Pferdesoldaten 22 - Die letzte Attacke - Michael Schenk - E-Book

Pferdesoldaten 22 - Die letzte Attacke E-Book

Michael Schenk

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Beschreibung

"Die Pferdesoldaten" bietet spannende Western aus der Zeit der nordamerikanischen Indianerkriege. Die in sich abgeschlossenen Abenteuer stellen die U.S. Reitertruppen in den Jahren zwischen 1833 und 1893 vor. Entgegen der üblichen Western-Klischees bietet der Autor dabei tiefe Einblicke in Ausrüstung, Bewaffnung und Taktiken, die sich im Verlauf der Jahre immer wieder veränderten. Schicke gelbe Halstücher und Kavallerie mit Repetiergewehren wird der Leser hier nicht finden, wohl aber Action mit einem ungewohnten Maß an Authentizität. Western-Reihe um die fiktiven US-Kavallerieoffiziere Matt und Mark Dunhill, die im Bürgerkrieg und den Indianerkriegen bestehen müssen. Am Ende jeden Romans stellt der Autor die realen geschichtlichen Fakten vor. Spannung und ein hohes Maß an Authentizität sind garantiert.

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Seitenzahl: 217

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Michael Schenk

Pferdesoldaten 22 - Die letzte Attacke

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Was bisher geschah

Von Sorgen geplagt

Voller Zuversicht

Zwischen den Fronten

Erste Feindberührung

Gemeinsam oder einsam

Marschbefehl für General Pickett

Five Forks

Eine Linie mit Haken

Ein Teil der Linie

Im Skirmish

Zu spät

Unter dem Sternenhimmel

Eine ungewöhnliche Taktik

Am „Haken“

Unter Feuer

Ein aufmerksamer Held

Ein mutiger General

Eine heldenhafte Attacke

Unter der alten Fahne

Im Schützengraben

Custers Weg

Eine letzte Position

Mit gefälltem Bajonett

Blut und Boden

Kavallerie an den Feind

Mit blanker Klinge

Im Eifer des Gefechts

Ein bitterer Sieg

Die Geschlagenen

Ein erstes Fazit

Geteiltes Land, geeintes Land

Ein teuer erkaufter Sieg

Ankündigung

Karte 1 Frontverlauf bei Petersburg

Karte 2 Verkehrswege bei Five Forks

Karte 3 Picketts Positionen bei Five Forks

Beschreibung der Schlacht von Five Forks

Truppenstärken und Verluste bei Five Forks

Einheiten CSA/USA bei Five Forks

Foto des Autors „5th U.S.-Cavalry“

Foto des Autors „Erstes Re-enactment 1985“

Allgemeiner Hinweis

Maße und Geschwindigkeiten

Persönliche Freiheiten in den Romanen

Verluste in den verschiedenen Kriegen

Bisher erschienen

Hinweis: Für Freiheit, Lincoln und Lee

Impressum neobooks

Was bisher geschah

Pferdesoldaten 22

Die letzte Attacke

Military Western

von

Michael H. Schenk

© M. Schenk 2024

Im Winter 1864/65 wurde der Unions-General Cooper mit seiner Infanterie-Brigade in eine Falle der Konföderierten gelockt. Im Vertrauen auf die Fähigkeiten von Matt Dunhill übertrug General Grant dem Lieutenant-Colonel den Befehl über eine Kavallerie-Brigade. Der wagemutige Einsatz gelang und man konnte die überlebenden Infanteristen in Sicherheit bringen. Auch Matts Sohn Mark wird immer wieder mit den Auswirkungen des verheerenden Bürgerkriegs konfrontiert. An der Grenze nach Mexiko stationiert, muss er sich mit Banditen, Indianern, Deserteuren oder Vertriebenen auseinandersetzen.

Doch nun zeichnet sich das Ende des Krieges ab. Es ist Frühjahr und im März 1865 warten die Armeen der Nordstaaten-Union und der Südstaaten-Konföderation darauf, dass der vom Regen aufgeweichte Boden genug trocknet, um die Bewegung schwerer Geschütze und Wagen wieder zu ermöglichen.

Von Sorgen geplagt

Petersburg, rund fünfundzwanzig Meilen südlich von Richmond, Hauptquartier von General-in-Chief Robert E. Lee, Confederate States of America, März 1865.

