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Die Serie "Sky-Navy" bietet spannende Unterhaltung im Bereich der Science Fiction. In einer fernen Zukunft stellen sich die Sky-Navy und die Sky-Trooper fremden Völkern und spannungsgeladenen Abenteuern, bei denen das Militär vor allem eine Aufgabe erfüllt - dem Leben zu dienen und Konflikte zu beenden. Schenk bietet dabei faszinierende Einblicke in fremde Kulturen und versieht seine Action immer auch mit einer Prise Humor.
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Seitenzahl: 247
Veröffentlichungsjahr: 2025
Michael Schenk
Sky-Navy 36 - E Pluribus Unum
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Kapitel 1Was bisher geschah
Kapitel 2 Der Schlachtplan
Kapitel 3 Gegenmaßnahmen
Kapitel 4 Die Entdeckung
Kapitel 5 Hilferuf aus dem Inneren
Kapitel 6 Das Rettungsteam
Kapitel 7 In großer Sorge
Kapitel 8 Kampf der Hornissen
Kapitel 9 Ein merkwürdiger Fund
Kapitel 10 Den Feind vor der Tür
Kapitel 11 Ein unangemeldeter Besuch
Kapitel 12 Neu formieren
Kapitel 13 In Schlachtlinie
Kapitel 14 Die Rettung in Sicht
Kapitel 15 Ungewollte Demaskierung
Kapitel 16 Gleiche unter Gleichen
Kapitel 17 Helm um Helm
Kapitel 18 Schuss um Schuss
Kapitel 19 Trägerschlachtschiff in Not
Kapitel 20 Sammeln
Kapitel 21 Hilfreiche Daten
Kapitel 22 Das Schiff der Rätsel
Kapitel 23 Angriff auf die Blackwing
Kapitel 24 Durchbruch
Kapitel 25 Wir alle sind Negaruyen
Kapitel 26 Ein unerwarteter Erfolg
Kapitel 27 Kein stiller Beobachter
Kapitel 28 Sieg oder Niederlage
Kapitel 29 Das falsche Gesicht
Kapitel 30 In der Stunde der Not
Kapitel 31 Bao Wangs neue Option
Kapitel 32 Search and Kill
Kapitel 33 Die Entscheidung
Kapitel 34 Waffenstillstand
Kapitel 35 Eine traurige Pflicht
Kapitel 36 Koordinationen
Kapitel 37 Fähigkeiten unbekannt
Kapitel 38 Nur gemeinsam sind wir stark
Kapitel 39 Der Weg in die Zukunft
Kapitel 40 Ankündigung
Kapitel 41 Homepage www.sky-navy.de
Impressum neobooks
Sky-Navy 36
E Pluribus Unum
Military Science Fiction
von
Michael H. Schenk
© M. Schenk 2025
Dank Geheimprojekt A.N.N.I. und den neuen APS-C-Schlachtkreuzern ist es gelungen, die Negaruyen aus den von ihnen besetzten Systemen zu vertreiben. Nur das Sol-System, die alte Heimat der Menschheit, ist noch in ihren Händen. Nach harten Kämpfen ist es der Sky-Navy gelungen, die Invasoren aus dem äußeren Kuiper-Gürtel ins innere Sonnensystem zurückzudrängen. Während sich die Kräfte der alten Negaruyen zwischen dem Saturn und dem Mars sammeln und neu formieren, plant Hoch-Admiral John Redfeather den weiteren Vorstoß.
Zugleich ist der APS-B-Tarnkreuzer D.S. Blackwing auf ein FLV gestoßen, das auf dem Kleinstplaneten Recep gestrandet zu sein scheint. Um das Schicksal von dessen vermisster Crew aufzuklären, fliegt der Kreuzer Recep an, nicht ahnend, dass sich dort der Gestaltwandler Bao Wang aufhält, der für den Krieg zwischen Menschen und alten Negaruyen verantwortlich ist.
D.C.S. Trafalgar, Reg.-Nr. 05, Flaggschiff Hoch-Admiral John Redfeather
Die ersten Auseinandersetzungen um das Sol-System waren vorüber, doch jeder im Sky-Command des Trägerschlachtschiffes Trafalgar wusste, dass diese Kämpfe nur ein leichter Vorgeschmack auf das waren, was ihnen allen noch bevorstand.
Die Sky-Navy hatte den Kampf um Sol mit vier Battlegroups zu je zwanzig der neuen APS-C-Schlachtkreuzer begonnen und ein Viertel der Schiffe durch Beschädigung oder Totalverlust verloren. Obwohl der Feind erheblich höhere Verluste erlitten hatte, war der Durchbruch erst gelungen, als drei weitere Battlegroups und die zuvor im Arcturus-System blockierte Flotte eingetroffen waren.
Hoch-Admiral John Redfeather konnte daher fünf Schlachtschiffe der Confederate Stars und die älteren APS-A-Kreuzer abgestellen, um die beschädigten Schiffe zu schützen und war mit den anderen durch den Kuiper-Gürtel geflogen, um sich in Höhe der Neptun-Bahn neu zu formieren.
Wieder einmal stand John mit seinen vertrauten Freunden und Kampfgefährten auf der Galerie des Sky-Command der D.C.S. Trafalgar und blickte in die untere Ebene hinunter, in der vierzig Arbeitsplätze um die dreißig Meter durchmessende taktische Karte angeordnet waren. Diese zeigte im Augenblick das schematisierte Sol-System, die Position der georteten Feinde und die der eigenen Einheiten.
