Von Liebe und Gift - Justin C. Skylark - E-Book

Von Liebe und Gift E-Book

Justin C. Skylark

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Beschreibung

Die Freude ist groß, als Neal nach 7 Monaten Abwesenheit wieder nach Hause kommt, wo seine Schwester Francis und sein Freund Gero ihn liebevoll empfangen. Doch Neal kann kaum verbergen, dass er sich während seines Aufenthalts in London verändert hat. Seine sprunghafte Gemütslage und sein überschwängliches Verhalten stimmen seine Mitmenschen sofort nachdenklich. Es dauert nicht lange, bis sich herausstellt, dass der Grund dafür Drogen sind, und schließlich vertraut Neal seiner Schwester an, dass er kokainabhängig ist. Ein Kampf gegen die Abhängigkeit beginnt, der nicht nur Neal, sondern auch Francis und Gero in unbesiegbare Verzweiflung treibt. Es kriselt stark in der einst so harmonischen Dreiecksbeziehung, da Neal eine Lösung im Heroinkonsum sucht. Und als wäre das nicht schlimm genug, taucht ausgerechnet jetzt Neals Ex-Freund Dirk auf. Teil 4 der Neal Anderson-Reihe (Neuauflage 2021) Band 1: Liebeswut: Coming out Band 2: Dein Glück hat mein Gesicht Band3 : Wir zwei zu dritt: Liebe Band 4: Von Liebe und Gift: Drugs Band 5: Überdosis Liebe: Desire Band 6: Blick heimwärts, Engel

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Die Neal Anderson-Reihe

Band 1: Liebeswut: Coming out

Band 2: Dein Glück hat mein Gesicht

Band 3: Wir zwei zu dritt: Liebe

Band 4: Von Liebe und Gift: Drugs

Band 5: Überdosis Liebe: Desire

Band 6: Blick heimwärts, Engel

Neal Anderson hat nach jahrelanger Abstinenz endlich wieder einen Partner an seiner Seite: Gero, der sogar die Beziehung zu seiner Halbschwester Francis toleriert.

Für die Produktion eines neuen Albums seiner Band The Drowners musste Neal allerdings für mehrere Monate nach London. Die Trennung voneinander fällt allen schwer.

* * * Sieh den Menschen an in seiner Eingeschränktheit, wie Eindrücke auf ihn wirken, Ideen sich bei ihm festsetzen, bis endlich eine wachsende Leidenschaft ihn aller ruhigen Sinneskraft beraubt und ihn zugrunde richtet.

(J. W. v. Goethe)

* * *

Inhaltsverzeichnis

Teil 1

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

2. Teil

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

TEIL 1

I.

Voll bepackt mit Einkaufstüten, schlenderte Gero zurück nach Hause. Der Weihnachtstrubel in der Stadt hatte ihn müde gemacht. Es waren noch drei Wochen bis Heiligabend, und auf den Straßen lag ein wenig Schnee. Die Sonne schien trotz der Kälte.

Er nahm wie immer die Abkürzung durch den Park. Natürlich blieb er an der Bank stehen, die ihm viel bedeutete. Dort hatte er Neal kennengelernt. Von der Sonne getrocknet, lud die Sitzgelegenheit zum Verweilen ein. Er hatte mehrere Geschenke gekauft, doch eins war ihm schon jetzt ans Herz gewachsen. Er wühlte in einer der Taschen herum und entnahm ihr ein kleines Paket. In ihm ruhte ein versilbertes Zigarettenetui. Er hatte es für Neal besorgt. Ob er es seinem Freund an Weihnachten auch übergeben konnte, war zweifelhaft.

„Entschuldigen Sie bitte“, unterbrach ihn plötzlich eine fremde Stimme. „Ist hier noch frei?“

Gero sah auf. Vor ihm stand ein Mann im Anzug.

„Natürlich!“, erwiderte er.

Hektisch packte er das Zigarettenetui wieder ein. „Sie können von mir aus die ganze Bank in Beschlag nehmen!“ Er stand auf. „Aber quatschen Sie mich bloß nicht noch einmal hier an!“

Wütend drehte sich Gero um. Der fremde Mann konnte so schnell gar nichts mehr erwidern.

Erst, als die Bank aus seinem Blickfeld verschwunden war, konnte Gero wieder frei atmen.

Er bewohnte nach wie vor mit Thilo die WG, die im zweiten Stock eines Hauses mit mehreren Mietparteien lag. Da Francis zufällig in demselben Haus und auf gleicher Ebene wohnte, konnte Gero sie oft besuchen. Und gerade jetzt, in der Zeit, wo Neal fort war, suchte er oft ihre Nähe.

„Hast du da nicht etwas überreagiert?“, wollte Francis wissen, als sie am Abend zusammen mit Gero in ihrer Wohnung saß und von dem Erlebnis hörte. „Vielleicht.“ Gero zuckte mit den Schultern.

„Mich hat das bloß alles so an Neal erinnert. Es war furchtbar.“ Gezwungenermaßen dachte er an seinen Freund, der in London war, um mit seiner Band The Drowners eine neue Platte einzuspielen.

Francis konnte das nachvollziehen.

Auch sie vermisste ihren Bruder. Beide wussten nicht, wie lange die Studioaufnahmen der Band andauern würden. Das spannte sie jeden Tag von neuem an.

Doch auch mehr und mehr wussten sie sich in ihrer Verzweiflung zu trösten. Gemütlich nahmen sie in Francis’ Wohnzimmer Platz, um eine Tasse Tee zu trinken.

Schließlich zog Gero wieder das Päckchen hervor. Stolz präsentierte er die silberne Zigarettenschachtel.

„Die ist schick“, staunte Francis. „Ich hoffe, dir ist bewusst, dass du damit nur Neals Zigarettensucht unterstützt?“

Gero seufzte. „Ich weiß.“ Er drehte das Etui und sah es dennoch zufrieden an. „Aber kannst du dir Neal ohne Zigarette in der Hand vorstellen?“

Francis überlegte. „Irgendwie nicht.“ Sie lächelte.

„Na siehst du!“ Gero wickelte das Etui sorgfältig wieder ein. „So ein Etui ist doch auch viel besser, als eine Pappschachtel.“

Trotz allem musste Francis seine Euphorie bremsen. „Neal wird Weihnachten nicht da sein, das weißt du doch.“

Gero steckte das Geschenk in die Einkaufstüte zurück. „Schon“, fing er an. „Aber vielleicht kommt er doch und überrascht uns. Wie an meinem Geburtstag ...“

Francis schüttelte ungläubig den Kopf.

„Er mag Weihnachten nicht besonders. Er wird nicht kommen. Mach dir lieber keine Hoffnungen.“

Gero nickte. „Wahrscheinlich hast du Recht. – Dann bekommt er das Geschenk eben später. Irgendwann wird er ja hoffentlich wieder bei uns sein.“

Zur Mittagszeit war in Francis’ Büro etwas Ruhe eingekehrt, sodass sie sich und Christen, ihre Arbeitskollegin und gleichzeitige Freundin, einen Cappuccino machte.

„Wie war euer Essen?“ Neugierig erkundigte sich Francis nach dem vergangenen Abend.

Christen nickte, doch es sah zögernd aus. „Ganz nett.“ Sie blickte auf ihre Tasse und rührte darin herum, als wollte sie sich nicht weiter dazu äußern. Aber Francis ließ nicht locker.

„Was habt ihr danach gemacht?“

„Nichts. Er hat mich nach Hause gebracht.“ Christen nahm den Löffel aus der Tasse. Nun erst wagte sie, in das gespannte Gesicht ihrer Freundin zu sehen.

„Mehr nicht?“ Francis war enttäuscht. Sie hatte mit einem anderen Verlauf des Abends gerechnet. Zu gerne hätte sie ihre Freundin mit ihrem besten Freund Thilo verkuppelt. „Das ist aber sehr einfallslos von ihm.“

Christen zuckte mit den Schultern, als wäre es ihr egal, dennoch war ihr die Niedergeschlagenheit anzusehen.

„Wahrscheinlich ist er nicht wirklich an mir interessiert, sondern immer noch hinter dir her.“

Francis wehrte das sofort ab. „Warte noch etwas. – Und vielleicht solltest du heute mit ins Angel’s kommen. Dann werden wir ja sehen, ob Thilo an dir Gefallen gefunden hat oder nicht.“

Das Angel’s war gut besucht. Nur mit viel Mühe konnten Gero, Francis, Christen und Thilo einen freien Tisch an der Tanzfläche ergattern.

„Ich gehe erst mal tanzen!“, rief Gero vergnügt in die Runde. Er legte seine Jacke ab und verschwand sofort in der tanzenden Menge. Man sah ihm an, dass er sich endlich mal wieder amüsieren wollte.

„Und ich sehe mich ein wenig um“, sagte Francis. Sie zwinkerte Christen zu. „Bin gleich zurück.“

Natürlich ließ sie ihre Freundin absichtlich mit Thilo allein. Sie wollte die Entwicklung zwischen ihnen forcieren. Doch anstatt dass Thilo ein Gespräch mit Christen anfing, sah er Francis nur hinterher. Sie trug ein schwarzes Minikleid, was ihm zu gefallen schien.

Als Francis wieder zurückkam, war die Stimmung am Tisch nicht wesentlich gestiegen.

