Notärztin Andrea Bergen 1312 - Isabelle Winter - E-Book

Notärztin Andrea Bergen 1312 E-Book

Isabelle Winter

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Beschreibung

Versonnen schaut der gut aussehende Pierre Massardier auf den dunkelgrün schimmernden See hinaus, und seine Hand umklammert die kleine Plastikflasche, die er vor einigen Tagen hier aus dem Wasser gefischt hat - eine echte Flaschenpost! Der Brief in der Flasche ist das Bezauberndste - aber auch das Traurigste, das Pierre je gelesen hat, und selbst wenn es albern klingen mag: Nie zuvor hat ihn etwas so angerührt wie die Worte der Unbekannten, ihr herzbewegendes Geständnis ...

In diesem Moment wächst in Pierre der Entschluss, die Frau namens Viktoria zu finden, koste es, was es wolle! Die einzige Spur, die er hat, ist ein kleines Café, dessen Logo das Briefpapier ziert.

Nach vielen Irrungen und Fehlversuchen gelangt Pierre endlich an die Adresse einer gewissen Viktoria Demant - einer Frau, die ihm auf unerwartete Art und Weise zum Schicksal werden wird ...

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EPUB
MOBI

Seitenzahl: 125

Veröffentlichungsjahr: 2016

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Inhalt

Cover

Impressum

Gebt mir mein Gesicht zurück!

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Anne von Sarosdy / Bastei Verlag

Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-3760-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Bei der Modenschau eines gefeierten Designers in unserer Stadt ist es zu einem tragischen Unfall gekommen. Riesige Scheinwerfer haben sich aus der Verankerung in der Decke gelöst und eine junge wunderschöne Frau unter sich begraben! So viel wusste ich, als ich mit meinen Sanitätern den Unfallort erreichte – doch niemand kann sich das Entsetzen vorstellen, das mich erfasste, als ich die Schwerverletzte erkannte. In einem Chaos aus Metalltrümmern, Glasscherben und Blut lag keine andere als die bezaubernd schöne Viktoria Demant, für die meine Tochter Franzi so schwärmt! Erst gestern noch hat sie mir Modejournale mit Viktorias makellosem Konterfei gezeigt. Doch nun scheint die Schönheit der jungen Frau zerstört zu sein! Unzählige tiefe Wunden überziehen ihren schlanken Körper, ihren Hals und ihre Arme. Aber die tiefste von allen ist der Schnitt über ihrer linken Wange, der bis hinauf zur Schläfe reicht. Auch wenn die Chirurgen und ich im OP gleich unser Bestes geben werden, fürchte ich, dass Viktorias strahlende Karriere als Model zu Ende ist …

»Großartig! Sehr schön. Du machst das perfekt«, rief der Fotograf überschwänglich.

Nur hin und wieder tauchte er hinter seiner Kamera hervor, um Viktoria Demant kurze Anweisungen zu geben oder voller Begeisterung beide Daumen hochzurecken. Die meiste Zeit jedoch betrachtete er sie durch den Sucher der großen Kamera, drückte immer wieder auf den Auslöser und wiederholte gebetsmühlenartig seine Lobeshymnen.

Das Studio, in dem das Fotoshooting stattfand, war grell erleuchtet. Visagisten schwirrten um Viktoria herum, puderten gelegentlich ihre Haut ab und zogen ihren Lippenstift nach. Eine Haar-Stylistin drapierte ihre schimmernden blonden Haare über eine Schulter nach vorne, sodass sie wie ein seidiger Wasserfall bis zu Viktorias Taille fielen. Immer und immer wieder ertönte das Klicken der Kamera, so rhythmisch, dass Viktoria sich bei dem Gedanken ertappte, es sei wie der Herzschlag dieses Fotostudios, so als wäre diese ganze Szene ein einziger großer Organismus, der sie verschlungen hatte.

