Wie ich mich in der Welt verlor, aber genau darin sogleich auch wiederfand - Albert Marcus Kluge - E-Book

Wie ich mich in der Welt verlor, aber genau darin sogleich auch wiederfand E-Book

Albert Marcus Kluge

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Beschreibung

Beginnend mit der Grunderfahrung der Welt, im unhintergehbaren Erfahren einer Vielheit von Verschiedenem, wurde in »Die Dreiteilung als das erste Prinzip der Welt« (BoD 2020) aus diesem erkenntnistheoretischen Anfang heraus die »Dreiteilungshypothese« abgeleitet. In diesem Buch dagegen werde »ich«, als der diese Vielheit von Verschiedenem Erfahrende, mich selbst untersuchen, um herauszufinden, wie »ich« mich innerhalb der »Welt« gegenüber dieser »Welt« zu verstehen habe. Dabei tritt schnell das seltsame Paradoxon zutage, dass ich, um mich als etwas innerhalb der Welt zu verstehen, mich dafür einerseits als beschränkt, aber andererseits auch als unbeschränkt in der Welt verstehen muss, was formal gesehen ein für eine zweifelsfreie metaphysische Aussage unannehmbarer Widerspruch ist. Um diesen aufzulösen, was den Schwerpunkt der Untersuchung bildet, ist es zunächst notwendig, zu bestimmen, was denn »Existieren« überhaupt heißt und in welcher Weise »ich« dann »in der Welt« existiere, mit dem verstörenden und schon im Grundlagenbuch (»Hypothese über die Dreiteilung der Welt«, BoD 2019) festgehaltenen Resultat: »ich existiere nicht!« und existiere damit also auch nicht »in der Welt«! Ausgerechnet dieser scheinbare Scherbenhaufen der geplanten Beweisführung bietet nun aber alles, was zur Auflösung des Widerspruchs beziehungsweise zu einer metaphysisch verträglichen Erklärung des Paradoxons erforderlich ist. - Die Untersuchung stellt alles zu ihrem Verständnis erforderliche Wissen selbst bereit und ist auch ohne eine Kenntnis der genannten früheren Schriften nachvollziehbar. Mehr Informationen zu diesem Buch und zu dieser Theorie auf der Website des Autors: www.dreiteilungshypothese.de

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Seitenzahl: 133

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Wie ich mich in der Welt verlor, aber genau darin sogleich auch wiederfand

Start

Vorwort

I. Die alte Welt

II. Was mir ist

III. Ob auch ich wohl bin ?

IV. Bin ich nicht, bin ich überall !

V. Die neue Welt

Ausführliches Inhaltsverzeichnis

Impressum

Vorwort

Dass ich nicht existiere, ist nur auf den ersten Blick eine völlig unsinnige Behauptung, was vor allem einem traditionell diffusen Existenzverständnis geschuldet ist, welches in neuer Weise bestimmt und aufgewiesen, worin der Gegenstand dieser Abhandlung liegen soll, dagegen sogar mit Notwendigkeit zu einer solchen Feststellung führt. Diese sicherlich sehr merkwürdige Erkenntnis erlaubt es meiner metaphysischen Welterschließung, sie nunmehr jenseits einer ständigen Rücksicht auf mich selbst voranzutreiben, was ihr sonst störend zuwiderlaufen würde, und sie allein aus mir heraus, gewissermaßen ohne mich zu entwickeln, wodurch sich die scheinbaren Fesseln wahren Erkennens, in völliger Umkehrung, als sogar dessen festestes Wurzelwerk erweisen. Denn stehe ich mir so selbst nicht mehr im Wege, darf ich alle meine Erkenntnis, zugleich für die Erkenntnis der Welt überhaupt nehmen, wie alles, was ich daraus abzuleiten vermag, zugleich für die Erkenntnis von allem überhaupt. - In den zuvor veröffentlichten Schriften, „Hypothese über die Dreiteilung der Welt“ sowie „Die Dreiteilung als das erste Prinzip der Welt“, wurde dieser notwendige Ermöglichungsgrund metaphysischer Theoriebildung überhaupt, zu einer eben solchen schon reichlich zum Vorteil genutzt, zudem in ersterer, in formaler Weise auch bereits als verbindlich geltend aufgezeigt. Darin fand aber vielleicht noch nicht den rechten Ausdruck, wie sich dafür meine zuvorderst doch zweifellos besondere Erfahrungsperspektive in der Welt auf diese Welt, in ihrem radikalsten Verständnis, schließlich selbst aufzuheben genötigt sieht, beziehungsweise in eine ganz allgemeine Perspektive der Welterfahrung überzugehen gedrängt wird. Ziel dieser Arbeit ist es deshalb, neben einem formal exakt geführten Nachweis, auch Motivation und Folgen ihrer auffälligsten Aussage, „ich existiere nicht“, aufzuzeigen, um so der in den genannten Schriften vorgestellten „Dreiteilungshypothese“, noch überzeugender das gelegte ontologische Fundament zu sichern, welches bei einem anderslautenden Ergebnis irreparabel erschüttert wäre.

