Was wäre ich nur ohne dich? - Stefanie Valentin - E-Book

Was wäre ich nur ohne dich? E-Book

Stefanie Valentin

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Beschreibung

Mit viel Herz und Verstand geht die Heimat-Heidi zur Sache, denn sie ist eine schöne Wirtin voller Tatendrang, die ihren Gästen und Mitmenschen jederzeit hilfreich zur Seite steht. Unterstützt, wenn auch nicht unbedingt immer in ihrem Sinne, wird Heidi dabei von ihrer nicht ganz volljährigen Tochter Steffi, einem feschen Mädel mit losem Mundwerk, und ihrer Mutter Luise, die keineswegs gewillt ist, kürzerzutreten und Heidi mit der Leitung des Bergerhofs alleinzulassen. Für schwungvollen, heiteren Familienzündstoff ist also bei aller Herzenswärme unserer Titelheldin jederzeit gesorgt! »Du, dem alten Sandner-Lois soll's wieder schlechter gehen.« Luise hatte die Küche des Bergerhofs betreten, stellte ein Tablett Gläser ab und sah dann ihre Schwiegertochter Heidi an, die am Tisch saß und in der Tageszeitung blätterte. Die Berger-Heidi legte die Tageszeitung beiseite. »Der Vorderegger hat doch gestern erst gesagt, daß der Lois auf dem Weg der Besserung wär'.« Luise zuckte mit den Schultern. »Wenn einer so alt ist wie der Lois, dann kann sich alles schon mal ganz rasch ändern.« »Mar' und Josef«, murmelte Heidi, »mit dem Lois geht wieder mal ein Stück gutes Oberallgäu dahin. Er hat so was wie Bodenständigkeit und bäuerliches Selbstbewußtsein verkörpert, gepaart mit Freundlichkeit und…« »Der Lois war in seiner ganzen Art ein Original«, unterbrach Luise ihre Schwiegertochter. »Eines der wenigen muß man dazu sagen. Alle anderen sind keine, die tun nur so.« Heidi lächelte. »Hast heut' wieder deinen sarkastischen Tag?« »Das könnt' schon sein«, antwortete die resolute Seniorwirtin, »wenn ich seh' wie verlogen der Grathner ist, dann kommt mir nämlich die Galle hoch.« »Du gönnst ihm net, daß er den Besitz vom Lois erbt?« Heidi sah ihre Schwiegermutter fragend an. Die nickte.

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Leseprobe: Der zweite Ring

Lars stürzte zur Fahrertür seines Wagens und riss sie auf. Bevor er sich ins Auto werfen konnte, hielt Arne ihn zurück.

»Ich fahre«, sagte der junge Bergquist so bestimmt, dass Lars gar nicht erst auf die Idee kam, ihm zu widersprechen. Außerdem wusste er selbst, dass er in seiner momentanen Gefühlslage alles andere als ein guter und vor allem sicherer Fahrer war. Wie sollte er auch? Seine Wenke war verschwunden! Entführt! Karl Aresson hatte sie ihm entrissen! Dieser verschrobene Einsiedler, bei dem Wenke nach ihrem Schiffbruch gestrandet war und vier endlos lange Tage aushalten musste. Er hatte sie wieder in seine Gewalt gebracht! Und irgendwo da draußen fuhr er jetzt mit ihr, auf der Flucht vor seinen Verfolgern…

»Du kennst den Weg zu dieser Landzunge?«, fragte Erik Hellström. Er wollte es sich nicht nehmen lassen, bei der Suche nach seiner Schwester mitzumachen, und hatte auf der Rückbank Platz genommen.

Lars nickte. »Ja, wir brauchen nur Richtung Norden zu fahren, immer der Küstenlinie entlang. In spätestens zwei Stunden müssten wir sie erreicht haben.«

Und dort, da war sich Lars ganz sicher, würde er Wenke aus Karls Händen befreien. Wie hatten sie sich nur so in ihm täuschen können? Obwohl – Lars hatte dieses ungute Gefühl, das bei dem Gedanken an Karl in ihm aufkam, nie verlassen. Deshalb hatte er sogar seinen Freund Magnus Freiberg gebeten, sich diesen Kauz noch einmal näher anzusehen. Doch Magnus hatte schnell Entwarnung gegeben. Als einen harmlosen Spinner hatte er Karl beschrieben, der zwar total vernarrt in Wenke sei, von dem aber keine Gefahr ausginge.