Neben John standen Hoch-General Omar ibn Fahed, der die Kampftruppen befehligte, sowie Admiral Carl Uddington und Johns Adjutant, Commodore Faso. Ferner hatte John die wissenschaftliche Hoch-Koordinatorin Professor Candice Bergner und Major Saundra Schwertfeger, von Military Intelligence, von der Arcturus-Basis mitgebracht.
Gemeinsam beobachteten sie die zahlreichen Monitore sowie die Karte. Alle Einheiten waren über die Schiff-zu-Schiff-Kommunikation miteinander verbunden. Schematische Darstellungen zeigten den Zustand jedes Schiffes an.
„Die letzten Einheiten haben die Position in der Schlachtlinie eingenommen“, kommentierte Faso. „Die Battlegroups Alpha und Bravo bilden die obere Linie, die Battlegroups Charly und Delta die untere. Unsere Battlegroup Trafalgar nimmt die dazwischenliegende Linie ein. Das sind die Trägerschlachtschiffe Saratoga, Waterloo, Nakashima, Gettysburg, Lepanto und Borodino. Und natürlich unsere Trafalgar“, fügte er lächelnd hinzu. „An Bord der Träger befinden sich die eigentlichen Kampftruppen für die Befreiung des Mars. Als Flankenschutz haben wir an der linken Flanke die Battlegroup Echo und rechts die Battlegroup Foxtrott. Gold bildet die Reserve. Die APS-B-Kreuzer sind hinter Battlegroup Trafalgar angeordnet, um zusätzlichen Schutz für die Träger zu bieten.“
„Alles in allem können wir, auf Grund der bisherigen Verluste, noch einhundert APS-C, sieben Träger und vierzig APS-B aufbieten“, fasste Carl Uddington zusammen. Der Admiral mit den englischen Wurzeln nippte an seinem stark gesüßten Earl Grey, mit einem Schuss Milch. „Allerdings sind die Negaruyen, trotz ihrer erheblichen Verluste, noch immer recht stark. Sie ziehen ihre Verbände in Höhe des Mars zusammen und haben eine Vorpostenlinie auf Höhe der Saturn-Bahn errichtet.
John bevorzugte starken Kaffee, was die Mehrheit der Gruppe tat, mit Ausnahme von Omar, der als gebürtiger Araber ebenfalls stark gesüßten Tee bevorzugte. Wie Carl trank er aus einer wertvollen alten Tasse aus hauchdünnem chinesischem Porzellan.
Auf Johns Befehl hin war ein Drittel der verfügbaren vierhundertzwanzig Railguns mit Nullzeit-Bolzen geladen und feuerbereit. Die Waffen besaßen den Nachteil, dass sie dreißig Minuten benötigten, um ihre Beschleuniger aufzuladen. Aufgeladen mussten sie innerhalb von fünfzehn Minuten abgefeuert oder wieder entladen werden, da die Systeme sonst überlastet und die Waffen zerstört wurden. Durch seinen Befehl konnte John stets über einsatzbereite Railguns verfügen, während die anderen zwei Drittel im Ruhezustand waren oder erst aufgeladen wurden.
„Tac-One, wie ist unser Status?“, fragte John hinunter.
Der taktische Erste Offizier nutzte sein Headset für die Kommunikation zu den Kommandooffizieren. „Flotte ist formiert und bewegt sich, wie befohlen, mit 0,3 Licht in Richtung auf den Mars. Alle Einheiten im Status Grün und gefechtsbereit, Sir.“
John dankte und Carl nahm die Gelegenheit wahr, erneut für den Einsatz der Railguns zu plädieren. „John, wir haben den Schlitznasen gegenüber zwei gewaltige Vorteile. Unsere Hiromata-Scanner arbeiten ohne Zeitverlust, während die Schwingungs-Scanner der Negaruyen nur mit vierzigfacher Lichtgeschwindigkeit arbeiten. Gegen unser Nullzeit-Bolzen der Rails gibt es keine Abwehr. Wir sollten die georteten Schiffe sofort mit den Railguns vernichten. Das verschafft uns einen beachtlichen Vorteil.“
John sah seinen Freund kurz an. „Abgelehnt“, wiederholte er seinen Standpunkt. Er bemerkte das Unverständnis des Freundes und sah sich genötigt, doch erneut eine längere Erklärung hinzuzufügen. „Carl, mit der abnehmenden Gefechtsentfernung schrumpft auch der Vorteil, den uns die Nullzeit-Scanner verschaffen. Und wir kennen die Mentalität des Primär-Kommandanten der Negaruyen nicht ausreichend, um zu wissen, wie er auf die Vernichtung eines erheblichen Teils seiner Schiffe reagieren wird. Er hat Milliarden von Marsianern in seiner Gewalt. Was, wenn er sich an ihnen rächt?“
Carl gab sich nicht geschlagen. „John, du willst seine Schiffe in Nahgefechte verwickeln und damit die Aufmerksamkeit deines Gegenspielers binden. So sehr, dass er nicht an Exekutionen denkt, wenn wir unsere Bodentruppen ins Spiel bringen. John, das ist ein Vabanquespiel. Selbst wenn er so reagiert, wie du hoffst, und viel zu sehr beschäftigt ist, können seine Truppen am Boden noch immer ein Massaker anrichten, bevor unsere Trooper das verhindern können.“
„Bei den Paha Sapa“, erwiderte John grimmig, im Gedenken an die heiligen schwarzen Berge seines Sioux-Volkes, „glaubst du denn, das sorgt mich nicht? Aber mir bleibt keine andere Wahl, Carl. Die Negaruyen haben Milliarden von Geiseln und unser Angriff ist ein ungeheures Wagnis. Doch uns bleibt keine Wahl, wollen wir unser Heimat-System befreien.“
Faso kannte die Gedanken seines Freundes. „Immerhin ist es möglich, dass wir mit dem Feind verhandeln können, wenn er die Hoffnungslosigkeit seiner Situation einsieht.“
„Die alles andere als hoffnungslos ist“, wandte Omar ein.