„Bei euch ist ja tote Hose“, stellte sie fest. „Ihr solltet auch tanzen gehen!“

„Ich warte erst mal, bis unsere Drinks kommen“, antwortete Thilo. Er hatte ein weißes Rüschenhemd an und ein schwarzes Jackett darüber. Sein Gesicht war gepudert, seine Augen tiefschwarz geschminkt, und seine langen Haare verteilten sich gleichmäßig über den Rücken. Suchend drehte er sich nach einem Kellner um. Francis seufzte. Mittlerweile nahm sie an, dass er nicht der richtige Mann für Christen war, obwohl die sich auf den Abend gefreut hatte.

„Oh, ich glaube, Gero hat ein Problem“, unterbrach Thilo die Stille zwischen ihnen.

Schon sahen sie alle zur Tanzfläche, wo Gero von zwei Männern umringt wurde. Sie hatten einen südländischen Teint und redeten auf ihn ein.

„Soll ich mal hingehen?“, fragte Thilo, doch Francis kam ihm zuvor. „Ich mache das schon.“

Kurz darauf war sie auf der Tanzfläche angekommen und hörte die aufdringlichen Worte der fremden Männer. „Hey, noch was vor heute, Süßer?“

Gero nahm Abstand von ihnen. Vehement schüttelte er den Kopf. „Lasst mich in Ruhe, okay?“

Die Lage schien ernst. Francis kannte diese Aufreißer. Ohne Vorurteile zu haben, hatte sie schon oft beobachtet, wie diese Typen harmlose Gäste anmachten. Ihr Gang war zielstrebig. Auf die Schnelle fiel ihr keine andere Lösung ein, als Geros Freundin zu mimen.

„Es tut mir Leid, dass du so lange warten musstest!“, äußerte sie sich lauthals, damit die indiskreten Verehrer ja alles mitbekamen. Sie schlang ihre Arme um Gero und presste ihre Lippen auf seinen Mund.

Die fremden Männer sahen sich an.

„Hätte schwören können, dass der schwul ist.“

Sie schüttelten die Köpfe und waren verschwunden. Francis atmete auf. Nur zögernd löste sie sich aus Geros Umarmung. „Sie sind weg.“

Es klang erleichtert. Umso erstaunter war sie, dass Gero kaum reagierte, sondern wie versteinert vor ihr stand und ihren Mund weiterhin fixierte.

Der Kuss hatte ihm zugesagt, das hatte Francis gespürt. Er hatte ihn sinnlich erwidert, sodass auch sie Gefallen daran gefunden hatte. Sie hatte schon immer geahnt, dass Gero in seiner Leidenschaft sanft und gefühlvoll vorging, und der zärtliche Kuss bestätigte das. „Wir sollten wieder zum Tisch gehen, bevor du noch mal angequatscht wirst“, unterbrach Francis die peinliche Stille. Gero nickte. Allmählich kehrte Leben in seinen Körper zurück.

„Danke, dass du mir geholfen hast. Das war echt nett.“

Später fuhren sie mit Thilos Wagen nach Hause. Unschwer war zu erkennen, dass der noch ein Weilchen mit Christen allein sein wollte. Vielleicht wollte er die Situation zwischen ihnen klären?

Zu Hause angekommen, fasste Francis fast unbemerkt an Geros Arm und lotste ihn in ihre Wohnung.

„Wir sehen uns noch einen Film an!“

Christen nickte, und kaum hörte Thilo diese Botschaft, zwinkerte er Francis dankbar zu. Somit verschwand er mit Christen in der WG, und Gero folgte Francis in deren Wohnung.

„Meinst du, es wird mal was zwischen den beiden?“ Er setzte sich aufs Sofa und aß ein paar Salzstangen. Francis zuckte mit den Schultern.

„Vielleicht. Ich würde es Christen jedenfalls gönnen.“

Sie zog ihre hochhackigen Schuhe aus und nahm ebenfalls auf dem Sofa Platz. Genüsslich massierte sie ihre Fußsohlen, die von dem langen Discoabend schmerzten. „Obwohl sie optisch gar nicht zusammen passen.“ Sie lächelte, als sie an ihre blond gelockte Freundin dachte, die immer seriös, fast ein wenig altmodisch gekleidet war. Thilo dagegen war ein Szene-Mensch, der seine Vorliebe für die Gothic Bewegung – aufgrund seiner schwarzen Kleidung und des auffälligen Make-ups – kaum verbergen konnte.

„Ich glaube, Thilo ist noch verliebt in dich.“ Geros Worte kamen nicht überraschend. Francis wusste das schon seit Jahren, und doch gab sie die Hoffnung nicht auf, dass Thilo sich irgendwann eine andere Frau aussuchen würde.

„Wir passen auch nicht zusammen, und außerdem ... werde ich wohl nie aufhören, Neal zu lieben.“ Ein Seufzer folgte, denn sie war Neals Schwester. In gewisser Weise war die Liebe zu ihrem Bruder verboten, doch sie lebten sie trotzdem aus, wenn auch nicht in der direkten Öffentlichkeit.

Gero nickte verständnisvoll.

„Er ist ja auch etwas ganz Besonderes.“ Auch er seufzte, während er an seinen Freund dachte.

„Schön, dass du nicht mehr so traurig bist, wie am Anfang“, erinnerte Francis an Geros anfängliche Schwierigkeiten, mit der Abwesenheit von Neal klarzukommen.

„Also, ich vermisse ihn schon“, erwiderte Gero. Er stellte die Schüssel mit den Salzstangen weg. „Aber ich komme damit zurecht.“

Das hörte Francis gern. Sie erhob sich und blickte dabei auf ihre silberne Armbanduhr.

„Ich gehe schlafen. Willst du heute wieder hierbleiben?“ Sie machte eine Pause, in der Gero sie überrascht ansah. „Ich meine, wegen Thilo und Christen. Vielleicht sollten wir die beiden allein lassen?“

Gero entspannte sich und nickte zustimmend. Er hatte schon so oft bei Francis übernachtet, in der Zeit, in der Neal in London war. Es war nichts Außergewöhnliches, dass er sich mit ihr das Bett teilte, damit Thilo und Christen in der WG ungestört blieben.

Und doch stellte sich ein gewisser Zweifel ein. Er zögerte eine Weile, bis er sein Anliegen hervorbrachte:

„Du, vorhin in der Disco ...“, fing er an und sah dabei zu Boden. „Der Kuss, ich meine, es tut mir leid, wenn ich vielleicht etwas doll ...“

Er musste nicht weitersprechen. Francis wusste sofort, was ihn bewegte, und schon versuchte sie, ihn zu beruhigen.

„Ich habe dich wegen der Typen geküsst, okay? Mehr nicht.“ Sie sah ihr Gegenüber direkt an, dann strich sie ihm über das Haar. „Es war in Ordnung.“

Gero lächelte, doch wirklich geklärt hatte er sein Verhalten damit nicht.

Früh am Morgen, es war noch dunkel, ging plötzlich das Telefon. Francis schreckte auf, und nachdem es nicht aufhörte zu läuten, rannte sie in den Flur, um abzuheben.

Kaum hörte sie die Stimme am anderen Ende, wurde sie hellwach.

„Neal? Bist du es?“ Es knackte in der Leitung. Sie verstand fast kein Wort. Zudem sprach Neal Englisch und ziemlich undeutlich. „Bitte, rede lauter!“, bat sie. Den Hörer drückte sie fest an ihr Ohr. „Wieso rufst du so früh an? Ist alles okay? Neal?“ Immer wieder wiederholte sie ihre Worte. Ein ernsthafter Dialog kam nicht zustande. Und nach kurzer Zeit beendete sie das Gespräch. „Melde dich bald wieder, ja? – Bye!“

Nachdenklich legte sie auf. Die ganze Sache schien merkwürdig. Schließlich kam auch Gero in den Flur. Er war durch das Telefonat wach geworden und sah sie fragend an.

„War es Neal?“

Sie nickte, doch ihr Gemüt war aufgewühlt. „Es ist vier Uhr morgens, warum ruft er so früh an?“

Gero zuckte mit den Schultern. „Vielleicht kam er von einer Feier? Oder ist was passiert?“

Francis verneinte. „Er hat nicht gesagt, dass etwas passiert ist, doch er klang so komisch.“

Sie runzelte die Stirn. „Er wusste nicht einmal, wie spät es ist.“

Langsam ging sie ins Schlafzimmer zurück, um sich wieder hinzulegen. Doch ihre Gedanken konnte sie nicht abschalten.

„Er schien irgendwie verwirrt. Ich konnte ihn kaum verstehen.“

Gero war gefolgt. Auch er legte sich wieder hin, schien die Angelegenheit jedoch nicht ernst zu nehmen.

„Er wird sich sicher noch mal melden und alles erklären. Und nun schlaf weiter.“

„Nicholas wird Neal immer ähnlicher“, stellte Gero fest, als er mit Francis am Spielplatz saß und beobachtete, wie Francis’ Sohn mit den anderen Kindern auf dem Klettergerüst turnte.

„Ja, die dunklen Haare und die blauen Augen sind wirklich von ihm. Er wird einmal ein richtig hübscher Junge werden“, entgegnete sie.

„Bei so schönen Eltern.“ Gero grinste, und seine Wangen zeigten eine leichte Röte.

Francis schmunzelte, und doch blieb ihr Gesicht von Sorgen umschattet.