Lars schnaubte auf und schlug mit der Faust frustriert gegen die Beifahrertür. Die beunruhigten Blicke seiner Mitstreiter interessierten ihn nicht.

»Ich hätte besser auf sie aufpassen müssen«, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Ich hätte sie nicht eine Sekunde aus den Augen lassen dürfen! Das ist alles meine Schuld!«

»Hör auf damit!«, blaffte ihn Erik an. »Du weißt, dass das Unsinn ist! Niemand konnte ahnen, dass das passieren würde. Sei lieber froh, dass Tante Greta das Nummernschild am Wagen ausmachen konnte und wir dadurch erfahren haben, dass es Karl war. Ansonsten wären wir und die Polizei noch völlig ahnungslos.«

Heimat-Heidi – 15 –

Was wäre ich nur ohne dich?

Man muss es nur finden, das Glück

Stefanie Valentin

»Du, dem alten Sandner-Lois soll’s wieder schlechter gehen.« Luise hatte die Küche des Bergerhofs betreten, stellte ein Tablett Gläser ab und sah dann ihre Schwiegertochter Heidi an, die am Tisch saß und in der Tageszeitung blätterte.

Die Berger-Heidi legte die Tageszeitung beiseite. »Der Vorderegger hat doch gestern erst gesagt, daß der Lois auf dem Weg der Besserung wär’.«

Luise zuckte mit den Schultern. »Wenn einer so alt ist wie der Lois, dann kann sich alles schon mal ganz rasch ändern.«

»Mar’ und Josef«, murmelte Heidi, »mit dem Lois geht wieder mal ein Stück gutes Oberallgäu dahin. Er hat so was wie Bodenständigkeit und bäuerliches Selbstbewußtsein verkörpert, gepaart mit Freundlichkeit und…«

»Der Lois war in seiner ganzen Art ein Original«, unterbrach Luise ihre Schwiegertochter. »Eines der wenigen muß man dazu sagen. Alle anderen sind keine, die tun nur so.«

Heidi lächelte. »Hast heut’ wieder deinen sarkastischen Tag?«

»Das könnt’ schon sein«, antwortete die resolute Seniorwirtin, »wenn ich seh’ wie verlogen der Grathner ist, dann kommt mir nämlich die Galle hoch.«

»Du gönnst ihm net, daß er den Besitz vom Lois erbt?« Heidi sah ihre Schwiegermutter fragend an.

Die nickte. »Du triffst den Nagel auf den Kopf. Der Kerl ist derart dreist und anmaßend, daß ich ihm oft am liebsten eine reinhauen würd’.«

Heidi lachte. »Also, so dramatisch kenn’ ich dich ja gar net.«

»Das ist net dramatisch«, erwiderte Luise, »das ist aus der Not geboren. Frag mal den Vorderegger oder sonstwen, der den Lois regelmäßig besuchen geht, wie der Grathner-Max mit dem Lois umgeht, da kannst das Grausen kriegen.«

»Wieso besuchst du den Lois denn net mal«, fragte Heidi, »ihr beide kennt euch doch seit Jahren.«

Luise nickte. »Ja, als seine Frau noch lebte, bin ich ja oft bei ihnen gewesen. Aber als die Franziska vor achteinhalb Jahren gestorben ist, da…«

»… da hast kein Gerede aufkommen lassen wollen«, fuhr Heidi fort, »sag’s ruhig.«

»Ja«, Luise nickte. »Ein bisserl stimmt das sicher. Aber damals war die Sach’ mit dem Peter noch kein halbes Jahr passiert, und da stand mir der Kopf net nach Besuchen, bei wem auch immer.«

Peter war Luises Sohn gewesen, die Heidi war mit ihm verheiratet, bis er vor neun Jahren beim Holzschlägern tödlich verunglückt war.

Damals war der Bergerhof umgebaut worden, und an die alten Elemente, die man erhalten hatte, war an- und ausgebaut worden, um die nötigen Kapazitäten für den immer mehr aufkommenden Fremdenverkehr zu bekommen.

