißen Phosphor unter Wasser zerkleinert und ihn dann vorsichtig in einige Waren eingeführt hat. Betroffen sind zum Beispiel eine Handcreme, ein Du..."

Er schaltete ab. Es war ihm wieder eingefallen, er wollte noch duschen. David ging ins Badezimmer, zog sich aus und stopfte alles in einen Wäschesack. Dann ging er zurück in die Küche, um sein neues Duschgel zu holen.

Vielleicht konnte er sie überreden, mit ihm zu duschen, vorausgesetzt, das Zeug war so gut, wie es die Werbung versprach.

David ging ins Bad, schloss die Tür und trat in die Dusche.

Er drehte den Wasserhahn auf und fuhr zurück.

"Puh, ist das kalt!"

Er drehte das warme Wasser voll auf und ging zum Waschbecken. Die Duschgelflasche war blaugrau, aber eigentlich recht unscheinbar. Dafür war die Werbung aber umso eindrucksvoller. Er trat langsam in die Dusche.

"Jaa."

Jetzt hatte es die richtige Temperatur. Oder musste man mit diesem tollen Gel vielleicht kalt duschen?

Er würde es merken.

Wohlig traf ihn das warme Wasser auf seinem Nacken. Es lief seinen Rücken hinunter, warm. Er drehte sich um, so dass das Wasser auch über seinen Bauch lief, über sein Gesicht und über seine Haare. Das tat gut. Ob es mit ihr auch so schön war? Schließlich hatte er sie das erste Mal zu sich eingeladen und er war trunken von der Vorfreude auf dieses Abenteuer. Sie würden sich... Er stand immer noch unter dem warmen Wasser der Dusche. Eigentlich brauchte er keine Kühlung, aber, die Werbung war einfach zu verlockend. David hatte sich Werbung noch nie entziehen können.

Er öffnete das Duschgel.

(Es ist das erste Mal, dass du CLIFF nimmst,)

und roch daran.

(denn CLIFF ist neu.)

Es roch gut.

(Du reibst es auf die Haut,)

Er ließ sich etwas in seine Hand tropfen und rieb es sich auf den Arm.

(und es kühlt wie ein leichter Luftzug.)

Es kühlte jedoch nicht direkt, es brannte. Doch diese Wirkung war nur von kurzer Dauer, dann war es wieder weg. Es lag wohl daran, dass er warm duschte. David hatte sich ja schon so etwas gedacht. Langsam drehte er das warme Wasser heraus, so dass am Schluss nur noch kühles, kaltes Wasser über seinen Körper floss. Ja, so konnte er die Wirkung richtig erleben.

(Du nimmst mehr, und es kühlt mehr.)

Eigentlich war es schon kühl genug, aber wenn es die Werbung so sagte. Er nahm mehr als beim ersten Mal, eine ganze Handvoll und rieb sich damit ein. Es brannte wieder, doch dieses Mal schlimmer als zuvor.

(Und dann spürst du es richtig!)

Er versuchte, durch Reiben das Brennen zu ersticken. Doch durch diese Reibung, entzündete sich der weiße Phosphor. Es war in den Nachrichten darüber berichtet worden. David schrie auf. Jemand hatte Phosphor in Markenprodukte gemischt. Davids Arm brannte. Darunter war auch ein Duschgel. David stand in Flammen. Nicht einmal das Wasser, in dem er duschte, konnte das verhindern, nichts konnte ihn retten.

Er brannte, verbrannte. Seine Temperatur war so groß, dass das Wasser, das ihn traf, verdampfte.

In dieser Hinsicht hatte die Werbung recht gehabt,

CLIFF erfrischt, dass es zischt!

Das Mädchen auf dem See

Es war Donnerstag, spät am Abend. Er kam vom Billardspielen. Weil es Winter war, war die Dunkelheit schon über das Land hereingebrochen.

"Tschüß, Leute", verabschiedete er sich von seinen Freunden.