„Du siehst traurig aus“, stellte Gero daraufhin fest. „Ist es immer noch wegen Neal?“

„Natürlich!“, fuhr es aus ihr heraus. Ihre Augen blitzten angsterfüllt. „Er hat sich seit dem Anruf nicht mehr gemeldet. Das ist drei Tage her.“

„Wäre etwas passiert, hätten wir etwas gehört“, versuchte Gero, sie zu beruhigen. „Außerdem ist er ein erwachsener Mann. Er wird doch wissen, was er tut.“

Neals Gang war gemächlich. Er brauchte sich nicht beeilen. Es war Samstag, und die Band hatte ausnahmsweise einen probefreien Vormittag eingelegt. Er hatte das genutzt, um mit der U-Bahn nach Notting Hill zu fahren. Hier war er über den Portobello Market geschlendert, hatte sich frisches Obst und selbst gebackene Pasteten an den vielen bunten Ständen gekauft. Das Essen der hoteleigenen Küche, das ihm tagtäglich vorgesetzt wurde, schmeckte ihm seit Wochen nicht mehr.

Er schlängelte sich durch die Menschenmassen, doch er empfand es nicht als unangenehm. In Notting Hill war das Publikum anders, als im direkten Londoner Zentrum.

Hier wurde nicht gedrängelt, hier war es nicht laut. Zur Portobello Road kamen entweder die betuchten Anwohner oder die ruhigen Touristen, die sich der außergewöhnlichen Atmosphäre anpassten.

Die Sonne schien, trotz der winterlichen Temperaturen. Neal hatte eine Sonnenbrille aufgesetzt und hoffte, nicht erkannt zu werden.

Meist gelang es ihm, unbemerkt durch die Fußgängerzonen zu dringen, doch ebenso oft kam es vor, dass er erkannt wurde, während er im HMV nach CDs und DVDs Ausschau hielt oder sich im Boots Pflegeartikel kaufte.

Aber er mochte das. Er genoss es, im Mittelpunkt zu stehen. Und er genoss London, dessen Flair und Einzigartigkeit.

Nachdem er sich einen Cappuccino in einem Starbucks gekauft hatte, führte ihn sein Weg zurück zur U-Bahnstation Notting Hill Gate.

Vielleicht sollte er sich ein Häuschen kaufen? Vielleicht in Notting Hill? Gero würde Augen machen. Er lächelte.

Tief atmete er die warme, verbrauchte Luft ein. Schnell rauschte die U-Bahn heran und hielt wenige Sekunden später. Neal bestieg einen hinteren Waggon. Dort war es leer. Er setzte sich und merkte, wie ihm der Spaziergang in den Knochen lag. Seit Wochen hatte er sich nicht mehr ausreichend bewegt. Die meiste Zeit saßen sie im Tonstudio, über den Mischpulten, hinter den Mikrophonen. Nur Neals Hände waren ständig in Aktion. Er spielte Gitarre, Tamburin und setzte sich auch mal an die Drums.

Auch jetzt, wo er die Augen hinter der Sonnenbrille schloss und die rüttelnde Bewegung der U-Bahn genoss, konnte er die Ruhe nicht lange genießen. Sein Handy klingelte. Reflexartig griff er zur Hosentasche, um das Mobiltelefon herauszuziehen.

„Yep?“, meldete er sich ein wenig genervt.

Es war Richard, sein deutscher Bandkollege, der Wert darauf legte, dass Neal mit ihm Deutsch sprach, obwohl sie sich in einer der größten Metropole befanden und eine der berühmtesten, englischen Bands waren.

„Ich sitze gerade in der Tube Richtung Piccadilly. – Ja, klar kann es heute Abend eher losgehen“, sagte Neal, dabei machte er sich innerlich auf eine lange Nacht gefasst. „Was für ein Typ von der Presse? – Aha, ja, kann mitkommen.“ Er lehnte sich zurück und drückte das Handy fester an sein Ohr, denn der Empfang war miserabel. Er bemerkte nicht, dass ein Mann, der ihm schräg gegenübersaß, sein Gespräch mitverfolgte. Der Mann war schlank, groß gewachsen; mit blondem Haar. Er trug einen Anzug, sah gepflegt aus und starrte ihn regelrecht an.

„We will make it!“, sagte Neal schließlich. „Bis später, bye!“

Er drückte sein Handy aus und steckte es wieder in die Hosentasche. Dabei fiel sein Blick auf seine langen, dünnen Beine. Zunehmen würde er in London nicht, das stand fest. Und als er gelassen sein linkes Bein anwinkelte und den Knöchel locker auf sein rechtes Knie ablegte, sah er auf und bemerkte den Mann, der ihn die ganze Zeit beobachtet hatte. Neal reagierte auf dessen Blick allerdings nicht, erst als der Mann nachdenklich seine Stirn zusammenzog, sich vorbeugte und den Mund zaghaft öffnete. „Neal?“, fragte er und schluckte verkrampft. „Neal bist du es?“

Da nahm Neal die Sonnenbrille ab und strich sich den langen Pony aus dem Gesicht. Seine Lippen begannen zu zittern, seine Arme wurden schwach. Er glaubte kaum, was er sah, doch es war kein Traum. Ihm gegenüber saß Dirk, sein Ex-Freund, den er seit seiner Jugend nicht mehr gesehen hatte.

Francis begutachtete die blonde Frau von allen Seiten und machte ein unzufriedenes Gesicht.

„Drehen Sie sich noch mal um“, sagte sie und fing an, an dem Saum des Kleides zu zupfen. „Das ist doch viel zu kurz! Das muss noch mal in die Anfertigung! So kann das unmöglich bleiben.“ Sie nickte der Frau zu, die für den Schnitt des Kleides am wenigsten konnte. „Danke, Sie können sich umziehen.“

Seufzend setzte sich Francis an ihren Schreibtisch.

„So kritisch habe ich dich ja noch nie gesehen“, stellte Christen fest, doch ihre Freundin zuckte nur mit den Schultern.

„Wir müssen eine ganz exzellente Kollektion haben. Da muss alles genau sitzen.“

Sie griff nach einem Stift, um an einer neuen Skizze zu zeichnen. Das Telefon klingelte.

Christen nahm das Gespräch entgegen und winkte ihre Freundin hastig zu sich: „Es ist dein Bruder aus London!“

Francis nahm ihr den Hörer ab.

„Endlich meldest du dich!“, warf sie Neal vor. „Das wird ja langsam Zeit!“

Gleichzeitig fiel eine Last von ihr. Die Sorgen, die sie sich gemacht hatte, lösten sich in Wohlgefallen auf. Neal erklärte auch sofort, warum er sich nicht hatte melden können.

„Es tut mir leid, Liebes. Aber ich komme ständig so spät ins Bett. Ich will dann nicht mehr stören.“

Seine Aussage machte Francis stutzig. „Und letztens?“, fragte sie. „Du hast mitten in der Nacht angerufen.“ Eine merkwürdige Stille stellte sich ein.

„Wann das?“, hakte Neal nach.

„Vor ein paar Tagen ...“

Sie spürte seine Ratlosigkeit. „Ich kann mich nicht erinnern, bei dir angerufen zu haben.“

Francis seufzte. „Ist auch egal“, sprach sie. „Aber nun erzähl von dir. Wie kommt ihr voran?“

„Ganz gut“, erwiderte ihr Bruder, doch es klang gestresst. „Aber wir sind noch längst nicht zufrieden mit allen Stücken.“

Im Hintergrund hörte sie ein Feuerzeug aufflammen. Neal zog an einer Zigarette und sprach weiter: „Wie geht es dir? Und Gero?“

„Uns geht es gut“, berichtete Francis. „Gero hat zwar Sehnsucht nach dir, doch er ist gefasst. Nur ist er unheimlich anhänglich geworden. Thilo ist schon ganz sauer deswegen.“

Sie hörte Neal leise lachen. „Solange es dich nicht stört, ist es doch okay.“

„Weihnachten wirst du wohl nicht kommen, oder?“, hakte sie nach. „Gero macht sich Hoffnungen.“

Erneut hörte sie Neal tief durchatmen. „So etwas darf er nicht denken. Ich kann nicht kommen.“

„Klar.“ Auch Francis klang bedrückt. Sie hatte geahnt, dass ihr Bruder Weihnachten nicht nach Hause kommen würde. Es aber deutlich von ihm zu hören, machte sie dennoch traurig.

„Ich wäre dir sehr dankbar, wenn du dich weiterhin um Gero kümmern würdest.“

Neal unterbrach. Im Hintergrund läutete sein Handy. Er ging ran, faselte etwas in Englisch und beendete das Gespräch ganz schnell. Dann wandte er sich wieder dem Telefonat mit Francis zu. „Ich muss gleich los“, sagte er. „Bitte versprich mir, dass du auf Gero aufpasst.“

„Natürlich“, bestätigte sie.

„Sei lieb zu ihm“, bat ihr Bruder. „Er benötigt Zuneigung. Gib ihm alles, was er braucht, okay?“

Francis schluckte. So besorgt hatte sie Neal noch nie gehört. Seine Bitte konnte sie nicht abschlagen.

„Ich kümmere mich, keine Sorge.“ Sie machte eine kleine Pause. „Und wer kümmert sich um dich?“

Neal lachte erneut auf. „Ich komme allein klar, obwohl ich euch sehr vermisse.“

„Aber iss ordentlich, rauch und trink nicht zu viel!“ Francis Worte klangen wie die einer besorgten Mutter, und sie machte sich ernsthaft Gedanken. „Melde dich bald wieder!“

„Mach ich.“ Seine Stimme senkte sich. „Ich liebe dich.“

„Ich dich auch“, sagte Francis. Mit Kraft unterdrückte sie Tränen, dann beendeten sie das Gespräch. Erschöpft widmete sie sich ihrer Skizze. „Ach, ich hasse es, wenn Neal in London ist.“

Nach dem langen Spaziergang trat Gero in den Hauseingang ein und klopfte sich den Schnee vom Mantel. Hinter ihm folgten Francis und Nicholas.