Candice schaltete sich ein. „Haben wir irgendwelche Informationen, wie es in den anderen Systemen steht?“
„Die Hauptwelt der Konföderierten, Morrowia, ist befreit“, antwortete Saundra. „Die überlebenden Negaruyen haben sich dort mit drei Schiffen zurückgezogen, aber einige Hundert Morrowianer als Geiseln mitgenommen. Angeblich wollen sie sie freilassen, sobald sie in Sicherheit sind.“
„Diesen Flachschlitznasen ist nicht zu trauen“, knurrte Carl.
„Desara-dal-Kellon von der verborgenen Welt, gegen die wir vor nicht allzu langer Zeit kämpften, war durchaus ehrenhaft“, hielt John dagegen. „Auf ihr Wort war stets Verlass.“
„Du hast sie um Hilfe gebeten und nie eine Antwort erhalten“, hielt Carl grimmig dagegen. „Obwohl sie und ihre verdammte Welt in unserer Schuld stehen.“
„Carl, ich schätze es nicht, wenn du unsere Gegner als Flachschlitznasen bezeichnest oder in anderer Weise herabsetzt“, wies John seinen Freund zurecht. „Das ist gefährlich, denn es verleitet zu Hochmut und auch dazu, den Feind zu unterschätzen.“
Carl errötete. Es war selten, dass die Freunde unterschiedlicher Auffassung waren. „Schon gut, John, du hast recht“, lenkte er ein.
„Wie steht es um die anderen Welten?“, hakte Candice nach.
Saundra zuckte mit den Schultern. „Bislang gehen nur spärliche Meldungen ein, aber etliche Systeme unseres Direktorats und der Konföderation scheinen feindfrei zu sein. Aus dem Grenzgebiet des Outer Rim haben wir bislang nichts gehört.“
„Vielleicht doch, wenn auch auf indirekte Weise.“ Faso deutete zur Karte hinunter. „Während der bisherigen Kämpfe sind mehrere kleinere Gruppen von Negaruyen eingetroffen. Ich denke, wir können davon ausgehen, dass der Negaruyen-Kommandant seine Truppen und Schiffe hier im Sol-System zusammenzieht.“
John nickte. „Hier, in der alten Heimat der Menschheit, wird die Entscheidung fallen.“
Schwert der Vergeltung, Flaggschiff des Primär-Kommandanten Rosos-dal-Hargon
Die Schwert der Vergeltung war das einzige Schiff der Flotte, das einen individuellen Namen besaß, und das einzige Schiff, welches als Kommandoschiff konstruiert wurde. Vierzig taktische Arbeitsstationen waren in vier Reihen, wie bei einem Auditorium, hintereinander angeordnet und gewährten gute Sicht auf die riesige Karte, welche die Stirnseite des Raumes einnahm. Das Befehlszentrum lag direkt hinter der Brücke, im Bug des 800-Meter-Schlachtschiffes. Trotz der Betriebsamkeit der Controller wirkte alles ruhig und konzentriert.
Auch wenn keine der Frauen und keiner der Männer zuvor praktische Kampferfahrung gesammelt hatten, so sahen sie sich durch ihre Schulungen und zahlreichen Übungen gut vorbereitet.
Besatzungen und Kampftruppen der Negaruyen des vernichteten Sternenreiches waren geklont und gehörten damit zu den so genannten „Gleichen“. Eine Notmaßnahme des vergangenen Reiches, um die enormen Verluste in den Kämpfen gegen die Eier legenden Norsun auszugleichen. Die Psychologen waren einst der festen Überzeugung gewesen, dass es zu verheerenden Auswirkungen kommen musste, wenn die Gleichen erfuhren, dass sie Klone waren. Tausend Schiffe der alten Flotte bedeuteten den tausendfachen Klon eines jeden Mannes oder einer jeden Frau, die nicht von Ihresgleichen auf den anderen Schiffen erfahren durften. So bestand der strikte Befehl an alle, wenn er Kontakt zu einem Besatzungsmitglied eines anderen Schiffes oder als Soldat zu einem Angehörigen eines anderen Regiments bekam, sich zu anonymisieren. Das bedeutete die Verfälschung der Stimme durch einen Synthetisierer und das Tragen eines Helms mit von außen undurchsichtiger Scheibe. Den Gleichen erklärte man dies mit der beabsichtigten Verwirrung des Feindes. Auf Gehorsam gedrillt, wurde der Befehl nicht in Frage gestellt.