Sie ließ sich vom Trubel nicht beirren, für sie war das alles ganz normaler Alltag. Sie arbeitete seit ihrer Teenagerzeit als Model. Ob sie für einen Modedesigner über den Laufsteg lief, für das Cover eines Magazins ihr Gesicht in die Kamera hielt oder so wie nun ein Fotoshooting für eine bekannte Kosmetikmarke absolvierte, spielte für sie kaum eine Rolle; das alles gehörte zu ihrem Job.

Jetzt gerade ging es um eine Werbekampagne für Lippenstifte. Die Werbebilder mit Viktorias Gesicht würden nicht nur in Zeitschriften, sondern auch auf Plakaten in der ganzen Stadt zu finden sein. Doch solche Dinge erfüllten sie schon lange nicht mehr mit Aufregung, sie hatte sich längst daran gewöhnt.

Jede kleine Anweisung setzte sie augenblicklich um. Sie drückte die Schultern kaum merklich nach vorne, sodass die Schlüsselbeine hervortraten und ihr Oberkörper noch zierlicher wirkte. Verführerisch blickte sie in die Kamera und öffnete die Lippen ganz leicht. Sie wusste, wie sinnlich ihr Gesicht dann aussah; sie hatte diesen Gesichtsausdruck im Laufe der Zeit perfektioniert.

»Viktoria, du bist die schönste Frau der Welt! Perfekt, das sieht supersexy aus!«

Der Fotograf überschlug sich beinahe vor Begeisterung. Für ihn war es ein Leichtes, mit einem erfahrenen Model wie ihr zu arbeiten. Er musste ihr nicht sagen, wie sie dreinblicken oder sich bewegen sollte, weil sie selbst ganz genau wusste, was der Kunde für seine Werbekampagne haben wollte.

Sie unterdrückte ein Seufzen. Der Fotograf hatte ihr heute schon unzählige Male versichert, wie schön sie aussah, ebenso wie alle anderen Leute am Foto-Set, die sie in Szene setzten. Es wäre erfrischend, zur Abwechslung einmal ein anderes Kompliment zu hören, etwa dass sie klug oder nett war. Doch darum ging es natürlich nicht: Alles, was hier zählte, war ihr gutes Aussehen. Ihre Schönheit war ihr Beruf, ihr Kapital und einfach alles, was sie besaß und worauf sich ihr Leben stützte.

Sie posierte bereits seit Stunden in verschiedenen Outfits und mit unterschiedlichem Styling. Allmählich bekam sie Durst, ihre Kehle fühlte sich rau an. Doch sie war professionell genug, um sich nichts anmerken zu lassen. Sie wollte den Ablauf nicht stören, indem sie eine Pause einforderte. Ihr war wichtig, dass die Fotos für die Lippenstift-Werbekampagne perfekt wurden, immerhin bekam sie ein stattliches Honorar dafür.

»Die Bilder sind im Kasten«, sagte der Fotograf in dem Moment, als hätte er ihre Gedanken gelesen. »Wir können eine kurze Pause einlegen, anschließend machen wir die geplanten Fotos mit dem Blumen-Hintergrund.«

Augenblicklich stand ihre Assistentin Else neben Viktoria und reichte ihr lächelnd ein Glas Wasser.

»Hier, bitte schön. Du hast bestimmt schon Durst.«

Viktoria lachte. »Du kannst wohl hellsehen. Langsam wird mir das fast unheimlich. Du scheinst immer genau zu wissen, was ich gerade benötige. Steht mir das etwa auf die Stirn geschrieben?«

Else grinste breit. »Es ist eben mein Job, immer zu wissen, was gebraucht wird. Manche würden es vielleicht ›Zauberei‹ nennen, ich nenne es ›Berufserfahrung‹. Wenn man als Sklavin eines Topmodels arbeitet, muss man eben solche Instinkte entwickeln.«

»Von wegen Sklavin«, rief Viktoria in gespielter Empörung und stemmte die Hände in die schmalen Hüften. »Ich bin doch wirklich pflegeleicht.«

Else verbeugte sich tief und ehrerbietig. »Aber natürlich, Meisterin. Alles, was Ihr sagt, Meisterin.« Dann zwinkerte sie, nahm das Wasserglas wieder entgegen und reichte ihr stattdessen ein paar Weintrauben zur Stärkung.