„Er ist alt geworden.“ Thomas Deggar sprach seinen Gedanken nicht aus und verbarg seine Sorge, als er General Robert E. Lee am Kartentisch stehen sah. Das letzte Mal waren sie einander vor einem Jahr begegnet. Während dieses Zeitraums hatte Lee mehrere Schläge hinnehmen müssen. Die konföderierte Armee im Shenandoah-Tal war aufgerieben worden, Richmond wurde belagert und ausgehungert, die Versorgungslage der Südarmeen war besorgniserregend und im Mai des vergangenen Jahres hatte Lee mit James Ewell Brown Stuart seinen fähigsten Kavallerie-Kommandeur in der Schlacht von Yellow Tavern verloren. Einen Soldaten und Freund, den der Oberkommandierende nicht umsonst als „seine Augen“ bezeichnet hatte.

Wenn man den müden Blick des Generals außer Acht ließ, so bot er das gewohnt untadelige Bild eines Offiziers und Gentleman. Lee legte Wert auf seine Erscheinung und verlangt dies auch von seinen Offizieren. Nicht aus Eitelkeit, sondern weil eine gepflegte Erscheinung mit jener Sauberkeit verbunden war, welche dabei half, manche Erkrankung von den Soldaten fernzuhalten. Seuchen und die damit verbundenen Todesfälle waren ein Problem aller Armeen des Bürgerkriegs.

Lee hatte sein Hauptquartier in einem kleinen Farmhaus, am Rande von Petersburg, aufgeschlagen. Das Wohnzimmer bot kaum genug Platz für die Anwesenden. Der Oberkommandierende lud alle maßgeblichen Offiziere zu dieser Besprechung ein. Wie üblich waren die Vorbereitungen von Lees persönlichem Adjutanten, Colonel Walter Heron Taylor, getroffen worden.

An diesem Morgen waren auch die Generäle Pickett und Anderson, von der Infanterie, sowie Fitzhugh Lee, Neffe des Kommandeurs, und William Henry Fitzhugh Lee, sein Cousin, anwesend. Beide Verwandten des Kommandeurs befehligten eigene Kavallerie-Brigaden. Jeder der Männer brachte einen eigenen Adjutanten mit.

Thomas erkannte auch Lieutenant-Colonel Heros von Borcke, einen ehemaligen preußischen Rittmeister, mit Schnauz- und Kinnbart sowie einem alten Pallasch, von dem er sich angeblich auch im Bett nicht trennte. Thomas erkannte den Mut des Mannes neidlos an, teilte dessen ausgeprägte Abneigung gegen die Yankees jedoch nicht. Er sah in dem Preußen einen Abenteurer und Söldner. Doch in seinem Hass gegenüber den Nordstaatlern war von Borcke nicht alleine. Er wurde von manchem Südstaatler ebenso geteilt, wie in der Unions-Armee der Hass auf die Konföderierten bestand. Ein Umstand, der mit der sich abzeichnenden Niederlage des Südens eine spätere Versöhnung erschweren würde.

General Robert E. Lee gehörte zu jenen Soldaten, die ihre Widersacher als Gegner und nicht als Feinde bezeichneten. Er sprach niemals vom Feind, sondern von den Gentlemen aus dem Norden. Seinen gefallenen Freund J.E.B. Stuart hatte er immer wieder ermahnt, die gefangenen Unionssoldaten fair zu behandeln, da der zutiefst religiöse Stuart diese als Ausgeburten der Hölle bezeichnete, die es mit Stumpf und Stiel auszurotten gelte.

Thomas musterte verstohlen General Pickett. Auch er war tadellos gekleidet. Pickett bevorzugte ein rotes und reich besticktes Kepi, im Stil der französischen Chasseurs, an Stelle der sonst gebräuchlichen Hüte oder grauen Feldmützen. George Edward Pickett flößte Thomas kein Vertrauen ein. Der General hatte seine Division, auf Lees Befehl hin, in Gettysburg zur offenen Attacke auf die Unions-Stellungen geführt und drastische Verluste erlitten. Seitdem schien sein Selbstvertrauen merklich erschüttert, obwohl er keine Schuld an diesem Desaster trug.

Es stand allgemein schlecht um den Süden. Die Anzahl der Desertionen stieg ständig an, nicht zuletzt auf Grund der größer werdenden Versorgungsengpässe.

Robert E. Lee wartete ab, bis alle Anwesenden mit heißem Kaffee versorgt waren. Beileibe keine Selbstverständlichkeit, denn Kaffeebohnen waren Mangelware. Unlängst war Thomas Deggar einem befreundeten Captain begegnet, der düster kommentierte: „Das Leben ist jetzt armselig. Nichts außer Maisbrot und minderwertigem Fleisch, verdorben und zäh, kein Gemüse, kein Kaffee, Zucker, Tee oder auch nur Melasse …“

Für Lee und die Offiziere war der Kaffee ein Stück Luxus und zugleich eine Notwendigkeit, um am frühen Morgen wach und aufmerksam zu sein.