Befand man sich an Bord des eigenen Schiffes, so galt diese Pflicht zur Anonymisierung nicht. Das betraf jedoch nicht jene Negaruyen, die Kontakt zu anderen Schiffen oder Truppen aufnehmen mussten. So trugen alle Frauen und Männer im Befehlszentrum ihre Helme, als Rosos-dal-Hargon eintrat.
Der Primär-Kommandant der Negaruyen gehörte, mit der Handvoll anderer Offiziere der höchsten Kommandoebene, zu den nicht geklonten. Neben Rosos waren dies sein Vertrauter Ter-Gazen und der Hoch-Kommandant der Flotte, Ran-dal-Brag. Hoch-Kommandantin Erisara-dal-Drarag hielt sich, als Befehlshaberin der Bodenstreitkräfte, auf dem Mars auf.
Beim Eintritt ihres Oberbefehlshabers erhoben sich die anwesenden Negaruyen und grüßten respektvoll, in dem sie die Fingerspitzen der linken Hand an die linke Schulternaht legten. Rosos dankte auf gleiche Weise, bevor er zu dal-Brag trat, der vor der Karte stand und nachdenklich die zahlreichen Symbole betrachtete.
Das Blut von Menschen und Negaruyen war gleichermaßen rot und so nutzten beide Völker diese Farbe, um Gefahr oder den Feind zu markieren. Bei den insektoiden Norsun waren Blut und Gefahrensymbole hingegen grün.
„Höchst-Ajon“, begrüßte dal-Brag seinen Vorgesetzten ehrerbietig.
„Hoch-Ajon“, erwiderte Rosos die höfliche Geste. Er nickte Ran kurz zu. „Wie ist die Lage, mein Freund?“
„Die bislang erlittenen Verluste sind durch die Verstärkung aus den anderen Systemen ausgeglichen“, meldete der Flottenführer. „Was leider auch bedeutet, dass wir die Kontrolle vieler Systeme aufgegeben haben. Von einigen Systemen erhielten wir keine Schiffe und auch keine Antwort.“
Rosos stampfte zustimmend mit dem linken Fuß auf. „Wir müssen davon ausgehen, dass unsere dortigen Schiffe und Truppen vernichtet wurden. Ein Zeichen dafür, dass der Feind uns umfassend und gleichzeitig angegriffen hat.“
„Dann müssen wir damit rechnen, dass auch der Feind weitere Verstärkung erhält.“
„So ist es zu befürchten“, stimmte Rosos zu. „Gib mir einen kurzen Überblick über unseren Status. Ich muss rasch zum Mars zurückkehren, um mit Erisara die dortige Verteidigung zu besprechen.“
Ran sah den Freund und Vorgesetzten an. „Du glaubst, dass sie zum Mars durchbrechen können?“
„Es wäre ein Fehler, den Feind zu unterschätzen. Wir stehen wahrscheinlich gegen ihren Primär-Kommandanten Redfeather. Ich habe mir seine Daten aus dem Zentralarchiv des Mars kommen lassen. Er ist ein fähiger und erfahrener Anführer.“
„Aber nicht unüberwindbar“, hielt Ran dagegen. „Ihre neuen Schiffe sind stark, aber wir haben ihnen sehr zugesetzt. Sie haben fast fünfzig ihrer Schlachtriesen verloren.“
„Ich hörte von zwanzig.“ Rosos nahm dankbar ein Gefäß mit heißem Kaffee entgegen. Er hatte das menschliche Getränk schätzen gelernt. Inzwischen beschafften die Bodentruppen einige Vorräte davon, die man zu den Schiffen brachte. „Und unsere Verluste?“
Ran-dal-Brag schloss für einen Moment die Augen. „Rund fünfhundert Jagdschiffe und zweihundert Kampfschiffe, darunter vierzig Schlachtschiffe. Die meisten Verluste wohl durch die Rälgans der Menschen. Es müssen verheerende Waffen sein.“
Rosos stampfte zustimmen auf. „Glücklicherweise konnten wir eines ihrer mächtigen Mutterschiffe erobern und halten es besetzt. Unsere Forscher sind an Bord der Clavijo und suchen nach dem Geheimnis der Rälgans. Wenn wir das Geheimnis dieser Waffen enträtseln und sie nachbauen können, dann werden auch wir über ihre Verheerung verfügen.“
„Bei der Tiefe der Sterne, das wäre eine gute Nachricht“, gab Ran zu. „Sag, mein Freund, wie steht es um unsere verbesserten Waffen, die Torpedos mit Überladungseffekt?“
Rosos lächelte. „Ich berichtete dir bei meinem letzten Besuch auf unserer Schwert, dass wir schon mit der Lieferung von Tausenden der modifizierten Torpedos begonnen haben. Auch jetzt werden immer mehr von ihnen an unsere Schiffe geliefert. Die menschliche Industrie und ihre Arbeiter sind sehr leistungsfähig, wenn man ihnen genügend Anreiz bietet.“
Beide lachten, denn dieser „Anreiz“ bestand aus den Raketengewehren und Energiepistolen der Wachen.