Dabei hatten Heidi und Peter bei der Planung darauf geachtet, daß der Charakter des alten Bergerhofs überall erhalten blieb, was ihnen unbestritten gelungen war.

»Kinder haben der Lois und die Franziska ja keine gehabt«, sagte Heidi, »es wird wohl so ausgehen, daß der Grathner der Alleinerbe sein wird.«

»Das möge der Herrgott verhindern«, sandte Luise ein Stoßgebet zum Himmel. »Eine schreiendere Ungerechtigkeit hätt’s jedenfalls noch net gegeben.«

»Warten wir’s ab«, sagte Heidi, »noch gibt’s den Lois ja. Und ich würd’ dir wirklich empfehlen, ihn mal zu besuchen. Ich bin mir sicher, daß er sich riesig freuen würd’.«

Luise nickte. »Ja, da könntest recht haben.«

»Warum gehst net gleich heut’ vormittag zu ihm?« fragte Heidi. »Bis zum Mittag schaff’ ich’s auch alleine, gar so viel wird bei dem kühlen und regnerischen Wetter heut’ eh net los sein und wenn, dann sind die Gerti und die Vroni ja auch noch da.«

Luise zögerte, sah auf die Uhr und nickte schließlich. »Da hast recht, wer weiß wie lang’s den Lois noch geben wird. Wer ist eigentlich bei ihm? Immer noch der Toni?«

Heidi nickte. »Soviel ich weiß ja.«

»Und der Bub schafft das?« Luise sah zweifelnd drein.

»Man hört nur das Allerbeste über ihn«, antwortete Heidi, »ab und an soll ihm auch die Heike zur Hand gehen.«

»Das Madel, das mal beim Lois auf dem Hof gewesen ist?« Luise sah erstaunt drein. »Ich dacht’, die wär’ im Ärger weggegangen.«

»Schon«, sagte Heidi, »aber in Ärger mit dem Grathner-Max. Der hat sie mal kurzerhand an die frische Luft gesetzt..«

»Wie kommt er denn dazu?«

»Der Vorderegger-Franz hat erzählt, daß der Grathner beim Lois angefangen hätt’, herumzubohren, und zu drängeln, daß dringend alles geklärt werden müsse, daß es kaum zum Aushalten gewesen wär’«, antwortete Heidi. »Da hat die Heike ihn gebeten damit aufzuhören. Das hat er dann zum Anlaß genommen, um sie zu kujonieren wo sich die Gelegenheit ergab.«

»Und dann…?«

»Irgendwann hat die Heike Widerworte gegeben, da hat der Max sie sofort hinausgeworfen.«

»Aber das geht doch gar net«, sagte Luise, »da hat er doch gar kein Recht zu.«

»Manche Leut’«, erwiderte Heidi daraufhin, »die nehmen sich das Recht. Die fragen net, die nehmen es sich einfach.«

»Aber dagegen muß man doch was tun…!«

»Das kannst du ja«, antwortete Heidi, »fahr’ hinaus zum Lois und schau mal nach dem Rechten.«

Luise nickte. »Das wird das Beste sein…!«

*

Die Kammer des alten Lois im Sandnerhof war abgedunkelt, die Fenster geschlossen, auf dem Nachttisch verbreitete eine kleine Lampe einen nur matten Schein.

Die Kammer war mit wunderschönen alten Möbeln ausstaffiert. Das Bett war, wie die anderen Möbel auch, aus Kirschbaum, und in dem Bett lag, tief ins Kissen gebettet, der Sandner-Lois.

Viel von ihm schaute nicht unter der Bettdecke hervor, man sah mal gerade die Nasenspitze und die Augen.

»Besuch ist da…!« Toni Landig blieb am Fußende des Bettes stehen und lächelte den Lois betont lieb an. »Was meinst denn, wer gekommen ist?«

Der Lois antwortete nichts, nur seinen wasserhellen Augen sah man an, daß er verstanden hatte, was der fesche junge Bursche am Bettende zu ihm gesagt hatte.

»Kennst mich noch?« Luise stand dann neben dem Toni und sah den Lois freundlich an. Wie betroffen und erschüttert sie war, den einst lebenslustigen und kräftigen Mann derart hilflos im Bett liegen zu sehen, ließ sie sich nicht anmerken.