Viktoria seufzte. »Danke. Aber ein Cheeseburger oder eine Pizza mit extraviel Käse wären mir lieber. Oder so ein Schokoladenriegel wie der, den du vorhin gegessen hast.«

Else drückte mitleidig ihre Schulter. »Du weißt ja, nach der großen Modenschau in ein paar Wochen darfst du dir auch wieder ein paar Sünden erlauben, doch bis dahin solltest du strikt auf deine Linie achten.«

Viktoria zog eine wenig damenhafte Grimasse. »Wollen wir tauschen? Du läufst für mich über den Laufsteg und fastest bis dahin, und ich vertilge dafür kiloweise Schokolade?«

Else lachte. »Vergiss es! Ich bin hier das kugelrunde Schokoladenmonster, den Laufsteg überlasse ich gerne langbeinigen Gazellen wie dir.«

Viktoria schmunzelte. Elses gute Laune war ansteckend. Ihre Assistentin war wirklich etwas rundlich, hatte aber ein bildhübsches Gesicht und lustig blitzende Augen. Ihre sprühende Lebensfreude machte sie Viktorias Meinung nach wunderschön.

Else sah vielleicht nicht aus wie ein Model, aber oft dachte Viktoria insgeheim, dass ihre Assistentin viel glücklicher und zufriedener wirkte als sie selbst. Sie lebte ihr Leben lockerer, und das nicht bloß, indem sie mit viel Genuss Schokolade verspeiste, so viel sie wollte. Mit ihrem Mann Holger war sie überglücklich; in ihm hatte sie einen Partner gefunden, der sie wirklich liebte und wertschätzte. Ihr Freundeskreis war riesig, dank ihrer herzlichen Art war Else sehr beliebt.

Und Viktoria? Natürlich hatte sie unzählige Bekannte und auch Leute, die sich ihre »Freunde« nannten. Doch manchmal hatte sie das Gefühl, mit all diesen Leuten verband sie im Grunde genommen wenig. Gelegentlich schien es ihr sogar, als hätte sie nur eine einzige echte Freundin auf der Welt, und diese war zugleich ihre Assistentin.

»In Ordnung, können wir weitermachen?«, fragte der Fotograf.

Viktoria schüttelte die Grübeleien ab. Sofort war sie wieder ganz da. Ihr Make-up wurde aufgefrischt, Scheinwerfer richteten sich auf sie, üppige Blumen wurden um sie herum arrangiert und in ihr blondes Haar gesteckt. Das hektische Klicken der Kamera setzte wieder ein, und Viktoria konzentrierte sich voll und ganz aufs Fotoshooting.

***

»Wow, du siehst wieder absolut hinreißend aus!« Timon Sattler maß Viktoria mit einem bewundernden Blick von Kopf bis Fuß, bevor er sie in seine Arme zog und ihr einen Kuss gab. Direkt danach schob er sie auf Armeslänge von sich weg, sodass er sie besser betrachten konnte. »Einfach wunderschön«, staunte er.

Sie lächelte etwas verlegen. »Danke«, sagte sie.

Viktoria hatte schon erwartet, dass ihr Freund heute besonders angetan von ihrem Äußeren sein würde. Sie trug noch den bordeauxroten Lippenstift und die falschen Wimpern vom Fotoshooting und sah aus, als wäre sie einer Hochglanz-Fotostrecke entsprungen. Timon sah sie besonders gerne an, wenn sie so perfekt hergerichtet war.

»Und danke fürs Abholen«, fügte sie hinzu, als sie sich bei ihm unterhakte und sie gemeinsam zu seinem Mercedes gingen, den er vor dem Fotostudio geparkt hatte.

»Kein Problem«, sagte er lächelnd. Er achtete kaum auf den Weg, weil er den Blick gar nicht von ihr abwenden wollte. »Für meine Schönste tu ich das doch gerne.«

»Ich kann es kaum erwarten, nach Hause zu kommen«, seufzte sie. »Der Tag war wirklich lang und anstrengend.«

»Aber du musstest doch nur dasitzen und dich fotografieren lassen«, sagte er nachsichtig.