„Hoch-Kommandantin Erisara-dal-Drarag ist wenig amüsiert“, gab Rosos zu, „da ich ihren Bodentruppen etliche der mobilen Überladungsgeschütze abnehmen musste, um Muster für den Nachbau in den menschlichen Anlagen und eine erste Lieferung der Torpedos gewährleisten zu können. Inzwischen laufen Produktion und Auslieferung reibungslos. Sag, wurden die neuen Waffen schon einmal eingesetzt?“
„Nein, deinem Wunsch entsprechend wurde darauf verzichtet.“
„Gut. Sie können für den Feind eine ebenso unangenehme Überraschung werden wie seine Rälgans für uns.“ Rosos betrachtete die Karte. „Je näher er uns kommt, desto schwächer wird sein Vorteil uns gegenüber.“
Nun stampfte Ran zustimmend mit dem Fuß auf und lächelte. „Wie du siehst, habe ich eine dünne Vorhutlinie in Höhe des Ringplaneten errichtet. Es sind zweihundert unserer 200-Meter-Kreuzer und einhundert unserer 500-Meter-Schlachtkreuzer. Ich habe ihre Laderäume mit 2-Mann-Jagdschiffen vollstopfen lassen. Diese eintausend Jäger könnten eine unangenehme Überraschung sein.“
„Ausgezeichnet. Unsere Hauptmacht hast du, meinem Wunsch entsprechend, hier am Mars konzentriert, wie ich sehe.“
„Vierhundert Schiffe. Einhundert Schlachtkreuzer, die Übrigen gehören alle zur 800-Meter-Klasse. Davon stehen zweihundert, aus Sicht der Menschen, hinter dem Mars und können von ihnen nicht mit ihren Spähanlagen gesehen werden. Obwohl wir in den bisherigen Kämpfen und in den anderen Sonnensystemen schon insgesamt ein- oder zweitausend Jäger verloren haben, so verfügen wir noch immer über 20.000 Maschinen. Die Hälfte davon stehen der Luftverteidigung des Mars zur Verfügung, die andere Hälfte habe ich aufgeteilt. Zweitausend Jäger sichtbar vor dem Mars, zweitausend in der Deckung der Marsmonde und den Rest von sechstausend befindet sich bei den Schlachtschiffen und Truppentransporten hinter dem Planeten.“
„Der Feind verfügt ebenfalls über Jäger. Was wissen wir über sie?“
„Wir haben zweihundert intakte Maschinen an Bord ihres eroberten Mutterschiffes vorgefunden“, berichtete Ran. „Sie scheinen gut bewaffnet, aber über ihre Flugeigenschaften wissen wir nur, was wir aus unserem Angriff auf den Mars herausfanden. Ich muss zugeben, dass sie unseren Jagdmaschinen überlegen scheinen, aber der Feind besitzt wohl nur wenige.“
„Deine Stationierung von unseren Jägern in der Vorhutlinie ist ein kluger Schachzug. Ihr Kampf wird uns Informationen darüber geben, wie stark die Jagdschiffe unserer Feinde sind.“
Ran-dal-Brag deutete zur dreidimensionalen Karte. „Die Menschen kommen mit sieben ihrer Mutterschiffe. Damit können sie also nur 1.400 Jäger in den Kampf bringen. Ihre kleineren Schiffe, auch die neuen Kampfriesen, haben offensichtlich keine dieser Jäger an Bord.“
„Bei den Sternen, das ist eine gute Nachricht“, meinte Rosos. „Dann können unsere zahlreichen Jäger den Ausschlag geben.“
Keiner der Negaruyen ahnte, dass die neuen APS-C je eine Staffel Superbolts mit sich führten und die Trägerschlachtschiffe inzwischen auf das fast volle Kontingent der Jagdbomber aufgestockt waren. Statt 1.400 Superbolts würden die Negaruyen deren 4.700 gegenüberstehen.
APS-B-Tarnschiff D.S. Blackwing, im Anflug auf Kleinstplanet Recep
Die Blackwing hatte schon viele Missionen gemeistert. Ihr und ihrer Crew war zu verdanken, dass man im Hanari-System endlich genügend Hiromata-Kristall für die neuen Schiffe erhielt und ebenso erste Informationen über die Positionen der Negaruyen im Sol-System. Aus den beginnenden Kämpfen war sie herausgehalten worden, denn als einziges echtes Tarnschiff der Sky-Navy war sie zu wertvoll.
Am Rande der Gefechte, unter voller Tarnung und nur mit Hilfe ihrer passiven Sensoren, war man auf eine unerwartete Entdeckung gestoßen: die schwächer werdende Energiesignatur eines Fast Landing Vehicles. Es handelte sich um ein Langstrecken-FLV, fraglos menschlichen Ursprungs und doch von unbekannter Herkunft. Was machte ein LR-FLV hier draußen im Kuiper-Gürtel? Suchten die Menschen an Bord Schutz vor den Kämpfen?
Diese Fragen beschäftigten Captain Jen-Li und die gesamte Besatzung der Blackwing, während sich der Kreuzer, noch immer getarnt, seinem Ziel näherte.
Recep gehörte zu den Zwergplaneten im Kuiper-Gürtel und durchmaß knapp 1.500 Kilometer. Ein Felsbrocken, von kosmischem Staub bedeckt, scheinbar leblos. War das fremde FLV zufällig auf ihm gelandet oder war man einer interessanten Entdeckung nachgegangen?
