Wenn der Schnee flüstert - Billy Remie - E-Book

Wenn der Schnee flüstert E-Book

Billy Remie

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Beschreibung

Schnee. Mal still und wunderschön, mal stürmisch und gefährlich, aber immer faszinierend, bringt er uns zusammen. 4 winterliche Kurzgeschichten aus Nohva, Carapuhr und Co. Wexmell und Desiderius Cohen und Bellzazar Desith und Vynsu und ein Assassine, der in die arme eines Novizen stolpert Nur für Leser der Reihen "Legenden aus Nohva" und "Chroniken der Bruderschaft". Der Sammelband ist ca. 50 Seiten lang.

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Seitenzahl: 83

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Billy Remie

Wenn der Schnee flüstert

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Vorwort

An warmen Feuern

Er lässt es schneien

Dunkles, eisiges Reich

In stürmischer Zeit

Impressum neobooks

Vorwort

Liebe Leser:innen,

dieser Mini-Sammelband winterlicher Kurzgeschichten ist für Leser:innen, die meine Reihen »Legenden aus Nohva« und »Chroniken der Bruderschaft« bereits kennen.

Es handelt sich um kleine, romantische Geschichten. (Kein expliziter Sex).

An warmen Feuern

Der Schneesturm zwang seine Stute in die Knie. Das arme Tier schnaubte und kämpfte sich mühsam den Berg hinauf durch die gefrorenen Schneemassen, in die es bis zu den Sprunggelenken einsank. Jeder Schritt knirschte und knarrte, als sei der Schnee lebendig.

Trotz der dichtstehenden Tannen um sie herum wehte der Wind den eiskalten Graupel in sein Gesicht, das er tiefer in seinem schwarzen Baumwollschal vergrub. Er konnte nichts erkennen, bis auf dichte Schneewehen und die Umrisse der dunklen Bäume, nichts hören bis auf das Rauschen des Sturmes, nichts riechen bis auf Kälte. Sein schwerer Umhang war gefroren und hart wie eine Rüstung, ebenso die Mähne seiner kastanienbraunen Stute. Das treue Tier schleppte sich weiter, den Kopf hängend und am Ende seiner Kräfte. Er spürte nichts mehr, weder Zehen noch Finger, die er unter die Achseln geklemmt hatte, während er sein Reittier mit den Schenkeln lenkte. Die Stute hatte ohnehin nicht mehr genügend Kraft, um auszubrechen, und es gab nur den Weg nach oben.

Der Berg und der Sturm waren gnadenlos zu ihnen und es schien, als ob der Tod bereits in seinem Nacken saß.

Etwas Gutes hatte dieses Wetter jedoch, es verwischte seine Spuren augenblicklich und die Kälte sorgte dafür, dass sein Leib so taub wurde, dass er die Schnitte und Prellungen nur wie ein fernes Echo spüren konnte. Er und seine Stute bluteten, rote Kleckse tropften in den Schnee und erblühten wie Rosenknospen bei Sonnenaufgang. Erst der beinahe vermasselte Auftrag, dann die hungrigen Wölfe, die ihn und sein Pferd während seiner Flucht in die Berge Carapuhrs angegriffen hatten.

Wenn er nicht bald einen Unterschlupf fand und durch ein Wunder trockenes Holz, um ein Feuer zu entfachen, damit er sich ausruhen, aufwärmen und seine Wunden versorgen konnte, dann würde er wohl oder übel seine Stute aufschneiden müssen, um sich in sie hinein zu legen, wobei er dann vermutlich trotzdem nicht den Morgen überleben würde.

»Scheiß Kälte«, murrte er und trieb das Tier weiter. Irgendwo musste doch eine Höhle warten, schließlich war er mitten auf einem Berg, fern der Zivilisation, und Carapuhrs Gebirge waren für ihre Höhlenkomplexe bekannt. Er betete nur, dass er zu allem Überfluss nicht auch noch einem Troll oder Bären begegnete.