Berlin, 27. Mai 2021

Albert Marcus Kluge

I: Die alte Welt

1. In der alten Welt glaubte ich noch zu existieren. Wie naiv mir dieser Gedanke heute erscheint. Habe ich doch meine Selbstgewissheit für ebenso schon eine Existenzgewissheit gehalten, gleichwohl mir gar nicht genau gewiss war, was unter „Existenz“ eigentlich zu verstehen ist. Diese Erkenntnis war folgenreich. Auch wenn mir meine Selbstgewissheit erhalten blieb, musste ich mich doch von meiner Existenzgewissheit trennen. Hätte ich an ihr festgehalten, hätte sie mich festgehalten und mir den Weg in die neue Welt verwehrt. Nunmehr, da ich besser um mich weiß, was immer ich bin, dass ich nicht bin, und überall bin, kann ich in der neuen Welt auch die alte Welt besser, ja überhaupt erst verstehen.

2. In der alten Welt existiere ich. Wie vieles andere in ihr auch, wenngleich nicht alles natürlich. So wie es mir schon immer vertraut war. Was mir zweifellos gewiss ist, existiert auch gewiss. Ich bin mir selbst zweifellos gewiss, also existiere ich auch gewiss. Und finde ich keinen überzeugenden Grund, an etwas außer mir in der Welt zu zweifeln, existiert dieses ebenfalls. Ob auch diese Welt selbst existiert oder gar noch etwas darüber hinaus existiert oder auch etwas Besonderes in mir existiert, sind dabei keine für meine tatsächliche Gewissheit der Existenz des Existierenden in der Welt überhaupt relevanten Fragen, die ich mir auch nur zu stellen habe. Erst recht nicht muss ich angeben können, was „Existieren“ denn genau heißt. Betreibe ich gewöhnlich doch keine formale Wissenschaft über Existierendes, gar als solches, sondern befinde über dieses allein im tiefen Vertrauen eines dabei weitgehend völlig unhinterfragten Erkenntnisvermögens dafür.

3. Alles ist mir offenbar und fraglos. Vor allem ich mir selbst und meine besondere Stellung in der Welt, als etwas innerhalb dieser Welt. Als etwas Existierendes in der Welt, bin ich ein Existierendes unter vielem anderen Existierendem. Einige dieser vielen anderen Existierenden sind sich dabei ebenso wie ich ihrer selbst gewiss, dass sie in der Welt existieren, neben vielem anderen Existierendem, und so weiter. Solche, die ebenfalls „ich“ aus sich heraus zu sagen vermögen. Dem meisten Existierenden fehlt eine solche Fähigkeit zur Selbstgewissheit allerdings oder es ist unklar, ob sie eine solche besitzen.