Lee vergewisserte sich, dass jeder versorgt war und gab dann einen Wink, näher an die Karte zu treten, die auf dem Tisch entfaltet war und durch handschriftliche Skizzen und Bemerkungen ergänzt war.

„Gentlemen“, begann der Oberkommandierende, „Lieutenant-General Grant hat seit dem Juni des letzten Jahres seine Stellungen, hier südlich und hier südwestlich von Petersburg, immer weiter nach Westen ausgedehnt. Seit der Schlacht von Boydton Plank erstreckt sich die Front von diesem Punkt, östlich von Richmond, um Petersburg herum und bis zu dieser Stelle, die westlich der Weldon Rail Road liegt. Das ist eine Front von rund fünfunddreißig Meilen Länge. Diese Front müssen wir mit 46.000 Soldaten halten. “

„Und uns steht die doppelte Anzahl an Yanks gegenüber“, ergänzte sein Neffe Fitzhugh, „seitdem sich deren Armeen vom Potomac und James River vereint haben.“

„Es wird noch schlimmer“, brummte William Henry Fitzhugh Lee, der an seine Kavallerie-Brigade dachte, „nachdem die Yanks im vergangenen Jahr im Shenandoahtal die Armee von Jubal Early geschlagen haben. Sobald der Boden fest genug ist, werden Sheridans 50.000 Mann hierher marschieren und Grant weiter verstärken. Damit wird es uns kaum noch möglich sein, selbst in die Offensive zu gehen.“

Von Borcke räusperte sich. „Wir sollten den verfluchten Yankee-Boys zuvorkommen und ihre Flanke umgehen. Ein starker Kavallerie-Raid in ihrem Rücken hat schon des Öfteren die entscheidende Wende gebracht.“

Robert E. Lee nickte. „Das ist wahr, Major, aber die Zeiten haben sich geändert. Die Gentlemen aus dem Norden sind aufmerksamer geworden und werden sich kaum durch ein Umgehungsmanöver überrumpeln lassen. Dazu sind ihre Kavalleriepatrouillen einfach zu allgegenwärtig und aufmerksam.“

„Einer eigenen Offensive steht auch unsere eingeschränkte Versorgungslage entgegen“, wandte Pickett ein. „Nachschub ist uns nur noch über einige Straßen möglich, die von Westen nach Richmond und Petersburg führen. Zum größten Teil sind wir von der Southside Railroad abhängig. Werden wir auch noch von dieser abgeschnitten, dann geht uns schon bald die Munition aus.“

Erneut nickte der Oberkommandierende. „Wenn sich die Truppen von Grant und Sheridan vereinen, dann befürchte ich, dass der rechte Flügel unserer Armee zusammenbricht und wir tatsächlich von der Eisenbahnlinie abgeschnitten werden. Das würde nicht nur die Einkesselung unserer Armee bedeuten, sondern uns auch jeder Möglichkeit einer beweglichen Operation berauben.“

Thomas Deggar hörte das zustimmende Gemurmel der anderen Generäle.

Lee nippte an seinem kalt gewordenen Kaffee und sah nachdenklich auf die Karte hinunter. „Uns bleiben nicht viele Optionen. Unsere beste Möglichkeit besteht wohl darin, etwas zu tun, mit dem Grant nicht rechnet.“

„Angriff“, kam es sichtlich zufrieden von Heros von Borcke. Der Preuße wippte leicht auf den Absätzen seiner oberschenkellangen Reitstiefel.

Lee tippte auf die Karte. „Wir werden Grants rechten Flügel angreifen und den Mann so zwingen, Truppen von seinem linken Flügel abzuziehen. Sobald wir diese Bewegung bemerken, marschieren wir nach Südwesten. Immer entlang der Southside-Bahnlinie, die uns auf diese Weise weiterhin mit Nachschub versorgen kann.“

„Klingt gut“, meinte General Anderson. „Gehen wir davon aus, dieses Manöver gelingt uns … wie soll es dann weitergehen?“

„Wir marschieren bis nach North Carolina und vereinen uns dort mit der Tennessee-Armee von General Johnston.“ Robert E. Lee wandte sich General Anderson zu. „Richard, die Bahnlinie der Southside … Von ihr hängt unser Erfolg ab. Ich schicke Sie mit Ihrer Brigade zur White Oak Road. Von dieser Position aus können Sie die Bahnlinie, die von dort drei Meilen nördlich verläuft, schützen. Das Gelände ist für uns günstig. Sie finden für Ihre Truppen Deckung am Waldrand. Zusätzlich gebe ich Ihnen eine Brigade Kavallerie mit. Die Reiter werden verhindern, dass Sie von der Infanterie des Gegners überrumpelt werden können. Denken Sie daran, Richard, die Southside Railroad muss unter allen Umständen in unseren Händen bleiben.“

Voller Zuversicht

Hauptquartier General-in-Chief Ulysses Simpson Grant, United States of America, nahe Petersburg.