Es herrschte richtiges Weihnachtswetter. Gero stieg die Treppen hinauf. Vor der WG blieb er stehen, um die Wohnungsschlüssel zu suchen. Francis, die gefolgt war, blickte ihn erstaunt an.

„Was machst du?“

Gero zuckte mit den Schultern. „Ich gehe zu mir.“

Da schüttelte sie konsequent den Kopf. „Kommt nicht in Frage. Heiligabend verbringst du nicht allein. Du kommst mit zu uns.“

Spät am Abend saßen sie zusammen bei Kerzenschein. Nicholas war schon erschöpft zu Bett gegangen. Im Wohnzimmer leuchtete ein kleiner Tannenbaum, der Boden war vollgestellt mit Geschenken, und in der Wohnung lag ein Duft von Zimtsternen und Glühwein.

„Es war ein schöner Abend“, stellte Gero fest. „So ruhig habe ich Heiligabend noch nie erlebt.“

Francis stimmte dem zu. „Neal und ich haben das die Jahre zuvor auch so gehandhabt. Kein großer Wirbel, einfach nur gemütlich beisammensitzen.“ Sie leerte ihren Becher, sah ihn jedoch prüfend an. „Der Glühwein steigt ganz schön zu Kopf, oder?“

„Kann man wohl sagen“, bestätigte Gero, dessen Wangen rosig leuchteten. Nach wie vor war er Alkohol nicht gewohnt. Trotzdem schenkte er sich und Francis etwas nach.

Er war froh, dass er Weihnachten zu Hause war, und nicht wie seine Eltern im Skiurlaub oder wie Thilo bei Freunden in der Schweiz. In diesem Jahr hatte er keine Lust zum Verreisen gehabt. Zudem war er froh, dass er somit Neals erneuten Anruf miterleben konnte.

„Ich hätte nicht gedacht, dass er sich heute meldet. Ich dachte, er mag Weihnachten nicht?“

Fragend sah er Francis an, die sofort nickte.

„Sein leiblicher Vater ist an Heiligabend gestorben, als er noch ein Kind war. Seitdem mag er dieses Fest nicht“, erklärte sie. „In den letzten Jahren hat er eigentlich nur versucht, mir und Nicholas eine Freude zu machen. Er selbst hält nicht viel davon.“

Gero verstand sofort. Nur kurz dachte er daran, wie schlimm es für Neal gewesen sein musste, den geliebten Vater zu verlieren.

Ohnehin waren die Familienverhältnisse der Andersons nicht leicht zu verstehen. Auch Gero hatte am Anfang Probleme gehabt, die Zusammenhänge zu erfassen. Inzwischen wusste er, dass Peter Anderson, der Vater von Francis, nur Neals Stiefvater war. Somit waren Francis und Neal Halbgeschwister, die sich, als Francis fünfzehn Jahre alt gewesen war, verbotenerweise ineinander verliebt hatten. Und als wäre das nicht schon heikel genug gewesen, ging aus der Beziehung auch noch Nicholas hervor. Ein Inzestkind, das zum Glück völlig gesund war. Gero hatte die Liebe zwischen den Geschwistern längst toleriert, obwohl es ihm zuerst nicht leicht gefallen war.

Francis’ Stimme holte ihn aus seinen Gedanken heraus.

„Sag mal, sind die Kekse schon alle? Ich habe sie doch gestern erst gebacken.“

Nachdenklich betrachtete sie den letzten Zimtstern, der fest zwischen ihren Fingern ruhte.

„Was? Alle schon weg?“ Ein Grinsen schlich sich auf Geros Gesicht. „Da ich heute Gast bin, müsste demzufolge der letzte Keks mir gehören.“

Erstaunt hob Francis die Augenbrauen an. Sie wusste zuerst nicht, ob die Aussage Ernst oder Scherz sein sollte.

„Der letzte Keks gehört der Gastgeberin“, sagte sie und führte den Zimtstern an ihren Mund.

„Halt!“, schrie Gero daraufhin. Aufgebracht versuchte er, den Keks aus Francis’ Hand zu reißen, doch war sie schneller, sprang vom Sofa auf und fuchtelte mit dem Gebäck in der Luft herum. „Hol dir doch den blöden Keks!“ Sie brach in lautes Gelächter aus, rannte aus dem Wohnzimmer, durch den Flur und schließlich ins Schlafzimmer, wo sie aufs Bett sprang. Gero, der ihr gefolgt war, bekam ein Kissen an den Kopf geworfen, woraufhin sie erst recht zu Lachen begann.

„Na warte!“, rief Gero empört. Er griff sich das Kissen und warf es zurück. Doch anstatt Francis’ Körper zu treffen, streifte es nur die Hand mit dem Keks, der schließlich in einige Einzelteile zerbrach und aufs Bett fiel.

„Oh, nein!“ Enttäuscht sah sie auf den Keks, der in Bröckchen auf der Bettdecke lag. Ihre Unachtsamkeit wurde von Gero ausgenutzt. Er stürzte sich aufs Bett, griff nach ihr und drückte sie auf die Matratze, dann setzte er sich auf ihre Beine. Ihre Arme hielt er fest, sodass sie sich nicht wehren konnte. „Ich hab dich!“, rief er vergnügt, wenn auch außer Puste. „Und nun musst du mir versprechen neue Kekse zu backen!“

„Ach?“, äußerte sich Francis mit einem schelmischen Unterton. „Und was ist, wenn ich es nicht mache?“

Sie bekam keine Antwort. Mit einem Mal schwiegen sie sich an und sahen sich in die Augen. Das Grinsen in Geros Gesicht verschwand.

„Schlaf mit mir“, bat Francis schließlich. Ihre Stimme war leise und doch bestimmend. Schlagartig löste Gero seinen festen Griff und nahm Abstand.

„Was?“ Es klang entsetzt. Doch sie wiederholte ihre Bitte nicht. Stattdessen zog sie sich aus.

„Was machst du denn?“, rief er verstört, nicht wissend, wohin mit seinen Blicken. „Hör doch auf damit!“

Aber Francis hörte nicht auf. Zielstrebig entkleidete sie sich, bis sie nur noch ihren Slip anhatte. Auffordernd sah sie ihn an. Er hatte den Kopf gesenkt. Noch nie zuvor hatte er eine derartige Nähe zu einer Frau gespürt. Noch nie hatte eine Frau nackt vor seinen Augen posiert. Und nun kam Francis sogar noch näher. Sie umfasste seine Wangen, hob seinen Kopf wieder an, sodass sie sich ansehen konnten. Zielgerichtet presste sie ihre Lippen auf seinen Mund.

Gero wehrte sich nicht. Er war wie zur Salzsäule erstarrt. Erst, als Francis nach seinem Pullover fasste und ihn ausziehen wollte, setzte er sich zur Wehr.

„Bitte, hör doch auf“, flehte er. „Das können wir nicht machen!“

Doch sie hörte nicht auf und entkleidete ihn. Gero fiel es schwer, sich zu widersetzen, bis er ebenfalls nur noch in Shorts bekleidet neben ihr saß.

Sie drückte ihn sanft auf das Bett und ihre Lippen vereinten sich erneut. Er erwiderte ihre Küsse, und es erregte ihn. Gleichzeitig spiegelten seine Augen eine große Angst wider, die sich sogar zu verstärken schien, als er ihre Hand zwischen seinen Beinen spürte.

„Nicht, bitte“, flüsterte er zaghaft. Er versuchte, dem Griff auszuweichen.

„Wieso nicht?“, erwiderte sie, dabei benetzte sie seinen Oberkörper mit Küssen. Wie erwartet war seine Brust glatt, seine Haut weich, sein ganzer Körper noch sehr jugendlich.

„Ich … kann das nicht“, gab Gero von sich. Er drehte den Kopf zur Seite, schloss die Augen und schien sich zu schämen. Denn sein Körper signalisierte das absolute Gegenteil. Francis ließ ihre Hand unter seine Shorts gleiten. Sie berührte seine Härte und fühlte sich bestätigt.

„Natürlich kannst du“, sagte sie. Nur kurz ließ sie von ihm ab, um sich komplett auszuziehen. Nun drehte Gero seinen Kopf zurück und sah sie an. Sie bemerkte den forschenden Blick auf ihrer Brust. Er konnte kaum glauben, dass das alles geschah. Seine Augen wurden größer, als sie sich an ihn schmiegte und wie aus dem Nichts ein Kondom hervorzog. Da schüttelte er energisch den Kopf.

„Bitte, ich kann das nicht“, wiederholte er. Er hatte tatsächlich Angst. Francis ahnte, dass er noch nie zuvor mit einer Frau geschlafen hatte, und sie konnte sich auch denken, dass er in der Beziehung zu Neal eher den passiven Part einnahm.

Aber sie wollte sich nicht zügeln, denn irgendetwas an Gero signalisierte ihr, dass er zu mehr fähig war, als er zugab.

Sie zog ihm die Shorts aus. Sein Penis war hart. Sie war froh, dass es ihn erregte. Es hätte auch anders kommen können.