4. Ebenfalls ohne Frage habe ich, wie jedes sich selbst gewisse Existierende in der Welt, auch einen Körper und so etwas wie einen Geist, welche, als was auch immer, wie auch immer, mir gehören oder zu mir gehören oder die ich vielleicht sogar irgendwie bin, mit denen ich mich jedenfalls irgendwie fest verbunden wähne, die mit mir in der Welt existieren und in denen ich mich als ein Ich in dieser Welt verstehe. Mit Hilfe von Körper und Geist exploriere ich die Welt, orientiere ich mich in ihr, agiere ich in ihr. Wie sollte ich auch ohne? Über meinen Körper und Geist bin ich so auch in der Lage, mit anderem Existierenden, ob sich selbst gewiss oder nicht, in eine gegenseitige oder nur einseitige Interaktion zu treten. Mit theoretisch sogar grundsätzlich allem anderen Existierendem überhaupt, auch wenn dies praktisch gesehen sicherlich unrealistisch ist und meine Möglichkeiten bei Weitem übersteigt.

5. Alles Existierende in der Welt hat als dieses nämlich einen bestimmten Ort in der Welt, an dem es sich befindet, beziehungsweise an dem es sich gerade befindet, mit einer ganz bestimmten Perspektive auf vieles, aber nicht auf alles andere Existierende in dieser Welt. So auch ich. Bin ich doch hier und nicht anderswo, bin ich doch ich und nicht jemand anderes oder etwas anderes. Ist dies doch meine besondere Welterfahrung und nicht die von jemand anderem oder von etwas anderem. Stehe ich doch immer nur in meiner eigenen Perspektive und erfahre immer nur aus mir heraus, nie irgendwie von irgendwo außerhalb meiner selbst, als jemand anderes oder als etwas anderes. Wobei ich mir eine Perspektive von außerhalb meines Körpers durchaus noch vorstellen könnte, vielleicht auch noch außerhalb meines Geistes, aber eine Perspektive von außerhalb meiner selbst, von mir außerhalb von mir und ich nicht als ich, wie sollte das gehen?

6. Will ich etwas über die Welt erfahren, über das Existierende in ihr und dessen zahlreiche Zusammenhänge, bin ich in meinen Erkenntnismöglichkeiten dafür grundsätzlich eingeschränkt, darin, dass ich immer nur weniges Existierendes von allem erfahre, und immer nur weniges von diesem wenigen Existierenden erfahre, immer nur solches Existierendes und genau so wie dieses von meinem Ort aus gesehen in meiner Perspektive liegt, nicht mehr, und nichts darüber hinaus. Nun könnte ich zwar beim Erkennen der Welt mit dem von mir überschauten Bereich beginnen und mich von da an immer weiter vorarbeiten, ohne in meiner Perspektive wohl auf irgendeine Grenze zu stoßen, die mein Weiterforschen in der Welt endgültig stoppen würde. Aber als ein ohne Zweifel doch nur endliches Wesen kann es mir nicht möglich sein, auch nur annähernd alles Existierende der Welt in mein Erkennen mit einzubeziehen, das mir immer unendlich vieles bleiben muss.

7. Ist diese Grenze dennoch nur eine praktische Grenze, keine solche, die eine logische Unmöglichkeit aufzeigen würde, liegt dagegen eine auch theoretisch unüberwindbare Begrenzung in meiner grundsätzlichen Perspektivität selbst, innerhalb der Welt auf diese Welt. Auch wenn die Welterforschung anderer sich selbst gewisser Existierender, im Lichte ihrer jeweiligen besonderen Perspektiven, mir angesichts meiner großen Beschränkungen in meinem alleinigen Erkennen der Welt einerseits doch mehr als hilfreich ist, wenn und soweit ich deren Erkenntnisse auch zu den meinigen machen kann, meine eigene Welterkenntnis damit erweitere, liegt in der Eigentümlichkeit jeder einzelnen Perspektive innerhalb der Welt auf diese Welt andererseits zugleich ein scheinbar unlösbares Problem.