Matt Dunhill war nun fünfundfünfzig Jahre alt und hatte genug vom Krieg gesehen, um dessen Ende herbeizusehnen. Dieses schien nun in greifbare Nähe gerückt.

Matt trug jetzt die Adler-Abzeichen eines (Full-) Colonels auf den Schulterstücken und war darüber nicht sonderlich begeistert. Grant setzte Matt als Verbindungsoffizier ein, obwohl der lieber mit seinem Regiment, der 5th U.S.-Cavalry, geritten wäre. Die Trennung von seiner Truppe fiel ihm schwer, auch wenn er Sergeant-Major Schmittmann als Ordonanz an seiner Seite wusste.

Wilhelm Schmittmann war ehemaliger Rittmeister des Königreichs Hannover. Ein überzeugter Demokrat und inzwischen ein guter Freund des Colonels.

Beide trugen Paradeuniform. Matt den zweireihigen langen Rock der Regimentsoffiziere und Wilhelm das kurze Shell-Jackett der Unteroffiziere und Mannschaften. Wilhelm war besonders auf die beiden gelben Litzenschlaufen, auf beiden Seiten des Stehkragens, stolz. Sie zeigten die Zugehörigkeit zu einem regulären US-Regiment, während die Kragen der Volunteer-Truppen nur eine einzelne Schlaufe aufwiesen. Matt trug die in Gold gestickten Fransenepauletten der Offiziere auf den Schultern, Wilhelm hingegen Messingepauletten. Während Matts Sporen das Motiv des Adlers wiedergaben, waren die seines Freundes schlicht geformt. Matts rote Schärpe war aus Seide, die des Sergeant-Major aus Wolle. Die gelben Streifen an den Außennähten von Wilhelms Hose waren 2,54 Zentimeter breit, die von Matt nur 0,3 Zentimeter. Seit einem Jahr war es Offizieren erlaubt, die himmelblauen Mäntel und Hosen von Mannschaften und Unteroffizieren zu tragen, da die dunkelblauen sie sehr deutlich von den unteren Rängen unterschieden und zum leichteren Ziel machten.

Diese äußeren Unterschiede konnten nicht darüber hinwegtäuschen, wie eng die Kampfgefährten einander verbunden waren. Keiner von ihnen hätte zu sagen gewusst, wie oft er dem anderen schon Leben und Gesundheit verdankte. Doch beide waren sich darin einig, nur dann in den Kampf zu ziehen, wenn sie einander Seite an Seite wussten.

Es war Sonntag. Wie fast alle Soldaten hatten sie in Paradeuniform am Gottesdienst des Feld-Geistlichen teilgenommen. Gleiches fand in allen Lagern der Bürgerkriegs-Armeen statt. Die meisten Soldaten waren religiös oder hofften, dass sie es sich, im Falle ihrer Abwesenheit, nicht mit dem Allmächtigen verscherzten.

Zum Abschluss des Gottesdienstes waren „Weeping Sad And Lonely“, „The Minstrel Boy“ und „Battlecry Of Freedom“ gesungen worden. Damit war der Dienst am Herrn beendet und der in der Army begann wieder. Matt Dunhill und Wilhelm Schmittmann waren gebeten worden, im Anschluss das Hauptquartier von General Grant aufzusuchen. Beide waren gespannt, was der Grund dieses höflichen Befehls war und ob er darauf hindeutete, dass es endlich losging.

Hinter ihnen lag eines der großen Armee-Lager der Union. Dort bestand der Boden noch immer aus Schlamm, der nur allmählich trocknete. Die Wolkendecke des frühen Morgens war verschwunden und die Frühlingssonne brachte jene Wärme, die darauf hoffen ließ, dass der weiche Boden bald hart genug sein werde.