Sie biss sich auf die schön geschminkte, volle Unterlippe. Oft ärgerte sie sich über das Vorurteil, als Model hätte man es leicht. Sie verzichtete jedoch darauf, ihm zu erklären, dass auch ein Fotoshooting ganz schön fordernd sein konnte und dass er sich kein Urteil erlauben sollte, wenn er es selbst noch nicht ausprobiert hatte. Es hätte ohnehin nichts gebracht, er nahm sie und ihren Beruf einfach nicht ernst.

Stattdessen murmelte sie bloß: »Trotzdem bin ich müde. Ich freue mich unfassbar darauf, mich gleich aufs Sofa fallen zu lassen und einen gemütlichen Abend vor dem Fernseher zu verbringen.«

Er verzog den Mund und strich sich mit der Hand durchs platinblonde Haar, das wie immer mithilfe von Gel perfekt in Form gebracht war. Sie kannte diese Geste von ihm: Gewiss hatte er vor, ihr etwas zu sagen, worüber sie nicht begeistert sein würde.

»Lass uns doch noch in eine Bar gehen«, drängte er. »In der Innenstadt hat eine schicke neue Szenebar eröffnet. Ein paar Freunde und Bekannte von mir werden dort sein. Ich habe versprochen, zumindest kurz dort vorbeizuschauen.«

So etwas hatte sie schon befürchtet: Er hatte sich herausgeputzt und trug einen glänzenden Designer-Anzug mit Lackschuhen. Seine Kleidung sah eindeutig so aus, als hätte er geplant, den Abend in einer angesagten Bar zu verbringen und nicht bloß auf dem Sofa.

»Ich weiß nicht so recht«, sagte sie unschlüssig. »Wie wäre es denn, wenn du ohne mich ausgingst? Ich nehme dann jetzt einfach ein Taxi und fahre nach Hause.«

Er legte die Arme um ihre Taille und knabberte sanft an ihrem Nacken. »Komm schon«, sagte er schmeichelnd. »Wir haben uns in den letzten Tagen so wenig gesehen, weil wir beide so beschäftigt waren. Wollen wir die Gelegenheit nicht nutzen, den Abend gemeinsam zu verbringen? Außerdem wollen dich meine Jungs unbedingt kennenlernen. Ein paar wollten kaum glauben, dass ich tatsächlich mit einem bekannten Model zusammen bin.«

Sie widerstand nur mühsam dem Impuls, die Augen zu verdrehen. Einerseits schmeichelte es ihr, dass er so stolz auf sie war, doch andererseits fand sie es ein wenig lästig, wie gern er sie herumzeigte. Manchmal fühlte sie sich wie eine Trophäe, mit der er vor seinen Freunden prahlte. Doch gleich darauf schämte sie sich für den Gedanken: Sie sollte sich freuen, dass er sie so gern bei sich hatte und lieber mit ihr ausging als ohne sie. Außerdem hatte er ja nicht unrecht: Sie hatten sich in letzter Zeit wenig gesehen, weil sie beide beruflich voll eingespannt gewesen waren.

»Na schön«, stimmte sie also zu, »aber nicht allzu lange.«

Seine olivgrünen Augen leuchteten vor Freude auf. Überschwänglich drückte er sie an sich und küsste sie dann vorsichtig auf den Mundwinkel, um ihren Lippenstift nicht zu verschmieren. »Großartig. Du wirst sehen, es wird toll.«

Sobald sie Seite an Seite die Bar betraten, merkte Viktoria, dass ihr die Blicke aller Männer folgten. Das enge Kleid schmiegte sich um ihren schlanken Körper und betonte ihre schier endlos langen Beine. Ihre Haare, die bis zur Taille reichten, glänzten im schummrigen Licht. Ihr eleganter Hüftschwung rief Staunen hervor. Timon schien neben ihr noch um ein paar Zentimeter zu wachsen. Mit stolzgeschwellter Brust führte er sie durch den futuristisch eingerichteten Raum, in dem schick herausgeputzte Leute dicht gedrängt standen und im Takt der dröhnend lauten Musik mit dem Kopf wippten.