8. Denn da ich immer nur in meiner eigenen Perspektive stehe, habe ich zur Welterfahrung anderer, in ihren jeweiligen Perspektiven, grundsätzlich keinen Zugang. Ich wäre sonst ja jenes andere Existierende, was ich aber als selbst Existierendes, jenes andere Existierende in meiner Perspektive habend, ganz offensichtlich nicht bin. Was ich von anderen über die Welt erfahre, erfahre ich nur mittelbar und nur, was davon ebenso auch in meiner Perspektive liegt und nur so, wie es auch in meiner Perspektive liegt. Die eigentliche, eigentümliche Welterfahrung anderer wie ich Existierender, ist mir jedoch völlig verschlossen. Eine gewissermaßen ganze Welterfahrung wie die meinige ist mir bereits bei nur einem anderen zur Welterfahrung fähigem Existierenden verschlossen. Damit gewiss unzählige Welterfahrungen, bei den zahllos vielen Existierenden, allein in meiner Perspektive.

9. Das beunruhigt mich alles natürlich nicht wirklich. Denn so ist es ja völlig normal. Meine Fähigkeit, die Welt zu explorieren, ist eben praktisch wie theoretisch sehr begrenzt. Ungeachtet dieser Einsicht bin ich aber dennoch offensichtlich in der Lage, Erfahrungen in der Welt zu machen, sowie Erkenntnisse über diese Welt zu gewinnen, die ich doch als solche, allein aufgrund meiner grundsätzlichen Einschränkungen nicht bezweifeln muss. Dieser grundsätzliche Mangel ist sicherlich keiner, der mein Weltverstehen grundsätzlich in Frage stellt. Muss ich mich doch sowieso nur innerhalb meiner eigenen Perspektive auf diese Welt beziehungsweise in dieser Welt zurechtfinden. Das, was mir aufgrund meiner Erfahrungs- und Erkenntnisbeschränkung fehlt, kann mir gerade deswegen, als etwas eben jenseits meiner Beschränkung, sowieso gar nicht wirklich problematisch sein.

10. Allerdings muss ich wohl einsehen, dass ich auf diese Weise genau genommen gar keine echten Allaussagen über die Welt machen kann, und damit über „die Welt“ machen kann, wenn ich gar keine echten Allerfahrungen in dieser Welt machen kann und gar keine echten Allerkenntnisse aus dieser Welt ableiten kann. Einem solchen Anspruch auf allumfassende Welterkenntnis gerecht zu werden, ist mir grundsätzlich verwehrt. Ja, damit jeder Anspruch auf eine Welterkenntnis überhaupt, wenn ich doch innerhalb dieser Welt derart beschränkt bin. So nun etwa, mit Allgemeinheitsanspruch systematische Wissenschaft, auf einer als universal erkannten erkenntnistheoretischen Basis zu betreiben, und dieses nicht nur zu behaupten oder nur anzustreben, gar Metaphysik zu betreiben, muss mir demnach eigentlich unmöglich sein.

11. Eine Einsicht allerdings, zugleich entgegen meiner gerade dafür notwendigen Fähigkeit, dies doch sehr wohl wenigstens grundsätzlich zu vermögen, wie mir meine bisherigen Überlegungen hier über mich und alles andere doch gerade aufzeigen. Wie könnte ich mich beschränkt in allem verstehen, ohne unbeschränkt auf alles Bezug zu nehmen? Wie könnte ich die Endlichkeit meiner Perspektive verstehen, wenn nicht als eine innerhalb einer Unendlichkeit darüber hinaus? Wie könnte ich die Besonderheit meiner Perspektive verstehen, wenn nicht als eine gegenüber den Besonderheiten anderer ebensolcher Perspektiven, die auch das abdecken, was mir verschlossen ist? Wie könnte ich anderen überhaupt eine eigene Perspektive zusprechen, wenn ich doch zugleich behaupte, dass mir diese grundsätzlich verborgen sind?