Matt Dunhill hörte ein missmutiges Brummen von Wilhelm und wandte sich dem Freund zu. „Was ist, Willy?“

Der hatte eine Stiefelspitze fest in den Grasboden gedrückt und betrachtete die Pfütze, die sich dort sofort bildete. „Verdammter Regen. Alles noch aufgeweicht. Da ist kein Durchkommen mit Wagen oder Kanonen. Selbst für uns Kavalleristen ist der Boden ein Problem.“

Matt nickte. „Glücklicherweise gilt das auch für die Rebellen. Aber es bedeutet auch, dass Sheridan mit seinen Kavallerie-Divisionen noch auf sich warten lassen wird. Ist ein ziemlicher Weg aus dem Shenandoah Valley zu uns.“

Die beiden Freunde gingen die paar hundert Schritte zu Fuß, die sie vom Hauptquartier von General Grant trennten. Der General nahm eines der Farmhäuser in der Umgebung von Petersburg als Hautquartier in Anspruch. Seine Besitzer waren nicht sehr erfreut über die Beschlagnahme. Das Paar machte keinen Hehl aus seiner Sympathie für die Konföderation, als man es, entschieden, jedoch durchaus höflich, kurzerhand ausquartierte.

Grant wählte das Haus auf Grund seiner günstigen Lage, denn es gab durchaus auch Häuser mit Anhängern der Union als Bewohner, die sicherlich erleichtert waren, jetzt wieder das Sternenbanner zu sehen.

Das zweigeschossige Haus war ungewöhnlich groß und gepflegt. Die sauberen weißen Bretterwände und rot gestrichenen Fensterrahmen vermittelten den Eindruck, als sei es vom Krieg vollkommen unberührt. Ein ausladender Balkon diente der Veranda als Dach. Von dort konnte man, mit einem Fernglas, bequem bis Petersburg hinüberspähen. Auch dies ein Grund für die Wahl des Generals. Eine große Unions-Fahne hing vom Handlauf des Balkons herab.

Ein Stück abseits des Gebäudes hielt sich eine Kompanie Kavallerie auf. Sie war die turnusmäßige Sicherheitstruppe des Hauptquartiers.

Zwei Privates und ein Offizier der Infanterie hielten neben der Eingangstür auf der Veranda Wache. Am Zügelholm vor der Brüstung der Veranda waren mehrere Sattelpferde angebunden.

„Wir scheinen spät dran zu sein“, vermutete Matt. „Sind schon jede Menge Pferde da.“

Die meisten dunkelblauen Satteldecken der Reitpferde zeigten die mehrfachen, goldfarbenen Einfassungen und Sterne von Generälen.

Wilhelm stutzte und deutete hinüber. „Sheridan ist da.“

„Bist du sicher?“

Der Sergeant-Major grinste breit. „Ich erkenne Rienzi. Das ist der Hengst von Sheridan.“

Wenn Schmittmann das sagte, dann war das eine Feststellung. Matt erkannte neidlos an, dass der ehemalige Rittmeister ein untrügliches Gespür für die Identität von Pferden besaß. „Dann hoffe ich nur, dass ‚Little Phil‘ auch seine vielen Freunde mitgebracht hat.“

Sheridan besaß die leicht o-förmigen Beine eines Mannes, der sein Leben im Sattel zubrachte. Er war von eher kleiner Statur, was ihm seinen Spitznamen eingebracht hatte, den man tunlichst nur hinter seinem Rücken aussprach.

„Das reinste ‚Captains Meeting‘, Sir. Merritt und Custer sind ebenfalls da.“

Wilhelm bezog sich damit auf Wesley Merritt und George Armstrong Custer, die, ebenso wie Elon J. Farnsworth, vom Captain direkt zum Brigadier-General befördert worden waren.

„Klingt gut“, meinte Matt. „Dann scheint es doch bald loszugehen.“

Matt kannte Merritt nicht persönlich, hatte aber im Grund nur Gutes über ihn gehört. Mit dem deutschstämmigen Custer, geborener Köster, haderte er hingegen. Man nannte den „Boy-General“ in den Zeitschriften mutig und entschlossen. Matt sah ihn eher als wagemutig an und wusste, dass der Mann sich und seine Kavalleristen schon mehrfach in Situationen gebracht hatte, aus denen ihn nur Glück oder rechtzeitige Verstärkung retteten.

Aus dem Lager hinter ihnen war noch immer Gesang zu hören. Jetzt kam er von den Militärkapellen, welche beliebte Märsche spielten und in deren Refrains die Zuhörer einfielen.

Ein Sergeant eines Freiwilligen-Kavallerieregiments trat auf die Veranda hinaus.