"Ciao, Mischa", meinte sein Freund Hugo. "Und komm gut nach Hause!"

"Klar. Und danke für die Zigarre."

"Gern geschehen."

"Bis morgen."

Mischa fuhr los. Es war ein schöner Abend. Er fühlte sich gut und ihm war noch nicht danach, nach Hause zu fahren. Vielleicht würde er vorher noch in dem Park, der auf seinem Weg lag, Hugos Zigarre qualmen.

Am Bahndamm entlang, unter der kleinen Unterführung hindurch und dann lag er auch schon vor ihm. Er fuhr ein paar Meter über den beleuchteten Fahrradweg und dann hinein in den dunklen Park. Hugo hatte ihm einmal den Tipp gegeben, auf unbeleuchteten Wegen sein Fahrradlicht auszuschalten, was er nun tat. Seine Augen gewöhnten sich schnell an die Dunkelheit und er sah, wie er den mittleren der drei Teiche passierte. Beim letzten Teich hielt er vor einer Bank an und sah sich um.

Es war ruhig und angenehm und der Teich war mit einer Eisschicht überzogen. Das reizte ihn. Sollte er mal testen, ob das Eis wohl halten würde? Lust hätte er, aber-

Zeit für ein bisschen Genuss. Er zog die Zigarre aus der Tasche und ließ den Blick schweifen. Um den Teich herum standen Schilder, die das Betreten der Eisfläche untersagten. Sogar im Sommer! Er musste grinsen.

"Hallo."

Gerade hatte er sich die Zigarre anzünden wollen, aber nun fuhr er erschrocken zusammen. Hinter ihm stand ein Mädchen. Sie schien, wie er in dem spärlichen Licht erkennen konnte, unglaublich hübsch zu sein.

"Oh, hallo", murmelte er inzwischen mehr erstaunt als erschrocken.

Ihre nahezu vollkommene Figur hatte sie in eine Daunenjacke gehüllt und über ihre Schulter hatte sie ein Paar Schlittschuhe gehängt.

"Was machst du denn hier?" fragte er.

"Ich will das Eis testen! Kommst du mit?"

Sie war einfach zu verführerisch. Und wann traf man schon mal mitten in der Nacht ein attraktives Mädchen? In einem Park? Es musste ein Traum sein. Er steckte die Zigarre wieder in die Tasche, deutete auf das Eis und sagte: "Ist das denn schon fest genug?"

Das Mädchen lächelte: "Ich denke, es wird uns schon tragen!"

Sie legte ihre Schlittschuhe auf die Bank, an die er sein Fahrrad gelehnt hatte, lächelte ihn himmlisch an – und betrat das Eis des Teiches.

"Sei vorsichtig", mahnte er.

Sie schien seinen Einwand nicht gehört zu haben, denn sie schritt weiter auf den Teich hinaus. Ohne jede Furcht. Sie war wirklich ein tolles Mädchen, dachte er. Wo sie wohl herkam?

"Du solltest vielleicht nicht so weit rausgehen", versuchte er es ein letztes Mal bevor bei ihm gewissermaßen das Eis brach. "Das ist ja eigentlich verboten. Hast du die Schilder nicht gelesen?"

"Nun komm schon, die gelten nur im Sommer!" Ihr vom Mond beschienenes, lächelndes Gesicht war einfach unwiderstehlich.

"Und wenn wir einbrechen?"

"Werden wir nicht."

"Was macht dich da so sicher?"

"Ich kenne diesen Teich sehr genau!"

"Mich würde interessieren, woher", murmelte er, während er auf das Eis trat. "Warte..."

"Komm", lockte sie ihn. Sie stand fast in der Mitte des Teiches. Lächelnd streckte sie ihm die Hände entgegen und sein mulmiges Gefühl verschwand. Er lächelte.

"Wie oft nimmst du denn jemanden mit aufs Eis?"

"Och, alle paar Jahre!"

"Hmm. Ist sicher nicht ungefährlich."

"Das Eis wird uns schon tragen!"