Hinter dem doppelten Kommandosessel von Captain Jen-Li und seinem Eins-O, Lieutenant-Commander Hiroshi Yagoda, saßen Major Joana Redfeather und Captain Jerome Kelly, beide von der 5th Sky-Cavalry, auf ihren Notsitzen und sahen den beiden anderen Offizieren über die Schultern. Auf dem holografischen Schirm, der vor den Kommandosesseln im Raum zu schweben schien, wurde Recep langsam größer.
Die Brücke, am Ende des vorderen Drittels an der Oberseite des Rumpfes, war ausgefahren, aber abgedunkelt. In sanftem Rot schimmernde Lichtleisten am Boden und die Anzeigen der Konsolen waren die einzigen Lichtquellen, außer dem schwachen Licht der Sterne. Die anderen Angehörigen der diensthabenden Flight-Crew waren nur als Silhouetten zu erkennen.
„Noch 50.000 Kilometer“, meldete Lieutenant Akiko Horota, die Navigatorin und Ortungsspezialistin mit leiser Stimme. „Keine Anzeichen für Aktivitäten am Ziel.“
„RO?“
Ensign Carlisle schüttelte instinktiv den Kopf, obwohl die Bewegung kaum zu sehen war. „Ney, Sir, nichts. Nichts von Recep, auf keiner Frequenz.“
„LR-FLVs sind üblicherweise keine Beiboote von Schiffen. Das sind nur Standard-FLVs ohne Nullzeit-Antrieb.“ Die Stimme von Jerome Kelly klang nachdenklich. „Es kann sich also nur um eine Forschungsmission oder um ein gestrandetes interstellares Taxi handeln.“
„Dem stimmen wir sicher alle zu, Major“, antwortete Jen-Li. Wie üblich wurde Captain Kelly als Major angesprochen, da es an Bord eines Raumschiffes nur einen Captain geben durfte. „Dennoch bleibt die Frage, was es hier draußen macht und, vor allem, seit wann es hier draußen ist. Nav, gibt es noch irgendwelche Feindaktivitäten hier draußen im Kuiper?“
„Ney, Captain, alle Feindaktivitäten haben sich ins Innere des Systems verlagert“, antwortete Akiko.
„Nun, dann denke ich, wir können wieder auf Normalfunktion gehen.“ Jen-Li aktivierte die Bordverständigung. „Brücke an alle, Captain spricht: Tarnzustand ist beendet. Alles auf Normalmodus. Brücke Ende.“
Die rötliche Gefechtsbeleuchtung an Bord wich dem normalen Licht, das dem der solaren Sonne nachempfunden war. Lediglich auf der Brücke blieb die Helligkeit gedämpft, um durch die Direktsichtscheiben sehen zu können, ohne von innen geblendet zu werden.
Joana wäre lieber bei ihrem Vater gewesen, denn dort würde sich das abspielen, was Jerome als „Action“ bezeichnete, doch es hatte sich anders gefügt, da sie sich für die Spähmission der Blackwing entschieden hatte. Dieses Schicksal teilte sie mit Jerome und der Hälfte des „C“-Troops ihres fünften Raumkavallerieregiments.
Jen-Li stellte eine Verbindung zum Astronomen her. „Doktor Fairling, wie hoch ist die Schwerkraft auf Recep?“
„Welche Schwerkraft, Sir?“, stellte Fairling lächelnd die Gegenfrage. „Es geht sicher um das Absetzen eines Teams, nicht wahr? Die Anziehungskraft von Recep kann vernachlässigt werden. Das Team braucht nicht einmal die bionische Verstärkung der Kampfanzüge, um den geringen Aufprall abzufedern.“
„Danke, Doc.“ Jen-Li wandte sich halb um, damit er Joana und Jerome ansehen konnte. „Seit unserem Aufbruch aus dem Hanari-System haben wir kein FLV mehr an Bord. Wir werden also so nah als möglich an Recep herangehen und dann müssen Ihre Jungs und Mädels springen.“
„Kein Problem“, versicherte Jerome, der den halben Troop befehligte. Joana war Befehlshaberin des 1st Bataillon, dem „C“ angehörte.
Von Recep war nicht viel zu erkennen. Der Zwergplanet hob sich nur als schwache Kontur gegen den Hintergrund der Sterne ab. Auch das LR-FLV war nicht zu sehen, obwohl es auf der zugewandten Seite von Recep liegen musste, sonst hätte es nicht geortet werden können.
„Nav an Command: Distanz 20.000 und abnehmend“, meldete Akiko.
„Ruder, ich will in dreihundert Metern Höhe geostationär über dem FLV zum Stillstand kommen und dann die Position halten. Führen Sie die entsprechenden Manöver aus, Lieutenant.“
„Aye, Sir. Geo in Höhe 0,3 Kilo auf Synchro“, bestätigte Lieutenant Willcox.
„Nav an Command: Scanner aktiv, Sir?“
„Aye, Nav. Scanner aktiv“, bestätigte Jen-Li und rief sich zur Ordnung. Er hätte dies mit Aufhebung der Tarnung anordnen müssen. „Tech, aktivieren Sie die Bugscheinwerfer.“
Von der Systemkontrolle bestätigte Master-Chief Cage. Am Bug des Kreuzers flammten Scheinwerfer auf. Sie waren stark genug, um auf diese Entfernung Recep in ein graues Schemen zu verwandeln. Die Details wurden zunehmend deutlicher, als sich der Kreuzer weiterhin näherte.