„Einer von Custers Leuten“, stellte Wilhelm mit einem kurzen Blick auf das rote Halstuch des Mannes fest. „Verdammter eitler Geck.“

Matt wusste nicht, ob Willhelm den Sergeant oder Custer selbst meinte. In jedem Fall war der General für eine gewisse Eitelkeit bekannt. Er trug meist selbst entworfene Uniformen und sein persönliches Markenzeichen war ein rotes Seidentuch, das er an Stelle des vorgeschriebenen schwarzen Binders trug. Seine Kavalleristen waren jedoch stolz auf ihren jungen Kommandeur. Inzwischen befehligte der (Brevet) Major-General eine Division mit zwölf Freiwilligen-Regimentern. Alle Kavalleristen besaßen rote Halstücher, die sie als Custers Reiter kenntlich machten.

„Die Leute lieben ihn“, meinte Matt leise. „Die Zeitungen berichten immer wieder begeistert von den Heldentaten des Boy-Generals. Das ist gut für die Union und die Armee, und so lieben ihn auch die Politiker.“

„Nur so lange, bis ‚Hartarsch‘ (Anmerkung: „Hard Backsides“) selbst in die Politik geht und Senator oder sogar Präsident werden will“, kam die bissige Erwiderung von Wilhelm. „Immerhin, wenn Custer bei Sheridan ist, dann hat der wahrscheinlich auch seine ganze Kavallerie mitgebracht. Dann geht es endlich los.“

Matt und Wilhelm betraten das Haus. Im Flur hingen Mäntel und Hüte an den dafür vorgesehenen Haken. Ein Adjutant stand an der Tür zum Wohnzimmer und ließ die beiden ein. Sofort wurden sie von Stimmengewirr empfangen.

Lieutenant-General (General-in-Chief) Ulysses Simpson Grant hatte die maßgeblichen Generäle versammelt und umstand mit ihnen einen großen Tisch, auf dem die Karte von Petersburg und Umgebung ausgebreitet lag.

Neben Grant war dies Philip Henry Sheridan, schlank und mit langem Schnauzbart, der sich längst den Ruf eines hervorragenden Kavalleristen und Taktikers verdient hatte. Neben ihm stand Wesley Merritt, ebenso schlank, mit kurzem Schnäuzer und Stirnglatze. Auch er mit hervorragendem Ruf als Reiterkommandeur. Dann natürlich George Armstrong Custer, dessen leuchtend roter Binder ihn von allen anderen ebenso abhob wie seine langen blonden Locken.

Der einzige Infanterie-Kommandeur war Major-General Gouverneur Kemble Warren. (Anmerkung: Gouverneur ist hier Vorname und bezeichnet kein politisches Amt.) Er hatte sich den Titel des „Helden von Little Round Top“ erworben, da er in der Schlacht von Gettysburg rechtzeitig Verstärkung zu Colonel Chamberlaines 22nd Maine Volunteer Infantry brachte.

Hinter diesen Generälen hielten sich deren persönliche Adjutanten auf. Zwischen diesen fiel ein Mann in roter Uniformjacke auf, der auf dem Kopf ein kreisrundes Kepi trug, das allgemein als „Pillbox“ (Pillendose) bezeichnet wurde. Dieser Mann war Captain Butler von den Royal Lancers Ihrer britannischen Majestät. Viele Staaten schickten Militärbeobachter nach Amerika, um die Taktiken im Bürgerkrieg zu studieren. (Anmerkung: Und ohne daraus zu lernen, wie der erste Weltkrig bewies.) England war offiziell neutral, unterstützte die Konföderation jedoch heimlich durch Waffenlieferungen und im Schiffsbau, was nach Kriegsende zu deutlichen Entschädigungszahlungen an die USA führen würde.

Matt kam sich ein wenig deplaziert vor, da er zwar eine Brigade befehligte, jedoch nur den Rang eines Colonels innehatte. Immerhin besaß er das uneingeschränkte Vertrauen von Grant und war Träger der Tapferkeitsmedaille des Kongresses.

Tatsächlich bemerkte der Oberkommandierende das Eintreffen der beiden Kavalleristen und winkte. „Ah, Matt, gut, dass Sie da sind. Kommen Sie näher, das wird Sie interessieren.“

Matt glaubte in Custers Augen das flüchtige Aufblitzen von Neid zu erkennen, während er Wilhelm zunickte und dann zwischen die Generäle trat.

Grant lächelte. „Ich fasse die Situation noch einmal kurz zusammen. Gentlemen, unser Ziel war es ursprünglich, die Stadt Petersburg einzunehmen. Dieses Ziel haben wir noch nicht erreicht, da die Rebellen zwei unserer Angriffe abgewiesen und uns erhebliche Verluste zugefügt haben. Daraufhin habe ich die Taktik geändert, um zumindest die verschiedenen Versorgungswege in die Stadt, also Straßen und Schienen, abzuschneiden. Dazu haben wir bis Ende diesen Monats eine Reihe von Flankenoperationen durchgeführt, die schließlich erfolgreich waren.“

„Mit einer Ausnahme“, knurrte General Warren.