Seine Freunde hatten sich um einige Stehtische im hinteren Bereich der Bar geschart. Einige von ihnen kannte sie bereits, andere waren ihr fremd. Neugierig blickten sie ihr entgegen und verschlangen sie förmlich mit Blicken, als Timon sie ihnen vorstellte. Er sonnte sich in der Aufmerksamkeit, die seine auffallend hübsche Freundin hervorrief.

»Timon, du Glückspilz«, raunte ein blonder junger Mann mit gerötetem Gesicht, der wohl schon ein paar Drinks intus hatte, und stieß Timon den Ellenbogen in die Seite.

Ein anderer starrte sie so unverhohlen an, dass sie seinem Blick peinlich berührt auswich und sich schließlich für einen Moment entschuldigte, um zu den Toiletten zu flüchten. Erschöpft blickte sie in den Spiegel und ließ sich kaltes Wasser über die Handgelenke laufen. Sie dachte sehnsüchtig an ihr Sofa, auf dem sie gerade viel lieber gewesen wäre als in dieser Bar, in der all die Männer sie anglotzten und jetzt vermutlich gerade grölend darüber sprachen, was für einen guten Fang Timon doch gemacht hatte.

Manchmal wünschte sie sich fast, unscheinbarer auszusehen. Dann stünde nicht immer nur ihr Äußeres im Fokus, sondern vielleicht auch manchmal die Dinge, die sie sagte. Doch was brachte es, sich über solche Dinge den Kopf zu zerbrechen? Sie sah nun einmal so aus, wie sie aussah, und ihr war dabei eigentlich bewusst, dass sie dank ihrer Schönheit privilegiert war.

Wenn Timon doch bloß mit einem gemütlichen Abend am Sofa einverstanden gewesen wäre! Als sie den charismatischen Anwalt auf einer Party kennengelernt hatte, hatte sie gleich gemerkt, dass er ein echter Partylöwe war: Er blieb nicht gern zu Hause, konnte keine Stille ertragen und liebte es, in Gesellschaft zu sein.

Sie hingegen fühlte sich oft besonders einsam, wenn sie von vielen Menschen umgeben war. Die Blicke, die sie auf sich zog, konnten ganz schön belastend sein. Doch sie konnte sich nicht ewig hier bei den Toiletten verstecken, früher oder später würde Timon sich wundern, wo sie blieb.

Als sie zurückkam, waren die Männer gerade in ein Gespräch über die aktuellen politischen Entwicklungen vertieft. Viktoria, die selbst ganz gut informiert war, klinkte sich in die Unterhaltung ein.

Doch wie so oft wurde sie gar nicht richtig ernst genommen. Während die Männer weiter über Politik diskutierten, wurden an sie bloß Komplimente verteilt, und sie hatte überhaupt nicht die Möglichkeit, sich richtig am Gespräch zu beteiligen.

»Timon, nun lass mich doch auch mal zu Wort kommen«, sagte sie leise, als er sie zum wiederholten Mal unterbrochen hatte. »Ich wollte dazu meine Meinung sagen.«

Er lachte. »Ach, Viktoria, du bist so süß! Du musst dich doch wirklich nicht bemühen, bei wichtigen Themen Bescheid zu wissen. Du erfreust unsere Augen – das ist mehr als genug. Von einem Model erwartet doch wirklich niemand einen qualifizierten Gesprächsbeitrag.«

Das hatte gesessen. Fassungslos starrte sie ihn an. So sah er sie also? Ihr eigener Freund reduzierte sie bloß auf ihr Äußeres? Sie hatte viel mehr zu bieten als ihre Schönheit! Sie wusste nicht, ob sie schreien, weinen oder lachen sollte. Vor Zorn begann sie zu zittern.