»Er hat schon lang’ kein Wort mehr gesagt…« Ganz leise redete der Toni.

»Luise!« Ganz deutlich hatte der Lois gesprochen. »Auf dich hab’ ich schon gewartet, es ist schön, daß du gekommen bist.«

Toni starrte zuerst den Lois, dann die Seniorwirtin des Bergerhofs an, dann schüttelte er verwundert den Kopf.

»Das gibt’s doch gar net«, murmelte er, »er kann ja reden.« Dann beugte er sich lächelnd über den Lois. »Also, du bist mir vielleicht einer. Kein Wort bringst heraus, wenn ich bei dir bin, kaum ist ein Madel da, da redest schon.«

Da lächelte der Lois, kramte seine Hand unter der Bettdecke hervor und legte sie dem Toni, der inzwischen neben ihn getreten war, auf den Arm, es war eine Geste der Nähe und der Zuneigung.

»Ich laß euch jetzt allein«, sagte der junge Bursche. »Ich hab’ noch zu tun. Wenn ich gebraucht werden sollt’, ich bin drüben im Stall bei der Kalbin.«

Als Toni gegangen war, nahm Luise einen Stuhl, stellte ihn neben das Bett und setzte sich darauf.

»Du hast gesagt, du hättest auf mich gewartet?« fragte sie und sah den Lois ganz erwartungsvoll an.

Der nickte, kramte erneut seinen Arm unter der Bettdeck hervor und zeigte zur Kommode.

»Dort in der zweituntersten Schublade«, sagte er mit matter Stimme, »ganz hinten links, da liegt ein Briefumschlag, ein großer brauner.«

»Was ist damit?« wollte Luise wissen.

»Den holst mal her«, hauchte der Lois, um lauter zu reden fehlte ihm die Kraft.

Luise stand auf, zog die zweitunterste Schublade heraus, kramte unter Pullovern und Westen und hielt schließlich den besagten Briefumschlag in Händen. Notariat Dr. Bernegger stand darauf und er war per Siegel verschlossen.

»Was soll ich damit?« fragte Luise.

»Den sollst einstecken und mit nach Hause nehmen«, antwortete der Lois.

»Mit nach Hause nehmen?« fragte Luise, »warum das denn?«

»Weil darinnen mein Testament ist«, antwortete der Lois, »und weil keiner wissen soll, wer mein Werkl kriegt.«

»Alle reden, daß der Grathner-Max es bekommt«, erwiderte Luise, »ist da was dran?«

Da huschte ein schmales Grinsen um die Mundwinkel des alten Lois. »Du magst ihn net, oder?«

»Ich find’ Typen wie ihn zum Ausspeien«, antwortete die Seniorwirtin des Bergerhofs unumwunden.

Der Lois nickte. Noch immer umspielte das amüsierte Grinsen seine Mundwinkel. »Ich mag ihn auch net«, brummelte er schließlich.

»Und dann vererbst ihm deinen ganzen Besitz?« Luise kniff die Lippen zusammen.

Der Lois sah sie unentwegt an, schließlich räusperte er sich, dann winkte er ihr mit einem Finger, was bedeutete, daß sie näher kommen sollte.

Luise rückte den Stuhl näher an Lois’ Bett, dann beugte sie sich vor. »Ja…?«

»Wie kommst du drauf, daß ich dem Grathner auch nur einen Tannenzapfen vererbt hab’?« Des alten Lois Augen glänzten in dem Augenblick wie in seinen besten Zeiten.

»Du hast ihm nix vererbt?« Luise starrte den Lois irritiert an.

»Wenn du mir versprichst, niemand was zu sagen, dann verrat ich dir alles«, murmelte der Lois.

»Kein Sterbenswörterl kommt über meine Lippen.« Luise leckte über die Spitzen von Daumen, Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand. Dann hielt sie die Hand wie zum Schwur hoch. »Ehrenwort, net eine Silbe.«

Der Lois lächelte nun noch stärker.