„Sir!“ Akikos Stimme verlor ein wenig von ihrer üblichen Ruhe. „Ich erfasse das FLV und unmittelbar daneben eine künstliche Struktur.“
Jen-Li und die anderen konnten es auf dem Kommandomonitor verfolgen. „Vergrößern, Nav. Ich brauche ein deutlicheres Bild.“
„Kein Zweifel, eine künstliche Struktur“, kommentierte Hiroshi. „Und sie wurde vor Kurzem gesäubert. Nur wenig kosmische Staubanlagerung.“
Jen-Li nickte. „Sieht aus wie ein Deckel. Vollkommen flach und passt nicht zur gekrümmten Form von Recep. Ich stimme meinem geschätzten Freund zu. Künstlichen Ursprungs und die Konstruktion muss uralt sein.“
„Ein durchaus lohnendes Ziel für eine Forschungsexpedition“, fügte Joana hinzu.
Die Blackwing kroch förmlich näher. Willcox steuerte das Schiff mit seinem Geschick und mit Hilfe der kleinen Manöverdüsen, bis es seine Parkstellung erricht hatte.
„Ruder an Command, Parkposition erreicht. 0,3 Kilo über Ziel und synchro.“
„Danke, Willcox.“ Jen-Li strich sich über das Kinn. „Also wohl doch eine wissenschaftliche Expedition. Am FLV ist keinerlei Bewegung. Sieht jemand einen Zugang in diesem Deckel? Dahinter muss es Räume geben.“
Ensign Carlisle hob plötzlich die Hand. „RO an Command: Ich empfange da etwas. Kommt aus dem Inneren von Recep.“
Bao Wang, im Inneren der Recep-Station
Bao Wang war zufrieden. Mit Hilfe der Arbeitsdrohnen gingen die Arbeiten gut voran. Die wichtigsten Systeme der Station waren instand gesetzt. Wärme, Licht, Luft und Schwerkraft entsprachen dem Wohlfühlbereich eines Gestaltwandlers. Die Reparaturen des Wärmeleitsystems waren am aufwändigsten gewesen. Die Arbeiten im beschädigte Schiff wurden besser nicht bei Weltraumtemperatur vorgenommen, da die eTronischen Systeme der N´Gravaa sehr empfindlich waren. So verwandte Bao Wang wertvolle Ressourcen auf die Installation einen neuen Röhrensystems, das sich durch die Station in den Hangar zog. Nun waren die Temperaturen angenehm und die Arbeiten am Scheibenschiff schritten voran.
Bao Wang nutzte weiterhin die Gestalt der von ihm ermordeten Negaruyen-Frau. Ihr Metabolismus entsprach in einigen Bereichen dem eines N´Gravaa, so dass er die hier gelagerten Vorräte problemlos nutzen konnte. Nach einer Inspektion der Fortschritte stärkte er sich und beschloss nochmals die Zentrale der Station aufzusuchen, bevor er eine Schlafphase einlegte.
Alles in der alten Station wirkte beengt. Bao Wang und seine Gefährten hatten sich damals nicht viel Mühe gegeben, die Anlage wohnlich zu gestalten. Die Zentrale lag in der Mitte von Recep und war ein Ort, an dem kein Raum verschwendet wurde.
In der kreisrunden Zentrale zogen sich sechs Arbeitsstation an den Wänden entlang. An den Konsolen schimmerten die Anzeigen und Schaltflächen in sanftem Licht. Über ihnen übermittelten Bildschirme die Aktivitäten in Gängen und Räumen. Ein großer Bildschirm, über der Station des Kommandanten, zeigte die Oberfläche von Recep im Bereich des Hangardaches.
Bao Wang wollte sich gerade abwenden, als er schockiert stehenblieb.
Eben war der Weltraum über der Oberfläche noch leer gewesen, jetzt projizierte die eTronik ein rot blinkendes Quadrat auf den Schirm. Die Ortungsanlagen erfassten ein fremdes Raumschiff, es musste sich bereits in der Nähe der Station befinden.
Es war Bao Wang ein Rätsel, warum es so lange nicht entdeckt worden war. Rasch ließ er sich im Sitz des Ortungsspezialisten nieder. Er verzichtete auf aktive Ortung und begnügte sich mit passiven und optischen Systemen, um seine Anwesenheit nicht zu verraten.
Dann stieß er einen leisen Fluch aus. Natürlich. Es musste das Tarnschiff der Menschen sein, die Blackwing. Nur dieses Schiff verfügte über die Möglichkeit, sich so lange verborgen zu halten. Aber warum steuerte der Kreuzer die alte Anlage an? Erneut nannte er sich einen Narren. Das LR-FLV, mit dem er hierhergeflogen war. Es war leicht zu orten, da es an der Oberfläche lag und zudem direkt neben dem Hangardach.
Es konnte keinen Zweifel geben, dass man die Anlage und letztlich auch ihn entdecken würde. Die Station verfügte über keine Waffen, die dem Schiff hätten schaden können. Er musste den Feind überlisten, wollte er überleben und seinen Plan, zur Vernichtung der Menschen, umsetzen.
Für Bao Wang war es ein Unglück, denn inzwischen wusste er, dass er das alte Fernraumschiff seines Volkes reparieren konnte. Die Reparaturen gingen so rasch voran, dass er damit rechnete, in spätestens zwei Wochen aufbrechen zu können.