Grant sah den Infanteristen kurz an und nickte. „Ja, mit einer Ausnahme. Petersburg und Lee können weiterhin über die Southside Railroad versorgt werden. Wir sind hier, um das zu ändern und die Ankunft von Phils Kavallerie-Divisionen gibt uns eine zusätzliche Option. Nämlich die Option, früher zuzuschlagen und Lee zu überraschen. Lee weiß ebenso gut wie wir, dass der Boden für Geschütze und schwere Wagen noch zu weich ist. Er weiß allerdings nicht, dass Phil und seine Kavallerie schon jetzt eingetroffen sind. Lee wird erst in ein oder zwei Wochen damit rechnen. Ja, Gentlemen, diese kleine Überraschung werden wir zu unserem Vorteil nutzen.“

Grant zog mit dem Finger eine Route auf der Karte. „Wir werden nordwärts in Richtung auf die Namozine Road zuhalten. Ziel ist die ‚Sutherland’s Taverne‘, an der die Southside-Bahnlinie vorbeiführt. An der Taverne gehen wir in Stellung und schneiden Lee damit von seiner letzten Lebensader ab. Von dort aus können wir dann Truppen in beide Richtungen der Bahnstrecke schicken, Petersburg von der westlichen Flanke aus attackieren und außerdem die Vereinigung Lees mit eventueller Verstärkung unterbinden.“

„Wenn Sie gestatten, Ulysses …“ Erneut meldete sich Warren zu Wort. „Lee wird dieses Vorgehen erwarten und sich vorbereiten.“

„Fraglos“, stimmte Grant zu. „Allerdings rechnet er nicht so früh mit unserer Aktion. Wie schon gesagt … Phil und die Kavallerie sind früher eingetroffen, als wir erhoffen konnten.“

Little Phil zeigte ein sichtlich zufriedenes Gesicht. „Hat uns nicht mehr als ein paar Hufeisen gekostet.“

Sheridan untertrieb, aber im Gegensatz zu Custer war er ein eher bescheidener Mann.

„Gott segne eure Hufschmiede, Phil“, scherzte Grant. „Zurück zu meinem Plan. Major-General Warren wird mit seinem V. Corps in Richtung auf die Taverne vorstoßen. Lee wird davon Nachricht erhalten und versuchen, unsere Infanteristen irgendwie zu stoppen. Dabei lassen wir ihn in die Klingen unserer Kavallerie laufen. Phil, du wirst den Befehl über dein Cavalry-Corps an Merritt abgeben. Ja, ich weiß, das behagt dir nicht, doch ich brauche dich als Oberkommandierenden der Aktion. Du befehligst also nicht nur unsere Kavallerie, sondern auch die Infanterie. Colonel Dunhill wird dir als Verbindungsoffizier zur Seite stehen.“

Die Blicke wandten sich Matt zu, der unwillkürlich nickte.

Phil Sheridan lächelte. „Einverstanden. Wobei ich vermute, dass der Colonel auch lieber kämpfen würde, denn als Meldereiter zu agieren.“

Sheridan und Matt grinsten sich an. Sie beide waren Kämpfer, doch ein Soldat nahm den Platz ein, den sein Kommandeur von ihm verlangte.

General Warren beugte sich ein wenig vor. „Eine Menge Wald und relativ wenig Freiflächen. Nicht gerade ideal, wenn es zum Gefecht kommt. Der Wald gibt dem Feind Deckung.“

„Uns ebenso“, hielt Merritt dagegen. „Allerdings werden wir wohl kaum eine ordentliche Attacke reiten können, sondern als Plänkler zwischen den Bäumen vorrücken.“

Custer wippte auf den Absätzen seiner Stiefel. „Wann geht es los?“

„Morgen mit Tagesanbruch“, entschied Grant. „Ich erwarte, dass die Truppen mit dem ersten Sonnenlicht auf dem Marsch sind.“

„Gibt es Unterstützung durch Artillerie?“, erkundigte sich der Adjutant von Warren.