12. Einerseits behaupte ich zwar meine Beschränktheit in allem Erkennen. Andererseits behaupte ich dies aber innerhalb einer Unbeschränktheit in meinem Erkennen. Ja, schlimmer noch: Behaupte ich, beschränkt zu sein, behaupte ich widersprüchlicherweise gerade damit, also genau damit und zugleich, ebenso nicht beschränkt zu sein! Oder? - Dahinter versteckt sich ein fundamentales empirisch-logisches Paradoxon im Erkennen einer Grenze überhaupt. Denn schon eine Grenze überhaupt erkennen heißt, diese Grenze, darin sie als Grenze erkannt wird, etwas von etwas anderem abgrenzend, in diesem Sinne auch bereits überschritten zu haben. Ist das Überschreiten einer Grenze unmöglich, ist auch das Erkennen einer solchen Grenze überhaupt unmöglich, und ist also allein eine solche unüberwindliche Grenze zu behaupten, schon von vornherein widersprüchlich.

13. Wenn mir auch diese Widersprüchlichkeit immer noch nicht wirklich besorgniserregend erscheint, erfahre ich meine Beschränkung ja deshalb nicht gleich schon als wirklich unmöglich und tatsächlich aufgehoben, muss ich doch zugestehen, dass hier etwas nicht stimmt, mit meinem einfachen, wenngleich natürlichen Bild von mir und meiner Existenz in der Welt. Kann ich aus meiner beschränkten Perspektive heraus, eben diese Beschränkung erkennen, ohne diese dafür wie auch immer zu überschreiten? Oder bin ich gar nicht derart beschränkt, wie ich bislang annahm? Jeder Antwortversuch darauf, in die eine oder in die andere Richtung, ist offensichtlich höchst problematisch. Ist dieser Widerspruch vielleicht ein eben einfach hinzunehmendes Paradoxon in der Formulierung meiner Beschränktheit gegenüber einer Unbeschränktheit, ohne aber auf eine solche Unbeschränktheit tatsächlich irgendwie Bezug zu nehmen? Ist dieses Problem selbst überzeugender Ausdruck meiner wirklichen Beschränktheit? Eine unvermeidliche Selbsttäuschung? Oder habe ich bei meinen bisherigen Überlegungen etwas sehr Fundamentales übersehen, was mich überhaupt erst in dieses Dilemma geführt hat?

14. Meine grundsätzliche Beschränktheit in der Welt habe ich behauptet, da ich einen Ort in der Welt habe und damit auch eine Perspektive in dieser Welt auf diese Welt habe. Einen bestimmten Ort in der Welt habe ich behauptet, da ich ein Existierendes unter vielen anderen und unübersehbar vielen anderem Existierenden bin. Mich als existierend und damit in der Welt existierend habe ich behauptet, da ich meiner selbst zweifellos gewiss bin. Dass ich existiere, ist theoretischer Ausgangspunkt und argumentativer Ankerpunkt für alle direkten und indirekten Folgerungen daraus. Woran sollte ich hier ernsthaft rütteln können, ohne mich sofort in Erklärungsnöte zu bringen und mich gleich in andere und vielleicht noch viel problematischere Widersprüchlichkeiten zu verstricken, als die meiner Beschränkung in der Welt?