„Dir wird es gefallen“, sagte sie, während sie Hand an ihn legte. Er stöhnte. „Du kannst mir nicht erzählen, dass du es nicht willst.“

Lächelnd blickte sie auf seine Härte, dann in sein Gesicht. Etwas hatte sich verändert. Die Furcht in seinen Augen war fort. Plötzlich sah sie Lust in ihnen. Er richtete sich auf und griff nach ihr. Unter Küssen sanken sie zurück auf das Bett, wo sie sich fast lautlos räkelten.

Francis packte das Kondom aus. Mit geschickten Fingern strich sie es über seinen Penis. Dann breitete sie ihre Arme aus.

„Komm her. Hab keine Angst.“

Ohne zu zögern, legte sich Gero auf sie. Sie küssten sich eine Weile, bis Francis ihre Beine spreizte und ihm ermunternd zublinzelte.

Er war unsicher, das merkte sie. Es dauerte eine Weile, bis sie die richtige Position eingenommen hatten und Gero vorsichtig in sie eindrang. Er schloss dabei die Augen, atmete angestrengt und verkrampfte sich.

„Bleib ruhig“, sagte sie und strich über seinen Rücken.

Er umfasste sie und schob seinen Unterleib weiter vor. Das folgende Gefühl schien ihn zu überwältigen. Er stöhnte laut, dann regten sich seine Hüften wie von selbst.

„So ist gut“, entwich es Francis. Auch sie schloss die Augen und genoss ihn in sich. Er bewegte sich langsam in ihr, fasst so, als hätte er Angst, ihr weh zu tun. Sie ließ ihm Zeit, und war selbst überrascht darüber, dass er diese Zeit brauchte. Es verging eine Weile, bis seine Bewegungen rhythmischer wurden, und trotzdem waren seine Stöße sanft. Er zitterte am ganzen Körper, schien hin- und hergerissen von den neuartigen Gefühlen. Gleichzeitig wirkte er schockiert darüber, was er tat.

Als er kam, konnte er sie nicht ansehen. Er unterdrückte ein Stöhnen, sank auf sie nieder und glitt kurz darauf von ihr.

In seinen Augen schimmerten Tränen. Francis strich über seine Wange. Er ließ zu, dass sie ihn von dem Kondom befreite.

Als sie wenig später aus dem Bad kam, war er schon eingeschlafen. Sie legte sich dicht an ihn, streichelte sein Haar und war fest davon überzeugt, richtig gehandelt zu haben.

Am nächsten Morgen öffnete Gero von Kopfschmerzen geplagt die Kinderzimmertür. Nicholas war wach.

„Du musst aufstehen“, sagte Gero und trat näher. „Deine Mami will mit dir zu deinen Großeltern fahren.“

Nicholas machte große Augen und richtete sich etwas auf. „Bekomme ich dann noch mehr Geschenke?“

Gero schmunzelte. „Sicher hat der Weihnachtsmann dort auch etwas für dich abgegeben. Aber nur, wenn du dir ordentlich die Zähne putzt.“

Er wollte das Zimmer gerade wieder verlassen, als er Nicholas’ leise Frage vernahm:

„Bist du jetzt mein Papi?“

Ruckartig drehte sich Gero wieder um. Er traute seinen Ohren nicht.

„Nein, wieso? Wie kommst du darauf?“

Nicholas senkte den Kopf. Obwohl er noch so klein war, klangen seine Worte ernst und gut durchdacht. „Weil mein Papi einfach weggegangen ist, und Mami kann nicht sagen, wann er wiederkommt.“ Er machte ein trauriges Gesicht. „Ich glaube, er kommt nie mehr zurück. Dann habe ich keinen Papi mehr.“

Hektisch schüttelte Gero den Kopf. „Aber das stimmt doch gar nicht!“ Er kam näher und setzte sich zu dem Jungen ans Bett. „Dein Papi kommt wieder. Ganz bestimmt. Er muss zurzeit nur sehr viel arbeiten.“

Sie sahen sich an, und für einen kurzen Augenblick dachte Gero, seinem Freund gegenüberzusitzen, doch als er sich besann, war es nur dessen kleines Ebenbild.

„Und wieso wohnst du jetzt hier?“, fragte Nicholas daraufhin.

Gero seufzte. Er ärgerte sich, dass er nicht früher mit dem Jungen gesprochen hatte. Denn der schien eine Menge unbeantworteter Fragen mit sich herumzuschleppen und für sein Alter viele Dinge mitzubekommen.

„Ich wohne nicht hier. Ich bin nur zu Besuch“, erklärte Gero. „Ich wohne immer noch bei Thilo nebenan.“

„Und wenn Papi nicht wiederkommt, dann kümmerst du dich um Mami und mich?“

Nicholas’ Fragen ließen nicht nach.

„Ich kümmere mich um euch“, sagte Gero, und doch ging er dagegen an. „Neal wird aber wiederkommen, sehr bald, hoffe ich.“

Er versuchte, zu lächeln. Dann schickte er den Jungen ins Badezimmer.

In der Küche schmierte Gero ein Brötchen und rührte Nicholas einen Kakao an. Er zuckte regelrecht zusammen, als Francis’ Stimme ertönte.

„Guten Morgen!“ Sie näherte sich von hinten und berührte sanft seine Schulter, was ihn augenblicklich versteinern ließ. Er war unfähig, etwas zu sagen.

Francis war dagegen sichtlich beeindruckt von dem gedeckten Tisch. „Spielst du heute den Hausmann? Toll! Machst du mir auch einen Kakao?“

Sie klang fröhlich und unbeschwert, was so gar nicht in Geros Gemütslage passte. Er gab ihr keine Antwort, sondern verließ einfach die Küche. Erst im Schlafzimmer blieb er stehen. Er atmete schwer. Francis, die ihm gefolgt war, konnte sein Verhalten zuerst nicht einordnen.

„Was ist denn los?“

„Was los ist?“ Es sprudelte aus Gero förmlich heraus. „Du kommst in die Küche, tust so, als ob gestern nichts gewesen wäre und nennst mich Hausmann!“ Er machte eine kurze Pause, in der er verzweifelt die Augen schloss. „Weißt du, was Nicholas mich eben gefragt hat? Ob ich jetzt sein Vater bin.“ Gero drehte sich um. Sein Blick war vorwurfsvoll. „Mensch, so kann das nicht weitergehen! Wir haben uns in etwas verrannt! Es ist wohl besser, wenn wir uns erst mal nicht mehr sehen.“

„Spinnst du?“ Sie schluckte hektisch, mochte sich nicht vorstellen, was es bedeuten würde, Gero fortan nicht mehr zu sehen. Aber um nicht von ihren eigenen Gefühlen sprechen zu müssen, lenkte sie das Thema auf ihren Sohn.

„Wie soll Nicholas denn mit nicht mal sieben Jahren verstehen, was Neal in London macht? Es ist doch klar, dass er ihn vermisst und einen Vaterersatz sucht. Denkst du, es belastet mich nicht?“ Sie kämpfte mit den Tränen. „Jeden Tag fragt er, wo sein Papi ist und wann er wiederkommt. Und ich kann es ihm nicht sagen, weil ich es selbst nicht weiß. Das macht mich wahnsinnig!“

Den letzten Satz schrie sie hysterisch heraus, dann rannte sie ins Badezimmer, wo sie zu weinen begann.

„Nein, bitte! Nicht weinen“, bat Gero augenblicklich. Dass die Situation eskalierte, machte ihn noch betroffener. Er versuchte, sie zu trösten. „Ich meinte das nicht so.“ Gefühlvoll legte er einen Arm um sie. Es war nicht seine Art, andere Menschen zu verletzen. Dass er Francis zum Weinen gebracht hatte, bescherte ihm sofort ein schlechtes Gewissen.

„Du meinst das nicht ernst, dass wir uns nicht mehr sehen sollten, oder? Lass mich jetzt bitte nicht allein“, flehte sie. Mit ihren grünen Augen starrte sie Gero regelrecht an. Ihre Wimperntusche war von den Tränen völlig verwischt. So traurig hatte er sie noch nie gesehen.

„Ich lass dich nicht allein“, antwortete er und seufzte tief. „Ich brauche dich doch auch.“

Er lächelte sanft und drückte ihren Körper an sich, bis er sich bewusst wurde, was er tat. Da löste er sich und schob sie sachte von sich.

„Was ist?“, fragte Francis sofort. Er haderte mit der Antwort.

„Es ist wegen gestern“, kam es aus ihm heraus. „Es hätte nicht passieren dürfen mit uns. Ich fühle mich Neal gegenüber echt mies.“

„Das brauchst du nicht.“ Francis griff nach Kleenex Tüchern und trocknete ihre Tränen. Daraufhin konnte sie schon wieder ein wenig lächeln. „Neal würde es nicht stören. Ich weiß, wie er über so etwas denkt.“

Trotz ihrer Worte ließ Gero den Kopf hängen. „Aber ich bin doch mit ihm zusammen. Und dann gehe ich einfach mit dir ins Bett.“ Seine Wangen röteten sich, als sei ihm das Thema unangenehm.

Francis berührte zaghaft seine Hand. „Du hast die gleichen Rechte, wie er.“

Da hob Gero den Kopf. „Aber dass wir beide mit dir schlafen, das ist doch schlimm.“

Francis schmunzelte. „Wieso schlimm? So etwas nennt man eine Triade.“ Sie kicherte und ihre Traurigkeit verflog.