Grant schüttelte den Kopf. „Wie schon erwähnt, Major, dafür ist der Boden zu weich.“

„Wir werden die Feldartillerie unseres Corps auf jeden Fall mitführen“, kam es von Warren. „Allerdings werden wir uns von ihr nicht aufhalten lassen, wenn sie mit dem Boden Schwierigkeiten hat.“

Custer räusperte sich. „Unsere Kavallerie hat Spencer-Karabiner. Die 7-Schüsser sind praktisch so gut wie Artillerie.“

„Gut, Gentlemen, gibt es noch Fragen?“, kam es von Grant.

Es gab noch Fragen, doch dabei ging es nur um Details. Grants Plan stand fest und alle Generäle waren sicher, dem Feind eine böse Überraschung bereiten zu können.

Matt und Custer traten nahezu gleichzeitig auf die Veranda hinaus.

„Übrigens, Dunhill, Gratulation zur Beförderung“, meinte Custer überraschend. „Durchaus verdient, will ich meinen. Sie haben den Rebellen ja ein paar prächtige Husarenstücke geliefert.“

Schwang da Neid mit oder war das echte Anerkennung? Matt hatte das Gefühl, dass es der General aufrichtig meinte. „Danke, Sir. Allerdings kann ich mit Ihnen sicher nicht mithalten.“

Custer lachte auf. „Wir werden sehen. Viele Gelegenheiten zu einer prächtigen Attacke wird es aber nicht mehr geben. Der Süden liegt in den letzten Zügen und seit Stuarts Tod ist mit der Gentlemen-Cavalry nicht mehr viel los.“

„Mag sein“, meinte Matt zögernd. „Aber man sollte die Burschen niemals unterschätzen.“

Zwischen den Fronten

Farmhof der Familie Sydnor, eine Dreiviertelmeile nordöstlich von Five Forks.

Die Vorfahren von Ben Sydnor gehörten zu jenen Pilgrim-Familien, die einst als Erste in Virginia siedelten. Allen Unbilden der Natur und den Indianern zum Trotz, war es ihnen gelungen, ein Stück Farmland urbar zu machen. Viele Nachbarn bauten Baumwolle an, doch Familie Sydnor entschied sich für Mais. Damit schuf sie die Grundlage für ein gutes Einkommen, auch in Krisenzeiten. Während des Unabhängigkeitskrieges schlugen sich die Sydnors früh auf die Seite der amerikanischen Rebellen. Englische Loyalisten brannten daraufhin die Farm nieder, doch nach der Gründung der USA war sie wieder aufgebaut worden.

Kernstück der Farm war das zweistöckige Haupthaus. An der Nordseite, mit Blick zum Flüsschen Hatcher’s Run, war die Terrasse angebaut, die vom Vordach beschattet wurde. Die Außenwände waren sorgfältig weiß gestrichen worden. Jetzt, im Jahre des Herrn 1865, hatte der Anstrich gelitten und an einigen Stellen blätterte die Farbe ab.

Ein Stück neben dem Haupthaus erhob sich die große Scheune, auf deren Dachmitte sich ein kleiner Turm erhob, welcher der zusätzlichen Belüftung diente. Direkt neben der Scheune stand der Stall, in dem die Sydnors ihre drei Pferde und den Pritschenwagen unterstellten. An ihn schloss sich ein flaches Unterkunftsgebäude an, in dem Sklaven und Farmarbeiter untergebracht werden konnten. Strikt nach Rasse getrennt, gab es hinter dem Haupthaus und der Unterkunft die kleinen Holzhäuschen, in denen man seine Notdurft verrichtete.

Nun herrschte abermals Krieg und er forderte seinen Tribut. Zwei der Pferde waren beschlagnahmt und zwei der drei Sklaven zum Arbeitsdienst eingezogen worden. Nur den alten Jacob hatte man der Familie für die Arbeiten belassen.

Diesmal war sich die Familie nicht so einig, auf wessen Seite sie stehen sollte.

Ben Sydnor stammte von hier und war ein Anhänger der Unabhängigkeit der Konföderation, aber seine Frau Martha kam aus Pennsylvania und war Unionistin. Tommy, der zehnjährige Sohn, stand wiederum fest an der Seite des Vaters und hätte sich mit seinem Holzgewehr gerne zur Armee der Südstaaten gemeldet.

Martha machte aus ihrem Herzen keine Mördergrube. Bei ihren Einkäufen in Petersburg bezog sie immer wieder Stellung für Lincoln. Dafür war sie oft genug beschimpft und sogar bespuckt worden, so dass Ben sie nicht mehr alleine fahren ließ. Seine feste Haltung für den Süden war bekannt und so erntete er keine Kritik, dafür jedoch mitleidige Blicke für das Los, welches er auf sich nahm, eine glühende Unionistin zum Weib zu haben.