15. Nun, das ist, wenn ich das erkannte Beschränkungsproblem denn irgendwie auflösen will, angesichts dieser doch scheinbar festen Kette miteinander verbundener vorgeblicher Gewissheiten, wohl kaum zu vermeiden, und worin deren schwächstes Glied besteht, auch schnell auszumachen. Denn wenn aus der Gewissheit meiner selbst die Gewissheit meiner Existenz in der Welt folgt und daraus die Gewissheit meiner Örtlichkeit, meiner Perspektivität, und so meiner Beschränkung innerhalb der Welt, wobei meine Selbstgewissheit außer Zweifel steht, die Gewissheit meiner Beschränkung in der Welt dagegen bereits einen Widerspruch beinhaltet, was meiner Selbstgewissheit dennoch keinen Abbruch tut, dann muss die Verbindung dieser beiden Gewissheiten, also die Gewissheit meiner Existenz in der Welt, mit einem fundamentalen und bislang übersehenen Problem einhergehen.

16. Die zuerst zu beantwortende Frage lautet also: Wenn ich meiner selbst zweifellos gewiss bin, mir damit gewiss bin, dass ich existiere, das heißt, in der Welt existiere, was bin ich mir da mit dieser Existenzgewissheit eigentlich genau gewiss? Was heißt denn hier „existieren“? Ist „existieren“ lediglich ein Synonym für „mich in der Welt befinden“? Wäre dies so, käme ich von der Gewissheit meiner selbst direkt zu meiner Gewissheit in der Welt, also von einer zweifellosen Gewissheit direkt zu einer bezweifelbaren Gewissheit, wegen meiner widersprüchlichen Beschränkung innerhalb der dafür über diese Beschränkung hinausgehenden Welt. Oder ist „existieren“ lediglich ein Synonym für „meiner selbst gewiss“? Wäre dies so, käme es offensichtlich zu genau dem gleichen fraglichen Kurzschluss, von mir auf mich in der Welt. Oder ist „existieren“ hier gar lediglich eine formale sprachliche Verbindung von „ich“ mit „in der Welt“ und von daher für den problematischen Zusammenhang in der Sache sowieso verzichtbar?

17. In allen Fällen käme „existieren“ gar keine eigenständige Bedeutung mehr zu, was doch allein schon sehr fragwürdig erscheint, vor allem aber wäre der damit hervortretende Kurzschluss von mir auf mich in der Welt gleich in doppelter Hinsicht unverständlich. Unverständlich wäre mir zum einen, wie allein aus meiner Selbstgewissheit heraus, direkt meine Gewissheit als eines unter vielem anderen in der Welt folgen sollte. Und unverständlich wäre mir zum anderen, wie aus etwas Unzweifelhaftem heraus, überhaupt direkt etwas Zweifelhaftes abgeleitet werden könnte. Also darf ich durchaus, und sollte dies auch, dem Mittelglied „existieren“, innerhalb meiner natürlichen Grundintuition „ich existiere in der Welt“, eine eigenständige Bedeutung zusprechen und darin ein ernsthafte Problem verborgen vermuten.

18. Gleichwohl ich nach wie vor aber eigentlich keinen echten Zweifel daran hege, zu existieren, ich in der Welt, denn wie sollten bloße Argumente dagegen, meine klare Gewissheit dafür ernsthaft in Frage stellen können, muss ich nun doch zugestehen, gar nicht genau zu wissen, was mir da eigentlich gewiss ist, wenn mir gewiss ist, zu existieren, in der Welt zu existieren, wenn nicht oder nicht nur, mir meiner selbst gewiss zu sein, wie auch gewiss innerhalb der Welt zu sein, sondern etwas, oder etwas auch, ungeachtet dessen. Das ist eine neue Qualität von Zweifel, über die ich mich mit Verweis auf meine Gewissheiten nicht mehr trotzig hinwegsetzen kann, nur bestenfalls davor einfach die Augen verschließen könnte, aber wenn ich das Problem bewältigen oder wenigstens verstehen will, zu klären habe, was es mit der „Existenz“, jenseits meiner Selbstgewissheit und jenseits meiner in-der-Welt-Gewissheit, denn nun genau auf sich hat.

19. Was also heißt „existieren“? Besser und genauer gefragt, was heißt existieren überhaupt?