Der Sturm zog immer weiter an, wurde unbändiger und immer tödlicher. Vermutlich hätte er den Berg hinabreiten sollen, doch die Wölfe hatten ihn höher getrieben, außerdem hatten seine Verfolger ihm keine Wahl gelassen, als den Pass durch das Gebirge zu nehmen. Niemals hätte er erwartet, dass aus dem hellen, schimmernden Wintertag ein düsterer Todesmarsch werden könnte.

Und weit und breit war kein Unterschlupf in Sicht, nur Schnee, Eis und Bäume auf dem steilen Hang.

Reumütig zog er das Messer, seine Stute drehte die Ohren noch weiter nach hinten und schnaubte, als wüsste sie, was er vorhätte. Doch er selbst zweifelte in diesem Moment daran, ob er überhaupt noch die Kraft besaß, den tödlichen Stich zu setzen. Seine Kräfte verließen ihn wie Sand, der durch offene Finger rann, sein Atem ging schwer, er schwankte im Sattel und musste sich vornüberbeugen und sich an der Mähne seiner Stute mit steifen Fingern festhalten. Plötzlich war er müde, so unendlich müde, und ihm wurde seltsam warm, von innen heraus, als ob alles vorbei wäre, wenn er einfach nur die Augen schloss und schlief. Es war zu verlockend.

*~*~*

Er hielt ihn für ein Schattenspiel, den einsamen Reiter. Sindri kniff die Augen angestrengt zusammen, um durch den starken Schneesturm etwas zu erkennen. Er war zum Holzhacken aus der Hütte gegangen und stand nun im von drei Seiten geschützten Schuppen mit einem Beil in der Hand, als er im Augenwinkel den Schatten bemerkt hatte. Der Schnee hatte sich an seiner braunen, dunklen Kutte festgesetzt und trotz hochgezogener Kapuze waren seine Ohren rot vor Kälte, und seine Lippen trotz Schal blau und rissig.

Er hörte das unverkennbare Schnauben eines Pferdes und ein leises Wiehern. Stirnrunzelnd ging er dem Schatten entgegen, der langsam auf den einsamen Hain zukam und mehr und mehr Gestalt annahm.

Sindri steckte verwirrt das Beil in seinen Gürtel – der nicht mehr als eine starke Kordel war – und hielt die Hand zum Schutz vor den peitschenden Schneeflocken vor das Gesicht. Augenblicklich waren seine goldenen Wimpern schneeweiß gefroren, als er den Windschutz des Schuppens verließ.

Was machte ein einsames Pferd, reiterlos, soweit oben, fragte er sich im Stillen. Denn er sah nur das erschöpfte Tier, dessen braune Flanken bebten, es starrte ihn aus weit aufgerissenen Augen an und warf den Kopf hoch, es stampfte mit dem Fuß in den hohen Schnee, als wollte es sich beklagen.

Sindri trat näher, erblickte voller Bedauern das Blut im Schnee und die tiefen Bisswunden an den Beinen des Pferdes. »Du armes Ding«, murmelte er und streckte die Hand aus, machte beruhigende Geräusche, während er sich dem Tier näherte. Es scheute etwas, wollte aber auch nicht weglaufen, als wüsste es, dass der Stall, der hinter ihm neben seiner bescheidenen Hütte stand und die Nutztiere beherbergte, seine einzige Rettung wäre.

Er war fast an das Tier herangetreten, griff bereits vorsichtig nach den losen Zügeln, als er bemerkte, dass das Pferd gar nicht reiterlos war. Ein schwerer Klumpen rutschte aus dem Sattel und schlug im Schnee auf. Er hatte den Fremden vorher nicht bemerkt, da er zusammengekrümmt gewesen war. Sindri stockte das Herz, mit angehaltenem Atem starrte er auf das dunkle Knäuel aus blutigen Fetzen, das neben dem tänzelnden Tier stilllag und ein letztes, klägliches Stöhnen von sich gab. Ein vor Kälte rotes Gesicht starrte ihn aus einem Umhang und Schal heraus an, die Haut verbrannt und aufgeplatzt durch den gnadenlosen Frost.