Gero wirkte indessen bedrückt. „Wie ihr mit der Liebe umgeht ... Das ist wirklich nicht einfach für mich.“ Er seufzte und ließ sich von Francis umarmen. Ihre Differenz war beseitigt, und sie spürten, dass sie auch in der Zukunft ihre gegenseitige Nähe brauchten.

„Ich verstehe mich nicht“, sagte Gero trotzdem. „Ich hätte nie geglaubt, dass ich mal dazu fähig sein würde, mit einer Frau zu schlafen.“

„Es war dein erstes Mal gestern?“, hakte Francis sofort nach.

Gero sah beschämt zu Boden. Noch immer war er von Peinlichkeit gezeichnet.

„Mein Gott, war ich so schlecht?“

Francis fasste an sein Kinn und hob es an, sodass er gezwungenermaßen in ihre funkelnden Augen sehen musste.

„Du warst sehr einfühlsam“, kam es über ihre Lippen. „So etwas erlebt man selten.“

Sie zwinkerte ihm noch kurz zu, dann ging sie zurück in die Küche, wo Nicholas schon sehnsüchtig wartete.

Ein wunderschönes Feuerwerk breitete sich über den Dächern der Stadt aus. Es regnete funkelnde Sterne. Die bunten Lichter spiegelten sich in Geros glänzenden Augen wider.

Andächtig betrachtete er das Schauspiel am Himmel, dabei hatte er den Kopf an Francis’ Schulter gelehnt.

„Ich hoffe, es wird ein schönes neues Jahr“, sagte er.

Francis stimmte ihm zu. „Das letzte Jahr war ja auch aufregend genug.“

Sie zuckte zusammen, da ein Böller auf der Straße detonierte. Sie standen auf dem Balkon der WG und drückten sich fest an die Hauswand.

„Für mich war das letzte Jahr etwas ganz Besonderes“, erinnerte sich Gero. Seine Augen leuchteten, weil ihn schöne Erinnerungen bewegten. „Ich habe Neal kennengelernt – und dich. Etwas Besseres konnte mir gar nicht passieren.“

Francis lächelte, als sie das hörte.

„Dann wollen wir hoffen, dass Neal bald zurückkommt und dieses Warten endlich aufhört.“

Gero nickte. Dennoch musste er noch etwas Positives loswerden.

„Ohne dich hätte ich die Trennung nicht so gut weggesteckt.“ Er sah Francis dankbar an. „Ich bin so froh, dass du dich um mich kümmerst.“

Sie sah verschämt zu Boden. „Ist doch selbstverständlich.“ Flüchtig sah sie wieder auf, um ihm einen Kuss auf die Wange zu geben. Da zuckte er zurück.

„Mensch! Wenn man uns sieht!“ Er sah sich um, doch auf dem Balkon war außer ihnen niemand mehr.

Von der Straße aus konnte man sie in der Dunkelheit kaum erkennen, und die Partygäste in der Wohnung waren mit anderen Dingen beschäftigt.

„Wer soll uns denn sehen?“, fragte Francis sogleich. Sie griff nach der Flasche Sekt und füllte die beiden Gläser auf. Gero blieb nachdenklich.

„Ich finde, wir sollten in der Öffentlichkeit nicht auffallen“, lenkte er ein. „Sonst zerreißen sich nur alle das Maul.“

Francis stellte die Flasche ab.

Sie konnte nicht nachvollziehen, wovor Gero Angst hatte. „Wir können doch machen, was wir wollen“, sagte sie.

Er zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht so recht“, fuhr er fort. „Irgendwie ist das komisch. Ich meine, was für eine Beziehung führen wir denn eigentlich?“

Francis überlegte einen Moment, dann lächelte sie.

„Wir sind rein platonisch zusammen“, stellte sie fest. „Und wir schlafen miteinander.“

Gero verzog das Gesicht. Er wusste nicht, ob er ebenfalls lachen sollte. „Das widerspricht sich doch total“, sagte er naserümpfend. Trotzdem musste er grinsen.

Die ausgelassene Party und der fröhliche Silvesterabend hatte sie beide unbeschwert gemacht. Francis leerte ihr Glas.

„Mir egal“, sagte sie gleichgültig. „Muss ja niemand davon erfahren.“

Gero seufzte. „Du hast wohl recht.“ Vorsichtig legte er einen Arm um sie, da ging plötzlich die Terrassentür auf. Schnell zog er den Arm zurück, um sich umzudrehen. Es war Thilo, der auf den Balkon trat und beiden zuprostete.

„Auf ein schönes, erfolgreiches und gesundes neues Jahr!“

Sie stießen an, und Gero war froh, dass sein Mitbewohner nichts mitbekommen hatte.

Sie hatten die Tür verschlossen und versuchten, leise zu sein. Mit ihren Händen fasste sie nach seinem Gesäß. Mit sachtem Druck bestimmte sie den Rhythmus, doch sie konnte ihn kaum lenken.

Schon nach kurzer Zeit wurden seine Stöße mutiger, sein Stöhnen lauter. Er war zwar immer noch sanft zu ihr, doch die Unsicherheit hatte er abgelegt.

Sie hatten sich aneinander gewöhnt. Sie wussten, wie sie sich gegenseitig befriedigen konnten. Mehr wollten sie nicht.

Ihnen war klar, dass diese Liebelei mit Neals Heimkehr sofort enden würde.

„Du bist absolut schwul, oder?“, fragte Francis, als sie nach dem Akt eine Weile still nebeneinanderlagen. Gero schwieg zuerst. Musste er die passende Antwort erst suchen?

„Sagen wir so ...“, fing er an. „Mich hat noch keine Frau richtig gereizt. Und als Neal in mein Leben trat …“ Er schüttelte den Kopf. „Es schlug ein wie eine Bombe.“ Er verzog die Stirn nachdenklich. „Und das mit dir ist schön. Aber meine Gedanken an Neal, kann ich dabei nicht abschalten.“

Er sah zur Seite, als würde er sich genieren, dabei sprach er das aus, was sich Francis längst gedacht hatte.

II.

Die ganzen Feiertage steckten Gero in den Knochen. Trotzdem war er froh, dass der Alltag wieder den gewohnten Ablauf eingenommen hatte.

Er musste grinsen, als er sich aus Francis’ Bett erhob, und das als etwas ganz Selbstverständliches ansah, obwohl ihn noch manchmal ein schlechtes Gewissen überkam. Er war fast täglich bei ihr, übernachtete dort oder kümmerte sich um Nicholas. Ob Neal damit wirklich einverstanden wäre? Er verdrängte seine Gedanken.

Die Wohnung war ruhig und Gero allein. Er schreckte regelrecht zusammen, als es an der Tür klingelte.

Und noch erstaunter war er, als er öffnete und seine Mutter erblickte.

„Mama?“ Es klang verdutzt. „Ihr seid zurück?“

„Wie du siehst!“, erwiderte Frau Steinert, dabei sah sie stirnrunzelnd auf Geros Boxershorts. „Wieso bist du denn noch nicht angezogen? Und wieso bist du nicht in der WG?“ Sie schüttelte den Kopf. „Hätte mir Thilo nicht verraten, dass ich dich hier vielleicht finden könnte ...“

Gero öffnete die Tür und ließ seine Mutter eintreten. Die Situation war ihm peinlich. Schnell zog er sich etwas über und erklärte:

„Hier wohnt Neals Schwester. Ich bin oft bei ihr. Wenn es spät wird, schlafe ich hier.“

Er lächelte, aber seine Mutter blieb skeptisch.

„Ist er denn schon wieder in Deutschland? Dein Neal?“

Gero verneinte. „Leider nicht.“

„Finde ich nicht gut, dass er dich so lange allein lässt“, sagte Frau Steinert, dabei sah sie sich in der Wohnung um. „Bist du dir denn überhaupt noch sicher in deiner Wahl mit ihm?“

Da nickte Gero eifrig. „Natürlich! – Und in London ist er doch nur so lange, wegen seiner Musik.“

Er sah an seine Hand, an der der Ring von Neal funkelte.

„Nun ja“, äußerte sich Frau Steinert. „Dann scheinst du ja nette Freunde gefunden zu haben, und ich muss mir keine Sorgen machen.“

Gero schüttelte den Kopf, sichtlich froh darüber, dass seine Mutter keine weiteren Fragen stellte. „Wirklich nicht. Es ist alles in Ordnung.“

Nachdem Frau Steinert gegangen war, besuchte Gero die Vorlesungen an der Uni. Auf dem Rückweg am späten Nachmittag steuerte er einen Kiosk an, an dem es englische Zeitungen und Musikmagazine gab. Regelmäßig blätterte er darin, und ab und zu las er dort auch etwas über Neals Band The Drowners.

Heute fiel sein Blick zuerst auf das Select: eine Zeitschrift, die nur einmal im Monat erschien und die brandaktuellsten Neuigkeiten über Stars und Sternchen lieferte. Hastig blätterte Gero die Zeitschrift durch, doch über die Drowners wurde in dieser Ausgabe nichts berichtet. Er wollte das Magazin schon wieder weglegen, als er stutzte. Er überflog auf der letzten Seite einen kleinen Artikel. Augenblicklich wurde ihm heiß und kalt zugleich. Was er las, konnte er kaum glauben.

Im Zeitlupentempo ging Gero zur Kasse und bezahlte. Er registrierte nicht einmal den Verkäufer, der ihm das Rückgeld aushändigte.