Er musste die Menschen an Bord der Blackwing überlisten. Musste sie täuschen, überwältigen und verhindern, dass andere Menschen von den Vorgängen auf Recep erfuhren. Dann sah er ein kleines Licht an der Kommunikationskonsole pulsieren.
Natürlich, die Menschen versuchten mit dem FLV Verbindung zu bekommen.
Er überlegte fieberhaft. Ein Tastendruck schaltete die Bildübertragung ab und Bao Wang gab seiner Stimme einen ängstlichen Unterton, als er die Sendetaste drückte. „Hallo? Ist da wer? Kann uns jemand hören?“
Nur Augenblicke später war eine männliche Stimme zu vernehmen. „Hier ist der Direktorats-Kreuzer D.S. Blackwing unter Captain Jen-Li. Wir hören Sie. Sind Sie in einer Notlage?“
„Dem Schöpfer sei Dank“, ächzte Bao Wang erleichtert. „Grundgütiger, wir haben kaum noch auf Rettung gehofft.“
„Identifizieren Sie sich und schildern Sie Ihre Notlage“, forderte Jen-Li.
„Grundgütiger, sicher. Hier ist Professor Woolbridge von der University of Mars. Ich bin mit einem Team aus sieben Forschern verschiedener Wissensgebiete hierher gereist. Eigentlich wollten wir Vermessungen durchführen und sind dann durch Zufall auf diese Anlage gestoßen. Als wir mit ihrer Erforschung begannen, ist ein Teil des Hauptkorridors eingestürzt und wir haben nicht die Ausrüstung, uns hier selbst herauszugraben.“
„Verstanden, Professor. Es handelt sich bei Ihrem Team also um acht Personen?“
„Wie? Äh, ja, acht Personen.“
Jen-Li versuchte offensichtlich mit ruhiger Stimme auf die panisch klingende Forscherin einzuwirken. „Keine Sorge, Professor, wir holen Sie alle da heraus. Wurde jemand verletzt?“
Eine kurze Pause, dann antwortete der Gestaltwandler. „Nein, glücklicherweise nicht. Wann holen Sie uns hier heraus?“
„Es kann ein paar Stunden dauern, denn wir müssen einen Zugang suchen und im Inneren wahrscheinlich etliches Gestein beiseiteräumen. Aber wir kommen, Professor.“ Jen-Li zögerte kurz. „Eine Frage, Professor, wissen andere von Ihrer Entdeckung? Haben Sie die University of Mars verständigt?“
„Hm, nein, Captain. Diese Entdeckung ist derart sensationell …“
„Verstehe, Professor. Halten Sie aus, Hilfe ist unterwegs.“
Major Joana Redfeather, Rescue-Team 5th Sky-Cavalry
„Offensichtlich hat die gute Frau die Universität nicht verständigt, weil sie den Ruhm ihres sensationellen Fundes nicht teilen will“, meinte Jen-Li lächelnd. „Die Mittel für die Forschung unserer Bildungsstätten sind hart umkämpft. Nun, wie dem auch sei … Major Kelly, wenn Sie die Leitung des Rettungs-Teams übernehmen wollen?“
„Ich überlasse Major Redfeather die Ehre.“ Jerome wusste, wie sehr es Joana nach Bewegung und sinnvoller Tätigkeit gierte.
„Besten Dank, Jerome.“ Joana klopfte dem Kameraden freundschaftlich gegen den Arm. „Vorschläge?“
„Ich habe da ein paar Trooper, die würden mir den Kopf abreißen, wenn ich sie nicht mitgehen ließe“, meinte Jerome seufzend. „Dies ist meine Liste der üblichen Verdächtigen … Basari, Galley, Riordan, Bear, Soames, Bentley und Carson.“ Er grinste breit. „Mit dir acht Leute. Mehr als genug, wenn ihr euch durch enge Gänge wühlen müsst. Mehr würden sich nur gegenseitig behindern.“
Jen-Li nickte zustimmend. „Brauchen Sie eine besondere Ausrüstung, Major?“
„Negativ. Die bionische Kraftverstärkung dürfte ausreichen. Gibt es hydraulische Stützelemente an Bord? Wahrscheinlich werden wir ein paar Decken abstützen müssen.“
„Selbstverständlich“, versicherte der Captain. „Solche Elemente gehören zur Standardausstattung der Schadenbekämpfungsteams. Nehmen Sie sich, was Sie brauchen.“
Jeromes Grinsen wurde noch breiter. „Galley wird fluchen, dass sie ihre geliebte Gatling nicht mitnehmen kann.“
Joana erwiderte das Lächeln. „Diesmal ist es ein Rettungs- und kein Kampfeinsatz.“
Turm des hohen Rates, Mars Central City, Hauptstadt des Directorate of Stars
Die Angehörigen des hohen Rates des Direktorats waren entmachtet, besaßen jedoch weiterhin Zugriff auf die Medien. Hauptsächlich um die Anordnungen der Besatzungsmacht zu verkünden und die Bevölkerung zur Ruhe zu ermahnen.
Nach anfänglichen willkürlichen Erschießungen, mit denen die Negaruyen die Ernsthaftigkeit ihrer Forderungen hatten unterstreichen wollen, war eine relative Ruhe eingekehrt. Die Marsianer waren unterwegs, um sich selbst versorgen zu können. Öffentliche Versammlungen oder die Benutzung privater Transportmittel waren allerdings verboten.