*~*~*

»So, nun heißt es abwarten, meine Schöne.« Sindri verknotete den Verband, den er sorgfältig um das verletzte Vorderbein der Stute gewickelt hatte und stand dann auf. »Das wird schon wieder«, beruhigte er das Tier, dessen samtene Nüstern in der Heuraufe hingen. Das Pferd kaute genüsslich und wirkte entspannt, seit Sindri es in den Stall zu den Ziegen geführt hatte. Er hatte die Bisswunden ausgewaschen und mit Salbe versorgt, sie sorgfältig verbunden und konnte nun nur noch abwarten und beten, dass die Stute die Nacht überlebte. Im Moment schien es ihr gut zu gehen, er hoffte, dass sich ihre Wunden nicht entzündeten, sie war so ein tapferes und bildschönes Tier, klein und schlank aber mit starken Hinterläufen, ein Renner aus dem Kaiserreich Elkanasai, für lange, hastige Ritte gedacht und oftmals von Boten genutzt. Doch weder ihr Zaumzeug, Sattel noch ihr Reiter trugen ein Wappen.

Sindri holte noch eine Decke aus der Kammer und wickelte die Stute darin ein, band sie unter ihrem Bauch zusammen. Draußen tobte wild der Sturm, in den Wäldern rauschte und stöhnte es, der Wind ließ die Stallungen und die Hütte knarren, sodass die Ziegen sich eng zusammenrotteten. Murmel, Sindris mausgrauer Falbe – ein kleines, stämmiges Pony mit gelangweilten Augen – beäugte die Stute argwöhnend.

»Keine Sorge, sie gibt dir deine Decke zurück«, sagte Sindri zu seinem störrischen Pferd und stupste ihm gegen die Nase, als er an ihm vorüber in Richtung Tor ging.

Es waren nur wenige Fuß von den bescheidenen Stallungen zu der noch bescheideneren Hütte, doch der Schnee lag so hoch, dass es einer Wanderung gleichkam, und es schneite so stark, dass Sindris Kapuze weiß bedeckt vom Graupel und steif von der nassen Kälte war, bis er die Tür erreichte.

Er trat ins halbdunkle Innere und schloss schnell die Tür hinter sich, der Wind wehte den Schnee herein, der auf den Planken Dielen schmolz und eine glänzende Pfütze hinterließ.

Sindri schüttelte Eis und Schnee von seiner Kutte und lüftete die Kapuze, warmes Licht hüllte ihn ein, der Schein des Feuers war kräftig. Er eilte in die Stube, sowohl Ofen als auch Kamin brannten, leise legte er noch mehr Holz nach, dann beugte er sich über seine Pritsche und sah nach dem Fremden.

Er fieberte, seine dunklen Haarspitzen klebten in seinem schweißnassen Gesicht, das die scharfkantige Form einer umgedrehten Speerspitze besaß, mit einer breiten Stirn und einem spitzen, schmalen Kinn. Auf den hohen Wangenknochen leuchtete noch eine starke Röte, ein blutiger Kratzer zog sich über die rechte Seite, die Haut war blass und teigig durch die Schmerzen und das Fieber, der wohlgeformte Kussmund rissig und blutig von der Kälte. Es ragten spitze Ohren wie Dolchklingeln aus dem schulterlangen, welligen Haar hervor, das im warmen Schein des Feuers schimmerte wie edles Mahagoniholz. Ein Elkanasai, ein Spitzohr aus dem Kaiserreich.

Sindri vergewisserte sich, dass der Fremde atmete. Er war zu keiner Zeit aufgewacht, weder als Sindri ihn durch den Schnee in die Hütte geschleppt hatte noch als er ihn von seiner dunklen Kluft befreit und seine Wunden versorgt hatte – und auch nicht, als Sindri ihn in mehrere Schichten Decken und Felle auf seine Pritsche gelegt und das Feuer angeheizt hatte, hoffend, dass der Fremde ihm nicht doch noch erfror.

Mehr konnte er vorerst nicht tun, er erhob sich und öffnete seinen Gürtel, um seine klammen Kleider gegen eine trockene Kutte auszutauschen, damit er sich nicht erkältete. Dann ging er zum Ofen und setzte einen Topf auf, indem er Eis zu Wasser schmolz und darauf eine nährende Brühe kochen konnte. Das Huhn für die Suppe hatte er bereits am Morgen geschlachtet.

*~*~*