»Du darfst zu Haus’ den Umschlag öffnen und dir anschauen, was mein Letzter Wille ist. Aber ich verrat’ ihn dir hier schon. Die Feinheiten kannst dir dann zu Haus’ in aller Ruhe durchlesen. Und du darfst alles der Heidi sagen. Sie kann schweigen. Und du würdest narrisch werden, wenn du net mit wem darüber reden dürftest.«

Luise saß da, hielt den Umschlag in Händen und sah den Lois aufmerksam an.

»Du hast dir was Besonderes einfallen lassen, oder?« fragte sie. »Ich kenn’ dich, du bist zu jeder Überraschung fähig.«

»Ich hab’ das einzige Schlüssige getan«, antwortete der Lois.

Im gleichen Moment fuhr ein Auto auf den Hof.

Luise stand auf, um zu sehen wer ausstieg. Als sie sah, wer es war, verfinsterte sich ihr Gesicht.

»Da kommt er, der Grathner«, sagte sie, während ihr Gesichtsausdruck verriet, was sie darüber dachte.

Plötzlich war alle Fröhlichkeit und Entspanntheit aus Lois’ Gesicht gewichen.

»Der Umschlag«, murmelte er schweratmend.

»Was ist damit?« fragte Luise.

»Steck ihn weg!«

»Warum?«

»Wenn der Grathner ihn sieht, dann gibt er keine Ruh’ net, bis er weiß, was ich verfügt hab’. Und wenn er es weiß, dann hab’ ich auf der Welt keine ruhige Minute mehr.«

»Den Dreckskerl soll zumindest ein schweres Holzstück auf den Fuß fallen«, murmelte Luise, dann faltete sie den Umschlag und ließ ihn in ihrer Handtasche verschwinden.

*

Max Grathner lebte wie viele anderen der Gegend vom Fremdenverkehr und bewirtschaftete in Vorderstein die sogenannte Bachmühle. Diese beherbergte ein Restaurant und daneben, als Neubau, ein Apartmenthaus mit Ferienwohnungen.

Max Grathner hatte Ambitionen, aber nicht die Mittel, sie zu verwirklichen und deswegen suchte er seit Jahren nach Möglichkeiten, sein Ziel, Einfluß zu haben, irgendwie durchzusetzen. Und da man seiner Ansicht nach Einfluß nur hatte, wenn man besitzmäßig was zu bieten hatte, versuchte er mit allen Mitteln, den alten Lois zu beerben, möglicherweise war das seine letzte Chance, an viel Geld zu kommen, denn zu Lois’ Besitz gehörte neben einiges an Wald auch eine Alm und das wunderschön gelegene Haus am Osthang der Rabenköpfe.

»Ich fahr’ hinauf zum Lois«, sagte der Grathner-Max zu seiner Frau.

Die verzog das Gesicht. »Schon wieder?«

»Meinst, ich mach’ das aus Vergnügen?« Max sah wütend drein. »Ich kann meine Zeit auch schöner verbringen, als bei einem alten Mann, der im Bett liegt.«

»Du weißt doch gar net, ob du der Erbe sein wirst«, erwiderte Leonie, seine Frau.

»Wer denn sonst?« Jetzt sah Max noch wütender drein.

»Was weiß denn ich?« Leonie war mal eine schöne Frau gewesen, jetzt war sie fünfzig und arg in die Breite gegangen.

»Nix da, ich erb’ das ganze Gewerkl vom Lois«, erwiderte Max, »da bin ich mir sicher. Besser wär’ halt, wenn du und die Sylvi auch ab und zu mal nach ihm schauen würdet. Das würd’ ihn sicher freuen.«

Da lachte die Grathner-Leonie kurz auf. »Das fehlt noch. Mich ans Bett eines alten und siechen Mannes zu stellen, das kommt net in Frage.«

»Halt’s wie du’s willst«, erwiderte ihr Mann, »ich fahr’ jetzt jedenfalls hinauf zum Lois. Hast nix, was ich ihm mitnehmen könnt’?«

Zuerst schüttelte die Leonie den Kopf, doch dann schien sie sich an was zu erinnern.

»Wart’, ich hab’ noch ein bisserl Obst da«, sagte sie, im Hinausgehen grinste sie. »Daß das Obst schon ein bisserl angegilbt ist, fällt dem Lois eh nimmer auf.«