Schweiß stand ihm auf der Stirn. Seine Gedanken fuhren Achterbahn.

„Geht es Ihnen nicht gut?“, ertönte die Stimme des Kioskbesitzers, aber Gero antwortete nicht. Er verließ den Kiosk, ohne sein Wechselgeld, und fing an, zu rennen.

In Francis’ Wohnung angekommen, wirkte er gehetzt. „Francis? Bist du da?“, rief er voller Panik. Sie blickte aus der Küche und grinste.

„Was ist denn mit dir los? Hast du ein Gespenst gesehen?“

Ihre gute Laune verflog, da sie an Geros Gesichtsausdruck erkannte, wie ernst die Lage war. „Was ist denn passiert?“

„Sieh selbst!“, erwiderte Gero. Er war noch immer außer Puste und reichte ihr die Zeitschrift. Francis blätterte darin, schüttelte den Kopf, bis sie auf der letzten Seite angelangt war. Die Überschrift: „Anderson on drugs?“ stach ihr förmlich ins Auge.

Unter dem Bericht war ein Foto von Neal abgebildet.

„Das stimmt doch nicht, oder?“, ertönte Geros Stimme im Hintergrund. „Das ist doch nicht wahr!?“

Francis stand dort, wie gelähmt. Sie konnte nicht antworten. Wie erstarrt sah sie auf das Foto, das ihren Bruder zeigte, jedoch mit eingefallenen Wangen und einem verstörten, fast ängstlichen Blick. Er sah traurig aus.

„Das kann doch nicht aktuell sein, das Foto“, äußerte sie sich schließlich, doch ihre Hände zitterten. Nochmals las sie den Bericht durch. Gero konnte sich dagegen nicht mehr beherrschen. Tränen füllten seine Augen.

Nur Thilo lachte, nachdem er den Artikel gelesen hatte. „Du glaubst diesen Stuss doch nicht etwa? Das sind doch nur vage Vermutungen!“

Francis zuckte mit den Schultern. Sie schien unschlüssig. „Irgendwoher müssen die das doch haben.“

Nun mischte sich Gero ein. Er war noch immer blass. Hilfesuchend wandte er sich an seinen Mitbewohner.

„Das stimmt nicht, oder? Wie können die so was schreiben?“

„Woher soll ich das wissen?“, erwiderte Thilo aufgebracht.

„Aber wir müssen doch etwas tun!“, rief Gero. Er war schon wieder den Tränen nahe.

„Also, wenn er wirklich Drogen nimmt ...“ Francis verstummte und sah zu Boden. Ihr fiel der nächtliche Anruf ein, bei dem sich Neal ziemlich konfus gegeben hatte. Konnten Drogen der Grund dafür gewesen sein?

„Was sollen wir bloß tun?“ Gero schien am Ende. Nervös lief er durch das Wohnzimmer, bis Thilo von dem ganzen Theater genug hatte.

Er ging zum Telefon, zog die Schublade darunter auf und kramte einen Zettel hervor.

„Was hast du vor?“, fragte Francis sofort.

„Ich werde Neal anrufen. Der kann uns am ehesten sagen, was an der Sache dran ist.“

Er studierte die Nummer, die auf dem Zettel stand und wählte.

„Aber wir sollten ihn nur anrufen, wenn es wirklich dringend ist!“, funkte Francis dazwischen.

„Das ist dringend!“, konterte Thilo, während er auf Gero deutete, der inzwischen schon wieder weinte und wie benommen auf dem Sofa saß.

„Geht rüber, ich möchte allein mit ihm reden“, sagte Thilo. Er war sich sicher, dass alles eine zusammengereimte Story der Presse war, und doch konnte er sich an die Party erinnern, bei der er Neal beim Koksen erwischt hatte. Damals hatte Neal versprochen, nie wieder Drogen anzurühren. Ob er sein Versprechen gehalten hatte?

Kurz darauf hatte er Neals Hotel in London an der Strippe. Es dauerte fast zehn Minuten, bis er den Portier davon überzeugt hatte, kein fanatischer Fan zu sein, sondern ein Freund war, der Neal in einer wichtigen Angelegenheit sprechen musste.

Dann endlich stellte der Portier das Gespräch in Neals Hotelzimmer.

„Yeah?“ Es war Neal, und Thilo war froh, dass der sich überhaupt auf dem Zimmer befand.

„Hier ist Thilo.“

„Thilo?“ Neal klang erfreut. „Welch Überraschung!“ Doch sogleich stutzte er. „Ist etwas passiert?“

„Nein“, erwiderte Thilo zögernd. „Na ja, eigentlich doch. Wir machen uns alle Sorgen um dich.“

Am anderen Ende der Leitung lachte Neal kurz auf. „Sorgen? Wieso das? Mir geht es bestens.“

„In den Zeitungen steht aber was anderes“, sagte Thilo, dabei schielte er auf den Artikel.

„Welche Zeitung?“

„Die Select.“

Eine kurze Stille herrschte zwischen ihnen, bis Neal nachfragte:

„Was steht denn da?“

Thilo seufzte tief und fasste den Artikel kurz zusammen. „Sie schreiben, dass du eventuell Drogen nimmst, überarbeitet und mit den Nerven am Ende bist.“

„Was?“ Neal konnte nicht glauben, was er hörte. Thilo konnte seine Unzufriedenheit durch das Telefon spüren.

„Es stimmt also nicht?“, hakte er somit nach.

„Natürlich nicht!“, erwiderte Neal erbost. „Ich weiß nicht, wie die darauf kommen. Mit einem Reporter vom Select habe ich gar nicht gesprochen.“

Er überlegte still. In ihrem Studio gingen ständig Journalisten ein und aus. Sollte da vielleicht einer die große Story gewittert haben?

Thilo atmete auf. Er hatte gehofft, dass das alles ein Missverständnis war. Dennoch war er froh, es jetzt deutlich aus Neals Mund zu hören. Und trotzdem blieb eine Frage offen. „Aber das Foto im Select sieht nicht gut aus“, berichtete Thilo weiter. „Hast du wirklich so abgenommen?“

„Natürlich habe ich abgenommen“, gestand Neal. Thilo hörte, wie er sich eine Zigarette ansteckte. „Wir nehmen eine Platte auf, wir haben Stress. Das muss aber nicht gleich heißen, dass ich Drogen nehme.“ Nur schwer konnte er sich beruhigen. „Was ist mit Francis und Gero? Haben die das auch gelesen?“

„Natürlich“, sagte Thilo. „Deswegen rufe ich ja an. Sie machen sich große Sorgen.“

„Shit“, fluchte Neal. „Soll ich versuchen, kurz zu euch zu fliegen?“

Thilo lehnte ab. „Bloß nicht! Das bringt nur noch mehr Unruhe. Macht euer Album zu Ende und dann kommst du wieder, und alles wird wie früher.“

„Okay“, erwiderte Neal leise.

„Ist sonst alles klar bei dir?“, fragte Thilo nach. Nebenbei schielte er auf die Uhr. Allmählich wollte er das teure Ferngespräch beenden.

„Mhm“, entgegnete Neal, doch es klang nicht überzeugend.

„Gut, ich verlasse mich auf dich“, sprach Thilo eindringlich. „Drogen sind tabu. Und ich will nie wieder so einen Artikel über dich in der Zeitung lesen.“

Es war an einem Abend, an dem Francis und Gero zusammen im Bett lagen und sich bei leiser Musik unterhielten.

„An was denkst du?“, wollte sie wissen, während sie sanft durch sein hellbraunes Haar strich.

Geros Stirn legte sich in Falten.

„Meinst du, es ist wirklich richtig, was wir hier tun, während Neal fort ist?“

Francis nahm ihre Hand weg und seufzte tief. Die Zweifel, die Gero hegte, gingen ihr allmählich auf die Nerven.

„Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du dir keine Gedanken machen brauchst. Es ist in Ordnung, wirklich.“

Gero nickte. „Es bedeutet mir auch sehr viel“, sagte er. „Immer, wenn ich dich küsse oder berühre, ist es, als ob ich ein Stück von Neal küsse oder berühre. Du bist seine Schwester. In dir fließt das gleiche Blut.“ Seine Augen leuchteten.

Francis verstand sofort, was er andeuten wollte.

„Wir lieben ihn eben beide“, stellte sie fest. „Und nur wir beide wissen, was es heißt, von ihm getrennt zu sein. Deswegen können wir uns auch gegenseitig so gut trösten.“

Am nächsten Abend schloss Gero seine Zimmertür geräuschlos und schlich durch den Flur. Aber wohl nicht leise genug, denn sogleich ertönte Thilos durchdringende Stimme:

„Na, wo willst du denn noch so spät hin?“

Erschrocken drehte Gero sich um.

„Ähm, zu Francis, kurz. Wir wollen noch einen Film gucken.“

Thilo atmete tief durch und verschränkte die Arme vor dem Bauch.

„Du brauchst dir keine Mühe geben“, fing er an. „Denkst du, ich merke nicht, wie du jeden Abend zu ihr gehst? Warum versuchst du, das zu verheimlichen?“

„Mache ich doch gar nicht!“, entgegnete Gero. Er wandte sich der Tür zu, um der Situation zu entfliehen, aber Thilo gab sich damit nicht zufrieden.

„Warum schläfst du immer bei ihr?“

„Tu ich nicht“, stritt Gero ab, dabei glühte sein Gesicht. Ungern log er seinen Mitbewohner an.

„Spinn doch nicht rum!“ Thilos Stimme wurde lauter. „Natürlich machst du das! Ich bin doch nicht blind! – Läuft da was zwischen euch?“

„Was?“ Gero tat empört und sah ihn entgeistert an. „Ich bin mit Neal zusammen!“

„Ich würde es auch ziemlich beschissen finden, wenn ihr beide ... während Neal in London ist ...“ Thilo schüttelte den Kopf. „Das wäre echt krass.“

Gero sah zu Boden, doch anstatt voller Reue die ganze Situation zu beichten, griff er zur Türklinke und fauchte: „Das ist mir völlig egal, was du darüber denkst.“

„Ich habe alles schon fertig für den Abend“, sagte Francis und deutete auf den Wein, die Chips und den Stapel Videos.

Aber Gero schien darüber weniger erfreut und setzte sich bedrückt auf das Sofa.

„Was ist denn los?“, hakte Francis sofort nach.

„Ach Thilo“, erklärte er. „Der hat mich eben voll in die Mangel genommen wegen uns. Ich habe ihn angelogen und alles abgestritten. Dabei lüge ich sonst nie.“ Geknickt sah er zu Boden. „Wir sollten das heute lieber lassen, und ich schlafe bei mir.“

„Ach.“ Francis winkte ab und schenkte bewusst die Gläser voll. „Thilo geht das nun wirklich nichts an. Der mit seiner blöden Eifersucht.“

Sie stellte die Flasche Wein ab und sah Gero eindringlich an.

„Wenn wir ihm erzählen, was mit uns los ist, würde er sich noch mehr aufregen.“

Gero blieben trotzdem Zweifel.

„Aber er ist doch unser Freund. Ich darf bei ihm wohnen und zum Dank lüge ich ihn an.“

Unzufrieden schüttelte er den Kopf.

„Meinst du, er würde verstehen, warum wir uns gegenseitig Zärtlichkeit schenken? Meinst du, er würde die Situation so sehen, wie wir?“

Gero brauchte nicht lange überlegen, die Antwort war eindeutig.

„Er würde wohl einiges missverstehen.“

„Siehst du!“, gab Francis von sich. „Also sagen wir lieber nichts. Er kann sich seine dreckigen Gedanken sonst wohin stecken.“

Gero grinste. „Ja, okay.“

III.

In einer kühlen Nacht im März wurde Francis’ Wohnungstür aufgeschlossen. Bellend erhob sich ihr Hund und rannte in den Flur, wo das Licht anging.

Erstaunt über die nächtliche Störung, richtete sie sich im Bett auf und sah auf den Wecker.

„Gero?“, rief sie, und da keine Antwort ertönte, machte ihr Herz einen Sprung. Schnell erhob sie sich und lief ebenfalls in den Flur. Dort erblickte sie Neal.

Mit Wucht hatte er eine Tasche und einen Koffer in die Ecke befördert. Mit einem verschmitzten Lächeln sah er seine Schwester an.

„Da bin ich wieder“, kam es über seine Lippen.

Francis konnte zuerst nicht glauben, was sie sah. Freudestrahlend warf sie sich ihrem Bruder an den Hals.

„Ich fass es nicht! Endlich bist du wieder da!“

Tränen füllten ihre Augen. Sie strich ihm über das Haar und küsste seinen Mund.

„Du hast mir gefehlt“, gestand er. Mit einem festen Griff erwiderte er die Umarmung. Er wirkte jedoch verstört, als er auch seine eigenen Hunde bemerkte, die schwanzwedelnd um seine Beine herumliefen.

„Tu mir einen Gefallen“, bat er, „nimm die Hunde weg, die machen mich ganz wahnsinnig.“

Er schloss die Augen und griff sich an den Kopf, als hätte er Schmerzen. Sofort zerrte Francis die Hunde ins Wohnzimmer. „Sie freuen sich doch nur“, sagte sie derweilen, doch das schien ihren Bruder überhaupt nicht zu interessieren. Erschöpft sank er auf den großen Koffer. Er war blass und dünn, wie auf dem Foto, das vor einiger Zeit im Select erschienen war.

„Du musst schrecklich müde sein“, stellte Francis daraufhin fest. Neal nickte. Er trug eine blaue Jeans, die wie all seine Hosen an den Beinen einen Schlag warf, ein helles Hemd und ein schwarzes Jackett, welches er sich auszog.

„Ist Gero drüben?“, fragte er beiläufig. Langsam betrat er das Schlafzimmer.

„Nein, er hat Nachtschicht im Krankenhaus“, berichtete seine Schwester.

Ihr Bruder sah sich um. „Ach so?“ Sie bemerkte, wie er überlegte. „Dann sollte ich zu ihm fahren.“ Er machte Anstalten, das Jackett wieder anzuziehen, doch Francis hinderte ihn daran.

„Es ist mitten in der Nacht! Ihr könnt euch morgen sehen.“

Neal zögerte kurz und seufzte. „Du hast recht. – Ich bin auch viel zu kaputt.“

Er warf das Jackett auf einen Stuhl, dann zog er sich die Hose und die Strümpfe aus. Ohne weitere Worte verschwand er im Badezimmer.

Als er wieder raus kam, lag Francis schon im Bett. Sie schluckte kräftig, als sie Neal mit freiem Oberkörper sah. Er war richtig hager geworden.

Seine Rippen stachen unter der blassen Haut hervor, sein Bauch war flach, als hätte er seit Tagen nichts gegessen. Seine Beine sahen aus wie Stelzen.

„Du hast ganz schön abgenommen“, sagte sie, dabei richtete sie sich etwas auf.

Neal grinste. „Die englischen Blueberry Muffins sind eben auch nicht mehr das, was sie mal waren.“

Er legte sich neben sie ins Bett und schloss sofort die Augen.

„Ihr hattet wohl ganz schönen Stress, was?“, hakte Francis nach. Dabei strich sie über seine Haare, die offensichtlich länger keinen Kontakt mit einem Frisör gehabt hatten.

Neal nickte.

„Stress ist untertrieben“, sprach er leise. Im nächsten Moment war er eingeschlafen.

Unter der warmen Dusche kamen sie schnell in Fahrt. Ihre Hände glitten gegenseitig über ihre nasse Haut, und kurz darauf hielt Neal es nicht mehr aus. Er drehte Gero, sodass der nur Halt an den feuchten Kacheln fand, und drang in ihn ein.

Kräftige, schnelle Stöße folgten, und Neal gab sich keine Mühe, leise zu sein.

Sie waren zu lange voneinander getrennt gewesen. Im Flugzeug hatte Neal sich ausgemalt, wie gefühlvoll und leidenschaftlich er mit Gero schlafen würde, wie sie ein romantisches Wiedersehen voller Hingabe feiern konnten.

Aber nun waren alle Vorsätze gebrochen, und er strengte sich nicht an, den Orgasmus hinauszuzögern. Und er merkte, wie Gero ebenso fanatisch seine eigene Härte rieb.

Als er gekommen war, umschlang er Geros Körper und verschnaufte einen Augenblick. Das Wasser prasselte auf sie herab. Neal öffnete den Mund und schluckte einige Tropfen.

„Es tut mir leid“, entschuldigte er sich. „Ich war zu horny.“

Gero drehte sich um. Er nickte und sah auf seinen gut durchbluteten Penis, der nur langsam seine Normalform annahm.

„Mir ging es nicht anders“, erwiderte er. Dabei strich er sich noch einmal über das Geschlecht und drückte die letzten Tropfen heraus.

Neal stellte das Wasser ab. Für einen Moment war er zufrieden. Er mochte es gar nicht, wenn sein Partner beim Sex nicht ausreichend befriedigt wurde. Aber Gero hatte trotz seiner anfänglichen Unerfahrenheit dazugelernt.

Die Hemmungen, sich während des Geschlechtsakts selbst zu berühren, hatte er schnell abgelegt.

„Ein angemessenes Wiedersehen holen wir nach, okay?“ Neal küsste seinen Freund auf den Mund und der nickte.

Dann stiegen sie aus der Dusche, um sich abzutrocknen.

Gero stellte sich vor den Badezimmerspiegel und schlang ein Handtuch um seine schmalen Hüften. Sorgfältig fuhr er sich mit einem Kamm durch die nassen Haare. Hinter ihm schlüpfte Neal in einen Bademantel.

„Du hast mir unheimlich gefehlt.“ Er küsste Gero auf den Rücken. Der lächelte, trotzdem er plötzlich ernst wurde.

„Ich muss dir was sagen“, fing er an.

„What’ s wrong?“, wollte Neal sofort wissen.

„Es ist ...“, startete Gero. „Wie soll ich es sagen? – Als du weg warst, habe ich mich so einsam gefühlt, so verlassen.“

Neal nickte. Er konnte das nachvollziehen.

„Mir ging es nicht anders“, erwiderte er. „Aber nun bin ich ja wieder da.“

„Ja.“ Gero wand sich. „Aber es ist etwas passiert, als du weg warst.“

Neal hob erstaunt die Augenbrauen, sodass sein Freund sofort weitersprach.

„Weil ich mich einsam gefühlt hatte und so traurig war, hat sich Francis um mich gekümmert – sehr intensiv sogar.“

Neal nickte erneut. „Das weiß ich doch.“

„Wir waren jeden Tag zusammen, haben uns so gut verstanden“, schilderte Gero weiter, denn er hatte längst noch nicht ausgesprochen, was ihn tatsächlich belastete.